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Mietpreisbremse

Full text: Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen / Neitzel, Michael (Rights reserved) Ausgabe Teil 1 Mietpreisbremse (Rights reserved)

Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen Teil 1: Mietpreisbremse Gutachten Michael Neitzel, Sebastian Klöppel, Christoph Dylewski InWIS-Gutachten Bochum, den 23. Mai 2014 Impressum Neitzel, Michael/Klöppel, Sebastian/Dylewski, Christoph Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen Teil 1: Mietpreisbremse InWIS Forschung & Beratung GmbH Springorumallee 5 44795 Bochum Tel.: 0234 - 890 34-0 Fax: 0234 - 890 34-49 E-Mail: info@inwis.de Internet: www.inwis.de InWIS wird getragen von der Gesellschaft der Freunde und Förderer des InWIS e.V. © InWIS, Bochum. Alle Rechte vorbehalten. 2 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Inhalt 1. Einleitung ............................................................................................. 7 2. Die geplanten Regelungen zur Mietpreisbegrenzung ................................ 9 3. Mietpreisbildung in Deutschland – ein Überblick ..................................... 13 3.1. Historische Entwicklung von Regelungen zur Bestimmung der Miethöhe ..................................................................................... 13 3.1.1 Mietpreisrecht bis zur Einführung des Systems der ortsüblichen Vergleichsmiete ................................................ 13 3.1.2 Änderungen am System der ortsüblichen Vergleichsmiete .......16 3.1.3 Ergebnisse des derzeitigen Systems der Preisbildung .............18 3.2. Preisbildung und –entwicklung auf den Wohnungsmärkten ............. 21 3.2.1 Preisbildung bei Erst- und Wiedervermietung (Angebots/Marktmiete) ....................................................................... 21 3.2.2 Preisbildung nach dem System der ortsüblichen Vergleichsmiete (Anpassung von Bestandsmieten) ................ 26 4. Analyse und Beurteilung der Effekte einer Mietpreisbegrenzung bei Wiedermietungen ................................................................................ 29 4.1. Effekte auf die Mietpreisbildung................................................... 29 4.1.1 Einfluss auf die Angebots- bzw. Marktmiete .......................... 29 4.1.2 Einfluss auf die ortsübliche Vergleichsmiete.......................... 34 4.2. Effekte auf den Neubau von Wohnungen ........................................41 4.3. Effekte auf die Modernisierung von Wohnungen ............................ 46 4.4. Sonstige Effekte ........................................................................... 52 5. Besondere Fragestellungen .................................................................. 55 5.1. Vorgehensweise zur Abgrenzung angespannter Märkte ...................55 5.2. Zeitliche Befristung der Mietpreisregelungen ................................ 56 5.3. Anforderungen an Maßnahmenpläne ............................................ 56 6. Fazit ................................................................................................... 58 Literaturverzeichnis ................................................................................. 64 Anhang ................................................................................................... 65 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 3 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Abbildungen Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Beurteilung der Höhe der Wohnkosten durch Mieterhaushalte in Deutschland ...................................................................................... 19 Zufriedenheit der Mieter mit ihrer Wohnsituation ................................ 20 Veränderung der Angebotsmieten zwischen 2006 und 2013 ................. 23 Veränderung der Angebotsmieten in München (PLZ-Bezirke)................. 24 Veränderung der Angebotsmieten in Berlin (PLZ-Bezirke) ..................... 25 Entwicklung von Marktmiete, ortsüblicher Vergleichsmiete und Marktspanne ohne Mietpreisbegrenzung in einem starken Markt ........... 38 Entwicklung von Marktmiete, ortsüblicher Vergleichsmiete und Marktspanne ohne Mietpreisbegrenzung in einem entspannten Markt ... 39 Entwicklung von Marktmiete, ortsüblicher Vergleichsmiete und Marktspanne nach Einführung einer Mietpreisbegrenzung ................... 40 Tabellen Tab. 1: Tab. 2: Tab. 3: Tab. 4: Tab. 5: Tab. 6: Tab. 7: Tab. 8: Beurteilung der Wohnkostenbelastung durch Mieterhaushalte nach ausgewählten Gebietstypen................................................................ 19 Zufriedenheit mit der Wohnsituation nach ausgewählten Gebietstypen..................................................................................... 21 Anstieg der Angebotsmiete nach unterschiedlichen Preissegmenten in ausgewählten Städten .................................................................... 23 Wesentliche Rahmendaten zur Struktur der betrachteten Märkte ........... 25 Entwicklung der durchschnittlichen ortsüblichen Vergleichsmieten in ausgewählten Städten........................................................................ 27 Komponenten der jährlichen Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete ................................................................................ 35 Komponenten der jährlichen Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit Mietpreisbegrenzung ........................................... 36 Komponenten der jährlichen Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit Mietpreisbegrenzung (ohne Bestandsschutz) ......... 37 Tab. 9: Verwendete Parameter und Ausgangsdaten für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen (Neubau) ......................................... 42 Tab. 10: Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete 10,50 Euro/m² und einer jährlichen Mietsteigerungsrate von 1 Prozent............................................................................................. 42 Tab. 11: Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete 10,50 Euro/m², einer jährlichen Mietsteigerungsrate von 1 Prozent und Anstieg des Zinsniveaus .............................................................. 43 Tab. 12: Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete 10,50 Euro/m² und einer jährlichen Mietsteigerungsrate von 0,45 Prozent............................................................................................. 44 Tab. 13: Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete 9,50 Euro/m² und einer jährlichen Mietsteigerungsrate von 0,45 Prozent ..... 45 Tab. 14: Verwendete Parameter und Ausgangsdaten für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen (Modernisierungen) .......................... 47 Tab. 15: Zentrale Ausgangsdaten für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit von Modernisierungen ....................................................................... 47 Tab. 16: Wirtschaftlichkeitsberechnung für moderate modernisierungsbedingte Mieterhöhung ............................................. 48 4 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Tab. 17: Wirtschaftlichkeitsberechnung für angepasste modernisierungsbedingte Mieterhöhung (Ziel: Mindesteigenkapitalrendite).............................................................. 48 Tab. 18: Berechnung der rechtlich zulässigen modernisierungsbedingten Mieterhöhung ................................................................................... 49 Tab. 19: Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Modernisierungsmaßnahme nach Einführung der Mietpreisbegrenzung (differenzierter Mietspiegel) ..................................................................................... 50 Tab. 20: Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Modernisierungsmaßnahme nach Einführung der Mietpreisbegrenzung (Mieterwechsel innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraumes)............................................................... 50 Tab. 21: Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Modernisierungsmaßnahme nach Einführung der Mietpreisbegrenzung (undifferenzierter Mietspiegel) ...................................................................................... 51 Tab. 22: Tabelle des Mietspiegels der Stadt Dortmund 2011.............................. 