Meine kleine Dlumcnseele
In der Nähe ihre« holden
Lngelherzen« dann verathmenl
(Wontags)
(den isten August.^
1803.
Nr. 121
Von C. M. Wieland").
§9?it gesenkter düstrer Stirne
Irrt' ich in den Büschen, traurend
Daß, an diesem schönen Feste
Unsrer Herzen, ich alleine
Der geliebten Fürstenkochter,
Ihr, der Königinn de« Feste«,
Nicht« zu geben haben sollte.
And au« einem Rosenbusche
Hört' ich (glaubt'« dem alten Dichter)
Eine zarte Stimme slistcrn:
Gieb, so rief ein halbenthüllte«
Roscnknöspchen mir entgegen,
Gieb mich ihr l wie klein die Gabe,
Wird Sie doch mich nicht verachten,
Mir vielleicht wohl gar in Ihrem
Schönen Haar zu blüh'n erlauben;
Oder gönnte Sie ein Plätzchen
Mir an ihrem sanften Busen,
O wie froh, wie dankbar würd' ich
»z Ein schöner Beweis, wie zart unser erster Dichter, lro« sei,
nem hohe» Atter, noch inmier suhlt und stch ausdrückt.
Schreiben ans Mietau»
Eine Rüge in Nr. 64 Ihrer Zeitung hat bewirkt, wa«
• hier seit Jahr und Tag die allgemeine Stimme de« öf,
fentlichen Tadel« nicht vermochte. Bald nach Erscheinung
jene« Blatte« ist „das Auge der Vorsehung" mit
der lächerlichen Ueberschrift „Höre! äe Lonne" auf dem
.Schilde eine« hiesigen Gasthofs, zur Freude aller gebilde
ten Einwohner Mietau'», verschwunden, und statt dessen
über der Hau-thür desselben eine förmliche Sonne aufge
fangen, und eine vernünftige Inschrift an'» Lichtgetreten.
Auch ist fast zu gleicher Zeit bei einer Generalreform de«
Casino die Scheidewand, welche dasselbe den da hinein
strebenden Bürgerlichen unzugänglich machte, hinwegge-
aiommen, und sogar der Titel „adelige« Casino" ab
geschafft worden. Man sieht, daß auch bei un« der Frei,
anülhige sein Gute« stiftet. — Naiv war neulich die Aeus
serung in einem Schreiben au« hiesiger Gegend'): „wir
freuen uns, wenn wir etwas lesen, wa« wir eingeschickt
haben;" aber e« liegt auch mehr Wahrheit darin, al«
man auf den ersten Blick glauben sollte. Die richtigste
Interpretation möchte ungefähr folgende seyn: „was wir
*) Freimüthige, 9ft>. 78. Beilage.
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