ÖPNV-REPORT
DEUTSCHLAND
2016 / 2017
Eine Publikation von
WISSEN,
MEHR
BESSER ENTSCHEIDEN
Fachmedien für die
gesamte ÖPNV-Branche
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www.busundbahn.de
EDITORIAL
Konkurrenzanträge,
E-Bus, Digitalisierung
Themen 2016 – und 2017?
Liebe Leserinnen und Leser,
das Jahr 2016 wird als das Jahr in die Geschichte des ÖPNV eingehen, in dem der Wettbewerb im Busverkehr eine neue Dimension erreicht hat: Gleich mehrfach wurden eigenwirtschaftliche
Genehmigungsanträge gestellt, nachdem Direktvergaben an
kommunale Verkehrsunternehmen angekündigt worden waren.
Entsprechend war das Jahr geprägt von anhaltenden Diskussionen um die Gestaltung des Rechtsrahmens, seine Auslegung
durch die Gerichte und das Handeln der Akteure am Markt.
Die Entwicklungen in der Verkehrspolitik, beim ÖPNV-Recht und
im Wettbewerbsmarkt beleuchten wir in diesem ÖPNV-Report
2016/2017 von mehreren Seiten. Neben einer Einordnung der
Entwicklungen in den letzten zwölf Monaten präsentieren wir
eine Analyse der Ergebnisse von Ausschreibungen im Busverkehr. Und die Branchenverbände wagen einen Ausblick auf das
Jahr 2017 – so viel scheint sicher: Die Diskussion um den richtigen Weg zwischen öfentlicher Daseinsvorsorge und gewerberechtlicher Freiheit wird uns auch im neuen Jahr begleiten.
Auch bei technologischen Entwicklungen markiert das Jahr
2016 einen Meilenstein, wie unsere Beiträge und Übersichten zu Bussen und Schienenfahrzeugen zeigen. So ist zum
Beispiel bei Elektrobussen der Übergang von einzelnen Versuchsinstallationen hin zur Vorbereitung lächendeckender
Flottenbetriebe festzustellen. Mit dem Demonstrator „Future
Bus“ gab es zudem einen ersten Ausblick auf die Anwendung
autonomer Fahrzeugsteuerungen im Busverkehr. Für die
Schiene wurde unterdessen der erste Brennstofzellen-betriebene Dieseltriebwagen auf der Leitmesse Innotrans präsentiert, die 2016 zum elften Mal stattfand und erneut Rekorde bei Aussteller- und Besucherzahlen vermeldete.
Der globale Trend der Digitalisierung hat derweil auch den ÖPNV
voll erfasst. Neue Formen der Kommunikation mit den Fahrgästen einerseits, betriebliche Vorteile wie eine vorausschauende
Instandhaltung andererseits bieten neue Möglichkeiten für die
Betreiber. Demgegenüber steht eine weiter zunehmende Erwartungshaltung der Kunden, digitale Services auch im ÖPNV
nutzen zu können, und mit ganz neuen Geschäftsmodellen von
Mobilitätsplattformen bis hin zu autonomen Autos könnte mittelfristig gar das ÖPNV-System als solches vor disruptiven Veränderungen stehen. Für die Branche ist es da umso wichtiger, mit
gut ausgebildeten Mitarbeitern in die Zukunft gehen zu können.
Mit unserer Chronik 2016 können Sie das zurückliegende Jahr
noch einmal im Überblick Revue passieren lassen. Insgesamt
lässt sich dabei feststellen, dass die ÖPNV-Branche wie kaum je
zuvor vor inanziellen, technologischen und gesellschaftlichen
Herausforderungen steht. Gleichzeitig haben sich Betreiber und
Industrie leistungsfähig aufgestellt, um die anstehenden Aufgaben erfolgreich bestreiten zu können. Dabei geht es um nicht
weniger, als die Mobilität der Zukunft zu gestalten, die Funktionsfähigkeit von Städten und ländlichen Räumen sicherzustellen und damit positiv zu den Klimaschutzzielen beizutragen.
Diese Situation ist für uns Anlass, erstmals einen ÖPNV-Report aufzulegen. Neben dem Rückblick auf das Jahr 2016 gibt
das Heft auch einen Ausblick auf 2017: Die treibenden Themen werden uns gewiss auch in den nächsten Monaten erhalten bleiben. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen
und würde mich freuen, wenn Sie für Ihre tägliche Arbeit rund
um den ÖPNV einen Nutzen daraus ziehen können.
Ihr
Manuel Bosch
stv. Verlagsleiter
ÖPNV-REPORT 2016/2017
3
INHALTSVERZEICHNIS
03
Konkurrenzanträge, E-Bus, Digitalisierung
Themen 2016 – und 2017?
40
Smarte Mobilitätskonzepte für den
ÖPNV mit Patris®
05
Jahr der Entscheidungen
41
ePower-Charging
08
Die Digitalisierung und der Öffentliche
Verkehr
42
Masterplan Verkehr
12
43
Es geht ums Ganze
Aufatmen im SPNV, Weiterzittern im ÖPNV
14
Busse und Bahnen – schadstoffarm und
klimaschonend
44
Vom Kleinbus bis zum Großraumbus –
Fahrzeuge für alle Einsatzzwecke
19
48
2016 – Jahr der E-Busse
Die neue Normalität im Linienbusverkehr
23
Schick, praktisch und sparsam
Karriere machen in ÖPNV-Unternehmen
49
28
53
Neu auf den Schienen
Der Nahverkehr 2016: Ein Rückblick
56
Busbeschaffungen 2016
39
Macht über die Dinge:
COS schafft Transparenz
Fotohinweise Titel:
Jürgen Burmeister; DB AG/Bartlomiej Banaszak
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Verlag
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Redaktion
Dr. Lothar Kuttig (verantw.), Düsseldorf
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Markus Bülles (Redakteur), Düsseldorf
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ÖPNV-REPORT 2016/2017
Mechthild Seiler (Red. Ass.)
Maren Raillon-Fiest (Red. Sekr.)
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Heftpreis
EUR 29,50 inkl. MwSt
Layout
Hannah Benkel, Vivien Kruggel
Pre-Press-Services GmbH, Düsseldorf
Druck
L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG, Geldern
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elektronischem Wege, auch auszugsweise, sind verboten und
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ISBN 978-3-87154-582-5
Eine Publikation der
DVV Media Group
Wolfgang Klee/DB AG
RÜCKBLICK
Abb. 1: Mit der Erhöhung der Regionalisierungsmittel können auch in Zukunft SPNV-Leistungen in gewohntem oder sogar noch größerem Umfang bestellt werden. Dies gilt auch für die ostdeutschen Länder wie Sachsen. Das Foto zeigt eine S-Bahn im Bahnhof Leipzig MDR im Zulauf
zum City-Tunnel in der Messestadt.
Jahr der Entscheidungen
Das Jahr 2016 im Spiegel des ÖPNV: ein Überblick
Markus Bülles, M.A., Dr. Lothar Kuttig; Düsseldorf
D
as Jahr 2016 weist weder spektakuläre technische Innovationen
auf, noch eine große Zahl von
Streckeneröffnungen im Bereich
von Straßen-, U- und Eisenbahnen. Doch
gab es vor allem auf dem politischen Parkett eine Reihe von richtungsweisenden
Entscheidungen für die ÖPNV-Branche. So
verständigten sich im Juni Bundesregierung und Ministerpräsidenten nach langem
Tauziehen auf die Höhe und die Verteilung
der Regionalisierungsmittel bis 2031. Die
Neuregelung traf bei den Branchenverbänden auf breite Zustimmung. Vereinbart wurde eine weitere Erhöhung der Mittel von den
zunächst vereinbarten 8 auf 8,2 Mrd Euro
pro Jahr. Diese werden mit jährlich 1,8 Prozent dynamisiert. Von diesem Gesamtbetrag
werden 200 Mio Euro pro Jahr direkt an die
östlichen Bundesländer (und das Saarland)
verteilt, die restlichen Gelder nach dem unter den Ländern vereinbarten „Kieler Schlüssel“. Dies soll gewährleisten, dass kein Land
weniger Mittel als bisher erhält.
Dabei sind die Länder und mit ihnen die
Aufgabenträger des SPNV noch einmal mit
dem sprichwörtlichen „blauen Auge“ davon
gekommen. Denn die ursprüngliche Einigung der Länder mit der Bundesregierung
vom 24. September 2015 sah„nur“ eine Anhebung auf 8,0 Mrd Euro bei einer Steigerungsrate von 1,8 Prozent p.a. vor. Damit
wäre aber eine wichtige Voraussetzung des
Kieler Schlüssels, auf den sich die Länder
bereits im Oktober 2014 geeinigt hatten,
hinfällig geworden, dass nämlich kein Land
durch die Änderung der horizontalen Verteilung zugunsten vor allem der westdeutschen Länder weniger bekommt als zuvor.
Auch deswegen hatten die Länder 8,5 Mrd
Euro bei 2,0 Prozent Steigerung gefordert.
Mit dem „Nachschlag“ von 200 Mio Euro
speziell für die ostdeutschen Länder (sowie
das Saarland) werden sie nun zumindest
nominell nicht weniger Regionalisierungsmittel erhalten als zuvor und die Einigung
der Länder bleibt erhalten. Ofenbar wollte
die Bundesregierung dieses Thema noch
vor der Bundestagswahl vom Tisch haben.
Die kräftige Anhebung der Regionalisierungsmittel ist zumal im Verbund mit der
Trassenpreisbremse und der Festlegung
bis 2031 für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) durchaus positiv: Ein wichtiges Signal für künftige Planungssicherheit,
wie Jürgen Fenske, Präsident des Verbands
Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV)
ÖPNV-REPORT 2016/2017
5
RÜCKBLICK
Achim Uhlenhut
kundenunfreundlichen aber kostensparenden baubedingten Komplettsperrungen
von Strecken weiter zunehmen. Nicht nur
die Aufgabeträger werden die künftige Entwicklung mit Spannung verfolgen.
Abb. 2: Der moderne Busbahnhof von Hildesheim kann auch in Zukunft von Bussen des Stadtverkehrs Hildesheim angefahren werden.
hervorhob. Mit der weiteren Anhebung
und „der Vorwegentnahme zugunsten der
Ostländer können alle Beteiligten auch
langfristig ihren Auftrag erfüllen“, kommentiert Thomas Geyer, Präsident der
Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs
(BAG-SPNV), die Einigung. Stephan Krenz,
Präsident des Interessenverbands Mofair,
bewertet die Einigung als „gutes Paket“
sowohl für die Fahrgäste als auch für Aufgabenträger und Eisenbahnverkehrsunternehmen.
Die positive Stimmung nach diesem Entscheid wurde im Oktober merklich getrübt.
Seitdem steht fest, dass es die Entlechtungsmittel nach 2019 in ihrer derzeitigen
Form nicht mehr geben wird. Darauf einigten sich Bund und Länder im Rahmen der
Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen. Die
jährlich vom Bund an die Länder gezahlten
rund 1,3 Mrd Euro werden ab 2020 nicht
mehr konkret für die Verbesserung der
kommunalen Verkehrsinfrastruktur gezahlt,
sondern im Rahmen von allgemeinen Zahlungen aus dem Umsatzsteueraufkommen.
Der VDV und das Deutsche Verkehrsforum
(DVF) forderten die Bundesländer auf, die
Gelder weiterhin für verkehrliche Investitionen in den Kommunen zu verwenden.
Beide Verbände kritisierten, dass mit den
Entlechtungsmitteln ausgerechnet ein
Instrument abgeschaft werden soll, das
den Kommunen durch zweckgebundene
Zuweisungen unmittelbar bei der Bewältigung ihrer kommunalen Aufgaben helfe. In
Zeiten, in denen die Steuereinnahmen auf
6
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Bundes- und Länderebene steigen, bei den
Kommunen davon aber zu wenig ankomme, sei das genau der falsche Weg. Nun
ist jedenfalls eingetreten, wovor Experten
der Branche seit Jahren gewanrt haben. Der
ÖPNV tritt mit seinen Wünschen in direkte
Konkurrenz zum Ausbau von Kindergärten,
der Sanierung von Schulen und dem Erhalt
von Kultureinrichtungen.
Ebenfalls von Bedeutung für die Akteure im Nahverkehr ist die Verabschiedung
des Eisenbahnregulierungsgesetzes. Aus
Sicht der BAG-SPNV ist damit die Finanzierung des Nahverkehrs auf der Schiene
bis 2031 „auf hohem Niveau gesichert“.
Es sei nun geregelt, dass die Entgelte für
die Nutzung von Trassen und Stationen
nur noch in dem gleichen Umfang steigen
dürfen wie die zur SPNV-Finanzierung an
die Länder ausgezahlten Regionalisierungsmittel. Kritiker wenden jedoch ein,
dass Vorsicht geboten sei, da die Deckelung nur für den SPNV gilt und sich nicht
an den tatsächlichen Preissteigerungen
für den Unterhalt des Streckennetzes orientiert. Diese lagen in der Vergangenheit
im Schnitt bei 2,5 Prozent im Jahr. Es sei
fraglich, was passiert, wenn die Kosten ungeachtet der politischen Vorgaben stärker
steigen. Entweder werde dann der Druck
auf den Fern- und Güterverkehr steigen mit
der Konsequenz, dass nachfrageschwache
IC-Verbindungen eingestellt werden und
die Länder dort mit ihren Regionalisierungsmitteln aushelfen müssten. Oder es
komme zu Kürzungen beim Streckenunterhalt mit der Konsequenz, dass noch mehr
Nebengleise und Weichen entfernt und die
Mit dem am 2. Dezember vom Bundestag beschlossenem Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP 2030) sind 2016 die
Weichen für die Realisierung von Bauvorhaben in den kommenden Jahren gestellt
worden. Der von Verkehrsminister Alexander Dobrindt eingebrachte Plan hat ein Gesamtvolumen von mehr als 270 Mrd Euro
und umfasst rund 1000 Einzelprojekte.
Das Gesamtvolumen teilt sich auf in 112,3
Mrd Euro für die Eisenbahn, 132,8 Mrd
Euro für die Bundesstraßen und 24,5 Mrd
Euro für Bundeswasserstraßen. Damit entfallen knapp die Hälfte (49,3 Prozent) auf
die Straße, 41,6 Prozent auf die Schiene
und 9,1 Prozent auf die Wasserstraße. Die
wichtigsten Projekte fallen in die Kategorie
„vordringlicher Bedarf“. Nur sie haben die
reelle Chance, bis 2030 umgesetzt zu werden. Deutlich mehr Mittel als im Vorgänger-BVWP 2003 entfallen auf den Erhalt der
Infrastruktur: 70 gegenüber 56 Prozent. Als
Stärke des neuen BVWP hob Verkehrsminister Alexander Dobrindt die Stärkung von
Hauptachsen und Knoten hervor. So sollen
allein im Bereich Schiene 800 km Engpässe
beseitigt werden.
Erstmals wurde die Öfentlichkeit direkt beteiligt. Es gingen nach Ministeriumsangaben je rund 20.000 Eingaben
online und per Post ein. Sie führten dazu,
dass zusätzliche Projekte im Umfang von
5,1 Mrd Euro aufgenommen wurden. Davon habe vor allem die Schiene proitiert.
Im Vorfeld hatte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) den Plan als
deutlich zu straßenlastig kritisiert. Das
Netzwerk Europäischer Eisenbahnen
NEE sprach von „nicht einmal kosmetisch
zu nennenden Veränderungen der Investitionssummen zu Gunsten der Schiene“
und die Allianz pro Schiene bemängelte,
dass es „bei den Schienenprojekten überall an Geld und der angemessen hohen
Priorisierung“ fehle. Zusammen mit dem
BVWP beschloss das Kabinett die entsprechenden Ausbaugesetze für Schiene,
Straße und Wasserstraße, die Anfang Dezember vom Bundestag endgültig verabschiedet wurden.
Ein neues von den Akteuren der Branche
so kaum verhergesehenes Phänomen beschäftigte die ÖPNV-Welt das ganze Jahr
hindurch. Die eigenwirtschaftliche Be-
RÜCKBLICK
Im Bereich des Infrastrukturausbaus gab
es nur wenige spektakuläre Eröffnungen.
Die beiden Wesentlichen rahmen das
Jahr gleichsam ein: Zum Jahresbeginn,
am 20. Februar wurde nach fast zehnjähriger Bauzeit die „Wehrhahnlinie“ in Düsseldorf eröffnet. Sie führt vom S-Bahnhof
Wehrhahn durch die Altstadt zur S-Bahnstation Bilk. Vier Linien fahren hier rechnerisch alle 200 Sekunden und bedienen
dabei sechs neue, aufwändig gestaltete
Bahnhöfe. Am Bahnhof Heinrich-Heine-Allee besteht Übergang zu den anderen Stadtbahn-Linien. Im Unterschied
zu diesen fahren auf der Wehrhahnlinie
ausschließlich Niederflurbahnen. Zum
Jahresende geht eine der längsten Straßenbahn-Neubaustrecken in Betrieb:
Die 9,2 km lange Mainzelbahn in Mainz.
Über weitere Streckenneubauten infor-
Zum Autor
Markus Bülles, M. A., ist seit Januar 2010 Redakteur der Nahverkehrs-Nachrichten (NaNa). Zuvor arbeitete er für die Neue Ruhr/Neue
Rhein Zeitung. An der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität hat er
die Fächer Germanistik und Medienwissenschaft studiert.
Zum Autor
Dr. Lothar Kuttig (61) ist Redaktionsleiter Alba Fachmedien ÖPNV
bei der DVV Media Group. Er ist seit vielen Jahren verantwortlicher
Redakteur der Zeitschrift Der Nahverkehr. Nach dem Philosophiestudium in Bochum und Münster war er vier Jahre Wissenschaftlicher
Mitarbeiter an der Universität Münster. Nach einem Volontariat beim
damaligen Alba-Fachverlag begann er dort 1994 seine Tätigkeit als
Redakteur.
miert die „Chronik“ auf den Seiten 28
bis 38.
Schließlich war 2016 auch wieder ein Jahr
großer Messen. Hier steht fraglos an erster Stelle die Innotrans, die Weltleitmesse
der Bahnindustrie, die vom 20. bis 23. September in Berlin stattfand. Sie glänzte auch
dieses Jahr wieder mit neuen Rekordzahlen
von Ausstellern und Besuchern, allerdings
weniger mit grundlegenden technologischen
Innovationen. Deutlich wurde, dass Digitalisierung und Energiewende bestimmend sind
für die Branche, auch wenn man noch nicht
weiß, in welche Richtung es geht, ob es mehr
Chance oder mehr Risiko für bisherige Geschäftsmodelle ist.
Die zweite große und fast gleichzeitig (22.29. September) stattindende Verkehrsmesse
war die IAA Nutzfahrzeuge in Hannover. Hier
ging es zwar zuvorderst um Lkw und Reisebusse, doch stellten alle namhaften Bushersteller auch Linienbusse aus. Deutlich wurde
dabei der Trend zu alternativen Antrieben.
Nicht übersehen werden darf schließlich
eine Messe, die zwar deutlich kleiner als
die vorgenannten Ausstellungen ist, aber
in ihrer Nische sich inzwischen sehr proiliert hat. Die Rede ist von der IT Trans, die
vom 1. bis 3. März in Karlsruhe stattfand,
die sich zu einem festen Termin für alle im
Bereich Fahrgastinformation, Ticketing und
Leittechnik Tätigen entwickelt hat.
Lothar Kuttig
werbung um kommunale Busnetze. Der
Blick richtete sich dabei im Januar zuerst
auf Pforzheim. Dort stellte DB Regio einen Antrag auf Übernahme der Verkehrsleistungen und hatte damit Erfolg: Am
11. Dezember hat sie eigenwirtschaftlich das Stadtbusnetz übernommen. Der
kommunale Verkehrsbetrieb Stadtverkehr Pforzheim wurde abgewickelt und
mehr als 200 Mitarbeiter verloren ihre
Stellen. Die DB-Tochter ging dabei so vor,
dass sie nach der Vorabbekanntmachung
der Stadt Pforzheim einen eigenwirtschaftlichen Antrag auf Übernahme der
Verkehrsleistungen stellte und sich dabei auf den Vorrang der Eigenwirtschaftlichlichkeit im 2013 novellierten Personenbeförderungsgesetz (PBefG) bezog.
Diese Regelung nutzte mit DB Regio
erstmals ein Unternehmen in Deutschland. Dass ein weiterer Versuch nach
diesem Muster in Hildesheim scheiterte,
scheint das Interesse von DB Regio an
der Übernahme von Stadtbusverkehren
keinesfalls geschmälert zu haben. Eine
Konzernsprecherin bezeichnete den
Bereich gegenüber der „Süddeutschen
Zeitung“ als „interessant“. Man werde
Chancen im Einzelfall prüfen und Angebote abgeben, wo sich das rechne. Beim
Deutschen Städtetag lassen Pforzheim
und weitere Versuche auch von anderen
Unternehmen die Alarmglocken schrillen. Das Gremium fordert eine Änderung
des Personenbeförderungsgesetzes zum
Schutz öffentlicher Angebote. Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy
unterstreicht: „Die Kommunen müssten
das Recht zurückerhalten, einen guten
und effizienten Nahverkehr für die Bevölkerung zu organisieren.“
Abb. 3: Zu den größten Infrastrukturprojekten, die in diesem Jahr den Betrieb aufnahmen, zählt
die Wehrhahn-Strecke in Düsseldorf; hier ein Zug in der Station Graf-Adolf-Platz.
ÖPNV-REPORT 2016/2017
7
DIGITALISIERUNG
Die Digitalisierung und
der Öffentliche Verkehr
Konsequenzen einer Technikrevolution
Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Till Ackermann, Köln
D
ie Digitalisierung oder besser
die digitale Revolution erfasst
alle Lebensbereiche. Die digitale Speicherung fast aller Informationen und die zunehmende Möglichkeit, ubiquitär auf diese Informationen
zugreifen zu können, verbunden mit der
Computerisierung vieler Lebensbereiche
und Prozesssteuerungen, ermöglicht neue
Kommunikationsformen, Business Modelle, Arbeits- und Lebensweisen.
Die Digitalisierung hat deshalb auch starken Einluss auf den öfentlichen Verkehr.
Verkehr ist zunächst eine abgeleitete Grö-
ße aus einer Aktivität heraus, die mit Ortsveränderung zu tun hat. Doch bereits hier
greift die Digitalisierung ein, denn wer
muss „von A nach B“, wenn er drei Tage pro
Woche Telearbeit macht, seine Einkäufe
online bestellt oder seine Freizeit im Multiplayermodus vor dem Computer verbringt.
Markt und
strategisches Marketing
Die Digitalisierung sorgt für eine geänderte
Nachfrage auf dem Markt der Mobilitätsdienstleistungen. Sie ändert den Markt und
das strategische Marketing durch
Abb. 1: Beispielhafte Auswirkungen der Digitalisierung auf den öffentlichen Verkehr.
8
ÖPNV-REPORT 2016/2017
– geänderte Nachfrage,
– neue Produkte (neue Modi, neue Verkehrsmittel),
– neue Marktteilnehmer,
– Plattformökonomie,
– neue Business Modelle,
– neue Services,
– zukünftig: autonome Fahrzeuge/ÖVRobo-Taxis.
Freeloating Car- oder Bikesharing, also das
stationslose Car- oder Bikesharing in einem
Bedienungsgebiet, dynamisches Ridesharing, also die routenabhängige Echtzeitvermittlung von Fahrern und Mitfahrern und
DIGITALISIERUNG
nachfragegetriebene Mobility-as-a-Service
(MaaS)-Angebote sind ebenfalls erst durch
die Digitalisierung und die Verfügbarkeit
von Ortsinformationen von Fahrzeugen und
Kunden möglich geworden.
Die Digitalisierung verändert die wichtigsten Einlussfaktoren des unternehmerischen
Handelns. Insbesondere ändern sich der
Mobilitätsmarkt und die darin gelebten Geschäftsmodelle. Waren bisher die vollintegrierten Mobilitätsanbieter die Hauptakteure
am Markt, kommen nun Anbieter der Plattformökonomie in den Markt. Diese besitzen
eine starke digitale Marke und den digitalen
Kundenzugang, aber relativ wenig Anlagevermögen und eine geringe Wertschöpfungstiefe. Sowohl bei den Transport Network Companies wie UBER, DIDI und LYFT, als auch bei
den Ridesharing- oder Fernbusplattformen
fahren Privatpersonen oder selbständige Unternehmer als Auftragnehmer.
Dem Fahrdienst UBER wird ein Unternehmenswert von 60 Mrd Euro zugeschrieben,
dies übertrift den Börsenwert von Firmen
wie BMW (zirka 47 Mrd Euro). Auch wenn
UBER in vielen europäischen Ländern seinen Dienst aufgrund von aus guten Gründen
bestehenden Schutzvorschriften (Daseinsvorsorge, Verbraucherschutz) nicht großlächig auf den Markt bringen konnte, so
werden doch rund 2 Mio UBER-Fahrten täglich geschätzt und erste US-amerikanische
ÖPNV-Anbieter kooperieren mit UBER auf
der letzten Meile oder bei Großveranstaltungen. Der weltweite Umsatz von UBER liegt
mit 6 Mrd Euro in einer Größenordnung
der Hälfte des deutschen ÖPNV-Umsatzes.
Diese Vergleiche zeigen das Potential dieser Veränderungen und machen gleichzeitig
hellhörig, wenn eine solche Firma bereits
seit September 2016 selbstfahrende Taxis
(noch mit Überwachungsfahrer) auf dem
Markt in Pittsburgh testet.
Das vollautonome fahrerlose Fahren stellt
derzeit den Kristallisationspunkt der Digitalisierung dar, an dem sich der Mobilitätsmarkt vollständig ändern könnte. Mögen
auch massive wirtschaftliche Interessen
und Kundengewohnheiten gegen ein Szenario ohne lächendeckenden Besitz von
Privat-Pkw sprechen, so geben Szenario-Rechnungen klar Auskunft, dass die
vollständige Mobilität von Ballungsregionen mit einem Bruchteil der heutigen Pkw
als autonome Robo-Taxis im Carsharing(19 Prozent) oder Ridesharing-Modus (sieben Prozent) abgedeckt werden könnte. Ob
Unternehmen des heutigen öfentlichen
Verkehrs in diesen Szenarien eine aktive
Zum Autor
Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Till Ackermann (49) ist seit April 1998 in teilweise wechselnden Tätigkeiten als Fachbereichsleiter für die Bereiche Bildung, Marketing, Tarif, Vertrieb und Statistik beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen tätig. Aktuell verantwortet er die Bereiche Volkswirtschaft und Business
Development. Er war unter anderem Gründungsgeschäftsführer und Vorstand der VDV-Akademie e.V. und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der VDV-Kernapplikations-Verwaltungsgesellschaft mbH. Als Autor hat
er unter anderem das bei DVV erschienene Lehrbuch „Marketing im ÖPNV“
verfasst.
Rolle spielen, hängt zum einen vom Willen
ihrer oftmals kommunalen Eigentümer ab,
auch zukünftig über das Verkehrsgeschehen in der Kommune mitzuentscheiden,
und zum anderen, ob es den Unternehmen
heute gelingt, die Kunden über ihre Apps
und Plattformen zu binden und sich zu der
lokalen Marke für Mobilität zu entwickeln.
Dazu müssen sich die Verkehrsunternehmen auch zum Teil neu erinden, denn dies
wäre eine langfristige Strategie zu mehr
Carsharing, mehr Rideselling und Ridesharing mit dem – politisch zu lankierenden
– Ziel, private Pkw zu ersetzen.
Darüber hinaus bringt die Digitalisierung
datengetriebene Geschäftsmodelle hervor,
die über die Kenntnis des Verhaltens und
der Vorlieben von Personen und Personengruppen individualisierte Services anbieten
und insbesondere Werbung betreiben. Auch
hier stellt sich die Frage, inwieweit ÖV-Unternehmen diese Daten selbst für sich nutzbar machen, um ihre Services zu verbessern
und sich mit den Fahrgästen zu vernetzen.
Kunden und Kundenwünsche
Der zweite wichtige Bereich, in dem die Digitalisierung für Veränderungen sorgt, sind die
Kunden und ihre Wünsche und Bedürfnisse:
– Wunsch nach Informationen während
des Unterwegsseins,
– Wunsch nach Echtzeit- und Prognose-Informationen,
– Wunsch nach digitaler Kaufbarkeit der
Services,
– Wunsch nach digitalen Unterstützungsfunktionen,
– Wunsch nach digitalem Dialog und Mitgestaltung,
– Wunsch nach verschiedenen Kanälen
(Customer Journey),
– Wunsch nach Problemlösungskompetenz auf Anbieterseite,
– Gamiication und Crowd-Sourcing,
– Transparenz über alternative Angebote,
– Möglichkeit zur Mitwirkung (etwa
Selbstabfertigung, Ticketausdruck…),
– Nutzung von Kundengeräten (byod:
bring-your-own-device).
Durch die hohe Durchdringung und Nutzung
des Internets gilt für das Erreichen bestimmter Nutzergruppen auch, dass die Services
des ÖV online verfügbar sein müssen, um
überhaupt relevant zu sein. David Rogers
nennt in seinem Drehbuch für die digitale
Transformation fünf Aspekte der neuen Kundenverhaltensweisen im digitalen Netzwerk,
auf die die Firmen reagieren müssen:
Access: Sei einfach überall schnell zugänglich.
Engage: Sei eine nutzbringende Quelle.
Customize: Passe Deine Angebote den
Kundenbedürfnissen an.
Connect: Sei ein Teil der Kommunikation Deiner Kunden.
Collaborate: Lade Deine Kunden ein,
Dein Unternehmen aufzubauen [1].
Die zentrale Entwicklung der vergangenen
Jahre war das Smartphone, seine starke Marktdurchdringung und der zunehmend mobile
Zugrif auf das Internet. Das Smartphone ersetzt eine Vielzahl von anderen Geräten oder
bisher wichtigen Dingen (Brieftasche, Uhr,
Kalender, Kontakte) und übernimmt zusätzliche Funktionen. 77 Prozent der Fahrgäste im
ÖPNV nutzen 2016 ein Smartphone und über
die Hälfte (53 Prozent) davon nutzt wiederum
Apps des Öfentlichen Verkehrs [2]. Die mobile Nutzung des Internets von über der Hälfte der Fahrgäste führt automatisch zu einem
starken Wunsch nach konsistenter Echtzeitinformation zu dem was der Fahrgast erlebt, der
zum Beispiel gerade am Bahnsteig auf einen
verspäteten Zug wartet.
Im ÖPNV-Kundenbarometer ist die Information bei Störungen und Verspätungen stets
eine der am schlechtesten bewerteten Eigenschaften. Hier können Webservices Abhilfe
schafen, wenn die dafür notwendigen Informationen und Entscheidungen im Unternehmen verfügbar sind und auch in die Kundenkommunikation eingeplegt werden. Dann
können Reisebegleitfunktionen wie ErinneÖPNV-REPORT 2016/2017
9
DIGITALISIERUNG
Abb. 2: Beispielhafte Auswirkungen der Digitalisierung auf das Kundenerlebnis.
rungen an Termine, Umsteigealarme oder
Verspätungsalternativen angeboten werden.
Die Durchdringung der Gesellschaft mit
„Sozialen Netzwerken“ führt zu der Erwartung, dass relevante Marken auch in diesen Netzwerken aktiv sind. Ein Kundendialog über Facebook hat aber eine andere
Funktion und ein anderes Format als die
bisherige Unternehmenskommunikation.
Die inhaltliche und zeitliche Erwartung der
Kunden ist eher an einem Dialog orientiert
als an allgemeinen Posts oder Bemerkungen von beiden Seiten.
Die digitalen Kunden nutzen dabei verschiedene Endgeräte wie PC, Tablet, Smartphone. Dies erfordert zunächst ein Design der
Webangebote, das an die Möglichkeiten
der Endgeräte angepasst ist (responsive
Design). Darüber hinaus sollten aber Kundenproile und Buchungsschritte für den
Kunden durchgängig verfügbar sein, egal
mit welchem Endgerät er die Angebote
aufruft, und nur vom Nutzer (Kundenlogin)
abhängen. Dies führt zu der Forderung nach
Single sign on oder One-Stop-shopping, die
es den Kunden einfacher machen, verschiedene Services zu nutzen. Gerade im Bereich
der Mobilität stellt dies aufgrund der lokalen Fragmentierung des Marktangebotes
sowie der Vielzahl von Verkehrsmitteln und
Kombinationsmöglichkeiten eine große Erleichterung dar. Die Vereinfachung für den
Kunden unter Heranziehung seiner Präferenzen und Wünsche das Problem der digitalen Komplexität zu lösen, ist eine wichtige
Aufgabe. Denn theoretisch besitzt der Kunde die Transparenz über alle Angebote und
kann deshalb schnell vergleichen. Doch vertrauensvoll die relevante Auswahl zu trefen,
ist ein hochgradig individueller Service.
Die Beziehung zu den Kunden ändert sich
aber auch noch auf eine andere Weise. Die
Kunden können in den Erstellungsprozess
10
ÖPNV-REPORT 2016/2017
mit eingebunden werden. Dies kann in der
Nutzung des kundeneigenen Endgeräts
(byod) zur Speicherung und Anzeige des
Tickets liegen. Solch eine Nutzung führt zu
neuen Schnittstellen und Abhängigkeiten
(App-Stores, Wechsel von Betriebssystemen). Selbst die Nutzung von Kundeninformationen in „Sozialen Netzwerken“ („sitze in
der verspäteten U3 am Rathaus“) oder die
Mitwirkung bei der Sammlung von Informationen zu Points of Interest (POI). Dass der
spielerische Ansatz (Gamiication) hierbei
großen Erfolg haben kann, sieht man an der
als Pokemon-Go verkleideten App zur weltweiten Erfassung von Fußwegeentfernungen.
Betriebliche Prozesse und
operatives Marketing
Die Digitalisierung wirkt in viele betriebliche
Prozesse und in alle Bereiche des operativen
Marketings, teilweise auf revolutionäre Weise
oder unter Bedrohung der Unternehmensfunktion. Die betrofenen Prozesse sind:
– Mobilitätserhebungen,
Verkehrsplanung,
– Produktionsplanung und Auslastungssteuerung,
– Produkt- und Fahrzeuggestaltung,
– Infrastruktur/Werkstatt: Sensorik, predictive Maintenance,
– Tarif: eTarif und Einnahmenaufteilung,
– Vertrieb: Vertriebshoheit und Trennung
von Verkehrsleistung und Vertriebsleistung,
– Vertriebswege: Online-Ticket, Handy-Ticket,
– Information, Kommunikation, Werbung.
Der digital vernetzte Mensch hinterlässt
eine Vielzahl von Datenspuren, die meisten
davon genau zeitlich und räumlich lokalisierbar. Unter Wahrung des Datenschutzes,
anonym oder mit dem Einverständnis der
Kunden können aus diesen Daten – die tech-
nische Genauigkeit, zielgruppenspeziische
Repräsentanz und statistische Validität vorausgesetzt – viele wertvolle Informationen
gewonnen werden, die für die Unternehmen
des öfentlichen Verkehrs heute noch sehr
aufwändig erhoben werden müssen.
