Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene Leser.
Ein patriotischer Frankfurter an den Freimüthigen.
Ew. Edeln, lieber Herr Freimüthiger! Ich thue Ihnen
hiermit zu wissen, daß es uns alle recht verdrossen hat,
was Sie in Ihrem Blatte von Frankfurt schreiben; und
es giebt recht gcscheidte und vornehnicLcutc in Frankfurt,
welche Ihr Blatt hingeworfen, und auf den Tisch geschla,
gen haben, und gesagt: das ist doch infam! — Ich
kann Ihnen auch auf mein ehrliches Gesicht versichern,
daß cs nicht wahr ist, daß sie auf dem Casino einen Fri
seur haben; nein, die Herren und Danien frisiren sich zu
Hause, und kämmen sich aus. And das Casino ist eine recht
hübsche Anstalt; es ist alles hübsch erleuchtet, und man
bekommt da gut zu essen und zu trinken, und recht guten
Thee, - 6 Kreuzer die Taffe. Und cs kommen recht ho
nette Frauenzimmer hin, für die das Casino einem wah
ren Bedürfnisse abgeholfen hat; denn manche hatte viel
leicht die Woche ein- oder auch zweimal allein zu Hause
bleiben müssen, und sic Hütte sich ennuyirt, wenn nicht das
Casino wäre. Daher sind auch sogleich, des guten Bei
spiels wegen, recht viele angesehene Weiber hingegangen,
um die andern aufzumuntern und das Vorurthcil zu be
siegen; denn kleindcnkcnde Weiber hatten Anfangs gemeint r
das wäre ja gerade, als wenn man zu Weine ginge, und
sie mochten nicht in die Auberge gehen; auch wahrte ihnen
die Zeit nicht lang, wen» sie einmal zu Hause blieben.
— Sehen Sic, wein Herr Freimüthiger, erst hatten Sie
Sich besser unterrichten sollen, dann würden Sie keinen
Verdruß gestiftet haben, und man hatte Ihr Blatt gewiß
auch auf dem Casino gehalten, wo man dergleichen Blätter
liest, wenigstens zum Lesen hinlegt. — Auch müssen Sie
wissen, daß man sich in Frankfurt weder viel um Gall,
noch um die Köpfe bekümmert; man hat reellere Sachen
zu thun. Selbst Herr Schäfer, ein berühmter uich sehr
verehrter Friseur, richtet sich nicht einmal nach den Köp
fen seiner Kunden, sondern alle müssen sich nach ihm rich
ten, und werden von ihm auf seine Art zurecht gemacht.
— Der Wahrheit zur Steuer muß Endcsuntcrschriebcoer
aber doch noch bemerken, daß wirklich ehrenbcmeldctcrHerr
Schäfer bei dem Montagsball, welchen die Dirccteurs de»
Casino in dem rothen Hause, wo auch das Casino ist,
veranstaltet haben, welcher aber außer allem Jusammen-
hange mit dem Casino steht, als Friseur angestellt ist; da
ist er in einem Nebenzimmer, und arrangirt die Damen,
welche Lust haben, in der Geschwindigkeit. — Das muß
jederUuparthciische loben, und mikDank gegen die Herren
Dirccteurs erkennen; denn bekanntlich wird auf einem
Balle leicht etwas an einer Dame derangirt, und das ist
gewiß kein gemeiner Künstler, der alles gleich mit Puder,
Pomade, lluils -nliguo, Brenneisen, Kamm und derglei
chen wieder gut machen kann.
Die Madame Mara ist eine Person, welche in
Frankfurt gefallen hat, und der man allerdings Gerechtig
keit hat widerfahren lassen; woraus Sie sehen können,
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