Verordnungen und Bekanntmachungen der Königlichen
Riegierung zu Berlin.
No. 94. Die Bösartigkeit und Ansteckungsfahigkeic des Mkljbrandgifts auf Menschen
Ansleckuiig«- vnd Thiere ist duich viele tralirige Elfahrungen bewiesen. Noch im vorigen Jahr
MilEbrand-^ starben-im Regierungsbezirk Potsdam drei Menschen an den Folgen unvorsichtiger
giflcr. Besudelung mit den Säften der vom Milzbrand ergriffenen Thiere. Der eine hatte
ein an dieser Krankheit krepirces Stück geöffnet und starb nach einigen Tagen am
Brand; zwei hatten eine kranke Kuh zur Ader gelassen/ das Blur hatte ihre Hände
berührt, und obwohl sie sich dieselben gleich reinigten, so starben doch beide kurz
nachher und bei der Leichenöffnung zeigte sich innerer Brand und Auflösung der
Milz. Eine Frau, welche von der Milch einer milzbrandigen Kuh getrunken
harte, bekam rödtliche. Brandflecke. Mehrere Viehbesitzer, welche entweder dem
noch lebenden Vieh ins Maul gefaßt oder aus Unwissenheit das sogenannte Rücken-
blut auszichn wollten, bekamen den heftigsten Brand an den 'von den Saften des
Thiers berührten Theilen.
. Diese Operation mit dem Auszichn des Rückenbluts soll eine Wegnahme des
im Mastdarm ausgetretenen Bluts bezwecken, welches eben so schädlich als wider
sinnig und unnütz ist. In mehreren Orren 'starben alle Hunde und -Schweine,
-welche man unvorsichtigerwcise von dem Fleisch des krepirren Viehes hatte fressen
tasten, oft schon nach 24 Stunden. Eben so starben Enten, die von dem Blut
getrunken halten.
Das Publikum wird daher von Neuem auf das Gefahrvolle dieser Krankheit
aufmerksam gemacht, die, in den trocknen heißen Sommermonaten herrschend, nicht
blos die erkrankten Thiere häufig tödcet, sondern auch in ihren anderweitigen
Folgen so gefährlich ist, um so mehr da bei wirklich auögebrochener Krankheit der
schnelle Verlauf fast jede Hülfe fruchtlos macht, so wie diese auch bei dem lang
samen Verlaus oft erfolglos bleibt.
Die gewöhnlichen Hülfsmittel erfordern die grüßte Vorsicht; Oeffnen der
Beulen, Aderlässen, Setzen des Haarseils, Eingießen der Arzeneien, Klystier-
setzen re. kann nur bei dringender Veranlassung Anwendung finden, und dann mic
von solchen Personen unternommen werden, welche durchaus keine Verletzungen,
Geschwüre, Hitzblattern, frisch vernarbte Stellen u. dergl. m. km Gesicht und an
den Handen haben. Die Hände müssen selbst wenn sie gesund sind, mic Oel oder
Fett bestrichen werden und das Gesicht ebenfalls gegen Bespritzen mit Blur, Geifer
oder andern Feuchtigkeiten möglichst geschützt werden, da die Verunreinigung
desselben zu oft tödrlich ist.
Das Auszichn des Rückenbluts hat nie Vortheil und ist lebensgefährlich für
den Unternehmer. Das Oeffnen des Viehs darf nur erst nach dem Erkalten von
Sachverständigen auf Verfügung der vorgesetzten Behörde unternommen werden.
Selbst