froh und glücklich. Aber jetzt kannst du das nicht mehr
seyn, da Schlauheit und Gewalt dich zum Gegenstand der
Unterdrückung und der Raube« bestimmt haben. Seil lan
ger Zeit bist du den Feinen und Schlauen, den Psifflgen
und Kniffigen freie Jagd; bist das Stichblatt des Finan
zier«, die unverstegende Quelle der Minister, die haltbar
ste Stütze ihrer Budgets, — und wirst es in Ewigkeit
bleiben.
Apropos!
Giebt c« auch Bull auf deutschem Boden?
Und wie nennen unsere Puristen John Bull auf rein
Deutsch? . . . Und wie alt und wie zahlreich möchte wohl
diese erlauchte Familie in Deutschland seyn? . . .
Lange.
Der Nahme thut viel zur Sache.
La Motte hakte bereits in der lyrisch-dramatischen
Poesie manchen Lorbeer errungen, als er beschloß, auch
Melpomencn ein Opfer zu bringen; er schrieb ein Trauer
spiel die Maccabaer. Da er aber schon einen großen
Ruf und folglich auch viele Feinde hatte, die bereit
waren sein Stück auezupfcifen, che sie es noch kannten,
so war er so gescheit, fürs erste anonym zu bleiben. Da
durch erhielt er wirklich, daß auch der Neid wacker mit,
klatschte, ja vielleicht eben darum klatschte, weil er sich
Hoffnung machte, ein aufkeimende« Talent einem be-
reikS anerkannten entgegen zu stellen, und so das letz
tere wo möglich beim Publikum zu verwischen; versteht
fich unter der geheimen Bedingung, den neuen Götzen auch
sogleich wieder zu stürzen, wenn er zu mächtig werden
sollte. Kurz, die bittersten Feinde von la Motte, weit
entfernt die List zu ahnen, fanden sein Trauerspiel so vor,
trefflich, daß sie sogar glaubten, es sey ei» nachgelas
sene« Werk von Racine. Ja, als nach und nach
laut wurde, la Motte sey der Verfasser, konnten sie
nicht genug über de» abgeschmackten Einfall spotten, und
diejenigen verlachen, welche so dumm waren nicht zu füh
len, wie ganz unfähig la Motte zu einem solchen Wer
ke sey'). Endlich erklärte sich la Motte laut als Verfas
ser, und nun war es ein neuer Spaß zu hören, wie seine
Feinde plötzlich die Sprache änderten. Die Dümmsten un
ten unter ihnen machten jetzt herunter, was sie vorher
gelobt hatten; die Gescheitesten schwiegen, oder gestanden,
das Stück habe einzelne schöne Scenen, aber das Ganze
sey sehr mittelmäßig. Der gelehrte und schwerfällige Da
tier, einer von la Rotte'« bittersten Feinden, hatte die
») «er«»- so gina es ttotzetzu m -A<« mit Ut Octavia, l-ci
welcher er auch daö Inkognito l-eobachi.e har».
Marcabäcr gerade am meisten gelobt, und am harlnäk-
kigsten behauptet, daß la Motte unmöglich der Verfasser
sey» könne. „Nun?" sagte Jemand zu ihm, als das
Geheimniß entdeckt war, „das Trauerspiel, das Sie bi«
in die Wolken erhoben haben, ist ja doch von la Motte? "
— Nun ja! erwiederte Dacier verdrießlich, es ist hin und
wieder etwas Gute« darin. — Dieses Urtheil war in der
That richtiger, als sein vorhergehende«, denn die Mac-
cabäer haben wirklich bloß schöne Einzelheiten, und sind
bald von der Bühne verschwunden. Dagegen hat Ine«
de Castro, welche bald darauf ein noch weit glänzende
re« Glück machte, sich auf dem Repertoire erhalten, trotz
den zahllosen Kritiken. Bekanntlich giebt es zu jeder Zeit
Skribler, die immer bereit sind, einem beklatschten Autor
zu beweisen, daß er nicht hätte beklatscht werden sollen;
gewöhnlich sind es kleine Schriftsteller, Bernhardt'- und
dergleichen, die verzweifeln möchten, daß man ihnen nicht
auch ein solches Unrecht vorwerfen kann. La Motte be
fand sich eines Tage« in einem Kaffeehause, wo man ihn
nicht kannte, und wo sein Ine« von denKennerlingcn ge
waltig zerrissen wurde. „Kommen Sie," sagte er endlich
zu einem seiner Freunde; „lassen Sie uns in die zoste
Vorstellung dieses schlechten Stücke« gehn." - Ein ander
mal, als man über die vielen bitteren Kritiken mit ihm
sprechen wollte, erwiederte er: „Es ist wahr, man hat
viel kritisirt, aber iuiiner inir Thränen in den Augen."
Wir können uns nicht enthalten, diesem Aufsatz noch
einen Wunsch hinzuzufügen. Wir möchten ncmlich für
unser Leben gern hören, was man sagen würde, wenn die
Hussiten untcrGöthe's, und: Was wir bringen!
unter Koyebue'» Nahmen erschienen wäre?
Was ist überhaupt Lob oder Tadel gleichzeitiger
Schriftsteller? beides fließt so selten aus reiner Quelle.
Man erlaube uns vom Kleineren zum Größeren überzu
gehen, und hier eines Büches zu erwähnen, welches ein
gewisser Charles de la Ruelle im Jahre 1574 geschrieben
hat. E« ist gegen die Geschichlskunde gerichtet, die es
überall als unzuverlässig darstellt. Troja, sagt der Ver
fasser, ist nie erobert worden; AeneaS ist nie nach Italien
gekommen; die sogenannten Ruinen von Troja, die inan
noch sieht, sind die Reste einer Stadt, die zu den Zeiten
der Kriege zwischen Sylla und Marius von dem Prokon
sul Fimbria zerstört wurde. Scipios Enthallsainkeit ist
ein Mährchen; er erzwang die größten Vertraulichkeiten
von feiner Spanischen Gefangenen, che er sie ihrem Lieb
haber zurückgab. Don solchen Beispielen geht er nun
auch zu den schwankende» Urtheilen über, von welchen
hier eigentlich die Rede ist. Procop in seiner Geschichte