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Full text: 21 (Rights reserved) Ausgabe 2013,2 (Rights reserved)

21 Das Magazin der TSB Technologiestiftung Berlin Ausgabe 02 | Juni 2013 Diagnostik im Labor: Das EDCA-Netzwerk verbindet europäische Spitzenstandorte Innovation Policy: Die TSB-Veranstaltung regte Botschafter zum Austausch an Kraftwerkstechnik: Eine europaweite Kommunikationsplattform geht ans Netz Bühne frei: Beim Science on StageFestival präsentierten Lehrer ihre besten Ideen Forscher vernetzen: ResearchGate-Gründer Ijad Madisch spricht über virtuelle Räume Seite 3 Seite 4 Seite 6 Seite 7 Seite 8 Auf internationalem Parkett Die TSB pflegt Kontakte weit über Berlins Stadtgrenzen hinaus schaftsprojekte in Deutschland. Deshalb vermittelte die TSB bereits im Vorfeld Kontakte zur Betreiberin des Parks, der WISTA-Management GmbH, mit der nun die weitere Zusammenarbeit läuft. Der Abend ist ein Beispiel für den Austausch, den die TSB mit internationalen Gesprächspartnern pflegt. Das Ziel ist, etwas gemeinsam auf die Beine zu stellen. Schließlich entwickeln sich Wissenschaft, Wirtschaft und Technologie mittlerweile über Ländergrenzen hinweg. Foto: Viviane Wild Im April war TSB-Vorstand Nicolas Zimmer zu einem Empfang in die Schweizer Botschaft eingeladen. Er sprach mit einer Delegation aus dem Kanton Genf. Mit dem CERN haben die Genfer selbst einen herausragenden Wissenschaftsstandort auf ihrem Gebiet, kennen die Potenziale von Wissenschaft und Technologie genau und wollen hier zukünftig noch mehr tun. Großes Interesse zeigten die Westschweizer am Technologiepark Adlershof, einem der erfolgreichsten Wissen­ Editorial Berlin und die Welt B erlin ist international. Das ist nicht nur kulturell bereichernd, es ist auch für die Wirtschaftsentwicklung von größter Bedeutung. Wer in der globalisierten Ökonomie erfolgreich sein will, muss als Standort weltoffen und anziehend sein, muss als Unternehmer, aber auch als Wissenschaftler, international vielfach vernetzt sein, muss in supranationalen Strukturen aktiv sein. Die Region Berlin-Brandenburg kann mit Fug und Recht behaupten, dass sie auf internationaler Bühne mittlerweile eine sehr gute Figur abgibt. Die TSB hat insbesondere in den Bereichen Strategische Innovationsförderung, Internationale Kooperationsanbahnung und EU-Förderung wichtige Beiträge dazu geleistet. Als Region gilt Berlin-Brandenburg mit seiner länderübergreifenden Innovationsstrategie im Kontext der europäischen Wirtschaftsentwicklung als vorbildlich. Wenn im Jahr 2014 »Horizon 2020«, das neue europäische Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, startet, das alle forschungs- und innovationsrelevanten Förderprogramme der Europäischen Kommission zusammenführt, wird die Region damit hervorragend positio- niert sein, um als Themensetzer und gefragter Konsortialpartner eine wichtige Rolle zu spielen. Dafür haben wir mit der Entwicklung der gemeinsamen Innovationsstrategie eine solide Basis geschaffen. Auch länderübergreifende Netzwerke, wie die European Diagnostic Clusters Alliance (EDCA) oder die Europäische Innovationsplattform Turbomaschinen- und Kraftwerks- Die Region ist als Themensetzer und gefragter Konsortialpartner ausgezeichnet positioniert Rund 500 Besucher kamen zum TSB-Jahresempfang am 28. Mai ins Deutsche Technikmuseum Berlin 2 technik, über die Sie in dieser Ausgabe von »21« mehr erfahren, sind ausgezeichnete Instrumente für die Intensivierung der inter­ nationalen Zusammenarbeit durch Firmen aus den regionalen Clustern. Zur Person: Dr.