Path:
Volume

Full text: 21 (Rights reserved) Ausgabe 2013,3 (Rights reserved)

21 Das Magazin der TSB Technologiestiftung Berlin Ausgabe 03 | August 2013 Überblick: Die TSB fördert MINTAngebote für Schüler jeden Alters Coden und Hacken: Die IT-Labs in Berlin machen digitale Welten begreifbar Tüfteln und Forschen: Das Kinderforscherzentrum HELLEUM ist glänzend gestartet Auf Sendung: Die WissensWerte bringen neueste Forschung und Entwicklung ins Radio Mehr als Lernen: Physiker Burkhard Priemer spricht im Interview über Schülerlabore Seite 3 Seite 5 Seite 7 Seite 7 Seite 8 Action bei den Aktionstagen Über 4500 Schüler der Klassenstufen drei bis sechs nutzen auch dieses Jahr das naturwissenschaftliche Mitmachangebot der TSB Naturwissenschaft macht Spaß – Bei den TSB Aktionstagen zeigen die Schüler Einsatz Foto: Christian Kruppa/TSB Brauserakete, Wasserlupe, Papierlastkahn und Wissenschaftsshow – Bei den 8. Aktions­ tagen der TSB zeigen Experten, was die Na­ turwissenschaften zu bieten haben. Gerne auch mal mit Knalleffekt. Das Ziel: Neugier wecken und Lust machen auf mehr. Die TSB hat alle Berliner Grundschulen ein­ geladen, das kostenlose Angebot zu nutzen. Die Resonanz war wie jedes Jahr überwäl­ tigend, die Veranstaltung innerhalb von Ta­ gen ausgebucht. Ein so buntes und spannendes Programm stellt die TSB aber nicht allein auf die Bei­ ne. Die Workshops und Experimente wer­ den von den regionalen Schülerlaboren, dem Forschergarten, dem Gläsernen Labor, MathExperience der TU, Unilab Adlershof der HU Berlin, PhysLab und NatLab der FU Berlin, dem Deutschen Jugendrotkreuz, der BSR, METEUM und der Lise-Meitner-Schule erarbeitet und angeboten. Zusätzlich stehen Studenten und Schüler der Robert-Havemann-Schule und des An­ dreas-Gymnasiums den Kindern Rede und Antwort. Und für den Heimweg gibt es eine Tasche mit Material zum Ausprobieren und Weiterdenken. Naturwissenschaft entde­ cken, ganz ohne Vorurteile, das ist die Devise der Aktions­tage. Editorial Investition in die Zukunft D ie TSB betrachtet Nachwuchsförderung im Bereich der MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik als strategischen Beitrag zur Entwicklung des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts Berlin-Brandenburg. Branchen, die schon heute und in Zukunft vermehrt zur Wertschöpfung beitragen, beruhen im Wesentlichen auf MINT-Kompetenzen. Angesichts des Fachkräftemangels wird die Konkurrenz um Fachkräfte in Zukunft noch schärfer werden. Die Region verbessert ihre Ausgangsposition in diesem Wettbewerb, wenn Jugendliche für die regionalen Stärken in Wissenschaft und Technologie möglichst früh interessiert werden können. Dazu müssen Berufe mit MINT-Hin- tergrund in ihrer Attraktivität und ihren guten Zukunftschancen gezeigt werden. Wenn es gelingt, diesen Bezug zwischen von Jugendlichen als attraktiv empfundenen Berufsbildern und MINT-Unterrichtsfächern herzustellen, ist ein Einstieg in eine entsprechende Ausbildung oder ein Studium leichter. Daher unterstützt die TSB seit Jahren au- Die Begeisterung für Naturwissenschaft und Technik soll lange erhalten bleiben ßerschulische Lernangebote, die einerseits Schülerinnen und Schülern die Freude am Experiment und der Entdeckung vermitteln, andererseits aber einen Bezug herstellen zur Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnis- se in Forschung und Technik. Hierbei haben wir auch Lehrer im Fokus, die ihre Schüler in ihrer Berufsentscheidung beraten – viele außerschulische Lernorte haben auch Weiterbildungsangebote für Lehrer im Programm, die einen Einblick in aktuelle Forschungsthemen erlauben. Durch diese ineinandergreifenden Angebote soll die Faszination für Naturwissenschaft und Technik früh geweckt und über die Bildungskarriere der Kinder erhalten werden. Zur Person: Nicolas Zimmer ist seit Januar 2013 Vorstandsvorsitzender der TSB Technologiestiftung Berlin Foto: Viviane Wild/TSB Vielfältige Experimente – Selber ausprobieren und erleben ist die Devise der TSB