Durch Daten von Handy-Aufenthaltsorten (GPS, Funkzellen, WLAN, Beacons)
und in den Endgeräten verbauten Bewegungssensoren verbunden mit Sekundärdaten wie Echtzeitfahrpläne oder
Carsharing-Nutzungsdaten lassen sich
zunehmend genau Quelle-Ziel-Matrizen, verkehrsmittelscharfe Umlegungen
oder Haltestellen-Umsteigebeziehungen
ermitteln und kurz nach der Erfassung
auch aufbereitet darstellen. Dies ändert
die Prozesse der Verkehrserhebung und
nachfolgend auch der Verkehrs- und Produktplanung. Durch die Auswertung der
Nutzungsdaten in Verbindung mit weiteren Einlussgrößen wie etwa Witterung,
Veranstaltungen und Soziale Netzwerke
lassen sich perspektivisch auch die Nutzungsprognosen verbessern. Gepaart mit
lexiblen Einsatzkonzepten können hier
gleichzeitig Steigerungen der Eizienz
und der Kundenzufriedenheit erreicht
werden. Auch hier wären vollautomatische Betriebskonzepte von Vorteil, da sie
lexibler an Kapazitätsänderungen angepasst werden können. Das Wissen um die
betriebliche Situation in Echtzeit ist auch
dafür eine Voraussetzung.
Der mobile Smartphone-Nutzer hat aber
auch neue Bedürfnisse: gute Netzabdeckung,
kostenfreies breitbandiges WLAN und Steckdosen zum Auladen der Akkus. Die Wartezeit
am Bahnsteig und die Reisezeit im Fahrzeug
sind ideal für die Nutzung von mobilen Endgeräten. Wenn die Verkehrsunternehmen
dann auch noch eine direkte Vernetzung mit
den Kunden erreichen, können sie auch eigene Inhalte vermitteln.
DIGITALISIERUNG
Die Infrastrukturinstandhaltung und die
Wartung werden durch die Digitalisierung
ebenfalls lexibler und datengetriebener.
Durch die genaue Erfassung von Zuständen von Bauteilen in Verbindung mit Einsatzkonditionen lassen sich zukünftig Instandhaltungsmaßnahmen besser planen
und Leistungsreserven besser ausnützen
(predictive Maintenance).
Wesentliche Änderungen bringt die Digitalisierung für die Bereiche Tarif & Vertrieb.
War das Papierticket ja schon auf dem Weg
zum elektronischen Ticket, bevor alle Welt
von der Digitalisierung sprach, werden die
App und Mobilitätsplattform nun zum zentralen Kundenzugang. Wobei die Nutzung
des Smartphones im Vergleich zur Unternehmens-Chipkarte auch noch eigene Digitalisierungsfolgen mit sich bringt, wie die
Abhängigkeit von Endgeräteherstellern und
App-Stores.
Ein Online-Vertrieb löst zunächst die
räumliche Einheit von Verkehrsmittelbetreiber und Vertrieb auf. Darüber hinaus
drohen Liberalisierungstendenzen für
den ÖV-Vertrieb in der EU mit dem tatsächlichen Verlust der Kundenschnittstelle an Drittanbieter. Damit würden die
Daten der Kunden als wesentlicher Teil
von zukünftigen Geschäftsmodellen nicht
mehr in der Hand etwa von kommunalen
Verkehrsunternehmen, sondern multinationalen Plattformanbietern liegen und
die heutige Wertschöpfungskette wäre
verkürzt.
Dies in einem Bereich, in dem es darum
geht, ob der ÖPNV die anderen Dienstleister
integriert oder selber als Carrier integriert
wird. Das heißt aus Sicht eines Verkehrsunternehmens: Bieten wir die tariliche und
vertriebliche Kooperation von ergänzenden
Mobilitätsservices auf unseren Plattformen
an, oder wird der ÖPNV zum Beispiel als Ergänzung eines Navigationssystems angeboten. Der Verlust wäre auch dort schmerzhaft,
wo das Smartphone zu neuen Konzepten
der Anwesenheitserfassung führt und lexible eTarife ermöglicht. Wer die Kunden hat,
kennt die Nutzer mit ihren Nutzungsdaten
und besitzt einen Kanal, sie zu erreichen
und einen individuellen Service zu bieten.
Heute entscheidet sich, wer morgen die
Kunden hat.
Information, Kommunikation
und Werbung
Durch die vermeintliche sofortige Verfügbarkeit des Wissens der Welt auf dem mo-
bilen Endgerät steigen auch für den ÖPNV
die Anforderungen zum Beispiel nach Echtzeit-Auskünften, Störungsmeldungen und
Alternativen. Ebenso steigen die Anforderungen im Bereich multimodales Routing
nach individuellen Präferenzen oder Notwendigkeiten (Barrierefreiheit) und IndoorNavigation.
Heute sind bereits Störungs- und Alarmmeldungen möglich, die im Vorfeld oder während einer Reise (Reisebegleitung) relevante
Informationen individuell dem Kunden vermitteln. Dies kann natürlich noch um weitere Services ergänzt werden, wie beispielsweise bei einer Verspätung für Stammkunden
der Hinweis auf einen kostenlosen Kafee in
einem bestimmten Shop.
Dazu gehört die nahtlose Gestaltung der
Customer Journey über die einzelnen
Touchpoints und die individualisierte
Kundenansprache mit Werkzeugen des
Customer-Relationship-Marketings. Jeder
Kundenkontakt wird damit ein Kontakt zur
Datenerhebung und ein potentieller Kontakt für neue Services und Werbung.
Die ÖPNV-Branche sollte sich rasch und mit
eigener Infrastruktur mit ihren Kunden vernetzen. Die Zeit im Fahrzeug und auf Haltestellen wird zukünftig auch für werbliche
Inhalte genutzt werden. Es stellen sich heute
schon Drittanbieter auf, die die Fahrgäste
untereinander online vernetzen wollen. Die
digitale Infrastruktur sollte aber die Branche
in den eigenen Händen behalten, um den
Zugang zu den Kunden nicht zu verlieren und
auch den Ertrag selbst zu erhalten.
Unternehmenskultur und
Human Relations
Die Digitalisierung hat aber auch Auswirkungen auf die Kultur des Unternehmens.
Gerade kommunale Verkehrsunternehmen
sind hier gefordert, da sie oftmals aus Verwaltungsstrukturen entstanden sind. Die
Digitalisierung ist zunächst ein Prozess, der
zu zahlreichen Innovationen in und um das
Unternehmen herum führt. Wenn das Unternehmen seine Rolle behalten will, muss es
sich in wesentlichen Teilen modernisieren
und selbst hinterfragen. Dies erfordert Mut
zur Innovation und zur Selbst-Disruption.
Dementsprechend wird eine Führungskultur
gebraucht, die durch gemeinsame Visionen
motiviert und als Vorbild wirkt. Hierarchien
und Datensilos sind ein Hindernis für übergreifende, agile Projekte und auch keine
Motivation für die neuen, datenspezialisierten Mitarbeiter. Einige Verkehrsunterneh-
men stützen diesen Prozess mit internen
Start-up-Lösungen in Form von Labs oder
anderen Formen der projektorientierten Zusammenarbeit. Dadurch werden mehr Projektideen schneller unterstützt und bekommen Vertrauen und auch Mittel, um erste
Ergebnisse zu erzielen. Wenn sich der Erfolg
aber nicht einstellt, können die Projekte
auch in einer noch frühen Phase wieder eingestellt werden (Fail-Fast).
Dieses fast planmäßige Scheitern einzelner
Projekte muss aber auch zu einer neuen
Fehlerkultur führen, die daraus zum Beispiel kein Problem für die Karriere ableitet
oder auch durch Transparenz, etwa in den
politischen Raum Verständnis erzeugt, dass
manchmal eine Idee und ein Engagement
nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat.
Die Branche benötigt mehr IT-Kompetenz
und muss damit umgehen, dass Teile des
Gelernten schneller entwertet werden, als
es allen Beteiligten lieb sein kann.
Zwischenfazit
Heute schon ein Fazit zu den Auswirkungen der Digitalisierung zu formulieren wäre
vermessen, da wir uns alle in einem andauernden und sich beschleunigenden Prozess
beinden. Die Frage aber ist, ob die Verkehrsunternehmen diese Geschwindigkeit
mitgehen können und ob sie es schafen,
neue digitale Kompetenzen aufzubauen. Dies
könnte durch Synergien und Spezialisierungen der Branche gemeinsam besser gelingen
als den einzelnen Unternehmen. Branchenlösungen liegen auch deshalb nahe, weil die
neuen Gegenspieler auf dem Markt mindestens nationale, wenn nicht multinationale
Unternehmen sind. Es geht darum, ob der
ÖV integriert oder ob er integriert wird – der
Langsame wird zum Transporteur.
Wenn das Erreichen der Direktvergabe oder
das Gewinnen der nächsten Ausschreibung zu
einer ausschließlichen Fokussierung auf Kosten führen müsste, würde dies den Freiraum
für Innovationen stark eingrenzen. Der Politik,
kommunalen Eigentümern und Aufgabenträgern muss die Bedeutung der Innovation,
lexibler Anpassungen und ausreichender
Ressourcen für die Verkehrsunternehmen klar
sein, wenn sie deren Wertschöpfungskette –
und damit auch ihren eigenen Einluss – erhalten möchten.
Literatur
[1]
David L. Rogers, The Digital transformation Playbook, Columbia Business School Publishing, 2016, Seite 31
[2]
VDV-Umfrage: ÖPNV im Urteil der Bevölkerung, TNS Infratest, 2016
ÖPNV-REPORT 2016/2017
11
Foto: Markus Schmidt-Auerbach
XXX
Abb. 1: Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann sieht alte Konliktlinien wieder aufbrechen.
Aufatmen im SPNV,
Weiterzittern im ÖPNV
Verlängerung der Regionalisierungsmittel, Eisenbahnregulierungsgesetz und
Trassenpreisbremse sind „durch“, aber GVFG und Entlechtungsmittel hängen in der Luft
Markus Schmidt-Auerbach, Frankfurt am Main
W
enn Ende 2019 der heutige
Länderinanzausgleich
endet, laufen wichtige Finanzierungsgesetze für den
Nahverkehr aus. Seit Jahren drängt die
Branche auf Anschlussregelungen und
Planungssicherheit. 2016 hat hier Fortschritte gebracht, aber auch Rückschläge.
Dazu kommt ein neuer Grundsatzstreit, ob
das nivellierte PBefG langfristig trägt.
Am 16. Juni einigte sich – nach Monaten des
Stillstands und jahrelangem Ringen –die
Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten der Länder auf eine abschließende
Fortführung der Regionalisierungsmittel
(RegMittel). Damit wurden die SPNV-Aufgabenträger in die Lage versetzt, ihren Auftrag
langfristig zu erfüllen. Der Bund kam den
Ländern Schritt für Schritt entgegen, in dem
er die RegMittel zunächst um ein Jahr verlän-
12
ÖPNV-REPORT 2016/2017
gerte, dann ihre dauerhafte Anhebung auf 8,0
Mrd Euro in Aussicht stellte.
Diese Summe sollte aber nach einem neuen
Verteilmechanismus, dem „Kieler Schlüssel“, ausgereicht werden. Für die Ostländer
hätte das große Einbußen bedeutet. Interessengruppen wie Verwaltungen stimmten
überein: Massive SPNV-Abbestellungen wären die Folge gewesen. Deswegen packte der
Bund noch einmal 199 Mio Euro speziell für
die Ostländer obenauf, außerdem 1 Mio für
das Saarland. Zusätzlich, und auch das war
Bestellern wie Erstellern wichtig, bewilligte
der Bund eine Dynamisierung der RegMittel
bis 2030 mit 1,8 Prozent jährlich.
Zusätzlich wurde eine Trassenpreisbremse
zugesagt. Diese Aufwendungen waren zuletzt
überproportional gestiegen und fraßen so die
RegMittel-Dynamisierung mehr als auf. Dazu
wurde ein entsprechender Passus ins neue
Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG) eingefügt, der nicht unumstritten war. Denn Mindereinnahmen bei den SPNV-Bestellern darf
DB Netz nun auf den Fern- und Güterverkehr
umlegen.
Dennoch hat der Bundesrat am 7. Juli zugestimmt. Das befürchtete Szenario werde
nicht eintreten, versprachen der Staatskonzern und das Bundesverkehrsministerium (BMVI). Denn höhere RegMittel
erlaubten den SPNV-Bestellern Zusatzbestellungen, was wiederum Mehreinnahmen für DB Netz bedeute.
Angesichts der vielfältigen Wechselbeziehungen zwischen SPNV und ÖPNV ist die
RegMittel-Einigung auch im sonstigen ÖPNV
positiv aufgenommen worden. Die daraus abgeleitete Hofnung, auch bei den originären
ÖPNV UND POLITIK
Für das GVFG-Bundesprogramm gibt es
schon seit dem „Flüchtlingsgipfel“ vom 5.
September 2015 eine Grundsatzeinigung.
Danach hat der Bund den Ländern zugesagt, seine Investitionsförderung neuer,
großer Nahverkehrs-Infrastrukturen „ungekürzt über 2019 hinaus fortzuführen“.
„Ungekürzt weiterführen“, das ist den Verkehrsministern der Länder aber zu wenig.
Auf ihrer Konferenz (VMK) im Frühjahr verlangten sie eine Aufstockung von derzeit 333
Mio auf 500 Mio Euro, außerdem eine Dynamisierung. Zusätzlich setzte sich die VMK dafür ein, dass es noch in dieser Legislatur ein
entsprechendes Gesetz geben müsse.
Getan hat sich seitdem wenig. Es gebe nämlich einen Abstimmungsbedarf innerhalb
der Bundesregierung, ließ das BMVI den
Bundestag wissen. Erst in diesen Tagen hat
das Haus eine neue Initiative gestartet. Sie
sieht ein Fördervolumen von 400 Mio Euro
vor. Nach Presseberichten mauert das Finanzministerium. Man sehe „bislang“ keinen
Anlass, das Programm aufzustocken, heißt
es. Die Verkehrsbranche will aber nicht nur
beim Fördervolumen, sondern auch beim
Programmzuschnitt die Stellschrauben verändern. Außer für Investitionen sollten die
Bundeszuschüsse künftig auch für Erhaltungsmaßnahmen eingesetzt werden.
Ist das GVFG weiterhin unklar, so besteht
seit wenigen Wochen immerhin Gewissheit
über die Zukunft der Entlechtungsmittel.
Allerdings handelt es sich um eine traurige
Gewissheit: Diese Förderung wird deinitiv
nicht über das Jahr 2019 hinaus fortgeführt.
Im Gegenzug billigt der Bund den Ländern
aber einen größeren Umsatzsteueranteil zu.
Eine Zweckbindung für Verkehr oder auch
nur die Einordnung in dieses Ressort ist damit endgültig perdü. Der ÖPNV muss in den
Verteilungskampf mit anderen Politikfeldern,
von Pensionslasten bis Bildung.
Diese Entscheidung deutete sich zuletzt bereits an. Die ursprüngliche Zweckbindung der
Entlechtungsmittel für Verkehrsinvestitionen war bereits durch eine allgemeine Investitionsbindung ersetzt worden. Nur einzelne
Bundesländer verplichteten sich daraufhin,
die Mittel weiterhin dem Kommunalverkehr
Zum Autor
Markus Schmidt-Auerbach (54) ist Gründungs- und Chefredakteur des
„NaNa-Briefes“ (früher „ÖPNV aktuell“). Der Frankfurter Journalist stammt
aus einer Busunternehmerfamilie. In seiner Laufbahn hat er sich schon früh
mit allen Aspekten des Nahverkehrs auseinandergesetzt, von Technik bis
Personalentwicklung. In Begleitung des „Hessischen Wegs“ hat er sich auf
die Themen Marktregime und Wettbewerb spezialisiert.
zuzuleiten. Deswegen wollte sich das BMVI
nicht länger für ein Programm einsetzen „verkämpfen“, dessen Früchte anderen Politikfeldern zugutekommen.
Inzwischen brechen für geklärt gehaltene
ordnungspolitische Fragen neu auf. Mit dem
zu Anfang 2013 novellierten PBefG schien
der Grundsatzstreit zwischen kommunalen
und nicht kommunalen ÖPNV-Akteuren gelöst. In den letzten Monaten aber sind alte
Konliktlinien wieder aufgebrochen, wie BMVI-Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) am
8. November in Berlin auf einem BDO-Forum
konstatiert hat. Das Ministerium muss Anfang 2017 berichten, ob die mit der Novelle
„verfolgten Ziele erfüllt wurden“ (§ 66 PBefG
i.d.F.v. 14. Dezember 2012). „In der Praxis geschieht das Gegenteil des Beschlossenen“,
sagen Mittelstand und die vier bundesweit
im ÖPNV tätigen Konzerne DB, Netinera,
Rhenus Veniro und Transdev.
Ihrer Denkschrift „Kommunalisierungs-Tendenzen im ÖPNV stoppen“ zufolge vergeben
die Aufgabenträger direkt fast nur an eigene
Unternehmen. Gleichzeitig rekommunalisierten sie geöfnete Märkte. Und zusätzlich
schöben Städte und Kreise beziehungsweise Länder eigenwirtschaftliche Ausgleichszahlungen in den Bereich der Gemeinwirt-
schaftlichkeit. Das sei „Closed-Shop-Politik“
und „keinesfalls mehr von der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie … gedeckt“,
heißt es bei den Nicht-Kommunalen. Auf
der anderen Seite sehen die kommunalen
Busunternehmen, wie mehr und mehr eigenwirtschaftliche Gegenanträge ihre Direktvergaben angreifen, so in Gießen, Wetzlar, Leverkusen, Pforzheim, Hildesheim, Gotha und
jetzt auch in Saarlouis.
Aufgrund der Gemeindeordnung können
die Kommunalen Wettbewerbsverluste auswärts aber nicht kompensieren. Ihre Forderung an den VDV, sich für eine Novelle der
PBefG-Novelle einzusetzen, traf dort auf den
Widerstand der VDV-Mitglieder DB, Rhenus
Veniro und Netinera. Die jetzt, nach Monaten des Ringens, gefundene Formel lautet:
Der VDV steht zum Branchenkompromiss
und damit zum Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit, hält aber im PBefG wenige Präzisierungen für erforderlich. Diese sollten in den
verbleibenden Monaten dieser Legislatur
erfolgen. Eine grundsätzliche PBefG-Überarbeitung in der kommenden Wahlperiode will
der VDV vermeiden, damit der Ordnungsrahmen nicht für Uber & Co. aufgeweicht wird.
Der BDO wiederum wendet sich mit Händen
und Füßen dagegen, die VDV-Präzisierungen
vor der Wahl zu beschließen.
Foto: SVE
ÖPNV-Fördergesetzen voranzukommen, hat
sich bis zum Redaktionsschluss aber nicht in
Gesetzen niedergeschlagen. Für den straßengebundenen Nahverkehr ging es dabei vor
allem um zwei Fördertöpfe des Bundes, das
GVFG-Bundesprogramm und die Entlechtungsmittel für den Kommunalverkehr.
Abb. 2: Der Stadtverkehr Esslingen (SVE) hat von Solaris/Vossloh Kiepe bereits Hybrid-Obusse
übernommen. Transdev hält den kommunalen Wunsch nach Oberleitungen jedoch für technisch
überholt und hat ausschließlich schnellladende Batteriebusse angeboten - eigenwirtschaftlich.
ÖPNV-REPORT 2016/2017
13
BATTERIEBUSSE
Busse und Bahnen –
schadstoffarm und
klimaschonend
Verkehrsunternehmen bereiten sich auf die kontinuierliche Beschaffung von Batteriebussen vor
Prof. Dr.-Ing. Adolf Müller-Hellmann, Bergisch Gladbach
D
ie globale Klimaproblematik,
verursacht durch die sogenannten
Treibhausgasemissionen,
insbesondere durch das Gas
Kohlendioxid (CO2), das vor allem bei der
Verbrennung kohlenstoffhaltiger Brennstoffe emittiert wird und die immer problematischere lokale Schadstoffsituation
vor allem hinsichtlich der Stickoxidemissionen in einigen Ballungsräumen, sind
immer häuiger Gegenstand von teilweise
kontroversen Erörterungen von Maßnahmen zu deren Bewältigung.
Die weltweite Umstellung der Energiewandlungssysteme für Wärme und
elektrische Energie auf regenerative
Energieträger ist angesichts der schnell
wachsenden Weltbevölkerung um täglich 230.000 Menschen [1] überfällig. Mit
dem Pariser Klimaabkommen wurde ein
wichtiger erster Schritt in diese Richtung
getan. Das Ziel der Bundesregierung ist
eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um mindestens 40 Prozent bis 2020
und 80 bis 95 Prozent bis 2050 bezogen
auf die 1990 emittierten Gase. Das soll
vor allem durch den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien und eine Steigerung
der Energieeizienz erreicht werden.
Der Straßenverkehr leistete bisher keinen
Beitrag zu dieser beabsichtigten Reduzierung. Die Emissionen sind bezogen auf
das Bezugsjahr 1990 sogar gestiegen, wie
Abbildung 1 verdeutlicht. Dieser Anstieg
wurde insbesondere durch den seit Jahren zu beobachtenden stetigen Anstieg
der durchschnittlichen Motorleistung bei
Pkw-Neuzulassungen verbunden mit der
dadurch bedingten Zunahme des Fahrzeuggesamtgewichts verursacht. Laut
statistischem Bundesamt hatten Neuzulassungen im Jahre 2013 eine durchschnittliche Motorleistung von 137 PS.
Acht Jahre zuvor hatte diese noch bei
knapp 123 PS gelegen [2].
Der Verkehrsbereich ist mit einem Anteil
von über 40 Prozent der größte Verursacher von NOx-Emissionen, insbesondere
durch den ständig zunehmenden Anteil
von Dieselkraftstof zur Befriedigung der
Mobilitätsbedürfnisse von Personen und
Gütern, wie aus Abbildung 2 ersichtlich
ist.
In Deutschland treten in mehreren Städten seit einigen Jahren zum Teil deutlich
überhöhte Werte für Feinstaub und Stickstofdioxid auf. Die EU-Kommission hat
deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren
gegen die Bundesrepublik Deutschland
eingeleitet, um Maßnahmen zur Reduzierung dieser Werte zu erreichen. Sofern
keine überzeugenden diesbezüglichen
Maßnahmen ergrifen werden, muss mit
einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gerechnet werden, die
zu einer Verhängung von signiikanten
Zwangsgeldern führen könnte.
Abb. 1 Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen des Straßenverkehrs 1990-2014 [2].
14
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Verwaltungsgerichtsurteile gegen mehrere Städte erzwingen Überlegungen zu
verkehrsbeschränkenden Maßnahmen bis
hin zur Diskussion der Einführung einer
blauen Plakette, mit der nur Dieselfahrzeuge, die die Euro-6-Norm erfüllen, die
Einfahrt in emissionsmäßig übermäßig
BATTERIEBUSSE
Zum Autor
Prof. Dr.-Ing. Adolf Müller-Hellmann (72) ist Vorstandsmitglied des Forums
für Verkehr und Logistik e. V. und Honorar-Professor am Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA) der RWTH Aachen. Er war zehn
Jahre bis 2008 Hauptgeschäftsführer des VDV.
Quelle: AGEB | Grafik: Müller-Hellmann
belastete Ballungsräume erlaubt sein
soll. Die sehr unterschiedlichen Sichtweisen zur Stickoxidproblematik verdeutlicht
die folgende aktuelle Kommentierung
aus dem politischen Bereich „Wirkungsvoller als Autos mit Verboten zu belegen,
die ein paar Mal im Jahr in die Stadt fahren, ist es, Fahrzeuge, die sich ständig im
Stadtverkehr beinden, wie etwa Taxis,
Busse und Behördenfahrzeuge, auf alternative Antriebe umzustellen“, in der tägliche Pendlerströme von mehr als 200 000
Fahrzeugen in Stuttgart mit Fahrzeugen,
die „ein paar Mal pro Jahr in die Stadt fahren“, bezeichnet werden.
Fahrzeuge des ÖPNV erbringen täglich
in großem Umfang klimaschonende Verkehrsleistungen wegen ihres geringen
Energiebedarfs pro Fahrgast (Abb. 3)
und ihrer hohen Energieeizienz. Fahrleitungsbetriebene Fahrzeuge emittieren
darüber hinaus auch keine Stickoxide.
Die Betriebsweise der ÖPNV-Fahrzeuge
ist durch ständige Anfahr- und Bremsvorgänge charakterisiert. Um die für jeden
Anfahrvorgang benötigte Beschleunigungsenergie beim Bremsvorgang nicht
immer in Wärme wandeln zu müssen
wurde und wird ständig bei fahrdrahtgespeisten Schienenfahrzeugen an der Optimierung der Nutzung des beim Bremsen
rückspeisbaren kinetischen Energieanteils gearbeitet (Abb.4). Dadurch wird die
Energieeizienz der Schienenfahrzeuge,
die permanent seit vielen Jahren verbessert wurde (Abb. 5), weiter optimiert.
Die Bremsenergie kann zum Beispiel
– zur Energieversorgung der Hilfsbetriebe
im bremsenden Fahrzeug,
– zur Auladung von Wärmespeichern,
– zur Beschleunigung anfahrender Fahrzeuge,
– zur Energieversorgung von Weichenheizungen,
– zur Rückspeisung ins Mittelspannungsnetz bei Vorhandensein rückspeisefähiger Unterwerke,
– zur nächsten Anfahrt durch Speicherung
im Fahrzeug und
– zur Speicherung in Unterwerken
genutzt werden.
Zur möglichst vollständigen Nutzung des
rückspeisbaren kinetischen Energieanteils
sind auch Maßnahmen in den Fahrleitungsanlagen wie Längs- und Querkupplungsschalter sowie die Ausnutzung der
in der Regel vorhandenen Anzapfungen an
den Stromrichtertransformatoren in den
Abb. 2: Prozentuale Anteile der Kraftstoffe am Endenergieverbrauch des Straßenverkehrs.
Abb. 3: CO2-Emissionen pro Personenkilometer verschiedener Verkehrsträger [4].
Unterwerken zur Optimierungen der Fahrleitungsnennspannung möglich.
Wegen des deutlich kürzeren Haltestellenabstandes beim Betrieb von Buslinien in Ballungsräumen und den damit
verbundenen häuigeren energieintensiven Anfahrvorgängen sind Maßnahmen zur Nutzung der Bremsenergie bei
ÖPNV-Bussen besonders wünschenswert.
Mit Hybridfahrzeugen konnte die Energieeizienz der Busse durch eine Verringerung des Kraftstofverbrauchs bereits
deutlich gesteigert werden.
Zur Realisierung von Batteriebus-Systemen sind Ladestrategien, Ladeverfahren
sowie Antriebs-, Heizungs-, Lüftungsund Klimatisierungskonzepte zu erörtern
(Abb.6).
Da der Wirkungsgrad eines elektrischen
Antriebs signiikant besser als der eines
Dieselantriebs ist, könnte die Energieefizienz der Batteriebusse gegenüber den
Dieselbussen deutlich gesteigert werden,
wenn zur Bereitstellung der elektrischen
Energie insbesondere regenerative Energieträger Verwendung fänden. Wie aus
ÖPNV-REPORT 2016/2017
15
BATTERIEBUSSE
Abb. 4: Beispiele für Maßnahmen zur Nutzung
des rückspeisbaren kinetischen Energieanteils beim Bremsen von Schienenfahrzeugen.
der Abbildung 7 ersichtlich ist, werden
aus fossilen Energieträgern aber immer
noch mehr als 50 Prozent der elektrischen
Energie erzeugt, davon nahezu die Hälfte
aus der sehr klimagasintensiven Braunkohle.
Immer mehr Unternehmen beteiligen sich
aber an der Errichtung von Energiebereitstellungsanlagen aus kohlenstoffreien Energieträgern. Bis 2025 wollen zum
Beispiel die Stadtwerke München so viel
Ökostrom in eigenen Anlagen produzieren, wie ganz München braucht. Im Mai
2015 erzeugten deren Anlagen bereits so
viel Ökostrom, wie alle Münchner Privathaushalte und die elektrischen Verkehrsmittel der Münchener Verkehrsgesellschaft mbH benötigen.
Abb. 5: Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen des Schienenverkehrs 1990–2014 [2].
sowie unterschiedlichen Batterietypen
liegen vor. Hinsichtlich der Ladestrategien überwiegen die Realisierungen mit
Nachladungen während der Betriebszeit
(Opportunity Charging) und bei den Ladeverfahren die mit Pantographen auf
den Bussen.
von 80 bis 90 Wh/kg und sehr hoher Leistungsdichte zum Einsatz kommen.
Batterien mit Lithium-Titanat-Oxid-Zellen
sind etwa doppelt so schwer und benötigen etwa das doppelte Volumen wie Batterien mit Lithium-Eisenphosphat-Zellen mit optimierter Leistungsdichte. Bei
ihnen ist das Speichervermögen aber
erst nach rund 12.000 Vollzyklen auf
80 Prozent abgesunken, während diese
Grenze der Batterielebensdauer bei den
leistungsmäßig optimierten Lithium-Eisenphosphat-Zellen schon nach etwa
3000 bis 4000 Vollzyklen erreicht wird.
Mehrere Städte starteten bereits mit
dem Betrieb einzelner Buslinien mit
Batteriebussen. Erste Erfahrungen mit
unterschiedlichen Ladestrategien, unterschiedlichen Ladeverfahren (Abb. 8)
Als Speicher werden insbesondere Batterien mit LFP (Lithium-Eisenphosphat)-,
NMC
(Lithium-Nickel-Mangan-Cobalt-Oxid)- und LTO (Lithium-Titanat-Oxid)-Zellen unterschiedlicher Leistungs- und Energiedichte eingesetzt.
In Batteriebus-Systemen mit Ladungen
während der Betriebsruhe (Overnight
Charging) inden Zellen mit sehr hoher
Energiedichte (>160 Wh/kg) Anwendung,
während in Opportunity-Charging-Systemen, je nach Höhe der Ladeleistung,
Zellen mit möglichst hoher Energiedichte (etwa 120 Wh/kg) und optimierter
Leistungsdichte oder bei sehr hohen Ladeleistungen zum Beispiel Lithium-Titanat-Oxid-Zellen mit einer Energiedichte
Abb. 6: Merkmale von Batteriebus-Systemen.
Abb. 7 Struktur der Stromerzeugung in Deutschland 2015.
AEGB
Die Busse mit Nachladungen während der
Betriebszeit erhalten die Ladeenergie über
externe Ladegeräte, deren Ausgangsspannung zur Regelung des Batterie-Ladestroms
vom Batteriemanagementsystem im Bus
mittels eines Telegrams wireless oder konduktiv eingestellt wird. Die Ladegeräte entnehmen die Ladeenergie dem städtischen
3x10kV-Mittelspannungsnetz oder aus Un-
16
ÖPNV-REPORT 2016/2017
BATTERIEBUSSE
terwerken sowie Fahrleitungsanlagen vorhandener Nahverkehrsbahnen.
Die schnellladefähigen Batterien von
Bussen mit Nachladungen während der
Betriebszeit oder während der Fahrt bei
O-Bussen werden sehr häuig geladen. Da
die Anzahl der Vollzyklen, wie vorstehend
erläutert, begrenzt ist, können die Batterien bei dieser Betriebsform – je nach vorgesehener Lebensdauer – nur mit einem reduzierten Ladehub betrieben werden. Die
Abbildung 9 verdeutlicht die Zusammenhänge. Die Abhängigkeit der erreichbaren
Zyklenzahl von der Entladetiefe ist für die
einzelnen Batterietypen verfügbar und in
der Abbildung halblogarithmisch beispielhaft dargestellt.
Wenn man sich für die Ladestrategie
„Ladung nach jedem Umlauf“ für eine
Gelenkbuslinie mit 16 Umläufen pro Tag
entscheidet und die Batterielebensdauer
sechs Jahre betragen soll, ergeben sich
rund 34.000 Ladezyklen. Diese sind nur in
Abb. 8: Ladestrategien und Ladeverfahren von Batteriebus-Systemen.
der gewünschten Betriebszeit der Batterie
erreichbar, wenn die Batterie mit einem
Ladehub von 20 Prozent betrieben wird.
Wenn die Umlaulänge der Linie 8 km beträgt und man für den speziischen Energiebedarf 2,5 kWh/km annimmt, beträgt
der Energiebedarf pro Umlauf 20 kWh.
Demnach muss eine 100 kWh Batterie
verwendet werden. Eine kleinere Batterie
würde nicht und eine größere länger als
sechs Jahre halten.
Zur überschlägigen Beurteilung der erreichbaren Fahrweite von Batteriebussen
sind Graiken einsetzbar, in denen die Zusammenhänge zwischen der Ladeleistung
des Ladegerätes, der Ladezeit, der am
Batterieausgang verfügbaren Energie, des
Energiebedarfs der Busse pro Kilometer
und der erreichbaren Fahrweite unter Berücksichtigung der Wirkungsgrade beim
Laden und Entladen der Batterien dargestellt sind.
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ÖPNV-REPORT 2016/2017
17
BATTERIEBUSSE
Abb. 9: Prinzipielle Darstellung der Auslegung der Fahrzeugbatterie
in Abhängigkeit von der Anzahl der Ladevorgänge.
Die Abbildung 10 verdeutlicht beispielhaft
die Zusammenhänge beim Laden während
der Betriebszeit (Opportunity Charging).
Bei einer Umlaulänge von 12 km und einer
Ladeleistung von 400 kW muss zum Betrieb
von Gelenkbussen mit einem speziischen
Energiebedarf von 2 bis 3 kWh/km eine
Ladezeit zwischen 4 und 6 Minuten eingeplant werden.
Abbildung 11 zeigt die Zusammenhänge
beim Laden während der Betriebsruhe (Overnight Charging). Da das Speichervermögen
der Batterie am Ende der Lebensdauer auf
80 Prozent absinkt, ist eine Batterieausnutzung von maximal 80 Prozent anzunehmen.
Die Abbildung zeigt beispielhaft die Zusammenhänge für einen 12-m-Bus mit einer
320-kWh-Batterie. Zu deren Ladung werden
3,6 h mit einer Ladeleistung von 75 kW, 2,7 h
mit einer Ladeleistung von 100 kW und 1,8 h
mit einer Ladeleistung von 150 kW benötigt.
Die erreichbare Fahrweite mit dem dargestellten speziischen Energiebedarf beträgt
162 km bis 243 km.
Mit der Abbildung 12 werden beispielhaft die Zusammenhänge beim Laden
während der Fahrt von O-Bussen (In Motion Charging) erläutert. Wenn man einen Oberleitungs-Gelenkbus mit einem
speziischen Energiebedarf von 2,5 kWh 8
km im Batteriebetrieb fahren will und der
Bus über ein Ladegerät von 100 kW verfügt, wird in Abhängigkeit von der mittleren Geschwindigkeit, mit der der Bus
den mit einer Obus-Fahrleitungsanlage
versehenen Linienabschnitt befährt, eine
Abb. 11: Graische Ermittlung der erreichbaren Fahrweite für einen
12-m-Bus bei vorgegebener Batteriegröße und der Ladezeit der Batterie für mehrere Ladeleistungen.
18
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Abb. 10: Graische Ermittlung der erforderlichen effektiven Ladezeit für
einen Gelenkbusbetrieb mit vorgegebener Umlaulänge und Ladeleistung bei einer Ladung nach jedem Umlauf.
Länge für diesen Abschnitt von 3,2 km bis
5,4 km benötigt.
Diese Beispiele verdeutlichen das große Engagement, mit denen Verkehrsunternehmen
beginnen, Erfahrungen zu sammeln, um sich
sorgfältig auf die demnächst anstehenden
Entscheidungen zur kontinuierlichen Beschafung von Batteriebussen vorzubereiten.
