Betriebliches Gesundheitsmanagement in der
Stadt Berlin
- Gutachten -
ZAGG Zentrum für angewandte Gesundheitsförderung und Gesundheitswissenschaften GmbH
www.zagg.de
Detlef Kuhn | Geschäftsführer
Hannes Will
Verena Eustermann
November 2015
Im Folgenden wird aufgrund der besseren Lesbarkeit nur die männliche Form verwendet.
Die Ausführungen beziehen sich gleichermaßen auf weibliche und männliche Personen.
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Zusammenfassung
Das vorliegende Gutachten wurde im Rahmen des Aktionsprogrammes Gesundheit (APG)
und im Auftrag der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales Berlin durch die ZAGG
GmbH erstellt. Es führt inhaltlich in das Thema Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)
und Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ein, beinhaltet eine Übersicht der
BGM- / BGF-Anbieter und der BGM- / BGF-Angebotslandschaft in der Stadt Berlin und
bietet basierend auf dieser Ausgangslage, die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen
für eine professionelle Weiterentwicklung des Themenfeldes.
Im Rahmen der Recherche nach potenziellen BGM- / BGF-Anbietern und BGM- / BGFAngeboten in Berlin wurde zunächst auf die bereits bestehende Datenbank „Stadtplan
Gesundheitsförderung“ zurückgegriffen. Zur Erweiterung der Anbieterliste erfolgte eine
Onlinerecherche anhand einer Schlagwortsuche. Als weitere Datenquelle diente eine
quantitative Übersicht der Berliner Mitglieder des Deutschen Netzwerkes für betriebliche
Gesundheitsförderung (DNBGF). In einem weiteren Schritt erfolgte die Befragung führender Berliner BGM- / BGF-Experten im Handlungsfeld.
Das BGM- / BGF-Handlungsfeld in Berlin zeichnet sich durch eine hohe Heterogenität
aus. In der Stadt gibt es eine Vielzahl von Anbietern, die unterschiedlichste Angebote für
diverse Zielgruppen und Branchen offerieren. Deutlich wird insbesondere eine Zunahme
privatwirtschaftlicher Anbieter, die neben modernen, innovativen Produkten zunehmend
verhaltensbezogene Maßnahmen anbieten. Die Akteure richten sich an unterschiedlichste Branchen und ihnen kommen unterschiedliche Rollen im Handlungsfeld zu (z.B. Finanziere, Berater, Initiatoren von BGM / BGF). Die gegenwärtige Angebotslandschaft erscheint intransparent und ist kaum zu überblicken. Nur bei wenigen Anbietern sind klare
Strukturen und Standards erkennbar, die den fachlichen Kriterien der BGM / BGF entsprechen.
Anhand der Ergebnisse aus webbasierter Recherche nach Anbietern und Angeboten,
halbstrukturierten Interviews mit als Experten für das Gesundheitswesen eingestufte
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Gesprächspartner und unter Berücksichtigung von Studien zu Trends in der Gesundheitswirtschaft lassen sich insgesamt fünf Handlungsfelder identifizieren:
Handlungsfeld 1: Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses
Handlungsfeld 2: Verbesserung und Anpassung der Qualitätsstandards
Handlungsfeld 3: Öffentlichkeitsarbeit für das Thema Gesundheit und
BGM
Handlungsfeld 4: Synergien mit anderen Ansätzen nutzen
Handlungsfeld 5: Vernetzung und Informations- / Wissensmanagement
fördern
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Gliederung
Zusammenfassung
3
1.
Ausgangssituation und Hintergrund
7
1.1
Zielsetzung
9
1.2
Begrifflichkeiten und Konzepte
10
1.3
Historische Einordnung der Betrieblichen Gesundheitsförderung
11
1.4
Aktuelle Trends in der Gesundheits- und Personalwirtschaft
13
2.
Methodisches Vorgehen
17
2.1
Onlinerecherche
17
2.2
Interviews mit Experten
18
3.
Ergebnisse
21
3.1
Ergebnisse der Onlinerecherche
21
3.2
Ergebnisse der Interviews
24
4.
Handlungsempfehlungen
29
4.1
Handlungsfeld 1
29
4.2
Handlungsfeld 2
32
4.3
Handlungsfeld 3
33
4.4
Handlungsfeld 4
34
4.5
Handlungsfeld 5
37
5.
Fazit
39
Literaturangaben und Anhang
40
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Tabellenverzeichnis
Nummer
Titel
Seite
1
Gesprächspartner in halbstrukturierten Interviews
18
2
Ergebnisse der Recherche im „Stadtplan Gesundheitsförderung“
21
3
Ergebnisse der Recherche mittels google.de
4
Ergebnisse der Recherche mittels gelbeseiten.de und dasoertliche.de
22
5
Berliner Mitglieder des Netzwerkes DNBGF
23
21/22
Abbildungsverzeichnis
Nummer
Titel
Seite
1
Struktur des Betriebliches Gesundheitsmanagements
30
2
Der idealtypische, zyklische Ablauf im Arbeitsschutz
35
3
Beispielhafte Darstellung der Phasen im BGM
36
Abkürzungsverzeichnis
APG
Aktionsprogramm Gesundheit
BEM
Betriebliches Eingliederungsmanagement
BGF
Betriebliche Gesundheitsförderung
BGM
Betriebliches Gesundheitsmanagement
DNBGF
Deutsches Netzwerk Betriebliche Gesundheitsförderung
EAP
Employee Assistance Programs
GDA
Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie
INQA
Initiative Neue Qualität der Arbeit
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1. Ausgangssituation und Hintergrund
Die Veränderungen in der Gesellschaft wie beispielsweise der demografische Wandel, die
Digitalisierung sowie die Globalisierung stellen Politik, Verwaltung und Wirtschaft, vor
allem in ihrer Kombination und Interaktion, vor Herausforderungen. Sie eröffnen aber
ebenso neue Gestaltungschancen. Die sozio-ökonomischen und technischen Entwicklungen verdeutlichen einen ständigen Veränderungsprozess, der wiederrum hohe Anforderungen an Unternehmen und Beschäftigte stellt. Der Belastungswandel in der Arbeitswelt, unter anderem gekennzeichnet durch Arbeitsverdichtung, beschleunigende Informations- und Kommunikationstechnologien sowie schnellere Innovationen, hat dazu
geführt, dass Erwerbstätige einem hohen Stressfaktor ausgelöst durch einen hohen Leistungs- und Zeitdruck unterliegen und gleichzeitig ein hohes Maß an Flexibilität aufweisen
müssen (Lohmann-Haislah, 2012).
Eine steigende Lebenserwartung und ein gleichzeitiger Geburtenrückgang lassen die
Bevölkerung gleichzeitig altern und schrumpfen. Im Jahr 2009 waren etwa 17 Millionen
Menschen in Deutschland 65 Jahre oder älter. Ein Vergleich mit anderen Ländern macht
deutlich, dass europaweit in keinem anderen Land prozentual mehr Menschen dieser
Altersklasse leben als in Deutschland (Statistisches Bundesamt, 2011). Veränderungen in
der Bevölkerungsstruktur bedeuten ebenso Veränderungen in der Erwerbsstruktur. Die
Folge ist eine Anteilszunahme älterer Menschen und damit eine immer älter werdende
Belegschaft. Im Hinblick auf die demografische Entwicklung und Erwerbstätigkeitsstruktur in der Stadt Berlin wird deutlich, dass sich die Anzahl der Erwerbstätigen im Alter von
60 bis 64 Jahren von 2001 bis 2011 von 20% auf 40% verdoppelt hat. Dies gilt ebenso für
die Anzahl der Erwerbstätigen über 65 Jahren (Meinlschmidt et al., 2013).
Während in der Vergangenheit vor allem die physische Leistungskraft für die Verrichtung
der Arbeit erforderlich war, steht heute die psychische Leistungsfähigkeit im Vordergrund. In der Statistik der Arbeitsunfähigkeitstage bezogen auf Erwerbstätige in Deutschland stellen psychische Erkrankungen mittlerweile die zweithäufigste Erkrankungsart
nach Leiden des Muskel-Skelett-Systems (Deutsche Angestellten Krankenkasse - DAK,
2015) dar. Sie sind ebenso für den Anstieg von Frühverrentungen ursächlich und gehören
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damit zu den Hauptbelastungsfaktoren in Unternehmen. Diese Beobachtung hat laut
Windemuth (2014) ihre Ursache in verbesserten Diagnostik-Fähigkeiten professioneller
Akteure und der Bereitschaft wegen einer fortlaufenden sinkenden Stigmatisierung, psychische Krankheiten auch als solche anzunehmen.
Für die Gestaltung humaner Arbeitsstrukturen und die Gesunderhaltung von Erwerbstätigen stellt die BGM / BGF einen möglichen Handlungsansatz dar. Sie orientiert sich so
nah wie möglich an jenen Faktoren der Arbeitswelt, die Krankheiten auslösen können
und ist eine Unternehmensstrategie zur Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens von Beschäftigten. Die Arbeitswelt bietet als ein Setting für gesundheitsfördernde Aktivitäten gute Chancen viele Menschen und insbesondere schwer erreichbarere und
benachteiligte Zielgruppen zu erreichen, da sie einen Großteil ihrer Lebenszeit bei der
Arbeit verbringen. Gleichwohl ist Erwerbsarbeit eine bedeutende soziale Determinante
für die Gesundheit. Sie kann neben finanzieller Sicherung ebenso Quelle persönlicher
und sozialer Ressourcen sein, die identitätsstiftend ist, das Selbstwertgefühl stärkt und
eine gesellschaftliche Teilhabe erleichtert. Die Arbeitstätigkeit hat somit einen wesentlichen Einfluss auf Wohlbefinden und Zufriedenheit (Pech & Freude, 2010). Im Hinblick auf
die Veränderungen in der Arbeitswelt, wird es in Zukunft vor allem darum gehen, Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit von Menschen zu erhalten. Die Arbeit sollte - wie
schon in der Ottawa Charta (1986) formuliert - eine Quelle der Gesundheit und nicht der
Krankheit sein, um die Gesundheit von Erwerbstätigen auch langfristig zu erhalten. Das
Setting Arbeitswelt gehört daher „zu den präventionspolitisch wichtigsten Interventionsfeldern“ der Zukunft (Rosenbrock, 2012, S. 366). Darüber hinaus kann BGM / BGF eine
wesentliche Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg eines Betriebes sein (Meuser,
2004) und stellt auf diese Weise auch einen Gewinn für das Unternehmen und die Arbeitgeber dar, da sie ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten können.