-Ing. Adolf M. Kopp ist seit 2008 Geschäftsführer der TSB Innovationsagentur Berlin Fotos: berlin-event-foto.de TSB-Magazin | Ausgabe 02 | Juni 2013 Diagnose: International In der European Diagnostic Clusters Alliance addieren sich regionale Kompetenzen. Das Netzwerk ist wirtschaftlich und politisch sichtbar W arum das Rad zweimal erfinden, fragten sich die Protagonisten der Gesundheitswirtschaft in Berlin und im französischen Montpellier. Das gemeinsame Ziel, Schärfung des Standortprofils und internationale Zusammenarbeit statt Parallelentwicklung, ist das Fundament der 2010 gegründeten European Diagnostic Clusters Alliance (EDCA). Der Fokus der Allianz liegt auf der Entwicklung neuer Labormethoden für die Erkennung von Krankheiten. Zehn Regionen mit außergewöhnlicher Kompetenzdichte bilden das Netzwerk. »In-vitroDiagnostik ist ein wichtiges Thema in der Hauptstadtregion«, erklärt Dr. Günter Peine, Leiter für Management und Koordination des Zentrums für Molekulare Diagnostik und Bioanalytik (ZMDB). »Etwa die Hälfte aller hier angesiedelten Biotech-Unternehmen arbeitet in dem Bereich.« Das ZMDB, der deutsche Teil von EDCA, ist Leitprojekt der Innovationsstrategie im hiesigen Cluster Gesundheitswirtschaft. Es wird von der TSB getragen. Das gemeinsame Interesse der zehn EDCA-Regionen ist klar umrissen: Durch ­ schnelle und effektive Kooperation sollen sich die Regionen in ihren Stärken optimal ergänzen und so im internationalen Wettbewerb besser vorankommen. Die Allianz hat aber auch eine europapolitische Dimension: »Wir möchten aus der Zusammenarbeit heraus Inhalte in den Diskurs in Brüssel einbringen. Dadurch können wir die politischen Rahmenbedingungen für die Gesundheitswirtschaft mitgestalten«, erläutert Peine. Mit dem Start von EDCA hat das Team des ZMDB auf der Basis standardisierter Kriterien eine Übersicht der Expertise aller Akteure im Netzwerk erstellt. 450 kleine und mittlere Diagnostikunternehmen sowie rund 200 Forschungseinrichtungen sind erfasst. »Entstanden ist ein detaillierter Katalog, der im Handumdrehen für jede Fragestellung die Bildung eines optimal qualifizierten Konsortiums ermöglicht«, sagt der Koordinator. In diesen Gremien ist es beispielsweise möglich, Reaktionen auf EU-Stellungnahmen zu formulieren und sie gebündelt an die Politik zurückzuspiegeln. EDCA organisiert darüber hinaus jährlich mehr als zehn Themenveranstaltungen für die Teilnehmerregionen und gibt Unternehmen die Möglichkeit, beim Be- Mitgliedsorganisationen der European Diagnostic Clusters Alliance such von Forschungseinrichtungen in direkten Austausch mit den Wissenschaftlern zu treten. »Wir möchten die politischen Rahmenbedingungen mitgestalten« TSB-Magazin | Ausgabe 02 | Juni 2013 Eine strategische Stärke der Allianz liegt in ihrer Selbstorganisation. Abgesehen von einem Mitgliedsbeitrag, den die zehn Part- Grafik: WEBERSUPIRAN ner jährlich entrichten, stammen sämtliche Mittel direkt aus dem Budget der Regionen. Weil dadurch die Antragsphase für Projekte entfällt, können Initiativen schnell und unbürokratisch starten. Zusätzlich wurden seit der Gründung von EDCA rund 25 Millionen Euro an Fördergeldern mobilisiert, um Verbundprojekte innerhalb des Netzwerkes zu finanzieren. Das Konzept von EDCA kommt an. Inzwischen finden Sondierungsgespräche für die Ausdehnung der Kooperationen nach Kanada und in den asiatischen Raum statt. 3 Botschafter für Wissenschaft und Technik Foto: Philipp Görs Die TSB lud internationale Repräsentanten zum Gespräch über Innovationsstrategien und Wirtschaftsentwicklung ins historische Magnus-Haus 4 das Motto Indiens. Botschaftsrat Venkatarama Sharma beeindruckte mit soliden Zahlen. Das Land verfügt über einen ausgereiften wissenschaftlichen Verwaltungsapparat und zahlreiche Förderprogramme. 