Aktionstage Fotos: Christian Kruppa, Uwe Steinert/TSB 2 TSB-Magazin | Ausgabe 03 | August 2013 Für Klein bis Groß Die TSB initiiert und fördert Projekte, die Schüler für mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer begeistern. Auch in der Lehrerfortbildung liegt ein Schwerpunkt. Frühe Bildung SEKUNDARSTUFEN Kinderforscherzentrum HELLEUM Das Kinderforscherzentrum in MarzahnHellersdorf gibt bereits ab dem Vorschulalter Kindern die Möglichkeit, sich mit eigenen Experimenten Naturwissenschaft und Technik spielerisch und pädagogisch begleitet zu nähern, sowohl als Klasse, Kitagruppe oder in der Freizeit mit der Familie. Auch für Eltern, Erzieher und Lehrkräfte finden regelmäßig Fortbildungen statt. Das HELLEUM wird wissenschaftlich begleitet durch die Didaktik der Physik der HumboldtUniversität zu Berlin und die Alice-SalomonHochschule, die Naturwissenschaften in den Bachelor-Studiengang für Erzieher integriert. Auch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt unterstützt das Projekt. Mehr auf Seite 7 und www.helleum-berlin.de Schülerlabornetzwerk GenaU Im Netzwerk GenaU haben sich Schülerlabore an Forschungseinrichtungen und Hochschulen in Berlin und Brandenburg zusammengeschlossen. Für jede Altersstufe und jedes MINT-Fach lassen sich hier Experimentierkurse für ganze Schulklassen finden. Dazu organisiert GenaU Projektverbünde wie »Experimente mit Herz« (s. unten), sowie weiterführende Arbeitsgemeinschaften, Lehrerfortbildungen und die Netzwerkjahrestagung. Mehr auf Seite 6 und www.genau-bb.de PRIMARSTUFE TSB Aktionstage Einmal im Jahr lädt die TSB Technologiestiftung alle dritten bis sechsten Klassen der Berliner Grundschulen zu den TSB Aktionstagen ein. Ziel ist es, Kinder möglichst frühzeitig für Naturwissenschaften und Technik zu interessieren. Dafür besuchen sie bei dieser kostenlosen Veranstaltung zwei Workshops und eine Wissenschaftsshow. Weitere Informationen und Bilder auf Seite 1 und 2 sowie unter www.tsb-berlin.de/aktionstage TuWaS! Technik und Wissenschaft an Schulen TuWaS! bietet Unterrichtsmaterialien aus Biologie, Physik, Chemie und Meteorologie für den Einsatz im Schulunterricht in den Klassenstufen eins bis sechs. Das Projekt fördert forschendes Lernen in den MINT-Fächern für einen lebendigen Unterricht. Das Besondere an TuWaS! ist, dass sich die Lehrkräfte parallel zum Unterricht zu elf verschiedenen Themen fortbilden lassen und erprobtes Experimentier- und Lehrmaterial für ein Schulhalbjahr ausleihen können. Die wissenschaftliche Betreuung erfolgt über die Freie Universität Berlin. Mehr auf Seite 4 und www.tuwas-deutschland.de TSB-Magazin | Ausgabe 03 | August 2013 Experimente mit Herz An mehreren aufeinander aufbauenden Projekttagen können Schülerinnen und Schüler Experimente beispielsweise zur Funktionsweise des Herzens oder eines Herzschrittmachers durchführen. Die Teilnehmer lernen etwas über Biologie und Technik – daneben aber auch über interessante Ausbildungs- und Studieninhalte ihrer Region, in der die Gesundheitswirtschaft eine große Rolle spielt. Für dieses besondere Projekt arbeiten Schülerlabore, Forschungseinrichtungen, Kliniken und Unternehmen eng zusammen. Mehr auf Seite 6 und unter www.genau-bb.de/ angebote/experimente-mit-herz MathExperience Berlin ist die Hauptstadt der Mathematik. Das MathExperience Schülerlabor am DFGZentrum MATHEON bringt Schülerinnen und Schülern auf spannende Weise die Facetten der modernen Mathematik näher: den Einsatz von Primzahlen in der Datenverschlüsselung, die Berechnung von Gewinnchancen im Glückspiel oder wie man den schnellsten Weg vom Potsdamer Platz zur Warschauer Straße findet. In Workshops können Klassen eigene Roboter bauen und programmieren oder bei einem Besuch im 3D-Labor der Technischen Universität Berlin dreidimensionale Objekte scannen und bearbeiten. Dreimal im Jahr finden für zehnte bis 13. Klassen in der Urania Berlin die MathInsideVorlesungen statt. Darin berichten Experten vor Schulklassen aus