Das Thema BGM / BGF hat in den vergangenen Jahren an Popularität gewonnen. Die
Anzahl der Akteure und Angebotsstruktur im Themenfeld ist stark wachsend. Das Handlungsfeld zeichnet sich insgesamt durch eine Vielfalt und Pluralität an Akteuren und Angeboten aus. Zwar lebt das Feld von seiner Unterschiedlichkeit, jedoch hemmt die In-
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transparenz nicht nur Nachfrager, sondern erschwert auch die Vernetzung der Akteure
untereinander und damit eine entsprechende Weiterentwicklung des Feldes. Insbesondere das Themenfeld BGM / BGF lebt „von einem koordinierenden Zusammenwirken
verschiedener betriebsinterner und -externer Akteure“ (Faller, 2012, S. 12). Über die
Angebots- und Anbieterlandschaft in der Stadt Berlin besteht bis dato wenig Transparenz. Eine Übersichtserstellung ist durch Aktivitäten wie dem Präventionsatlas (Präventionsatlas, 2015) oder dem Stadtplan Gesundheitsförderung (Stadtplan Gesundheitsförderung, 2015) bereits unternommen worden.
1.1.
Zielsetzung
Das Ziel des Gutachtens ist die Bestandsaufnahme der BGM- / BGF-Anbieter und der
Angebotslandschaft in der Stadt Berlin sowie, basierend auf dieser Grundlage, die Erarbeitung von Handlungsoptionen und die Formulierung von Empfehlungen für eine professionelle Weiterentwicklung des Themenfeldes in Berlin. Des Weiteren soll das Gutachten zur Unterstützung für einen fachlichen Austausch und für die Vernetzung sowie Zusammenarbeit von Akteuren im Handlungsfeld dienen.
Mit Beschluss des Präventionsgesetzes, das mit Wirkung ab 2016 eine stärkere Verankerung der BGF vor allem in kleinen und mittleren Betrieben sowie eine bessere Vernetzung zwischen Anbieter vorsieht, stellt dieser Bericht die Basis zur Weiterentwicklung des
Feldes in Berlin dar.
Das vorliegende Gutachten wurde im Rahmen des APG und im Auftrag der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, von der ZAGG GmbH - Zentrum für angewandte Gesundheitsförderung und Gesundheitswissenschaften in Berlin - verfasst. Im Rahmen des
Gutachtens wurden folgende zentrale Fragestellungen bearbeitet:
Welche BGM- / BGF-Anbieter sind in der Stadt Berlin tätig?
Was sind die Angebote der BGM- / BGF-Akteure und was zeichnet diese aus?
Welche BGM- / BGF-Netzwerke und Kooperationen gibt es in Berlin?
Welcher Handlungsbedarf besteht aus Sicht führender BGM- / BGF-Experten in
Berlin hinsichtlich der Weiterentwicklung des Themenfeldes?
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1.2.
Begrifflichkeiten und Konzepte
Die beiden Begriffe „BGF“ und „BGM“ werden häufig unterschiedlich interpretiert und
neben weiteren Termini wie beispielsweise „Prävention“ teilweise synonym verwendet.
Die unterschiedliche Begriffsverwendung erschwert ein einheitliches Verständnis, das für
einen Austausch und eine koordinierende Zusammenarbeit wichtig ist. Im Folgenden
werden deshalb die im Kontext von Arbeit und Gesundheit verwendeten Begrifflichkeiten definiert. Daneben werden ebenso die benachbarten Ansätze „Arbeitssicherheit und
Gesundheitsschutz“ sowie „Betriebliches Eingliederungsmanagement“ (BEM) aufgegriffen. Maßnahmen zur Gesundheitsförderung basieren - im Gegensatz zum BEM und zum
Arbeitsschutz - auf freiwilligen Aktivitäten der Unternehmen und sind bislang nicht gesetzlich verpflichtend verankert.
BGF nach dem Verständnis der Luxemburger Deklaration (1997)
„Betriebliche Gesundheitsförderung umfasst alle gemeinsamen Maßnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Dies kann durch eine Verknüpfung folgender Ansätze erreicht
werden: Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsbedingungen, Förderung
einer aktiven Mitarbeiterbeteiligung, Stärkung persönlicher Kompetenzen.“
BGM (nach Bamberg et al., 2011)
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) beinhaltet die Planung, Durchführung und
Bewertung von gesundheitsbezogenen Maßnahmen. Dazu zählen Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung, des Betrieblichen Eingliederungsmanagements und
des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Das BGM integriert das Thema Gesundheit in das
betriebliche Gesamtgeschehen.
BEM (vgl. hierzu § 84 SGB IX)
Entwicklung betrieblicher Strukturen und Prozesse, die unter Einbindung der Beteiligten
in der sozialen Sicherung, die dauerhafte Eingliederung (und damit die Nichtausgliederung) von gesundheitlich eingeschränkten und behinderten Beschäftigten zum Ziel haben
und den Beschäftigten, dem Unternehmen und der Gesellschaft gleichermaßen zugutekommen.
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Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz (vgl. ArbSchG)
Im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG, 1996) § 2 Abs. 1 wird Arbeitsschutz wie folgt definiert:
„Maßnahmen des Arbeitsschutzes im Sinne dieses Gesetzes sind Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit". Laut § 3 Abs. 1
ArbSchG gehört es zu den Grundpflichten des Arbeitgebers „(...) die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen".
1.3.
Historische Einordnung der Betrieblichen Gesundheitsförderung
Mit Verabschiedung der Ottawa Charta der World Health Organization (WHO) im Jahr
1986 erfolgte die offizielle Proklamation des Begriffes „Gesundheitsförderung“. Die
Schaffung von gesundheitsförderlichen Lebenswelten, zu denen auch die Arbeitswelt
gehört, zählt dabei zu einem von fünf Handlungsfeldern. Die Charta hebt die gemeinsame Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Gesundheitsförderung hervor und dient bis
heute als Leitfaden (Kuhn, 2012). In der Verfassung werden die Arbeit und die Arbeitsbedingungen bereits als bedeutende Einflussfaktoren auf die Gesundheit hervorgehoben.
Betont wird in diesem Zusammenhang, dass die Arbeit eine Quelle der Gesundheit und
nicht der Krankheit sein sollte.
Die BGF in Deutschland blickt auf eine fast dreißigjährige Historie zurück und entwickelte
sich etwa Mitte der achtziger Jahre (Kuhn, 2012; Lehnhardt & Rosenbrock, 2004; Rosenbrock, 2003). Sie ist bis heute im Gegensatz zum Gesundheitsschutz und BEM nicht gesetzlich verpflichtend und beruht auf Freiwilligkeit. Mit Einführung des Gesundheitsreformgesetzes im Jahr 1989 (GRG, 1989) fand das Thema BGF zunehmende Aufmerksamkeit. In
Zuge dessen wurde der §20 SGB V eingeführt, der die Prävention und BGF erstmalig gesetzlich verankerte und die Krankenkassen zu einem wichtigen finanziellen und organisatorischen Träger präventiver Aktivitäten machte. Im Jahr 1996 wurde dieser Artikel wieder aus den Gesetzesbüchern entnommen, doch der Auftrag zur BGF blieb erhalten. Mit
der Neufassung des §20 SGB V im Jahr 2000 wurden die Handlungsspielräume für die
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Krankenkassen
im
Bereich
der
BGF
erweitert.
Mit
dem
GKV-
Wettbewerbsstärkungsgesetz im Jahr 2007 (GKV-WSG, 2007) wird die BGF zum zentralen
Förderbereich und zu einer Pflichtleistung für die gesetzlichen Krankenkassen. Bei der
Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren sind sie zu einer Zusammenarbeit mit
den gesetzlichen Unfallversicherungsträgern verpflichtet und sollen auch mit anderen
Kassen kooperieren. Für die Umsetzung von Maßnahmen zur BGF sind die gesetzlichen
Krankenkassen daher per Gesetz unterstützend tätig.
Im Jahr 1997 wurde durch die Deklaration der Europäischen Union (European Network
for Workplace Health Promotion - ENWHP, 1997) ein richtungsweisender Schritt in Richtung internationaler Zusammenarbeit im Bereich der BGF unternommen. Die Europäische Union ist seither ein relevanter Finanziere und Unterstützer.
Neben den Krankenkassen kamen in der Entwicklung der BGF auch wesentliche Impulse
"... aus den Gesundheitswissenschaften und dem betrieblichen Arbeitsschutz sowie verstärkt seit Inkrafttreten des Arbeitsschutzgesetzes und des Sozialgesetzbuches Band
VII im Jahre 1996 - von den Berufsgenossenschaften, vom staatlichen Arbeitsschutz und
auch von privaten Beratungsunternehmen. Nach anfänglicher Zurückhaltung wird BGF
nachhaltig von den Gewerkschaften unterstützt und oft von Betriebsräten initiiert" (Rosenbrock, 2003, S. 22).
Entwicklung der BGF in Berlin
In einer Bestandsaufnahme aus dem Jahr 1997 bezüglich Aktivitäten zur BGF in Berlin
und Brandenburg, wird deutlich, dass die ersten Aktivitäten zum Teil schon vor 1989 und
vor allem in Großbetrieben stattgefunden haben. In 470 Berliner Unternehmen wurden
im Zeitraum von 1989 bis 1996 Maßnahmen zur Gesundheitsförderung geplant oder
begonnen. Davon sind 400 Unternehmen den Mittel- und Großbetrieben und 70 Firmen
den Klein- und Handwerksbetrieben zuzuordnen. In den mittleren und großen Betrieben
ging die Initiative zur Gesundheitsförderung zum einen von gesetzlichen Krankenkassen
und zum anderen vom Betrieb aus. Der Anstoß von BGF in Klein- und Handwerksbetrieben erfolgte einzig von den gesetzlichen Krankenkassen. Erst in den Neunzigern weitete
sich die Beratung auch auf Klein- und Handwerksbetriebe aus (Preußner, 1997).
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Die Reduktion von Fehlzeiten war laut der Studie ein wesentliches Argument für die
Durchführung von BGF. Das wirtschaftliche Interesse stand häufig im Vordergrund, wobei
parallel eine Entwicklung hin zu einer Verknüpfung wirtschaftlicher Interessen mit Bedürfnissen der Arbeitnehmer erkennbar wurde. „Es scheint aber ein Trend erkennbar zu
sein, in dem für die Unternehmen deutlich wird, dass sich wirtschaftliche Interessen mit
den Bedürfnissen der Belegschaft verbinden lassen“ (Preußner, 1997, S. 879).