65 Abkürzungsverzeichnis BGB Bürgerliches Gesetzbuch BID Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland BMG Bundesmietengesetz BMJV Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz DBU Deutsche Bundesstiftung Umwelt EH Energieeffizienzhaus MHG Gesetz zur Regelung der Miethöhe MietNovG Mietrechtsnovellierungsgesetz OVM Ortsübliche Vergleichsmiete u.U. unter Umständen WiStG Wirtschaftsstrafgesetz WKSchG Wohnraumkündigungsschutzgesetz WohnBauG Wohnungsbaugesetz InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 5 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse 1. Einleitung In den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD zur Vorbereitung der Bundesregierung für die 18. Legislaturperiode haben sich die Verhandlungspartner mit der Lebensqualität in der Stadt und auf dem Land auseinander gesetzt. Wichtiges Ziel der Politik der Bundesregierung ist eine hohe Wohn- und Lebensqualität der Menschen in Deutschland.1 Hier gilt es, gutes und bezahlbares Wohnen sicher zu stellen. Koalitionsvertrag befasst sich mit Lebensqualität in der Stadt und auf dem Land Als große Herausforderungen werden der wachsende Wohnungsbedarf in den Ballungszentren und vielen Groß- sowie Hochschulstädten, der energetische Umbau und die demografischen wie auch sozialen Herausforderungen benannt. Wohnungspolitische Herausforderungen der Legislaturperiode Die Parteien haben sich für das Erreichen ihre Ziele auf einen wohnungspolitischen Dreiklang aus Einsatz eines wohnungspolitischen Dreiklangs • einer Stärkung der Investitionstätigkeit, • einer Wiederbelegung des Sozialen Wohnungsbaus, • und einer ausgewogenen mietrechtlichen und sozialpolitischen Flankierung verständigt. Der Koalitionsvertrag sieht dementsprechend unter der Rubrik „bezahlbares Wohnen“ mehrere Veränderungen des Mietrechts vor. Die Maßnahmen, die von der Bundesregierung in Gesetzesvorhaben umgesetzt werden, müssen sich an den Herausforderungen, aber auch den Vorstellungen der Koalitionspartner messen lassen. Maßstab für die Gestaltung von Instrumenten Seit dem Beschluss über den Koalitionsvertrag werden drei Regelungen im Besonderen betrachtet und in der (Fach-)Öffentlichkeit diskutiert, von denen spürbare Veränderungen auf den Wohnungsmärkten erwartet werden. Es handelt sich hierbei um folgende Einzelmaßnahmen2: Hervorgehobene Veränderungen des Miet(preis)rechts • Begrenzung der Mieterhöhungsmöglichkeit bei der Wiedervermietung in nachgewiesen angespannten Wohnungsmärkten auf maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete („Mietpreisbremse“/Mietpreisbegrenzung). • Beschränkung der Umlagemöglichkeit von Modernisierungskosten auf höchstens 10 Prozent und längstens bis zu deren Amortisation. • Verbreiterung der Basis der ortsüblichen Vergleichsmiete im Mietspiegel und realitätsnähere Darstellung. Diese Vorhaben führen zu erheblichen Eingriffen in die seit langem bestehenden Systeme der Mietpreisbildung und stellen – wie bei der sogenannten Mietpreisbremse – eine deutliche Systemveränderung dar. In der Phase des Bundestagswahlkampfes konnte der Eindruck entstehen, dass schnell eine greifbare Lösung für das Thema Mietpreisanstieg in großen Ballungszentren präsentiert werden sollte. Die Schwierigkeiten vieler Mietinteressenten, ins1 2 Geplante Mietrechtsänderungen stellen Systemveränderungen dar Vgl. CDU/CSU/SPD (2013): Deutschlands Zukunft gestalten. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode, Berlin, S. 80 ff. Vgl. CDU/CSU/SPD, 2013, S. 81. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 7 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse besondere in großen, für Wohnen attraktiven Städten eine bezahlbare Wohnung zu mieten und der dort zu beobachtende, nachfragebedingt hohe Anstieg der Marktmieten bei Wiedervermietung waren in der Öffentlichkeit prominent platziert. Komplexität der Wohnungsmärkte erfordert große Sorgfalt Angesichts der Komplexität der Wohnungsmärkte und der Eingriffsintensität, die mit den geplanten Mietrechtsänderungen gewählt wurde und die insbesondere bei einem Systemwechsel konstatiert werden muss, ist es von großer Bedeutung, die zu erwartenden Effekte mit Sorgfalt abzuschätzen, bevor funktionierende und langjährig bewährte Regelungen geändert oder infrage gestellt werden. Bilanzierung der Kosten und des Nutzens erforderlich Eine Analyse der Wirkungen ist erforderlich, um festzustellen, ob die mit den Maßnahmen intendierten Ziele erreicht werden können und welche Ergebnisse zu erwarten sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den Ausgangsbedingungen auf den Wohnungsmärkten, um die Eignung der Maßnahmen beurteilen und deren Nutzen im Verhältnis zu den auftretenden Kosten und Nebeneffekten bilanzieren zu können. Gutachten Teil 1: Wirkungsanalyse der Mietpreisbremse Vor diesem Hintergrund hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) das InWIS damit beauftragt, die betriebswirtschaftlichen Wirkungen der drei genannten Mietrechtsänderungen zu analysieren und transparent zu dokumentieren. Der erste Teil des Gutachtens befasst sich mit der Mietpreisbremse, zu der mittlerweile der Referentenentwurf für ein Mietrechtsnovellierungsgesetz (MietNovG) aus dem Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vorliegt, das für dieses Vorhaben innerhalb der Bundesregierung die Federführung übernommen hat. Die beiden anderen Reglungen – Begrenzung der Umlagemöglichkeiten bei Modernisierungen und Verbreitung der Basis der ortsüblichen Vergleichsmiete im Mietspiegel – werden in weiteren Teilen gesondert aufbereitet. 8 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse 2. Die geplanten Regelungen zur Mietpreisbegrenzung Das BMJV hat am 18. März 2014 den Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG) vorgelegt3. Für dieses Gutachten sind die Regelungen zur Begrenzung der Wiedermietungsmieten von Interesse; das Bestellerprinzip wird nicht betrachtet. Referentenentwurf zur Mietpreisbremse vom 18. März 2014 Die geplanten Regelungen zur Begrenzung der Wiedervermietungsmieten knüpfen an die Beobachtung an, dass vor allem in prosperierenden Städten die Nettokaltmieten bei der Wiedervermietung von bestehenden Wohnungen überdurchschnittlich stark ansteigen. Das führt nach Einschätzung der Bundesregierung dazu, dass insbesondere einkommensschwächere Haushalte, aber mehr und mehr auch Durchschnittsverdiener in den betroffenen Gebieten mit größeren Schwierigkeiten konfrontiert sind, eine noch bezahlbare Wohnung zu finden. Dadurch werde die angestammte Wohnbevölkerung aus ihren Wohnquartierten verdrängt (Gentrifizierung). Anlass für die Mietpreisbremse: Überdurchschnittlicher Anstieg der Wiedervermietungsmieten Die geplanten Regelungen zur Mietpreisbegrenzung sollen durch die §§ 556d bis 556g in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) mit der Überschrift „Vereinbarungen über die Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten“ eingefügt werden und folgenden Inhalt haben: Bestandteile der Regelung Mietpreisbegrenzung Bei der Wiedervermietung einer bereits errichteten Wohnung (Bestandswohnung) darf die Nettokaltmiete höchstens auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich 10 Prozent steigen (Mietpreisbegrenzung). 10-Prozent-Grenze bei Wiedervermietung Im Vordergrund steht das Ziel, zeitnah die negativen Auswirkungen angespannter Wohnungsmärkte zu begrenzen. Als solche negativen Auswirkungen sind die Anmietung bezahlbaren Wohnens und die Verdrängung der Bevölkerung bezeichnet worden. Die Mietpreisbegrenzung wirkt vorrangig auf die Miete, daher wird zu prüfen sein, ob damit der Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung wirksam begegnet werden kann. Zielerreichung bei negativen Auswirkungen des Mietpreisanstiegs noch zu prüfen Die Bundesregierung erwartet, dass sich die vorgesehene Mietpreisregulierung mittelbar auch bei Mieterhöhungen in Bestandsmietverträgen auswirken wird. Die dämpfende Wirkung auf das allgemeine Mietpreisniveau ist als nicht bezifferbar eingeschätzt und daher nicht angegeben worden. Dämpfende Wirkung auf das allgemeine Mietpreisniveau erwartet Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten Die Mietpreisbegrenzung soll in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten gelten. Die Landesregierungen werden ermächtigt, solche Gebiete durch Rechtsverordnung zu bestimmen. 3 Geltungsbereich: angespannte Wohnungsmärkt Vgl. BMJV (2014): Entwurf eines Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG), Referentenentwurf, Berlin, Bearbeitungsstand 18. März 2014, 15:08 Uhr. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 9 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Definition eines angespannten Wohnungsmarktes Ein Wohnungsmarkt gilt in einem Gebiet als angespannt, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist und diese Gebiete von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmt worden sind. Vergleichbare Formulierungen bei Verminderung der Kappungsgrenze und Wohnungsumwandlung Eine gleichlautende Formulierung ist bereits bei der Verminderung der Kappungsgrenze von 20 Prozent auf 15 Prozent in § 558 Abs. 3 BGB eingefügt worden. Sie ist ebenfalls bei der Verlängerung der Frist der Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung (Umwandlung von Mietwohnungen in Wohnungseigentum) in § 557a Abs. 2 BGB verwendet worden. Allerdings wurden die damaligen Erläuterungen ohne den Begriff des „angespannten Wohnungsmarktes“ verwendet. Dieser Begriff wird erst mit den Regelungen zur Mietpreisbegrenzung in einen Zusammenhang zu diesen Formulierungen gestellt und damit definiert. Zeitliche Befristung 5-Jahres-Frist zur zeitlichen Begrenzung Die Landesregierungen können die Gebiete, in denen die Mietpreisbegrenzung gelten soll, jeweils für fünf Jahre ausweisen. Koalitionsvertrag sah Streichung der Regelung vor Im Koalitionsvertrag war die Rede davon, dass die Länder (nur) für die Dauer von fünf Jahren die Möglichkeit erhalten sollten, die Mietpreisbegrenzung einzuführen. Das sprach dafür, dass die Regelung generell auf fünf Jahre befristet und danach wieder ersatzlos gestrichen wird. Der jetzige Regelungsinhalt deutet auf ein dauerhaftes Instrument hin, dass für jeweils fünf Jahre ausgestaltet und danach erneut – bspw. nach einer Prüfung – angewendet werden kann. So soll in regelmäßigen Abständen geprüft werden, ob und in welchem Umfang später von der Ermächtigung wieder Gebrauch gemacht werden soll. Abweichende Intention zu den Koalitionsvereinbarungen Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass mit den derzeitigen Regelungen die Bestimmungen zur Mietpreisüberhöhung (§ 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954 - WiStG) nicht mehr erforderlich sind. Die Vorschrift soll aufgehoben werden. Dies stützt die Vermutung, dass die Mietpreisbegrenzung als dauerhaftes Instrument etabliert werden soll. Der Referentenentwurf weicht in diesem Punkt von dem Koalitionsvertrag ab. Unterscheidung kurz- und langfristiger Wirkungen einer Mietpreisbremse Der Aspekt der zeitlichen Befristung ist für die Wirkungsanalyse insofern von Bedeutung, weil zwischen kurz- und langfristig auftretenden Effekten unterschiedlichen werden muss. Angesichts einer gewissen Trägheit des Wohnungsmarktes einerseits, aber auch angesichts einer längerfristigen Planungshorizontes bei wohnungswirtschaftlichen Investitionen andererseits ist eine streng zeitlich befristete Regelung anders zu beurteilen als eine dauerhafte bzw. dauerhaft angewendete Regelung. Ausnahmen für neu errichtete und umfassend modernisierte Wohnungen Erstvermietung von Neubauwohnungen ausgenommen 10 Wurde eine Wohnung neu errichtet (Neubau) oder umfassend modernisiert, so ist diese bei der Erstvermietung nach Durchführung der Maßnahme von der Begrenzung ausgenommen. Die zulässige Miete darf die 10-Prozent-Grenze in diesen Fällen überschreiten. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Da der Anstieg der Markt- oder Angebotsmieten wesentlich auf einen Mangel an besonders nachgefragtem Wohnraum zurückzuführen ist, ist die Stimulierung der Neubautätigkeit ein sehr wirksames Mittel, um einen (weiteren) Anstieg zu begrenzen. Mit dieser Ausnahmeregelung soll vermieden werden, dass Neubau unmittelbar von der Mietpreisbegrenzung betroffen ist und die Ausweitung des Angebotes durch Neubau von Wohnungen behindert werden würde. Angebotsausweitung als wichtiges Instrument soll nicht behindert werden Die Bundesregierung konstatiert, dass die Dämpfung des Mietpreisanstiegs keinen zusätzlichen Wohnraum schafft bzw. dadurch keine (zusätzlichen) Anreize gesetzt werden. Würde die Regelung aber zu einem Rückgang der Neubautätigkeit führen, die in den letzten Jahren im Mietwohnungsbau ohnehin auf einem niedrigen Niveau lag, so würde sich dies als kontraproduktiv erweisen. Kontraproduktive Effekte müssen vermieden werden In der Konsequenz muss abgewogen werden, ob durch die Regelung nicht nachteilige Effekte ausgelöst werden, die problematischer zu beurteilen sind als die angestrebten Ziele. Abwägung: Positive und negative Wirkungen bilanzieren Ebenso wenig soll die umfassende Modernisierung von Wohnungen beeinträchtigt werden. Der vorgeschlagene Gesetzestext lässt es dabei offen, was unter einer „umfassenden Modernisierung“ zu verstehen ist. Umfassend modernisierte Wohnungen ausgenommen Ausnahme für modernisierte Wohnungen Für modernisierte Wohnungen wurde eine weitere Regelung eingefügt: Da im Zusammenhang mit einer Wiedervermietung, insbesondere bei längerer Dauer des vorherigen Mietverhältnisses, häufiger Erneuerungen und Modernisierungen durchgeführt werden, bestimmt sich die erhöhte Wiedervermietungsmiete nach den Regeln einer Modernisierung im bestehenden Mietverhältnis. Diese Modernisierungen sind im allseitigen Interesse. Miete bei Modernisierungen nach Regelungen im bestehenden Mietverhältnis festlegen Allerdings wird der Kreis der Modernisierungen nach dem derzeitigen Entwurf zeitlich auf solche begrenzt, die innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn des Mietverhältnisses im Sinne des § 555b – Modernisierungsmaßnahmen – durchgeführt wurden. Diese Regelung ist vor allem von Bedeutung, wenn die ortsübliche Vergleichsmiete nicht hinreichend nach un- oder nur gering modernisierten, teilweise oder umfangreicher modernisierten Wohnungen – etwa in Mietspiegeln – differenziert ist. Nur innerhalb der letzten drei Jahre durchgeführte Modernisierungen ausgenommen Zudem soll der modernisierungsbedingte Zuschlag lediglich auf die begrenzte Miete (ortsübliche Vergleichsmiete plus zehn Prozent) aufgeschlagen werden können. Die Vormiete soll dabei unbeachtlich bleiben. Vormiete bleibt unberücksichtigt Da Modernisierungen oft mit größeren baulichen Maßnahmen verbunden sind und ihre positive Wirkungen – wie z.B. bei energetischen Modernisierungen oder einer nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswertes – regelmäßig über längere Zeiträume entfalten, ist die zeitliche Begrenzung sachlich schwer nachvollziehbar. Modernisierungen entfalten langfristig positive Wirkungen „Bestandsschutz“ der bisherigen Miete Wurde eine Miete in einem vorherigen Mietverhältnis zulässig vereinbart (Vormiete), so darf diese auch bei Wiedervermietung weiter verlangt werden. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Zulässig vereinbarte Miete muss nicht reduziert werden 11 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Der Vermieter wird nicht gezwungen, eine frei gewordene Wohnung unterhalb der bisher vereinbarten Miete anzubieten und wieder zu vermieten. Frei vereinbarte Mieterhöhungen mit dem Vormieter bleiben u.U. unberücksichtigt Bei der Ermittlung der Vormiete bleiben Mieterhöhungen unberücksichtigt, die innerhalb eines Jahres zwischen den Vertragsparteien frei vereinbart wurden (§ 557 Abs. 1 BGB). Damit soll ausgeschlossen werden, dass eine zulässige Vereinbarung zwischen dem Vermieter und dem alten Mieter vor allem mit dem Ziel zustande kommt, eine höhere Vormiete bei Wiedervermietung nach Beendigung des Mietverhältnisses beibehalten zu können. Weitere Regelungen Ergänzende Bestandteile der Regelung Neben diesen wesentlichen Bestandteilen der Reglung wurden weitere Aspekte aufgegriffen: • Für Staffelmietverträge gilt die Mietpreisbegrenzung für jede Mietstaffel, bei Indexmieten für die vereinbarte Ausgangsmiete. • Der Mieter hat gegenüber dem Vermieter einen Auskunftsanspruch über die Grundlagen für die Ermittlung des Preises, sofern er diese nicht selbst ermitteln kann. • Beanstandungen der vereinbarten Miete muss der Mieter qualifiziert vorbringen. • Rückforderungsansprüche beziehen sich auf künftig fällige Mieten, nachdem gerügt worden ist. Mietpreisbegrenzung ein Element eines umfassenderen Maßnahmenbündels Der Referentenentwurf fasst die Dämpfung der Wiedervermietungsmiete nur als ein Element einer umfassenden Bau- und Wohnungspolitik auf. Angespannten Wohnungsmärkten kann nur mit einem komplexeren Maßnahmenbündel begegnet werden, an dem sich die Länder, insbesondere aber die Kommunen beteiligen müssen. Der Referentenentwurf zählt hierzu die Wiederbelegung des sozialen Wohnungsbaus, die Aktivierung und das Verfügbarmachen von Bauland, die Unterstützung privater Wohnungsbautätigkeit, die Schaffung generationen- und altersgerechten Wohnraums sowie die Förderung von energieeffizientem Bauen und Sanieren. Koppelung an Maßnahmenplan aus Koalitionsvertrag nicht übernommen Der Koalitionsvertrag sah vor, dass die Ausweisung der Gebiete durch die Landesregierungen an die Erarbeitung eines Maßnahmenplans zur Behebung des Wohnungsmangels in den betroffenen Gebieten gekoppelt werden soll. Diese Koppelung hat nicht Eingang in die Ermächtigungsgrundlage für die Landesregierungen zur Ausweisung der Gebiete gefunden. Überblick über die Regelungen zur Mietpreisreduzierung als Ausgangspunkt Die überblickartige Skizze der Regelungen zur Mietpreisbegrenzung stellt die Grundlage dar, um die betriebswirtschaftlichen Wirkungen einschätzen zu können. 