ihrer Arbeit. Besondere Beliebtheit genießt der mit der Deutschen Mathematikervereinigung initiierte Mathekalender, bei dem Schulklassen von Stufe vier bis 13 bundesweit im Advent täglich eine Aufgabe lösen und am Ende Preise gewinnen können. www.matheon.de/schools/mathexperience IT-Labs Berlin Das IT-Schülerlabornetzwerk hat sich zum Ziel gesetzt, Begeisterung für die Informatik und angrenzende Bereiche zu wecken. Die Labore sollen den Kindern und Jugendlichen die kreativen Möglichkeiten der modernen Informa­tionstechnik greifbar machen und sie anregen, sich damit zu beschäftigen. Im Fokus steht dabei stets das Verstehen und Bilden von Konzepten in einer offenen und experimentellen Lernumgebung. Weitere Informationen auf Seite 5 und unter www.itlabsberlin.de LEHRERFORTBILDUNG Science on Stage The European Platform for Science Teachers Science on Stage ist ein europaweites Netzwerk von Lehrkräften für Lehrkräfte, in dem der Dialog zu eigenen Ideen und Schulprojekten aus dem Unterricht in den Fächern Naturwissenschaften, IT und Technik im Mittelpunkt steht. In praktischen Versuchen und praxisnahen Gesprächen entsteht so eine Plattform zum Austausch von good practiceBeispielen. Alle zwei Jahre findet das Science on StageFestival statt, auf dem Lehrkräfte aus ganz Europa ihre Konzepte vorstellen und sich von Kollegen Inspiration holen können. Im Anschluss werden ausgesuchte Projekte als kostenlose Workshops und Fortbildungen angeboten. Die Dokumentationen, beziehbar über die Webseite des Vereins, stellen weitere Projekte des Festivals vor und bieten Material und Ideen zum Nachmachen im Unterricht. Zusätzlich bietet der Verein kostenlose Unterrichtsmaterialien an, die in Folge- und Transferveranstaltungen entwickelt werden (z.B. iStage: Unterrichtsmaterialien für IKT in den Naturwissenschaften sowie ›Laternenmond und heiße Ohren‹-Sprachförderung im Grundschulunterricht). www.science-on-stage.de Eine Übersicht über diese und weitere außerschulische Lernangebote im natur­ wissenschaftlich-technischen Bereich bietet der TSB-Report »Berlin-Brandenburg: Hier forscht die Jugend!«. Er steht im Internet als Download zur Verfügung: www.tsb-berlin.de/TSB_hierforschtjugend 3 Was tun mit TuWaS! Vom Fahrzeugbausatz bis zur Wettervorhersage – Die Experimentiereinheiten von TuWaS! machen den Naturwissenschaftsunterricht bunter A m Anfang stand die Erkenntnis, dass Naturwissenschaft und Technik die Europäer immer weniger interessierten. Darum rief die Europäische Kommission dazu auf, Projekte vorzuschlagen, mit deren Hilfe dem entgegengewirkt werden könnte. Das Pollen-Projekt – der Vorläufer von TuWaS! in Berlin – entstand. Sein Ziel: das praktische Experimentieren im Unterricht den Schülern zu überlassen, denn was man selbst gemacht hat, begeistert leichter. Mit der Fortschreibung dieser Grundidee in TuWaS! gelang es der Freien Universität Berlin und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, diesen erfolgreichen Ansatz für naturwissenschaftlichtechnische Themen im Grundschulunterricht über die Laufzeit von Pollen hinaus zu sichern. Das Konzept wurde weiterentwickelt und erfreut sich in der Hauptstadt größter Beliebtheit. Im vergangenen Herbst wurde die 100. Schule aufgenommen. TuWaS! verbindet praxisorientierte Fortbildungen für Lehrkräfte mit der Bereitstellung erprobten Lehrmaterials – den »TuWaS!Kisten«. Darin enthalten ist das komplette Material für die Unterrichtseinheit. Aktuell stehen Kisten zu zwölf naturwissenschaftlichtechnischen Themen aus dem Grundschullehrplan zur Verfügung. In den ersten vier Jahren können die Schüler sich zum Beispiel mit dem Wetter, Festkörpern und Flüssigkeiten, Elektrischen Stromkreisen und dem Wachstum einer Pflanze beschäftigen. Fünft- und Sechstklässler lernen mit TuWaS! chemische Tests durchzuführen, Mikrowelten und Ökosysteme zu erforschen, ein Fahrzeug zu konstruieren oder die Lebensmittelchemie zu erkunden. »Die Experimente sind toll«, sagt eine Schülerin. »Und so über unsere Arbeit diskutieren, das können wir auch nur in Nawi!