40% der Unternehmen in Berlin, die den Mittel- und Großunternehmen zuzuordnen sind,
nahmen laut der Studie nur Einzelmaßnahmen in Anspruch. Etwa 60% der Unternehmen
erhielten mehrere Maßnahmen zur Gesundheitsförderung. Allerdings brachen mehr als
die Hälfte aller mittleren und großen Betriebe nach einer ersten Intervention den Kontakt zu den externen Beratern wieder ab (Preußner, 1997).
1.4.
Aktuelle Trends in der Gesundheits- und Personalwirtschaft
Um den Status quo und die Potenziale von BGF und BGM einordnen zu können, müssen
aktuelle Entwicklungsfelder im Bereich Unternehmensgesundheit, Arbeitsschutz, Personalwirtschaft und Demografie mit berücksichtigt werden. Eine bundesweite Studie des
Marktforschungsinstitut YouGov (2014) stellt im Auftrag der B·A·D GmbH die Sicht von
1506 Unternehmen auf diese mit dem Thema Gesundheit verbundenen Trendthemen
dar.
Laut dieser Erhebung gibt ein Drittel der Befragten an, keine Leistungen im Bereich BGM
anzubieten. Dies bedeutet allerdings auch, dass zwei Drittel der Betriebe bereits in irgendeiner Form im Bereich BGM aktiv sind, wobei nicht erkenntlich wird, ob es sich bei
den entsprechenden Leistungen um ganzheitliches BGM oder punktuelle Angebote handelt. Klar wird jedoch – das Thema Gesundheit ist in vielen Unternehmen als relevanter
Faktor angekommen. Zwei Drittel aller Studienteilnehmer sind außerdem davon überzeugt, dass BGM als ganzheitliches Konzept in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird,
sodass davon ausgegangen werden kann, dass bisherige Bemühungen weiter intensiviert
werden sollen. Dafür besteht auch nach wie vor deutliches Potenzial. Instrumente zur
Entwicklung eines ganzheitlichen BGM-Prozesses – wie beispielsweise die Fehlzeiten-
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strukturanalyse oder Strategieworkshops – werden nur von knapp 20 Prozent umgesetzt
(YouGov, 2014).
57% der innerbetrieblichen Akteure unterschiedlichster Branchen halten psychosoziale
Beratung für Mitarbeiter und Führungskräfte für höchst relevant. Dies spiegelt sich auch
in der seit Jahren hohen Nachfrage wie für Dienste aus dem Spektrum externe Mitarbeiterberatungen wie betriebspsychologischer Sprechstunden und Employee Assistance
Programs (EAP) wider. Dienstleister mit entsprechendem Geschäftsmodell bieten zu Pauschalpreisen Bereitschaftsdienste oder Sprechstunden für die Beratung von Mitarbeitern
zu ähnlichen Themen wie folgt an: berufliche und arbeitsplatzbezogene Unsicherheit,
leistungsbezogene mentale und physische Probleme, Fragen zu schwierigen Verhältnissen in Partnerschaft und Familie, Beratung zu gesundheitlichen Belastungen (auch speziell
für
Führungskräfte
-
z.B.
zum
Umgang
mit
psychisch
belasteten
oder suchtmittelauffälligen Mitarbeitern), Krisenmanagement, Konflikt- und Teammoderation und vieles mehr.
Ein weiteres Trendthema stellt aktuell die Verbesserung des betrieblichen Arbeits- und
Gesundheitsschutzes dar. Dies spiegelt sich auch in der eingangs genannten Studie wider.
Knapp die Hälfte der durch YouGov (2014) Befragten erachtet die ergonomische und
alter(n)sgerechte Arbeitsplatzgestaltung als relevant. Dazu tragen auch groß angelegte
Kampagnen der Bundesregierung wie beispielsweise die Initiative Neue Qualität der Arbeit und gemeinsame Programme der Bundes- und Landesbehörden und Unfallkassen
wie beispielsweise die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) bei. Die Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) hilft mit der Initiierung der Programme „Offensive
Mittelstand“ (z.B. INQA-Check „Guter Mittelstand“ und „Personalführung“) und „Unternehmenswert Mensch“ (Handlungsfeld „Gesundheit“) mittels der Förderung externer
Beratung eine starke Professionalisierung der Unternehmen bei diesen Arbeitgeberaufgaben zu fördern. Die GDA widmet der strukturierten Organisation des betrieblichen
Arbeits- und Gesundheitsschutz, der Verringerung von Muskelskeletterkrankungen und
der Senkung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz jeweils ein eigenes SchwerpunktProgramm.
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Mit dem Hintergrund des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels, der eine
alternde Bevölkerung zur Folge hat, werden durch Krankenkassen und Bundes- sowie
Landesinitiativen aktuell große Bemühungen unternommen, mittels DemografieManagements für gesundheitsverträgliche und entwicklungsförderliche Bedingungen in
Unternehmen zu sorgen. Die bayerische Staatsregierung appelliert beispielsweise an
ansässige Unternehmen mit den Aufforderungen, die Erfahrungen Älterer zu nutzen,
Frauen stärker zu beteiligen, Weiterbildung aktiver zu betreiben und Wissensmanagement und Nachfolge rechtzeitig zu regeln (Bayerische Staatsregierung, 2015). Gesetzliche
Krankenkassen wie beispielsweise die Techniker Krankenkasse bieten explizit Instrumente wie Altersstrukturanalysen mit entsprechender Maßnahmenplanung an (Techniker
Krankenkasse - TK, 2015). Die Gesundheitsförderung steht aufgrund der demografischen
Entwicklung vor Herausforderungen wie der Anhebung des betrieblichen Gesundheitsund Sicherheitsniveaus, um Arbeitskräften – unabhängig vom Lebensalter im Sinne des
alternsgerechten (nicht nur altersgerechten) Arbeitens – gute Chancen für ein gesundes
Arbeitsleben zu bieten, der verstärkten Beachtung “alterskritischer Belastungen” bei der
Anwendung betriebsüblicher Instrumente wie Gefährdungsbeurteilungen oder der systematischen Erarbeitung von Konzepten für Beschäftigte in „Berufen mit begrenzter Tätigkeitsdauer”, die nicht ohne gesundheitliche Schäden oder Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit bis in die Rente ausgeübt werden können.
Die vorhergehenden Überlegungen führen zu Fragen mit dem Umgang mit betrieblicher
Wiedereingliederung, wenn die Gesunderhaltung nicht gelingen konnte. Betriebliches
Eingliederungsmanagement (BEM), das auf gesetzlichen Grundlagen basiert (§ 84 Abs. 2
SGB IX), beschäftigt Unternehmen wegen seiner gesetzlichen Verankerung weiterhin
zunehmend. Ein absehbarer Trend zeichnet sich hier auch im integrierten Versorgungsmanagement ab. Bei diesem Ansatz werden in Bezug auf längerfristige oder chronische
Krankheit und lange Arbeitsunfähigkeit sowohl präventive (BGF / BGM, Arbeitsschutz),
als auch interventive (Therapie) und rehabilitative (BEM) Ansätze aus einer Hand geboten, um die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit von Angestellten in einem ganzheitlichen
Vorgehen zu gewährleisten.
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Handlungsfelder wie integrierte Managementsysteme sowie Arbeitgeberattraktivität und
das Schlagwort „Employer Branding“ spielen laut der Studie von YouGov (2014) im direkten Vergleich nur eine untergeordnete Rolle. Die Bedeutung der Verknüpfung einzelner
Managementsysteme sollte allerdings langfristig im Hinblick auf an Gesundheitsthemen
angrenzende Unternehmensbereiche wie Personalarbeit, Qualitäts-, Prozess-, Innovations- sowie Veränderungsmanagement und unter Berücksichtigung der zunehmenden
Tendenz, Prozesse zu digitalisieren (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales BMAS, 2015) und in der Folge integrierbar zu machen, nicht vernachlässigt werden.
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2. Methodisches Vorgehen
2.1.
Onlinerecherche
Für die Recherche nach potenziellen BGM- / BGF-Anbietern und Angeboten in Berlin
wurde auf die bereits bestehende Datenbank „Stadtplan Gesundheitsförderung“ (Stadtplan Gesundheitsförderung, 2015) zurückgegriffen. Der Stadtplan ist ein seit 2014 verfügbares Online-Serviceangebot der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales Berlin
und wurde durch die Gesundheitsberater Berlin GbR entwickelt. Es handelt sich um ein
Such- und Informationsportal zu verschiedenen Gesundheitsangeboten in Berlin. Mithilfe
der Datenbank konnte sowohl nach Angeboten als auch nach Anbietern im Bereich BGM
/ BGF in der Hauptstadt recherchiert werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es
sich bei der Übersicht um eine begrenzte Recherchequelle handelt. Erfasst sind in erster
Linie öffentlich-rechtliche Anbieter und keine privatwirtschaftlichen Akteure. Dies entspricht nur bedingt der Entwicklung des Anbieter - und Angebotsfeldes.
Zur Erweiterung der Anbieterliste erfolgte im Zeitraum August bis Oktober 2015 des Weiteren eine Internetrecherche mithilfe einer Schlagwortsuche über die Webseiten google.de, dasoertliche.de sowie gelbeseiten.de. Folgende sechs Begriffe wurden für die Recherche nach Anbietern und Angeboten verwendet:
Betriebliche Gesundheitsförderung Berlin | BGF Berlin | Gesundheitsförderung Berlin |
Betriebliches Gesundheitsmanagement Berlin | BGM Berlin | Gesundheitsmanagement
Berlin.
Nicht alle Begriffe wurden für dieselben Suchvorgänge genutzt. Zur Verbesserung der
Treffer wurden die Google-Such-Funktionen „intext“, „intitle“ und das explizite Ausschließen von (Teil)-Ergebnissen genutzt. Die entsprechenden Treffer fanden, sofern sie
aktuell noch tätig waren und ein Angebot im Themenfeld offerierten, in der Auswertung
und Ergebnisliste Berücksichtigung (siehe Anhang).
Als weitere Datenquelle diente eine quantitative Übersicht der Mitglieder des DNBGF.
Anhand der Mitgliederübersicht konnten regionale Anbieter in Berlin ermittelt werden.
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Des Weiteren wurde das Vorgehen für die Erstellung dieses Gutachtens in der Arbeitsgruppe „Gesundheitsziele Arbeitswelt der Landesgesundheitskonferenz“ vorgestellt und
diskutiert sowie Vorschläge und Empfehlungen für die Umsetzung des Gutachtens entgegengenommen.
2.2.