Literatur
[1]
www.weltbevoelkerung.de
[2]
Berichterstattung unter der Klimarahmenkonvention der Vereinten
Nationen und dem Kyoto-Protokoll 2016; Nationaler Inventarbericht
zum Deutschen Treibhausgasinventar 1990–2014; CLIMATE CHANGE
23/2016; Umweltbundesamt, Mai 2016
[3]
Ausgewählte Efizienzindikatoren zur Energiebilanz Deutschland; Daten für die Jahre von 1990 bis 2014
[4]
Umweltbundesamt TREMOD 5 63 | Stand: 17.06.2016
Abb. 12: Ermittlung der erforderlichen Länge der O-Bus Fahrleitungsanlage zur Batterieladung eines Gelenkbusses für eine vorgegebene
Länge des batteriebetriebenen Linienteils.
LINIENAUSSCHREIBUNGEN
Abb. 1: Eine der Ausschreibungs-Hotspots 2015 war die Region Augsburg. Ähnlich wie der benachbarte MVV gibt auch hier der Aufgabenträger AVV eine einheitliche Lackierung vor.
Die neue Normalität im
Linienbusverkehr
Linienausschreibungen und Wettbewerbsergebnisse 2015/16
Dirk Dannenfeld, Emmendingen
N
och vor wenigen Jahren waren
Ausschreibungen heftig diskutierte und nicht selten ideologisch aufgeladene Ereignisse,
die, auch wenn nur lokal begrenzt wirksam,
bundesweit Beachtung fanden. Spätestens im Zuge der Umsetzung der EU-VO
1370/2007 und mit der Novellierung des
PBefG haben sich die Wogen jedoch geglättet und Ausschreibungen sind heute zum
selbstverständlichen Teil des Geschäftsmodells der Verkehrsunternehmen geworden, wenn diese am Markt erfolgreich sein
wollen. Auch wenn die jüngste Vergangenheit nicht nur in Pforzheim, Esslingen und
Hildesheim, sondern auch in vielen weniger beachteten Regionalverkehren gezeigt
hat, dass das eigenwirtschaftliche, unternehmerisch getriebene Marktmodell nach
wie vor sehr lebendig ist.
Das Netzwerk convia beobachtet und analysiert seit über zehn Jahren die Marktentwicklung im Busverkehr bundesweit und
stellt hier die Trends der letzten beiden
Jahre für den Marktsektor der ausgeschriebenen Verkehre vor.
Ausschreibungsaktivität
Im Jahr 2015 wurden bundesweit insgesamt
142 Ausschreibungsverfahren für Verkehrsleistungen im Busverkehr gestartet, zugeschlagen hiervon wurden 137 Pakete. Das
Ausschreibungsvolumen betrug rund 80,75
Mio Fahrplankilometer/a, der Durchschnitt
somit rund 585.000 Jahres-Fahrplan-Kilometer pro Verfahren. Der Medianwert liegt
bei 443.000 Nkm/a pro Ausschreibungslos.
Sowohl bei der Anzahl der Ausschreibungen
wie auch beim Volumen bedeutet dies eine
deutliche Steigerung gegenüber 2014, wo in
102 Verfahren rund 47,5 Mio Fahrplankilome-
ter auf den Markt kamen. Das Durchschnittsvolumen pro Verfahren bewegte sich dagegen
auch 2015 im langjährigen Mittel. Rund 38
Prozent der Leistung musste die DB verteidigen, 33 Prozent mitteständische Unternehmen und 23 Prozent öfentliche Betriebe, die
verbleibenden sechs Prozent entielen auf die
Verkehrskonzerne Transdev, Transport Capital
(vormals Abellio) und Netinera.
2016 wurden Stand Mitte Oktober 89 Leistungspakete mit rund 42,8 Mio Fahrplankilometern pro Jahr in den Wettbewerb
gegeben. Fast die Hälfte dieser Leistung
wird aktuell vom DB-Konzern erbracht, je
Zum Autor
Dipl.-Betriebswirt Dirk Dannenfeld (40) studierte Verkehrsbetriebswirtschaft an der Hochschule Heilbronn. Von 2001 bis 2008 war er als Referent
für ÖPNV, Statistik und Technik beim Verband Baden-Württembergischer
Omnibusunternehmer (WBO) in Böblingen tätig. Daneben arbeitete er als
Experte an verschiedenen Studien zum ÖPNV-Markt am ANWI-Institut, Emden mit. Seit Ende 2008 ist er selbständiger Berater im ÖPNV unter anderen mit den Schwerpunkten strategische Ausrichtung von mittelständischen
Verkehrsunternehmen, Planung von Regional- und Stadverkehren sowie
operative Umsetzung von ÖPNV-Konzeptionen im Wettbewerbsumfeld und
Kooperation zwischen Unternehmen und Aufgabenträgern.
ÖPNV-REPORT 2016/2017
19
LINIENAUSSCHREIBUNGEN
Abb. 2: Der Zweckverband Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen
schnürt große Ausschreibungspakete, trotzdem konnte sich im Bündel Ammerland-West mit Gerdes ein Mittelständler durchsetzen
rund 20 Prozent von Mittelständlern und
Verkehrskonzernen und zehn Prozent von
öfentlichen Unternehmen.
Regional war wiederum eine sehr unterschiedliche Ausprägung des Wettbewerbs
festzustellen. Während sich in Hessen und
einigen weiteren Ballungsräumen (München, Rhein-Neckar, Bremen) das Vergaberegime inzwischen verstetigt hat, starteten
2015/16 in den Bereichen Augsburg, Stuttgart und im Saarland erstmals großlächige
Ausschreibungen. Bemerkenswert ist insbesondere die Situation in Augsburg: Hier
wurde der Plan, die Leistungen schrittweise in den Wettbewerb zu überführen und
zuvor durch Direktvergaben abzudecken,
durch eine Gerichtsentscheidung gekippt.
Somit kam der größte Teil der Busverkehre im Augsburger Verkehrsverbund im Jahr
2015 auf den Markt, wobei teilweise nur
sehr kurze Vertragslaufzeiten ausgeschrieben wurden. Dieser Einmalefekt hat sich
spürbar auf das Gesamtvolumen der Ausschreibungen 2015 ausgewirkt.
Wenig Ausschreibungsaktivität ist weiterhin in Nordrhein-Westfalen sowie in Ostdeutschland festzustellen, was an der Dominanz kommunaler Verkehrsunternehmen in
beiden Bereichen und den entsprechenden
Direktvergabebestrebungen liegen dürfte. In
Nordrhein-Westfalen sind allerdings für die
kommende Zeit mehrere sehr große Ausschreibungen (unter anderem Siegen/Olpe,
Düren) angekündigt. Aufallend ist, dass
im Süden, vor allem in Baden-Württemberg
und Bayern aber inzwischen auch in Hessen
meist recht kleine Leistungspakete auf den
Markt kommen, während man in Nord- und
Ostdeutschland tendenziell große Pakete
mit deutlich über einer Million Jahresfahrplankilometer pro Jahr schnürt (Tab. 1).
Wettbewerbsergebnisse
zent der Fahrleistung (37 Mio Nkm/a) und
74 der 137 zugeschlagenen Pakete (64 Prozent) konnte der Mittelstand jedoch anteilig
etwas weniger Leistung für sich entscheiden
als 2014 (57 Prozent der Nkm, 70 Prozent
der Lose). Etwas stärker schnitt dagegen der
DB-Konzern ab, die „Roten“ sicherten sich 32
Lose mit fast 20 Mio Nkm/a, das entspricht
25 Prozent der ausgeschriebenen Leistung.
Auch die öfentlichen Unternehmen konnten
wieder nennenswerte Ausschreibungsgewinne verzeichnen, insgesamt gingen elf Pakete
mit 13,5 Mio Fahrplan-km (17 Prozent der
gesamten Leistung) an Marktteilnehmer, die
sich in öfentlichem Besitz beinden. Heraus
ragen hier insbesondere die sich im Eigentum der jeweiligen Länder beindlichen Unternehmen SWEG, Hessische Landesbahn
und Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein.
Wie schon in den Vorjahren schnitten auch
2015 mittelständische Unternehmen sowohl hinsichtlich Fahrplanleistung als auch
hinsichtlich der Anzahl der angebotenen
Leistungspakete am besten ab. Mit 46 Pro-
Im Lager der Verkehrskonzerne konzentrierten sich die Ausschreibungsgewinne
2015 auf die heutige Transdev (zwei Verfahren mit 1,4 Mio km/a) und vor allem Rhenus Veniro, die vier Ausschreibungslose
Abb. 4: Bestandsverkehre in der Ausschreibung Januar 2010 bis
Oktober 2016 in Tausend Jahresfahrplankm (n=317,4 Mio km).
20
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Abb. 3: Für den Notverkehr in Bad Homburg zog Transdev kurzfristig Busse aus ganz Deutschland zusammen. Dieser Setra S 415 NF
stammt unverkennbar aus München.
Abb. 5: Gewonnene Ausschreibungen zwischen Januar 2010 und Oktober 2016 in Tausend Jahresfahrplankm (n=297 Mio km).
LINIENAUSSCHREIBUNGEN
Abb. 6: Mit dem Gewinn des Bündels B wurde die DB 2013 zu einem
bedeutenden Mitspieler im Frankfurter Stadtverkehr.
(8,4 Mio km/a) alleine und weitere 3,8 Mio
km/a in Bietergemeinschaft mit der Vetter-Gruppe gewinnen konnte. Überhaupt
fällt auf, dass sich die Anzahl der Gewinner, die sich aus unterschiedlichen Unternehmensgruppen zusammensetzen, stark
angestiegen ist. Verantwortlich dafür ist
zwar vor allem die gemischtwirtschaftliche
RBA-Gruppe, die mit „Schwabenbus“ im
Raum Augsburg allein acht Verfahren für
sich entscheiden konnte. Erfolgreich waren aber auch Gemeinschaftsunternehmen
oder Bietergemeinschaften aus DB und
Privaten, DB und öfentlichen Unternehmen und Mittelständlern mit Konzernen.
Regional konnte die DB sich 2015 vor allem
bei den großen Ausschreibungen in Norddeutschland (Niedersachsen und Schleswig-Holstein) durchsetzen, feierte aber auch
in Bayern einige Erfolge, nicht zuletzt die
Rückkehr in die Region Augsburg. Dagegen
ist die DB-Präsenz im Saarland, wo man
noch vor kurzem mehr oder weniger Monopolist war, quasi implodiert: Die Kreise
Abb. 7: Ausschreibungsgewinner 2010 bis 2015 nach Nutzwagenkilometer in Prozent (insg. 275 Mio Nkm).
Neunkirchen und Saarlouis haben die Bahnbus-Leistungen komplett kommunalisiert,
im Saarpfalz-Kreis und im Kreis St. Wendel
zog man gegen zwei Mittelstandskooperationen den Kürzeren. Es verbleibt als kümmerlicher Rest einstweilen nur der eigenwirtschaftliche Verkehr im Kreis Merzig-Wadern
und der Stadtverkehr in Homburg. Folglich
wurden die Bahnbusgesellschaften im Saarland (Saar-Pfalz-Bus und Saar-Pfalz-Mobil)
auf ihre rheinland-pfälzischen Schwesterunternehmen verschmolzen.
Rhenus Veniro sicherte sich 2015 zwei neue
Verkehrsgebiete in Brandenburg (Prignitz
und Märkisch Oderland) und weitete zudem
die Tätigkeitsbereiche der Töchter Martin Becker und Verkehrsgesellschaft Zweibrücken
erheblich aus. Erstere verdrängte den Transdev-Betrieb NVG aus seinen Stammverkehren, die zweite übernahm DB-Leistungen im
Saarland. Die NVG konnte ihrerseits jedoch
DB-Verkehre im benachbarten Hessen gewinnen, die man teilweise zuvor als Subunternehmer gefahren ist.
Abb. 8: Ausschreibungsgewinner 2010 bis 2015 nach Zahl der Ausschreibungen.
2016 meldete sich Transdev eindrucksvoll
zurück, Stand Oktober konnte der Konzern
bereits acht Ausschreibungen mit 7,3 Mio
Jahreskilometern für sich entscheiden. Ein
Ausrufezeichen setzte Transdev in Stuttgart,
wo die neue Wettbewerbstochter WBG die
erste Ausschreibung von Bestandsverkehren
(Esslingen Bündel 8) mit 1,1 Mio km gewinnen konnte. Vor allem im RMV-Gebiet punktete man, so gewann man den Jahrzehntelang
von Tochter Alpina gefahrenen Stadtverkehr
in Bad Homburg und Oberursel zurück. In
Südhessen waren auch MET mit BRH Viabus
und Netinera mit Sippel mehrfach erfolgreich. Rhenus Veniro sicherte sich ein weiteres Bündel im Verkehrsverbund Rhein-Mosel.
Wenig rühmlich endet dagegen 2016 das Engagement von Abellio im Busverkehr. Nachdem die Niederländer ihre verbliebenen
Bustöchter in Hessen ofenbar zur diskreten
Beerdigung an Transport Capital verkauft hatten, schickte der neue Besitzer die für Südhessen und das VRN-Gebiet zuständige Beteiligung Werner 2015 in die Insolvenz, wodurch
Abb. 9: Durchschnittliche Größe einer gewonnenen Ausschreibung
2010 bis 2015.
ÖPNV-REPORT 2016/2017
21
LINIENAUSSCHREIBUNGEN
VRN und RMV die jeweiligen Verkehre per
Übergangsverträgen oder vorgezogenen Ausschreibungen neu vergeben mussten. In Bad
Homburg drohte man sogar mit sofortiger
Betriebseinstellung, bevor Transdev Alpina
einen Notverkehr einrichtete. Die restlichen
Verkehre der Beteiligung Verkehrsgesellschaft
Mittelhessen sind 2016 neu vergeben worden, womit Transport Capital zum Jahresende
vom Markt verschwunden sein wird.
Die DB konnte Stand Oktober 2016 neun
Pakete mit rund 4,7 Mio km/a erringen, die
meisten davon in Hessen, aber auch mit
einem zweiten Erfolg im Raum Augsburg.
Zwölf Lose mit 6,1 Mio km gingen an Mittelständler, zwei Lose mit 1 Mio km an öfentliche Unternehmen. Mitte Oktober 2016 waren allerdings erst 38 von 93 in diesem Jahr
ausgeschriebenen Leistungen vergeben.
Trends und Kennzahlen
Seit 2010 wurden bundesweit Busverkehrsleistungen von 317,7 Mio Fahrplankilometern in 579 Ausschreibungslosen in den
Wettbewerb gegeben. Größter Altbetreiber
mit rund 116 Mio km/a (36 Prozent) war
die Deutsche Bahn mit ihren Bustöchtern,
danach folgten mit 83,5 Mio km/a (26 Prozent) mittelständische Unternehmen, 20
Prozent (62,4 Mio km/a) erbrachten Unternehmen im Besitz der öfentlichen Hand
und die restlichen 18 Prozent entielen auf
die übrigen Verkehrskonzerne.
Die davon bis Mitte Oktober 2016 zugeschlagenen Ausschreibungspakete entielen zu 43
Prozent (126,2 Mio km/a) auf mittelständische Unternehmen, zu 25 Prozent (75,5 Mio
Jahreskilometer) auf die Unternehmen des
DB-Konzerns, zu zwölf Prozent auf öfentliche
Unternehmen und zu 20 Prozent auf die übrigen Verkehrskonzerne, wovon sich den größten Anteil mit rund 26,7 Mio km/a Transdev
beziehungsweise Veolia sichern konnte. Es
folgen Rhenus Veniro mit 15,1 Mio km/a, MET
mit 7,9 Mio km/a, Netinera beziehungsweise
vormals Arriva mit 5,8 Mio km/a und die nicht
mehr am Markt beindliche Transport Capital
beziehungsweise Abellio mit 4,4 Mio km/a.
Erfolgreich waren die Verkehrskonzerne vor
allem in den Jahren 2010 bis 2012, wo sie
rund ein Viertel der angebotenen Leistung
gewinnen konnten. Dieser Wert halbierte
sich in den Folgejahren, nicht zuletzt weil
sich mehrere Mitspieler (Arriva, First, Abellio) vom deutschen Markt verabschiedeten
und auch Veolia aufgrund der inanziellen
Probleme der Verkehrssparte sein Engagement zur Disposition stellte. Nachfolger
Transdev konnte allerdings 2015 und insbesondere 2016 einige Erfolge erzielen,
so dass der Anteil der Konzerne für 2016
wieder spürbar höher liegen dürfte. Tatsächlich erfolgreich waren vor allem die
Konzerne Transdev und Rhenus Veniro, die
jeweils rund 10 Mio Jahreskilometer hinzugewinnen konnten. Auch MET weist mit
1,8 Mio Jahreskilometer eine leicht positive
Bilanz auf. Netinera/Arriva konnte dagegen
nur rund die Hälfte der Bestandsleistungen verteidigen, Abellio/Transport Capital
sogar nur rund ein Viertel, konsequenterweise beendet man dort das Engagement
im deutschen Busmarkt zum Jahresende.
Der DB-Konzern gewann in den vergangenen Jahren konstant zwischen 20 und 25
Prozent des angebotenen Leistungsvolumens, lediglich im Jahr 2013 war man deutlich erfolgreicher. Insgesamt stehen für
den Marktführer in den vergangenen sechs
Jahren Verluste von über 40 Mio Jahreskilometern, entsprechend mehr als ein Drittel
des Bestandsleistungsvolumens, zu Buche.
Den größten Teil der ausgeschriebenen
Leistungen gewannen seit 2011 mittelstän-
Tab. 1: Ausschreibungen nach Bundesländern
22
Land
Anzahl
Aussschreibungen 2015
Anzahl Aussschreibungen
2016 (Stand Mitte Oktober)
Baden-Württemberg
9
26
Bayern
62
13
Brandenburg
5
3
Hessen
36
29
Mecklenburg-Vorpommern
2
-
Niedersachsen
13
7
Nordrhein-Westfalen
1
3
Rheinland-Pfalz
5
4
Saarland
7
3
Schleswig-Holstein
3
1
ÖPNV-REPORT 2016/2017
dische Unternehmen. Die Erfolgsquote lag
zwischen 37 und 57 Prozent der km-Leistung, wobei sich 2016 aktuell ein etwas geringerer Wert abzeichnet. Noch deutlicher
wird die Führung, wenn man die Anzahl
der ausgeschriebenen Leistungspakete betrachtet: Mit Ausnahme von 2013 gewannen Mittelständler konstant über die Hälfte
der angebotenen Ausschreibungen. Daraus
folgt, dass sich mittelständische Unternehmen vor allem bei kleineren Ausschreibungen durchsetzen konnten, was kaum
verwundert, wenn man bedenkt, dass der
durchschnittliche mittelständische Busbetrieb rund zehn Busse betreibt. Analysiert
man die gewonnenen Ausschreibungen
nach Größe, so hatte die durchschnittliche
Ausschreibung die ein mittelständisches
Unternehmen für sich entscheiden konnte
einen Umfang von rund 440.000 Fahrplankilometern pro Jahr. Legt man eine durchschnittliche Jahreslauleistung pro Fahrzeug von 60.000 km zugrunde entspricht
dies also sieben bis acht Fahrzeugen pro
Ausschreibung. Nicht überraschend liegt
dieser Wert bei den anderen Unternehmensgruppen deutlich höher, vor allem bei
den Verkehrskonzernen mit über 1,1 Mio
Jahreskilometern. Die gesetzlich geforderte
Mittelstandsfreundlichkeit bei Ausschreibungen im Busverkehr lässt sich somit vor
allem durch die Gestaltung kleiner Ausschreibungspakete, wie vor allem im Süden
Deutschlands praktiziert, gewährleisten.
Ausblick
Die Übergangsregelungen der VO 1370/2007
laufen im Dezember 2019 aus. Bis dahin
müssen alle Verkehre, auf die die Verordnung
Anwendung indet – also alle die nicht eigenwirtschaftlich sind – nach den Vorgaben der
Verordnung vergeben sein. Viele Aufgabenträger haben ihre Bestandsregelungen vor
Inkrafttreten der Verordnung bis 2018 oder
2019 verlängert. Da ein Vergabeverfahren
rund zwei Jahre bis zur Betriebsaufnahme benötigt, ist in den kommenden Monaten und
Jahren mit einer deutlichen Zunahme von
Ausschreibungen auch in den bislang eher
wettbewerbsschwachen Regionen zu rechnen, obwohl hier ein Teil vermutlich auch
durch eigenwirtschaftliche Anträge und Direktvergaben abgedeckt werden dürfte. Auch
die in einigen Ländern wie Niedersachsen
und Baden-Württemberg geplante Kommunalisierung des Ausgleichs nach §45a PBefG
dürfte verbunden mit den in vielen Regionen
weitergehenden Rückgang der Schülerzahlen
vermehrt Regionalverkehrsleistungen in die
Gemeinwirtschaftlichkeit und somit in die
Vergabe nach der VO 1370 treiben.
Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH
KARRIERE
Abb. 1: Einige VHH-Busse fahren mit Jobangeboten durch die Gegend – auf Deutsch sowie Russisch und mit ungewöhnlicher Arbeitsplatzbeschreibung.
Karriere machen in
ÖPNV-Unternehmen
Wie die Branchenunternehmen auf sich aufmerksam machen
Kerstin Zapp, Hamburg
W
er sich mit globalen Herausforderungen wie Klimaschutz,
Megastädten und Digitalisierung beschäftigen will, Mobilität als Ganzes betrachtet und in Fahrgästen Kunden sieht, ist in der ÖPNV-Branche
richtig. Dazu gehört auch, die passenden
Fahrzeuge zu entwickeln und zu bauen, die
inanziellen Rahmenbedingungen im öffentlichen Personennahverkehr im Auge zu
behalten und Lösungen für ländliche Räume zu inden. So vielfältig, wie die Aufgabenstellungen sind, ist die Landschaft der
Unternehmen und damit der Arbeitgeber
der Branche. Doch wer weiß das?
Aufstieg. Durch die heutige Altersstruktur
der Beschäftigten wird in den kommenden
zehn Jahren eine große Zahl an Fach- und
Führungspositionen neu besetzt werden. 40
Prozent der zurzeit im Personenverkehr beschäftigten Menschen gehen bis zum Jahr
2028 in den Ruhestand. Das geht aus der
Analyse des Personalbedarfs und der Arbeitsmärkte der Verkehrsunternehmen für
2014 bis 2020 hervor, die die HWH Gesellschaft für Transport- und Unternehmensberatung mbH zusammen mit Vertretern
des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (VDV) und der VDV-Akademie im
Herbst 2013 veröfentlicht hat.
Ausgangslage
Allein die Unternehmen des städtischen
Nahverkehrs suchen bereits bis zum
Jahr 2020 rund 30.000 neue Mitarbeitende, darunter mehr als 7000 qualiizierte Fachkräfte, davon laut VDV rund 1200
Akademiker – ohne den Bedarf der Deut-
Die Branche hat Zukunft, braucht dafür
allerdings qualiiziertes Personal. Das wiederum indet in vielen Unternehmen Perspektiven zur Weiterentwicklung und zum
sche-Bahn-Gruppe. Auch das weiß kaum
jemand, der nicht in der Branche arbeitet. Besonders groß bleibt voraussichtlich
die Zahl der ausgeschriebenen Stellen im
Fahrdienst.
Laut der bundesweit repräsentativen Umfrage „ÖPNV im Urteil der Bevölkerung
2016“ des Meinungsforschungsinstituts
TNS Infratest im Auftrag des VDV wird der
ÖPNV vor allem in den Großstädten und
Ballungsräumen von immer mehr jungen
Fahrgästen bis 30 Jahre genutzt. Der ÖPNV
gilt in der Bevölkerung zudem als wichtig
für den Klimaschutz sowie – anders als der
Pkw – als energie- und ressourcensparend.
Städtische Car- und Bike-Sharing-Angebote werden von vielen Befragten als Innovationen der Nahverkehrsunternehmen
wahrgenommen: „Die Branche entwickelt
sich aus Sicht der Bevölkerung immer
mehr zu einem umweltfreundlichen, multiÖPNV-REPORT 2016/2017
23
Etwa 60.000 Busse und Bahnen sorgen täglich für Bewegung im deutschen ÖPNV. Die
Bahnindustrie blickt 2016 mit vollen Auftragsbüchern in die Zukunft. Auch die Neuzulassungszahlen für Busse steigen. Rund
52.000 direkt und mehr als 150.000 indirekt
Beschäftigte arbeiten in der Bahnindustrie
in Deutschland, geht aus einer Statistik des
Verbands der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) e.V. hervor. Laut VDV hängen
rund 236.000 Arbeitsplätze direkt und
157.000 indirekt (zuliefernde Unternehmen) am öfentlichen Personennahverkehr.
Quelle: Hamburger Hochbahn AG
KVB AG
KARRIERE
Mitarbeiter inden
Abb. 2: Werbung um Talente vor dem Kundencenter im Bahnhof – die KVB geht diverse
Wege, um Mitarbeiter zu inden.
Abb. 3: Eines der Plakate der Hamburger
Hochbahn, die derzeit unter anderem in
vielen U-Bahnhöfen hängen.
modalen Mobilitätsanbieter. Vor allem die
jungen Zielgruppen nehmen unsere Angebote gut an, jeder dritte Deutsche unter
30 fährt täglich mit Bus und Bahn“, erklärt
VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolf die
Anfang Juni 2016 veröfentlichten Ergebnisse. Dass auch Jugendliche dem ÖPNV
überwiegend positiv gegenüberstehen, hat
die neue Studie der Sinus Markt- und Sozialforschung GmbH „Wie ticken Jugendliche 2016?“ ergeben, die im April 2016 vorgestellt wurde. Einer der Auftraggeber ist
die VDV-Akademie gewesen. Also hat der
ÖPNV in der Altersklasse künftiger potenzieller Auszubildender und Berufseinsteiger ein positives Image.
eine Strategie zu entwickeln, wie Außenstehenden die unterschiedlichen Möglichkeiten einer Karriere im ÖPNV näher gebracht
werden können. Hier sind nicht nur Schüler
– in der ÖPNV-Branche wird in mehr als 40
verschiedenen Berufen ausgebildet – und
Studenten anzusprechen, sondern ebenso
potenzielle Quereinsteiger.
Doch: Zwar nutzen täglich mehr als 30
Mio Fahrgäste den ÖPNV in Deutschland.
Zwar genießt der öfentliche Verkehr einen
hohen Stellenwert in Mobilitätsstrategien großer Unternehmen, von Kommunen
sowie bei Umweltschützern und in weiten
Teilen der Bevölkerung – schließlich ist
die Vernetzung des Angebots mit Car Sharing, Fernbus und -bahn, Fahrradleihsystemen und Taxianbietern in vielen Regionen schon Standard. Aber häuig läuft der
Eindruck der Öfentlichkeit von den beruflichen Möglichkeiten in der Branche auf
„Busfahrer“ hinaus. Daraus ergeben sich
zwei Notwendigkeiten: Einerseits muss das
Image des Busfahrers und des weiteren
Fahr- sowie Servicepersonals angehoben
werden. Darum kümmert sich unter anderem der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. (bdo). Andererseits ist
24
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Und die Fahrzeugindustrie? Die kann damit punkten, dass bei der Bahn autonomes
Fahren etwa auf einigen U-Bahn-Linien wie
in Nürnberg oder London bereits Realität ist. Auch die Busse rücken nach, etwa
der neue teilautomatisierte „Future Bus
mit City Pilot“ von Mercedes-Benz. Bus
und Bahn zeichnet zudem ihre Umweltfreundlichkeit aus, siehe Hybridmotoren
und E-Mobilität. Prof. Dr.-Ing. Nils Nießen, Leiter des Verkehrswissenschaftlichen
Instituts der RWTH Aachen, im Magazin
„Karriere im ÖPNV- und Bahnmarkt“ der
DVV Media Group: „Bei E-Mobilität und
autonomem Fahren sind wir beispielsweise
bei der Bahn der Automobilindustrie weit
voraus.“ Die Beschäftigungsmöglichkeiten
in der Bahnbranche bezeichnet Nießen als
abwechslungsreich und spannend. Dies
müsse aber stärker kommuniziert werden,
„indem die Firmen noch aktiver auf Studierende zugehen und diese bereits im
Studium durch beispielsweise Praktika,
Kooperationen oder Abschlussarbeiten
einbinden.“ Er weist auch darauf hin, dass
die Einstiegsgehälter insbesondere im
Vergleich zum Automobilsektor angepasst
werden sollten.
Es reicht nicht, auf den Verbandsseiten des
VDV, des bdo, des Verbands der Automobilindustrie e.V. (VDA) oder des VDB für die
Branche zu werben. Dorthin werden sich
nur bereits Interessierte wenden. Vielmehr
müssen die Karrieremöglichkeiten, die die
Branche bietet, in der Öfentlichkeit sichtbarer werden. Einerseits an den Schulen,
(Fach-) Hochschulen und (Technischen) Universitäten, andererseits im täglichen Verkehr.
Hier kann beispielsweise Imagewerbung auf
den Verkehrsmitteln helfen – oder gleich
das konkrete Job- beziehungsweise Ausbildungsangebot, wie es die Verkehrsbetriebe
Hamburg-Holstein GmbH (VHH) macht. Um
einen nachhaltigen Eindruck bei Schülern
und Studenten zu hinterlassen, lässt sich
Informationsmaterial wie etwa das neue Magazin „Karriere im ÖPNV- und Bahnmarkt“
der DVV Media Group an Bildungseinrichtungen auslegen. Viele junge Menschen
schildern hier ihren Werdegang, die Branche
beschreibt Karriereperspektiven, Listen mit
Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten ergänzen die Publikation.
Sinnvoll ist sicher auch sowohl die Ankündigung von Tagen der ofenen Tür in
Tageszeitungen und auf Anschlägen in Bildungseinrichtungen als auch die Präsenz
der Branche auf Messen, die von potenziellen künftigen Mitarbeitenden oder Auszubildenden besucht werden. Zudem sollte
die Zusammenarbeit mit den jeweiligen
Arbeitsagenturen und Informationsstellen
für Jugendliche intensiviert werden. Darüber hinaus sind die sozialen Medien zu
nutzen, etwa durch You-Tube-Spots wie
den des bdo über die Ausbildung zum Busfahrer. Slogans wie „Mein Dienstwagen hat
500 PS!“ helfen dabei.
Employer Branding
ÖPNV-Unternehmen stehen oft nicht nur
mit dem Mitbewerber im Wettbewerb um
KARRIERE
gutes Personal, sondern auch mit anderen
Branchen. Dort wird häuig besser bezahlt,
oder das Image erscheint repräsentativer.
Ein Grund mehr, das eigene Unternehmen
nach außen positiv darzustellen, um bei
der Personalrekrutierung punkten zu können. Doch Brand Management ist in der
Branche nur gering ausgeprägt.
Es ist wichtig, den Betrieb zu einer Marke, genauer: einer Arbeitgebermarke, zu machen.
Dies geht beispielsweise durch ein gutes
Aus- und Weiterbildungskonzept, die Möglichkeit eines Arbeitszeitkontos, lexible Arbeitszeiten oder Unterstützung bei der Kinderbetreuung, gerade auch unter dem Aspekt
des Schichtdienstes in vielen Unternehmen,
ist Christoph Wahring, Geschäftsführer der
Personalmarketingagentur Wahring & Co.
Media GmbH, Hamburg, überzeugt. Um zu
wissen, mit welchen Vorteilen das Unternehmen punkten kann, hat er im Themen-Spezial „Recruiting und Mitarbeiterbindung im
ÖPNV“ der „NaNa Nahverkehrsnachrichten“
im April 2016 vorgeschlagen, von Anfang an
die Mitarbeiter einzubinden und zu fragen,
was ihnen wichtig ist.
Zur Autorin
Kerstin Zapp (51) ist Verkehrsfachwirtin und seit acht Jahren freiberulich tätig
als Fachjournalistin und Moderatorin mit den Schwerpunkten Logistik, Mobilität und Energie. Sie hat ein Volontariat bei der DVV Media Group GmbH
absolviert und war dort als Redakteurin der DVZ, Redaktionsleitung Internationales Verkehrswesen und Bereichsleitung Redaktion von Eurailpress tätig.
Für Sarah Martin, Geschäftsführerin der Linearis Beratungs-GmbH in Essen, punkten
Betriebe wie folgt: „Unternehmen, die ihre
Mitarbeitenden als „Ganzes“ wahrnehmen,
sich also auch auf die Bedürfnisse im familiären Umfeld einstellen und damit die
Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern, erhöhen ihre Attraktivität als Arbeitgeber. Gerade in einem Arbeitsumfeld,
das aufgrund der Aufgabenstellung eine
„Rund um die Uhr“-Verfügbarkeit für Kunden organisiert, ist dies ein unverzichtbarer Bestandteil und ein wichtiges Kriterium
bei der Wahl des Arbeitgebers.“ Das schrieb
sie im September 2016 im Magazin „Karri-
ere im ÖPNV- und Bahnmarkt“. Mitarbeitende, die das Gefühl haben, wertgeschätzt
zu werden, sind zudem gute Botschafter für
das Unternehmen. Sie geben ihre positiven
Eindrücke im eigenen Umfeld weiter.
Praxisbeispiele
In der Sonderbeilage der „NaNa Nahverkehrsnachrichten“ haben einige Unternehmen berichtet, wie sie bei der Personalsuche
vorgehen. Auch hier stehen beispielsweise
bei der Münchner Verkehrsgesellschaft
mbH (MVG) die Geschichten der eigenen
Mitarbeitenden im Vordergrund. Zudem
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ÖPNV-REPORT 2016/2017
25
Jet-Foto Kranert/DB AG
DB AG/Roman Rühle
KARRIERE
Abb. 4: Mobilität vor Ort bieten beispielsweise die DB-Angebote „Call
a Bike“ und „Flinkster“. Sie müssen in die bestmögliche Mobilitätsberatung für Kunden einbezogen werden.
habe sich die Aktion „Mitarbeiter werben
Mitarbeiter“, bei der es einen Bonus für die
erfolgreiche Empfehlung von neuen Kolleginnen und Kollegen gibt, bewährt. Von der
MVG werden Werbeformen wie Plakate in
den Fahrzeugen, Online-Anzeigen in regionalen und fachspeziischen Stellenbörsen,
Radiospots, die eigene Karriereseite und
Social-Media-Kanäle genutzt.
Die Metronom Eisenbahngesellschaft mbH
hat das Personal für den Verkehr auf dem
Elektro-Netz Niedersachsen-Ost (Enno),
auf dem Metronom seit Dezember 2015
fährt, als Marketingaufgabe verstanden und
nicht als die der Personalentwickler. Statt
Stellenanzeigen wurden Imageanzeigen
dort geschaltet, wo das Unternehmen die
Zielgruppe vermutete. Metronom hat stark
auf branchenfremde Bewerber gesetzt und
diese beispielsweise auch direkt vor Supermärkten und an Bahnhöfen angesprochen.
Die Berliner Verkehrsbetriebe nutzen je
nach Zielgruppe etwa spezielle Fachportale
für IT-Fachkräfte und wollen ihre Präsenz als
Arbeitgeber in den sozialen Medien weiter
ausbauen. Das plant auch die Hamburger
Hochbahn und setzt darüber hinaus auf
die eigene Website, um Eindrücke der Arbeitsinhalte und der Arbeitsumgebung zu
vermitteln. Und sie plakatiert in ihren Bahnhöfen Mitarbeiterportraits. Darin sagen Mitarbeitende, was sie bei der Hochbahn tun,
damit der Verkehr reibungslos läuft.