2013 wurde die Innovationsstrategie neu aufgelegt. Gemeinsam mit Indien schätzt Mexiko den wissenschaftlichen Nachwuchs als seine wichtigste Ressource ein. Héctor Alcántara Palacios, Leiter der Wirtschaftsabteilung in der mexikanischen Botschaft, betonte, dass die Bildungskooperation mit Deutschland von strategischer Bedeutung für sein Land sei. Durch mehrere Reformen habe Mexiko den Weg geebnet, um sein gegenwärtiges Wachstum zu verstetigen. Die Redner beschrieben die nationalen Eigenheiten ihrer Heimatländer auf anschauFoto: Philipp Görs D as Thema beschäftigt alle. Regional wie national geht es darum, ein Klima zu schaffen, das Innovationen fördert und die Wirtschaft voranbringt. Doch welche Voraussetzungen sind notwendig, welche Maßnahmen die besten? Die jährliche Innovation Policy-Veranstaltung der TSB steht im Zeichen des internationalen Austauschs zu diesen Fragen. In diesem Jahr waren die 28 Teilnehmerländer eingeladen, sich und ihre Strategie genauer vorzustellen. »Die Hauptstadtregion möchte an internationalen Beispielen lernen, wie man Potenzial in Arbeitsplätze umwandelt«, führte TSB-Vorstandsvorsitzender Nicolas Zimmer ein. Der Botschafter von Ghana, Paul King Aryene, legte in seiner Rede dar, dass Ghana seit seiner Unabhängigkeit 1957 eine Wissenschaftskultur pflege. Eine verbindliche Wissenschafts- und Technikstrategie sei aber erst kürzlich verabschiedet und die Zuständigkeit in einem Ministerium gebündelt worden. Bis 2020 soll Ghana damit zu einer modernen Wirtschaft werden. Wie Aryene betonte auch der niederländische Repräsentant, Wout van Wijngaarden, dass es nicht ausreicht, Innovation zu fördern. Es müssten zusätzlich strukturelle und bürokratische Hindernisse beseitigt werden, erklärte er. Forschung und Entwicklung haben in den Niederlanden eine lange Tradition und das Land wird international gut bewertet. Ein Pfeiler der holländischen Strategie ist die Forschungsförderung durch steuerliche Vorteile. »Wir brauchen Innovationen, die praktisch und finanzierbar sind«, ist liche Weise. Dennoch kristallisierten sich spätestens in der Diskussion Faktoren heraus, die, unabhängig von lokalen Bedingungen, für eine innovative Wirtschaft notwendig sind. So waren sich alle Teilnehmer einig, dass die enge Zusammenarbeit von Industrie, Forschung und Politik oberste Priorität hat, ebenso die Konzentration auf wenige Schwerpunkte. »Man kann nicht in allem gut sein«, bemerkte der Brite Kenan Poleo. Um auch nach einem Machtwechsel Bestand zu haben, müssten Strategien von einer breiten Mehrheit getragen werden, erklärte die Vertreterin Chiles, Bettina Stengel. Solche stabilen Dokumente sollten auch die Verantwortlichkeit von staatlichen und föderalen Strukturen regeln, forderten die Teilnehmer. Die Veranstaltung fand großen Anklang und Joy Wheeler, Botschafterin von Jamaika, bedankte sich bei der TSB für die Initiative. Maria Seifert, Projektmanagerin für internationale Vernetzung bei der TSB, lud zum weiteren Austausch ein. Und was gaben die internationalen Experten Berlin mit auf den Heimweg? »Deutsche sollten sich trauen, in die eigenen Unternehmen zu investieren, statt auf große ausländische Geldgeber zu warten«, riet Chilenin Stengel. Und Sharma fügte hinzu: »In Indien reparieren wir Dinge, wenn sie kaputt sind. Service ist dort bezahlbar. Innovation bedeutet nicht zwangsläufig, noch einen neuen Roboter zu bauen. Innovation ist, die Probleme des täglichen Lebens zu lösen und nicht aufzugeben.