Interviews mit Experten
In einem zweiten Schritt wurden führende Berliner BGM- / BGF-Experten interviewt. Die
Befragung erfolgte anhand eines halbstrukturierten Leitfadeninterviews. Bei den Gesprächspartnern handelt es sich um Akteure, die durch ihre Tätigkeit einen Bezug zum
Thema BGM / BGF haben. Sie sind aufgrund Ihres beruflichen Hintergrundes sowie nach
Relevanz ihrer Tätigkeit im Hinblick auf die Thematik ausgewählt worden. Die Interviewpartner sind in der folgenden Tabelle 1 aufgeführt:
Tabelle 1: Gesprächspartner in halbstrukturierten Interviews
Interviewpartner
Herr Dr. Robert Rath
Frau Ursula Oerder
Funktion im Themenfeld BGM / BGF
Direktor des Landesamtes für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin
Beraterin Betriebliches Gesundheitsmanagement bei der
Techniker Krankenkasse Berlin
Handlungsfeldmanagerin im Bereich Gesundheitsförde-
Frau Anja Städele
rung, Prävention und Gesundheitstourismus bei Health
Capital Berlin
Herr Werner Mall
Frau Dr. Marion Haß
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Unternehmensbereichsleiter Prävention bei der AOK
Nordost
Geschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer
Berlin
Als Grundlage für das Gespräch diente ein zuvor erstellter Leitfaden (siehe Anhang). Das
halbstrukturierte Leitfadeninterview beinhaltet neben den sogenannten Schlüsselfragen,
weitere optionale Fragen, die in der Regel abhängig von dem Interviewpartner und dem
Gesprächsverlauf sind. Die Formulierung und Reihenfolge der Fragen waren dem Interviewer überlassen und gestalten sich je nach Entwicklung des Gesprächs anders. Auf
diese Weise soll sichergestellt werden, dass relevante Aspekte thematisiert werden und
die Vergleichbarkeit der Ergebnisse gewährleistet ist. Der erstellte Interviewleitfaden
enthielt neben der einleitenden Frage zur Rolle im Handlungsfeld BGM / BGF, weitere
Fragestellungen, die den folgenden sechs Themenkomplexen zugeordnet waren:
1. Handlungsfeld und Akteure in Berlin
Im Vordergrund dieses Themenbereichs steht die Erfassung besonderer Kenzeichen und
Merkmale des BGM- / BGF-Handlungsfeldes in Berlin. Was zeichnet das Themenfeld in
Berlin aus, welche Anbieter sind in der Stadt vor allem tätig und wer sind die (Haupt-)
Zielgruppen der Akteure. Des Weiteren werden die Qualifikation der Anbieter und entsprechender BGM- / BGF-Qualifizierungsangebote in Berlin thematisiert.
2. Angebote und Angebotsstruktur in Berlin
Der zweite Themenkomplex fokussiert die Erfassung der BGM- / BGF-Angebotslandschaft
in Berlin und besondere Merkmale der Angebotsstruktur. Des Weiteren wurde ermittelt,
welche Angebote hauptsächlich nachgefragt werden und bei welchen Angeboten eine
eher geringe Nachfrage zu verzeichnen ist. Daneben wurde nach einem Überangebot,
bisher fehlenden Angeboten und nach der Qualität der Angebote gefragt.
3. Kooperationen, Netzwerke und Zusammenarbeit
Anhand dieses Themenblocks wurden Merkmale guter Zusammenarbeit und bereits bekannte Netzwerke und Kooperationen im Handlungsfeld erfasst. Darüber hinaus wurde
ermittelt, welche Zusammenarbeiten bereits gut funktionieren und ausgeweitet werden
könnten und an welchen Stellen hinsichtlich einer gelingenden Kooperation Verbesserungsbedarf besteht.
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4. Zukunft und Herausforderungen von BGM / BGF in Berlin
Dieser Komplex dient der Erfassung der bisherigen Entwicklung von BGM / BGF, der aktuellen Situation sowie der antizipierten zukünftigen Entwicklung und Trends im Themenfeld. Was sind zentrale Herausforderungen in der Zukunft und inwieweit ist ein Veränderungsbedarf wünschenswert?
5. Handlungsoptionen
In diesem Teil des Interviews wurden Rahmenbedingungen, die für eine qualitätsgesicherte (Weiter-) Entwicklung des Themenfeldes von Bedeutung sind, thematisiert. Es
wurde erfragt, wer stärker in Verantwortung genommen werden sollte und was sich die
BGM- / BGF-Anbieter als Unterstützung für ihre Arbeit wünschen? In einem sich daran
anschließenden Abschlussteil konnten offene gebliebene Fragen final geklärt werden.
Die Interviews wurden vorwiegend in den Büroräumen der jeweiligen Interviewpartner
durchgeführt und hatten im Durchschnitt eine Dauer von etwa einer Stunde. Im Anschluss an die Gespräche erfolgte die Kodierung und Aufbereitung der relevantesten
Aussagen der Interviewpartner.
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3. Ergebnisse
3.1.
Ergebnisse der Onlinerecherche
Über die Angebotskategorie „Betriebliche Gesundheitsförderung“ im „Stadtplan Gesundheitsförderung“ können sowohl Angebote als auch Anbieter ermittelt werden. Im
Rahmen der Recherche wurden in dieser Angebotskategorie 17 Ergebnisse angezeigt.
Dabei handelt es sich vorwiegend um öffentlich-rechtliche Akteure (10 von insgesamt
17). Privatwirtschaftliche Unternehmen werden hierrüber nicht abgebildet. Die nachfolgende Tabelle 2 stellt die Rechercheergebnisse mithilfe des „Stadtplans Gesundheitsförderung“ dar.
Tabelle 2: Ergebnisse der Recherche im „Stadtplan Gesundheitsförderung“
Stadtplan Gesundheitsförderung
(Angebotskategorie „Betriebliche Gesundheitsförderung - insgesamt 17 Ergebnisse)
Organisationsform
Anzahl
Öffentlich-rechtlich
10
Verein
3
(Berufs-) Verbände
2
Institutionen aus Wissenschaft / Forschung,
Universitäten, Stiftungen
2
Privatwirtschaftlich
0
Tabelle 3: Ergebnisse der Recherche mittels google.de
google.de (insgesamt 68 Ergebnisse, die erfasst wurden*)
Organisationsform
Privatwirtschaftlich
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Anzahl
48
Öffentlich-rechtlich
11
Vereine
6
(Berufs-) Verbände
2
Institutionen aus Wissenschaft / Forschung,
Universitäten, Stiftungen
1
* Doppelungen wurden bei der Recherche berücksichtigt
Die Ergebnisse der Internetrecherche, die anhand der Suchmaschinen google.de (Tabelle
3), gelbeseiten.de und dasoertliche.de (Tabelle 4) ermittelt wurden, zeigen deutlich, dass
überwiegend private BGM- / BGF-Anbieter in Berlin aktiv sind. Dabei haben die Anbieter
verschiedene berufliche Hintergründe und entstammen unterschiedlichen Branchen.
Beispielhaft seien hier Physiotherapeuten, kleine und größere Unternehmensberatungen, Betriebssportverbände, Personal-Trainer, Heilpraktiker, Ernährungsberater und
Psychologen genannt.
Tabelle 4: Ergebnisse der Recherche mittels gelbeseiten.de und dasoertliche.de
gelbeseiten.de und dasoertliche.de (insgesamt 28 Ergebnisse*)
Organisationsform
Anzahl
Privatwirtschaftlich
25
Öffentlich-rechtlich
3
Vereine
0
(Berufs-) Verbände
0
Institutionen aus Wissenschaft / Forschung,
Universitäten, Stiftungen
0
* Doppelungen wurden bei der Recherche berücksichtigt
Die quantitative Übersicht der Berliner Mitglieder des DNBGF mit insgesamt 120 Akteuren unterstreicht die Vielzahl der privaten Anbieter im Handlungsfeld (siehe Tabelle 5; 54
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Mitglieder). An zweiter Stelle folgen Mitglieder aus Versicherungen, Verbänden und Gemeinnützige Organisationen (38 Mitglieder).
Tabelle 5: Berliner Mitglieder des Netzwerkes DNBGF
Berliner Mitglieder DNBGF (insgesamt 120 Ergebnisse)
Organisationsform
Anzahl
Privatwirtschaftlich
54
Versicherungen / Verbände / Gemeinnützige Organisationen
38
Verwaltungen oder Behörden
16
Institutionen aus Wissenschaft / Forschung,
Universitäten, Stiftungen
8
Unternehmen aus der Großindustrie
4
Zu den Berliner öffentlich-rechtlichen Akteuren zählen insbesondere die gesetzlichen
Krankenkassen, die als Auftraggeber und Geldgeber für die Leistung von BGM / BGF fungieren. Zum einen führen sie entsprechende Maßnahmen selbst durch, zum anderen
vergeben sie die Aufträge zur Durchführung von BGM / BGF in Unternehmen an andere
Akteure wie beispielsweise private Unternehmen und (teil-)finanzieren diese.
Es ist weiterhin darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Onlinerecherche nicht alle BGM
/ BGF-Anbieter der Stadt vollständig erfasst werden konnten. Des Weiteren konnten
private Anbieter, die im Handlungsfeld aktiv sind und ebenfalls den Berliner Akteuren
zuzuordnen wären, ihre Tätigkeit aber nicht als solche deklarieren (z.B. Personalentwickler, Organisationsberater, Coaches), im Rahmen des Gutachtens nicht berücksichtigt
werden.
Seite 23 von 52
3.2.
Ergebnisse der Interviews
Insgesamt konstatieren die Interviewpartner eine Zunahme von BGM- / BGF-Aktivitäten
in der Stadt Berlin. Ebenso würde das Bewusstsein in Berliner Unternehmen wachsen,
dass BGM / BGF ein Bestandteil unternehmerischer Strategie sein kann. Die Berliner
BGM- / BGF-Landschaft wird von den Experten insgesamt als sehr heterogen beschrieben, sodass Interessierten eine Vielzahl an Angeboten zur Verfügung stünde. Darüber
hinaus würden sich die Unternehmen zunehmend offener für Themen und Inhalte rund
um die Gesundheit in der Arbeitswelt zeigen. Es herrsche jedoch noch ein uneinheitliches
Verständnis von BGM / BGF. Zudem erschwere die Vielfältigkeit und Intransparenz im
Handlungsfeld laut einiger Interviewpartner die Auswahl und Kontaktaufnahme mit entsprechenden Anbietern und stelle eine Hürde in der Umsetzung von gesundheitsfördernden Aktivitäten dar. Es fehle häufig an Orientierung auf Seiten der Unternehmen.