Die Hochbahn steht zudem seit einigen Jahren in stetem Kontakt mit relevanten Schulen und Hochschulen, um bereits Schüler
26
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Abb. 5: Auch eine Möglichkeit, Jobchancen zu verdeutlichen: Die Virtual-Reality-Brille macht durch computergenerierte Simulation Berufsfelder hautnah erlebbar.
und Studenten im Rahmen von Exkursionen oder Praktika für das Unternehmen zu
interessieren. Die Heag Mobilo GmbH kooperiert beispielsweise mit der Hochschule
Darmstadt und der Technischen Universität
Darmstadt.
Besonders breit ist auch die Kölner Verkehrs-Betriebe AG (KVB) aufgestellt. Hierzu
Thomas Kintgen, Bereich Personalgewinnung: „Bei der Akquise von Auszubildenden
gehen wir die unterschiedlichsten Wege. Wir
präsentieren uns sowohl auf Berufsorientierungsmessen als auch in Schulklassen im
Unterricht. Zudem bieten wir Schülern ein
Bewerbertraining an, veranstalten einen Tag
der ofenen Tür und Dialogveranstaltungen,
in denen sich Schüler mit Auszubildenden
der KVB austauschen. Außerdem nehmen
wir am Girlsday teil, machen in sozialen
Medien auf uns aufmerksam und bieten die
unterschiedlichsten Praktika an. Für alle anderen Mitarbeitergruppen nutzen wir neben
den klassischen Personalwerbekanälen wie
Print- oder digitale/soziale Medien auch unsere mobilen Fahrgastinformationssysteme.
Darüber hinaus sprechen wir unsere Mitarbeiter an, damit sie uns Bekannte empfehlen, lassen Flyer an Universitäten verteilen
und haben Filme produzieren lassen, um
die Arbeitgebermarke zu stärken und Interessenten spezielle Berufe näherzubringen.“
Die Deutsche Bahn AG setzt vor allem auf
ihre bundesweite Kampagne „Kein Job wie
jeder andere“, die zahlreiche Medien nutzt.
Die VHH wirbt unter anderem auf ihren
Bussen großlächig für ihre Stellenangebote, noch dazu mit Begrifen, die Aufmerk-
samkeit erregen: Maschinenlüster/innen
werden beispielsweise ebenso gesucht wie
Fahrgastversteher/innen und Durchblickbehalter/innen – also Kfz-Mechatroniker/innen, Busfahrer/innen und Kauleute im Verkehrsservice. Darüber hinaus setzt die VHH
auf Vielfalt im Unternehmen mit Mitarbeitern aus diversen Ländern und Religionen,
aller Geschlechter, sexuellen Ausrichtungen
sowie Altersklassen und wirbt dafür ebenfalls auf ihren Fahrzeugen.
Und dann?
Wer Nachwuchs und Quereinsteiger gefunden hat, ist gut beraten, mit ihnen einen
Karrierefahrplan zur Personalentwicklung
auszuarbeiten. Zwar sind die Möglichkeiten
bei jedem Unternehmen unterschiedlich,
doch die Angebote des Fort- und Weiterbildungsmarkts sind vielfältig und bieten sicher nicht nur den Mitarbeitenden, sondern
auch den Betrieben neue Perspektiven.
Exemplarisch nur wenige Beispiele: Die
VDV-Akademie hat diverse Lehrgänge, Seminare sowie Tagungen im Programm und
hält auch Online-Materialien zu vielfältigen
Themen vor. Zudem initiiert sie verschiedene Projekte, an denen sich Verkehrsunternehmen beteiligen können. Eines davon
ist „ProMobiE“, das sich mit dem Wandel
des Kundenberaters eines ÖPNV-Unternehmens zum Mobilitätsberater befasst,
erforderlich durch die immer stärkere Vernetzung diverser Mobilitätsleistungen. Dazu
gehören neben den klassischen Verkehrsmitteln Bus und Bahn auch Car Sharing und
Fahrradleihsysteme sowie zahlreiche neue
KARRIERE
Informations-und
Buchungsplattformen,
die zum Teil nicht mehr durch Verkehrsunternehmen, sondern von neuen Playern im
Markt angeboten werden. Damit die Kunden
künftig umfassend, professionell und individuell über verschiedenste multimodale Mobilitätsangebote informiert werden, hat die
VDV-Akademie das Projekt ins Leben gerufen. Es ist ein Qualiizierungsprogramm zur
Schulung der Mitarbeitenden in ÖPNV-Unternehmen in professioneller multimodaler
Mobilitätsberatung unter Einbeziehung von
Elektromobilität. ProMobiE soll die Mitarbeitenden auf die sich wandelnden Ansprüche vorbereiten.
„Die Unterstützung der Kunden in der Orientierung zwischen den vielfältigen Angeboten und bei der Nutzung der neuen Mobilitätsformen rückt mehr und mehr in den
Vordergrund“, ist Arne Lehmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Prospektiv Gesellschaft für betriebliche Zukunftsgestaltungen mbH, Dortmund, überzeugt. „Es ist
davon auszugehen, dass die Kundenberatung in ÖPNV-Unternehmen künftig zu einer
noch anspruchsvolleren, aber auch noch
spannenderen und vielseitigeren Tätigkeit
wird.“ Prospektiv ist am Projekt „ProMobiE“
beteiligt. Neben Prospektiv, der VDV-Akademie und der RWTH Aachen sind diverse Verkehrsbetriebe und andere Partner involviert.
Auch berufsbegleitende Studiengänge
bieten eine Weiterqualiizierungsmöglichkeit, etwa der Masterstudiengang „ÖPNV
und Mobilität“, der zum Wintersemester
2013/14 erstmals gestartet ist. Anbieter ist
Unikims, die Management-Schule der Universität Kassel. Kooperationspartner ist die
VDV-Akademie. Inhalte sind unter anderem
die Kompetenzfelder Planung, Technik,
Wirtschaft und Recht sowie Soft Skills, die
in Wochenendpräsenz-, Online- und Heimarbeitsphasen erarbeitet werden. Das Angebot richtet sich auch an Quereinsteiger.
Zwei weitere Faktoren, die Einluss auf Berufsbilder haben und daher Ansatzpunkte
für die Weiterentwicklung und Qualiizierung von Mitarbeitenden sind, sind der
digitale Wandel und die wachsende Bedeutung der Nachhaltigkeit. Marcus Gersinske,
Fachbereichsleiter
Ressourcenmanage-
ment Eisenbahn im Verband Deutscher
Verkehrsunternehmen e.V. (VDV), Köln, ist
überzeugt, dass Berufsbilder den sich wandelnden Anforderungen folgen. Der digitale
Wandel beispielsweise beeinlusse alle in
einem Unternehmen vorhandenen Berufe.
Die Funktion „Umweltmanager/Nachhaltigkeitsmanager“ nehmen seiner Meinung
nach bereits heute alle VDV-Mitgliedsunternehmen im täglichen Kontakt mit ihren
Kunden wahr. Gegenüber dem DVV-Magazin „Karriere im ÖPNV- und Bahnmarkt“
sagte er: „Diese Kenntnisse werden heute bereits sowohl im Rahmen der in den
Unternehmen stattindenden dualen Berufsausbildungen – etwa als Kaufrau/
Kaufmann im Verkehrsservice oder für Speditions- und Logistikdienstleistung – als
auch im Rahmen betrieblicher Fortbildungen vermittelt.“
Dass Digitalisierung und Nachhaltigkeit auf
allen Ebenen große Bedeutung im ÖPNV
zukommt, könnte ebenfalls ein Argument
für eine Karriere in der Branche sein. Man
muss es nur gekonnt verpacken und an der
richtigen Stelle platzieren.
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ÖPNV-REPORT 2016/2017
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CHRONIK 2016
Der Nahverkehr 2016:
Ein Rückblick
Was war wichtig im ÖPNV auf Straße und Schiene? Die wichtigsten Ereignisse im Überblick
Dipl.-oec. Jürgen Burmeister, Duisburg
Ein Jahr vergeht so schnell, ist so vollgepackt mit Ereignissen und Entwicklungen, dass man oft schon an seinem Ende nicht mehr genau weiß, was eigentlich wichtig war und schon gar nicht weiß, in welchem Monat sich was ereignete. Was im Allgemeinen gilt, hat auch im Speziellen der Nahverkehrs-Welt
Gültigkeit. Um Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, die „Erinnerungsarbeit“ zu erleichtern, hat sich unser Mitarbeiter Jürgen Burmeister an die Arbeit gemacht und das Jahr Revue passieren lassen. Dabei hat er sich auf der letzten Wegstrecke als Prognostiker erwiesen und die Ereignisse aufgeführt, die nach
Redaktionsschluss mit (ziemlicher) Sicherheit noch stattfinden werden.
Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht Ihnen Ihre Redaktion
Januar
Jürgen Burmeister
Es war ein Paukenschlag für die gesamte Nahverkehrsbranche: Am 13. Januar hat
das Regierungspräsidium Karlsruhe den
eigenwirtschaftlichen Antrag der DB-Tochtergesellschaft Regionalbusverkehr Südwest
GmbH (RVS) für das „Linienbündel Stadtverkehr Pforzheim“ genehmigt und zwar für die
Dauer von zehn Jahren. Gleichzeitig wurde
der verspätet eingegangene Antrag von PEbus Pforzheim (einem Konsortium mehrerer
privater Unternehmen aus der Region) abgelehnt. In Vorbereitung der erneuten wettbewerblichen Vergabe des Stadtlinienverkehrs
hatte die Stadt ihre Absicht europaweit vorab bekannt gemacht und die Anforderungen
an das Fahrplanangebot und die Qualitätsstandards deiniert („Minimalangebot“), die
eigenwirtschaftliche Genehmigungsanträge
mindestens umfassen müssen.
Auf Basis des vorliegenden Nahverkehrsplans kam Christoph Schaafkamp, Geschäftsführer der Berliner Beraterirma KCW
gegenüber der Pforzheimer Zeitung zu folgender Erkenntnis: „Wir waren zum Ergebnis
gekommen, dass niemand diese Leistung
eigenwirtschaftlich fahren kann.“ Die Realität
sieht aber wie folgt aus: Die in der Vorabbekanntmachung aufgeführten Anforderungen
beim Fahrplanangebot, den Qualitätsstandard bei den Fahrzeugen und den sonstigen
Anforderungen an Fahrpersonal, Barrierefreiheit und Verkaufsstellen wurden von der RVS
verbindlich zugesichert, so das Regierungspräsidium. In den Bereichen Umfang des
Fahrplanangebots und Qualitätsstandards
an Fahrzeugen werden die vom Aufgabenträger im „Minimalangebot“ deinierten Anforderungen sogar übertrofen. So werden
über das Minimalangebot hinaus insgesamt
398.000 Jahres-km zusätzlich erbracht, was
Abb. 1: Nur noch bis zum 10. Dezember waren die Busse des kommunalen Stadtverkehrs Pforzheim unterwegs, seitdem übernimmt die DB-Tochter RVS den Stadtverkehr eigenwirtschaftlich.
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ÖPNV-REPORT 2016/2017
überwiegend auf eine Taktverdichtung in den
Abendstunden auf 15 Minuten statt 30 Minuten zurückzuführen ist.
Auch anderenorts war der Januar für den
„roten Riesen“ ein Erfolgsmonat. Bei den
ersten Wettbewerbsverfahren des Augsburger Verkehrsverbundes konnte sich die DB
mit DB Regio-Bus Bayern im Linienbündel „Wittelsbacher Land“ durchsetzen
und übernahm am 1. Januar die Verkehre.
Sieben Busverbindungen und eine Anruf-Sammel-Taxi-Linie beinhaltet das Bündel. Anstelle der DB-Tochtergesellschaft
Autokraft ist ebenfalls seit dem 1. Januar
die DB Regio Bus Nord im Kreis Dithmarschenunterwegs. Der neue Verkehrsvertrag
mit einer Laufzeit von zehn Jahren beinhaltet
die Möglichkeit, 25 Prozent des ursprünglichen Leistungsvolumens zu vertraglich festgelegten Konditionen zu- oder abzubestellen.
Eine ganz andere Größenordnung weist
der Verkehrsvertrag zwischen den Ländern
Berlin und Brandenburg auf der einen und
der Deutschen Bahn auf der anderen Seite auf, unter den am 27. Januar die Unterschriften gesetzt wurden. Er beinhaltet den
Betrieb des Berliner S-Bahn-Teilnetzes
Ring/Südost mit einer jährlichen Leistung
von 9,7 Mio Zug-km über den Zeitraum von
2021 bis 2035. Ein zentraler Bestandteil
des Vertrages bildet die Beschafung von
neuen Triebwagen mit einem Volumen von
rund 900 Mio Euro. Stadler und Siemens
werden die Lieferanten der neuen Fahrzeuggeneration sein. Bereits fest bestellt
sind 85 vier- und 21 zweiteilige Triebwagen.
Jürgen Burmeister
CHRONIK 2016
Abb. 2: Acht Jahre wurde an der Düsseldorfer Wehrhahn-Linie gebaut, am 20. Februar ging der 3 km lange Tunnel zwischen den S-Bahn-Stationen Wehrhahn und Bilk in Betrieb.
Februar
Rund acht Jahre dauerten die Bauarbeiten, am 20. Februar wurde sie eröfnet: die
Düsseldorfer Wehrhahnlinie. Kernpunkt
des Projekts: ein 3,4 km langer Tunnel
zwischen den S-Bahnhöfen Wehrhahn
und Bilk. Sechs Stationen weist die neue
Strecke auf. Gegenüber den bisherigen
Düsseldorfer Tunnelstationen sind die
neuen individuell gestaltet, präsentieren sich gleichwohl wie aus einem
Guss. Vier Linien rollen durch den Tunnel und verbinden dabei im Wesentlichen die südlichen und östlichen Stadtteile miteinander. Vom Grundsatz her
werden alle vier von Doppeltraktionen
bedient. Die eingesetzten Triebwagen
weisen dabei Türen auf beiden Seiten,
aber nur jeweils einen Führerstand auf,
so dass sie Heck-an-Heck zum Einsatz
kommen. Insgesamt 76 der jeweils 30 m
langen Bahnen wurden zwischen 2006
und 2012 von Siemens beschafft. Letztlich flossen 846 Mio Euro in die Strecke.
Auf dem neuen U-Bahn-Abschnitt werden täglich mehr als 50.000 Fahrgäste
erwartet.
Anfang Februar legte die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) ein Drei-Stufen-Konzept für die Vergabe der Verkehrsleistungen der S-Bahn München vor, der
aktuelle Verkehrsvertrag mit DB Regio
läuft Ende 2017 aus. Ab Januar 2018
(Stufe 1) wird dem heutigen S-Bahn-Vertrag mit der DB Regio ein zweijähriger
Übergangsvertrag folgen. Ab Dezember
2019 (Stufe 2) wird die BEG in einem 1.
Münchner S-Bahn-Vertrag die gesamten Verkehrsleistungen zunächst ohne
Aufteilung in Lose vergeben (Laufzeit
voraussichtlich circa zwölf Jahre). In der
Stufe 3 – Anfang der 2030er-Jahre – wird
die BEG die Verkehrsleistungen in einem
2. Vertrag erneut für voraussichtlich rund
zwölf Jahre vergeben und strebt dabei
eine Aufteilung des Netzes in mehrere
Lose an. Denn nur so haben auch kleinere Verkehrsunternehmen eine realistische Chance, sich am Vergabeverfahren
zu beteiligen. Die Option, das Netz in
einzelnen Losen auszuschreiben, hält
die BEG vor der Inbetriebnahme der 2.
Stammstrecke aber für nicht praktikabel.
Die Risiken für die Betriebsstabilität seien dafür zu hoch.
Die Bereitstellung von Fördermitteln für
den Nahverkehr kündigten im Februar die
Länder Niedersachsen und Sachsen an.
Das Land Niedersachsenfördert in diesem Jahr 213 Einzelprojekte mit insgesamt 84,9 Mio Euro. Insgesamt löst das
ÖPNV-Jahresförderprogramm Investitionen in Höhe von rund 160 Mio Euro aus.
Erstmals wurde in das Förderprogramm
die Beschafung von Omnibussen für den
Nahverkehr in Niedersachsen aufgenommen – 18,9 Mio Euro für 165 Busse. Größtes Einzelprojekt mit 31,2 Mio Euro und
einem voraussichtlichen Landeszuschuss
von 23 Mio Euro ist die Errichtung eines
Echtzeitinformationssystems im Gebiet
des Zweckverbandes Großraum Braunschweig.
131,5 Mio Euro stehen in diesem Jahr in
Sachsen für den öfentlichen Nahverkehr
zur Verfügung. Mit rund 11 Mio Euro sollen alle 122 vorliegenden förderfähigen
Anträge auf Busförderung positiv beschieden werden. Neue Straßenbahnwagen für
Leipzig, Chemnitz und Plauen sollen mit
19,5 Mio Euro gefördert werden. Etwa 5,9
Mio Euro sind für neue Hybridfahrzeuge
im Rahmen des „Chemnitzer Modells“ geplant. Weitere Förderschwerpunkte sind
mit rund 35 Mio Euro Investitionen in die
Straßenbahninfrastruktur (Haltestellen,
Streckenausbau, Fahrleitungen), in Betriebshöfe und Werkstätten für Straßenbahnen und Omnibusse (etwa 6,7 Mio
Euro) sowie in Omnibusinfrastruktur (circa 5,1 Mio Euro unter anderem für Haltestellen, Busbahnhöfe, Fahrspuren und
Wendeschleifen), so der Medienservice
Sachsen.
Auch das Bundesumweltministerium kündigte ein neues Förderprogramm für den
ÖPNV an: die Bezuschussung des Kaufs
von Elektrobussen. Der VDV plädiert
für eine kombinierte öfentliche Förderung bis zum Jahr 2020 in Höhe von 30
Mio Euro jährlich. Der Bund soll 40 Prozent der Mehrinvestitionen des Elektroantriebs übernehmen, die Länder 80
Prozent der Kosten der nötigen Ladeinfrastruktur sowie der Umrüstung von Betriebshöfen und Werkstätten.
ÖPNV-REPORT 2016/2017
29
Jürgen Burmeister
CHRONIK 2016
Abb. 3: Auf offene Schnittstellen haben sich Hersteller von Fahrzeugen und Ladeinfrastruktur im März verständigt.
März
„Erlangen sagt ja zu Stadt-Umland-Bahn“:
Während in vergangenen Jahren die Bürger
in Aachen, Bielefeld und Oberhausen neue
Stadtbahnprojekte ablehnten, sprachen sich
am 6. März rund 60 Prozent der Erlanger für
das Projekt aus. Oberbürgermeister Florian
Janik erfreut: „Heute ist ein guter Tag für unsere Stadt und die ganze Metropolregion“.
Realisiert wird aber nur noch ein Teil des
einstmals geplanten T-förmigen Netzes. Dieser umfasst die Weiterführung der im Bau
beindlichen und zur Eröfnung im Dezember 2016 vorgesehenen Strecke von Nürnberg-Thon nach Am Wegfeld weiter in Richtung Norden bis Erlangen Hauptbahnhof.
Von dort aus führt die Trasse Richtung Westen bis Herzogenaurach. Mit rund 300 Mio
Euro ist das Neubauprojekt veranschlagt.
Mit der Bahnverbindung hofen die Politiker, einen Teil der täglich 60.000 Einpendler
nach Erlangen für ein Umsteigen auf den
ÖPNV gewinnen zu können.
Mit der Eröfnung der Linie 500 von Sigmaringen über Pfullendorf nach Überlingen am 1. März wurde die letzte von fünf
Regiobus-Linien aus der ersten Runde
des Förderprogramms des Landes Baden-Württemberg eröfnet. Diese ergänzen
das Bahnnetz, werden durchgängig an allen
Tagen im Takt bedient und bieten Anschluss
an den Bahnverkehr. Die Betriebszeiten der
30
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Regiobuslinien orientieren sich an allen Tagen der Woche an denen des Bahnverkehrs.
Fährt der erste Zug vor 6 Uhr oder der letzte nach 23 Uhr, so stellt der Regiobus die
Anbindung sicher. „Wichtig ist mir, dass
Pendler, die frühmorgens ihren Arbeitsplatz
erreichen müssen oder spätabends erst
nach Hause kommen, eine Alternative zum
Pkw haben. Nur so kann sich Mobilitätsverhalten wandeln“, so Verkehrsminister Winfried Hermann. Bei vier Strecken handelt es
sich um Aufwertungen bestehender Linien.
Neu eingerichtet wurde die Linie Breisach–
Bad Krozingen. Das Ministerium hatte am
22. Mai 2015 das Förderprogramm „Regiobuslinien“ ausgeschrieben. Das Land übernimmt jeweils die Hälfte des entstehenden
Betriebskostendeizits, insgesamt stehen
pro Jahr rund 5 Mio Euro zur Verfügung.
Einen wichtigen Schritt weiter kam das
Thema E-Bus-Systeme. Die Bushersteller
Irizar, Solaris, VDL und Volvo einigten sich darauf, die Interoperabilität von Elektrobussen
mit der Infrastruktur von ABB, Heliox und Siemens sicherzustellen. Ziel der Vereinbarung
ist es,eine ofene Schnittstelle zwischen Elektrobussen und Ladeinfrastruktur zu gewährleisten und so die Einführung von E-Bussen
in Europa zu erleichtern. Alle Beteiligten arbeiten nach eigener Aussage an den europäischen Normierungsaktivitäten mit und teilen
ihre Erfahrungen mit den Normierungsorganisationen CEN/CENELEC (Europäisches
Komitee für Normierung/Europäisches Komitee für elektrotechnische Normung) und
ISO/IEC, um eine gemeinsame europäische
Norm zu etablieren. Andere Hersteller von
Fahrzeugen und Ladesystemen sind für eine
Zusammenarbeit eingeladen.
Für die Fahrgäste werden sie einen neuen Anblick bieten – die 41 S-Bahn- und
Regionalzüge, die der Verkehrsverbund
Rhein-Ruhr bei Stadler bestellt hat. Sie
präsentieren sich in grau/grün – „unternehmensneutral“ so der Verbund. Der Auftrag
umfasst neben der Produktion auch die
Wartung und Instandhaltung über einen
Zeitraum von 30 Jahren. Geliefert werden
zwei Varianten des neuen Typs Flirt 3XL,
eine kürzere mit 180 Sitzplätzen und eine
Langversion mit 280 Sitzen. Zum Einsatz kommen die Fahrzeuge ab Dezember
2019 auf einem in Teilen neu strukturierten S-Bahn-/Regionalbahn-Netz. Zentraler
Baustein des neuen Angebotskonzepts ist
die Umstellung vom 20- auf einen 30-Minuten-Grundtakt. Mit der Einrichtung der
RB-Linie 41 von Wesel über Oberhausen
und Essen nach Wuppertal wird erstmals
eine durchgängige Verbindung vom Niederrhein zur Ruhrmetropole Essen und ins
Bergische Land geschafen. Zudem steht
die Wiederaufnahme des Personenverkehrs zwischen Gelsenkirchen-Buer nach
Recklinghausen an, womit auch die Stadt
Herten wieder einen Bahnanschluss erhält.
CHRONIK 2016
April
„Es geht um die zwei hübschesten Töchter,
die wir in der Familie haben“, so DB-Finanzvorstand Richard Lutz. Arriva und
Schenker heißen die beiden und sollen
vom Unternehmen an die Börse gebracht
werden. Zwischen 25 und 45 Prozent der
DB-Anteile sollen verkauft werden, der erwartete Erlös soll zwischen 4 und 5 Mrd
Euro liegen, so das Unternehmen auf seiner Jahreshauptversammlung. Mit den
eingenommenen Geldern will man einen
Beitrag zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des DB-Konzerns leisten.
Ohne Gegensteuern wird bis 2020 mit einem Anstieg der Schulden auf 22,4 Mrd
gerechnet. Unterstützung fand der Staatskonzern bei Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt: Erlöse sollten voll an
die Bahn gehen, um zusätzliche Investitionen in das Kerngeschäft in Deutschland
zu inanzieren. Denkverbote bei Modellen
einer Beteiligung privaten Kapitals gebe
es nicht. Nach roten Zahlen 2015 steht die
Bahn unter verschärftem Erfolgsdruck. Und
dies hätte auch Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit des Unternehmens.
30 Mio Euro zusätzliche „pauschalierte
Investitionsförderung“ kündigte das Land
NRW für 2016 an. Die Investitionsförderung für den ÖPNV erhöht sich dadurch
auf 150 Mio Euro. „Wir brauchen dringend
mehr Investitionen in den Öfentlichen
Personennahverkehr. Berufspendler wollen attraktive Angebote, die komfortable
und zügige Verbindungen zwischen Wohnen und Arbeiten ermöglichen“, sagte Verkehrsminister Michael Groschek.
Jahrzehntelang für die Deutsche Bahn ein
ungeliebtes Thema: Nebenbahnen. Nun
überlegt die Staatsbahn in Zusammenar-
beit mit dem Deutschen Bahnkundenverband, die mögliche Wiederaufnahme des
Personenverkehrs auf eingestellten Nebenstrecken zu prüfen. Die DB Netz AG stellt
dabei laut Vereinbarung technische Daten
zum Status der Strecken zur Verfügung. Der
Bahnkundenverband wiederum soll ausloten, ob Kommunen, Bundesländer oder Privatunternehmen zur inanziellen Beteiligung
an der Reaktivierung bereit sind. Ist das der
Fall, wird es eine vertiefende Potenzialanalyse geben, die idealerweise in ein „tragfähiges wirtschaftliches und betriebliches Reaktivierungskonzept“ mündet. Hierzu gehören
vor allem Kosten-Nutzen-Analysen und ein
konkretes Geschäftsmodell für den Streckenbetrieb. Denn Mittel für den Betrieb sollen
von öfentlichen oder privaten Geldgebern
kommen, die entweder Mittel zuschießen
oder den Bau und Betrieb ganz übernehmen.
Erkenntnisse, die die Nahverkehrsbranche
längst vermutete, wurden in Essendargelegt. Der Hintergrund: die klamme Kasse der
Kommune und die Suche nach einer Lösung.
Der Ansatz: Reduzierung des Angebotes.
Selbst schmerzende Einschnitte im Nahverkehr können die inanzielle Situation der
Essener Verkehrs-AG nicht nachhaltig verbessern, aber das Unternehmen würde dafür
viele Fahrgäste verlieren. Zu diesem Zwischenergebnis kommen die von der Stadt beauftragten Büros Nahverkehrs-Consult Mathias
Schmechtig/Kassel, Helmert/Aachen und
Prof. Volker Stölting/Hannover. Sollte das Angebot auf eine „Mindestversorgung“ reduziert
werden, ließe sich trotzdem nur ein einstelliger Millionenbetrag erzielen. Und dieser würde durch Ertragsverluste wieder aufgezehrt.
Jürgen Burmeister
Anfang November stellt die DB allerdings
ihre Pläne zurück, bis zu 45 Prozent ihrer
Tochtergesellschaft Arriva an die Londoner
Börse zu bringen und Anteile am Logistikunternehmen Schenker zu veräußern.
Ausschlaggebend hierfür war die Abwertung des britischen Pfunds infolge des anstehenden Brexit. Zudem hat die Bundesregierung die Bereitstellung von 2,4 Mrd
Euro an die DB angekündigt.
Gut 70 Mio Euro für Investitionen im ÖPNV
kündigte die Landesregierung von Sachsen-Anhalt an. Mit den Geldern könne das
Zehnfache an Investitionen auf den Weg
gebracht werden, erklärte Verkehrsminister
Thomas Webel. Über das ÖPNV-Investitionsprogramm sollen in diesem Jahr rund
150 konkrete Projekte gefördert werden, darunter etwa 50 bis 60 neue Vorhaben. Dazu
gehören die Sanierung und der Ausbau von
Bahnstationen, die Umgestaltung von Bahnhofsumfeldern im Schnittstellenprogramm
zu barrierefreien Verknüpfungspunkten der
verschiedenen Verkehrsmittel, der Ausbau
und die Erweiterung des landesweiten Auskunftssystems für den öfentlichen Verkehr
INSA (dynamische Fahrgastinformation mit
Echtzeitdaten, Erweiterung Tarifauskunft,
Anschlusssicherung) und die Förderung
des Aus- und Neubaus von Gleisanlagen für
Straßenbahnen, einschließlich Großvorhaben in Halle und Magdeburg, voraussichtlich auch in Naumburg.
Abb. 4: Aus dem 70-Mio-Euro-ÖPNV-Topf des Landes Sachsen-Anhalt werden auch Dynamische Fahrgastinformationsanlagen, wie hier am
Bahnhof Aschersleben gefördert.
ÖPNV-REPORT 2016/2017
31
Jürgen Burmeister
CHRONIK 2016
Abb. 5: Rund 200 Mio Euro, unter anderem für Rückbauten und Entschädigungszahlungen, würde die komplette Einstellung des Mülheimer
Straßenbahnnetzes kosten.
Mai
Aus für die Pläne, das Universitätsgelände im Heidelberger Neuenheimer
Feld mit einer Straßenbahnstrecke zu
erschließen. Am 10. Mai hob der Verwaltungsgerichtshof
Baden-Württemberg
den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidenten Karlsruhe auf und
setzte damit hinter die jahrzehntelangen Planungen und Diskussionen einen
Schlusspunkt – zumindest für die nähere
Zukunft. Die Universität Heidelberg und
die Max-Planck-Gesellschaft hatten gegen
den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Klage erhoben. Sie wendeten sich insbesondere gegen nachteilige Wirkungen des Straßenbahnbetriebs
auf ihre entlang der Straßenbahntrasse
gelegenen Forschungsinstitute, vor allem im Hinblick auf Erschütterungen und
elektromagnetische Felder. Ferner rügten sie den Verlauf der mitten durch das
Universitätsgebiet führenden Trasse. Die
Klagen seien nicht nur zulässig, sondern
auch begründet, so das Gericht. Der Planfeststellungsbeschluss in der Gestalt des
Änderungsplanfeststellungsbeschlusses
sei aufzuheben, da er an erheblichen Mängeln leide, die weder durch Planergänzung
noch in einem ergänzenden Verfahren behoben werden könnten. Die Belange der
Kläger, von für ihre Forschungseinrichtungen nachteiligen Wirkungen des Straßenbahnvorhabens möglichst verschont zu
bleiben, seien bei der Abwägung unzureichend berücksichtigt worden.
32
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Aus auch für die DB Regio im Vergabeverfahren „Stuttgarter Netze“. Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat
mit seinem Beschluss bestätigt, dass der
Ausschluss der Angebote der DB Regio
vom Vergabeverfahren „Stuttgarter Netze“
rechtmäßig war. Das Angebot eines Bieters, so das OLG, darf nur ausgeschlossen
werden, wenn die Leistungsbeschreibung
widerspruchsfrei und eindeutig ist. Dies
war vorliegend der Fall. Trotzdem hat die
DB Regio AG nicht mit den durch die Ausschreibung vorgegebenen Zahlen gerechnet und hierdurch die Vertragsunterlagen
im Sinne des Vergaberechts geändert. Mit
dem Richterspruch wurde der Weg zur
Vergabe der Teilnetze an die Mitbewerber Abellio und Go Ahead frei gemacht.
Abellio wird das Los 1 (Neckartal) mit
Talent-2-Triebwagen von Bombardier befahren, Go-Ahead setzt bei den Losen 2
(Rems–Fils) und 3 (Franken–Enz) drei- bis
sechsteilige Fahrzeuge des Fahrzeugtyps
Flirt von Stadler ein.
Nicht unbedingt den Vorstellungen ihrer
Auftraggeber entsprachen die Ergebnisse eines Gutachtens der Verkehrs-Consult
Dresden-Berlin. Seit Jahren wird über Möglichkeiten diskutiert, das Deizit des Mülheimer Nahverkehrs (deutlich) zu senken.
Im Mittelpunkt der Diskussionen stand die
Reduzierung oder gar gänzliche Aufgabe
des Straßenbahnnetzes. Bei einer Umstellung von Straßenbahn auf Bus könnte das
jährliche Deizit zwar deutlich um 10,8 Mio
Euro verringert werden. Dieser Ersparnis
ständen aber Umstellungskosten von rund
200 Mio Euro gegenüber. Darunter fallen
die Rückzahlungen von Fördergeldern,
Entschädigungen an benachbarte Verkehrsbetriebe und Rückbaukosten. Dabei
wurde unterstellt, dass der Ausstieg erst
2025 erfolgt, jedes Jahr früher erhöhe die
Kosten um weitere 12,6 Mio Euro, so die
Gutachter. Hinzu kommt, dass die Zahl der
Kunden um 20 Prozent zurückgehe, da sich
die Fahrzeiten um 15 Prozent verlängern
und häuigeres Umsteigen nötig werde.
Unverändert soll das Tramnetz allerdings
nicht bleiben: auf der einen Seite schlagen
die Gutachter den Bau einer Neubaustrecke zum Wohngebiet Saarner Kuppe vor,
auf der anderen Seite die Umstellung der
Verbindung Wertgasse–Oppspring auf Bus.
Und langfristig plädieren die Gutachten für
eine Herausnahme der Straßenbahn aus
dem Innenstadttunnel.
Wieder ein Stück gewachsen ist das Stuttgarter Stadtbahnnetz. Am 13. Mai ging
die 1,1 km lange Stadtbahnstrecke in das
Wohn- und Gewerbegebiet Dürrlewang in
Betrieb. Die Neubaustrecke wird von der
Linie U12 nach Hallschlag bedient, werktags im Tagesverkehr alle zehn Minuten.
Obwohl die Haltestellen bereits für 80-Meter-Züge gebaut sind, wird die U12 gut ein
Jahr lang mit 40-Meter-Zügen unterwegs
sein. Erst nach Abschluss der Bauarbeiten
der Strecken durch das Europaviertel und
vom Hallschlag zur Aubrücke können Doppelzüge eingesetzt werden.
Jürgen Burmeister
CHRONIK 2016
Abb. 6: Frohe Gesichter: Auf den Tag genau 15 Jahre nach Inbetriebnahme der ersten Stufe der Euregiobahn rollte am 10. Juni der Eröff
nungszug über den Abschnitt EschweilerSt. Jöris–Stolberg.
Juni
Immer mehr junge Fahrgäste nutzen
Bahnen und Busse: Laut der bundesweit
repräsentativen Umfrage „ÖPNV im Urteil
der Bevölkerung 2016“ wird der ÖPNV, vor
allem in den Großstädten und Ballungsräumen, von immer mehr jungen Fahrgästen bis 30 Jahre genutzt. Im Umland und im
ländlichen Raum sieht es dagegen deutlich
anders aus, dort nutzen inzwischen 60 Prozent der Bevölkerung den Nahverkehr nie
oder fast nie. Hier zeige sich in der Befragung, was seit Jahren bereits bei den
Fahrgastzahlen festzustellen sei: Der Bevölkerungsrückgang im ländlichen Raum
und damit die teilweise stark sinkenden
Schülerzahlen stellen den ÖPNV dort vor
immer größere Probleme, so VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolf.
Konzerne haben vom Rhein-Main-Verkehrsverbund den Zuschlag für fünf Verbindungen des Schnellbusrings um Frankfurt erhalten. Betriebsstart aller Linien ist
der Fahrplanwechsel im Dezember 2016.
