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Volume Nr. 111, (Donnerstags, den 14ten Julius.)

Full text: Der Freimüthige oder Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene Leser (Public Domain) Ausgabe 1.1803 (Public Domain)

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Sserjle und Rechtsgelehrte bejahen die«, und so wird, zur 
großen Freude de« Mannes, die Frau ebenfalls freige 
sprochen, u. s. w. 
Auch Friedrich ben Großen hat man gewagt, zum 
Gegenstand eine« schlechten Drama zu machen, das mehre 
re bekannte Anekdoten au« dem Leben desselben enthält. Pi- 
notti, der den unsterblichen König vorstellte, hatte das Co, 
stüme erträglich nachgeahmt. Daß aber bei derTafcl, wo 
der König mitOuintu» und einigen Andern spcisete, Offieie- 
re mit Orden Lakaiendienste thaten, war unverzeihlich. 
Die sehr gut gegebene Vorstellung der Oper von 
Metastafio: DaOIewenaa di Tito hat in mir den Wunsch 
erregt, daß man mehrere Stücke dieses ersten der Opern- 
dichler mit den nöthigen Veränderungen recitiren möchte. 
Sie würden weit bessern Genuß gewähren, als so man 
ches schale Drama. 
Ein neues Schauspiel, la Gerusalcmme liberata osia 
Armida e RinalJo tyat große Wirkung. Dieser, schon 
mehrere Male al» Oper behandelte, Gegenstand wäre ei 
ner bessern Bearbeitung werth, als die ist, von der ich 
hier rede. Der Dichter halte aber den glücklichen Ein 
fall gehabt, die Worte de« Taffo so viel al» möglich bei, 
zubehalten, und dadurch seinem Stücke einen guten Er 
folg vergewissert. Ein Italiänisches Publikum hört im, 
mer mit Vergnügen die Stanzen diese« divino poeta 
hersagen, wäre es auch von einem Bänkelsänger. Vor 
züglich machte die Erzählung von der Taufe und dem 
Tode der Clorinde (wörtlich nach der-66 bis 69 Stanze 
des zwölften Gesang«) einen unbeschreiblichen Eindruck. 
Diese herrlich« Stelle ward von Zanoni, al« Rinaldv, 
ungemein schön deklamirt. 
Ein während de« Carnevals gegebenes neues Lust 
spiel, von welchem ie Unternehmer sich viel versprochen 
hatten, nahm man sehr ungünstig ans. Es heißt I'Impr-. 
«ario dolle Lmirne '). Ein Türkischer Kaufmann von 
Smirna sicht in Dnedig die Opern, und beschließt, ein« 
Gesellschaft Operisten nach seinem Wohnort zu führen. 
Ein Graf ist ihm zur Ausführung seines Vorhaben« be- 
hülflich, und ein Mäckler erhält den Auftrag, alles zu 
besorge». E« werden viele Sänger und Sängerinnen, 
die sich zu Mitgliedern dieser für den Orient bestimmten 
Truppe anbieten, dem Türken vorgestellt, und die Unter 
handlungen gepsiogcn. Dies giebt «ine schickliche Gele 
genheit, die Eitelkeit, den Neid, die Süffisance, die Zu 
dringlichkeit der Operisten, und so manche andre Fehler, 
die man ihnen vorzuwerfen pflegt, bitter zu rügen. Mit 
vieler Mühe, von Seiten de« Unternehmers, werden die 
“) Volten! l>»t eben bltfeS Sujet bearbeitet. M. (. feine Me 
in»'«». tinmci't, f. Herau-g, 
Engagements gemacht, und der folgende Morgen wird 
zur Anreise bestimmt. Ehe aber dieser erscheint, hat »er 
arme Impresario so viel Ueberlauf und so mancherlei 
Verdruß von den Mitgliedern der Gesellschaft, daß er 
seinen Einfall verwünscht. Er weiß sich nicht ander« zu 
retten, als durch eine schleunige Flucht, welche der günstige 
Wind möglich macht. Am folgenden Morgen stellt sich da« 
Personale der Oper im Gasthvf ein, die mehresten in Be, 
gleitung ihrer Verwandten und ihrer Hausthiere. Aber 
hilf Himmel! welch ein Donnerschlag, al« man erfährt, 
daß der Türke schon die Nacht vorher von Venedig abge 
segelt ist! Allgemeine Verwirrung. — Neue Scenen berei 
ten sich. — Don dem Ausgang kann ich Ihnen nicht« sa 
gen; denn hier nahm das Zischen, Pfeifen, Lärmen so über, 
Hand, daß der Vorhang heruntergelassen werden'mußke. 
Viele Zuschauer, denen da« Stück Vergnügen gemacht 
hatte, waren mit dem Betragen ihrer Nachbaren sehr un 
zufrieden, und man glaubte, daß nur Kabale von Seiten 
der Opernsänger so unziemeude Aeußerungen der Mißbil, 
ligung veranlaßt haben könnte. Ich will hierüber nicht 
entscheiden, glaube aber, daß dies Lustspiel wohl ein beffe- 
res Schicksal verdient hätte. Wenn gleich manche» mit zu 
grellen Farben gemahlt seyn mochte, so dürfte doch die 
Schilderung im Ganzen sehr treffend seyn- Einige Schau 
spieler übertrieben freilich, besonders Santi, der aus dem 
Poeten eine unleidliche Karrikatur machte. 
Die Vorstellungen in den Fasten, welche mit der Zaire 
von Voltaire ansingen, endigten mit einem ringedruckten 
Schauspiel: il Premio della rosa»). Da« Stück spielt in 
Deutschland, und hat manche recht komische Situationen; 
besonder« viel Vergnügen machte Pinotti, al« ein launi 
ger Alter, der Lieferant bei einer Armee gewesen, und so 
reich geworden war, daß er, wie er sagte, gut essen konn 
te, weil er andern schlecht zu essen gegeben hatte. Ma 
dame la Bruna hatte die« Stück gewählt, um ihre thea 
tralische Laufbahn glänzend zu beschließen; denn sie verläßt 
zum Bedauern de» Publikum« die Bühne für immer. Ihre 
Wahl war nicht ganz glücklich gewesen. Naive Rollen — 
eine solche machte sie hier als Rosenmädchen — gelangen 
ihr am wenigsten. Ueberdie« halte der Dichter den Cha 
rakter sehr verfehlt. — Indem ich die« schließe, erfahreich, 
daß wir auch Pinotti, der nach Rom gehl, nicht mehr 
hier sehen sollen. E« wird schwer sey», ihn ,u ersetzen. 
Herr und Madame Santi sind bereits nach Palermo ab 
gereist, und so hat die Gesellschaft ihre besten Mitglieder, 
Zanvni ausgenommen, verloren. In die Stelle der Abge 
gangenen erwartet man au» Palermo andre Schauspieler. 
Gleich nach Ostern wird die Bühne wieder eröffnet. 
•) Die alle Oper: Da« «»lensest. d. Herau-g.
	        
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