Eine systematischere Zusammenarbeit, eine erhöhte Transparenz sowie konkrete Anlaufstellen würden den Betrieben den Zugang zu BGM- und BGF-Maßnahmen erleichtern. Eine Struktur, die als Orientierungshilfe diene und den Betrieben einen niedrigschwelligen Zugang zu Angeboten ermögliche, sei förderlich für die Weiterentwicklung
des Handlungsfeldes. In diesem Kontext könne der Senatsverwaltung für Gesundheit und
Soziales Berlin eine Vermittlerrolle zukommen.
Akteure
Die Akteure im Themenfeld entstammen laut der Interviewpartner aus unterschiedlichsten Branchen und haben verschiedene berufliche Hintergründe. Neben den gesetzlichen
Krankenkassen, die schon seit vielen Jahren im Handlungsfeld aktiv seien, würden zunehmend private Anbieter und zum Teil auffallend viele Start-up Unternehmen gesundheitsfördernde Aktivitäten und / oder Produkte (z.B. Applikationen für mobile Endgeräte)
vermarkten. Das Spektrum der Akteure zeichne sich durch eine zunehmende Vielschichtigkeit sowie die Abnahme ganzheitlicher Angebote aus.
In den vergangenen Jahren seien darüber hinaus eine Reihe von Multiplikatoren geschult
und ausgebildet worden, beispielsweise sogenannte Gesundheitskoordinatoren oder
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Gesundheitscoaches, die wertvoll für die Umsetzung sowie Unterstützung von BGM- /
BGF-Aktivitäten in Unternehmen seien. Ein Teil der Experten ist der Ansicht, dass ebenso
Gesundheit Berlin Brandenburg e.V., als ein Multiplikator im Berliner Handlungsfeld,
zwar sehr präsent, aber der Arbeitskreis BGF, als Teil von Gesundheit Berlin Brandenburg
e.V., noch zu unbekannt sei. Förderlich sei aus Sicht einiger Experten daher die Unterstützung der Zusammenarbeit dieser Multiplikatoren.
Als Hauptinitiatoren für BGM / BGF werden öffentlich-rechtliche Einrichtungen wie gesetzliche Krankenkassen, Unfallkassen oder Berufsgenossenschaften genannt. Die gesetzlichen Krankenkassen nähmen bis dato eine wichtige Rolle bei der Umsetzung von Angeboten ein. Sie seien oft Initiator für den Einsatz von BGM / BGF in Unternehmen. Ein
Großteil der Projekte werde durch die gesetzlichen Krankenkassen angestoßen und zum
Teil von ihnen selbst umgesetzt. Für die Kassen sei es laut einiger Experten vorrangig,
möglichst viele Arbeitnehmer bzw. Unternehmen für BGM / BGF zu gewinnen. Daher
fände eine Fokussierung auf konkrete Zielgruppen kaum statt.
Angebote
Die Angebote im Handlungsfeld gestalten sich laut Experteneinschätzung ebenso wie die
Anbieterlandschaft sehr vielfältig – „es gibt nichts, was es nicht gibt“. Die BGM- / BGFAngebote in der Stadt Berlin würden sowohl verhaltenspräventive als auch verhältnispräventive Maßnahmen beinhalten. Es gäbe eine gute, breite Auswahlmöglichkeit an
Angeboten, von punktuellen Aktivitäten bis hin zu ganzheitlichen Ansätzen. Ein Teil der
Interviewpartner schätzte, dass verhaltensbezogene Maßnahmen den Großteil der Angebote in Berlin ausmachen würden. Eine Vielzahl an Angeboten sei lediglich auf Kurzzeiteffekte ausgerichtet und fände oft nur punktuell statt. Die Angebote würden selten
einen langfristigen, nachhaltigen BGM- / BGF-Prozess umfassen, der beginnend bei der
Analyse bis hin zur Evaluation durchlaufen wird. Die kurzfristigen Strategien seien laut
einiger Interviewpartner bei Unternehmen sehr beliebt, da sie zeitnah umgesetzt werden
könnten und nicht sehr ressourcenintensiv seien. Zudem seien sie leichter organisierbar,
weniger störend im Arbeitsalltag und leichter vermittelbar gegenüber den Beschäftigten.
Des Weiteren teilten einige Gesprächspartner mit, dass verhältnispräventive Ansätze im
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Vergleich zu verhaltenspräventiven Angeboten deutlich seltener von Unternehmen angefragt würden. Zudem würden Maßnahmen teils „aus der Not heraus geboren“, z.B. bei
einem hohen Krankenstand oder einer Vielzahl an älteren Beschäftigten im Unternehmen. Im Vergleich zu ländlichen Regionen sei der Bedarf an verhaltenspräventiven Angeboten in der Stadt Berlin absolut gedeckt. Die ausschließliche Umsetzung von verhaltenspräventiven Maßnahmen reiche aus Sicht einiger Interviewpartner jedoch nicht aus,
da Ihnen ein nachhaltiger Ansatz und entsprechende Transfermöglichkeiten fehlen würden und sie somit für einen langfristigen Unternehmenserfolg nicht zielführend seien.
Jedoch weisen einige Interviewpartner daraufhin, dass die Zunahme von BGM- / BGFAktivitäten in Berlin durchaus erfreulich sei. In den Unternehmen sei hingegen zum Teil
noch der Gedanke „Hauptsache wir machen überhaupt etwas“ weit verbreitet und der
Nutzen sowie das Ziel solcher Aktivitäten noch nicht voll erfasst.
Darüber hinaus seien die Bezeichnung von BGM- / BGF-Aktivitäten und der dazugehörige
Inhalt oftmals nicht kongruent. Bei einer Reihe von Angeboten empfiehlt sich daher die
Unterscheidung zwischen der Bezeichnung von Aktivitäten zur „Betrieblichen Gesundheitsförderung“ sowie individuelle Aktivitäten im Bereich der „Gesundheitsförderung“.
Diese Unterscheidung würde von den Unternehmen häufig nicht vorgenommen. Um
Missverständnisse zu vermeiden und die Wissensbasis vor allem auf Seiten der Unternehmen zu erhöhen, sei die Schaffung eines einheitlicheren Verständnisses und der Betonung der Bedeutung von BGM / BGF wichtig.
Die BGM- / BGF-Angebote seien zudem selten zielgruppenorientiert, sondern häufig
branchenspezifisch ausgerichtet. Eine konkrete Zielgruppenansprache fände vielmehr auf
Projektebene und in geförderten Projekten statt. Ein Teil der Experten teilte mit, dass es
insgesamt dennoch mehr branchenspezifische Angebote brauche, z. B. für den Pflegesektor. Insbesondere im Hinblick auf die zunehmenden Belastungen der Beschäftigten im
Gesundheitswesen und speziell in der Pflege, sei dies als sinnvoll zu erachten und außerdem zugleich mit einem großen Interesse von Seiten der Zielgruppe verbunden. Die direkte Zielgruppenansprache sei für eine hohe Beteiligung an BGM- / BGF-Aktivitäten
wesentlich. Erfahrungsgemäß würden branchenspezifische Angebote mit einer konkre-
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ten Zielgruppenansprache eher in Anspruch genommen, als BGM- / BGF-Aktivitäten ohne
fokussierte Zielgruppenausrichtung.
Ein Teil der Interviewpartner berichtete, dass sie zunehmend Anfragen für die Durchführung eines BEM und einer Gefährdungsbeurteilung im Sinne des ArbSchG erreichten. Zu
beliebten themenspezifischen Angeboten im Handlungsfeld gehören laut der Experten
vor allem Burnout / psychische Belastungen, Führungsqualität, Mitarbeitercoaching u.a.
Ein Vorteil sei die Vielfältigkeit der Berliner Angebotslandschaft, da für Unternehmen ein
breites Angebot zur Verfügung stünde. Ein Hindernis für die Weiterentwicklung des
Themenfeldes bestehe daher nicht einzig auf Seiten der Anbieter und aufgrund der unübersichtlichen Angebotslandschaft, sondern vielmehr auf Seiten der Nachfrager. Die
Nachfrage sei laut einiger Experten im Vergleich zum Angebot ausbaufähig. Es herrsche
ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. In der Regel würden beispielsweise die Krankenkassen an Unternehmen herantreten, um sie für das Thema zu gewinnen,
berichteten Interviewpartner. Selten sei es der Fall, dass Unternehmen die Initiative ergreifen und sich direkt an die gesetzlichen Krankenkassen oder andere Anbieter wenden.
Netzwerke und Kooperationen
Aus Sicht einiger Interviewpartner seien Netzwerke und Kooperationen eine sinnvolle
Unterstützung für die Bekanntmachung und Weiterentwicklung des BGM- / BGFThemenfeldes in Berlin. Wichtig sei vor allem, den Nutzen bestehender Netzwerke hervorzuheben, um wiederrum neue Mitglieder zu gewinnen oder Interessierte mit dem
Thema BGM / BGF zu erreichen. Ein Teil der Experten betonte die Bedeutung der Freiwilligkeit bezüglich der Mitarbeit in einem solchen Netzwerk. Eine Zwangskooperation sei
daher nicht sinnvoll. Die weitere Unterstützung der Netzwerke und ihrer Arbeit sei in
diesem Kontext als wichtig zu erachten. Um weitere Unternehmen von BGM / BGF zu
überzeugen und für entsprechende Aktivitäten zu gewinnen, stelle die Förderung der
Zusammenarbeit von Netzwerken eine wichtige Voraussetzung dar. Ebenso relevant sei
in diesem Zusammenhang die Frage danach, was weitere Elemente sein könnten, die die
Beförderung von Berliner Netzwerken unterstützen und zu einer höheren Kooperationsbereitschaft sowie einer systematischeren Zusammenarbeit beitragen würden.
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Zu bekannten Netzwerken gehören laut der Experten unter anderem das DNBGF, das auf
Bundesebene und regional agiert, das KMU-Netzwerk Berlin Brandenburg der AOK Nordost, Gesundheitsstadt Berlin, das Clustermanagement von Health Capital sowie der Arbeitskreis BGF unter dem Dach von Gesundheit Berlin-Brandenburg e.V. Einige Experten
betonen darüber hinaus die Aktivitäten von kleinen Unternehmensnetzwerken, die als
Multiplikatoren im Handlungsfeld fungieren und auf diese Weise die Aufmerksamkeit für
das Thema Gesundheit in der Arbeitswelt erhöhen würden, z.B. „Netzwerk Neukölln“,
„Unternehmer- und Mittelstands-Lounges“ und themenspezifische „Meet-Ups“.
Seite 28 von 52
4. Handlungsempfehlungen
In Hinblick auf die Ergebnisse aus webbasierter Anbieter - und Angebotsrecherche, halbstrukturierten Interviews mit als Experten für das Gesundheitswesen eingestuften Interviewpartner und unter Berücksichtigung von Studien zu Trends in der Gesundheitswirtschaft lassen sich insgesamt fünf Handlungsfelder identifizieren, die eine professionelle
Weiterentwicklung des Themenfeldes BGM unterstützen können. Diese werden im Folgenden genannt und erläutert.