« TSB-Magazin | Ausgabe 02 | Juni 2013 Bewegungen einfangen Die indische Rakete ­PSLV-C11 transportiert Satelliten Foto: ISRO »Nachhaltigkeit einbeziehen« In vielen Filmen begegnen uns heute Wesen, die verdammt echt aussehen, obwohl sie nicht aus Fleisch und Blut sind. Ein großer Teil der Kunst besteht darin, Bewegungsmuster von Schauspielern auf die Leinwandwesen zu übertragen. Spezialist dafür ist Prof. Christian Theobalt vom MaxPlanck-Institut für Informatik in Saarbrücken. Er zeigte in der gemeinsamen Reihe von TSB und Max-Planck-Gesellschaft »Impulse aus der Zukunft« am 27. Mai unter anderem, wie es dank spezieller Algorithmen gelingt, aus Videoaufnahmen ein sogenanntes Bewegungsskelett zu generieren. Dieses lässt sich dann auf virtuelle Charaktere übertragen. Da es auf Spezialanzüge mit Markierungen verzichtet und mit herkömmlichen Videokameras arbeitet, ist das Bewegungsskelett eine weniger aufwändige und gleichzeitig leistungsfähigere Alternative zum gängigen MotionCapture-Verfahren. Anwendungen gibt es nicht nur beim Film, sondern auch bei Video­spielen, der 3D-Video-Erzeugung, bei Sportübertragungen und in der Medizin. Botschaftsrat K. Venkatarama Sharma über die Entwicklung von Wissenschaft und Technologie in Indien Herr Sharma, welche Ziele verfolgt Indien als Wissenschafts- und Technologiestandort? Sharma: Die Regierung hat eine Innovationsstrategie verabschiedet, die Indien unter die besten fünf Nationen für Informations- und Biotechnologie sowie Automobilentwicklung bringen soll. Das sind die Bereiche, in denen wir bereits stark sind. Indien ist ein demografisch junges Land. Wir wollen das nutzen und speziell die Ideen der jungen Inder fördern, um nachhaltiges Wachstum aufzu­bauen. Wie haben sich die heutigen Technologie-Hotspots in Indien entwickelt? Sharma: Hyderabad ist eine Vorbildregion für Biotechnologie und Bangalore für IT. Chennai, Pune und Gurgaon in der Nähe von Delhi entwickeln sich ebenfalls rasch. Diese Metropolen wurden erst durch Industrieansiedlung zu Innovationszentren. Heute setzen sie auf die Zusammenarbeit untereinander, aber auch auf internationale Kooperation. Die Regierung unterstützt den Prozess, indem sie auf Anregung des Nationalen Innovationsrates ein Netzwerk von Institutionen aufbaut. Innovationen für den Durchschnittsinder stehen im Vordergrund der Entwicklung. So ist das Land beispielsweise ein wichtiger Produzent von Generika, die armen Menschen auf der ganzen Welt helfen. Wie bewerten Sie die Berliner Innovations­ strategie? Sharma: In Berlin arbeitet eine beeindruckende Zahl von Weltklasseinstituten und TSB-Magazin | Ausgabe 02 | Juni 2013 Universitäten eng zusammen mit Industrie und Gesellschaft. In Adlershof zum Beispiel. Das haben wir vor Kurzem dem indischen Minister für Human Resource Development gezeigt, als er in Berlin war. Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften leistet ebenfalls herausragende Arbeit, besonders in Bezug auf die soziale Dimension von Innovationen. Was können Indien und Deutschland voneinander lernen? Sharma: Deutschland ist für hohe Qualitätsstandards berühmt. Indien muss sich auf praktische Lösungen konzentrieren. Wir haben 1,2 Milliarden Einwohner und viele davon sind arm. Deshalb ist Nachhaltigkeit von vornherein ein wichtiger Teil des täglichen Lebens der Inder. Unsere Forschung hat den Durchschnittsbürger im Blick. Gelingt es, die bereits 60 Jahre währende deutsch-indische Partnerschaft an diesen Kompetenzen auszurichten, dann werden Innovationen entstehen, die das Leben von Millionen Menschen weltweit verändern könnten. Zur