Die X 17 Hofheim–Frankfurt wird die Firma
Autobus Sippel (Netinera) betreiben, die
X 26 Wiesbaden–Hofheim–Oberursel ging
an Rheinpfalzbus (Deutsche Bahn), auf den
Linien X 19 Frankfurt Flughafen–Obertshausen und X 64 Obertshausen–Hanau
werden Busse der BRH Viabus (Marwyn
European Transport) unterwegs sein.
Über Jahre hinweg wurde über die Wahl
des „richtigen“ Verkehrsmittels zur An-
bindung der Mannheimer Waldstadt gestritten: Straßenbahn oder „Spur“-Bus.
2010 entschied sich der Gemeinderat
für das Schienenverkehrsmittel. Im Dezember 2012 dann der Baubeginn und
am 11. Juni dieses Jahres die Eröfnung.
Das Projekt beinhaltet eine Grundstrecke von der Friedrich-Ebert-Straße über
Ulmenweg, Boveristraße und Hessische
Straße bis zur Waldstraße. Dort beginnen zwei Zweigstrecken: eine über den
Carl-Benz-Weg bis zur Lampertheimer
Straße, die andere über Waldstraße und
Waldpforte bis zum Waldfriedhof. Über
die Neubaustrecken rollen Bahnen der
Linien 4 und 4A. Deren anderer Endpunkt liegt in Ludwigshafen-Oggersheim
beziehungsweise Bad Dürkheim Die Neubauabschnitte haben eine Länge von 6,4
km, die Baukosten betrugen etwa 86 Mio
Euro.
Auf den Tag genau 15 Jahre nach Inbetriebnahme der ersten Stufe der Euregiobahn, rollte am 10. Juni der Eröfnungszug
über den Streckenabschnitt Eschweiler-St. Jöris–Stolberg. Mit dieser neunten
Projekt-Etappe wurde der Ring Stolberg–
Aachen–Herzogenrath–Alsdorf–Stolberg
geschlossen. Die größte Baumaßnahme
auf dem jetzt reaktivierten Abschnitt bildete die Unterfahrung der Hauptstrecke
Stolberg–Aachen. Ein Starkregen im Jahr
2014 machte hier Umplanungen für einen
verbesserten Hochwasserschutz nötig.
Diese führten einerseits zu Verzögerungen, andererseits konnten die inzwischen
geplante Elektriizierung der Strecke
durch eine Tieferlegung der Trasse bereits berücksichtigt werden. Und da „nach
der Eröfnung“ „vor der Eröfnung“ ist,
werden zwei weitere Streckenabschnitte
geplant: von Stolberg Altstadt bis Stolberg-Breinig und von Alsdorf-Mariadorf
nach Baesweiler. Noch bedeutungsvoller
ist die geplante Elektriizierung des Netzes. Sie ermöglicht den Einsatz spurtstarker Fahrzeuge, eine Harmonisierung der
Fahrplanlagen auf den Hauptstrecken
und einen zuverlässigerer Betriebsablauf.
Karin Paulsmeyer, Ministerialdirigentin
im NRW-Verkehrsministerium, erklärte
anlässlich der Eröfnungsfeier, die Maßnahme sei im neuen ÖPNV-Bedarfsplan
des Landes „gesetzt“.
Mehr als 25 Jahre nach dem Fall der Mauer
entschied sich ein deutsches Verkehrsunternehmen wieder für den Kauf neuer Straßenbahnen aus tschechischer Produktion.
Skoda Transportation hat von den Chemnitzer Verkehrsbetriebeneinen Auftrag
über 14 Zweirichtungs-Niederlurbahnen
ForCity Classic im Umfang von 35 Mio
Euro erhalten. Die Fahrzeuge sind mit
rostfreiem Wagenkasten, Fahrwerken mit
Achsbrücken und getriebelosem Direktantrieb ausgestattet. Zunächst werden
Mitte 2018 zwei Vorserienfahrzeuge geliefert, ehe bis Sommer 2019 alle Fahrzeuge
produziert werden. Mit den neuen Bahnen können die letzten aus Tschechien
gelieferten Tatra T3-Triebwagen ersetzt
werden.
ÖPNV-REPORT 2016/2017
33
CHRONIK 2016
Juli
„Eigenwirtschaftlichkeit“ – War dies bisher ein Randthema der Nahverkehrsbranche, so rückte dies mit dem Zuschlag zur
Bedienung des gesamten Stadtbusverkehrs in Pforzheim an die DB-Tochter (s.
„Januar“) quasi über Nacht in den Fokus.
Um eine Direktvergabe der vom Unternehmen Wiedenhof betriebenen Linien
an die kommunale Wupsi (früher Kraftverkehr Wupper-Sieg) zu verhindern, stellte
das private Unternehmen einen eigenwirtschaftlichen Antrag für alle seine Linien.
Dieser wurde im Juli allerdings von der Kölner Bezirksregierung abgelehnt. Dem Vernehmen nach soll das inanzielle Konzept
des Privatunternehmens als nicht tragfähig
eingestuft worden sein. Noch ofen ist der
Wiedenhof-Antrag, auch noch alle Buslinien der Wupsi eigenwirtschaftlich betreiben
zu wollen.
Erst vereinbarten Mitte Juli die beiden Hamburger Verkehrsunternehmen
Hochbahn und Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein eine engere Zusammenarbeit bei innovativen Antriebstechnologien,
dann folgte Ende des Monats eine Kooperation von Berliner Verkehrsbetrieben
und Hochbahn bei Elektrobussen. Zu den
ersten Projekten der beiden Hamburger
Unternehmen gehörten ein gemeinsamer
Test eines neuen Bus-Prototyps (Sileo) und
eine gemeinsame Absichtserklärung mit
MAN zu einem intensiven Austausch bei
der Entwicklung von Elektrobussen. Durch
die Kooperation mit Berlin wollen die
Hamburger beispielsweise günstigere Einkaufspreise erlangen oder die technische
Zuverlässigkeit von Elektrobussen voranzubringen. Im Rahmen des vom Bund geförderten Projekts „EUREF Forschungscampus“ wollen die BVG zusätzlich zu den vier
Solaris-E-Bussen einen Bus mit konduktiver
Technik beschafen, dessen Batterien per
Kabel aufgeladen werden.
Mehr Konkurrenten, geringerer Marktanteil
– zu diesem Ergebnis kam die Deutsche
Bahn in ihrem neuen Wettbewerbsbericht. 412 Bahnunternehmen waren 2015
auf dem deutschen Bahnnetz unterwegs.
Dies waren elf mehr als 2014. 2015 hatte
die DB im Nahverkehr einen Marktanteil
von 70,8 Prozent (2014: 72,8 Prozent). Boden gutmachen konnte die DB im Fernverkehr und zählte mit 132 Mio Reisenden
insgesamt 2,2 Prozent mehr Fahrgäste als
2014.
Zum Zeitpunkt der Vorlage des Berichts
lag das Ergebnis des Wettbewerbsverfahrens um das S-Bahn-Netz Rhein-Ruhr
noch nicht vor. Denn der Zuschlag ging an
die Mitbewerber Keolis und Abellio. Das
Los A mit den Linien S1 und S4 (rund 4,8
Mio Zug-km pro Jahr) wird ab Dezember
2019 von Keolis (Tochter der französischen
Staatsbahnen SNCF) betrieben. Abellio,
Tochtergesellschaft der Niederländischen
Staatsbahnen, wird das Los B mit den S2,
S3, S9, RB3, RB40 und RB41 und jährlich
circa 7,1 Mio Zug-km bedienen.
Analog wie beim Rhein-Ruhr-Express
(RRX) hat der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr
die Wettbewerbsverfahren zur Beschafung
und Instandhaltung der S-Bahn-Fahrzeuge
getrennt von denen zum Betrieb der jeweiligen Linien durchgeführt. So kommen
auf den Linien S1 und S4 ab Dezember
2019 Züge vom Typ ET 422 zum Einsatz.
Die benötigten 48 Fahrzeuge kaufte der
VRR von der DB, die bis mindestens 2034
die Wartung und Instandhaltung der Züge
übernimmt. Auf den übrigen Verbindungen
kommen Neufahrzeuge von Stadler zum
Einsatz.
Jürgen Burmeister
In Oldenburg stellten im Juni die vier Privatunternehmen Bruns/Hülsmann (Varel),
Janssen (Wittmund), Meyering (Lingen)
und von Rahden (Schwanewede) gemeinsam einen eigenwirtschaftlichen Antrag für
das gesamte Stadtbusangebot – quasi aus
„Notwehr“. Mit der vom Land Niedersachsen vorgesehenen Novellierung der Mittel
nach § 45a PbefG sehen sich die Privatunternehmen in der Fläche in ihrer Existenz
bedroht, sie müssten daher quasi in die
Städte drängen. Die Pläne der vier Privaten
riefen im Juli den jetzigen Betreiber des
Stadtverkehrs auf den Plan, die kommunale Verkehr und Wasser Oldenburg. Mit
ihrer Tochtergesellschaft VVG Verkehr und
Versorgung GmbH stellten auch sie einen
eigenwirtschaftlichen Antrag.
Abb. 7: Bus der Wupsi Leverkusen. Auch in Leverkusen geht es um das Thema Direktvergabe und Eigenwirtschaftlichkeit.
34
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Kai Michael Neuhold/DB AG
CHRONIK 2016
Abb. 8: Die DB investiert in die Schieneninfrastruktur wie hier in den Umbau des Knotens Magdeburg HBF.
August
Mit dem Ausstieg Duisburgs aus dem Gemeinschaftsprojekt VIA lag es nun an den
beiden anderen Partnern, neue Wege der
Zusammenarbeit zu inden. Im August
verkündeten die Oberbürgermeister aus
Essen und Mülheim, Thomas Kufen und
Ulrich Scholten, eine Fusion von Essener Verkehrs AG (EVAG) und Mülheimer
Verkehrsgesellschaft (MVG) – möglichst
bereits zum 1. Januar 2017. Die VIA soll in
der Essener Verkehrs-AG aufgehen, in die
neue Gesellschaft sollen auch sämtliche
operativen Aufgaben der MVG überführt
werden. Die MVG soll es aber weiterhin
geben, bei ihr bleiben die Vermögenswerte
(Infrastruktur) und kaufmännische Restaufgaben zum steuerlichen Querverbund
im Stadtkonzern.
Ausdrücklich, so die in Essen erscheinende WAZ, betonten die beiden Oberbürgermeister, dass die Fusion der
beiden Verkehrsunternehmen erst der
Anfang einer Kooperation im Nahverkehr sein soll. Ihr Ziel sei, „im Ruhrgebiet perspektivisch zu einer einheitlichen
Verkehrsgesellschaft zusammenzuwachsen“. Mit dieser Äußerung haben sie allerdings geradewegs in ein Wespennetz
gestochen. Die Herne-Castrop-Rauxeler
Straßenbahn hält eine Fusion für unnötig,
sie selbst sei als Partner an der Kooperation östliches Ruhrgebiet (zusammen mit
Bogestra, Dortmund und Vestische) gut
aufgestellt.
Die angestrebte Kostensenkung in Höhe
von 13,5 Mio Euro könne nur erreicht werden, wenn Personal und Angebot reduziert
würde, so Michel Stemmer, Betriebsratsvorsitzender der STOAG Oberhausen. Die
Mitarbeiter lehnen daher eine Verschmelzung der STOAG energisch ab.
Unterstützung für ihre Pläne dagegen von
NRW-Verkehrsminister Michael Groschek und Landes-Wirtschaftsminister
Garrelt Duin (beide SPD): Sie haben die
hoch verschuldeten Revierstädte ermuntert, weitere Schritte hin zu einer Zusammenlegung ihrer chronisch deizitären Verkehrsgesellschaften zu gehen. „Ich hofe,
dass dieser kluge Schritt nach vorn wirklich
zum Startsignal einer schlagkräftigen Neuorganisation der öfentlichen Mobilitätsanbieter im Ruhrgebiet wird“, sagte Groschek der WAZ. Denn: „Je mehr Ruhr, desto
besser. Je mehr Power für Bus und Bahn
statt für Verwaltung und Abstimmung,
umso besser.“
Seit 1952 verfügt die Stadt Solingen über
ein Obusnetz mit aktuell sechs Linien.
Angesichts der Dichte des Fahrleitungsnetzes rollen auch zahlreiche Dieselbuslinien zumindest abschnittsweise unter
dem Fahrdraht. Warum sollte man die
vorhandene Infrastruktur nicht nutzen,
um weitere Linien elektrisch betreiben
zu können? Die Stadtwerke Solingen haben daher bei Solaris/Vossloh-Kiepe vier
Dual-Mode-Batteriebusse bestellt, deren
Energiespeicher bei Fahrten unter Ober-
leitung aufgeladen werden („In Motion
Charging“). Zudem wurde eine Option
über 16 weitere Fahrzeuge vereinbart. Die
ersten vier kommen auf der Linie 695 zum
Einsatz, die auf einer Länge von 2,3 km
mit Fahrleitung bespannt ist. Mit aufgeladenen Batterien können die Busse zwölf
km fahrleitungsfrei zurücklegen.
Der Straßenverkehr in Deutschland dominiert weiter – auch im neuen Bundesverkehrswegeplan 2030. Dieser wurde von
der Bundesregierung mit einem Gesamtvolumen von 270 Mrd Euro beschlossen.
Davon entfallen 49,3 Prozent auf die Straße, 41,6 Prozent auf die Schiene und 9,1
Prozent auf Wasserstraßen. Etwa 70 Prozent der Gelder ließen in den Erhalt der
vorhandenen Infrastruktur, 30 Prozent in
Neubauprojekte.
Auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern – so könnte man die Bemühungen
der DB-Busgesellschaften umschreiben.
Das Projekt MediBus – Patientenfahrten
zu Arztpraxen im ländlichen Raum und
rollende Arztpraxen – gehört beispielsweise dazu. Um ganz andere Verkehre bemühte sich der Busverkehr Ostwestfalen
– um die Beförderung von Menschen mit
Behinderung. Gewonnen wurde eine Ausschreibung über Fahrten zu fünf sozialen
Einrichtungen. Für die Verkehre übernahm
das Unternehmen 60 Vito-Kleinbusse von
Mercedes-Benz. Für die Spezialverkehre
wurden 60 Teilzeitkräfte auf 450 Euro-Basis
eingestellt.
ÖPNV-REPORT 2016/2017
35
Jürgen Burmeister
CHRONIK 2016
Abb. 9: Einen Mehraufwand von 1,6 Mio Euro hat die Stadt Mönchengladbach genehmigt, um das Busangebot der Stadt kundengerecht ausbauen zu können.
September
Jahrelang hieß es bei der überwiegenden
Zahl von Verkehrsunternehmen: Sparen,
sparen. An neue Angebote, die auch mehr
Kunden und damit auch mehr Einnahmen
brächten, war oft nicht zu denken. Jetzt haben die ersten Städte umgeschaltet und ihren Verkehrsunternehmen grünes Licht für
deren Vorwärtsstrategien gegeben.
Mit einem Drei-Stufen-Modell – bestehend
aus gezielten Verbesserungen des vorhandenen Angebots, einer Angebotsexpansion
und der Erschließung neuer Geschäftsmodelle will die Düsseldorfer Rheinbahn bis
2021 damit dreimal so schnell wachsen wie
die Zahl der Einwohner. Insgesamt sollen
die Fahrgastzahlen um 26 Mio auf 244 Mio
pro Jahr steigen. Mit „Wachstum, Innovation und Nachhaltigkeit“ umschreibt das
Unternehmen seine Expansionsstrategie.
Dabei sieht die Rheinbahn insbesondere
im Bereich des Busangebotes noch erhebliche Kundenpotenziale. Innerstädtisch
sollen diese durch den Aufbau eines „Metrobus-Netzes“ gehoben werden. Derzeit
sind fünf Verbindungen vorgesehen, die
zusätzlich zum vorhandenen Netz angeboten werden. Kennzeichen sind ein durchgehender Zehn-Minuten-Takt, der Einsatz
von Gelenkbussen, ein größerer Haltestellenabstand und wo möglich Beschleunigungsmaßnahmen.
Mehrkosten von jährlich rund 1,6 Mio
Euro ist die Stadt Mönchengladbach be36
ÖPNV-REPORT 2016/2017
reit zu tragen, damit die NEW ihr Angebot
im Rahmen des neuen Nahverkehrsplans
ausweiten kann. Da das Unternehmen zusätzliche Mitarbeiter einstellen und die
Fahrzeuglotte aufstocken muss, erfolgt
die Erweiterung in vier Etappen zwischen
2017 und 2019. Auf der Agenda stehen bei
drei Linien eine Angebotsverdichtung auf
eine Zehn-Minuten-Folge in den Spitzenzeiten. Geplant sind unter anderem drei
neue oder markant veränderte Linien.
Samstags abends werden die Taktabstände
auf einigen Linien halbiert – von 60 auf 30
Minuten. Die Verwaltung wird nach dem
Ratsbeschluss zum Linienkonzept nun
weitere Bausteine wie Qualitätsvorgaben,
Zielstellungen und Marketingvorgaben
für den neuen Nahverkehrsplan der Stadt
Mönchengladbach erarbeiten.
Licht und Schatten für kommunale Verkehrsunternehmen beim Thema Eigenwirtschaftlichkeit. Nachdem im Juni ein Konsortium von vier privaten Unternehmen
einen eigenwirtschaftlichen Antrag zum
Betrieb aller Stadtbuslinien in Oldenburg
stellte, zog die kommunale Verkehr und
Wasser (VWG) mit einem Antrag der Tochtergesellschaft nach. Eine tiefergehende
Betrachtung der Wirtschaftlichkeit und der
Möglichkeiten zur Aufwandreduzierung
führte zum Ergebnis, dass eine Eigenwirtschaftlichkeit nicht herzustellen sei. Die
VWG zog daher ihren Antrag zurück. Anders dagegen die Situation in Hildesheim.
Hier stellte eine DB-Tochter den eigenwirtschaftlichen Antrag. Auf Basis eines
neuen Tarifvertrages und der Übernahme
der Umstrukturierungskosten durch die
Muttergesellschaft Stadtwerke Hildesheim
stellte der Stadtbus Hildesheim ebenfalls
einen eigenwirtschaftlichen Antrag und
erhielt von der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen den Zuschlag. Und in
Hamm zog das Unternehmen Breitenbach
sein Angebot für die eigenwirtschaftliche
Übernahme des gesamten Hammer Busliniennetzes zurück.
Triebwagen entweder mit Diesel oder
mit Strom – das war gestern. Jetzt ziehen
alternative Antriebstechniken in den
SPNV ein. So hat Bundesverkehrsminister
Alexander Dobrindt auf der InnoTrans in
Berlin eine Absichtserklärung zur Innovationsförderung im Umfang von 4 Mio Euro
an Bombardier überreicht. Gefördert wird
die Entwicklung eines mit Primove-Batterien ausgestatteten Talent-3-Zuges für den
Einsatz auf nicht- oder teilelektriizierten
Strecken. Projektpartner ist die TU Berlin,
assoziierte Partner sind die SWEG Südwestdeutsche Verkehrs-AG und Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg.
Alstom präsentierte auf der InnoTrans seinen ersten Triebwagen (iLINT) mit Brennstofzelle. Diese sowie der Wasserstoftank
sind auf dem Dach des Fahrzeugs installiert. Der Einsatz soll ab Dezember 2016
auf der Strecke Buxtehude–Bremerhaven–
Cuxhaven erfolgen. Die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen hat bereits 14 Exemplare des iLINT bestellt.
CHRONIK 2016
Oktober
Nach jahrelangen intensiven Planungsund Abstimmungsprozessen ist am 10.
Oktober 2016 in Münster ein neues Stadtbus-Konzept umgesetzt – und dabei der
größte Fahrplanwechsel seit über 20 Jahren vollzogen worden. Das neue Konzept
ist das Ergebnis des Dritten Nahverkehrsplans, der Anfang des Jahres vom Stadtrat beschlossen wurde. Im Mittelpunkt
des Angebots stehen die Einführung einer
Ringlinie, weitere Taktverdichtungen auf
Hauptachsen, zwei direkte Stadtteilverbindungen die und Einrichtung einer neuen
Nachtbuslinie.
Eine neue Ringlinie 33/34 umkreist im
großen Bogen den gesamten Innenstadtbereich. An den Schnittstellen mit den
Hauptachsen des Stadtbussystems wurden, sofern sie nicht schon bestanden,
neue dezentrale Umsteigehaltestellen eingerichtet, um den Innenstadtbereich besser aus den Außenstadtteilen anzubinden
und den Hauptbahnhof zu entlasten. Zwischen den Stadtteilen Wolbeck und Hiltrup
einerseits und Coerde und Sprakel andererseits wurden neue Direktverbindungen
eingerichtet, die jeweils von einem Kleinbus bedient werden.
Den bisher größten Auftrag an Elektrobussen platzierte die ASEAG Aachen. Das in
Braunschweig ansässige Unternehmen
Sileo wurde mit der Lieferung von 14
elektrisch betriebenen Gelenkbussen
beauftragt – darunter der erste batteriebetriebene Doppelgelenkbus. Die Fahrzeuge werden per Kabel im Betriebshof
aufgeladen. Rund 6,7 Mio Euro ließen
bis 2018 in die Beschafung der neuen
Busse, die zum Großteil über Bundesmittel inanziert werden. Die ASEAG verfügt
bereits über einen E-Gelenkbus – Marke
Eigenbau. Basisfahrzeug bildete ein Citaro-Hybrid-Gelenkbus, der also bereits
über einen E-Motor verfügte. Bisher wurde das Fahrzeug ebenfalls nur per Kabel
aufgeladen, die ASEAG wird den Bus
aber – um mehrere Ladesysteme zu erproben – mit einem Dachstromabnehmer
versehen.
Auch das Land Thüringen hat das Thema
Bus entdeckt. Denn auch abseits der Schienenstrecken besteht ein Bedarf, um bequem
und direkt von Kreisstadt zu Kreisstadt oder
zum nächsten Fernverkehrsbahnhof zu gelangen. Für den Aufbau eines landesbedeutsamen Busnetzes stellt die Landesregierung
2017 2 Mio Euro zur Verfügung, 2018 werden
es 3 Mio Euro sei. Ausgezahlt werden sollen
die Mittel als Förderung an Landkreise, die
entsprechende Linien an Busunternehmen
vergeben. Die Linien müssen montags bis
freitags mit mindestens acht Fahrtenpaaren
(etwa 2-Stunden-Takt) bedient werden. Vorgesehen sind auch Verbindungen zu Städten in benachbarten Bundesländern.
In Chemnitz konnte am 10. Oktober die erste Stufe des Projekts „Chemnitzer Modell“
– eine Verknüpfung regionaler Bahnstrecken mit dem innerstädtischen Straßenbahnnetz – abgeschlossen werden. Die von
Burgstädt (Linie C 13), Mittweida (C 14)
und Hainichen (C 15) kommenden Triebwagen können nun bis zur Zentralhaltestelle durchfahren. Zum Einsatz kommen
acht von Vossloh Valencia gelieferte Diesel-/Elektro-Hybridfahrzeuge. Die nächste Ausbaustufe befindet sich bereits im
Bau oder in der Bauvorbereitung. Gearbeitet wird an einer neuen Straßenbahnstrecke zur Universität/Technopark,
an die sich eine Verknüpfung mit der
Bahnstrecke nach Thalheim anschließt.
Zur Bedienung dieser zweiten Stufe des
Chemnitzer Modells werden vier Hybridfahrzeuge beschafft.
Jürgen Burmeister
Eine Zielsetzung der Netzoptimierungen
des neuen Nahverkehrsplans ist die nachfragegerechte und zugleich wirtschaftliche Gestaltung des Angebotes. Erreicht
werden soll diese vor allem durch eine
möglichst kostenneutrale Umschichtung
des Angebotes auf Basis der vorhandenen
und potenziellen Nachfrage. Abschätzungen von Minder- und Mehraufwand kamen
zum Ergebnis, dass im ersten kompletten
Betriebsjahr mit höheren Kosten von insgesamt 1,3 Mio Euro gerechnet wird. Aber
bereits im ersten Jahr nach Umsetzung
des Konzeptes wird mit mehr Kunden und
damit mehr Einnahmen kalkuliert, in den
Folgejahren soll sich die Entwicklung weiter fortsetzen, so dass nach wenigen Jahren
unter dem Strich nur noch ein jährlicher
Mehraufwand von 250.000 Euro erwartet
wird.
Abb. 10: Ab 2017 fördert die Landesregierung Thüringen den Aufbau eines landesbedeutsamen Busnetzes, mindestens ein Zwei-Stunden-Takt
gehört zu den Vorgaben.
ÖPNV-REPORT 2016/2017
37
CHRONIK 2016
Mit einer Länge von rund 20 km gehört das
Mainzer Straßenbahnnetz nicht zu den
größten. Jetzt macht das Netz in der bundesdeutschen Rangliste einen entscheidenden Satz nach vorn: Denn auf einen
Schlag wächst es am 11. Dezember um
9,2 km. „Mainzelbahn“ heißt das Projekt,
das nach einer Bauzeit von 2½ Jahren
an den Start geht. Die Neubaustrecke
zweigt an der Haltestelle Agentur für Arbeit von der Strecke nach Hechtsheim ab
und führt in Richtung Westen an der Universität vorbei zum Stadion. Hier biegt
die Trasse Richtung Süden ab und führt
über die Fachhochschule zum Endpunkt
Hindemithstraße. Rund 84 Mio Euro
sind für die Strecke mit 15 Haltestellen
vorgesehen.
Befahren wird die Neubaustrecke von zwei
Linien: Die Linie 51 fährt ab Hauptbahnhof weiter nach Finthen Poststraße, die
53 weiter nach Hechtsheim Bürgerhaus.
Rund 1 Mio zusätzlicher Kunden erwartet
die Mainzer Verkehrsgesellschaft von der
schnellen und attraktiven Schienenverbindung.
Ein weiterer Neubauabschnitt steht für das
kommende Jahr an, allerdings nur wenige
hundert Meter lang. Er erschließt ein neues Wohngebiet auf dem Gelände des alten
Zollhafens.
Zur Bedienung der Neubaustrecke wurden bei Stadler weitere zehn Variobahnen bestellt. Die Einrichtungs-Fahrzeuge
sind 30,1 m lang und bieten 72 Sitzplätze (inklusive Klappsitze) und 112 Stehplätze.
Am 25. September 2015 genehmigte die
Regierung von Oberbayern den Bau einer
Tramstrecke zum Münchner Stadtteil
Berg am Laim. 2,7 km lang ist die Strecke, von denen allerdings nur 1,3 km neu
gebaut werden müssen. Bei den restlichen
1,4 km handelt es sich um die vorhandene Betriebsstrecke zum Betriebshof Einsteinstraße. Die Neubaustrecke verläuft
zunächst weiter durch die Einsteinstraße
bis zur Haltestelle Vogelweideplatz. Die
neue Endschleife liegt hinter der Hultschiner Straße nördlich des S-Bahnhofes Berg
am Laim. Bedient wird die Strecke von der
aus Grünwald kommenden und derzeit am
Max-Weber-Platz endenden Linie 25. Fahrgäste in Richtung Innenstadt müssen dort
auf die U-Bahn umsteigen.
38
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Jürgen Burmeister
Betriebseröffnungen zum
Jahresschluss
Abb. 11: In Mainz geht die so genannte Mainzelbahn in Betrieb.
Rund 2,5 km lang ist in Nürnberg die Neubaustrecke vom bisherigen Endpunkt
Thon bis Am Wegfeld. 90 Prozent der
Trasse erhalten Rasengleis. Zunächst
verläuft die Trasse im Mittelstreifen einer vierspurigen Bundesstraße. Nördlich der Haltestelle Bamberger Straße
geht die Trasse in (östliche) Seitenlage
über. An drei Zwischenhaltestellen kann
ein- und ausgestiegen werden. Der Endpunkt erhält eine Umsteigestelle zu den
weiterführenden Buslinien, insgesamt
sechs Bus-Haltepositionen werden eingerichtet.
Tab. 1: Die nächsten Projekte
Ort
Projekt
Status
Augsburg
Tunnel unter Hauptbahnhof
im Bau
Augsburg
Inninger Straße - Königsbrunn
Grundsatzbeschluss
Bad Homburg
Gonzenheim - Bahnhof
Planfeststellung erfolgt
Berlin
Hauptbahnhof – U-Bf Turmstraße
Grundsatzbeschluss
Bochum
Unterstraße – Langendreer
im Bau
Chemnitz
Reichenberger
im Bau
Darmstadt
TH Lichtwiese
Planfeststellungsverfahren läuft
Dresden
Tiergartenstraße/Oskarstraße
Planfeststellung erfolgt
Düsseldorf
Rath – Veranstaltungshalle ISS
Dome
im Bau
Frankfurt
Europaviertel
im Bau
Freiburg
Neue Messe, 2. Abschnitt
im Bau
Freiburg
Rotteckring
im Bau
2Hannover
Raschplatz
im Bau
Heidelberg
Bahnstadt
im Bau
Karlsruhe
Kombitunnel
im Bau
Kehl
Strasbourg – Kehl Bf
im Bau
Kehl
Bf – Rathaus
Planfeststellung erfolgt
Köln
Nord-Süd-Strecke
im Bau
Köln
Mengenich
im Bau
Magdeburg
Wiener Straße
im Bau
Magdeburg
Neustädter Feld
Planfeststellung erfolgt
Potsdam
Campus Jungfernsee
im Bau
Stuttgart
Hallschlag - Aubrücke
im Bau
Stuttgart
Fasanenhof – Flughafen/Messe
Planfeststellungsverfahren läuft
Stuttgart/Leinfelden
Markomannenstraße
Ulm
Wissenschaftsstadt / Kuhberg
im Bau
Würzburg
Grombühl
Planfeststellung erfolgt
PRODUKTINFO
Macht über die Dinge:
COS schafft Transparenz
Die COS GmbH bietet mit COSware ein leistungsfähiges Verfahren für das Verwalten und Instandhalten von Omnibussen und Schienenfahrzeugen im öffentlichen Personenverkehr und dem ÖPNV
C
OSware ist eine modular aufgebaute Softwarelösung, deren Bausteine je nach Bedarf
zu einem individuellen Gesamtpaket konfiguriert werden können.
Als namhafter IT-Spezialist arbeitet
COS in vielen Bereichen, wie zum Beispiel dem ÖPNV-Datenmodell oder der
Off-Board-Diagnose, mit dem Verband
Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV)
zusammen.
Im Bereich Omnibusse unterstützt COSware alle ÖPNV-Unternehmen, Bus-Verkehrsbetriebe und Reisebusunternehmen
mit sämtlichen Fahrzeug- und Antriebsarten. Neben dem Fuhrparkmanagement
ermöglicht COSware das Verwalten der Infrastruktur - angefangen bei den Fahrzielanzeigen, Entwertern, Fahrscheinautomaten,
Haltestellen bis hin zur Haltestellenausrüstung.
Auszug aus unseren Referenzen im Bereich
Schienenfahrzeuge:
–
–
–
–
–
Freiburger Verkehrs AG
Göttinger Verkehrsbetriebe GmbH
Ofenbacher Verkehrsbetriebe GmbH
Stadtverkehr Lübeck GmbH
Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG
– Verkehrsbetriebe Karlsruhe GmbH
– Österreichische Bundesbahnen ÖBB
– SWEG Südwestdeutsche Verkehrs-Aktiengesellschaft
– Bayerische Oberlandbahn GmbH
– Linz Linien GmbH
– Nord West Bahn GmbH
– Wiener Lokalbahnen AG
Im Bereich Schienenfahrzeuge bietet COSware ein spezialisiertes Verfahren für das Management von Straßen- und Stadtbahnen,
Reisezugwagen, Güterzugwagen oder Triebfahrzeugen. Wagen- oder Lokomotivkästen,
Drehgestelle, Radsätze oder Powerpacks
lassen sich dabei als unabhängige Objekte
verwalten. Gleiches gilt für die komplette Infrastruktur (siehe Bereich Omnibusse).
Abgerundet wird das Lösungsspektrum durch
ein leistungsfähiges Modul für das Infrastruktur-Daten-Management (IDM). Es ermöglicht
das strukturierte Aufnehmen und Verwalten
der kompletten Infrastruktur von Verkehrsunternehmen. COSware orientiert sich dabei an
der VDV-Schrift 456 welche Objekte, wie z.B.
Schienen, Weichen, Bahnhöfe, Tunnelanlagen, Haltestellen, Fahrscheindrucker oder
Entwerter deiniert. Somit kann mit COSware
die komplette Fahrweg-Instandhaltung abgewickelt werden. Das eiziente COS Infrastruktur-Daten-Management wurde aus der Praxis
für die Praxis entwickelt.
Neben den Basisfunktionen zählt hier das
Modul „Schienenfahrzeug-Werkstatt“ zu den
wichtigsten Lösungsbausteinen und ermöglicht die ECM-Zertiizierung. Es unterstützt
unter anderem die Abrechnung, das Terminund Mängelmanagement, die Arbeitsvorbereitung und Auftragserstellung, die Zeiterfassung sowie die Garantieerkennung und
das Dokumentenmanagement.
Foto: COS
Zu den wichtigsten Software-Bausteinen
zählen hier die Module für das Omnibus-,
Buswerkstatt-, Ersatzteil- sowie das Betriebshof-Management mit einer Vielzahl
praxiserprobter Funktionen.
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Alle Geschäftsprozesse werden durch mobile Softwarelösungen und WEB-Technologien auch auf dem Smartphone und Tablett-PCs unterstützt.
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Raiffeisenstraße 21
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Telefon +49 (0) 7802 7027 0
E-Mail: cos@COSonline.de
www.COSonline.de
Mehr als 4.000.000 Fahrzeuge und Objekte werden mit COSware verwaltet, disponiert und instandgesetzt - darunter auch Geräte, Maschinen, Flurförderzeuge, Container und Gebäude.
Die COS GmbH ist ein Software- und Beratungshaus, das sich auf
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Objektverwaltung und Personal sowie Instandhaltung, Werkstatt und
Betriebshofmanagement konzentriert.
Das Unternehmen besteht seit 1982 und engagiert sich für mehr als
750 Kunden aus den Bereichen ÖPNV, Transport, Industrie, Handel,
Dienstleistung und öffentlicher Verwaltung. Die Software-Module der
Marke „COSware“ werden täglich von über 12.500 Anwendern genutzt.
ÖPNV-REPORT 2016/2017
39
PRODUKTINFO
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Öffentliche Personennahverkehr immer stärker gerecht werden muss.
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it den IT-Lösungen der Produktfamilie Patris® (Passenger
Transport Integrated Sales System) digitalisieren Verkehrsunternehmen ihre Prozesse, um ihren Zielgruppen smarte Mobilitätserlebnisse zu
ermöglichen. Die neue, intelligente Analyse von Kundenanforderungen und benötigten Ressourcen senkt Kosten und steigert
Erlöse.
Die Digitalisierung des Nahverkehrs nimmt
Fahrt auf. Reisende buchen ihre Fahrt immer öfter als E-Ticket mit lexiblen Preismodellen und erwarten während und nach
der Fahrt neue Services – etwa lächendeckendes WLAN oder Verkehrsinformationen in Echtzeit. Damit steigen die individuellen Ansprüche der Kunden an Flexibilität,
Individualität, Schnelligkeit und Komfort
im ÖPNV.