4.1.
Handlungsfeld 1: Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses
Konsens für Begrifflichkeiten und dahinterstehende Prozesse schaffen
Für die Ausgestaltung und professionelle Weiterentwicklung des Handlungsfeldes ist die
Erarbeitung und Unterstützung eines einheitlicheren Verständnisses des BGM- / BGFBegriffes von Bedeutung. Der Begriff BGM / BGF wird häufig unterschiedlich interpretiert. Eine gemeinsam getragene Definition sowie die Unterstützung des gemeinschaftlichen Interesses an der Thematik würden die Zusammenarbeit relevanter Akteure erleichtern und die Vernetzung im Feld unterstützen. Eine mögliche Perspektive für ein
gemeinsames Verständnis der Begrifflichkeiten veranschaulicht die Abbildung 1. Nach
diesem Verständnis beinhaltet das BGM sowohl die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz, als auch das BEM sowie die BGF. Die BGF ist konzeptionell in den Handlungsleitlinien des §20 SGB V als Organisationsentwicklung beschrieben und dementsprechend
nicht nur auf Verhaltensprävention beschränkt.
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Abb. 1: Struktur des Betrieblichen Gesundheitsmanagements
Des Weiteren herrscht weitgehend die Vorstellung, BGF sei ein Zusatz-Benefit in Unternehmen, eine sogenannte „Kür“. Eine wesentliche Rolle spielt in diesem Kontext der
Umstand, dass die Implementierung von BGF für Unternehmen nicht verpflichtend ist,
sondern auf Freiwilligkeit beruht. Daher ist Unternehmensgesundheit und deren Förderung ein Aspekt in Betrieben, an welchem vorzugsweise eingespart wird. Es handelt sich
bei BGF jedoch nicht um ein zur Not entbehrliches Zusatzangebot in Betrieben, sondern
vielmehr um eine sinnvolle Investition in das Humankapital. Für die Akzeptanz sowie die
Verbreitung des Themas in der Praxis – insbesondere mit dem Ziel, ein zunehmendes
Interesse an BGF und BGM in Unternehmen zu generieren – bildet ein gemeinsamer
Konsens über die dahinterliegenden Konzepte die Grundlage für die Ausgestaltung des
Themenfeldes. Angesichts der Vielzahl und Heterogenität der Anbieter und Angebote im
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Feld und damit einhergehende Interessenkonflikte erweist sich der Versuch ein einheitlicheres Verständnis zu schaffen als Herausforderung. Ein solches Vorhaben kann im Wesentlichen durch verschiedene Ansätze wie beispielsweise mithilfe der öffentlichen Diskussion und Kommunikation unterstützt werden. Dies erfordert vor allem Transparenz in
der Umsetzung. Die Vermittlung von Wissen zum Thema, der herausgearbeitete Nutzen
für Unternehmen sowie die Betonung von Qualität in der Umsetzung von BGF sollten
Gegenstand der öffentlichen Kommunikation sein. Dazu werden verschiedene Ansätze in
den folgenden Punkten ausgeführt.
Nutzen von BGM / BGF in der Öffentlichkeit und in den Unternehmen stärker propagieren
Die wichtigsten Akteure im Handlungsfeld sind noch immer die Unternehmen selbst. Die
Einführung eines BGM ist vor allem stark abhängig von der Führungsebene. Daher sollte
der Nutzen noch deutlicher hervorgehoben werden und Unterstützungsmöglichkeiten
aufgezeigt, um diese Zielgruppe zu überzeugen. Weiterhin sollten möglichst
niedrigschwellige Zugänge zu potentiellen Aktivitäten geschaffen werden. Die BGM / BGF
nimmt auf verhaltens- und verhältnispräventiver Ebenen Auswirkungen auf Unternehmen und Beschäftigte und bietet Vorteile für beide Seiten gleichermaßen. Ein ökonomischer Nutzen für Unternehmen ist bereits belegt (Kreis & Bödeker, 2003; Initiative Gesunde Arbeit, 2015). Grundsätzlich steht idealerweise jedoch nicht der finanzielle Anreiz,
sondern in erster Linie die Gesundheit und Lebensqualität der Beschäftigten im Fokus.
Gesunde und motivierte Mitarbeiter sind leistungsfähig und tragen entscheidend zum
Unternehmenserfolg bei. Im Hinblick auf die Auswirkungen des demografischen Wandels, der unter anderem durch eine älter werdende Belegschaft gekennzeichnet ist, stellt
die Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung von Mitarbeitern einen möglichen
Handlungsansatz dar, beispielsweise durch die Schaffung alter(n)sgerechter Arbeitsbedingungen. Der Nutzen könnte durch die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales
der Stadt Berlin noch stärker gegenüber betrieblichen Akteuren betont werden. Eine
Verstärkung des medialen Auftritts dazu wird im Folgenden empfohlen.
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Sinn gezielter Förderung und ganzheitlicher Ansätze betonen
BGM / BGF umfasst die gesundheitsfördernde Gestaltung der Arbeit sowie die Befähigung von Erwerbstätigen zu einem gesünderen Verhalten. Im Fokus stehen vor allem
verhältnispräventive Maßnahmen, die bei den Arbeitsbedingungen und Organisationsstrukturen in Unternehmen ansetzen und weniger die Korrektur des individuellen Verhaltens. Verhältnispräventive Ansätze sind daher als ein wesentliches Element des / der
BGM / BGF anzusehen. In der Praxis gestaltet sich die Umsetzung dieses Ansatzes jedoch
deutlich schwieriger als die Stärkung individueller Ressourcen. Dies ist mitunter ein
Grund, weshalb verhaltenspräventive Maßnahmen von Unternehmen oft bevorzugt
werden. Sind die Maßnahmen der BGF, des BEM sowie des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in das betriebliche Gesamtgeschehen integriert und in einer sinnvollen Struktur
miteinander vernetzt, so kann von ganzheitlichem BGM gesprochen werden. Dies ermöglicht die Schaffung von Grundvoraussetzungen, die einen langfristigen Erfolg für die Gesundheit von Beschäftigten zulassen.
4.2.
Handlungsfeld 2: Verbesserung und Anpassung der Qualitätsstandards
Qualitätsstandards verfassen und propagieren
Die Förderung und Sicherung von Qualität sind wesentliche Voraussetzungen für ein leistungsfähiges Gesundheitswesen. Dies gilt ebenso für die Durchführung eines BGF sowie
der Implementierung eines BGM. In der Form der Umsetzung können Unternehmen frei
gestalten. Qualitätskriterien ermöglichen in diesem Zusammenhang die Planung von
Aktivitäten sowie die Reflexion des Prozesses im Betrieb und stellen demzufolge eine
praxisbezogene Orientierungshilfe dar. Sie bilden daher eine grundlegende Voraussetzung für eine nachhaltige und qualitativ hochwertige BGF oder eines BGM. Es ist naheliegend, dass die Kriterien nicht für alle Unternehmen gleichbedeutend sinnvoll und umsetzbar sind, da große Betriebe beispielsweise über andere Strukturen und Voraussetzungen verfügen als kleine und mittlere Betriebe. Daher ist die Unterscheidung von allgemein formulierten und Qualitätskriterien für kleine und mittlere Betriebe notwendig.
Seite 32 von 52
Der Arbeitskreis BGF unter dem Dach der Landesarbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung - Gesundheit Berlin Brandenburg e. V. hat bereits im Jahr 2010 Qualitätskriterien als eine Art Orientierung für die Umsetzung von BGF in Unternehmen formuliert. Bei
der Entwicklung der Kriterien wurde die Perspektive der Betriebe berücksichtigt, sodass
diese eine sehr praxisnahe Umsetzung für Unternehmen erlauben. Für die Formulierung
von Qualitätsstandards erweist sich die Anpassung der Checkliste an den aktuellen Forschungsstand und damit die Überarbeitung bzw. Erweiterung der Qualitätskriterien als
sinnvoll. Als weitere Anregung kann daneben die Ausarbeitung einer sogenannten betrieblichen Gesundheits-Charta, als Absichtserklärung für die Einhaltung von grundsätzlichen Qualitätskriterien bei der Umsetzung von BGM / BGF, sein. Diese würde von den
Hauptinitiatoren und Unterstützern der BGM / BGF in Berlin unterzeichnet werden. Zur
Bestimmung entsprechender Qualitätsstandards kann als Grundlage auf bereits bestehende Kriterien zurückgegriffen werden. Beispielsweise wäre eine Vereinheitlichung der
Handlungsleitlinien zu §20 SBG V, der DIN SPEC 91020, der Kriterien des Arbeitskreises
BGF, der Luxemburger Deklaration sowie etlicher anderer Versionen ratsam.
4.3.
Handlungsfeld 3: Öffentlichkeitsarbeit für das Thema Gesundheit und BGM
Medienkampagne initiieren
Zur Unterstreichung der Bemühungen im Bereich Gesundheitsförderung empfiehlt es
sich, den medialen Fokus stärker auf das Thema Gesundheit zu lenken. Initiativen wie
GDA oder INQA zeigen, dass mit solchen Ansätzen eine breite Öffentlichkeit erreicht und
bewegt werden kann. Mithilfe von BGM-Praxis-Beispielen (gut umgesetzte Projekte /
Angebote im Bereich BGM) wird Aufmerksamkeit für dieses Thema generiert.
Vorbild-Projekt in der Senatsverwaltung umsetzen
Ein guter Schritt für die Öffentlichkeitsarbeit wäre aus strategischer Sicht die Initiierung
eines vorbildhaften BGM-Projekts in der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales
der Stadt Berlin. Best Practice Ansätze direkt aus der empfehlenden Legislative und Exe-
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kutive gelten als gutes Signal für die Glaubwürdigkeit etwaiger politischer Programme
und Initiativen.
Wettbewerbe bewerben und unterstützen
Um betrieblichen Akteuren einen Anreiz für gut umgesetztes BGM / BGF zu bieten, kann
es sinnvoll sein, mit daraus hervorgehenden Nutzen für die Unternehmen zu werben. Die
Erhöhung der Arbeitnehmerattraktivität ist aus der Erfahrung der Verfasser, aus Sicht der
befragten Experten und teilweise mit dem Hintergrund der durch YouGov (2014) erstellten Studie ein geeignetes Argument dafür. Mit diesem Anreiz können regionale (wie z.B.
