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Liefe majestätisch hinströmt. Diese Abwechselung geht
nach allen Richtungen fort bis nach Düffeldorf.
Westphalen war von jeher der Wohnsitz tapferer Natio
nen, welche in alten Zeilen ihre Freiheit gegen die
Römer, und nachher gegen die Franken, mannhaft ver
theidigten. Und wen» Lacilus von Germanien spricht,
so gilt er hauptsächlich Westphalen. Auch in den neueren
Zeiten hat der Wefiphale seiner Abkunft Ehre gemacht
Ich würde eine eigne Abhandlung schreiben muffen, wenn
ich die Helden, Gelehrten und Geschäftsmänner anführen
wollte, welche in Westphalen geboren sind, und sich mei
sten Theil» darin gebildet haben, wie Seidlig, Männich,
Pülter, Jerusalem u. a. Doch kann ich die Tapferkeit und
Anhänglichkeit nicht ungerühml laffe», womit die Preußi
schen Westphalen noch in den neuern Zeiten sich für
da« Königl. Preußische Haus in den Kriegen des vori
gen Jahrhundert« ausgezeichnet haben: sie mochten in
Italien oder in den Niederlanden, an der Donau oder
an der Elbe fechten, immer erhöheren sie den Ruhm der
Tapferkeit und der Anhänglichkeit an ihren Monarchen.
Es würde für die» Blatt nicht recht paffen, wenn
ich mehr als einzelne Bemerkungen liefern wollte. Es
ist schon genug, wenn man die Dorunhcile ablegt oder
mildert, welche gegen Westphalen hier und da herrschen,
und wozu Voltaire und andre starkgclesene Schriftsteller
viel beitrugen. Den einen, wie Voltaire, brachten die
schlechten Wege und die Mißhandlungen auf, die er er
fuhr, da man ihn für einen Affen des Köniz« Friedrich«
de« Großen hielt, den andern die ungewohnte Lebens
art, schlechte Witterung und dergl. Unpartheiische For
scher und Beobachter de« Lande« waren sie gewiß nicht.
Schade, daß einige neuere Reisende, welche Westpha
len beschrieben, wie Hoche und Grüner, zu schnell
und ohne die gehörigen Vorkenntniffe und Verbin
dungen ihre Durchflüge machten! Gleichwohl hat dem
Letzter» Westphalen gewiß schon viel zu danken, wenn
durch ihn die vielen Naturschösiheilen und romantischen
Ansichten, womit das Land geschmückt ist, bekannter ge,
worden sind.
Das Preußische Westphalen ist ohne Zweifel der kul<
tivirteste Theil in diesem Kreise, und ct wär« der Mühe
werth die Frage: wa» verdankt Westphalen der Preußi
schen Regierung? zu untersuchen und zu beantworten.
Wenn seit 1609 (seit der Zeit sind diese Gegenden Preu
ßisch) nicht so viel geschehen ist, als man vermuthen
könnte, so liegt die Schuld an den unruhigen Zeiten.
Man denke nur an den dreißigjährigen Krieg, welcher auch
d«esk Gegenden schwer drückte u. s. w. Einige Beiträge
zur Beantwortung jener Frage will ich von Zeit zu Zeit
dem Freimülhigen miilhcilen, welcher als guter Patriot
sie hoffentlich nicht verschmähen wird. So verdankt
die Grafschaft Ravensberg, und besonders die Hauptstadt
derselben, Bielefeld, einen großen Theil ihres Flor« der
Weisheit de« vormaligen Minden-Ravensbergische» Kam-
incrpräsidenken von Dacheröden, welcher etwa um das Jahr
1768 die dortige Kaufmannschaft zur Anlegung eigner
Bleichen auf Holländischem Fuße verinochte, und e» also
dahin brachte, daß von der Zeit an kein Raveiisbergischcr
Linnen mehr nach Harlem geschickt wurde, und daß eine
Bleichspekulation im Riktbergischen, welche auf Bielefeld
berechnet war, in der Geburt erstickte. Zwei große Hol
ländische Bleich > Elabliffement« eristiren letzt bei Biele
feld, welche selbst Westrumb, al« er im vorigen Jahre
die neue Bleichart dort in Gang bringen sollte, kolossal
nannte. Mit wahrhaft landesvaterlichem Wohlgefallen be
trachtete der vorige König den Fadrikstand und die Hand
lung Bielefelds. Ei» sichtbarer Beweis davon war das
Königl. Geschenk von 50,000 Thlr., womit er seine
Guade zu erkennen gab. Ein Theil davon ist zur Anle
gung eine« Flachs-Magazin», also höchst zwcckinäßig, be
nutzt worden. Mit Recht kann man hierher auch die
neue Chaussee rechnen, welche durch die unermüdete
Thätigkeit de« einstchtsvollen und patriotischen Oberpräsi,
Bcntcn von Stein von 179g bis 1S02 zu Stande gekommen
ist, und von Minden bi« Bielefeld, über 5 Meilen weit
sich erstreckt. Schon die unbeschreibliche Schlechtheit
dieser Straße, ehe daraus eine Chaussee wurde, war im
Stande, jedem Reisenden ein Vorunheil gegen die« Land
einzuflößen. Hoffentlich werden die übrigen Heerstraßen,
die eben so schlecht, ja zum Theil noch schlechter sind,
als jene war, eine ähnliche Umwandlung erfahren, sobald
die Posten ganz allein unserm Könige gehören werden.
Ucberhaupl ist es, im Ganzen betrachtet, ein große» Glück
für Westphalen, daß durch die neuen Acquifltionen unter
die Preußischen Besitzungen ein Zusammenhang gebracht
ist, welcher bis dahin fehlte, und daß nun Kulrureinrich,
lunge» zu Stande kommen können, welche durch die frem
de» Territorien erschweret, oder gar vereitelt wurden.
Nun stehen wenigsten» von der Seite manchen gemein
nützige» Planen, als der Schiffbarmachung der Ems, der
Ziehung neuer Kanäle u. dergl. keine Hinderniffe weiter
im Wege.
Bis zur Regierung de« jetzigen König« waren et
hauptsächlich bei u»« die Finanzen, welche die Aufmert-
samk-ii de» Sraai» dorthin zogen. Man hatte Industrie,
Fabriken und Handlung befördert, aber ohne auf die g r<