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mit solchen Versen, die unsre dermaligen Poeten x-r
excellence nicht verlaugncn «H»rb«n. Die« ist an einem
weiblichen Talent kein erfreulicher, aber doch ein merk
würdiger Phänomen; denn er gehört zu diesen Extrava,
ganzen, wenn sie, wir hier der Fall ist, auf einem sonst
»vn der Natur nicht verwahrlosten Boden gedeihen, so
viel schlecht verdautes Studium, so viel litterarische
Eitelkeit, Verzogenheit, Ziererei und Sucht nach Auszeich
nung, daß man kaum begreift, wie eine Dame dazu kommt.
Am natürlichsten, und zugleich am christlichsten, scheint
sich die Sache zu erklären, wenn man annimmt, daß die
Verfasserin, indem sie bei ihren Mährchen die wenigen
wirklich musterhaften Kleinigkeiten von Ti-ek in dieser
Gattung zum- Vorbild hakte, sich dadurch iu den ganzen
Wirbel mit fortreißen ließ, in welchen H. Tiek durch
sein eigenthümliche» Talent so unglücklich gerathen ist.
klebrigen» machten zu Anfange des siebzehnten Jahrhun
dert» die Französischen Poeten nicht» als Rondeaus, Hua-
train«, Sonette u. dergl. Benserade, damals ei» gro
ßer Mann, gab Ovids Verwandlungen in Rondeaus her,
au»; man sprach von Uebersegungen der Homer in Lua<
train«. Warum er also Herrn Tiek verdenken, wenn
er das besondere Fach, in welchem er sich auszeichnct,
auf die ganze Poesie ausdehnen, oder die ganze Poesie in
dem besonderen Fache koncentriren; wenn er alle Gat
tungen der Dichtkunst in Ammenmährchen < Reime brin
gen will? —> d—
Begebenheiten auf Bergach. Roman durch Roman.
Von Heinrich Frohreich. (Macht zugleich die drei
ersten Bändchen einer neuen Bibliothek der Roma
ne, Leipzig, bei C- F. E. Richter, aus.)
An dem Faden einer Anfang« unbedeutenden, und
gegen das Ende gemein - abenteuerlichen Handlung sind
hier Erzählungen in den verschirdcustcn Manieren locker
znsammengereihl. Eine rührende Schiffbruchs - Idylle,
ein orientalische» Mährchen, eine schaudervolle Sage au»
der Ritlcrzeit, ein höchst moderner niedrig - kölnischer
Schwank, und eine Banditengeschichre im neuesten Ge
schmack, wechseln auf diese Weise mit einander ab. Ueoer,
all sindck oder ahnet man mehr Reminiscenz, als eigene
Erfindung» überall aber zeigt sich ein nichts weniger als
gemeine« Talent, den eigentlichen Ton jeder besondern
Gaiwng, in welcher e« sich versucht, anzustimmen, und
man erkennt im Styl, bei manchen Nachlässigkeiten und
Fehlern, weit mehr Geist, als es dem, vermuthlich pseu,
donymen, Verfaffer gefallen hat, in jeder andern Rück,
sicht zu offenbaren. Die« giebt selbst in den schlechtesten
von den Manieren, die er erwählt hat, einen nicht-unan
genehmen Schein von Parodie; aber eben dieser Schein
ist der heut zu Tage so sehr gemißbrauchte, und den viel
fältigem traurigen Verirrungen guter Köpfe, wie den
Nachahmungen so mancher albernen Thoren, zum Grun
de liegende Freibrief, der unserer Litteratur in der That
nachlheiliger ist, al» der steifste Jnnungszwang es nur im
mer seyn könnte. Möchte ihn Heinrich Frohreich
fallen lassen, um einen Verstand, von dem sich vielmehr
auguriren läßt, alr er wirklich leistet, würdig anzuwen
den! — b —
Arion, Romanze von A. W- Schlegel, in Musik ge
setzt von Wilhelm Schneider.
Die Composilion hat einige gefällige singende Stellen
und überraschende Modulationen; doch istlfte nicht in dem
leichten erzählenden Ronianzcnstyl abgefaßt, und zu schwer
fällig. Die darin vorkommenden Recitativ: sind, in Hin
sicht auf die Deklamation, und öfters auch in Hinsicht
auf die Harmonie, meistens unrichtig. Die zu häufigen
Modulationen verwischen gleich wieder den Eindruck schö
ner Ideen, die hin und wieder zerstreut sind. Das Ganze
wird endlich dadurch ermüdend eintönig, daß vom Anfan
ge bis zum Ende zu düster« Tonarten gewählt sind. Hat
der Komponist bei den Worten: „Er steht im Schiff am
zweiten Morgen," Seite 4. sich da die Freiheit genom
men, über die Schranken der sich verwandten Tonarten
hinaus zu gehen, warum hat er cs auch nicht bei dieser
Stelle „der Jüngling hüllt dir schönen Glieder in Gold
und Purpur," Seite io. gethan, und die weiche Tonart
C gewählt? Der gefällige Gesang bei den Worten „Ge,
fahrkin meiner Stimme" würde nach der harten Tonart
C in As weit mehr Wirkung thun. Diese« gilt von meh
reren Stellen.
Notizen.
Folgendes sind die vorzüglichsten Statüen, Düsten
und andern Alterthümer, welche vor kurzem vom Capi
tol und au« der Villa Albani zu Rom nach Paris- ge
bracht, mid im Museum aufgestellt worden sind: Ein
Dreifuß vom Capitol, zwei Stühle von fleckenlosem Mar
mor, Melpomene kolossal, acht kolossale Büsten, Ha
drian, Antinou«, Serapi« mit sieben Strahlen',
Minerva, Antoninu» Piu«, L. Veru«, Domi
tian; Nero, Oth0, Statuen; Julian der Abtrünni
ger, August, Tiber, beide in der Toga; Domitian,
August, Septimiu« Severu«; ein großer Leuchter
aus dem Vatikan; Minerva genannt Palla» von