Bus- und Bahnverkehrsunternehmen, die
mit dieser Entwicklung Schritt halten und
davon aktiv proitieren wollen, stehen vor
einer tiefgreifenden Veränderung ihrer Prozesse. Dafür benötigen sie eine IT, die sie
mit eizienten Vorgängen für Planung, Vertrieb und Abrechnung dabei unterstützt,
den Zielgruppen neue Mobilitätserlebnisse entsprechend ihren veränderten Bedürfnissen zu bieten und disruptiven Geschäftsmodellen entgegenzutreten.
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dem Weg zur smarten Mobilität.
iziente Vorgänge zum Planen, Buchen und
Bezahlen anzubieten. Durch eine nahtlose
Verknüpfung mit einem CRM-Modul können
Anbieter gleichzeitig die Kundenbindung
und Kundenzufriedenheit stärken – zum Beispiel durch personalisierte Echtzeitinformationen auf dem Smartphone-Display.
Geschäftspotenzial durch
Predictive Analytics heben
Die beiden Bestandteile Patris® Oice und
Patris® Ticketing bilden eine bewährte
Komplettlösung. Unter einer einheitlichen
Benutzeroberläche bündelt sie Funktionen zu Tariierung, Verkauf, Abrechnung,
Nebenbuchhaltung, Abonnementverwaltung, Kundenkommunikation und vielem
mehr.
Mittels einer smarten Nutzung von Kundeninformationen und Ressourcen innerhalb von Patris® können Verkehrsunternehmen ihren Geschäftsbetrieb besser
analysieren. Dabei unterstützt sie das
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Data Insight Lab. Dank dieser Big-Data-Funktionen gelingt es Verkehrsunternehmen leichter als zuvor, mit lexiblen
Preismodellen und intelligenten Wartungserinnerungen ihre Kosten zu senken
und den Erlös zu steigern.
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Bereits über 30 kommunale Verkehrsunternehmen realisieren mit Patris® intelligente
Mobilität für eine lebenswerte Zukunft.
Infokasten
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Schützenwall 1
22844 Norderstedt
Tel.: 040-5070-30000
Fax: 040-5070-7880
marketing.sales@lhind.dlh.de
www.lhind.de
Lufthansa Industry Solutions ist ein Dienstleistungsunternehmen für IT-Beratung und
Systemintegration. Die Lufthansa-Tochter
unterstützt ihre Kunden bei der Digitalisierung und Automatisierung ihrer Geschäftsprozesse. Die Kundenbasis umfasst mehr
als 200 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen. Im ÖPNV unterstützt die
Produktfamilie Patris® alle Prozesse mit
dem Kunden, im Vertrieb und eTicketing.
Mit Patris® erhalten Nahverkehrsunternehmen eine Gesamtsicht auf ihre Kunden, können sie
mit einer multimodalen Produktpalette ansprechen und alle Prozesse revisionssicher abbilden.
40
ÖPNV-REPORT 2016/2017
PRODUKTINFO
ePower-Charging
Lösungen für die eMobilität
M
it dem Know-how aus jahrzehntelanger Entwicklung und
Produktion von Strom- und
Datenzuführungen liefert Stemmann-Technik vielfältige Lösungen für die
Elektromobilität.
Die eMobilität führt in den Städten zu einer raschen Veränderung der Infrastruktur
und des ÖPNV. Namhafte Bushersteller
nehmen mit Innovationen und Visionen
im Elektrobus-Segment Fahrt auf und verdeutlichen mit zahlreichen Fahrzeugneuheiten die rasante Entwicklung.
Das Konzept der
ChargingPRODUKTE
Für den Bereich „Opportunity Charging“
bietet Stemmann-Technik mit dem ChargingPANTO® die ideale Komponente für
„top-down“ High-Power-Charger Systeme. Dieser Ladepantograph ist ausgelegt
für unterschiedliche Anfahrhöhen und
ermöglicht eine kontaktlose Fahrzeug-Erkennung. In der Praxis stellt der ChargingPANTO® bereits täglich seine Zuverlässigkeit und hervorragende Kontaktgüte
bei Schrägstellungen z. B. in Göteborg,
Stockholm, Hamburg oder Montreal unter
Beweis.
tungsführung realisieren. In Bezug auf die
jeweilige Situation im Depot erfolgt eine
automatische bzw. ferngesteuerte Absenkung des Steckers oder eine händische
Zuführung. Die Anbringung der Trommel
direkt über dem zu ladenden Fahrzeug ist
hierbei ebenso denkbar wie eine Wandmontage in Reichweite oder eine Unterlur-Zuführung.
Die situationsbezogene ideale Positionierung verhindert ein Versperren von Fluchtwegen und schließt Unfallgefahren aus.
Der ChargingSTINGER basiert auf einem bewährten System für Wartungsbereiche von
U- und S-Bahnen. Seit vielen Jahren entwickelt und installiert Stemmann-Technik
weltweit sehr individuelle und komplexe
Stinger-Systeme. Für die Anforderungen
der Fahrzeugladung in Depot- oder Wartungsbereichen ist der ChargingSTINGER
eine ideale Lösung.
Die Vielzahl der Produkte und die daraus
resultierenden Kombinationsmöglichkeiten machen Stemmann-Technik zum weltweit einzigartigen Anbieter solch variabler
ePower-Charging-Lösungen.
STEMMANN-TECHNIK GmbH
Niedersachsenstraße 2
48465 Schüttorf
Tel. +49 5923 81 0 / Fax: +49 5923 81 100
E-Mail: shuesken@wabtec.com
Wir gehören zu den weltweit führenden
Herstellern von Komponenten und Systemen des Energie- und Datentransfers in
der Industrie- und Verkehrstechnik.
Seit 2014 sind wir Teil der Wabtec Corporation, einem globalen Anbieter für Technologien, Produkte und Dienstleistungen
im Bereich der Eisenbahn- und Industrietechnik.
Parallel dazu geht Stemmann-Technik mit
den weiteren Produktkategorien ChargingREEL und ChargingSTINGER das Thema für
stationäre Ladestrom-Zuführungen konsequent und konzeptionell an. Dieser Anwendungsbereich setzt eine hohe Qualität und
Zuverlässigkeit der Produkte voraus und
stellt sicherheitsrelevante Anforderungen.
Basierend auf jahrzehntelanger Entwicklung
und Produktion von Strom- und Datenzuführungen im Verkehrstechnik- und Industriebereich lässt Stemmann-Technik sein
Know-how in facettenreiche Ladestrom-Zuführungs-Systeme für z. B. das Laden von
Fahrzeuglotten in Wartungsbereichen und
Depotanwendungen einließen.
Beim ChargingREEL erfolgt die Strombzw. Steckerzuführung anhand einer Leitungstrommel. Mit diesem System lässt
sich eine variable Anbringung und LeiÖPNV-REPORT 2016/2017
19
AUSBLICK
Masterplan
Verkehr
Was 2017 ansteht
„Ohne Verkehrswende kein Klimaschutz“:
Wie häuig haben wir diesen Satz schon
gehört. Von einem Paradigmenwechsel
zugunsten eines klima- und umweltfreundlichen öfentlichen Personen- und Schienengüterverkehrs sind wir allerdings noch
meilenweit entfernt. Der Schienengüterverkehr ist in der Defensive und im modal
split der Verkehrsträger tritt der öfentliche
Personenverkehr auf der Stelle.
In der Verkehrspolitik muss sich grundlegend etwas ändern. Das ist die zentrale
Erwartung des VDV an die nächste Legislaturperiode des Deutschen Bundestages.
Wir schlagen dazu einen Nationalen Masterplan vor. Damit Deutschland auch morgen noch mobil bleibt und damit morgen
noch unsere natürlichen Lebensgrundlagen geschützt bleiben, dafür brauchen
wir einen Masterplan „Deutschland Mobil
2030“.
Die sich dem Ende zuneigende Legislaturperiode des Bundestages hat Fortschritte
gebracht: Die Investitionsmittel im Haushalt
des Bundesverkehrsministers sind gestiegen, die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung für das nationale Eisenbahnnetz
ist von 20 Mrd auf 28 Mrd Euro aufgestockt
worden, die Regionalisierungsmittel auf 8,2
Mrd Euro p.a. mit einer Dynamisierungsrate von 1,8 Prozent p.a. erhöht worden, das
Bundesprogramm des GVFG ist mit einem
blauen Auge davon gekommen und auch die
Förderung innovativer Projekte in unserer
Branche oder der Bundesverkehrswegeplan
sind mit höheren Anteilen für die Schiene
als der Vorgängerplan versehen.
Keine Frage, hier sind Fortschritte erzielt
worden. Jedoch, ein Paradigmenwechsel
ist damit nicht eingeleitet worden. Vor allem hat der kommunale Nahverkehr auf der
Finanzierungsseite statt Fortschritte Rückschläge zu verzeichnen.
Zwar wird das Bundesprogramm des GVFG
fortgeführt, ist aber mit den 333 Mio Euro
42
ÖPNV-REPORT 2016/2017
p.a. vor dem Hintergrund des Bedarfs dramatisch unterinanziert. Seit 2007 ist die
Mittelhöhe unverändert, d. h. vor dem
Hintergrund gestiegener Preise und erhöhter Anforderungen ist der Topf des Bundes-GVFG weniger als die Hälfte wert.
Die Entlechtungsmittel laufen zum 31.
Dezember 2019 aus und gehen in höheren
Umsatzsteueranteilen für die Länder auf.
Damit ist der letzte Rest der Zweckbindung
gestrichen und die Länder erhalten die alleinige Verantwortung. Sie stehen nun in
der Plicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Länder ihrer Verantwortung gerecht werden.
Weiterhin gibt es keine Lösung zur Auflösung des Sanierungsstaus der kommunalen ÖPNV-Infrastruktur. Der Sanierungsstau beläuft sich auf inzwischen 4
Mrd Euro. Analog der LuFV für das nationale Eisenbahnnetz braucht es eine
kommunale LuFV für den ÖPNV vor Ort,
der doch immer noch die mit Abstand
meisten Fahrgäste befördert.
Das EEG, die zu Europa vergleichsweise
höheren Stromsteuern, steigende Trassenentgelte und hohe Lärmschutzanforderungen belasten den Güterverkehr auf
der Schiene schwer, so dass er an den
Lkw dramatisch Marktanteile verliert.
Wir erwarten vom neuen Bundestag und
der neuen Bundesregierung einen nationalen Masterplan für die Verkehrswende
in Deutschland. Dieser Plan muss mit konkreten und messbaren Ergebnissen dazu
führen, dass die Anteile von öfentlichem
Personen- und Güterverkehr spätestens
bis zum Jahr 2030 signiikant steigen. Wir
werden unsererseits dazu Vorschläge erarbeiten und diese im Dialog mit der Politik
diskutieren. Angesichts des steigenden
Verkehrsaufkommens wird es gerade in
den Kommunen schwieriger, die notwendige Reduzierung von Schadstofemissionen
im Verkehrssektor zu erreichen. Die neue
Bundesregierung muss daher schnell und
nachdrücklich Maßnahmen beschließen,
um eine Trendwende hin zu mehr ökologischem Verkehr zu schafen.
Auch die Bundesländer stehen bei diesen
Themen in der Plicht. Umso mehr, da sie nun
– durch die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen – die inanziellen Spielräume haben, um die Verkehrsentwicklung vor Ort
positiv in Richtung Umwelt- und Klimaschutz
zu beeinlussen. Unsere Erwartungen für das
nächste Jahr richten sich also auch konkret
an die Länder, die bislang zum Beispiel noch
kein Zweckbindungsgesetz für ÖPNV-Mittel auf
Landesebene haben. Oder die bislang keine
landeseigenen Programme für die Fahrzeugförderung im ÖPNV bieten. Nur solche Finanzierungsinstrumente geben den Verkehrsunternehmen Planungssicherheit und Perspektiven,
um Projekte umzusetzen und Innovationen,
wie zum Beispiel alternative Antriebstechnologien beim Bus, zu testen.
Über 30 Verkehrsunternehmen testen aktuell
bereits Elektrobusse auf ihre Alltagstauglichkeit, um einen weiteren Beitrag zur Verbesserung unserer Umweltbilanz zu leisten. Obwohl völlig unstrittig ist, dass der ÖPNV-Bus
gegenüber anderen motorisierten Verkehren
schon heute wesentlich klimafreundlicher unterwegs ist. Solche Bemühungen sind für uns
ein selbstverständlicher Bestandteil unseres
gesellschaftlichen Auftrags als öfentliche
Dienstleister. Deshalb engagiert sich die Branche auch stark bei der Integration von Flüchtlingen. Denn der ÖPNV erfüllt auch eine vielfältige Daseinsvorsorge in ganz unterschiedlichen
gesellschaftlichen Bereichen.
Für das kommende Jahr und für die gesamte
Legislaturperiode der neuen Bundesregierung
erwarten wir von den politischen Entscheidern
im Bund und in den Ländern maßgebliche verkehrspolitische Weichenstellungen für ein zukunftsfähiges Verkehrssystem in Deutschland.
Wir fordern eine konsequente Politik der Verkehrswende. Deutschland braucht Mobilität
in ihrer modernsten Form: umweltfreundlich,
ökonomisch, vernetzt und sozial.
Jürgen Fenske ist Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen und Vorstandsvorsitzender der Kölner Verkehrs-Betriebe AG.
AUSBLICK
Es geht ums
Ganze
Perspektiven für 2017 aus Sicht des bdo
Im Wahljahr 2017 gibt es für die private deutsche Omnibusbranche drei entscheidende
Themen. Sie werden über die Zukunft, ja
über die langfristige Existenz des mittelständischen Busgewerbes in Deutschland entscheiden. Die Themen können auch in drei
Fragen zugespitzt zusammengefasst werden:
Wird das Personenbeförderungsgesetz
im Sinne des Gesetzgebers endlich vor
Ort gelebt oder verliert der Mittelstand
auch noch seine letzten Linien?
Wird es bei Klimaschutz und Luftreinheit Lösungen geben, die die schon
getätigten Milliardeninvestitionen in
den modernen Fuhrpark der mittelständischen Busunternehmer angemessen
berücksichtigen?
Werden kommunale und private Unternehmen in einer sich verändernden Mobilität überhaupt noch eine Chance haben,
mit bestehenden und neu zu entwickelnden Geschäftsmodellen zukunftsfest am
Markt weiter existieren zu können?
Bei der neuen Messe BUS2BUS mit Marktplatz, bdo-Kongress und Future-Forum sollen auch auf diese Fragen entscheidende
Antworten gegeben werden. Der bdo will
im April, im Vorfeld der Bundestagswahl,
noch wirkungsvoller zusammenbringen,
was zusammengehört: Busunternehmen,
Busindustrie samt Zulieferer, Softwareentwickler und alle wichtigen Entscheider aus
Politik und Ministerien. Die Digitalisierung
bringt enorme Veränderungen mit sich.
Jetzt heißt es auch für Mittelständler, sich
früh genug auf diese Prozesse einzustellen. Hierfür braucht es aber auch die Politik, die diese Entwicklung gesetzgeberisch
begleitet und die Rahmenbedingungen so
gestaltet, dass der Mittelstand weiter eine
Zukunft hat. In keiner anderen Stadt könnte dieses Ziel efektiver erreicht werden
als am Regierungssitz Berlin, der zugleich
Hotspot der Startup-Branche ist.
Die BUS2BUS ist die erste eigenständige
Präsentationsmöglichkeit für die Busbran-
che überhaupt. Alle sollen mitgenommen
werden, die an der Zukunft der Busbranche
mitwirken. Dadurch werden die Busunternehmer einen Mehrwert und Nutzen für
ihre Betriebe haben. Und die Politiker können sich informieren, was Bushersteller
und Zulieferer heute und in Zukunft anbieten und Busunternehmen für diese Produkte an Rahmenbedingungen benötigen. Nirgendwo sonst können sich Unternehmer
aus den verschiedenen Busbereichen so
hervorragend vernetzen.
Die privaten Unternehmer stehen tagtäglich vor Herausforderungen jeglicher
Art. Aber mittlerweile weht ein sehr rauer
Wind für den Mittelstand im ÖPNV. Den
ÖPNV-Markt teilen sich zehn Prozent öffentliche Unternehmen und 90 Prozent
privatwirtschaftliche Unternehmen. Was
die Einnahmesituation betrift, sind die
Zahlen umgekehrt: An die zehn Prozent
ließen fast 90 Prozent der Einnahmen,
und für die Privaten bleiben zehn Prozent
übrig.
Die Verordnung 1370 aus Brüssel sollte
für mehr Wettbewerb sorgen. Sie stellt
den Akteuren dafür eine ganze Bandbreite an Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Eine davon ist die Direktvergabe.
Von allen Verkehren, die seit Inkrafttreten
der 1370 direkt vergeben worden sind,
gingen 96 Prozent an kommunale Verkehrsunternehmen und nur vier Prozent
an private Verkehrsunternehmen. Direktvergaben sollten in Ausnahmefällen möglich sein.
Kommunale Unternehmen entziehen sich
so dem Wettbewerb, die Privatwirtschaft
steht im Regen. Deutschlands ÖPNV hatte sich immer durch ein ausgewogenes
Gleichgewicht zwischen kommunalen und
privaten Betrieben ausgezeichnet. Hierfür
ist der bdo gemeinsam mit dem VDV eingetreten, um dieses System zu erhalten. Nun
stehen aber die privaten Unternehmen mit
dem Rücken zu Wand.
Das Personenbeförderungsgesetz, das die
nationale Umsetzung der Verordnung 1370
ist, ist aus Sicht des Mittelstandes ein hervorragendes Gesetz. Änderungen werden
vom bdo abgelehnt. Wenn sich aber vor Ort
geweigert wird, es zu leben und anzuwenden, dann muss sich das ändern.
Der Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit
muss mit Leben erfüllt werden. Die zuständigen Behörden müssen verplichtet
werden, allgemeine Vorschriften zu erlassen. Nur so kann ein fairer Wettbewerb im
ÖPNV erreicht werden. Das ist die Lösung
für das beste Angebot für den Fahrgast und
für den Steuerzahler das günstigste Verkehrsangebot.
Es bleibt für die gesamte Busbranche
schwer zu verstehen, warum es dem Bus immer so schwer gemacht wird. Er hat einen
ausgezeichneten Ruf. Der Bus hat hervorragende Klima- und Umweltwerte und bei der
Sicherheit macht ihm keiner was vor.
Gut, dass die blaue Plakette wieder in
der Schublade verschwunden ist. Aber
schlecht ist, dass jeder weiß, wie schnell
diese Schublade nach der Bundestagswahl
wieder ofen ist. Dabei ist der Bus der Problemlöser bei Klima- und Umweltherausforderungen. Gerade deshalb dürfen der
Busbranche keine Steine in den Weg gelegt
werden.
Während es zahlreiche Diskussionen
über die Klima- und Umweltthemen gibt,
schiebt sich ein weiteres Thema in den
Mittelpunkt der Betrachtungen der privaten Omnibusunternehmen. Denn es bleibt
spannend bei der digitalen Transformation,
vor allem mit Blick auf die Modernisierung
der Infrastruktur. Welche Busse brauchen
wir morgen, um immer noch im Geschäft
zu bleiben?
Christiane Leonard ist Rechtsanwältin und
Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands
Deutscher Omnibusunternehmer e.V., Berlin
ÖPNV-REPORT 2016/2017
43
VOM KLEIN- ZUM GROSSRAUMBUS
Vom Kleinbus bis zum
Großraumbus – Fahrzeuge
für alle Einsatzzwecke
Die in Deutschland vertretenen Busgrößen als Marktübersicht
Dipl. Verw.wirt Reinhard Fritsch, Frankfurt am Main
S
tandardbusse mit 12 m Länge
und 18 m lange Gelenkbusse stellen bei deutschen Verkehrsunternehmen den weitaus größten
Anteil an den Linienbuslotten. Trotzdem
gewinnen Fahrzeuge sowohl unter- als
auch oberhalb dieser Längenkategorien
immer mehr an Bedeutung. In diesem Bericht wird das derzeit vorhandene Linienbusspektrum der Gefäßgrößen vorgestellt
und die Anbieter hierzu werden genannt.
Kleine Linienbusse
TS Fahrzeugtechnik baut seine Minibusmodelle auf Fahrgestelle des Mercedes-Benz Sprinter 516 CDI sowie auf
Basis des Fiat Ducato oder des Iveco
Daily auf. Der TS Sprinter bietet 13 feste
Fahrgastsitze. Die Motorleistung des Euro-VI-Diesels beträgt 120 kW.
Midibusse
Ein recht breites Angebot gibt es im Bereich der Midibusse sowohl als Vollniederlur- als auch als Low-Entry-Version.
Daimler bietet mit dem Mercedes-Benz
Citaro K mit 10.633 mm Länge und 2550
mm Breite ein Modell, das bis zu 86 Personen Gesamtkapazität aufweist. Der Eu-
ro-VI-Dieselmotor leistet 220 kW, wahlweise 260 kW.
MAN oferiert mit dem Lion´s City M einen
10.500 mm langen Midibus. 30 feste Fahrgastsitze sind möglich. Zwei Euro-VI-Dieselmotorleistungsstufen mit 184 kW und
213 kW sind wählbar. Der Bus ist sowohl
als Zwei- als auch als Dreitürer erhältlich.
Sileo hat mit dem S 10 (Abb. 1) einen 10.700
mm langen vollelektrischen Midibus mit
Batterien als Energiespeicher im Angebot.
Die Reichweite der vollgeladenen Batterien
beträgt mehr als 200 km. Die Nachladung
erfolgt über Plug-in-Technologie. 32 feste
Fahrgastsitze und bis zu 46 Stehplätze sind
in der zweitürigen Version möglich. Der S
10 wurde an das Privatunternehmen Salza
Tours mit zwei Exemplaren geliefert.
Solaris bietet mit dem New Urbino 10,5
einen 10.500 mm langen Midibus, der erst
im Herbst 2016 vorgestellt wurde. Als Standardmotorisierung ist der Cummins ISB 6.7
Euro VI mit 209 kW vorgesehen. Das FahrReinhard Fritsch
Sileo
Im Bereich kleiner Linienbusse ist Daimler mit der Marke Mercedes-Benz größter
Anbieter von Komplettbussen. Die Sprinter-City-Baureihe umfasst die Modelle City
35, City 65 und City 77. Die zulässigen Gesamtgewichte reichen von 5000 kg (City 35)
bis 6800 kg (City 77). Das Fassungsvermögen beginnt bei zehn festen Fahrgastsitzen
und zwölf Stehplätzen (City 35) und endet
beim größten Modell dem City 77 mit zehn
festen Fahrgastsitzen und bis zu 30 Stehplätzen.
Pro Bus Omnibusvertrieb GmbH bietet mit
dem Rapido R/LE einen Low-Entry-Minibus auf Basis des Fahrgestells des Iveco
Daily 70 C 17 an. 14 feste Fahrgastsitze und
bis zu 23 Stehplätze ergeben eine Kapazität
von 37 Personen. Das Fahrzeug ist barrierefrei zugänglich.
Abb. 1: Sileo S 10 Elektro-Midibusse für Salza Tours in Bad Langensalza.
44
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Abb. 2: Scania Citywide LE Hybrid Solobus, ausgestellt auf der IAA in
Hannover.
VOM KLEIN- ZUM GROSSRAUMBUS
zeug ist sowohl in zwei- als auch in dreitüriger Version lieferbar.
VDL hat die Citea-LLE-Baureihe um zwei
Midibusversionen ergänzt. Die Leichtbau
Low-Entry-Busse gibt es nun als Citea
LLE 99 in der Länge mit 9900 mm sowie
als Citea LLE 107 mit 10.700 mm Länge.
Den Citea LLE 99 gibt es auch in einer
„electric“ Version mit Batterien als Energiespeicher. Die Nachladung erfolgt mit
Pantographen als Schnelllademöglichkeit.
12-m-Niederlur- und
Low-Entry-Busse
Das breiteste Angebot an Modellen indet sich in der Standard-Längenklasse der
12-m-Fahrzeuge. Vollniederlur- und LowEntry-Busse mit konventionellem Dieselantrieb nach der Euro Norm VI, CNG-Gasantriebe, Hybridausführungen sowie
vollelektrische Antriebe mit Batterien als
Energiespeicher und unterschiedlichen Ladetechnologien lassen nahezu keine Kundenwünsche mehr ofen. Dazu gibt es noch
die Ausführungen als Zugfahrzeuge für Personenanhänger, die bei MAN und Solaris
ab Werk lieferbar sind.
Daimler hat mit der Marke Mercedes-Benz
den Citaro-Solobus sowohl als Niederlurals auch als Low-Entry-Bus im Programm. Es
sind sowohl zwei- als auch dreitürige Versionen lieferbar. Motorisiert sind sie mit dem
Euro-VI-Dieselmotor OM 936 (stehender Einbau) oder OM 936 h (liegender Einbau) der
220 kW leistet. Zudem ist der Niederlurbus
mit dem Gasmotor OM 936 G (Leistung 222
kW) als CNG-Variante zu bekommen, der
dann die Bezeichnung Citaro NGT führt. Die
Daimler Marke Setra hat ebenfalls ein barrierefreies Linienbusmodell zu bieten. Der S 415
LE business weist bei 12.330 mm Länge bis
zu 51 Sitzplätze auf.
Iveco Bus bietet mit dem Crossway LE City
einen Low-Entry-Bus an, der bei Ausstattung mit zwei Türen 38 Sitzplätze aufweist.
Crossway LE Busse sind in Deutschland
sehr weit verbreitet. Der Vollniederlurbus
Urbanway, der mit zwei oder drei Türen lieferbar ist, wurde hingegen hierzulande erst
in wenigen Exemplaren abgesetzt.
MAN bietet sein Stadtbusmodell Lion´s City
als Vollniederlur- und Low-Entry-Version an.
Beide Varianten gibt es mit Euro-VI-Dieselantrieben mit 206 kW, 235 kW und 265 kW
Leistung, darüber hinaus mit CNG-Gasmotoren mit 200 kW oder 228 kW. Auch eine Hybridversion des Lion´s City Niederlurbusses
Zum Autor
Dipl.-Verw.wirt Reinhard Fritsch (62) war 38 Jahre lang in vielen Bereichen
der Deutschen Bundespost, Fernmeldedienst und später bei der Telekom beschäftigt. Dort leitete er mehrere Jahre das Fuhrparkmanagement in Frankfurt am Main. Er studierte an der Fachhochschule des Bundes für öffentliche
Verwaltung. Sein Interesse gilt Themen rund um den ÖPNV und dessen Weiterentwicklung sowie der Kraftfahrzeugtechnik im Allgemeinen.
ist erhältlich. Den Lion´s City in der Dieselversion gibt es zudem ab Werk in der Ausführung als Zugfahrzeug für Personenanhänger.
Citywide heißt die Stadtbusfamilie von
Scania. Niederlurbusse (LF) werden mit
Diesel-, CNG- und Hybridantriebsvarianten angeboten. Das Low-Entry-Modell (LE)
ist ebenfalls als Diesel-, CNG- oder Hybrid
Ausführung erhältlich (Abb. 2). Die Motorisierungen entsprechen dem Citywide LF.
Der Elektrobushersteller Sileo bietet einen 12-m-Solobus mit der Bezeichnung S
12 an. Wie bei allen Sileo-Modellen erfolgt
die Nachladung mittels Plug-in-Technologie. Die Reichweite der Traktionsbatterien
liegt – ohne Nachladung – bei über 230 km.
Die Stadtwerke Bonn (SWB) haben bereits
sechs zweitürige S 12 Solobusse erhalten.
Bei Solaris geht die Umstellung aller Modellvarianten auf den New Urbino voran. Niederlurausführungen sind als Euro-VI-Diesel, CNG-Gasantrieb, Hybridbus
oder vollelektrisch mit Batterien als Energiespeicher und Schnellladeeinrichtung mittels
Pantographen über Lademasten erhältlich.
Der New Urbino 12 electric hat die begehrte Auszeichnung „Bus of the Year 2017“ auf
der IAA Nutzfahrzeuge 2016 erhalten. Auch
eine Low-Entry-Version ist erhältlich, derzeit
allerdings nur mit Dieselmotor.
trische Antriebe. Für europäische Kunden
gibt es keine reinen Dieselantriebe mehr.
So werden die Solobusse als Hybrid-, Elektric-Hybrid (Abb. 3) oder als reiner Elektrobus
mit Batterien und Schnellladeeinrichtung
mittels Pantographen angeboten. Die Hybrid- oder Elektrohybridbusse haben einen
Euro-VI-Dieselmotor mit 177 kW Leistung
als Generatoreinheit. Mit dem Elektro-Hybrid kann bis zu 10 km elektrisch gefahren
werden. Für den Regionalverkehr hat Volvo
die Baureihe 8900 als Low-Entry-Bus im Programm. Dieser ist mit konventionellem Dieselantrieb nach Euro VI ausgestattet.
Niederlur- und Low-Entry
Busse von 12 bis 15 m Länge
Zwei lange Solobusmodelle bietet Daimler
mit der Marke Setra an. Der S 416 LE business bringt es auf 13.040 mm Länge. Bis
zu 55 Sitzplätze sind verfügbar. Der S 418 LE
business stellt die längste Solobus-Version von Setra dar. Das dreiachsige Fahrzeug
misst 14.640 mm. Bis zu 61 Sitzplätze können angeboten werden.
Iveco Bus hat mit dem Crossway Low Entry
City einen überlangen Solobus im Programm. Die Länge beträgt 12.965 mm. Bis
zu 41 Sitzplätze können geboten werden.
VDL bietet für den Stadtverkehr seinen Citea
SLF Niederlurbus mit konventionellem Dieselantrieb nach Euronorm VI, als Hybridausführung oder als vollelektrischen Solobus
an. Die Dieselmotoren stammen von Iveco
(FPT) und sind in den Leistungsstufen mit
228 kW oder 265 kW wählbar. Mit dem Citea
LLE 120 wird zudem ein Low-Entry-Solobus
in Standardlänge angeboten, der konsequent
auf Leichtbau setzt. Mit 8995 kg Eigengewicht
und 14.870 kg zulässigem Gesamtgewicht ist
er deutlich leichter als alle anderen Wettbewerbsprodukte im LE-Bereich.
MAN hat im Segment der langen Solobusse
sowohl Niederlur- als auch Low-Entry-Varianten zu bieten. Bei den Niederlurbussen
gibt es mit dem Lion´ s City C einen 13.700
mm langen, dreiachsigen Wagen, der sowohl
mit Diesel- als auch mit CNG-Gasantrieb erhältlich ist. Der ebenfalls dreiachsige Lion´s
City L ist mit 14.700 mm Länge der größte
Solobus, den der Hersteller im Stadtbussegment anzubieten hat. Auch hier sind sowohl
Diesel- als auch CNG-Antrieb wählbar. Analog zu diesen Typen gibt es im Low-Entry-Bereich den Lion´s City C LE und den Lion´s
City L LE. Die Fahrzeuglängen entsprechen
den jeweiligen Niederlurmodellen.
Volvo setzt bei seinem Stadtbusprogramm
der 7900er-Baureihe konsequent auf elek-
Solaris kann derzeit nur das Vorgängermodell des New Urbino, den Urbino (III) als
ÖPNV-REPORT 2016/2017
45
Reinhard Fritsch
KVB, Anemüller
VOM KLEIN- ZUM GROSSRAUMBUS
Abb. 3: Electric-Hybrid-Solobus von Volvo.
15.000 mm langen Solobus anbieten. Dabei
kann zwischen dem Urbino 15 (Niederlur)
und dem Urbino 15 LE (Low-Entry) gewählt
werden. Sowohl die Niederlur- als auch die
LE Versionen können mit Euro-VI-Dieselmotor und mit CNG-Gasmotor geordert werden.
VDL bietet lange Solobusse nur in
Low-Entry-Bauweise an. Der Citea SLE 129
misst 12.900 mm. Das Fassungsvermögen
liegt bei rund 110 Personen. Der dreiachsige Citea XLE 137 bringt es auf 13.740 mm
Länge mit einem Gesamtgewicht von 26.000
kg. Maximal 120 Personen können befördert
werden. Das längste Solobusmodell des Herstellers ist der ebenfalls dreiachsige Citea
XLE 145 mit 14.480 mm Länge. Es können
130 Personen aufgenommen werden.
Liniendoppeldecker
Doppelstockbusse im städtischen ÖPNV sind
vor allem eine Berliner Spezialität. Außerhalb
Berlins sind sie nur in geringer Stückzahl im
Einsatz. Als aktuell gilt nach wie vor der MAN
Lion´s City Dreiachsdoppeldecker (Typ A 39)
der in zwei Serien in den Jahren 2005 und
2007 mit 416 Exemplaren beschaft wurde.
Bei der BVG Berlin werden sie als Baureihen
DL 05 und DL 07 bezeichnet. Auf der Suche
nach einer neuen Generation Doppelstockbusse haben die BVG je einen Prototypen von
Scania und VDL beschaft. Allerdings handelt
es sich um zweiachsige Fahrzeuge. Mit 10.900
mm Länge (Scania) und 11.300 mm Länge
(VDL) sind sie auch erheblich kürzer als die
dreiachsigen Doppeldecker von MAN, die es
auf 13.700 mm bringen.
Standard-Gelenkbusse
Der Anteil von Gelenkbussen, insbesondere in der Standardlänge von 18.000 mm,
nimmt seit Jahren ständig zu. Hauptgrund
ist die gestiegene Fahrgast-Nachfrage.
46
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Abb. 4: VDL Citea SLFA-E 181 Elektro-Gelenkbus in Diensten der KVB Köln.
Aber auch die Längenvariante mit 18.750
mm indet immer mehr Abnehmer.
Marktführer Daimler, mit der Marke Mercedes-Benz, bietet den Citaro G nicht nur mit
zwei unterschiedlichen Euro-VI-Dieselmotoren, sondern auch mit einer neuen Generation CNG-Gasmotoren als Citaro G NGT an.
Die 18.125 mm langen Modelle können 163
Personen aufnehmen. Sie sind sowohl als
drei- als auch als viertürige Version erhältlich.
Zwei unterschiedliche Längenvarianten
des Lion´s City Gelenkbusses bietet MAN
an. Der Lion´s City G ist 18.000 mm lang,
der Lion´s City GL 18.750 mm. Sie sind
sowohl mit konventionellem Dieselantrieb
als auch als CNG-Versionen erhältlich. Die
MAN-Gelenkbusse können sowohl mit
drei- als auch mit vier Türen ausgestattet
werden. Der Lion´s City GL ist sogar als
fünftürige Version für schnellen Fahrgastluss erhältlich.
Scania hat den Citywide LF-Niederlurgelenkbus mit 18.000 mm Länge im Programm. Der Bus kann mit bis zu vier Türen geliefert werden. Sileo bietet mit dem
S 18 einen 18.000 mm langen Gelenkbus
mit rein elektrischem Antrieb. Die Nachladung der Traktionsbatterien erfolgt mit
Plug-in-Technologie. Als Nachladezeit werden drei bis acht Stunden angegeben. Die
Kapazität der Lithium-Eisenphosphat-Antriebsbatterie beträgt 300 kW/h. Der Hersteller garantiert eine elektrische Reichweite von mindestens 250 km. Vom Typ S
18 hat Sileo 13 Exemplare an die ASEAG in
Aachen verkauft.
