144
£ nicht ganz sichtig angeben kann. Ich bin glücklicher
» Weise im Stande, die Handschrift ihres Corrcspvnden-
len zu berichtigen, und bei dieser Gelegenheit einem
meiner verehrtesten Freunde Gerechtigkeit widerfahren
zu lassen. E» ist der Graf Franz von Deym, einer je
ner seltenen Mensche», bei denen die Tugend ein In
stinkt zu seyn scheint und die aufgeklarte Wohlthätigkeit
gleichsam bloß au» dem gesunden Menschenverstände ent
springt. Seine ausgebreiielen Kenntnisse, seine Lieblings
beschäftigungen, find alle vom Palriotiemus beseelt, und
auf allgemeinen Nutze» berechnet. Selbst die Akquisition
der Herrschaft Arnau, die er vor drei oder vier Jahren
»nachte, war ein gutes Werk; die zahlreichen Gläubiger
des vorigen Besitzers und die Segnungen aller Einwohner
bewogen ihn dazu. Ich könnte Ihnen kostbare Züge sei
nes Herzens und der wahren Leidenschaft mittheilen,
mit welcher er alles Gute und Schöne umfaßt; aber ich
muß seine Bescheidenheit schvnen, oder vielmehr jeue edle
Empfindung, welche verursacht, daß er Alles für bloß na
türlich hält, was die Verderbtheit unser» Zeitalter» un»
zu bewundern zwingt. Ich will nur Ein in Prag be
kannte« Beispiel anführen, wvrnach Sie seine Herzens
gut« abmessen mögen. — Die besten Advokaten ricihen
dem Grafen, gegeri eine seiner Tanten zu klagen, welche
de» Nießbrauch eines ansehnlichen Gutes harre, dessen
Erbe er war. Sein Recht war unbezwcifelt. Er frag
te auch mich um Rath. Ich sagte ihm, daß ich, so wie
seine Advokaten, sein Recht zwar für unbestreitbar, den
Geist der testamentarischen Verordnung aber noch für
zweiselhaft hielte. Von diesem Augenblick an war von
keinem Prozesse mehr die Rede, und statt dessen machte
der Graf eine Reise in die Denclianischen Provinzen,
welche Oestreich durch den Traktat von Campo Formio
acquirirt hatte. Diese Reise Halle zum Zweck, der Regie
rung nützliche Beobachtungen über die Handelsverbin
dungen zu liefern, welche zwischen diesen und den altern
Erbstaaten eröffnet werden könnten. — —
Ich bin u. s. w.
Piattoly.
Notizen.
Cordier, «in neuer Reisender, sagt: die vollkommen«
Erhaltung der Erster von den meisten, seit undenklichen
Zeiten erloschenen, Vulkanen in Auvergne, ist erstaunens-
würdig, tvenn man bedenkt, daß fle weit über die histo
rischen Zeilen der alten Gallier hinauSreichcn. Man pflegt
dem Casar gewisser Maßen eine» Vorwurf daraus zu
machen, daß er sie nicht gekannt zu haben scheint, und
man quält flch, eine Ursache seine« Schweigen» über die
sen Gegenstand zu finden. Allein, man sollte bedenke»,
daß zu Cäsars Zeiten die Bergkette noch mit unermeßli
chen Wäldern bedeckt war, vielleicht nur den Druiden
zugänglich, und vermuthlich einer ihrer geheiligten Schlupf,
winkrl. Auch Gräber arbeitete man in die Lava, und
hatte, zu Erreichung desselben Zweckes, weit weniger
Mühe, als die Acgyplier beim Bau ihrer Pyramiden.
In der Hamburger Dorstadt St. Georg ist wirklich
«in neues Theater entstanden, und am Marientage zum
ersten Male auf demselben gespielt worden. Der Anfang
verspricht für die Zukunft. Die Städter strömen von
einer Seite haufenweise aus dem Thore, und die Dor-
stadrer von der andern herbei. Den rneisicn Zulauf habe»
die Travestirungcn, Hamlet, Kleopatra, und derglei
chen. Zwischen der städtischen und vorstädkischen Gesell
schaft herrscht natürlich große Eifersucht, und es ist auch
bereits, vermuthlich duich Brotneid veranlaßt, «in schmäh
liches Pasquill erschienen.
Ein junger Mann, der sich — s — d unterzeichnet,
hat dem Herausgeber einen Aufsatz gegen den Verfasser
der Bittschrift in No. 20. zugesandt, von dem kein Ge
brauch gemacht werden kann. Ucörigens irrt der Verfas
ser, wenn er glaubt, daß durch jene Bittschrift ein gan,
zer Stand (nehmlich.der Stand der Studenten,
die wohl eigentlich moch gar keinen Stand ausmachen)
beleidigt werde. Die Satire ist bloß gegen die Einzel
nen gerichtet, die, von der neueren lächerlichen Aesthe,
tik und ungeschlachten Philosophie angesteckt, flch durch
Ncbelfloskel», die fie selbst nicht verstehen, und durch un
verschämte Herabwürdigung von Verdiensten, die sie gar
nicht schätze» können, der Welt als gewaltige Genies
aufdringen wollen. Der Verfasser des Aufsatzes scheint
aber gar nicht in diesem Falle zu sey»; der Herausgeber
halt ihn viclinchr für eine» wackern vernünftigen Jüng
ling, und eben deswegen thut es ihm leid, zu sehen, daß
er sich verleiten läßt, eine schlimme Sache zu vertheidigen.
Der Herausgeber erhält sehr oft Briefe, in welchen
«r ersucht wird, bald hier , bald dorthin vollständige
Exemplare des Freimüthigen zu finden. Er muß Ein- für
allemal erklären, daß er sich damit durchaus nicht befas
sen kan». Ein jeder wird die Güte habe», sein Exem
plar, enlweoer bei seinem Postamt, oder bei der ihm
nächsten Buchhandlung zu bestellen.
An die Herren Mitarbeiter, deren Zahl flch fast täg,
lich vermehrt, wiederholt der Herausgeber die Bille, nicht
ungeduldig zu werden, wenn fle ihre Aussäge zuweilen
spät abgedruckt finden. Der bis jetzt »och immer steigen
de Beifall, mit dem da» Publikum dicfeo Blair beehrt,
wird den Freimüthigen mit der Zeit vielleicht in den
Stand setzen, stau vier Blätter, wöchentlich fünf zu ge
ben, ohne deshalb de» Preis zu erhöhen; und alsdann
würde es auch möglich werden, die sich häufenden Bei
trage den Lesern fchneller mitzutheilen.