« Tatsächlich ist TuWaS! mehr als naturwissenschaftliche Förderung. Die Schülerinnen und Schüler werden zum Nachdenken angeregt und entwickeln ihre kommunikativen Fähigkeiten weiter, während sie sich über ihre Beobachtungen austauschen. Die selbstständige Arbeitsweise fällt aber nicht jedem sofort leicht. »Damit das klappt, müssen solche Einheiten regelmäßiger Bestandteil des Unterrichts sein«, fordern die Lehrkräfte. Ganz praktische Einsichten nehmen die Kinder obendrein mit: »Es ist wichtig, Ergebnisse zu notieren, sonst kann man sie vergessen.« Praktische Einblicke – die TuWaS!-Kisten sind eine hilfreiche Unterrichtsergänzung TuWaS! hat inzwischen weitere Freunde und Förderer gewonnen. Die Europäische Union, die Senatsverwaltung für Bildung, ­ Jugend und Wissenschaft und das Unternehmen GO! Express and Logistics gehören Damit das selbstständige Arbeiten klappt, muss regelmäßig experimentiert werden 4 ebenso dazu wie die TSB, die die Finanzierung für zwei weitere TuWaS!-Jahre zugesagt hat. Trotzdem dürften es gern noch ein paar mehr sein. Durch die immense Nachfrage kommt das Materialzentrum, in dem die Kisten gepackt werden, immer wieder an seine Gren- Foto: Bernd Wannenmacher zen. Manchmal sind die Wartelisten für eine Kiste ganz schön lang. Das Team um Frau Professor Dr. Petra Skiebe-Corrette von der Freien Universität Berlin unterstützt die Schulen in inhaltlichen und didaktischen Fragen. Die Erfahrungen mit den Materialien werden evaluiert und gingen im Rahmen des EU-Projektes »Fibonacci« in die Entwicklung weiterer Bildungsangebote mit ein. »Grundschullehrer in Berlin haben oft keine naturwissenschaftliche Ausbildung«, erklärt Dr. Dieter Müller, Geschäftsbereichsleiter Bildung bei der TSB. »TuWaS! schafft durch die Fortbildungen zu den Experimentiereinheiten eine Basis.« Dabei gehe es darum, den Innovationsstandort Berlin zu stärken, indem man in die naturwissenschaftliche Kompetenz des Nachwuchses investiert. TSB-Magazin | Ausgabe 03 | August 2013 Bildung digital Carsten Schulte und sein Team entwickeln Modelle zur Vermittlung von Informatik im Unterricht Herr Professor Schulte, welche Rolle spielt Informatik in der Schule heute und in Zukunft? Schulte: Momentan sehen wir, dass Informationstechnologie zunehmend zur Unterrichtsgestaltung eingesetzt wird. Die Informatik selbst wird hoffentlich irgendwann ein normales Schulfach. Andere Länder sind bereits so weit. In Estland lernen schon Erstklässler programmieren. Das hilft enorm, um Hemmschwellen abzubauen, und macht Lust darauf, Programme nicht nur zu benutzen, sondern mitzugestalten. An welche Hemmschwellen denken Sie? Schulte: Ich beobachte zum Beispiel oft, dass Kinder logische Aufgaben wie Puzzles analog einwandfrei lösen. Wenn sie die gleiche Aufgabe am Computer bearbeiten sollen, hören wir dagegen »das kann ich nicht«. Oft liegt es daran, dass eine Person eine falsche Vorstellung davon hat, wie die Geräte funktionieren. Ein Computer arbeitet streng hierarchisch und eine Eingabe kann auf verschiedenen Ebenen unterschiedliche Bedeutungen haben. Wenn man sich das klar macht, dann braucht Informatik eigentlich keinerlei Vorkenntnisse. Die Jugendlichen heute wachsen damit auf, Dinge ganz selbstverständlich virtuell zu »teilen«. Beeinflusst das den Bildungssektor? Schulte: Sicherlich. Da entsteht ein ganz neuer Zeitgeist. Wenn ich etwas von jemand TSB-Magazin | Ausgabe 03 | August 2013 anderem nutzen kann, komme ich selbst weiter. Ich bin dann aber auch eher bereit, mein eigenes Produkt wieder mit anderen zu teilen. Die Digitalisierung vereinfacht das sehr. Es gibt Initiativen, die dieses Prinzip gezielt für die Weiterbildung nutzen. Sie statten Lernende mit minimalen Vorgaben aus und regen sie dadurch an, zielführende Fragen zu stellen und zusammenzuarbeiten. Nutzergetriebenes Lernen nennt man das. So funktioniert ja auch die Open-Source-Bewegung heute... Schulte: Genau. Wir