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Volume Nr. 140, (Freitags, den 2ten September.)

Full text: Der Freimüthige oder Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene Leser (Public Domain) Ausgabe 1.1803 (Public Domain)

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Endlos liegt die Welt vor deinen Blicken, 
Und die Schifffahrt selbst ermißt sie kaum; 
Doch auf ihrem unermeßnen Rücken 
Ist für zehen Glückliche nicht Raum. 
In de» Herzen« heilig stille Räume 
Mußt du fliehen au» de» Leben« Drang; 
Freiheit ist nur in dem Reich der Träume, 
Und da« Schöne blüht nur im Gesang. 
Schiller.. 
Etwas über den Alarcos. 
Ein Versuch, die Leser zum Schmecken zu zwingen.. 
Der Verfasser dieser kleinen Schrift hak die berühmte 
Stelle de« berühmten Trauerspiel«: 
Aus Furcht zu sterben ist er gar gestorben, 
Hat wüthend so in Angst den Tod erworben —- 
folgender Weise parodirt, und auf den Dichter ange< 
wendet: 
Au« Furcht zu sudeln hat er gar gesudelt, 
Hat wüthend so in Angst das Ding vcrhudelt. 
Die» ist nicht allein ein witziger Einfall, sondern es ist 
zugleich — und wenn es auch nicht gerade die Absicht des 
Verfasser« gewesen wäre — da« Billigste, wa» über den 
Alarco« und viele andere Werke au« derselben Schule 
gesagt werden kann. Die übrige kritische Beleuchtung 
des Alarcos möchte wohl dem bei weitem größten Theil 
des Publikums wie au« der Seele genommen — sie möchte 
aber eben darum etwa« überflüssig seyn. Wenn man 
über dergleichen nicht bloß scherzt und lacht — was al< 
lerdings gar nicht übel ist — so kommt e« weniger darauf 
an. Schule gegen Schule zu. stellen, als in die Schule 
der Gegner zu dringen — in die Vorhöfe wenigstens: sie 
mögen dann immer in ihr Allerheiligstc« zurückweichen; 
residiren können sie da nicht, sie müssen doch wieder her 
aus, und hält man jrne gut bewacht,, so stößt man auch 
wieder mit ihnen, zusammen, — b — 
Eduards Verirrungen, rin Roman. 
Jur Ehre der Vernunft sey e« gesagt, es hat wohl 
nie eine herrschende Thorheit gegeben, der nicht viel 
Wahres zum Gzuude gelegen hätte. Die Thorheit besteht 
au« Uebertreibung, verkehrter Anwendung, Einseitigkeit, 
Ausschließlichkeit. Resultate des reifen Verstandes, de« 
gebildeten Geschmacks und Gefühls werden in Formeln 
eingezwängt, die fie unkenntlich machen, und diese For, 
meln macht man zu-Leisten, in welche sich alle« fügen 
soll, ee mag hineinpassen oder nicht. Man spricht von 
nicht« als von Geist, und hat nicht« als tödtenden Buch, 
staben, der sich von der Theorie endlich auch auf die Aus, 
Übung erstreckt. In solchen Epochen ist c« immer eine 
angenehme Erscheinung, wenn man einen Kopf, der die 
Unerreichbar seinen Maulwurfsblicken, 
Liegen sie in Eonncnwcite dort — 
Dort zu landen, wird ihm nimmer glücken; 
Denn im Labyrinthe tappt er fort. — 
Wahnsinn, Freund, beglückt — doch nur durch Träume; 
Schöne Wahrheit giebt allein Natur, 
Und zu Göllern in des Himmels Räume 
Trägt das Herz der Liebe Fittig nur. 
Rdt. 
Ideen de« Tages auffaßt, beschäftigt sieht, sie mit jugend 
licher Gutmülhigkeit und Treue zu behandeln, die Macht- 
spräche und den Worrkram davon abzusondern, sich selbst 
redliche Rechenschaft von seiner Vorliebe zu geben. In die, 
sem wahrhaft selrenenFalle befindet sich der Verfasser von 
EduardsDerirrungcn. Sein kleiner Romanhat übn, 
gens, selbst in seiner Unreifheil, nicht« Ausgezeichnete«; 
indessen scheint sein stiller bescheidener Gang auf eben dem 
selben Wege, auf welchem so viele seiner Zeitgenossen sich 
so renommistisch breit machen, und hin und her werfen, 
al« gälte e< da um den breiten Stein, Anlagen 
zu verkündigen, die vielleicht nur-längere und vielfältigere 
Uebungen bedürfen, damit von ihnen augurirk werden 
könne. — h — 
Spaziergang nach Syrakus im Jahre j8o2, von I. 
G. Seum'e. 
Unsre Ueberpoelen müssen die Ansichten de« Der? 
fasser« nothwendig sehr gemein finden, und wirklich ver, 
stößt seine Schreibart zuweilen in dieser Hinsicht gegen 
den guten Geschmack; aber eine anspruchlose Sclbstbil, 
düng , eine leicht und treuherzig dargestellte Persönlichkeit 
geben diesem Werke da« interessante Leben, welche« einer 
Rcisebeschreibung nicht fehlen bars, deren Zweck e« nicht 
ist, zum wissenschaftlichen Unterricht sonderlich viel bei 
zutragen. Daß dem gute» Seume in dem schonen Ita 
lien um der Humanität und der Aufklärung willen 
da« Herz oft weh thut, die Galle oft überläuft, wider, 
spricht zu sehr der jetzigen poetischen Tendenz iu Deutsch, 
land, als daß er sich nicht gefaßt machen müßte, deshalb 
manche zierliche Ironie und Persiflage über sich ergehen 
zu lassen. Hoffentlich aber wäre dem einen oder de»r an 
dern von den Persiflcure auch anders zu Muthe, wenn er 
manche« von dem, was der Verfasser als Augenzeuge be 
schreibt, selbst mit ansähe; im heutigen Iralien behielten 
hoffentlich wenig Deutsche den Mu-h, katholische Sonette 
zu dichten, und die poetische Marotte der Spot!« über 
die elenden Zeilen müßte unter Umständen doch wohl 
dem Gefühl des Elends der Zeiten weiche». War 
es doch ein. solches.Gkfühl, welches den älteren Deutschen
	        
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