Person: K. Venkatarama Sharma ist Botschaftsrat für Wissenschaft und Technik an der Indischen Botschaft in Berlin. Foto: Indische Botschaft Technologieforum Die moderne Medizin wird immer stärker durch Fortschritte in der Diagnostik geprägt. Je besser man feststellen kann, was im Körper nicht stimmt, desto gezielter kann man behandeln oder vorbeugen. Am 5. und 6 Juni 2013 trafen sich in Potsdam auf Einladung des Zentrums für Molekulare Diagnostik und Bioanalytik (ZMDB) 150 Experten aus 13 Ländern zum »5th Berlin-Brandenburg Technology Forum«. Das Technologieforum bietet jedes Jahr eine hervorragende Plattform, um für die Diagnostik relevante Entwicklungen zu präsentieren und diese im Austausch mit Forschern, Klinikern und Unternehmern weiterzuentwickeln. Schwerpunkte in diesem Jahre waren Massenspektrometrie, Zellsorting, Proteinmicroarrays und aptamerbasierte Biosensorik. Neben dem wissenschaftlichen Programm gab es auch eine Industrieausstellung, Firmenpräsentationen sowie ein Partnering. 5 Endmontage der Siemens Gasturbine SGT5-8000H Foto: Siemens Turbo in Berlin Die TSB initiiert eine europaweite Plattform für Turbomaschinen- und Kraftwerkstechnik – der Austausch setzt Impulse für die Energiewende E s sollte einfach ein netter Gesprächsabend werden, als die Energieexperten der TSB im Oktober 2012 mit ihren niederländischen Kollegen zusammentrafen. Doch in der kleinen Runde entstand eine große Idee für sehr große Maschinen: die »Europäische Innovationsplattform Turbomaschinen- und Kraftwerkstechnik«. Rund 60 Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus EU-Ländern tauschen sich dort mittlerweile über Turbinen, Brennstoffe, Kraftwerksprozesse und innovative Fertigungstechnologien aus. »Das Besondere an dieser Plattform ist, dass sie sich auf den vorwettbewerblichen Bereich konzen­ triert«, erklärt Martin Schipper, Bereichsleiter Energie und Umwelttechnik in der TSB Innovationsagentur. Turbomaschinen sind ein wichtiger Teil jedes Kraftwerkes. Hier wird die Strömungsenergie von Flüssigkeit oder Gas in mechanisch nutzbare Antriebsenergie umgewandelt. Im Zuge der Energiewende kommt besonders den Gasturbinen große Bedeutung zu: Gaskraftwerke sollen die Fluktuation in der Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen kompensieren. Der Forschungsbedarf ist groß. Zunehmend werden neben dem fossilen Erdgas nämlich auch andere Gase als Brennstoffe interessant. »Es gibt einen Vorstoß, überschüssige Windenergie in Form von Wasserstoff zu speichern«, erklärt Valentin Konrad, Handlungsfeldkoordinator für Turbomaschinen und Kraftwerkstechnik bei der TSB. »Wasserstoff braucht aber spezielle Oberflächen, da es Metalle angreift.« Dennoch sind Turbinen im aktuellen Diskurs um Energietechnik noch eher ein Randthema. Um das zu ändern, hob die deutsch-holländische Initiative unter maßgeblicher Beteiligung der TSB die europäische Plattform aus der Taufe. Die Region BerlinBrandenburg ist im Bereich Turbomaschinen hervorragend aufgestellt. Auf der niederländischen Seite ist mit der Dutch Gas Turbine Association ebenfalls ein starker Partner von Anfang an dabei. »Die Holländer haben ihre Energiestrategie auf die fossilen Brennstoffe Gas und Öl ausgerichtet und sind dort extrem weit«, erläutert Schipper. »Deutschland ist Vorreiter in Bezug auf alternative Modelle der Energiegewinnung. Diese Kompetenzen ergänzen sich optimal.