entwickeln zum Beispiel im Seminar Lerneinheiten für Informatik. In den IT-Labs probieren Lehrer diese dann aus und entwickeln die Methoden weiter. Dadurch entsteht ein ganzer Katalog von Tipps, wie ein bestimmtes Thema vermittelt werden kann. Unser Plan ist, das bald online zu veröffentlichen, damit möglichst viele Lehrer und Schüler davon profitieren. Zur Person: Prof. Dr. Carsten Schulte ist Informatik-Didaktiker an der Freien Universität Berlin und mitverantwortlich für die IT-Labs. Foto: Carsten Schulte Foto: Sebastian Seitz/TSB Foto: Michael Himbeault IT zum Anfassen Mit dem neuen Schuljahr geht ein neues Bildungsangebot ans Netz: die IT-Labs Berlin. Dort lernen Schüler, wo überall computergesteuerte Prozesse versteckt sind und wie spannend es sein kann, mit Informations- und Kommunikationstechnologien zu experimentieren. Die TSB holte – wie so oft – die richtigen Leute an einen Tisch: Wissenschaftler, Software-Fachleute und Pädagogen formulierten einen Ansatz, der das bewährte Konzept des offenen Lernens in Schülerlaboren auf den IT-Bereich überträgt. Im vergangenen Jahr wurde vereinbart, wer Räume, Geräte, Personal und Inhalte stellt, und nun starten die ITLabs mit zunächst drei Standorten. An der HTW Berlin stehen im »Mobile Computing Lab« 20 Arbeitsplätze zur Verfügung. Die Klarälv­dalens Datakonsult AB bietet zehn Plätze inklusive Firmenbesichtigung und im Mathematik-Informatik-Lab an der FU gibt es noch einmal zehn Plätze. Die Lernumgebung basiert auf einem LinuxLive-System. Das macht den Einstieg für zukünftige Partner leicht. Unter fachkundiger Anleitung können die Schüler das Programmieren, Hacken und Coden ausprobieren. Darüber hinaus stehen Lerneinheiten zur Auswahl, in denen auch der ethische Hintergrund nicht zu kurz kommt. »Die Schüler lernen zum Beispiel, was hinter der mobilen Datennutzung steckt«, erklärt Sebastian Seitz, Projektmanager »Make IT real« bei der TSB. »Dabei werden auch die Gefahren thematisiert, die mit der Verwendung der Daten verbunden sind.« Andere Aufgaben- stellungen werden sich mit Bioinformatik, intelligenten Stromnetzen oder der Programmierung von Computerspielen beschäftigen. Letztlich sind die IT-Labs selbst ein virtuelles Gebilde. Seitz erläutert: »Unter dem Namen kommen viele Anbieter und Partner zusammen. Wir von der TSB sorgen für den einheitlichen Rahmen, der Lehrern den Überblick über das Angebot erleichtert.« Weitere Informationen und Anmeldung unter http://itlabsberlin.de 5 Quelle: UniLab Adlershof, Didaktik der Physik, Humboldt-Universität zu Berlin, Collage: www.webersupiran.de Die Spiegelrennbahn Versuche, die Rennbahn mit einem Stift nachzuzeichnen, während du sie nur im Spiegel siehst. Das klingt ganz einfach und kinderleicht, oder? Anleitung: Lege dazu die Rennbahn vor einen Spiegel und bitte jemanden, dir ein Frühstückbrettchen so zu halten, dass du nur noch das Spiegelbild der Rennbahn siehst, aber nicht das Blatt vor dir oder deine Hand. Zeichne nun möglichst schnell die Bahn nach, aber du darfst dabei natürlich nicht übermalen! Wenn du noch mehr Rennbahnen brauchst, kannst du dir natürlich auch selbst noch welche überlegen. Und jetzt noch nicht weiterlesen!! Erklärung: Das war gar nicht so einfach, nicht wahr? Es heißt ja immer, dass der Spiegel rechts und links vertauscht. Das stimmt aber gar nicht! Tatsächlich vertauscht der Spiegel nämlich »vorne« und »hinten«. Wenn du das nicht glaubst, dann kannst du dir einen Pfeil aufmalen und vor den Spiegel halten. Zeigt der echte Pfeil nach rechts, so zeigt auch der Spiegelpfeil nach rechts. Wenn aber der Pfeil auf den Spiegel zeigt, dann zeigt der Spiegelpfeil auf dich! Versuche noch einmal, die Rennbahn zu zeichnen. Geht es jetzt leichter? Stark vernetzt D In Kontakt mit der Wissenschaft – Das Schülerlabornetzwerk GenaU bringt Praxisbezug in den Unterricht ie Region Berlin-Brandenburg hat eine beispielhafte Vielfalt an Schülerlaboren. 