515
trugen von Künsten längst gefeiert worden, und noch täg
lich gefeiert werden, die wechselseitige Am,%tiniq zwi
schen dem Dichter und dem Publikum mehr erleichtern
würden.. Mochten so durch die Bemühung eines Schrift
stellers, der — wenn er will, und litterarische Partcigän,
gerei ihn nicht verblendet — so viel Geschmack und Ein
ficht daran zu wenden hat, die herrlichen Gestalten de»
Oedipu», der Antigone, de« Herkules, der Kassandra, der
Hekuba, unsre Bühnen erleuchten! — b —
Englische und Französische Spitzbüberei.
El» paar Anekdoten vom vorige»: Winter.
Ein wohlgeklcideter Mensch, der wie ein Fremder
aussah, kam zu einem Tuchkrämcr in London. Er trug
unter dem linken Arm eine Rolle Musikalicn und in der
rechten Hand ei« Diolin. Futteral, welches er mit gro
ßer Vorsicht auf den Zähltisch legte. Darauf suchte er
das feinste Tuch zu einem Kleide aus, und, .während, man
es abschnitt, öffnete, er das Futteral, untersuchte cs sorg
fältig, wandte die Violine um, probierte fic, that sie wie
der hinein, und erwähnte beiläufig, es sey ein sehr kost
bare« Instrument, wofür man ihm bereit« vierzig Gui
neen geboten habe. Den Menschen, der da« Tuch zu
sammenlegt, bittet er zu eilen, weil sei» Kleid schon mor
gen zu einem Concert bei Lord B — fertig sey» müsse.
Er fordert dann schnell seine Rechnung, greift in die Ta
sche, sucht, wird ungeduldig und schreit: „Verflucht!
ich habe meinen Beutel vergessen! ” Der Kaufmann er
bietet sich, ihm das Tuch durch feinen Lehrburschcn nach
tragen zu lassen» der das Geld empfangen werde. — lsn«
möglich! Der Fremde har nur eben sv viel Zeit, nach
seinem Schneider zu gehn, von dort muß er zum Dejeu- -
ncr und Concert bei Mylady A.; versäumt er die Stun
de, so büßt er zwanzig Guineer dabei ein. Was ist an
zufangen? Ihm fällt etwas bei : „2ch könnte 2h»en, sagt
er, meine Violine bis morgen hier lassen.; ich würde bloß
das Futteral tnilnehmen, um eine andere hineinzulegen,
die ich im Vorbeigchn bei dem Marquis C. abholen könn,
re, wo ich sie gestern gelassen hrve." — Der Kaufmann
bedenkt sich, will es aber doch nicht gradczu abschlagen.
— „Wenn ich ganz sicher wäre" (hob der Musikus wie
der an, indem er die Violine au» dem Fu-teral zog und
sich in dem Laden umtah) „wenn ich ga,.z sicher wäre,
daß man sie mir hier nicht zu Schaden ioinmen ließe, -
und — aber ich sehe kein Plätzchen — hier st e» zu nahe
am Jähliisch — ein Groß mit »er Elle oder dem Besen •
und sie wäre dahin! — Dort würde sie w-eder zu sehr
erschüttert beim Aus- und Zumachen der Thüre, und dort
möchte die Zugluft aus dem Fenster ihr schaden. Ich
sehe wohl, es geht nicht; auch könnte ich sie vielleicht heute
brauchen; lieber will ich doch morgen mein Kleid ent,
behreii." Damit ging er, ohne das Tuch mitzunehmen.
— .Die Frau gab ihrem Mann einen Wink, rief den Mu
sikus zmück, redete ihm zu, und half ihm feine Violine
an einem Orte de» Ladens aufhängen, wo sie schwor, daß
weder Mensch noch Wind sie berühren werde. Jetzt nahm
er das Tuch, und ging, nochmals sein kostbare» Jnstru-
mcnk anempfehlend. — Einige Stunden nachher kommt
ein Herr in einem Wagen, steigt au», und verlangt al
lerlei zu sehen. Er befiehl, feilscht, handelt um die« und
jenes, und belastet, gleichsaht in Gedanken, die'Violine,
die hoch über dem Zähllisch hängt. Kaum hat er einige
Töne herausgeklimpert, als er sie hastig herunternimmt,
trotz den Billen der Krämerin sie versuche, und entzückt
ausruft: Wolle» Sie mir dies Instrument für
fünf und zwanzig Guineen überlassen? Der
Kaufmann anlwortel: er gehöre ihm nicht zu. Ich zah
le dreißig Guineen, sagt der Fremde. Auch fünf
und dreißig. Der Kaufmann wiederholt, die Violine
sey das Eigcnlhum eines andern, dem schon vierzig Gui,
neen dafür geboten worden. Ohne Bedenken erbietet der
Fremde sich gleichfalls zu vierzig'Guineen, und zu einem
Douceur obendrein: Der Kaufmann verspricht, sein Mög
lichstes zu thun, und der Fremde will morgen Mittag wie
derkommen. — Der Dämon der Gewinnsucht ergreift
den Krämer. Der Muflkus erscheint, um da« erhandelte
Tuch ehrlieb zu bezahlen. Der Kaufmann bietet ihm fünf
und dreißig Guineen für seine Violine. — Sie ist dem
Künstler nicht feil. — Er steigt bi» acht und dreißig —
».Aber mein Gott! ich konnte ja schon vierzig dafür ha
ben ! " — Aber die Violinen, meint der Krämer, wären «
indessen im Preise gefallen. Der Musikus vertheidigt sich
schwach — freilich, er besitz! auch noch mehrere Instru
mente von gleichem Werthe — er will überdies eben eine
Reife machen, wo dieser Violinen -Neberfluß ihn sehr in-
commodireii würde — kurz, er giebt nach: der Handel
wird geschloffen. — „Ich mache einen dummen Streich, -
sagt der Musikus, indem er das Geld einstreicht. Mylord
B. wird mir da« nie verzeihe». Wenigsten« verralhen
Sic mich nicht." Er geht. Der andre mit dem Wa
gen kommt auch nicht wieder. Die Violine war fünf
Schilling werihä
Eine Pariser Hebamme von siebzig Jahren ging t
schnell zu einer Wöchnerin über einen öffenilichen Plag.
Ein Me»sch, zwei Schritt von ihr, bückt sich plötzlich,
und hebt ein Papier auf, in welchem sich ein Diamant