« Die Plattform hat vier thematische Schwerpunkte. Zum einen geht es eben genau um die Flexibilisierung von Kraftwerksprozessen im Hinblick auf Brennstoffe. »Ideal wäre eine Turbine, die mit mehreren verschiedenen Gasen betrieben werden kann«, kommentiert Konrad. Ein anderes Thema sind Mini- und Mikro-Gasturbinen. Sie kommen in der dezentralen Energieversorgung zum Einsatz, weil sie 60 Unternehmen und Forschungs­ institute sind dabei 6 flexibel hoch- und heruntergefahren werden können. Technische Ideengeber in diesem Bereich sind Modelle aus der Flugzeugtechnik. Sogar im privaten Heizungskeller ist der Einsatz denkbar. Auch in Bezug auf die Fertigung von Kraftwerksteilen besteht Gesprächsbedarf. Insbesondere neue generative Fertigungsverfahren, wie der 3D-Druck für Metalle, eröffnen weitere Möglichkeiten. Wie belastbar auf diese Weise produzierte Maschinenteile sind, ist aber noch wenig erforscht. Die Technologie soll im internationalen Austausch optimiert werden. Als vierten Schwerpunkt haben sich die Experten das Thema Wartung und Modernisierung gesetzt. »Berlin hat da große Kompetenz durch das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration und das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik«, betont Schipper. Mit seinem Team steht er im Kontakt mit allen wichtigen Institutionen, so auch mit dem Bundeswirtschafts­ ministerium und der Bundesanstalt für Material­prüfung. Zu den Schwerpunktthemen gibt es jährliche Treffen mit Workshops für etwa 20 Teilnehmer. Dort werden die notwendigen Schritte für die künftige Entwicklung ausgearbeitet. Geplant ist unter anderem ein Positionspapier für die Europäische Kommission. Auch die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Akteuren wird gefördert. Das Interesse an der Plattform und den Veranstaltungen ist bereits groß. TSB-Magazin | Ausgabe 02 | Juni 2013 Unterricht für Lehrer Regionalwirtschaftlich bedeutsam W arum fliegt ein Solarballon? Wachsen Pflanzen auch im Rotlicht? Und wie funktioniert eigentlich ein Mikro­controller? 350 Lehrer aus ganz Euro­ pa kamen beim Science on Stage-Festival vom 25. bis 28. April in Słubice und Frankfurt (Oder) zusammen, um sich über solche Fragen auszutauschen. Jeder von ihnen hatte sich vorher mit seiner besten Unterrichtsidee auf dem Auswahlevent seines Landes durchgesetzt. Wer in Słubice dabei sein durfte, gehört zu den engagiertesten Lehrern für Naturwissenschaft und Technik in Europa. Auf dem Festival präsentierten die Lehrer ihre Experimente an Ständen, in Workshops und als Bühnenshows. Rasch entstanden Fachgespräche an jeder Ecke. »Der Enthusiasmus war riesig!«, sagt David Spitzl von Science on Stage Deutschland e.V. Das Motto »Crossing Borders in Science Teaching« wird bei Science on Stage gleich mehrfach interpretiert. Spitzl erklärt: »Im Mittelpunkt steht der Austausch zwischen den Lehrern, die in verschiedenen Ländern vor dem gleichen Problem stehen: Biologie, mit Lichtschranken Gitarre spielen kann? Und wenn Querschnitte von Blättern zur Inspiration für Kunstprojekte werden, ist selbst die Trennung der Disziplinen längst nicht mehr so klar. Die TSB ist seit sechs Jahren mit dabei. »Wir haben das nationale Auswahlevent gefördert und uns dafür eingesetzt, dass Berliner Lehrer bereits dort dabei sein konnten, um sich Anregungen zu holen«, sagt Annette Kleffel, Leiterin des Geschäftsbereichs Technologiekommunikation der TSB. Die besten acht Projekte des internationalen Festivals haben Science on Stage und die TSB als Fortbildungen nach Berlin geholt. Besonders schön findet Kleffel, dass die Projekte praxisnah aufbereitet sind und die Teilnehmer die Versuchsanleitungen mitnehmen können, sodass die Umsetzung im eigenen Unterricht gelingt. Unterstützern wie der TSB oder auch Think ING., der Ingenieurnachwuchs-Initiative