12 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse 3. Mietpreisbildung in Deutschland – ein Überblick In Deutschland hat die Wohnungspolitik historisch einen besonderen Stellenwert. Die Situation nach dem Zweiten Weltkrieg – insbesondere das Ausmaß zerstörten Wohnraums und die Flüchtlingsproblematik – haben die Bereitschaft bis weit in die 1970er Jahre erhöht, Eingriffe des Staates in das Marktgeschehen und den Mechanismus der Mietpreisbildung zu tolerieren. Die eingesetzten wohnungspolitischen Instrumente dienten dabei vorrangig dem Zweck, sozialpolitische Zielsetzungen zu erreichen.4 Hoher Stellenwert der Wohnungspolitik in Deutschland In der Vergangenheit war es von großer Bedeutung abzuwägen, welche Maßnahmen geeignet sind, um die Funktionsfähigkeit des Marktes zu stützen und zu effizienten Marktergebnisse zu führen und welche Maßnahmen über das erforderliche Maß eines sinnvollen Eingriffes hinausgehen und nachteilige Wirkungen verursachen. Funktionsfähigkeit des Marktes und Effizienz der Ergebnisse sicherstellen Rechtliche Regelungen zur Höhe der Miete und deren Ausgestaltung waren häufig Gegenstand kontroverser Diskussionen. Aus diesem Grund ist es zweckmäßig, sich einen kurzen Überblick über die historische Entwicklung der Regelungen zur Ermittlung der Miethöhe zu verschaffen. Die jetzt vorgelegten Entwürfe zur Mietpreisbegrenzung können somit auch auf der Grundlage der Erfahrungen aus der Vergangenheit beurteilt werden. Kontroverse Diskussionen in der Vergangenheit zum Mietpreisrecht 3.1. Historische Entwicklung von Regelungen zur Bestimmung der Miethöhe 3.1.1 Mietpreisrecht bis zur Einführung des Systems der ortsüblichen Vergleichsmiete Für die folgenden Betrachtungen wird der Zeitraum nach dem Zweiten Weltkrieg gewählt, weil damit die Spannweite von Regelungen zwischen Mietenstopp und Wohnungszwangsbewirtschaftung auf der einen und der freien Bestimmung von Mieten gut verdeutlicht werden kann. Regelungen, die vorher Bestand hatten, werden nicht berücksichtigt. Überblick über Regelungen nach dem Zweiten Weltkrieg Bedingt durch die Kriegszerstörungen wurde der schon vor dem Krieg bestehende Wohnungsmangel erheblich vergrößert. Prägend für die Mietenpolitik unmittelbar nach Kriegsende waren daher Regelungen zur Wohnraumbewirtschaftung und der Mietpreisbindung. Zur Gründung der Bundesrepublik verfügte der Kontrollrat einen vollständigen Mietenstopp (Kontrollratsgesetz Nr. 18 vom 31. März 1946).5 Mietenstopp durch Gesetz Nr. 18 des Kontrollrates von 1946 Um die Neubautätigkeit anzuregen, wurden die Mietpreisbindungen im 1. Wohnungsbaugesetz für den Neubau schrittweise aufgehoben.6 Mieterhöhungen waren nur eingeschränkt möglich. Erst das 1. Bundesmietengesetz Schrittweiser Abbau von Mietpreisbindungen als Anreiz für Neubau 4 5 6 Vgl. Expertenkommission Wohnungspolitik (1994): Wohnungspolitik auf dem Prüfstand. Bericht. Unterrichtung durch die Bundesregierung, Bundestagsdrucksache Nr. 13/159, Berlin, 30. Dezember 1994, S. 3. Vgl. Börstinghaus, Ulf P. (2013): Entwicklung des Vergleichsmietensystems, in: Börstinghaus, Ulf P./Clar, Michael: Mietspiegel. Erstellung und Anwendung.2. Auflage, München, 2013, S. 2. Vgl. 1. WohnBauG vom 24. April 1950 (BGBl. I S. 83). InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 13 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse (BMG)7 von 1955 sah – je nach Ausstattungsstandard – für den bis Mitte 1948 bezugsfertig gewordenen, preisgebundenen Wohnraum gestaffelte Mieterhöhungszuschläge von 10 bis 20 Prozent vor. Quantitative und qualitative Verbesserung des Neubaus; frei finanzierte Wohnungen waren vom Preisrecht ausgenommen Mitte der 1950er Jahre war es die Absicht des Gesetzgebers, die Bewirtschaftung von Wohnungen zu lockern und den Mietenstopp für Altbauwohnungen auslaufen zu lassen. Der Wohnungsneubau sollte quantitativ weiter gesteigert werden, zugleich wurden qualitative Verbesserungen im Neubau bezweckt. Mit dem 2. Wohnungsbaugesetz wurden frei finanzierte Wohnungen, für deren Errichtung keine öffentlichen Mittel oder Steuervergünstigungen in Anspruch genommen wurden, von der Wohnraumbewirtschaftung befreit. Auf Mietverhältnisse von frei finanzierten Wohnungen fanden die Vorschriften über die Preisbildung keine Anwendung, dort konnte eine Marktmiete vereinbart werden.8 Freigabe der Mietpreise in den 1960er Jahren 1960 wurde im 2. Bundesmietengesetz (2. BMG) geregelt, dass die Mietpreise für preisgebundenen Wohnraum spätestens am 1. Januar 1966 freigegeben werden.9 Ende der 1960er Jahre war die Preisbindung schließlich für einen großen Teil des Wohnungsbestandes aufgehoben. Stattdessen wurden auch für Mietverhältnisse die Vorschriften des BGB angewendet, die durch den Grundsatz der Vertragsfreiheit geprägt waren.10 Änderungskündigung zum Zwecke der Mieterhöhung wurde als unbefriedigend empfunden Diese vertragliche Situation ermöglichte es dem Vermieter, eine Änderungskündigung vorzunehmen, um die Miete anzupassen. Daraus resultierte die Gefahr, dass ein Mieter eine Wohnung verlassen musste, falls er damit nicht einverstanden war. Diese Rechtslage wurde dem Wirtschafts- und Sozialgut Wohnung daher nicht gerecht und wurde als unzureichend empfunden. Ausschluss der Kündigung zum Zwecke der Mietanpassung Mit dem ersten Wohnraumkündigungsschutzgesetz wurde die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung daher ausgeschlossen (§ 1 Abs. 4). Im Gegenzug erhielt der Vermieter das Recht, vom Mieter die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses zu verlangen, wenn der angestrebte Mietzins die üblichen Entgelte nicht übersteigt.11 Start für das System der ortsüblichen Vergleichsmiete 1971 Mit Inkrafttreten des ersten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes zum 28. November 1971 ist das System der heutigen ortsüblichen Vergleichsmiete geschaffen worden. Diese Regelung sollte ursprünglich nur übergangsweise gelten und 1974 außer Kraft treten. Als Teil des zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes (WKSchG) wurden die Vorschriften zur Erhöhung der Miete im „Gesetz zur Regelung der Miethöhe“ (MHG) aber separat zum BGB dauerhaft geregelt.12 In das BGB wurden die Vorschriften zur Kündigung von Mietverhältnissen eingefügt. Sah das erste Wohnraumkündigungsschutzgesetz 7 8 9 10 11 12 14 Gesetz z über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts vom 27. Juli 1955, BGBl. I S. 458. Zweites Wohnungsbaugesetz (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) vom 27. Juni 1956, BGBl. I, S. 523 – 558, §§ 86 und 87. Vgl. Gesetz über den Abbau von Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht (Abbaugesetz), vom 23. Juni 1960, BGBl. I S. 389 - 424, Artikel I – Zweites Bundesmietengesetz, § 15, Abs. 1. Dir Freigabe der Preis erfolgt nach Maßgabe der Absätze 2 und 6, in denen ergänzende Bestimmungen enthalten waren. Börstinghaus, U., 2013, S. 3. Vgl. Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum vom 25. November 1971, BGBl. Nr. 118 vom 27. November 1971, S. 1839 bis 1840. Vgl. Zweites Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse von Wohnraum (Zweites Kündigungsschutzgesetz – 2. WKSchG) vom 18. Dezember 1974, BGBl. I Nr. 139 vom 21. Dezember 1974. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse nur vor, dass der Vermieter das Erhöhungsverlangen begründete, wurden bei der Neureglung des MHG die heute noch geltenden drei Begründungsmittel Benennung von drei Vergleichswohnungen, Bezug auf Mietspiegelwerte und das Gutachten eines Sachverständigen geschaffen. Mit dem Mietrechtsreformgesetz wurden Vorschriften des MHG 2001 über die Anpassung der Miete in bestehenden Mietverhältnissen in ein eigenes Unterkapitel „Regelungen über die Miethöhe“ in das BGB integriert. Übergang der Regelungen des MGH in das BGB Mit dem 2. WKSchG war das Mietpreisrecht vom Not- und Übergangsrecht in Dauerrecht überführt worden. In dieser Systematik besteht es – mit verschiedenen Änderungen – bis heute fort. Es besteht aus zwei wichtigen Elementen: Vergleichsmietensystem als Dauerrecht • Bei der Erst- und Wiedervermietung einer Wohnung im nicht preisgebundenen Wohnungsbau können sich die Vertragspartner – Mieter und Vermieter – frei über die Höhe der Nettokaltmiete verständigen und diese im Mietvertrag vereinbaren (Vertragsfreiheit des BGB). • Bei einem bestehenden Mietverhältnis findet ein Interessenausgleich zwischen Mieter und Vermieter statt: Um eine (Änderungs-)Kündigung des Mietverhältnisses seitens des Vermieters zur Anpassung der vertraglich vereinbarten Miete zu vermeiden, steht ihm das Recht zu, die Miete auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete anzupassen. In diesem System führt das Wechselspiel zwischen Angebot an Wohnungen und der Nachfrage von wohnungssuchenden Haushalten bei der Erst- und Wiedervermietung in den vorgegebenen Grenzen des Wirtschaftsrechts zu einer frei vereinbarten Marktmiete. Bei der Erhöhung der Miete in einem bestehenden Mietverhältnis ist dagegen die ortsübliche Vergleichsmiete verbindlich. Sie wird für unterschiedliche Teilsegmente des Wohnungsmarktes ermittelt. Da Wohnungen nach ihrer Art, Größe, Lage, Ausstattung und Beschaffenheit separat berücksichtigt werden, trägt die ortsübliche Vergleichsmiete der Unterschiedlichkeit von Wohnungen Rechnung. Anwendungsbereiche von Marktmiete und ortsüblicher Vergleichsmiete Da die ortsübliche Vergleichsmiete aus den Entgelten gebildet wird, die in einer Gemeinde innerhalb der letzten vier Jahre geändert oder neu vereinbart worden sind, bleibt die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete hinter der Entwicklung der Marktmieten zurück. Bei dynamischen steigenden Marktmieten in einem angespannten Markt ist der Abstand zur ortsüblichen Vergleichsmiete aus diesem Grund besonders hoch. Bei rückläufigen Angebotsmieten auf entspannten Märkten kann die Marktmiete sogar niedriger als die ortsübliche Vergleichsmiete liegen. Verhältnis von Marktmiete zu ortsüblicher Vergleichsmiete Die ortsübliche Vergleichsmiete dämpft die Entwicklung der Mieten in bestehenden Mietverhältnissen gegenüber der Entwicklung der Marktmieten deutlich ab. Auf dynamischen Märkten wird der Anstieg zeitlich deutlich verzögert und somit abgebremst. In Anlehnung an den in der aktuellen Diskussion verwendeten Begriff stellt das Konstrukt der ortsüblichen Vergleichsmiete eine Mietpreisbremse in bestehenden Mietverhältnissen da, die dort für einen sozialen Interessenausgleich sorgt. Vergleichsmietensystem wirkt preisdämpfend InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 15 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse 3.1.2 Änderungen am System der ortsüblichen Vergleichsmiete Schaffung eines sozial ausgewogenen Mietpreisrecht Das seit Anfang der 1970er Jahre geltende System des Mietpreisrechts ist mehrfach geprüft und überarbeitet worden. Zielsetzung war es, ein sozial ausgewogenes Mietrecht zu schaffen, das den gegensätzlichen Interessen der Mietvertragsparteien Rechnung trägt. Die Expertenkommission hat den Prozess des Abwägens bezogen auf das Mietpreisrecht folgendermaßen dargestellt: „Dies [das Ziel der sozialen Ausgewogenheit] bedingt ein Mieterhöhungsverfahren, das dem Vermieter die Rentabilität des Hausbesitzes erhält, gleichzeitig der Gefahr vorbeugt, dass der Mieter unangemessene Mietzinsforderungen hinnehmen muss.“13 Bei Angebotsengpässen werden Forderungen nach mietdämpfenden Maßnahmen laut Mietdämpfende Maßnahmen sind in der Vergangenheit regelmäßig diskutiert worden, wenn durch einen Anstieg der Nachfrage Angebotsengpässe auftreten und die Mieten stärker steigen. Eekhoff lässt keinen Zweifel daran, dass durch preisdämpfende Maßnahmen die Angebotsengpässe verschärft werden. 14 Marktorientierte Mieterhöhungsmöglichkeiten setzen Anreize für Investitionen Dagegen werden mit Maßnahmen, die den Einfluss des Marktes auf die Höhe der Miete stärken, oft Anreize für zusätzlichen Neubau oder eine qualitative Verbesserung des Wohnungsbestandes durch Modernisierungen bezweckt. Die sozial-liberale Koalition hat das MHG daher Anfang der 1980er Jahre zur Belebung des Wohnungsneubaus angepasst und den Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete erweitert: Bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete wurden nur noch Vereinbarungen über die Höhe der Miete berücksichtigt werden, die innerhalb der letzten drei Jahre zustande gekommen sind.15 Dadurch sind Bestandsmietverhältnisse ohne Mietpreisveränderung aus der Berechnungsgrundlage herausgefallen, das Konstrukt der ortsüblichen Vergleichsmiete ist marktnäher ausgestaltet worden. Im Gegenzug ist dafür die Mieterhöhungsmöglichkeit innerhalb von drei Jahren auf 30 Prozent eingeschränkt worden (Kappungsgrenze). Später ist die Kappungsgrenze weiter – auf 20 bis 15 Prozent – verringert worden. Zeitraum für die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete auf 4 Jahre verlängert Mit dem 4. Mietrechtsänderungsgesetz16 wurde im Jahr 1993 der Zeitraum, in dem mietvertragliche Vereinbarungen in die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete einfließen sollen, auf vier Jahre erweitert. In Zeiten starker Nachfrage, die durch Wanderungsbewegungen zu Beginn der 1990er Jahre ausgelöst wurden, sollten niedrigere Bestandsmieten dafür sorgen, dass der Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete gedämpft wird. Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete durch weitere Regelungen beeinflusst Aber nicht nur der Zeitraum, in dem Vereinbarungen geschlossen wurden, die für die Berechnungen der ortsüblichen Vergleichsmiete heranzuziehen sind, ist diskutiert worden. Für die Höhe und die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete sind darüber hinaus 13 14 15 16 16 Expertenkommission Wohnungspolitik, 1994, S. 16, Rd.-Nr. 13. Ergänzung durch den Verfasser. Eekhoff, Johann (2002): Wohnungspolitik, Tübingen, 2. Auflage, 2002, S. 46 f. Vgl. Gesetz zur Erhöhung des Angebotes an Mietwohnungen vom 20. Dezember 1982, BGBl. I Nr. 54, S. 1912 – 1915. Vgl. Viertes Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften (Viertes Mietrechtsänderungsgesetz) vom 21. Juli 1993, BGBl. I Nr. 38, S. 1957 – 1261. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse • die Spannen für die Bestimmung der Üblichkeit der Entgelte und • das Mischungsverhältnis zwischen den Mieten, die durch Wiedervermietung oder durch Anpassungen im Bestand vereinbart worden sind, von Bedeutung.17 Bei den Spannen hat sich bei der Erstellung von Mietspiegeln eine ZweiDrittel-Spanne als üblich herausgestellt, d,h. zwei Drittel der Mietwerte, aus denen die ortsübliche Vergleichsmiete gebildet wird, liegen innerhalb dieser Spanne. Es sind aber auch 60-Prozent-Spannen denkbar. Zwei-Drittel-Spanne als üblich anzusehen Bezüglich des Mischungsverhältnisses werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Verschiedene Autoren plädieren für ein festes, extern vorgegebenes Mischungsverhältnis (wie z.B. 50 Prozent Neuvertragsmieten/50 Bestandsmieten bis hin zu 67 Prozent Neuvertragsmieten/33 Prozent Bestandsmieten). Andere Autoren halten die Berücksichtigung nach dem repräsentativen Verhältnis des Vorkommens für zweckmäßig. Mischungsverhältnis Neuvertrags-/Wiedervermietungsmieten zu Bestandsmieten Da sich das Vorkommen bspw. in einem für die Erstellung eines Mietspiegels erhobenen Datensatz aus der Höhe der Fluktuation ergibt, spiegelt dieses Vorgehen die tatsächlichen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt besser wieder. Zudem ist oft zu beobachten, dass die Fluktuationsrate in angespannten Märkten zurückgeht und ein höherer Anteil von Bestandsmieten in die Bestimmung einfließt. Dies hat einen dämpfenden Einfluss, wenn bei einer Tendenz zu Angebotsengpässen die Marktmieten stärker steigen. Mischungsverhältnis entsprechend dem tatsächlichen Vorkommen Die Expertenkommission Wohnungspolitik hatte sich Anfang der 1990er Jahre dafür ausgesprochen, die Wiedervermietungsmieten der letzten beiden Jahre und alle übrigen Bestandsmieten ohne zeitliche Begrenzung zu jeweils 50 Prozent einfließen zu lassen.18 Vorschlag der Expertenkommission Wohnungspolitik Diese Einzelregelungen waren in den ersten Jahren nach Einführung des Vergleichsmietensystems äußerst strittig.19 In den letzten Jahren haben sich die Auffassungen hinsichtlich der Spannen und des Mischungsverhältnisses jedoch angeglichen. Ebenso wie sich die Zwei-Drittel-Spanne weitgehend durchgesetzt hat, konstatiert Börstinghaus zu den Mischungsverhältnissen: „Wie bereits […] festgestellt, dürfte allein eine Mischung nach dem repräsentativen Verhältnis des Vorkommens richtig sein.