16 davon haben sich im Netzwerk GenaU zusammengetan. Der Name steht für »Gemeinsam für naturwissenschaftlich-technischen Unterricht« und bringt besondere Anforderungen mit sich: Alle Labore im Netzwerk müssen ganze Klassen aufnehmen können und eigenständiges Experimentieren ermöglichen. Und sie müssen an eine Forschungseinrichtung oder Universität angeschlossen sein, wie zum Beispiel das Carl Zeiss-Mikroskopierzentrum am Museum für Naturkunde. »Wir wollen den Schülerinnen und Schülern nicht nur ein außerschulisches Bildungsangebot machen«, erklärt Christina Seidler von der GenaU-Koordinationsstelle. »Wir wollen, dass sie die Möglichkeit haben, auch die Berufe, die zu einem Thema gehören, im Alltag zu erleben.« Praxisnähe ist auch den beiden Hauptförderern von GenaU ein Anliegen. Die TSB und die Initiative ThinkING des Arbeitgeber- 6 verbandes Gesamtmetall sehen in der Arbeit der GenaU-Mitglieder eine gute Möglichkeit, Jugendliche an die sogenannten MINT-Berufe heranzuführen. Besonders anschaulich gelingt das im Pilotprojekt »Experimente mit Herz«. Diese bundesweit erste Initiative, mehrere Schülerlabore und Unternehmen inhaltlich zusammenzubringen, läuft seit drei Jahren. Die Berlin Heart GmbH, BIOTRONIK SE & Co. KG und das Deutsche Herzzentrum Berlin bieten Schulklassen der Sekundarstufe II Einblick in aktuelle Forschung und Entwicklung rund Weitere Informationen zur Jahrestagung und zum gesamten GenaU-Angebot finden Lehre­ rinnen und Lehrer unter www.genau-bb.de um das Thema Herz. Sechs Schülerlabore führen die Teilnehmenden zudem in die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Themas ein – von der Physiologie bis hin zu den physikalischen Grundlagen der Körperfunktionen. Wie misst man den Herzschlag und wie baut man einen Herzschrittmacher? Anhand von anwendungsorientierten Leitfragen absolvieren die Schülerinnen und Schüler in einer Projektwoche mehrere Stationen und lernen dabei Naturwissenschaften, Medizin und Technik mal ganz anders kennen. Das Konzept kommt an. »Wir arbeiten zur Zeit daran, bald zwei weitere Themen in dieser Form anbieten zu können«, erklärt Christina Seidler. 43000 Schüler haben das Angebot der GenaU-Labore im vergangenen Jahr genutzt. Netzwerkkoordinatorin Silke Vorst hat ein ehrgeiziges Ziel: »Wir möchten alle Kinder der Region Berlin-Brandenburg einmal in ihrer Schulkarriere in einem Labor des Netzwerks begrüßen können.« Aber nicht nur die Schülerinnen und Schüler lernen bei GenaU: 1200 Lehrer nahmen 2012 an den zahlreichen Fortbildungsveranstaltungen des Netzwerks teil. Die nächste Gelegenheit bietet sich auf der von der Robert-Bosch-Stiftung geförderten GenaU-Jahrestagung am 19. September 2013 an der TU Berlin. TSB-Magazin | Ausgabe 03 | August 2013 Tüfteln, forschen, die Welt entdecken Das Hellersdorfer Kinderforscherzentrum HELLEUM schaut auf ein erfolgreiches erstes Halbjahr zurück G leich in den ersten sechs Monaten ging es hoch her im HELLEUM, dem Kinderforscherzentrum in MarzahnHellersdorf. Bereits 3500 Kinder und 450 Lehrkräfte waren seit der Eröffnung im Januar zu Besuch. Kindergartengruppen und Grundschulklassen können im HELLEUM Workshops zu vier Themen buchen: »Wind bringts«, »Müll machts«, »Sonne satt« und »Boden schätzen«. Der lichtdurchflutete Raum an der Kastanienallee ist nach dem pädagogischen Konzept der Lernwerkstattarbeit gestaltet. Kinder können dort naturwissenschaftliche Phänomene eigenständig erkunden. Überall finden sich Anknüpfungspunkte zu ihrer Lebenswirklichkeit, sei es im Material oder in der Thematik selbst. Zu jedem Workshop gehören mehrere Stationen, an denen die Kinder in Begleitung von Fachkräften experimentieren und sich Fragen überlegen können. Das Angebot »eröffnet allen Besuchern die Möglichkeit, entdeckend und erforschend Phänomene staunend zu ergründen«, sagt Prof. Dr. Hartmut Wedekind, wissenschaftlicher Leiter des HELLEUM. Zu bestimmten Zeiten ist das HELLEUM aber auch einfach offen für Kinder und Eltern aus dem Kiez. Und aktuell lockt das Sommerprogramm mit zusätzlichen Angeboten ganz besonders. Dass die Einrichtung in Marzahn-Hellersdorf entstanden ist, kommt nicht von ungefähr. Olga Theisselmann, Geschäftsführerin des HELLEUM, erklärt: »Soziale Brennpunkte liegen oft weit entfernt von Innenentwurf der Lernwerkstatt im Kinderforscherzentrum TSB-Magazin | Ausgabe 03 | August 2013 Einrichtungen, die außerschulische naturwissenschaftlich-technische Bildungsangebote vorhalten. Kinder aus diesen Stadtteilen können solche Angebote daher selten nutzen.« Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf war nicht bereit, das einfach hinzunehmen. In der Zusammenarbeit verschiedener Instanzen – dem Quartiersmanagement Hellersdorfer Promenade, dem Bezirksamt, der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, der Alice-Salomon-Hochschule Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin – entstand darum das Konzept für diesen außergewöhnlichen Lernort vor der Haustür. Weitere Unterstützer fanden sich schnell: Die TSB Technologiestiftung Berlin und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt finanzieren gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Bildung Personalstellen. Im August eröffnet an der Lise-Meitner-Schule in Neukölln ein Schüler­forschungs­zentrum. www.sfz-berlin.de/ Sie alle sind überzeugt von dem Prinzip des Lernens durch aktives Aneignen statt passiver Vermittlung. Nicht selten erleben die Kinder hier, dass Fragen schneller zum Ziel führen als Antworten und dass Wissen und Erfahrung manchmal eher relativ sind. Der Freude am Lernen tut das keinen Abbruch. Im Gegenteil. Das Fazit der Kinder ist »HELLEUM macht immer Spaß!« Foto: Freitag Hartmann Sinz Architekten, Berlin WissensWertes im Radio »Ich drucke mir ein Auto«, »Wenn der Dinosaurier zu leben beginnt« und »Das Jahrhundert der Patienten« sind Titel aus der Reihe Treffpunkt WissensWerte. Die Sendung entsteht in Kooperation von TSB Technologiestiftung und Inforadio rbb. Im Gespräch mit dem Wissenschaftsjournalisten Thomas Prinzler diskutieren jeweils Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft aktuelle Fragen zu Technologie- und Innovationsthemen. Die Podiumsdiskussionen finden vor Publikum statt und werden regelmäßig auf Inforadio 93,1 ausgestrahlt. Den Sinn der Veranstaltung erklärt Annette Kleffel von der TSB: »Wir wollen die Öffentlichkeit darüber auf dem Laufenden halten, was in Berlin gerade erforscht und entwickelt wird.« Es geht bei den WissensWerten also um die neuesten Erkenntnisse aus der Wissenschaft, aber auch darum, wie diese Einzug in die Anwendung finden und was der normale Bürger davon hat. Eben um alles, was rund um Technologie und Innovation wissenswert ist. Dabei dürfen Vision und Realität ruhig einmal verschwimmen. So wie im April, als es im Lichthof der TU Berlin um das Thema 3D-Druck ging. Das ist der Sammelbegriff für verschiedene Verfahren, die es bereits heute erlauben, Gegenstände wie Blumenampeln oder Maschinenteile mit geringem Aufwand »selbst« herzustellen. Die Druckerkartuschen enthalten dann eben keine Tinte, sondern die Ausgangsmaterialien und Klebstoff. In der Zukunft könnte diese Technologie zur Fertigung von fast allem herhalten: Schnitzel und Fahrzeuge inbegriffen. Ob das eine gute Idee ist, war eine der kontrovers diskutierten Fragen in der Sendung. Interessierte sind herzlich willkommen, in den Treffpunkt WissensWerte reinzuhören. Alle Sendungen seit 2003 gibt es unter www.tsb-berlin.de/treffpunkt-wissenswerte. Möchten Sie einmal selbst im Publikum sitzen? Dann melden Sie sich unter scherer@tsb-berlin.de und wir nehmen Sie auf die Einladungsliste. 