des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, ist es zu verdanken, dass der Geist von Science on Stage über die zwei Jahre bis zum nächsten Festival erhalten bleibt. Der Verein leiste zum Beispiel Reisekostenbeihilfe, sagt Spitzl. Etwa für Lehrkräfte, die den Austausch nach dem Festival fortführen, um Unterrichtsmaterial und Fortbildungen zu erarbeiten. Auf EU-Ebene wird die Bewegung von Science on Stage Europe getragen. Wie der deutsche hat auch der europäische Verein seinen Sitz in Berlin. Das Festival 2015 findet in London statt. Interessante Experimente holt die TSB nach Berlin Mehr Informationen und Anleitungen zum Download unter www.science-on-stage.de Physik und Chemie begreifbar zu machen.« Dass dabei auch methodisch Grenzen überschritten werden, ist beinahe zwangsläufig. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass man Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in Berlin. Tätigkeitsprofil und regionalwirtschaftliche Bedeutung. Herausgegeben von der TSB Technologiestiftung Berlin in der Reihe »Daten und Fakten«. Die Studie steht im Internet als Download zur Verfügung: www.tsb-berlin.de/ AF-Studie Wirtschaft. So haben alleine die Sachausgaben der Forschungseinrichtungen und die Konsumausgaben der Beschäftigten 2010 für 9.400 Menschen Arbeit geschaffen und ein Produktionsvolumen von rund 1 Milliarde Euro ermöglicht. Foto: berlin-event-foto.de 210 bunte Mitmachexperimente aus 25 Ländern beim Science on Stage-Festival Mit 18.000 Beschäftigten und jährlichen Budgets von insgesamt rund 1,8 Milliarden Euro sind die rund 70 außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Berlin ein Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktor für die Stadt. Mit ihren Ausgaben schaffen sie darüber hinaus Produktion, Wertschöpfung und Beschäftigung in der Berliner Senatorin Sandra Scheeres im Schülerlabor Besuch im Schülerlabor Bunt ist besser: Lehrer zeigen sich gegenseitig, wie man Naturwissenschaft greifbar macht TSB-Magazin | Ausgabe 02 | Juni 2013 Foto: Science on Stage Gemeinsam mit dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie des Berliner Abgeordnetenhauses besuchten die Senatorin für Bildung, Jugend und Wissenschaft, Sandra Scheeres, der Staatssekretär Mark Rackles sowie der Vorstandsvorsitzende der TSB Technologiestiftung Berlin, Nicolas Zimmer, die Schülerlabore NatLab und PhyLab an der Freien Universität Berlin. Anschließend fand vor Ort eine Expertenanhörung statt. Die TSB hatte den Besuch initiiert, um über außerschulische Lernorte wie die Schülerlabore zu informieren und ihre Bedeutung für die naturwissenschaftlich-technische Bildung zu diskutieren. 7 Die Welt in 20 Jahren Wissenschaftler Ijad Madisch über die Vernetzung von Forschern und virtuelle Räume Herr Madisch, Sie haben die weltweit bedeutendste Online-Plattform für Wissenschaftler ins Leben gerufen. Wohin entwickelt sich die internationale Zusammenarbeit von Forschern? Madisch: Forscher vernetzen sich zum Glück immer mehr online, über Landesgrenzen hinweg und interdisziplinär. Rund ein Drittel aller Wissenschaftler weltweit dürften miteinander allein über unser Netzwerk in Kontakt stehen. Das war auch Sir Tim Berners-Lees ursprünglicher Gedanke, als er das World Wide Web ins Leben rief. Ich denke, dass in absehbarer Zeit alle Forscher, die die Möglichkeit dazu haben, sich online präsentieren und vernetzen werden. Welche Bedeutung haben virtuelle Räume für den wissen­ schaftlichen Austausch in Zukunft? Madisch: Virtuelle Räume sind für die Forschung extrem wichtig. Hier können nationale, disziplinäre und demografische