“20 Einzelregelungen zu Spannen und dem Mischungsverhältnis von Mieten mittlerweile bewährt Bemerkenswert ist es, dass kontrovers über Fragen des Zeitraums (drei Jahre/vier Jahre) und über den Umfang der Berücksichtigung von Bestandsmieten diskutiert wurde und hierzu Anpassungen vorgenommen wurden. Die Vertragsfreiheit bei der Festlegung von Mieten bei Erst- und Wiedervermietung ist dagegen stets beibehalten worden. Mit Blick auf den Entwurf des 4. Mietrechtsänderungsgesetzes wurde über Vorschläge des Bundesrates diskutiert, die Neuvertragsmieten bei Wiedervermietung enger an die ortsübliche Vergleichsmiete zu koppeln. Seinerzeit ist dies mit der Begründung abgelehnt worden, dass die Vergleichsmietenentwicklung wesentlich über die Wieder- Anfang der 1990er Jahre Vorschlag zur einer vergleichbaren Mietpreisbegrenzung 17 18 19 20 Vgl. Börstinghaus, 2013, S. 133 ff. Vgl. Expertenkommission Wohnungspolitik, 1994, S. 17, Rd.-Nr. 18. Vgl. Börstinghaus, Ulf P. (1997): 25 Jahre ortsübliche Vergleichsmiete. Ein ungeliebtes Kind wird erwachsen, in: NJW, 1997, S. 977-980, S. 977. Börstinghaus, 2013, S. 137, Rd.-Nr. 289. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 17 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse vermietungsmieten gespeist wird. Bei einer Koppelung würde das den Anstieg der Vergleichsmieten dämpfen und „… dem freien Mietwohnungsbau […] selbst dann den Boden entziehen, wenn Neubauten von der einen oder anderen Beschränkung ausgenommen sind.“21 Historische Dimension des Eingriffs; Rückgriff auf Elemente eines planwirtschaftlichen Systems Das mit dem Referentenentwurf vorgesehene Gesetzesvorhaben sieht daher einen Eingriff mit historischer Dimension vor, der seit der Freigabe der Preisvorschriften für den frei finanzierten Wohnungsbau Mitte der 1950er Jahre nicht geschehen ist. Es ist ein Rückgriff auf wohnungspolitische Instrumente wie Wohnraumzwangsbewirtschaftung und Preisbindungen, die in Zeiten größter Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg erforderlich waren, aber seinerzeit mit den Argumenten einer quantitativen und qualitativen Ausweitung und Verbesserung des Wohnungsbestandes schrittweise mit gutem Grund zurückgeführt wurden. 3.1.3 Ergebnisse des derzeitigen Systems der Preisbildung Bewährtes und eingespieltes System der Preisbildung Das System der Preisbildung hat sich in unterschiedlichen Wohnungsmarktkonstellationen mittlerweile eingespielt und bewährt. Dadurch wurden überwiegend gute Rahmenbedingungen für Investitionen geschaffen, aber zugleich wurde der Ausgleich zwischen den Interessen der Mietvertragsparteien gewahrt. Der Marktmechanismus führt bei Erst- und Wiedervermietungen dazu, dass sich ein breites und qualitativ gutes Angebot an Wohnungen entwickeln konnte. Die demografische, aber insbesondere die gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung hat dazu maßgeblich beigetragen: In den vergangenen zwei Dekaden ist es zu einer deutlichen Pluralisierung von Haushaltstypen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen und vielfältigen Wohnwünschen und – vorstellungen gekommen. Wohnungsangebot konnte sich entsprechend den Nachfragewünschen entwickeln Der Wohnungsmarkt konnte mit nachfragegerechten Investitionen – sowohl im Neubau als auch und gerade im Wohnungsbestand – ein differenziertes Wohnungsangebot bereitstellen. Investitionen erfordern Anreize: Sie müssen sich lohnen und eine angemessene Investitionsrendite erwirtschaften. Das Spiel der Marktkräfte, zwischen Angebot und Nachfrage, stellt sicher, dass sich nur solche Investitionen lohnen, für die eine ausreichende Nachfrage besteht. Der Marktmechanismus führt zu optimalen Ergebnissen, weil Anreize für Investitionen gesetzt werden, die im Einklang mit der Wohnungsnachfrage stehen. Begrenzung der Marktmieten durch die Wohnkaufkraft Der Marktmechanismus kann dauerhaft nicht zu unangemessen hohen Mieten führen, weil die Höhe der Miete auf die Wohnkaufkraft begrenzt ist, die von den Haushalten in Nutzungskonkurrenz mit anderen Gütern zur Verfügung gestellt wird oder maximal zur Verfügung gestellt werden kann. Überwiegender Teil der Mieter hält Wohnkosten für angemessen bzw. günstig Eine Befragung, die im Auftrag des GdW zur Erstellung der Wohntrends-2030Studie mit über 3.000 Mietern und Eigentümern Anfang 2013 in Deutschland durchgeführt wurde, zeigt, dass Mieterhaushalte ihre Wohnkostenbelastung überwiegend als angemessen oder gar günstig beurteilen. Nahezu die Hälfte (46 Prozent) hält die Wohnkosten für angemessen, rd. ein Drittel sogar für günstig (26 Prozent) bzw. sehr günstig (7 Prozent). Nur 17 Prozent schätzen diese als zu hoch ein, nur 4 Prozent als viel zu hoch. 21 18 Bundestags-Drucksache 12/3254, S. 42. Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Abb. 1: Beurteilung der Höhe der Wohnkosten durch Mieterhaushalte in Deutschland Quelle: GdW-Wohntrends 2030-Befragung, eigene Darstellung. Repräsentative Befragung von 3.031 Mietern und Eigentümern in Deutschland. Ergebnisse von Mietern dargestellt.22 Die Ergebnisse zwischen Wachstums- und Schrumpfungsregionen unterscheiden sich nicht grundsätzlich. In städtischen Wachstumsregionen sind ebenfalls rd. 75 Prozent der Haushalte der Ansicht, dass die Wohnkosten angemessen oder günstig sind. 20 Prozent empfinden die Wohnkosten als zu hoch. In städtisch geprägten, schrumpfenden Regionen ist der Anteil derjenigen, die die Wohnkosten als zu hoch empfindet, mit 17,5 Prozent zwar niedriger, aber nicht deutlich. Tab. 1: Auch in wachsenden Regionen gelten Mieten als angemessen Beurteilung der Wohnkostenbelastung durch Mieterhaushalte nach ausgewählten Gebietstypen Gebietstypen städtischwachsend Sehr günstig städtischschrumpfend halbstädtischwachsend halbstädtischschrumpfend ländlichwachsend ländlichschrumpfend Total 8,9% 8,4% 2,8% 5,9% 5,2% 8,9% 6,9% Günstig 24,6% 28,4% 26,0% 30,3% 30,0% 23,7% 25,9% Angemessen 43,0% 42,9% 45,4% 47,6% 47,0% 52,6% 45,8% Hoch 20,1% 17,5% 19,1% 12,0% 14,6% 12,8% 17,4% Viel zu hoch Gesamt 3,4% 2,8% 6,7% 4,2% 3,3% 1,9% 3,9% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% Quelle: GdW-Wohntrends 2030-Befragung, eigene Darstellung. Repräsentative Befragung von 3.031 Mietern und Eigentümern in Deutschland. Ergebnisse von Mietern dargestellt.23 Der Anteil derer, die die Wohnkosten als viel zu hoch ansehen, ist in halbstädtisch-wachsenden Gebieten noch höher als in den städtischen Gebieten. Dies kann als Beleg dafür gewertet werden, dass dort die Mieten in den letzten zwei bis drei Jahren deutlich stärker gestiegen sind. In halbstädtisch-wachsenden Typen macht sich höherer Mietenanstieg bemerkbar In den halbstädtisch-schrumpfenden sowie in den ländlichen Regionen, unabhängig davon, wie sich die Gebiete entwickeln, ist der Anteil derjenigen, die ihre Wohnkostenbelastung als hoch empfinden, deutlich geringer als in den städtisch geprägten Räumen. In den halbstädtisch-schrumpfenden Gebietsty- Im ländlichen Raum werden Wohnkosten als angemessener eingestuft, auch in wachsenden Regionen 22 23 GdW (Hrsg.)(2013): Wohntrends 2030. Berlin, 2013, Branchenbericht-Nr. 6. GdW (Hrsg.)(2013): Wohntrends 2030. Berlin, 2013, Branchenbericht-Nr. 6. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 19 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse pen wird die Wohnkostenbelastung aber von einem größeren Anteil als viel zu hoch empfunden als in den städtischen Wachstumstypen. Dies zeigt, dass auch in wachsenden Regionen der weit überwiegende Teil der Mieter die Wohnkostenbelastung als angemessen einstuft. Eher ländlich geprägte Städte und Gemeinden, die wachsen, bspw. an den Rändern der großen Ballungsräume, können zudem als Ausweichräume dienen, in denen Wohnungen zu angemessenen Mieten angemietet werden können. Durchschnittshaushalte sind von unangemessen hohen Wohnkosten nicht stark betroffen Differenziert nach Einkommen zeigt sich, dass das äquivalenzgewichtete Haushaltseinkommen derjenigen, die in den städtisch- und halbstädtischwachsenden Regionen das Mietenniveau als hoch beurteilen, in den jeweiligen Regionstypen das niedrigste Durchschnittseinkommen aufweisen. Es liegt in den städtisch-wachsenden Gebietstypen rd. 5 Prozent unter dem Durchschnittseinkommen aller Haushalte. In den halbstädtisch-wachsenden Gebietstypen liegt es 13 Prozent unterhalb des Durchschnittseinkommens aller Haushalte. Die Ergebnisse zeigen zwar, dass gerade in den städtischwachsenden Gebietstypen Mieterhaushalte die Wohnkosten als hoch empfinden, deren Einkommen nahe am Durchschnitt liegt. Zahlenmäßig bilden sie aber nicht den größten Teil ab. Damit ist die These widerlegt, dass Durchschnittshaushalte in größere Zahl unangemessen von dieser Entwicklung betroffen sind. Insbesondere in halbstädtisch-wachsenden Regionen handelt es sich eher um die Gruppe der Bezieher niedrigerer Einkommen. Hohe Zufriedenheit der Mieter mir ihrer Wohnsituation Darüber hinaus sind die Mieter mit ihrer Wohnsituation sehr zufrieden. Deutschlandweit sind lediglich 7 Prozent der Mieterhaushalte unzufrieden oder sehr unzufrieden mit ihrer Wohnsituation. 