Zwei unterschiedliche Gelenkbuslängen
bietet VDL an. Der Citea SLFA 180 (Standard Low Floor Articulated) ist 18.000 mm
lang. Der Citea SLFA 187 kommt auf 18.750
mm Länge. Das Fassungsvermögen wird
für die kürzere Version mit 160 und für die
lange mit 170 Personen angegeben. Beide
Typen werden vom Iveco-Euro-VI-Diesel
mit wahlweise 228 kW oder 265 kW angetrieben. VDL biete aber auch einen rein
elektrisch betriebenen Gelenkbus, den
Citea SLFA-E 181 (Abb. 4) an. Seine Fahrzeuglänge beträgt 18.100 mm. Acht dieser
Fahrzeuge sind 2016 an die KVB Köln geliefert worden.
Volvo hat mit dem 7900 LAH einen Hybrid-Gelenkbus im Angebot. Der Euro-VI-Dieselmotor als Generatoreinheit
leistet 177 kW, der Volvo I-SAM Elektro-Fahrmotor 130 kW. Bis zu 41 Sitzplätze
stehen zur Verfügung.
Vierachs-Gelenkbus
Mercedes-Benz CapaCity
Ein Alleinstellungsmerkmal hat Daimler
mit dem Mercedes-Benz CapaCity. Es ist
der einzige vierachsige Eingelenk-Großraumbus, der derzeit auf dem Markt ist.
Die kürzere Variante des CapaCity mit einer Länge von 19.540 mm wird nicht mehr
produziert. Ende 2015 wurde die verlängerte Version mit 20.995 mm Länge vorgestellt. Sie trägt die Bezeichnung CapaCity
L (Abb. 5). Damit einhergehend wurde
ein neuer Euro-VI-Dieselmotor OM 470
mit 10,7 l Hubraum als Antriebsaggregat
eingebaut. Er ist mit zwei Leistungsstufen (265 kW und 290 kW) erhältlich. Mittlerweile sind sechs CapaCity L bei der
Hamburger Hochbahn im Linieneinsatz.
Sie wurden auch mit unterschiedlichen
Türanordnungen geliefert, darunter auch
fünftürige Versionen.
Die Dresdner Verkehrsbetriebe AG (DVB),
haben zwölf CapaCity L in viertüriger Ausführung bestellt, die bis Jahresende 2016
ausgeliefert sein sollen. Ihr Einsatz ist ab
Jürgen Herrmann, DVB
Stadtwerke Konstanz
VOM KLEIN- ZUM GROSSRAUMBUS
Abb. 5: Mercedes-Benz CapaCity L der DVB, Dresden.
Januar 2017 auf der – nachfragestarken –
DVB-Linie 62 vorgesehen.
Omnibus-Anhängerzüge
Eine Art Zäsur hat das Angebot an Omnibus-Anhängerzügen im ÖPNV durchmachen müssen. War bis zum Herbst
2014 die Göppel Bus GmbH „Motor“ eines wachsenden Interesses an Busgespannen, iel dieser Anbieter durch eine
zweite, endgültige Insolvenz aus dem
Markt. Bis dahin hatte Göppel hauptsächlich Busanhänger für MAN-Zugfahrzeuge, aber auch eigene Busgespanne
unter dem Markennamen go4city geliefert. Mit einer Gesamtzahl von 89 Exemplaren Ende 2014 schien die Welt
der Buszüge plötzlich stehen geblieben
zu sein. Als Alternative bot sich die Zusammenarbeit mit der Hess AG aus der
Schweiz an. Diese baute und baut neben
verschiedenen Modellen an Komplettbussen auch stets moderne Personenanhänger.
Seit Ende 2015 geht die Zahl der zugelassenen Buszüge in Deutschland steil bergan. Bis
Ende 2016 werden 136 Busgespanne im Linieneinsatz sein. Das Gros des Zuwachses stellen 23.000 mm lange Buszüge von MAN mit
Hess-Personenanhängern. MAN bietet seine
Lion´s-City-Niederlurbusse (Typen A 20 und
A 21) samt dem dazugehörigen Anhänger
auch als Generalunternehmer an (Abb. 6).
Die Ausrüstung als Zugfahrzeug wird bereits
werkseitig vorgenommen. Seit Juni 2016
liefert auch Solaris den New Urbino 12 mit
werksseitiger Ausrüstung als Zugfahrzeug
für Personenanhänger. Wie bei MAN liegen
bereits weitere Aufträge vor, die in das Jahr
2017 hinein reichen. Derzeit gibt es Buszüge
nur in der Längenvariante mit 23.000 mm Gesamtlänge. Midibusse sind als Zugfahrzeuge
zurzeit nicht erhältlich.
Abb. 6: MAN Lion´s City Solobus mit Hess-Anhänger in Konstanz.
Doppelgelenkbusse
Der Markt an Doppelgelenkbussen tritt in
Deutschland auf der Stelle. Geliefert wurde diese Busbauart nur an die Hamburger
Hochbahn (26 Stück) und an die ASEAG
in Aachen (acht Stück). Produzent ist van
Hool. Die Busse vom Typ AGG 300 sind
24.780 mm lang. Sie sind mit DAF Euro-V-/
EEV Dieselmotoren mit 265 kW Leistung
ausgestattet. Das Fassungsvermögen wird
mit knapp 200 Personen angegeben.
Möglicherweise bringt Sileo wieder Schwung
in dieses Fahrzeugsegment. Mit dem Verkauf
eines Sileo S 24 Elektro-Doppelgelenkbusses an die ASEAG in Aachen wird es voraussichtlich 2017 einen ersten vollelektrischen
Bus in dieser Größenordnung mit Batterien
als Energiespeicher geben. Mit einer Länge
von 24.000 mm wird er das längste Fahrzeug
dieser Art sein, sieht man einmal von Trolleybussen ab, die im Ausland auch als Doppelgelenkbusse betrieben werden.
Fazit und Ausblick
Die in diesem Bericht dargestellten Busgrößen sind – bis auf wenige Ausnahmen
– aus den ÖPNV-Fuhrparks deutscher
Verkehrsunternehmen nicht mehr wegzudenken. Klein- und Midibusse verrichten
auf Linien mit geringerer Nachfrage gute
Dienste. Ihr hauptsächliches Einsatzgebiet
liegt in kleineren Städten oder im ländlichen Raum. Aber auch in Großstädten sind
sie für Quartierbuslinien mit geringem
Fahrgastaufkommen nützlich. Solobusse in den Zwischengrößen von 12 bis 15
m helfen – vor allem im ländlichen Raum
– unter Umständen Gelenkbuseinsätze
entbehrlich zu machen. Für den rein städtischen Betrieb sind sie wegen des größeren Wendekreises hingegen nicht die erste
Wahl. Solobusse in Standardlänge und Ge-
lenkbusse mit 18 oder 18,75 m Länge sind
die am meisten gebräuchliche Gefäßgröße
im ÖPNV vor allem größerer Städte.
Doch oberhalb dieser Längenmaße gewinnen
Großraumkonzepte immer mehr an Bedeutung und zwar aus mehreren Gründen: Ein
Thema ist die „Re-Urbanisierung“. Die Städte,
insbesondere einige Großstädte, werden immer attraktiver und wachsen. Mit ihnen wachsen Mobilitätsbedürfnisse. Größere Busse
sind in der Regel in acht Monaten lieferbar
und der Ausbau der Haltestellen kann relativ
rasch und kostengünstig erfolgen.
Ein gutes Beispiel hierfür ist München. Neben dem Ausbau der Straßenbahn und der
Taktverdichtung bei der U-Bahn setzt man
dort auch verstärkt auf größere Busse. Insbesondere Buszüge helfen der stetig wachsenden ÖPNV-Nachfrage. Ihre um gut 30 Prozent
höhere Transportkapazität gegenüber den
18 m langen Gelenkbussen verschaft dem
Nachfragedruck ein funktionierendes Ventil.
In nunmehr drei Serien sind 37 MVG-eigene
Buszüge beschaft worden. Eine vierte Serie
von zehn Buszügen ist zur Auslieferung im
Frühjahr 2017 bestellt.
Und noch etwas kommt hinzu: der sich
immer stärker abzeichnende Berufskraftfahrermangel kann durch Großraumbusse
besser abgefedert werden. Es müssen auf
Linien mit attraktivem Takt nicht noch weitere Taktverdichtungen vorgenommen werden. Dies spricht für alle Großraumkonzepte (Buszüge, überlange Gelenkbusse und
Doppelgelenkbusse).
Welche Busgröße aber besser für den jeweiligen Einsatzzweck und den Einsatzort
geeignet ist, müssen die Verkehrsunternehmen entscheiden. Die Bushersteller
haben jedenfalls ein sehr breit gefächertes
Angebot gemacht, dass es zu nutzen gilt.
ÖPNV-REPORT 2016/2017
47
BUSENTWICKLUNGEN
2016 – Jahr der E-Busse
Welche Entwicklungen nimmt die Entwicklung von Bussen?
Dipl.-oec. Jürgen Burmeister, Duisburg
E
lektrobusse – das große Thema im
Jahr 2016. Eine Vielzahl von Busherstellern bietet inzwischen diese neue Antriebstechnik an. Wer
noch fehlt ist Mercedes-Benz. Das Stuttgarter Unternehmen hat für 2018 die Produktionsaufnahme von E-Bussen angekündigt und hält Reichweiten von 300 km für
erreichbar. Es wird sich zeigen, wie sich der
E-Bus-Markt mit dem Eintritt eines Großherstellers verändern wird.
terie ausgestattet und verfügt über eine
Reichweite von knapp 160 km.
Vorletzter Großhersteller, der das Thema
Elektrobus angegangen ist, ist MAN. Dabei
setzt der Hersteller auf ein modulares Konzept, bei dem Ladetechnologien ebenso
gewählt und kombiniert werden können wie
die Anzahl der Energiespeichermodule. Im
ersten Schritt konzentriert sich MAN dabei
auf die etablierten Technologien Nachtladen
(via CCS-Schnittstelle) und Schnellladen (via
automatisierter konduktiver Schnittstelle). Im
Rahmen der eMobility-Roadmap will MAN
bis 2018 eine Vorserienversion eines Batteriebusses präsentieren. Die Serienproduktion
eines zu 100 Prozent elektrisch angetriebenen
Stadtbusses soll noch vor 2020 starten.
Ein rein elektrisch angetriebener, umgebauter Mercedes Sprinter (MidBasic) gehört bei
VDL jetzt zum Produktionsprogramm. Das
wichtigste: Trotz der elektrischen Ausrüstung
überschreitet das Fahrzeug auch mit acht
Fahrgästen nicht ein Gesamtgewicht von
3,5 t und kann damit auch als Bürgerbus
genutzt werden, deren Fahrer nur über einen Führerschein der Klasse B verfügen. Zur
Auswahl stehen Elektromotoren mit einer
Leistung von 120 bis 150 kW. Eingebaut sind
kompakte und leistungsstarke Batterien mit
Kapazitäten von 72 kWh oder 92 kWh, die einen Aktionsradius von 200 bis 300 km bieten.
Sie sind unter dem Fahrzeug angeordnet. Dadurch handelt es sich „nur“ um einen hochlurigen Bus, VDL arbeitet aber bereits an einer
Niederlurvariante.
Auf besondere Weise drängt der chinesische
Hersteller CRRC auf den europäischen Markt.
Zwei Elektro-Gelenkbusse werden den Grazer Verkehrsbetrieben für einen Probeeinsatz
kostenlos zu Verfügung gestellt. Die Fahrzeuge sind mit Supercaps und Lithium-Titan-Batterien ausgestattet. Bei ihrem Einsatz
werden die Busse an der Endstelle in drei bis
vier Minuten sowie an einer Zwischenhaltestelle in 30 Sekunden nachgeladen.
Volvo setzt sowohl auf reine E-Busse als
auch auf Plug-In-Hybridbusse. Der Volvo
7900 Electric wird von einem160-kW-Motor
angetrieben. Die Energie wird in Lithium-Ionen-Batterien gespeichert. Um 10 km fahren
zu können, benötigt der Bus eine Ladezeit
zwischen drei und sechs Minuten.
Neue E-Busse auch bei einigen türkischen
Herstellern: Zu diesen gehört der Kleinbus
„Jest“ des Karsan Otomotiv aus Bursa. Der
Bus ist mit einer 66-kWh-Lithium-Ionen-Bat48
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Ebenfalls mit einem neuen E-Bus wartete
der tschechische Hersteller SOR in diesem
Jahr auf: Auf dem Dach des NB 12 sorgen
Varta-Batterien mit 225 Ah für eine Motorleistung von 160 kW. Die Reichweite liegt je nach
Topographie zwischen 200 und 230 km. Die
ersten beiden Fahrzeuge sollen an die Prager
Verkehrsbetriebe gehen.
Ebenfalls neu bei VDL: der Citea LLE 99 Midibus. Der 9,95 m lange Bus weist 29 Sitz- und
49 Stehplätze auf. Die E-Variante mit einem
150-kW-Motor wird aus einem Batteriepaket
von 180 kWh versorgt. Um den Einsatzbetrieb zu optimieren, kann zusätzlich zur Standard-Steckerladung ein Pantograf installiert
werden, der Schnellladen bis 270 kWh möglich
macht. Die ersten zwölf Einheiten des neuen
LLE 99 E-Busses kommen seit Dezember in
der niederländischen Provinz Limburg zum
Einsatz – darunter auf einer neuen Buslinie
von Venlo ins niederrheinische Kaldenkirchen.
Solaris präsentierte in diesem Jahr neben dem
new Urbino 12 electric zwei weitere Busse mit
alternativem Antrieb. Dazu gehört die Hybridversion mit dem seriellen Hybridantrieb
HybriDrive des amerikanischen Produzenten
BAE Systems. Diese Lösung beruht auf ei-
nem elektrischen Motor, der Strom aus einem
Energiespeicher bezieht, der seinerseits über
einen Stromgenerator geladen wird. Im Hybridbus besteht die Möglichkeit, ein Stop-andGo-System einzubauen, das den Dieselmotor
während eines Zwischenstopps an der Haltestelle ausschaltet und die emissionsfreie Abfahrt von der Haltestelle gestattet.
Eine weitere Neuheit von Solaris: der
12-m-Urbino CNG. Das Antriebsmodul besteht aus einem Cummins-Motor, dem Euro-6-konformen ISLG mit 320 PS, der hier
an ein Voith-Diwa6-Getriebe gekoppelt ist.
Anders als in den vorherigen Versionen des
Urbino sind die Gasspeicher aus Verbundwerkstof auf dem Dach längsseits montiert.
Diese Technologie ermöglicht es, bis zu 80 kg
an Gewicht einzusparen.
Mit dem Testeinsatz auf einer Bustrasse
südlich von Amsterdam präsentierte Daimler-Benz im Sommer seine Vorstellungen für
den Busverkehr von morgen und rührte für
seinen „Bus of the future“ die Werbetrommel.
Vollgespickt mit Technik soll dieser einen
teilautonomen Busverkehr ermöglichen. Das
Fahrpersonal soll allerdings nicht überlüssig
werden, es könnte Auskünfte erteilen oder
Snacks verkaufen.
Und diese Technik beinhaltet das System:
zwei Nahbereichssensoren in der Frontpartie sowie an den Busecken decken die Entfernungen von 50 cm bis 10 m ab. Zwei Stereokameras mit einer Erfassungsweite bis
50 m sollen räumliches Sehen ermöglichen
und Hindernisse erfassen. Die exakte Positionierung erfolgt über GPS, Spurkameras sowie weitere vier Kameras. Diese erfassen die
Umgebung und vergleichen sie mit zuvor erfassten Bildern. Sie arbeiten auf 8 cm genau.
Zwei weitere Nahbereich-Kameras sind vorn
an den Seiten senkrecht nach unten gerichtet. Sie erfassen und analysieren die Fahrbahnoberläche und vergleichen sie ebenfalls
mit gespeicherten Aufnahmen. Drei Kameras
dienen zur Dokumentation des Betriebsablaufs. Und schließlich wird bei höheren Geschwindigkeiten ein Fernbereichsradar mit
einer Reichweite von bis 200 m aktiviert.
Stadler
NEUE SCHNELLBAHNEN
Abb. 1: Die neue Kleinproil-U-Bahn „Icke“ für die BVG.
Schick, praktisch
und sparsam
Neue Triebwagen für städtische Schnellbahnen
Frank Muth, Hamburg
D
as Jahr 2016 stand bei den U- und
S-Bahnen stark im Zeichen von
neuen
Fahrzeuggenerationen.
Es wurden neue Fahrzeuge bestellt, Prototypen vorgestellt oder in die
Erprobung beziehungsweise Zulassung
geschickt, und es beinden sich auch neue
Fahrzeuge in Auslieferung.
U-Bahnen
Berlin, Hamburg und München ziehen als
größte Metropolen viele neue Einwohner
an. Das lässt auch die Fahrgastzahlen bei
den Schnellbahnen steigen. Taktverdichtungen und Netzausbauten werden vorbereitet. Die Wagenparks müssen größer werden – und jünger. Sowohl Berlin als auch
Hamburg setzen noch Fahrzeuge aus den
1960er und 1970er Jahren ein.
In Berlin weist die Kleinproil-Flotte ein
Durchschnittsalter von 29 Jahren und die
Großproil-Flotte ein solches von 27 Jahren
auf. „Gesund“ wäre laut BVG-Vorstand Dr.
Sigrid Evelyn Nikutta ein Durchschnittsalter
von 20 Jahren. Sowohl für die Klein- als auch
die Großproillinien wird die Ausschreibung
von Neufahrzeugen vorbereitet. Bis zum Jahr
2035 sollen 60 Prozent der jetzigen Fahrzeu-
ge durch neue abgelöst sein. Die laufende
Ertüchtigung älterer Großproil-Fahrzeuge
wird bis 2018 abgeschlossen. Bei der jüngeren Serie F79 wird wegen des fortgeschrittenen Substanzverzehrs nur noch eine Instandsetzung für eine Laufzeitverlängerung
um acht bis zehn Jahre durchgeführt.
Im Juli hat die BVG bei Stadler weitere 27
U-Bahnzüge des vierteiligen Typs IK bestellt,
der zur Fahrzeugfamilie Tango gehört. Neben
den beiden bereits im Fahrgastbetrieb eingesetzten Kleinproil-Prototypen beindet
sich eine Vorserie von elf Einheiten im Bau.
Diese sollen so ausgeführt werden, dass sie
auch auf Großproillinien eingesetzt werden
können. Bis 2019 sollen alle 40 Fahrzeugeinheiten zur Verfügung stehen. Jede Einheit ist
durch die bombierte Ausführung des Wagenkastens maximal 2,40 m (statt 2,30 m) breit
und misst über Kupplung 51,61 m Länge. Die
durchgehend begehbaren Einheiten verfügen über 72 bis 80 Sitz- und 258 Stehplätze.
Der BVG-Aufsichtsrat hat am 31. Oktober beschlossen, bis 2035 rund 3,1 Mrd Euro in die
Erneuerung des Fuhrparks der U-Bahn (und
der Straßenbahn) zu investieren. In einer ersten Tranche sollen für die U-Bahn mindestens 182 Wagen für den Kleinproil-Netzteil
und mindestens 264 für den Großproil-Netzteil beschaft werden als Ersatz für ältere Wagen und für die wachsende Nachfrage.
Bei der U-Bahn Hamburg wurde in 2016
die Auslieferung des dreiteiligen Typs DT5
fortgesetzt, die die Baureihe DT3 (Baujahre
1968-1971) bis auf zehn Exemplare ablösen
werden, die einmal für eine Laufzeitverlängerung bis 2025 ertüchtigt werden sollen, um
den Reservepark aufzustocken. Bis 2019 sollen insgesamt 118 DT5 ausgeliefert werden über 50 Fahrzeuge sind bereits in Hamburg.
Die durchgängig begehbaren Fahrzeuge von
Alstom/Bombardier sind durch eine gewölbte Außenhaut nun maximal 2,60 m breit und
40 m lang. Sie bieten 96 sitzenden und 128
stehenden Fahrgästen Platz.
Für die kommende U-Bahnlinie U5 ist automatischer Betrieb vorgesehen. Noch
nicht endgültig ist geklärt, ob diese Linie
ein breiteres Proil erhalten soll. 2014 hatte
die Hochbahn eine Vor-Ausschreibung von
einem 40 und 80 m langen Typ vorgesehen.
Bei der U-Bahn München liegt der Fokus
derzeit vor allem auf der Zulassung der
21 seit 2013 ausgelieferten sechsteiligen
Einheiten des Typs C2. Die von Siemens
ÖPNV-REPORT 2016/2017
49
Bombardier
Foto: Lothar Kuttig
NEUE SCHNELLBAHNEN
Abb. 3: Die Metro für Riad stellte Hersteller Siemens auf der Innotrans
2016 in Berlin aus. Das Foto zeigt das „Familienabteil“.
gebauten Fahrzeuge sind durchgängig
begehbar, haben bei einer Länge von 115
m und einer Breite von 2,90 m ein Fassungsvermögen von 940 Fahrgästen. Es
besteht eine Option auf weitere 46 Einheiten. Bei Redaktionsschluss fuhren
drei Einheiten im Fahrgastbetrieb auf
einer Teilstrecke der U6 im Norden Münchens. Ein vierter Zug befand sich im Zulassungsverfahren.
Die VAG Nürnberg hat im Sommer 2016
mit Siemens die Lieferung von 21 vierteiligen U-Bahnfahrzeugen schriftlich vereinbart mit einer Option auf bis zu 13 weitere
Einheiten. Diese neue Baureihe G1 soll die
letzten Triebwagen der ersten Generation ablösen und gegebenenfalls auch den
Bedarf künftiger Neubaustrecken abdecken. Das Fahrzeug wurde für die besonderen Bedingungen des Nürnberger Netzes
entwickelt, wird aber Komponenten der
U-Bahnfamilie Inspiro (etwa Drehgestelle
und Antriebe) verwenden. Über die Fahrzeuge ist bisher bekannt, dass sie etwa 75
m lang sein und breitere Türen sowie ausfahrbare Schiebetritte erhalten sollen. Die
Züge werden klimatisiert und auch für den
automatischen Betrieb vorgerüstet.
Neue Metro-Modelle
auf der Innotrans 2016
In Berlin zeigte Siemens mit dem Metrozug für Riad, dass sich auch außergewöhnliches Design mit der modularen Metro-Plattform Inspiro realisieren lässt. 2,74
m breit und 37,8 beziehungsweise 75,7 m
lang sind die zwei- und vierteiligen Einheiten. Der Zweiteiler bietet 55 feste plus acht
Klappsitze und 251 Stehplätze. Die Züge
werden vollautomatisch verkehren.
50
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Abb. 4: Computeranimation der Metro-Plattform Movia Max von Bombardier.
Ganz neu stellte Bombardier seine Metro-Plattform Movia Maxx vor. Diese besonders fassungsstarken Züge können
mit drei bis acht Wagen gebaut werden
und je Fahrzeugseite bis zu vier Türen mit
einer Breite von 1400 bis 1600 mm für
schnellen Fahrgastwechsel erhalten. Bei
einer Kapazität von bis zu 374 Fahrgästen
pro Einzelwagen kann ein solcher AchtWagen-Zug dann fast 3000 Fahrgäste befördern. Die Fahrzeuge können konventionell mit Fahrer oder vollautomatisch
eingesetzt werden.
wird die Leistungselektronik hermetisch
von der Kühlluftführung getrennt - eine
bei der Metro Oslo bewährte Lösung. Eine
automatische Türschließung soll ein Auskühlen oder Aufheizen der klimatisierten
Fahrzeuge verhindern.
Für die S-Bahn Berlin wurde im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Verkehrsvertrages für das Teilnetz „Ring“ im Januar 2016 auch der Rahmenvertrag mit dem
Konsortium Stadler-Siemens öfentlich, der
die Bestellung von bis zu 1380 Einzelwagen
erlauben würde. Fest bestellt sind zunächst
21 zweiteilige Viertelzüge (38,8 m lang, Baureihenbezeichnung 483) und 85 vierteilige
Halbzüge (73,6 m lang, Baureihenbezeichnung 484). Das entspricht 382 Einzelwagen.
Alle Türen sollen mit Lichtgittern ausgerüstet werden. Leuchtbänder über den Fenstern
zeigen in grüner oder roter Farbe an, ob die
Tür benutzbar ist. Ferner wird in jedem Viertelzug die Tür mit einer Spaltüberbrückung
versehen, die sich bei den Rollstuhlstellplätzen in der Nähe des Fahrers beindet. Durch
die Crashelemente sind die Fahrerstände
nun deutlich größer geworden. In den Fahrerpulten konnten alle Bildschirme integriert
werden, die für die Überwachung des Fahrgastwechsels notwendig sind. Pro Viertelzug
gibt es neben 80 Sitzplätzen zwei Mehrzweckbereiche für Rollstühle und Kinderwagen.
Maximal können 94 Stehplätze genutzt werden. Im Halbzug wird ein weiterer Mehrzweckbereich in der Fahrzeugmitte angeordnet, der Platz für bis zu zwölf Fahrräder bieten
soll. Ein Halbzug verfügt über 202 Stehplätze,
144 feste Sitzplätze und 40 Klappsitze.
Grundsätzlich sollen in die neuen Fahrzeuge „robuste und einsatzbewährte Komponenten“ verbaut werden. Sie sind so konstruiert, dass bei Ausfall einer einzelnen
technischen Komponente immer noch ein
„zuverlässiger Betrieb gewährleistet“ werden kann. Jeder Einzelwagen eines Viertelzuges wird bei einer Achsfolge (1A)‘Bo‘
+ Bo‘(A1) einen eigenen Traktionsumrichter für die drei Antriebsachsen und jeder
Halbzug zwei Hilfsbetriebeumrichter erhalten. Jeder Viertelzug verfügt auch über eine
Magnetschienenbremse. Gegen Störungen
durch winterliche Witterungsverhältnisse
Im Oktober wurde zunächst ein 1:1-Modell
vorgestellt. An diesem in den Filmstudios
Babelsberg gefertigten Mockup sollte mit
400 ausgewählten Fahrgästen und Vertretern von Verbänden die Gestaltung im
Detail kritisch betrachtet und wo möglich
verbessert werden. Konsortialführer Stadler
wird mit der Tochter Stadler Pankow GmbH
für die Fertigung der Alu-Wagenkästen, Inneneinrichtung, Endmontage sowie die Zulassung zuständig sein, während Siemens
Drehgestelle, Antriebs- Steuerungs- und
Leittechnik fertigt und die Integration der
gesamten Zugtechnik übernimmt. Die ers-
S-Bahnen
NEUE SCHNELLBAHNEN
Fast zeitgleich wurde bei der S-Bahn Hamburg der erste Zug einer acht Einheiten
umfassenden Vorserie für die neue S-Bahnbaureihe 490 präsentiert, der anschließend
die ersten Testfahrten im Hamburger Gleichstromnetz aufnahm. Die dreiteiligen Kurzzüge sind bei einer Länge von 66 m durchgehend begehbar und bieten 190 Sitz- und
280 Stehplätze. Bis Dezember 2018 werden
insgesamt 60 Einheiten geliefert – 29 Einheiten als Einsystemer mit der Baureihenbezeichnung 490.1 für das Gleichstromnetz
(1,2 kV DC) und 31 Einheiten 490.2 als Zweisystemfahrzeuge, die zusätzlich auch unter
konventioneller Fahrleitung (16,7 kV/15 Hz)
weiterfahren können. Bis 2018 besteht eine
Option auf bis zu 86 weitere Einheiten für
die geplanten Netzerweiterungen um bis zu
154 km und zusätzliche Züge im 147 km langen Bestandsnetz.
Die
Fahrzeuge
mit
der
Achsfolge
2‘Bo‘+Bo‘Bo‘+Bo‘2‘ werden von acht Fahrmotoren mit je 170 kW angetrieben und können
unter Fahrdraht bis zu 140 km/h erreichen. Bei
den Zweisystemeinheiten wird die Hochspannungsausrüstung im Mittelwagen unterlurig
in vorkonigurierten Containern seitlich angeordnet, während mittig Platz für Kabelbäume
und Rohrleitungen ist. Die Bodenwannen
der Wagen sind unten komplett geschlossen.
Der Zug erfüllt außerdem die TSI-Crashnorm.
Hinter den Fahrerständen ist jeweils ein großes Mehrzweckabteil angeordnet.
Die niedrige Decke über dem Sitzbereich
ermöglicht den Einbau der Klimaanlage im Deckenbereich; diese nutzt neben
der Abwärme von der Antriebsausrüstung
die Fahrgastraumluft. Wärmepumpen zur
Energiegewinnung sind bisher einmalig in
Europa. Ergänzend wird sensorgesteuert
nach Bedarf auch Frischluft ins Fahrzeuginnere geleitet. Jeder Einzelwagen verfügt über drei Doppeltüren je Seite ohne
Spaltüberbrückung. Die Trittkanten werden
beleuchtet, die Wagen im typischen BahnRot lackiert, wobei auf der Stirnfront das
markante silberfarbene „H“ (für Hamburg“)
aufällt. Das Zugdesign hat in 2015 schon
den Designpreis Brandenburg und den
Good Design Award Chicago erhalten.
Gefertigt werden die Fahrzeuge von Bombardier Transportation in Hennigsdorf;
Zum Autor
Frank Muth, M.A, ist seit vielen Jahren als freier Journalist und Sachbuchautor tätig. Er hat an der Universität Mannheim Politikwissenschaft, Medienwissenschaft und Anglistik studiert.
verschiedene Komponenten werden aus
anderen Werken zugeliefert. Erste Fahrgastfahrten der Vorserienfahrzeuge sind
für Herbst 2017 vorgesehen. Bis Ende 2018
soll die Baureihe 490 die aus den 1970er
Jahren stammende Baureihe 472/473 ablösen und den Wagenpark auch erweitern.
Ebenfalls im Oktober 2016 wurden die von
2019 bis 2034 laufenden Verträge über den
Betrieb der S-Bahn Rhein Ruhr unterzeichnet. Vertragspartner sind dabei der
Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, die Betreiber sowie die Fahrzeug-Hersteller, Fahrzeuginstandhaltungsunternehmen und die Banken. Der Aufgabenträger stellt die Fahrzeuge
zur Verfügung: Für das Los A (Zuschlag für
Keolis) mit knapp 4,8 Mio Zug-km pro Jahr
wird der VRR von DB Regio 48 gebrauchte Triebwagen der Baureihe 422 kaufen, die
bis mindestens 2034 von DB Regio gewartet
und permanent verfügbar gehalten werden.
Hintergrund: An den Strecken der Linien S1
und S4 sind viele Stationen mit einer Bahnsteighöhe von 96 cm ausgestattet, die frühestens im vierten Jahrzehnt auf eine Höhe
von 76 cm umgerüstet werden können. Daher
sollen hier Fahrzeuge mit einer Einstiegshö-
he von 96 cm und einer Restnutzungsdauer
von 15 bis 20 Jahren eingesetzt werden.
Außerdem wird der VRR von Stadler Pankow
24 fünfteilige und 17 dreiteilige Elektrotriebzüge vom Typ Flirt 3XL beschafen, die 180
beziehungsweise 296 Sitzplätze aufweisen
werden. Stadler wird 30 Jahre lang die Wartung der Züge übernehmen. 31 dieser Züge
sind für das Los B mit etwa 7,1 Mio Zug-km
bestimmt, das künftig von Abellio betrieben
wird. Zehn Fahrzeuge gehen an die Regiobahn als Betreiber der S 28 (Kaarst–Düsseldorf–Mettmann–Wuppertal).
Neue Regionaltriebwagen
auf der Innotrans
Alstom hat als Alternative zur Elektriizierung von Strecken den Coradia iLint vorgestellt. Der CO2-emissionsfreie Regionalzug
wird von Wasserstof-Brennstofzellen mit
Strom versorgt, gibt lediglich Wasserdampf
und Kondenswasser ab und zeichnet sich
durch einen geräuscharmen Betrieb aus.
Den Betreibern wird ein Komplettpaket aus
einer Hand angeboten, das auch die Instandhaltung und die gesamte Wasserstof-
ergon3design
ten zehn Fahrzeuge sollen ab 2020 im Einsatz sein. Anschließend werden fortlaufend
bis 2023 alle übrigen Fahrzeuge geliefert. Ihr
Einsatzgebiet (Ring und östliche Zubringerlinien) umfasst etwa ein Drittel des zurzeit
327 km langen Berliner S-Bahnnetzes.
Abb. 2: Die VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg hat bei Siemens 21 vierteilige
U-Bahn-Züge vom Typ G1 bestellt. Der Vertrag beinhaltet zwei Optionen über insgesamt bis zu
13 weitere Fahrzeuge. Die Züge sind für den Einsatz auf der Linie U1 vorgesehen. Die Auslieferung ist ab Mitte 2018 geplant.
ÖPNV-REPORT 2016/2017
51
NEUE SCHNELLBAHNEN
infrastruktur umfasst. Der Coradia iLint
basiert auf dem Dieselzug Coradia Lint 54.
Die Markteinführung erfolgt auf der Basis
der Absichtserklärungen für die Nutzung
emissionsfreier Züge mit Brennstofzellen,
die 2014 mit den Ländern Niedersachsen,
Nordrhein-Westfalen,
Baden-Württemberg und dem hessischen Aufgabenträger
Rhein-Main-Verkehrsverbund unterschrieben wurden.
Das kroatische Unternehmen Koncar zeigte einen dreiteiligen Niederlur-Regionalzug mit Diesel-Elektroantrieb mit
167 Sitz- und 175 Stehplätzen, vier Paar
Zweiflügeltüren, zwei Rampen für Rollstuhlfahrer sowie Platz für Fahrräder. Der
Zug ist mit einem modernen Heiz- und
Lüftungssystem, Videoüberwachung und
WiFi-Internetzugang ausgestattet. Die
diesel-elektrische Antriebseinheit wurde
auf der Basis der elektrischen Plattform
von Koncar entwickelt und vereint diesel-elektrische und elektrische Antriebe,
kann aber auch für andere Versorgungsspannungen angepasst werden. Eben-
so lassen sich Hybridlösungen realisieren.
Siemens hat die neue Fahrzeugplattform
Mireo vorgestellt, einen skalierbaren Gliederzug mit innengelagerten Drehgestellen für Regional- und Pendlerverkehr. Vom
Zwei- bis zum Sieben-Teiler sind Zuglängen zwischen 50 und 140 m sowie Höchstgeschwindigkeiten zwischen 140 und 160
km/h realisierbar. Durch die platzoptimierte
Bauweise steht die Nutzläche vollständig
den Fahrtgästen zur Verfügung. Die Leichtbauweise, energieeiziente Komponenten
und ein intelligentes Bordnetzmanagement
führen zu einem um 25 Prozent reduzierten
Energieverbrauch. Das Fahrerassistenzsystem steuert weitere 30 Prozent Einsparung
an Energie bei. Die Recycling-Quote liegt
bei 95 Prozent. Verschiedene Wagenkastenlängen, Zugkonigurationen, Höchstgeschwindigkeiten sowie Einstiegshöhen sind
realisierbar. Optional kann der Mireo mit
elektrischen Traktionsbatterien zur Überbrückung von oberleitungsfreien Strecken ausgerüstet werden.
Fazit
Unübersehbar achten alle Hersteller heute
auf gute Umweltwerte. Leichtbauweisen,
LED-Beleuchtung et cetera sollen helfen,
den Energiebedarf des Verkehrs und damit
weitere Kosten zu senken. Auch auf niedrige Life-Cycle-Kosten wird geachtet. Allerdings zeigen gerade die Fahrzeugbestellungen für über acht Jahrzehnte und länger
gewachsene Netze, dass dem modularen
Ansatz im Fahrzeugbau Grenzen gesetzt
sind, wo für spezielle Lichtraumproile und
betriebliche Gegebenheiten eigene Lösungen zu entwickeln sind.