IHK Berlin) und nationale (z.B. Deutscher Unternehmenspreis Gesundheit BKK Dachverband, Great Place to Work) Wettbewerbe beworben und unterstützt werden. So gelingt
potenziell mittel- bis langfristig eine intrinsische Motivation für gute Umsetzung im BGM
/ BGF bei betrieblichen Akteuren. Auch Messen und Kongresse (z.B. Health Capital, IHK),
die aktuell insbesondere durch Anbieter aus der Gesundheitsbranche besucht werden
und teilweise noch nicht ausreichend ihre eigene Hauptzielgruppe (Unternehmen) ansprechen, könnten stärker durch die Politik in den Fokus gerückt werden.
4.4.
Handlungsfeld 4: Synergien mit anderen Ansätzen nutzen
Nutzen der aktuellen Entwicklungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz
Oft wird unter betrieblichen Akteuren im Zusammenhang mit dem Thema BGM / BGF
davon gesprochen, dass eine Schwierigkeit für diese Aktivitäten darin bestünde, dass sie
im Gegensatz zu Gesundheits- und Arbeitsschutz und BEM, die als gesetzliche Pflicht
geregelt sind, „nur Kür“ sei. Eine Reaktion, auf diesen Umstand zu reagieren kann das
aktive Nutzen potenzieller Synergien zwischen diesen Bereichen sein.
Im Jahr 1996 trat das Arbeitsschutzgesetz in Kraft. Es legt mit der Abfolge seiner Paragraphen §§ 3 bis 6 ArbSchG den gesetzlichen Grundstein für ein professionelles Management im Arbeits- und Gesundheitsschutz (siehe Abb. 2). Im Jahr 2013 wurde es mit Wirkung zum 01.01.2014 explizit um Aspekte der psychischen Arbeitsbedingungen erweitert.
Diese Novellierung löst seither auf betrieblicher Ebene im Sinne der Belastungssenkung
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eine vermehrte Handlungsbereitschaft für Maßnahmen aus, die im weiteren Sinne als
BGM bezeichnet werden könnten. Diese aktuelle Entwicklung ist für das BGM nutzbar.
Abbildung 2: Der idealtypische, zyklische Ablauf im Arbeitsschutz
Aus Sicht der Verfasser bestehen Parallelen zwischen dem Zyklus im Arbeitsschutz und
den Phasen im BGM (siehe Abb. 3), die in ihrer methodisch korrekten Verfolgung auch
als Lernzyklus (siehe u.a. TK) zu verstehen sind. Diese Parallelen könnten dafür verwendet werden, aus politischer Position Appelle für BGM stärker gegenüber betrieblichen
Akteuren zu platzieren. Die Botschaft könnte lauten: „Arbeits- und Gesundheitsschutz
sowie BEM und BGF (= BGM) gehen Hand in Hand, wenn sie richtig verfolgt werden.“ Im
Rahmen dieses Vorgehens könnte enger mit der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration
und Frauen der Stadt Berlin sowie dem Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz
und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi) kooperiert werden.
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Abbildung 3: Beispielhafte Darstellung der Phasen im BGM
Erweitertes BGM
Bei der Entwicklung des BGM ist aus Sicht der Verfasser ein ganzheitlicher Charakter
anzustreben. Unternehmerische und gesellschaftliche Verantwortung kann im Idealfall
nicht nur in Prävention und Wiedereingliederung zur Geltung kommen. Erst eine zusätzliche, echte Betreuung durch Arbeitgeber und soziales Absicherungsnetz im tatsächlichen
Falle der Arbeitsunfähigkeit weist die Beteiligten als echte Sozialpartner aus. Die Verbindung von Arbeits- und Gesundheitsschutz, BGF, Umgang mit Arbeitsunfähigkeit (AUProgramme und Therapie, vgl. neues BGF-Angebot der Deutschen Rentenversicherung
Sekundärprävention für Beschäftigte) sowie BEM scheint daher ein wichtiger Schritt in
Richtung Weiterentwicklung des BGM zu sein. Die Verfasser empfehlen daher eine mittel- bis langfristige Investition in den Ausbau des BGM-Verständnisses.
Demografie-Management als fester Bestandteil eines innovativen BGM
Viel unternehmerische Aufmerksamkeit erhält aktuell das Thema demografischer Wandel und die damit verbundene Vermeidung des Verlusts von Fachkräften und Wissensquellen. Im Zusammenhang mit diesen Bemühungen sollte zunehmend über den aktuellen Fokus der Gestaltung alter(n)sgerechter Arbeit hinaus generationsübergreifend in
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grundsätzlich gesundheitsförderliche Arbeits- und Organisationsgestaltung investiert
werden.
4.5.
Handlungsfeld 5: Vernetzung und Informations- / Wissensmanagement
fördern
BGM Aktivitäten in „Berliner Dokumentation“ erfassen
Zur Vereinfachung der Identifikation bereits bestehender Aktivitäten in der Gesundheitsförderung wird angeregt, eine „Berliner Dokumentation“ einzurichten. Die Idee dahinter
ist, alle Projekte, Prozesse und Einzelmaßnahmen im Bereich BGM / BGF zu erfassen,
nicht nur diejenigen, die über die Krankenkassen finanziert oder teilfinanziert werden.
Wie sich allein durch den Anlass dieses Gutachtens andeutete und im Rahmen der Arbeit
daran bestätigte, besteht aktuell noch keine gebündelte Datenerfassung hinsichtlich
relevanter Akteure, Projekte und Initiativen und deren Investitionen beziehungsweise
Ausgaben im Bereich der Gesundheitsförderung. Eine zentrale Erfassung und eine öffentliche Einsicht hätten folgende Vorteile:
Sichtbarkeit und größentechnische Einordnung aktueller Projekte (finanziell, Reichweite, etc.)
Möglichkeit, Schwerpunkte für politische Programme zu setzen
Möglichkeit, Schwerpunkte aus Krankenkassensicht zu setzen
Möglichkeit, sinnvolle Erweiterungen des Markts für Unternehmen zu entdecken
o
Nischenmärkte
o
Wachstumsmärkte
o
Versorgungslücken
Möglichkeit regional die Entwicklung des BGM langfristig zu beobachten und zu
entwickeln und damit die Qualitätssicherung zu verfolgen.
Seite 37 von 52
Zum Anlass der Initiierung einer solchen Dokumentation könnte der Beginn der Arbeit
der Landeskoordination zur Ausgestaltung des Präventionsgesetzes im Land Berlin genommen werden.
„Stadtplan Gesundheitsförderung“ anpassen
Auf Basis der Daten einer vorgeschlagenen „Berliner Dokumentation“ zu Aktivitäten und
Anbietern des BGF und BGM in Berlin sollte eine Überarbeitung des „Stadtplan Gesundheitsförderung“ erfolgen. Da der Stadtplan die Anbieterlandschaft aktuell nur bedingt
zutreffend abbildet, wäre eine deutliche Erweiterung nach den genannten Kriterien oder
eine gesonderte Dokumentation mit der eindeutigen Ausrichtung auf die Zielgruppe
„Berliner Unternehmer“ wichtig. Insbesondere der privatwirtschaftliche Sektor wird unzureichend dargestellt. Dies erschwert die Orientierung und die Bildung eines ganzheitlichen Eindrucks für betriebliche und private Nutzer.
Netze wiederbeleben und am Leben halten
Je besser es gelingt, betriebliche Akteure miteinander zu vernetzen und ein gemeinsames Verständnis von BGM zu erreichen, umso erfolgreicher wird sich die Zusammenarbeit im Netzwerk gestalten. Ein Ziel könnte eine stärkere kooperative und systematische
Zusammenarbeit der Akteure sein. Auf diese Weise würden vor allem Synergien genutzt
und Konkurrenzdenken teilweise gemindert.
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5. Fazit
Die Anzahl der BGM- / BGF-Anbieter in der Stadt Berlin hat in den vergangenen Jahren
stark zugenommen und ist auch weiterhin wachsend. Das Themenfeld zeichnet sich
durch eine hohe Heterogenität aus. Vor allem verhaltenspräventive Ansätze haben stark
zugenommen. Berliner Unternehmen zeigen sich zwar zunehmend interessiert an Themen zur Gesundheit in der Arbeitswelt und das Bewusstsein für den Nutzen von BGM
habe laut der führenden Experten zugenommen, jedoch sei dies nicht in einer Nachfrage
erkennbar, die dem BGM-Angebot in Berlin gleich käme. Es besteht daher auch künftig
Sensibilisierungsbedarf.
Insbesondere das Generieren eines einheitlicheren Verständnisses von BGM sowie die
Erweiterung der Wissensbasis sind für die Weiterentwicklung des Handlungsfeldes und
für eine qualitätsgesicherte Umsetzung relevant. Ein Beitrag der Senatsverwaltung für
Gesundheit und Soziales Berlin könnte neben der Einführung eines eigenen BGM ebenso
die öffentlichkeitswirksame Unterstützung der Thematik darstellen. Darüber hinaus ist
die Erhaltung und Förderung bestehender Netzwerke und Kooperationen sowie die Dokumentation der Berliner Aktivitäten im Themenfeld wichtig, um eine gelingende Zusammenarbeit zu schaffen, Synergieffekte zu erzielen und qualitativ hochwertige BGMAktivitäten für Berlin zu intensivieren.
Die Wahrnehmung gesundheitsförderlicher Chancen ist durch eine breitere Wissensbasis, der Aufwertung von Gesundheit und Wohlbefinden bei Beschäftigten sowie dem
Hervorheben des Nutzens von BGM möglich. Die wichtigsten Akteure im Handlungsfeld
stellen noch immer die Unternehmen selbst dar. Im Hinblick auf die zukünftigen gesellschaftlichen Entwicklungen erweist sich daher die Unterstützung der Weiterentwicklung
von BGM in der Stadt Berlin als eine zentrale Aufgabe für das Gesundheitswesen und die
Politik.
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Müller, D.; Sallmon, S.; Struck, C.; Thomann, S.; Wegner, K.; Stötzner, K.; Ulmer, K.; Levin,
C.; Stieler, C.; Weber-Schöndorfer, C.; Schaefer, C.; Harms-Zwingenberger, G.; Rosenbaum, F.; Tsokos, M.; Harnisch, E.; Pentschew, A.; Liesener, A.; Brinckmann, D.; Hoferer,
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zu Konzepten, Strategien und Methoden der Gesundheitsförderung, 4. Auflage (S. 2123). Schwabenheim a. d. Selz: Fachverlag Peter Sabo.
Stadtplan Gesundheitsförderung (2015). Prävention in Berlin auf einen Blick. Online verfügbar
unter:
http://www.berlin.de/stadtplan-gesundheitsfoerderung/.
[Stand:
15.10.2015].