73 Prozent sind mit der Wohnsituation zufrieden bis sehr zufrieden. Abb. 2: Zufriedenheit der Mieter mit ihrer Wohnsituation Quelle: GdW-Wohntrends 2030-Befragung, eigene Darstellung. Repräsentative Befragung von 3.031 Mietern und Eigentümern in Deutschland. Ergebnisse von Mietern dargestellt.24 Hohe Zufriedenheit mit der Wohnsituation insbesondere in den wachsenden Gebietstypen In den wachsenden Gebietstypen ist der Anteil derjenigen Mieter, die mit ihrer Wohnsituation unzufrieden sind, sogar geringer als in den schrumpfenden Regionen. Insbesondere in den jeweils wachsenden Gebietstypen zeigt sich ein hoher Anteil von Haushalten, die sehr zufrieden sind. 24 20 GdW (Hrsg.)(2013): Wohntrends 2030. Berlin, 2013, Branchenbericht-Nr. 6. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Tab. 2: Zufriedenheit mit der Wohnsituation nach ausgewählten Gebietstypen Gebietstypen städtischwachsend städtischschrumpfend halbstädtischwachsend halbstädtischschrumpfend ländlichwachsend ländlichschrumpfend 29,1% 26,7% 30,4% 27,9% 40,7% 33,4% Zufrieden 43,9% 43,3% 44,4% 40,8% 37,5% 43,1% 43,0% Teils, teils 21,2% 23,0% 18,3% 20,3% 17,0% 12,7% 19,7% 4,2% 6,1% 4,7% 7,5% 2,6% 6,2% 5,3% Sehr zufrieden Unzufrieden Sehr unzufrieden Gesamt Total 29,9% 1,5% ,9% 2,1% 3,5% 2,2% 4,6% 2,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% Quelle: GdW-Wohntrends 2030-Befragung, eigene Darstellung. Repräsentative Befragung von 3.031 Mietern und Eigentümern in Deutschland. Ergebnisse von Mietern dargestellt.25 Nur 7,7 Prozent aller Mieter, die mit ihrer Wohnsituation unzufrieden oder sehr unzufrieden sind, führten als wesentlichen Grund dafür die Höhe der Wohn- bzw. Nebenkosten an. Geringer Anteil von Mietern, die aufgrund der Wohnkosten unzufrieden sind Führt man sich das ausdifferenzierte und überwiegend qualitativ gute Wohnungsangebot vor Augen und berücksichtigt die Zufriedenheit der Mieter mit ihrer Wohnsituation und der Angemessenheit des Preisniveaus, so kann man festhalten, dass das bisherige System der Preisbildung zu sehr guten Ergebnissen geführt hat. Problemlagen können auf der Grundlage der Befragungsergebnisse diagnostiziert werden. Sie müssen jedoch analysiert und mit zielgenauen Maßnahmen gemildert oder beseitigt werden. Das bisherige System der Preisbildung hat zu guten Ergebnissen geführt Mit der geplanten Mietpreisbremse wird dagegen undifferenziert in das bewährte System eingegriffen und von der Preisbildung bei Wiedervermietung auf der Grundlage des Ausgleichs von Angebot und Nachfrage abgewichen. Die Deckelung der Höhe der Nettokaltmiete bei Wiedervermietung auf ein Niveau von nicht mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete stellt eine Preisobergrenze als Höchstpreis für einen Wohnungsteilmarkt dar. Erfahrungsgemäß muss sich das Wohnungsangebot qualitativ an diese Höchstgrenze anpassen, damit wird die Entwicklungsfähigkeit des Wohnungsmarktes eingeschränkt. Undifferenzierter Eingriff in das Preissystem schränkt die Entwicklungsmöglichkeiten im Wohnungsbestand ein Um die Effekte der Einführung einer Mietpreisbremse detailliert betrachten zu können, ist es erforderlich, sich einen Überblick über die Ausgangsbedingungen auf den Wohnungsmärkten zu verschaffen. Wie entwickeln sich die Märkte derzeit? 3.2. Preisbildung und –entwicklung auf den Wohnungsmärkten 3.2.1 Preisbildung bei Erst- und Wiedervermietung (Angebots-/Marktmiete) Für Wohnungen, die nach Fertigstellung erstmals vermietet werden oder im Zuge eines Mieterwechsels wieder vermietet werden, kann die Miete bei Neuabschluss eines Mietvertrages zwischen Vermieter und Mieter im Wesentlichen frei vereinbart werden. Dies gilt für frei finanzierte Wohnungen oder für ehemals preisgebundene Wohnungen nach Auslaufen einer vereinbarten Miet25 Mietermittlung bei Neu-/WiederVermietung im frei finanzierten Wohnungsbau GdW (Hrsg.)(2013): Wohntrends 2030. Berlin, 2013, Branchenbericht-Nr. 6. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 21 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse preisbindung. Bei preisgebundenen, in der Regel öffentlich geförderten Wohnungen richtet sich die Höhe der Miete nach den jeweiligen Förderbestimmungen. Begriffe Markt- und Angebotsmiete Da sich die Mieten für diese Wohnungen frei aufgrund des verfügbaren Angebots und der artikulierten Nachfrage am Markt bilden, wird auch von Marktmieten oder – weil die Mieten auf der Grundlage öffentlich angebotener Wohnungen beobachtet werden können – von Angebotsmieten gesprochen. Bildung unterschiedlicher Teilmärkte Zwar wird vereinfachend von dem Wohnungsmarkt, bspw. in einer Stadt gesprochen. Tatsächlich handelt es sich um verschiedene Teilmärkte, die sich aufgrund unterschiedlicher • • • • • Baujahre und Gebäudetypen, Wohnungsarten, Wohnungsgrößen, Ausstattungs- und Modernisierungsstandards sowie Lagemerkmale bilden. Vielfalt unterschiedlicher Wohnungsangebote Die in einer Stadt gelegenen Wohnungen sind sehr heterogen, d.h. das Wohnungsangebot ist durch eine große Vielfalt unterschiedlicher Wohnungstypen geprägt. Die Vielfalt des Wohnungsangebotes ist Folge von individuellen Wünschen und Anforderungen von Wohnungssuchenden und umgekehrt. Neubautätigkeit bleibt in angespannten Märkten hinter Nachfragezuwachs zurück Je nachdem, auf welches Interesse bzw. auf welche Nachfrage bestimmte Wohnungs(teil)märkte stoßen, reagieren die Mieten sehr unterschiedlich. In wirtschaftlich starken und aufgrund ihrer dichten Infrastruktur sehr attraktiven Städten und Regionen steigen die Bevölkerungszahl und die Zahl der wohnungssuchenden Haushalte deutlich an. Kann das Wohnungsangebot nicht rasch genug ausgeweitet werden, so kommt es in besonders nachgefragten Wohnungs(teil)märkten zu einem Mietenanstieg. Übliche Abweichung zwischen Marktmiete und ortsüblicher Vergleichsmiete In der öffentlichen Debatte wird dabei auf die Differenz zwischen der ortsüblichen Vergleichsmiete und den Marktmieten verwiesen. Auch der Referentenentwurf weist in einer Tabelle für angespannte Märkte Unterschiede auf, die im Durchschnitt 25 Prozent betragen und sich auf bis zu 36 Prozent Abweichung belaufen. Differenz zwischen Marktmiete und ortsüblicher Vergleichsmiete fällt regelmäßig höher aus Diese Differenz kann auf den ersten Blick verwundern. Abweichungen von der durchschnittlichen ortsüblichen Vergleichsmiete in dieser Größenordnung stellen jedoch – wie die Erarbeitung von Mietspiegel zeigt – die Regel dar. Je nachdem, wie genau ein einzelner Wohnungsteilmarkt erfasst wird, beträgt die Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete 20 Prozent und mehr um einen ausgewiesenen Mittelwert herum. Solche Abweichungen betreffen auch zulässig erhöhte Bestandsmieten, die bei der Mietspiegelerstellung berücksichtigt werden. Unterschiedliche Entwicklung in den betrachteten Märkten Betrachtet man für einen Überblick die Angebotsmieten in Städten wie Hamburg, Berlin, Frankfurt/Main, Stuttgart und München, so haben sich die Märkte sehr unterschiedlich entwickelt. 22 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Abb. 3: Veränderung der Angebotsmieten zwischen 2006 und 2013 In Frankfurt/Main, Stuttgart und München sind die Angebotsmieten zwischen 2006 und 2013 vergleichsweise moderat mit jährlichen Steigerungsraten von 2,7 bzw. 2,9 Prozent gestiegen. Hamburg und insbesondere Berlin haben sich seit 2009 deutlich stärker entwickelt. Noch moderate Steigerung in Frankfurt/Main, Stuttgart und München Der jährliche Anstieg der Angebotsmieten liegt in Berlin sehr hoch bei durchschnittlich 6,1 Prozent p.a. Da in Angebotsdatenbanken nicht alle Angebote erfasst sind und insbesondere günstige Wohnungen überdurchschnittlich oft ohne Inserat am Markt vermietet werden, ist eher von einem geringeren Preisanstieg auszugehen als in der Grafik dargestellt. Berlin weist eine Sondersituation auf: Dort findet ein Aufholprozess statt Mit dieser Beobachtung werden die Märkte nur sehr grob erfasst. Die Entwicklung in den Wohnungsteilmärkten verläuft viel differenzierter. Im oberen Preissegment, in dem besonders hochwertige Wohnungen angeboten werden, sind die Mieten deutlich stärker gestiegen als bspw. im unteren Preissegment. Mietenanstieg im unteren Preissegment fällt geringer aus Tab. 3: Anstieg der Angebotsmiete nach unterschiedlichen Preissegmenten