7 Die Welt in 20 Jahren Physikdidaktiker Burkhard Priemer über Schülerlabore und Lehrernetzwerke Herr Professor Priemer, Sie untersuchen, wie man Naturwissenschaften im Unterricht am besten vermittelt. Werden in Zukunft außerschulische Angebote überhaupt noch gebraucht? Priemer: Schülerlabore leisten einiges, was die Schule auch in Zukunft nicht können wird. Wenn Forschungseinrichtungen ihre Türen öffnen, erleben Schüler nicht nur Projektarbeit. Sie arbeiten dort oft unter Anleitung von Forschern und an Geräten, die Schulen nicht besitzen. Schülerlabore können überdies auch wichtig als Ort des Lernens für Lehrer sein. Wie das? Priemer: In vielen Schülerlaboren können Lehrer Fortbildungen machen. In der Physik an der HU ist es zudem Teil der Studienordnung, dass Lehramtsstudenten in einem Schülerlabor Erfahrung sammeln. Dieser Bezug zur Berufsrealität ist wichtig. Die Studenten sollten früh herausfinden, was unterrichten heißt. Dabei soll die Lust an innovativen Methoden erhalten bleiben. Lehrer müssen also bereit sein, selbst lebenslang zu lernen. Woher nehmen sie die Motivation? Priemer: Aus guten Fortbildungen und dem Austausch untereinander. Lehrer sind bedingt durch das heutige Schulsystem oft Einzelkämpfer. Das ist schade. Ich würde mir wünschen, dass sie in Kontakt bleiben zu einer Lehrerausbildungsstätte in ihrer Nähe. Dort könnte sich ein Netzwerk aufbauen, zu dem auch Fachdidaktiker wie wir gehören und aus dem jeder die Impulse zieht, die er braucht. Interesse ist eine Voraussetzung für Lernerfolg. Wie begeistert man Schüler für Mathe, Chemie und Physik? Priemer: Unterricht mit Bezug zum Leben der Schüler kann helfen. Man darf aber auch nicht erwarten, dass sich alle für Naturwissenschaften interessieren. Aber man kann versuchen, Gruppen, die naturwissenschaftliche Themen noch nicht für sich entdeckt haben, gezielt anzusprechen: zum Beispiel Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte. Da muss man die persönliche Relevanz aufzeigen und klar machen, dass diese Fächer mit spannenden Jobs verbunden sind. Berliner WissensWerte Onlineangebot der TSB zu Wissenschaftsveranstaltungen aus der Region Schülerlabore, Vorlesungen und die Lange Nacht der Wissenschaften: Die Berliner Wissenschaftseinrichtungen bieten mittlerweile eine Fülle von Informationen und Mitmachmöglichkeiten für alle, die sich für Naturwissenschaften und Technik interessieren und es gerne genauer wissen wollen. Auf den Internetseiten der Berliner WissensWerte kann man sich über dieses breite Angebot informieren – auf einen Blick, zeitlich oder nach Themen und Zielgruppen geordnet. Für die Zielgruppe »Lehrkräfte« beispielsweise sind neben aktuellen Lehrerfortbildungsveranstaltungen ständige Angebote wie Call a Scientist, die Schülerlabore und weitere außerschulische Angebote aufgeführt. Wer keinen der angebotenen Termine wahrnehmen kann oder will, findet bei den Berliner WissensWerten außerdem Experimente zum Nachmachen und gute Erklärungen für das, was man während des Experimentierens erfahren hat. www.berliner-wissenswerte.de Die TSB Technologiestiftung Berlin steht für Innovation und Technologie­ entwicklung in der Hauptstadtregion. Sie fördert die Wissenschaft und unter­stützt die Wirtschaft. Schwerpunkte der Arbeit der Stiftung sind Stra­ tegieentwicklung, Bildung und Wissenschaftskommunikation. Kernaufga­ ben der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH sind Clustermanagement, Vernetzung und Technologietransfer auf den Feldern Life Science & Gesund­ heit, Verkehr & Mobilität, Energietechnik, Optik & Mikrosystemtechnik, IKT sowie in weiteren technologieorientierten Industrie­segmenten. Impressum Herausgeber: TSB Technologiestiftung Berlin, Fasanenstr. 85, 10623 Berlin Redaktion: Stefanie Geiselhardt, Annette Kleffel, Michael Scherer Layout: Carmen Klaucke Produktion: Verlag Der Tagesspiegel, Askanischer Platz 3, 10963 Berlin Kontakt: 21@tsb-berlin.de, www.tsb-berlin.de Gefördert aus Mitteln des Landes Berlin und der Investitionsbank Berlin, kofinanziert von der Europäischen Union – Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung. Investition in Ihre Zukunft. Zur Person: Prof. Dr. Burkhard Priemer ist Inhaber des Lehrstuhls für Didaktik der Physik an der Humboldt-Universität zu Berlin 8 TSB-Magazin | Ausgabe 03 | August 2013
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.