Statistisches Bundesamt (2011). Im Blickpunkt. Ältere Menschen in Deutschland und in
der EU. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt.
Sozialgesetzbuch IX (SGB IX). Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter
Menschen - (Artikel 1 des Gesetzes v. 19.6.2001, BGBl. I S. 1046).
Techniker Krankenkasse (TK) (2015). Aus Gesund im Betrieb. Demografiemanagement.
Online
verfügbar
unter:
http://www.tk.de/tk/gesundheitsmanagement/demografie
management/18294. [Stand: 15.11.2015].
Windemuth, D. (2014). Psychische Belastungen am Arbeitsplatz – Möglichkeiten und
Grenzen der Prävention. Gute Arbeit 26 (6), 4-6.
World Health Organization (WHO) (1986). Ottawa Charta for Health Promotion. First
International Conference on Health Promotion Ottawa. Ottawa: WHO.
YouGov (2014). Bundesweite Studie zu Trends in der betrieblichen Gesundheitsvorsorge.
Pressemitteilung. Eine Studie der YouGov Deutschland AG im Auftrag der B·A·D GmbH.
Online
verfügbar
unter:
http://www.bad-gmbh.de/uploads/media/PI_BAD_BGM-
Umfrage_01.pdf. [Stand: 15.10.2015].
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Anhang
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Recherchierte BGM- / BGF-Anbieter in Berlin
(öffentlich-rechtliche und privatwirtschaftliche Anbieter)
Öffentlich-rechtliche Anbieter
AOK Nordost
Barmer GEK
BG Holz und Metall
Bosch BKK
BSR Berlin
Charité Berlin
DAK Gesundheit Berlin
DGUV Berlin
DRV Berlin Brandenburg
FU Berlin
IHK Berlin
IKK Brandenburg und Berlin
IKK Impuls
Techniker Krankenkasse
Unfallkasse Berlin
VHS Marzahn-Hellersdorf
Privatwirtschaftliche Anbieter
AHAB Akademie GmbH
Akademie für Empathie
AMD TÜV Arbeitsmedizinische Dienste GmbH
B A D GmbH Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik
Balance Center Berlin
bbw – Bildungswerk der Wirtschaft in Berlin und Brandenburg
Benefit BGM
Benefit@work
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Beraternetzwerk Berlin
Berlin Chemie AG
Betriebliche Gesundheitsförderung – Kliebisch Consulting
BGF –Gesellschaft für Betriebliche Gesundheitsförderung mbH
BSA Akademie – Prävention, Fitness, Gesundheit
Business health
Campus Naturalis Akademie (BGM Seminare)
code m – Ihr Schlüssel zur Gesundheit
CONSORT Analyse Systeme
cq Beratung und Bildung
DEKRA Zentrum für Arbeitsmedizin
Deutsche Akademie für Management
Die Personalmanufaktur
DP Healthgroup GmbH
Dr. Claudia Neumann
Dr. Gola – Institut für Ernährung und Prävention GmbH
Dr. med. Ingo Ochlast Arbeitsmedizin (Leistungen: BGM+BEM)
Dr. Siebenhünen
Eins – alles für Gesundheit
Fixpunkt gemeinnützige Gesellschaft für Gesundheitsförderung
Fortbildungsakademie der Wirtschaft FAW gGmbH
Frehe & Watzl Physiotherapie/Ergotherapie
Fürstenberg Institut Berlin
GBB – Gesellschaft für Betriebsmedizin und Betriebsberatung
mbH
Gesellschaft für Gesundheitsmanagement GfGM GmbH
Gesunda – Beratung für gesunde Unternehmen
Gesundheitskompetenz
Gesundheitsticket GmbH
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Health Capital
Healthadvisory HKB GmbH
HealthVision
Heimerer Akademie
Hogrefe consulting
ias Gruppe Berlin
ICAS Deutschland GmbH
imu-institut Berlin
inga – Institut für gesundes Arbeiten
IST Bildung, die bewegt
Jens Wellendorf Unternehmensberatung
Kirschkern Gesundheitsmanagement
machtfit GmbH
Management und Gesundheit. Die Experten im Betrieblichen
Eingliederungsmanagement
motio – Betriebliches Gesundheitsmanagement
Personal Training Berlin
Physiotherapie knutti & redmann
Proventis consult
Qi Gong Akademie Berlin
relax Gesundheitsmanagement
Robert Zülow – betriebliche Gesundheitsförderung
Rückenzentrum Berlin (in Zusammenarbeit mit der HGM
Hanseatic Gesundheits Management GmbH)
Sara Pilates
Schönfeld Unternehmensberatung
Signal Iduna Berlin
siti Berliner Institut für Gesundheitsmanagement
Somnico – Privates Institut für Schlafmedizin (in Zusammenarbeit mit BGF Gesellschaft für betriebliche Gesundheitsförde-
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rung)
Steinbeis Akademie (Weiterbildungslehrgang zum betrieblichen
Gesundheitsmanager)
Tanja Feierabend – Feng Shui and more
tbs Berlin GmbH
Terapon Consulting GmbH
UBGM Unternehmensberatung für betriebliches Gesundheitsmanagement
Ulrike Wolf – Heilpraktikerin
Veda Vital
Vitalisten Berlin
Von-Knobloch-Droste
VTON GmbH
WBS Training AG Berlin
Weiterbildung direkt
Wellfeelin
Wende Gesundheitsmanagement
Worklife? Balanced! - Claudia Kunze
ZAGG GmbH
Berliner Netzwerke und Kooperationen
KMU-Netzwerk der AOK Nordost
Clustermanagement (HealthCapital)
Arbeitskreis Betriebliche Gesundheitsförderung von Gesundheit Berlin-Brandenburg e.V.
BIGA – Berliner Initiative Gesunde Arbeit (Online-Plattform)
INQA – Initiative Qualität Neue Arbeit
DNBGF (regional)
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Interviewleitfaden
Angaben zur Person
Name
Unternehmen/Institution
Funktion/Rolle im Unternehmen
Für welche Branchen vor allem tätig?
Kontaktinformationen des Interviewpartners
Einleitende Fragen
Was ist Ihre Aufgabe bzw. Rolle im Handlungsfeld BGM / BGF in der Stadt Berlin?
Was ist Ihr persönliches Interesse am Thema?
1. Handlungsfeld und Akteure in Berlin
1.1 Wie würden Sie die BGM- / BGF-Landschaft in Berlin beschreiben? Was zeichnet das
Handlungsfeld in Berlin aus?
1.2 Welche BGM- / BGF-Anbieter sind aus Ihrer Sicht in Berlin vor allem tätig? Wer sind
die führenden Anbieter oder Auftraggeber?
1.3 Wer sind die (Haupt-)Zielgruppen der Anbieter in Berlin?
1.4 Wie beurteilen Sie die Qualifikation der Anbieter in Berlin? Ausbildung der Anbieter?
1.5 Welche Qualifizierungsangebote gibt es im Themenfeld BGM / BGF, speziell in Berlin?
Wie beurteilen Sie diese Angebote?
1.6 Wer vermittelt zwischen Anbieter und Betrieben?
2. Angebote & Angebotsstruktur Berlin
2.1 Wie würden Sie die Berliner Angebotslandschaft zum Thema BGF/BGM beschreiben?
Was kennzeichnet aus Ihrer Sicht die BGM- / BGF-Angebote der Stadt?
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2.2 Welche Angebote stoßen vor allem auf eine hohe Nachfrage? Welche Angebote werden hauptsächlich nachgefragt? Welche nicht?
2.3 Wo sehen Sie ein Überangebot im Themenfeld?
2.4 Welche Angebote fehlen aus Ihrer Sicht im Themenfeld? Welche Angebote sollte es
häufiger geben?
2.5 Wie beurteilen Sie die Qualität der Angebote in Berlin? Inwieweit entsprechen die
Angebote den Qualitätskriterien des Arbeitskreises (partizipativ, prozessorientiert, …)?
3. Kooperationen, Netzwerke & Zusammenarbeit
3.1 Was zeichnet aus Ihrer Sicht eine gute Zusammenarbeit mit anderen Akteuren im
Themenfeld aus? Wie stellen Sie sich eine gute Zusammenarbeit vor?
3.2 Welche Kooperationen und Netzwerke sind Ihnen in Berlin bekannt? Namen der
Netzwerke? Wer sind die (Haupt-)Beteiligten? Wer arbeitet mit wem zusammen?
3.3 Was zeichnet die Netzwerke in Berlin aus? Wie funktioniert die Zusammenarbeit
dort?
3.4 Welche Kooperationen funktionieren gut? Welche Kooperationen sollten aus Ihrer
Sicht in Berlin ausgeweitet werden? Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?
4. Zukunft & Herausforderungen von BGM / BGF in Berlin
4.1 Wie beurteilen Sie die bisherige Entwicklung von BGM / BGF in Berlin, die aktuelle
Situation und wie glauben Sie, geht es weiter? Wohin entwickelt sich aus Ihrer Sicht das
BGF- / BGM-Handlungsfeld in Berlin? Welche Trends gibt es hier? Was fällt auf?
4.2 Wo sehen Sie zentrale Herausforderungen im Themenfeld – aktuell und in Zukunft?
Wo gibt es Hindernisse / Probleme im Handlungsfeld, bei der Umsetzung von BGF/BGM
in Berlin?
4.3 Inwieweit sehen sie Veränderungsbedarf in der Entwicklung der BGM- / BGFLandschaft in Berlin?
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5. Handlungsoptionen
5.1 Welche Rahmenbedingungen sind in Berlin notwendig, um BGM / BGF entsprechend
der Qualitätskriterien auszubauen und weiterzuentwickeln? Welche Handlungsschritte
sind notwendig?
5.2 Wer sollte aus Ihrer Sicht stärker in die Verantwortung gezogen werden? Welche
Rolle sollte das Land Berlin bei der Umsetzung von BGM- / BGF-Angeboten spielen? Welche Rolle sollten die Krankenkassen bei der Umsetzung spielen?
5.3 Was wünschen Sie sich als BGM- / BGF-Anbieter als Unterstützung für Ihre Arbeit?
6. Abschluss
6.1 Haben Sie noch Fragen? Gibt es Unklarheiten?
6.2 Möchten Sie noch etwas ergänzen?
Vielen Dank für Ihre Mitarbeit!
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ZAGG Zentrum für angewandte Gesundheitsförderung und Gesundheitswissenschaften
GmbH
Geschäftsführer: D. Kuhn
Hohenzollerndamm 122, 14199 Berlin
Tel: 030 - 306 956 20
Fax: 030 - 306 956 66
Mail: info@zagg.de
Web: www.zagg.de
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