Dabei sollen die Züge aber mehr denn je
auch durch Optik und Komfort überzeugen,
denn bei freier Verkehrsmittelwahl werden
die Fahrgäste anspruchsvoller. Die Branche
hat sich ofensichtlich darauf eingestellt,
dass bei mittelfristig eher sinkenden öffentlichen Zuschüssen für den Nahverkehr,
die Fahrzeugbesteller heute attraktive, umweltfreundliche aber auch bezahlbare Fahrzeuge wünschen.
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Ein Tag.
124 Vorfälle.
124 richtige Entscheidungen.
Wenn Sie für die Sicherheit und den Schutz eines öfentlichen städtischen
Verkehrssystems mit Hunderten von Bussen verantwortlich sind, müssen
Sie jeden Tag eine große Anzahl von Vorfällen erkennen, bewerten und
behandeln. Aus diesem Grund haben wir sichergestellt, dass unsere
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ÖPNV-REPORT 2016/2017
BESTELLUNGEN BAHNEN
Neu auf den Schienen
Bestellungen und Auslieferungen von neuen Bahnen im Stadt-, Nah- und Regionalverkehr
Jan Asshauer, Essen
A
uf dem Markt der Schienenfahrzeuge für den ÖPNV (Straßenbahn und SPNV) in Deutschland
hat es in den vergangenen zwölf
Monaten einige bemerkenswerte Entscheidungen gegeben.
Bestellungen
In der Hauptstadt gingen Siemens und
Stadler Pankow dagegen gemeinsam als
Gewinner der Fahrzeugausschreibung
der DB AG-Tochter S-Bahn Berlin hervor. Das Herstellerkonsortium hat eine
Mammutaufgabe zu stemmen: 85 Halbund 21 Viertelzüge wurden 2016 bestellt,
der Rahmenvertrag umfasst aber bis zu
1380 Wagen. Doch nicht nur über neue
S-Bahn-Züge dürfen sich die Berliner
bald freuen, sondern auch über fabrikfrische Straßen- und U-Bahnen. Hier
DB AG/Kai Michael Neuhold
VRR
So wird sich das Bild der Züge in den Ballungsräumen von NRW ab 2018/2019 sehr
verändern. Während der Verkehrsverbund
Rhein-Ruhr (VRR), der neuerdings auch als
Fahrzeugbesteller agiert, sich 2015 beim
Rhein-Ruhr-Express (RRX) für den Desiro
HC von Siemens entschieden hatte, konnte
Stadler im März 2016 die Zugausschreibung
des VRR für vier S-Bahn- und drei RE/RB-Linien gewinnen. Dafür wird Stadler Pankow
41 Elektrotriebzüge vom Typ Flirt3XL ins
Ruhrgebiet und ins Rheinland liefern. Der
Hersteller – die Berliner Tochter der schweizerischen Stadler Rail – übernimmt auch für
30 Jahre die Wartung der ET.
Abb. 1: Das 1:1 Wagenmodell der neuen S-Bahn für Berlin.
Abb. 2: Die Flirt3 von Stadler werden an Rhein und Ruhr unterwegs sein.
Tab.1: FZ-Ausschreibungen (10.2015–10.2016)
Einsatzgebiet
Fahrzeugart
Anzahl
Termin
Ausschreibung
Lieferung bzw.
Einsatzstart
Abellio Rail Südwest
je nach Vergabeauftrag der
Aufgabenträger
Elektrotriebzüge ein- und/oder
doppelstöckig
bis 20 (Los 1) und bis zu
30 (Los 2)
4.2016
bis Ende 2019
Abellio GmbH
je nach Vergabeauftrag der
Aufgabenträger
einstöckige Elektrotriebzüge
bis zu 150 (Rahmenvertrag)
5.2016
Einzelabrufe gemäß
Lieferplan des Auftraggebers
Verkehrsverbund
Rhein-Ruhr
Linie Essen–Borken/Coesfeld
Triebzug mit
Brennstoffzellenantrieb
ca. 12
4.2016
12.2020
Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein GmbH NAH.SH
überwiegend nicht elektriizierte SPNV-Strecken in
Schleswig-Holstein
Triebzüge mit elektrischem Antriebsstrang (technologieoffen)
ca. 52
8.2016
ab 2021
Braunschweig
innerstädtisch
Niederlur-Stadtbahn
7
5.2016
2019
1.2016
2019–2021 (Optionen
bis 2022)
Besteller/Betreiber
Eisenbahn, S-Bahn
Straßenbahn, Stadtbahn, U-Bahn
Braunschweiger
Verkehrs-GmbH
Bremer Straßenbahn AG
Bremen
Niederlur-Straßenbahn
67 plus Optionen
10 und 7
HEAG mobilo GmbH
Darmstadt
Niederlur-Straßenbahn Typ
ST15
14 plus Option 6
4.2016
bis 2019
Duisburger Verkehrsgesellschaft AG
Duisburg
Straßenbahn
47
9.2016
2020
Stadtverkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder)
Frankfurt/O
Niederlur-Straßenbahn
13
wird vorbereitet
vrsl. bis 2021
Dresden
Straßenbahn
(2,65 m breit)
10
wird vorbereitet
bis 2020
Dresdner Verkehrsbetriebe
ÖPNV-REPORT 2016/2017
53
BESTELLUNGEN BAHNEN
haben die BVG weitere Optionsabrufe
getätigt.
Für das „Stuttgarter Netz“ hat die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg
(NVBW) wichtige Entscheidungen gefällt,
die den Fahrgästen neue Betreiber und
neue Züge bescheren. Im Los 1a (Neckartal) wird ab Dezember 2019 Abellio mit 43
Talent-2-Triebzügen an den Start gehen. Für
die Lose 2 (Rems-Fils) und 3 (Franken-Enz)
setzt Betreiber Go-Ahead auf den Flirt3 von
Stadler Pankow, der mit insgesamt 45 Zügen
facettenreich in drei-, vier-, fünf- und sechsteiliger Ausführung anrollen wird.
Auch bei neuen Zweisystem-Stadtbahn-Bestellungen der Karlsruher AVG
waren Bombardier und Stadler Pankow
erfolgreich, während Siemens mit dem
Straßenbahn-Auftrag aus München in
diesem Segment schon bessere Jahre erlebte. Zumal mit Škoda ein weiterer Anbieter den deutschen Tram-Markt betritt:
Mit der Chemnitzer Verkehrs-AG hat sich
hierzulande erstmals ein Straßenbahnbetrieb für neue Fahrzeuge des tschechischen
Herstellers entschieden. Für Schlagzeilen
sorgten die Sachsen 2016 auch mit ihrem
„Chemnitzer Modell“: Wegen Zulassungsproblemen hatte sich der Einsatz der Hyb-
rid-Stadtbahnen des Konsortiums Vossloh
Kiepe/Stadler Rail Valencia verspätet. Seit
August 2016 dürfen sie endlich durchgehend vom städtischen Tramnetz auf Eisenbahnstrecken des Umlandes übergehen.
Auslieferungen
Womit wir bei Neufahrzeugen sind, die
in den vergangenen zwölf Monaten aufs
Gleis kamen. Auch hier ist Stadler Pankow mit dem Flirt3 dabei: Im Juni erhielt
Abellio Rail NRW den ersten Zug für das
Niederrhein-Netz des VRR. Seit dem 11.
Dezember 2016 bedienen diese Fahrzeuge
Tab. 2: Fz-Bestellungen (10.2015–10.2016)
Einsatzgebiet
Hersteller
Fahrzeugart
Typ/Baureihe
Anzahl
Zuschlag bzw.
Vertragsunterzeichnung
Auslieferung
bzw. Betriebsstart
Abellio Rail Südwest
Stuttgarter Netz Los
1a (Neckartal)
Bombardier
Transportation
Elektrotriebzug
Talent 2
43
(24 drei- und 19
fünfteilige)
6.2016
6.2019–6.2020
Go-Ahead Verkehrsgesellschaft Deutschland
Stuttgarter Netz Los
2 (Rems-Fils) und
Los 3 (Franken-Enz)
Stadler Pankow
ET
Flirt3
45 (11 dreiund 15 fünfteilige
für Los 2 sowie
9 vier- und 10
sechsteilige für
Los 3)
5.2016
2019
Abellio Rail Mitteldeutschland
Dieselnetz
Sachsen-Anhalt
Alstom Transport
Dieseltriebzug
Coradia
Lint 41
52
3.2016
12.2018
DB Regio Franken
Dieselnetz Nürnberg
Alstom Transport
Dieseltriebzug
Coradia Lint 54/
BR 622
8
3.2016
3.2019
Hessische Landesbahn
HLB
Netz Südhessen-Untermain
Alstom Transport
Elektrotriebzug
Coradia Continental
30 (13 dreiund 17 vierteilig)
12.2015
12.2018
Transdev Bayerische
Regiobahn
Dieselnetz Augsburg 1
Alstom Transport
Dieseltriebzug
Coradia Lint
28 (19 Lint 41, 4
Lint 54, 5 Lint 81)
3.2016
12.2018
Zweckverband Großraum Braunschweig
ENNO-Netz
Alstom Transport
Elektrotriebzug
Coradia Continental
4
3.2016
6.2017
Verkehrsverbund
Rhein-Ruhr/Abellio
S-Bahn-Netz Los B
(S2, S3, S9, RB3,
RB40, RB41)
Stadler Pankow
Elektrotriebzug
Flirt3XL
31 (7 drei- und 24
fünfteilig)
3.2016
12.2019
Verkehrsverbund
Rhein-Ruhr/Regiobahn
S28
Stadler Pankow
Elektrotriebzug
Flirt3XL
10 (dreiteilig)
3.2016
ab 12.2019
DB AG/S-Bahn Berlin
GmbH
u. a. Ringbahn
Konsortium
Stadler Pankow
und Siemens
Elektrotriebzug
BR 483/484
106 Züge (85
vier-, 21 zweiteilig, aus Rahmenvertrag über 1380
Wagen)
12.2015
2020–2023
DB Regio Baden-Württemberg
Netz Breisgau
Ost-West
Alstom
Elektrotriebzug
Coradia Continental
24 (drei- und
vierteilig)
10.2016
ab 12.2019
Besteller/Betreiber
Eisenbahn, S-Bahn
Straßenbahn, Stadtbahn, U-Bahn
Berliner Verkehrsbetriebe BVG
Berlin
Bombardier
Transportation
Straßenbahn
Flexity
47
12.2015 (Optionsabruf aus Rahmenvertrag von 2006)
2017
Berliner Verkehrsbetriebe BVG
Berlin
Stadler Pankow
U-Bahn
IK
27
6.2016 (eingelöste
Option)
4.2018–6.2019
Chemnitzer Verkehrs-AG
Chemnitz innerstädtisch
Škoda Transportation
Straßenbahn
ForCity Classic
14
6.2016
2018–2019
Albtal-Verkehrs-Gesellschaft
Karlsruher Verkehrsverbund
Konsortium
Vossloh Kiepe/
Stadler Rail
Valencia
Stadtbahn
BOStrab+EBO
Citylink NET
2012
25
3.2016
(2. Option)
ab Herbst 2017
Albtal-Verkehrs-Gesellschaft
Karlsruhe
Bombardier
Transportation
ZweisystemStadtbahn
FlexityTram-Train
12
5.2016 (Abruf aus
Rahmenvertrag von
2009)
2017–2018
Plauener Straßenbahn
PSB
Plauen
Bombardier
Transportation
Straßenbahn
Flexity NGT6
3
12.2015 (Abruf
aus Rahmenvertrag
von 2012)
2017
Hamburger Hochbahn
AG
Hamburg
Konsortium
Alstom/Bombardier
U-Bahn
DT5
27
12.2015
bis 2020
Münchner Verkehrsgesellschaft
München
Siemens
Straßenbahn
Avenio
22 plus Option
124
10.2015
ab 2017
U-Bahn
G1 (vierteilige
Gliederzüge)
21 mit Optionen 6
bzw. 7
12.2015
ab 2018
VAG Verkehrs-AG
Nürnberg
54
U1 Nürnberg
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Siemens
BESTELLUNGEN BAHNEN
zwei Linien zwischen Mönchengladbach,
Düsseldorf und Emmerich. Ab 6. April
2017 geht es dann weiter über die niederländische Grenze bis Arnheim, wofür
sieben der 21 ET eine Zweisystem-Ausrüstung erhalten.
Zum Autor
Jan Asshauer (57) kam bald nach dem Studium zum Verlag Alba Publikation
in Düsseldorf, später Meerbusch. Dort arbeitete er bis 2015 als Redakteur
des „Eisenbahn Magazins“, zuletzt als verantwortlicher Redakteur für den
Bereich Eisenbahn. Daneben war er für andere Fachpublikationen des Verlages tätig.
Bei der S-Bahn Mitteldeutschland rund
um Leipzig nahm ab Jahresmitte DB Regio
Südost 29 nachbestellte Talent 2 von Bombardier in Betrieb. Damit sind dort insgesamt 80 dieser Triebzüge als Baureihe 1442
im Einsatz. Im Elektronetz Mittelsachsen,
das seit 12. Juni 2016 neu von Transdev
Mitteldeutsche Regiobahn betrieben wird,
sorgen 29 ET vom Alstom-Typ Coradia
Continental für frischen Wind in der Region
zwischen Dresden und Hof.
schen Herstellers Pesa, deren Zulassung
sich verzögert. Diesen Schritt hat die Niederbarnimer Eisenbahn bereits hinter sich:
Als erstes deutsches EVU setzt die NEB
den Link – vorerst nur in der zweiteiligen
Ausführung – seit Juni 2016 im Regionalverkehr in Brandenburg ein.
Noch warten müssen dagegen die Kunden von DB Regio in Hessen und NRW auf
die neuen Link-Dieseltriebzüge des polni-
Ende September 2016 traf in Bochum
die erste Variobahn von Stadler Pankow
ein. 42 dieser Straßenbahnen werden im
Netz der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn für einen Generationswechsel
sorgen. Einen solchen vollzieht derzeit
auch die Wuppertaler Schwebebahn: Mit
der neuen Wagengattung von Vossloh
Kiepe – der erst dritten nach 1901 und
1972 – steht der berühmten Hängebahn
eine vollständige Zäsur im Fahrzeugpark
bevor.
Tab. 3: Fz-Lieferungen (10.2015–10.2016)
Einsatzgebiet
Hersteller
Fahrzeugart
Typ/Baureihe
Anzahl
Bestelltermin
Auslieferung
bzw.
Betriebsstart
Verband Region Stuttgart/
DB Regio
S-Bahn Stuttgart
Bombardier
Transportation
Elektrotriebzug
BR 430
10
7.2014
ab 7.2016
Verkehrsverbund Rhein-Ruhr/
Abellio Rail NRW
Niederrhein-Netz
Stadler
Pankow
Elektrotriebzug
Flirt3 fünfteilig
21 (davon sieben Zweisystem
für NL)
6.2013
ab 6.2016
DB Regio Südost
S-Bahn Mitteldeutschland
Bombardier
Transportation
Elektrotriebzug
Talent 2/
BR 1442
29
3.2014
ab 7.2016
Zweckverband Verkehrsverbund Mittelsachsen/Transdev
Mitteldeutsche Regiobahn
Elektronetz Mittelsachsen
Alstom Transport
Elektrotriebzug
Coradia Continental
29 (13 drei-, 16
fünfteilig)
3.2014
3–6.2016
Netinera/Die Länderbahn
Oberpfalzbahn
Alstom Transport
Dieseltriebzug
Lint 41
12
2.2015
3.2016–6.2016
Niederbarnimer Eisenbahn
NEB
Netz Ostbrandenburg/Heidekrautbahn
Pesa
Dieseltriebzug
Link
9 (7 zwei-, 2
dreiteilig)
8.2013
ab 6.2016
DB Regio Hessen
Dreieichbahn
Pesa
Dieseltriebzug
Link
7 (dreiteilig)
3.2014
Termin 6.2016
nicht eingehalten
DB Regio NRW
Sauerlandnetz
Pesa
Dieseltriebzug
Link
36 (20 zwei-,
16 dreiteilig)
11.2013
Termin 12.2016
verzögert sich auf
2017
DB Regio Bayern
Nürnberg–
Ingolstadt–
München
Škoda Transportation
Elektrolok
109E „Emil
Zátopek“/BR
102
6 (+ 36 Dosto-Wagen)
6.2013
Termin 12.2016
verzögert sich auf
2017
DB Regio NRW
Kölner Dieselnetz
Vareo
Alstom Transport
Dieseltriebzug
Lint 81/BR
620-621
dreiteilig
9
12.2014
2.–9.2016
(Umbau aus
zweiteiligen LINT
54/BR 622)
Besteller/Betreiber
Eisenbahn, S-Bahn
Straßenbahn, Stadtbahn, U-Bahn
Mainzer Verkehrsgesellschaft
MVG
„Mainzelbahn“
Stadler
Pankow
Straßenbahn
Variobahn
10
2013
10.2015–10.2016
Albtal-Verkehrs-Gesellschaft
AVG/Verkehrsbetriebe Karlsruhe VBK
Karlsruher Verkehrsverbund
Konsortium
Vossloh Kiepe/
Stadler Rail
Valencia
Stadtbahn
BOStrab+EBO
Citylink NET
2012
25 (AVG 14,
VBK 11)
5.2015 (1. Option)
2016–2017
Verkehrsverbund Mittelsachsen VMS
„Chemnitzer
Modell“
Stufe 1
Konsortium
Vossloh Kiepe/
Stadler Rail
Valencia
Hybrid-Stadtbahn
Citylink
8+4
2012+2015
ab 4.2016
EBO/8.2016
BOStrab
BOGESTRA
Bochum/Gelsenkirchen
Stadler
Pankow
Straßenbahn
Variobahn
42
8.2015
9.2016–2020
Münchner Verkehrsgesellschaft MVG
München U6
Siemens
U-Bahn
C2
21
11.2010
6.2016 (geplant
war 12.2013)
Wuppertal
Vossloh Kiepe
Schwebebahn
GTW 2014/
Generation 15
31
11.2011
ab 12.2016
Schwebebahn
Wuppertaler Stadtwerke
WSW
ÖPNV-REPORT 2016/2017
55
Daimler AG
BESTELLUNGEN BUSSE
Abb. 1: Ein Citaro vom Marktführer Mercedes-Benz, hier in der CNG-Version.
Busbeschaffungen 2016
Wer beschafft welche Fahrzeuge: Trends und Tendenzen
Jürgen Burmeister, Duisburg
M
ercedes-Benz ist mit Abstand
der Marktführer, wenn es um
Aufträge insbesondere kommunaler oder kreiseigener
Verkehrsunternehmen geht. Die, in der
Tabelle aufgeführten 81 Unternehmen
werden voraussichtlich in diesem Jahr
(bis Jahresende) über 400 Citaros gezogen haben, fast ausschließlich in der
klassischen 12-m-Solobus und 18-m-Gelenkbus-Variante. Auf Platz 2 MAN mit
gut 250 Einheiten, gefolgt von Solaris
mit 120 Bussen. Mit weitem Abstand
folgt Scania. Das Unternehmen konnte
allerdings mit der BVG einen Großauftrag landen. Quasi Einzelstücke lieferten
Van Hool, Rampini, Sileo.
Betrachtet man zusätzlich den Rahmenvertrag der Deutschen Bahn mit MAN
und Iveco verschiebt sich das Bild. Bis
Mitte November erhielten die Busunternehmen von DB Regio 91 Iveco und 94
MAN.
Bei über 90 Prozent aller Busse handelt
es sich um die „konventionellen“ 12- und
18 m-Busse. Bei den Übergrößen konnte Mercedes erste Kunden für seinen
21 m langen Capacity L gewinnen. Über
diese Länge hinaus wurde nur ein Fahrzeug bestellt: Ein Doppelgelenk-Elektrobus mit 24 m, von der ASEAG Aachen
bei Sileo bestellt. Die 15-m-Variante
scheint dagegen eine aussterbende
Gattung zu sein. Lediglich die DB hat
einige und die Regionalverkehr Münsterland einen solchen dreiachsigen Bus
gekauft.
56
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Die RVM Münsterland (über ihr SchnellBus-Netz) und die HEAG Darmstadt (für
ihre AirLiner zum Frankfurter Flughafen) ha-
ben bei Setra einige Doppeldecker bestellt.
Neuer Abnehmer für diesen Bustyp: die Bad
Wildunger BKW, sie hat für im Wettbewerb
Tab. 1: Busbeschaffungen 2016 (Stand 23. November 2016)
von Aachen bis Düsseldorf
Unternehmen
2016
2017/2018
Aachen ASEAG
2x Mercedes Sprinter „NetLiner“
5x VDL Solo Citea
9x Mercedes Gelenk Citaro
1x Sileo S18 Gelenk Elektrobus
1x Sileo S24 Doppelgelenk Elektrobus
4x VDL Solo Citea
5x Mercedes Gelenk Citaro
12x Sileo S18 Gelenk Elektrobus
Augsburg
23x Mercedes Gelenk Citaro Erdgas
Vsl. 7x Mercedes Gelenk Citaro
Erdgas aus Option
Bad Lobenstein Kombus
15x Iveco Solo Crossway LE
Bad Wildungen BKW
5x VDL Doppeldecker für Linie 500
Bad Belzig
2x Mercedes Solo Citaro LE
1x Mercedes Sprinter
1x Mercedes CapaCity gebraucht
Bamberg
4x Mercedes Solo Citaro
3x Mercedes Gelenk Citaro
Berlin
x Scania Gelenk
4x Mercedes Gelenk Citaro
Leasingfahrzeuge
Bielefeld
6x Mercedes Solo Citaro LE
12x Mercedes Gelenk Citaro
5x Mercedes Solo Citaro LE
7x Mercedes Gelenk Citaro
Bochum-Gelsenkirchen
keine
2017 keine
2018 Option
5x NL
25x NG
Bonn
10x MAN Gelenk
6x NL
8x NG
Braunschweig
Celle CeBus
6x Mercedes Solo Citaro
Chemnitz
Keine Beschaffung
Cottbus
4x Mercedes Solo Citaro LE
Burg NJL
Nahverkehrsgesellschaft
Jerichower Land
10x Mercedes Solo Citaro
Darmstadt
1x Setra Doppeldecker S 431 DT für AirLiner
4x Mercedes Solo Citaro
Dortmund
5x MAN Solo
10x MAN Gelenk
Dresden
12x Mercedes Gelenk CapaCity L
8x MAN Gelenk
Düsseldorf
2017
5x Solo geplant
2018
4x Solo geplant
Ausschreibung 2017
5x NL
8x NG
Option 2018
13x NL
80x VDL Citea Solo Leichtbau
BESTELLUNGEN BUSSE
Tab. 2: Busbeschaffungen 2016 (Stand 23. November 2016)
von Duisburg bis Herne
Unternehmen
2016
2017/2018
Duisburg
15x Mercedes Solo Citaro
15x Mercedes Citaro
Solo
Eisenberg JES
12x Mercedes Solo Citaro Ü
2x Mercedes Solo Citaro K
1x Mercedes Solo Integro
Ennepetal
X Solaris Solo newUrbino LE
Erfurt
4x Mercedes Gelenk Citaro
Erlangen
6x MAN Solo NL 273
Esslingen
4x Solaris Gelenk Trollino Batterie/
Obus (2015/2016)
Essen
keine
Frankfurt Main ICB
23x Solaris Solo newUrbino 12
Freiburg
3x Solaris Gelenk newUrbino 18
Unternehmen
Herten
Keine geplant
2016
2017/2018
keine
Ausschreibung 2017
5x NL
Option 2018
12x NG
Jena
2x MAN Solo
Kaiserslautern
3x Mercedes Solo Citaro
3x Mercedes Gelenk Citaro
Karlsruhe VBK
3x Mercedes Citaro Solo
1x Mercedes Citaro Gelenk
3x Solo
1x Gelenk
Kassel KVG
keine
13x Solaris Solo
newUrbino 12
10x Solaris Gelenk
newUrbino 18
Kiel KVG
6x MAN Solo NL 283
17x MAN Gelenk NG 363
2x Mercedes Sprinter City 65
14x Solo
23x Gelenk
4x Solo Solaris
newUrbino
2x Hess Anhänger
Fürth
Tab. 3: Busbeschaffungen 2016 (Stand 23. November 2016)
von Herten bis Münster
Koblenz
4x MAN Gelenk
Köln KVB
29x MAN Solo
20x MAN Gelenk
Köln RVK
18x Mercedes Solo Citaro
2x MAN Gelenk
Krefeld
8x Solaris Solo newUrbino 12
2x Gelenk
Leipzig
6x Solaris Gelenk newUrbino 18
8x Solaris newUrbino
18
8x Solo
8x Gelenk
Fulda
5x MAN Solo dazu
5x Hess Anhänger
Geilenkirchen
3x Solaris Solo newUrbino 12
3x Solaris Gelenk newUrbino 18
4x Mercedes Sprinter (Multibus)
Gifhorn VLG
4x Mercedes Solo LE
2x Mercedes Sprinter
Leverkusen
16x Mercedes Solo Citaro
2x Mercedes Gelenk Citaro
3x MAN Gelenk
Göttingen
5x Solaris Solo Urbino
9x Mercedes Gelenk Citaro
Lüdenscheid
6x Mercedes Solo Citaro
7x Mercedes Gelenk Citaro
Hagen
8x Solaris Gelenk newUrbino 18
Magdeburg
5x Solaris Gelenk newUrbino 18
2x Mercedes Sprinter
Keine Beschaffung
vorgesehen
Halle
6x Mercedes Solo Citaro
Mannheim RNV /
Heidelberg
4x Mercedes Gelenk Citaro
1x Mercedes Solo
Citaro
Mannheim RNV /
Mannheim
5x Solaris Midi
Hamburg HHA
3x Solaris Solo newUrbino 12
Electric
5x Solaris Solo newUrbino 12
25x Mercedes Citaro Solo
8x MAN Solo
12x Mercedes Gelenk Citaro
14x Mercedes Gelenk CapaCity L
4x Mercedes Solo
Citaro
Mannheim RNV /
Ludwigshafen
keine
1x Mercedes Solo
Citaro
Marburg
1x MAN Solo
3x MAN Solo CNG
4x MAN Gelenk
Minden Mühlkreisbus
2x Mercedes Gelenk Citaro
Mönchengladbach
13x Solaris Solo newUrbino 12
7x Solaris Gelenk newUrbino 18
Hamburg VHH
25x Mercedes Solo Citaro
15x MAN Solo
4x Mercedes Gelenk Citaro
8x MAN Gelenk
1x Rampini Elektrobus
2x Van Hool Exquicity Gelenk
Elektrobus
3x Solo + 2x Option
3x Gelenk + 2x
Option
67x Solo
33x Gelenk
13x Solo + 3x Option
2x Gelenk + 4x
Option
Hamm
2x Solaris Solo newUrbino 12
2x Solaris Gelenk newUrbino 18
Monheim
1x MAN Solo NL 293
1x MAN Gelenk NG 323
Hanau
3x Solaris Solo newUrbino 12
2x Solaris Solo newUrbino 18
Mülheim
5x Mercedes Solo Citaro
2x Mercedes Gelenk Citaro
Hannover Regiobus
8x MAN Solo A20
6x Mercedes Solo Citaro
3x MAN Gelenkbusse 18,75 m
2x MAN Gelenkbusse 18 m
3x Mercedes Benz O 530 GÜ
München
6x Solaris Gelenk newUrbino 18
15x MAN Solo, dazu
15x Hess Busanhänger
20x Mercedes Gelenk
Citaro
10x Solaris Solo
newUrbino 12, dazu
10x Hess Busanhänger
Hannover Üstra
3x Solaris Solo newUrbino 12
electric
2016-2019 18x MAN Solo Hybrid
2016-2019 20x Solaris Gelenk
Hybrid
Münster Stadtwerke
8x Mercedes Gelenk Citaro
2x VDL Brennstoffzelle
6x Gelenk geplant
Münster WVG / Knipp
1x Mercedes Solo Citaro
2x Mercedes Solo Citaro K
2x Ford Transit
2 Mercedes Citaro
Solo
Münster WVG / RLG
6x Mercedes Solo Citaro
2x Mercedes Gelenk Citaro
5x Mercedes Solo
Citaro
4x Mercedes Gelenk
Citaro
Herne
3x MAN Gelenk NG 323
2x MAN Solo NL 293
gewonnene Linie 500 nach Kassel von VDL
fünf Doppeldecker bezogen.
konnte mit neun Einheiten zumindest einen
gewissen Verkaufserfolg erzielen.
Auch am unteren Ende der Fahrzeuggrößen
ist die Zahl der beschaften Busse sehr überschaubar. Lediglich der Mercedes Sprinter
Interessant die Entwicklung bei den „alternativen Antrieben“. Erdgasbusse wurden
nur von drei Unternehmen beschaft: Ol-
denburg, das mit der Beschafung 2016 nur
noch Erdgasbusse einsetzt, Augsburg und
Marburg. Die Aussage, es handele sich bei
Hybridbussen um eine „Brückentechnologie“, scheint sich zu bewahrheiten: Lediglich Hannover hat sich in diesem Jahr für
ÖPNV-REPORT 2016/2017
57
BESTELLUNGEN BUSSE
Zum Autor
Dipl.-oec. Jürgen Burmeister (66) bearbeitet als Journalist seit über 30
Jahren das Themenfeld Nahverkehr. Er ist Herausgeber des Infodienstes
ÜberLandBus und ehrenamtlicher Pressesprecher des Dachverbandes der
Bürgerbusvereine in NRW (Pro Bürgerbus NRW e.V.).
Tab. 4: Busbeschaffungen 2016 (Stand 23. November 2016)
von Münster bis Wuppertal
58
Unternehmen
2016
2017/2018
Münster WVG / RVM
4x Mercedes Citaro Gelenk
3x Mercedes Citaro Solo
1x MAN Solo 15 m
1x Setra Doppeldecker
3x Mercedes Citaro Gelenk
4x Mercedes Citaro Solo
2x Setra Doppeldecker
Münster WVG / VKU
1x Mercedes Solo Citaro
7x Mercedes Gelenk Citaro
8x Mercedes Gelenk Citaro
Nauen Havelbus
2x Mercedes Solo Citaro LE
8x Mercedes Gelenk Citaro
Neumarkt / Oberpfalz
1x MAN Solo
Neumünster
1x Mercedes Solo Integro, gebraucht
2x Mercedes Solo Citaro
1x Mercedes Gelenk Citaro
Neuss
2x Solaris Gelenk newUrbino 18
Niedere Börde Bördebus
10x MAN Solo
Nürnberg VAG
10x MAN Gelenk NG 323
6x MAN Solo NL 293
Oberhausen
6x MAN Solo
4x MAN Gelenk
2x Solo
Auslieferung Anfang 2017
Oldenburg
10x Mercedes Solo Citaro Erdgasbus
10x Erdgasbus geplant
Osnabrück
keine
Noch offen
Ostildern GR Omnibus
6x Mercedes Solo Citaro
8x Mercedes Gelenk Citaro
Passau
2x Solaris Gelenk newUrbino 18
Potsdam
5x Mercedes Solo Citaro
3x Mercedes Gelenk Citaro
Regensburg
10x Mercedes Solo Citaro (Bestellung 2015)
5x Rampini Midi Elektrobus
Reutlingen
1x MAN Solo dazu
1x Hess Anhänger
Rostock
2x MAN Solo
4x MAN Gelenk
Saarbrücken
7x MAN Gelenk
3x MAN Solo
MAN aus Option
Salzgitter
4x MAN Solo LE
1x MAN Solo Midi
10x Scania Solo LE
10x Solo, beantragt
4x Gelenk, beantragt
3x Sileo Solo Elektrobusse
9x MAN NL
2x MAN NG
(Bestellung 2016)
Schweinfurt
3x Mercedes Gelenk Citaro
Schwerin
16x Mercedes Solo Citaro
16x Mercedes Gelenk Citaro
Siegen VWS / WernGroup
7x MAN Solo dazu
7x Hess Busanhänger gebraucht
Stade KVG
1x MAN Solo
1x Iveco Solo LE
2x Scania Solo Citywide
21x Mercedes Solo Citaro LE
1x MAN Gelenk
1x Mercedes Gelenk Citaro
Stuttgart
22x Mercedes Gelenk Citaro
18x Solo
Trier
6x Mercedes Gelenk Citaro
8x Solo
3x Elektrobusse mit Kabelladung
Uetersen KViP
4x Volvo Solo 7900 Hybrid, gebraucht von
Hamburg VHH
Ulm
Keine Beschaffung
Viersen
2x Solaris Solo newUrbino 12
2x Solo
Wiesbaden
21x Mercedes Solo Citaro LE
4x MAN Gelenk
10x Solo
4x Solo LE
2x Gelenk
Würzburg NVG
1x MAN Solo
4x MAN Gelenk
1x Solo
4x Gelenk
Wuppertal
18x Mercedes Solo Citaro LE
ÖPNV-REPORT 2016/2017
Keine Beschaffung
diese Antriebstechnik (MAN-Solo- und Solaris-Gelenkbusse) entschieden.
Schwung ist in die Beschaffung von
Elektrobussen gekommen, wenn auch
natürlich der Marktanteil äußerst gering
ist. Da die namhaften Hersteller Mercedes und MAN noch keine rein elektrisch
angetriebenen Busse anbieten, „beherrschen“ – mit Ausnahme der in Salzgitter
ansässigen Sileo, einem Unternehmen
der Bazankaya-Gruppe, ausländische
Hersteller den Markt.
Die Beschaffung von Gebrauchtfahrzeugen bildet bei Verkehrsunternehmen in
öffentlicher Hand die Ausnahme. In der
Regel werden diese beschafft, um kurzfristig Lücken, die beispielsweise durch
einen Betriebshofbrand entstanden
sind, zu überbrücken oder um im größeren Umfang Schienenersatzverkehre
durchführen zu können. Einen anderen
Hintergrund hat die Beschaffung von
Busanhängern durch die Verkehrsbetriebe Westfalen Süd (WernGroup Siegen).
Die sieben Anhänger stammen von den
Verkehrsbetrieben Luzern, die dort durch
die Beschaffung von Doppelgelenk-Trolleybussen entbehrlich wurden.)
Die nachstehende Liste kann keinen
Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
Vergleiche mit anderen Jahren sind nur
unter Vorbehalt möglich. So haben Unternehmen 2015 Busse bestellt, die aber
erst 2016 ausgeliefert wurden. Wenn
dagegen die Bestellung für 2016 planmäßig erfolgt, so werden statistisch
in diesem einen Jahr doppelt so viele
Fahrzeuge beschafft wie in den Jahren
zuvor. In anderen Fällen wurden erste
Fahrzeuge der Bestellung 2015 noch bis
zum Jahresende ausgeliefert, der übrige
Teil dagegen im Frühjahr 2016. Zudem
fehlen die Beschaffungen von Großunternehmen wie Transdev oder RhenusVeniro.
Schwer getan haben sich mit der Bereitstellung von Daten auch einige der
ganz großen Verkehrsunternehmen:
Aus Gründen des Wettbewerbs veröffentliche man keine Daten, so die Antwort. Andere gaben nur die Zahl der
beschafften Busse an, aber keine Angaben zu Fahrzeuggrößen und Herstellern. Wie schön, dass zahlreiche interessierte Laien ihre gesammelten Daten
ins Internet stellen und somit geholfen haben, die Informationslücken zu
überbrücken.
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