denken Sie Sich mein Erstaunen, als ich bemerkte, daß
diese Vorhalle das einzige Vorzimmer des ganzen
Hauses ist. Man steigt die Treppe hinauf, und tritt von
der letzten Stufe ohne weitere Umstande in das Zimmer,
in welchem die Königliche Familie frühstückt. Man nennt
es das lakirte Zimmer, wegen einiger allen sehr
schön lakirten Zierathen, die zwischen den Gemählden,
welche auch hier wie überall hangen, befindlich sind. Und
was meinen Sit wohl, wie es möblirt sey? — Vor allen
Dingen eine Uhr auf dem Kamin (denn Uhren hab' ich
im Pallast mehr als fünfzig gezählt, und alle gingen so
pünktlich überein, daß ich verzweifeln würde, wenn ich
hier wohnen sollte, dafür ist aber auch der König von
England der pünktlichste Mann in seinem ganzen Reiche.)
Außer der Uhr, und dem schönen Kamin von Marmor,
giebt es vor den Fenstern sammtne Vorhänge, auf welche
die Prinzessin Elisabeth Verzierungen gemahlt hat; dann
ein Paar Gueridons, um eine Tasse oder einen Arbeits,
korb darauf zu stellen; das nothwendige Geräth zum
Frühstück: aber — keinen Teppich. Es sind nur vier im
ganzen Hause, obgleich die Königl. Familie wohl zwanzig
Zimmer bewohnt. Der König glaubt, daß warme Zim
mer der Gesundheit schaden; darum sind auch selbst die
vier Teppiche, welche da sind, nur ganz klein, und bedek-
ken bloß einen Theil des Fußbodens. Sic liegen im
Schlafzimmer der Königin, im Speisesaal, und iu noch
zwei andern Gemächern, die man vorzugsweise die war
men nennt, und die man vermuthlich für den Weihnachls-
tag aufhebt. Die übrigen Möbel entsprechen der bishe
rigen Beschreibung. Alte Schränke, alte Schreibtische,
ohne Ordnung herumgestellt, wenige Spiegel, und alle
sehr klein, Stühle von gemeinem Holz, mit abgenutzten
Damast überzogen: alles zu wenig nach der Mode, um
zu gefallen, und zu wenig antik, um dadurch zu intcr-
cfsiren; mit Einem Worte: nichts weder alt noch neu
genug, weder prächtig noch einfach genug. Ein großes,
gut gebautes, übel verziertes Haut, in welchem nicht einmal
ein reicher Privatmann wohnen möchte, der nur einigen
Anspruch auf Eleganz machte; das man aber doch sehen
Und besehen muß, weil es die Wohnung eines Königs ist.
Notizen.
Madame Mara hat am i;ten Februar den Berlinern
jm Opernhause den ersten köstlichen Genuß ihrer hohen
Kunst gewährt, und wird, ehe sie nach Rußland gehl,
dem Publikum noch einen zweiten so herrlichen Abend
schenken. Der Zulauf war über alle Beschreibung groß.
Man soll am Ende einen Friedrichsd'or für ein Parterre-
Billet geboten haben. — Wärmn es einigen Zeitungen
beliebt hat, Madame Mara um zehn Jahr alter zu ma
chen, als sie wirklich ist, begreift man nicht. Sie ist be,
kanntlich im nördlichen Deutschland geboren und erzo
gen; man harte also ihr Alter leicht wissen können. Als
sie im Jahre 177- zum ersten Mal nach Berlin kam, war
sie noch nicht achtzehn Jahr alt.
Madame Dillington wird einen Prozeß bekommen.
Sie hat nehmlich versprochen, in den Oratorien von Co-
ventgarden, und in verschiedenen öffentlichen Concerts zu
singen; aber die Direktoren der Oper, dis ihr 2500 Pfd.
Sterling geben (also 1000 Pfund mehr als der Madame
Banli), glauben ein Recht zu haben, zu fodcrn, daß sie,
so lange ihr Engagement dauert, kein anderes Publikum
als das der Oper entzücken solle. Madame Billington wird
also wahrscheinlich vor einer Jury erscheinen müssen.
Ein Journal erzählt von Rousseau: er sey bei der
Kopfsteuer mit j Livres 12 Sous, der ordentlichen Taxe
einer Magd, angesetzt gewesen, und da der Verfasser de«
Emil diese Summe nicht habe bezahle» können, so sey ihm
mit Einquartierung gedrohet worden. „Wohlan, habe er
gesagt, wenn man mir meine Kammer und mein Bett
Nimmt, so werde ich mich unter einen Baum setzen, und
dort den Tod erwarten." — Daran erkennt man den
Freund der Natur! setzt das Journal hinzu. — Ware die
Anekdote wahr, so würde man nur de» Freund des Son
derbare» darin erkennen. Nie war Rousseau so arm, daß
3 L. i2 S. ihn gcnirt haben könnten.
Daß der Freimüthige manchem Follicülaire ein Dorn
im Auge seyn, und daß ein solcher dann Allee hcrvorsu-
chen würde, auch die unverkennbarsten Gesinnungen des
Herausgebers herabzuwürdigen, war leicht vorauszusehen.
Unter andern reibt sich schon dieser und jener an dem
ausgesetzten Preise von ic-c> Friedrichsd'or auf das beste
Lustspiel. Einer meint sogar, ein solches Prcisstück müsse
weit mehr eintragen, und es sey also dabei auf Gewinn
angesehen. Armer kleiner Mensch, in dessen kleiner See
le eine solche kleine Vermuthung aufsteigen konnte! du
verdienst nicht, daß man dir antwortet, nur, daß man dich
bedauert. — Zum Ueberfluß ertheilt der Freimüthige hier
die Versicherung, daß dem Verfasser eines Prcisstückc»
gewissenhafte Rechnung über Einnahme und Ausgabe vor,
gelegt werden soll, und daß, wenn wider Vermuthen
m e h r als ioo Friedrichsd'or für sein Stück eingehen soll
ten, der Ueberschuß ohne Widerrede ihm alein ge
bührt. — Nach des Herausgebers Erfahrung aber, wird
dieser Fall gewiß weit seltner eintreten, als der, wo die
Summe durch die Kaffe des Freimüthigen ergänzt wer
den muß.