Grenzen einfach übersprungen werden. Dazu kommt, dass zunehmend wissenschaftliche Forschungsergebnisse online für jeden zugänglich publiziert werden. So können diese Daten intelligent genutzt, kombiniert und durchsucht werden. Zusammenhänge, die vorher nicht ersichtlich waren, werden in Zukunft viel einfacher erkennbar und so den wissenschaftlichen – und damit auch den gesamtgesellschaftlichen – Fortschritt vorantreiben. Welche Rolle spielt Berlin für ResearchGate? Madisch: Um ein globales Netzwerk zu bauen, braucht man ein internationales Team. Darum haben wir Berlin als Hauptsitz gewählt. Hierher zieht es junge, gut ausgebildete Menschen aus der ganzen Welt. Sie bringen ihre eigene Perspektive mit – und davon profitieren wir. Welche Erfahrungen haben Sie persönlich mit dem interkulturellen Zusammenleben in Berlin gemacht? Madisch: Bis vor einigen Jahren habe ich in den USA gelebt und geforscht. Als wir dann mit ResearchGate in Berlin durchgestartet sind, war ich sehr glücklich über die Entscheidung den Firmensitz hier anzusiedeln. Als gebürtiger Hannoveraner mit syrischen Wurzeln habe ich mich hier schnell heimisch gefühlt und genieße die internationale Atmosphäre der Stadt. Ferienzeit ist Lesezeit! Gentechnik zum Selbermachen Drei Wissenschaftsjournalisten begeben sich auf eine zweijährige Reise in der Biohacking Szene, um herauszufinden, was in den Keller- und Küchenlabors der Do it yourself-Gentechnikbewegung so alles getrieben wird, wie die Hobbywissenschaftler ticken und was sie zustande bringen. Erst schauen, lernen, interviewen sie, dann machen Sie sich selbst ans Werk. Lehrreich und unterhaltsam. Sascha Karberg, Hanno Charisius, Richard Friebe: Biohacking: Gentechnik aus der Garage. Carl Hanser Verlag 2013 13° 24´ 29˝ E Lange Zeit stellte die genaue Bestimmung des Längengrads für die Seefahrt ein großes Problem dar. Wie der schottische Uhrmacher William Harrison das Problem löste und hierfür dennoch nicht die Anerkennung fand, die er verdient hätte, erzählt das längst zum Klassiker avancierte Buch »Längengrad«. Besonders schön ist die illustrierte Ausgabe mit Bildern der ersten Chronometer. Dava Sobel: Längengrad. Illustrierte Ausgabe, Berlin Verlag 2010 Die TSB Technologiestiftung Berlin steht für Innovation und Technologie­ entwicklung in der Hauptstadtregion. Sie fördert die Wissenschaft und unter­stützt die Wirtschaft. Schwerpunkte der Arbeit der Stiftung sind Stra­ tegieentwicklung, Bildung und Wissenschaftskommunikation. Kernaufga­ ben der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH sind Clustermanagement, Vernetzung und Technologietransfer auf den Feldern Life Science & Gesund­ heit, Verkehr & Mobilität, Energietechnik, Optik & Mikrosystemtechnik, IKT sowie in weiteren technologieorientierten Industrie­segmenten. Impressum Herausgeber: TSB Technologiestiftung Berlin, Fasanenstr. 85, 10623 Berlin Redaktion: Stefanie Geiselhardt, Frauke Nippel, Thilo Spahl Layout: Carmen Klaucke Produktion: Verlag Der Tagesspiegel, Askanischer Platz 3, 10963 Berlin Kontakt: 21@tsb-berlin.de, www.tsb-berlin.de Gefördert aus Mitteln des Landes Berlin und der Investitionsbank Berlin, kofinanziert von der Europäischen Union – Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung. Investition in Ihre Zukunft. Zur Person: Ijad Madisch ist Gründer und Geschäftsführer von ResearchGate, einem professionellen Netzwerk für Wissenschaftler, das im Mai eine Finanzierung in Höhe von 35 Mio. Dollar, u.a. von Bill Gates, erhalten hat. 8 TSB-Magazin | Ausgabe 02 | Juni 2013
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