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allein er kümmert sich nur mehr um die ausländische, al«
einheimische Litteratur, und am wenigsten sucht er eine
Ehre darin, selbst etwa« für die letztere zu leisten. Man
studiert in Deutschland, um Brot zu verdienen: au« glei
chem Zw-cke schreibt man auch Bücher. Darum wurde
keine Nation mehr, al« die Deutsche, mit elenden Produk
ten überschwemmt, denen man die Erbärmlichkeit de«
Mokiv», da» den Autor zu schreiben nöthigte, sogleich
anst hi. Die« hatte zwei sehr schädliche Folgen : die eine,
daß die Litteratur in Deutschland nie zu einem bedeuten
den Grade von Achtung gelangte; die zweite, daß c« für
die Unmündigen am Geiste, die nur guter Muster bedurft
hakten, sich zu bilden, sehr leicht war, fehlzugreifen und
den rohesten plattesten Unsinn für schön zu hallen, die
wirklich vorhandenen trefflichen Werke aber unter der
großen Menge zu übersehn. Da e« unmöglich war, al
les, was erschien, selbst zu lesen, so begnügte man'sich,
nur au« Relationen der Journalisten die Werke der Deut,
schen Schriftsteller kennen zu lernen, und gewöhnte sich,
diesen immer und immer nach zu urtheilen. Die Journali
sten waren aber selten partheilv», und e» hat in Deutsch
land nur Einen Leffing gegeben.
Nach Friedrichs und Joseph-Tode ward auch der po
litische Einfluß, der Litteratur sehr ungünstig. Die Fürsten,
die nach ihnen regierten, fürchteten selbst, die Fortschritte
de« menschlichen Geiste« möchten den Throne» gefährlich
werden. Die Anklage de« Abbe Barruel, daß Deutsche
Gelehrte dieselben Gesinnungen und Grundsätze verbrcile-
etn, die in Frankreich den Thron umgestürzt und unsäg
liche« Elend über ganz Europa gebracht hatten, fand
Glauben, und man suchte in Rückschritten Heil für künf
tige Uebel. — So viel ist gewiß, daß die Französische Re
volution in Frankreich selbst im Anfange nur darum die
edelsten Männer der Nation zur Theilnahme weckte, und
im Auslande nur darum eine Parthei für sich erregte, weil
sie die Sache der Freiheit und der Vernunft zu seyn und
die Rechte de« Menschen zum Grundpfeiler der politischen
Verfassung machen zu wollen schien. Allein wem ist e«
unbekannt, daß alle jene herrlichen Grundsätze bloß dienen
sollten, las Verbrechen der Parlhcihckupier zu bedecken
und die vcrräkheri-chen Anschläge der ehrgeiyigen Mör
der, die alle« an sich zu reißen trachteten, dem Volke zu
empfehlen? E« giebt jetzt Niemand mehr, den jene Spra
che noch tauschen sollte; im In- und Auslande ist die
Französische Revolution nur die gefährlichste Feindin der
schrecklich gen ißdrauchien Geiste-srciheit gewesen, weit
entfernt, daß man sie noch einen Augenblick als ihre Fol
ge »nichen joilee.
Doch ist die« eine Weile geschehen, und daß diese
Meinung nicht dazu beitrug, den Deutschen Fürsten und
dem Adel die Litteratur zu empfehlen, ist wohl ganz be
greiflich. Indeß hat die Aeil jene Glauben schon wider
legt, und auch die Deutsche Litteratur würde wieder zu
Ansehen und Einfluß gelangt seyn, wenn sie e» verdient
hätte.
Allein gerade in jener ungünstigen Periode verrückte
ein Schwindelgeist, der unter dem Nahmen Kautische
Philosophie au» der Jenaischen Afterschule de» großen Wei
sen ausging, jungen und alten Schriftstellern die Köpfe.
Der philosophische Synkretismus, der im Begriff war,
durch Garve und andre treffliche Männer auf die Der-
standesbildung der ganzen Nation dauernd und kräftig ein
zuwirken, ward von den Jenaischen Sophisten selbst ver
schrieen, und au« den Rüstkammern der Scholastik der zer
trümmerte Götze der unfehlbaren System-Weisheit wie,
der hervorgeholt, nokhdürftig ausgebefferl, mit modernen
Kantlschen Lappen umhängt, und der Nation zur Ver
ehrung hingestelll. Der vernünftige Theil wußte kaum,
ob ein solche» Beginnen mehr die Indignation oder da»
Lachen reißen sollte; aber die Achtung für Deutsche Litte
ratur sank immer tiefer, zumal da die Jenaischen Sophi
sten alle Augenblicke ihr Götzenbild von unfehlbarer Weis,
heit wieder zerstörten und umschufen, bis endlich die Her
ren Fichte und Schelling den kransre-.dentalen Jdealismu«
in den Vernunft- und Erfahrungswiffenschaflen fertig
gebracht haben, gegen welchen allerdings das Delirium
eine« Fieberkranken Vernunft ist.
Dieser philosophische Spuk, den der arme wackre
Kant sehr ohne Schuld und Willen veranlaßt hat, drück
te alle ernsteren Wissenschaften, und halte auch auf die
redenden Künste großen Einfluß. Unglücklicher Weise leb
te gerade in der Nahe von Jena, dem Brennpunkte der
philosophischen Tollheit, ein Mann von vielem, zum
Theil verdienten Kredit, der sich für den ersten aller
Deutscher Dichter hält, und gern allgemein dafür gellen
möchte, dem also jene allgemeingültige Jenaische Sprache
gar nicht übel gefiel, und der sich den Spaß bereiten
wollte, au» dem Deutschen Parnaß eben so ein Bedlam
zu machen, al» die Deut,che Philosophie geworden war.
Gölhe ha- in einigen seiner frühern Schriften, in
der Jphigema, dem Taffo und in mehreren kleinen Ge
dichten gezeigt, daß er wtiklich Geschmack besitzt, was man
jetzt kaum glauben jollie. Auch an Lebha-ligkeir u„v Er
findungskraft fehlt cs ihm nicht. — Was fehlt ihm also,
der erste Deutsche Schrittst.Uer zu seyn? Bescheidenheit
und Achtung für das Publikum und seinen eignen Ruhm.