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Soldat. Fliehen? Elender Kerl! wie sannst du ei
nen Russischen Soldaten so fragen! Zwanzig Jahr habe ich
gedient, und kein anderes Kommandowort gehört, als:
Vorwärts! — Durchstreiche die ganze Welt, über
all wird man dich den Russischen Soldaten und sei»
Dajonet kennen lehren.
Bedienter. Ei, ich spreche nicht von den Bajonet
ten; aber die Kugeln —
Soldat. Gleich viel! Ein Russischer Soldat ist stark
und fest; der Feind, der ihn verwunden will, muß wenig
stens sechs Kugeln auf ihn abschießen, aber eine ein
zige Russische Kugel tödtet drei Feinde. Doch
geh nur, über dich kann ich mich nicht ärgern; je schivä-
cher der Feind, je großmüthiger der Russische Soldat.
Herr von Buchareky, bekannt durch sein Trauer
spiel Antigone und durch mehrere zerstreute Schrif«
tcn, har Möllere'« depit amoureux trefflich für die
Russische Bühne bearbeitet; und das Publikum empfing
die« neue Geschenk mit lautem Dank. — Der Ballett
meister Wallberg, ein Schüler des berühmten Canciani,
gab an demselben Abend die erste Vorstellung seiner
Ines de Castro, nach dem allgemein bekannten Sujet
sehr glücklich bearbeitet. Herr Wallberg selbst und die
Dcmoisclle- Derilvff und Colo so ff zeichnen sich be
sonder« darin aus, und jede neue Vorstellung der Ines
lockt ein zahlreiche« Publikum herbei.
Dagegen ist der Versuch der Russischen Schauspieler»
den General Schien «heim auf ihre Bühne zu brin
gen, gänzlich verunglückt; denn er hat die zweite Vorstel
lung nicht erlebt. — Warinkowitsch lieferte kürzlich ein
Stück in zwei Akten, die eitle Probe der Weiber
treue, der Angabe nach au« dem Englischen übersetzt;
»a« Sujet ist, glaub' ich, in allen Sprachen so ziemlich
bekannt. Ein Officier kehrt au« dem Kriege zurück, uud
giebt vor, ein Auge und einen Fuß verloren zu haben,
«m die Liebe seine» Mädchens zu prüfen. Der Beifall
war gering. Desto lebhafter wurde er einem neuen, dem
Farnzöflschen nachgeahmten Drama mit Chören und Bal-
trtten zu.Theil, betitelt: da« Urtheil de« Salomon.
Der Verfasser ist der Hosrath von Äluschin. Den mit
Einsicht und Geschmack bearbeiteten Stoff hat die bekann
te Geschichte der beiden Mütter geliefert, die um ein
Kind streiten. E« widerfuhr dem Stücke eine Ehre, wel,
che hier ganz ungewöhnlich ist: e« mußte nehmlich gleich
am folgenden Tage wiederholt werden.
Polnisches Theater in Warschau.
Frankreich und Deutschland waren dir ersten Ernäh
rer de» Polnischen Theaters; nie England, dessen Sitten
und Gebräuche zu sehr gegen die Polnischen abstechen.
Das erste Original-Trauerspiel, unter Sigismund I. ge
druckt, war eigentlich ein Zauber spiel. Ein andere«
mittelmäßiges Original hieß: Die Abfertigung der
Griechischen Gesandten. Nun folgten mehrere, zum
Theil au« der Nationalgcschichte, z. B. der Tod de«
Zolkiewski, Wladislau« bei Warna, Sigis»
mund August, Doleslaw, u. f. w. Auch das erste
Originallustspiel erschien: die Zudringliche». Was
aber ganz Warschau in freudige Bewegung setzte, war
ein Stück von Niemcewicz, die Rückkehr de« Ge
sandten. Die besseren Stücke brachten auch die besseren
Schauspieler hervor, und jetzt geht, unter Herrn von
Voguslawsky, da« Polnische Theater seiner Vollkommen
heit entgegen. Dieser Mann ist von gutem Adel, Theil«
auf der Krakauer Akademie, Theil« bei den Plansten in
Warschau (der besten Lehranstalt für adelige Söhne, die
je in Pohlen eristirt hat) wohl erzogen, spricht fünf
Sprachen so fertig al« seine Muttersprache, liebt und ver
steht Musik, und ist einer der besten jeyc lebenden Polni
schen Dichter. Einige Zeit diente er als Officier unter
der Garde, war reich, und durfte einst Anspruch auf Eh-
renstellen machen; reiner Enthusiasmus für die Kunst
trieb ihn zum Theater, wo er als Dichter und Schauspie
ler seit zwanzig Jahren (gleich Jffland) täglich neue Lor-
bern sammelt. Eine schöne Gestalt, ein herrliche« Sprach«
organ, und Welt- und Menschenkenntniß in den höheren
Ständen gesammelt, machen ihn zum vollendeten Künst
ler. Die Polen nennen ihn mit Recht ihren Möllere,
ihren Garrick. Außer vielen trefflichen Uebersetzungen
au« dem Französischen, Deutschen, Italiänischen und Eng
lischen, hat er auch folgende Originale geschrieben: I«<
kahar, König von Guaxara; Sidncy und Z»m-
ma; die Amazone» (sämmtlich von Joseph Elsner
komponirt); die Krakauer und Goralen (von Stef«
fani komponirt); Heinrich IV. auf der Jagd; die
Modekrampfe; Beweis der Dankbarkeit der
Nation. — Dar Repertorium des Polnischen Theater«
enthält in mehr als vierzig Bänden ungefähr zweihundert
Originalstücke. Der Uebersetzungen sind weit mehr.
Ich führe hier nur die Deutschen der Zahl nach an:
von Schröder vier, von Jffland zwei, von Babo
zwei, von Soden ein«, von Ziegler drei, von Schil
ler ein« (die Räuber), von Plümicke ein«, von Les,
sing ein« (Emilia Galokti), von Zschocke drei, von
Kotzebue dreißig, von Kratter zwei, von Dyk ein«
(Esser), von Spieß zwei, von Jünger eins. — Von