in ausgewählten Städten Markt/Stadt Veränderung 2006 - 2013 (Gesamtmarkt) in % in % p.a. Unteres Preissegment Oberes Preissegment in % p.a. in % p.a. Hamburg 31,0 3,9 3,6 4,7 Berlin 51,7 6,1 5,2 6,9 Frankfurt/Main 20,7 2,7 2,6 3,1 Stuttgart 21,9 2,9 2,3 3,6 München 22,4 2,9 2,5 3,5 Quelle: IS24-Datenbank, eigene Berechnungen. In München haben sich die Mieten im Betrachtungszeitraum von 2006 bis 2013 im unteren Preissegment mit einer Jahresrate von 2,5 Prozent p.a. entwickelt, im oberen Preissegment dagegen mit 3,5 Prozent p.a. Zudem verläuft der Mietenanstieg nicht homogen über das gesamte Stadtgebiet, sondern betrifft insbesondere Innenstadt- oder innenstadtnahe Lagen. In München haben sich die Angebotsmieten außerhalb des Innenstadtrings um 3 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Höherer Anstieg der Mieten in den eher zentralen Lagen 23 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse bis 4 Prozent p.a. erhöht, während in anderen, weiter von der Innenstadt entfernten, aber oft noch gut angebundenen Teilen des Stadtgebietes lediglich Steigerungen von 2,5 Prozent pro Jahr registriert wurden. Abb. 4: Preisdämpfende Wirkung von Erhaltungssatzungen im Innenstadtkern von München 24 Veränderung der Angebotsmieten in München (PLZ-Bezirke) Unmittelbar in der Innenstadt Münchens sind die Angebotsmieten in den letzten sieben Jahren dagegen kaum gestiegen bzw. haben sich teilweise mit Raten von Minus 0,4 Prozent rückläufig entwickelt. Dazu dürfte auch beigetragen haben, dass die Stadt München innerhalb des Innenstadtringes mit Erhaltungssatzungen agiert, um die dort vorherrschenden Milieustrukturen zu erhalten. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Abb. 5: Veränderung der Angebotsmieten in Berlin (PLZ-Bezirke) Die hohe Attraktivität der zentralen, innenstadtnahen Bereiche zeigen sich auch in Berlin: Dort sind die Angebotsmieten in der Innenstadt ebenfalls deutlich gestiegen, in Teillagen von Berlin-Mitte sogar um bis zu 18 Prozent. Zentrale und beliebte Lagen weisen in Berlin hohe Mietensteigerungen auf Eine Ursache für den Preisanstieg ist der Bevölkerungs- und Haushaltszuwachs dieser Städte. Die Zahl der Einwohner ist zwischen 2006 und 2012 mit durchschnittlichen Jahresraten von 0,5 bis 1,2 Prozent p.a. gewachsen. Auch die Zahl der Haushalte hat zugenommen. Hinzu kommt, dass sich die Lebensgewohnheiten geändert haben und sich viele Haushalte verstärkt auf urbane Innenstadtlagen konzentrieren. Dort ist die Lebens- und Aufenthaltsqualität in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Haushalts- und Bevölkerungszuwachs treibt die Nachfrage Tab. 4: Wesentliche Rahmendaten zur Struktur der betrachteten Märkte Markt/Stadt Bevölkerungszuwachs 2006-2012 (31.12.) Zuwachs Anzahl Haushalte 2006-2012 Zuwachs Wohnungsbestand 2006- 2012 in % p.a. in % p.a. in % p.a. Kaufkraft je Veränderung Haushalt Kaufkraft 2012 2006-2012 in EUR in % p.a. Angebotsmiete 2013 Veränderung Miete 2006 - 2013 in EUR/m² in % p.a. Hamburg 0,6 k.A. 0,11 41.767 3,2 10,60 3,9 Berlin 0,6 k.A. 0,13 33.041 2,5 8,55 6,1 Frankfurt 1,2 1,2 0,59 45.152 3,5 12,17 2,7 Stuttgart 0,5 1,2 0,29 45.396 2,5 10,62 2,9 München 1,2 1,2 0,63 51.176 2,5 13,49 2,9 Quelle: Angaben der Kommunen (Statistikämter), Kaufkraft gfk, IS24-Datenbank, eigene Berechnungen. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 25 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Wohnungsbestand bleibt hinter dem Bevölkerungszuwachs zurück Im Vergleich zum Bevölkerungszuwachs hat sich der Wohnungsbestand deutlich weniger stark vergrößert. Bei einem Bevölkerungswachstum in Hamburg und Berlin mit jeweils rund 0,6 Prozent p.a. bleibt der jährliche Zuwachs an Wohnungen mit 0,11 Prozent p.a. bzw. 0,13 Prozent p.a. um das Fünffache dahinter zurück. In Städten wie Frankfurt/Main, Stuttgart und München, in denen mehr Wohnungen fertig gestellt worden sind, ist der Preisanstieg deutlich weniger stark ausgefallen. Nachholbedarf in Berlin zeigt sich durch stark steigende Mieten Die dokumentierte Steigerung der Angebotsmieten ist in Berlin tatsächlich sehr hoch ausgefallen. Allerdings vollzieht sich der Anstieg von einem deutlich geringeren Ausgangsniveau aus als in den anderen Städten. Die Angebotsmiete lag im Jahr 2006 bei durchschnittlich 5,64 Euro/m² und ist auf 8,55 Euro/m² im Jahr 2013 gestiegen. Berlin ist ein Sonderfall: Angesichts gestiegener Beliebtheit und Attraktivität der Stadt findet derzeit ein Aufhol- bzw. Nachholprozess statt. Auch im Jahr 2013 liegt die Angebotsmiete noch unterhalb derjenigen der anderen Städte und entspricht annähernd der Kaufkraftrelation. Anstieg der Angebotsmieten bewegt sich nur knapp unterhalb des Kaufkraftzuwachses Um die Höhe des Anstieges der Angebotsmieten einzustufen, wird häufig mit der Veränderung der Kaufkraft der Bevölkerung bzw. mit dem Anstieg der Inflationsrate argumentiert. Die beobachtete Steigerungen der Angebotsmieten verläuft zwar oberhalb der Veränderung des Verbraucherpreisindexes mit einer Jahresrate von derzeit rd. 1,7 Prozent p.a. Bewegt sich aber in den Städten Hamburg, Stuttgart und München auf dem gleich Niveau wie die Veränderung der Kaufkraft. Den Haushalten steht im Zeitablauf deutlich mehr Kaufkraft zur Verfügung, sodass die Mietbelastungsquote im Durchschnitt nicht steigt. Anstieg der Angebotsmieten in betrachteten Städten eher als angemessen und üblich zu bewerten Der Anstieg der Angebotsmieten in den betrachteten Städten – mit Ausnahme des Sonderfalls Berlin – folgt daher der Wohnkaufkraft und ist daher eher als angemessen und üblich zu bewerten. Dieser Aspekt ist in der bisherigen Diskussion noch zu wenig betrachtet worden. 3.2.2 Preisbildung nach dem System der ortsüblichen Vergleichsmiete (Anpassung von Bestandsmieten) Preisdämpfender Effekt der ortsüblichen Vergleichsmiete 26 Der preisdämpfende Effekt der ortsüblichen Vergleichsmiete lässt sich anhand der Mietspiegeldaten der beobachteten Städte zeigen. Die durchschnittliche ortsübliche Vergleichsmiete ist deutlich weniger stark angestiegen als die Angebotsmiete. In Berlin ist die ortsübliche Vergleichsmiete von 4,75 Euro/m² im Jahr 2007 auf 5,54 Euro/m² angestiegen. Dies entspricht einer Jahresrate von 2,6 Prozent p.a. Die Steigerungen der ortsüblichen Vergleichsmiete sind seit 2011 stärker ausgefallen, nachdem das Mietenniveau in Berlin aufgrund des Anstiegs der Angebotsmieten zugelegt hatte und höhere Wiedervermietungsmieten verstärkt im Mietspiegel berücksichtigt wurden. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Tab. 5: Entwicklung der durchschnittlichen ortsüblichen Vergleichsmieten in ausgewählten Städten Entwicklung der durchschnittlichen ortsüblichen Vergleichsmiete in ausgewählten Städten 2007 2009 (zu 2007) 2011 (zu 2009) 2013 (zu 2011) - 4,75 4,83 5,21 5,54 0,84% 3,86% 3,12% 2004 (zu 2002) 2006 (zu 2004) 2008 (zu 2006) 2010 (zu 2008) 6,90 7,06 7,45 7,78 0,22% 1,15% 2,72% 2,19% Jahr (Vorperiode) Berlin Nettokaltmiete €/m² Anstieg p.a. in % Jahr (Vorperiode) Frankfurt/Main Nettokaltmiete €/m² Anstieg p.a. in % Jahr (Vorperiode) Stuttgart Nettokaltmiete €/m² - - - Anstieg p.a. in % Jahr (Vorperiode) München Nettokaltmiete €/m² Anstieg p.a. in % - 2010 (zu 2008( 2012 (zu 2010) 7,21 7,61 1,88% 2,71% 2005 (von 2003) 2007 (von 2005) 2009 (zu 2007) 2011 (zu 2007) 2013 (zu 2011) 8,72 9,30 9,90 9,79 10,13 2,53% 2,53% Index 2,57% 1,73% Quelle: Durchschnittliche Nettokaltmiete für den Gesamtmarkt. Angaben aus den Mietspiegeln der jeweiligen Städte, eigene Berechnungen. Jeweils soweit diese vorlagen, für Hamburg lagen entsprechende Angaben vollständig nicht vor. In München hat sich die ortsübliche Vergleichsmiete mit einer durchschnittlichen Steigerungsrate von 1,8 Prozent p.a. seit 2005 entwickelt. Zuletzt zeigt sich in Berlin, Frankfurt/Main und München ein weniger starker Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die ortsübliche Vergleichsmiete ist bspw. in München, für das ein längerer Betrachtungszeitraum vorliegt, seit 2006 weniger stark gestiegen als die Kaufkraft der Haushalte. Ebenso verhält es sich in Frankfurt/Main. In der Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete kumulieren unterschiedliche Preisanpassungen: Komponenten der Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete • Qualitätsveränderungen durch zusätzliche Ausstattung und Modernisierungen; • Anpassungen der vertraglich vereinbarten Miete in bestehenden Mietverhältnissen in Richtung auf die ortsübliche Vergleichsmiete (ohne Qualitätsveränderungen); • Veränderungen der Lagebeurteilung; • Neufestlegung der Miete bei der Wiedervermietung von Wohnungen. Diese Preiskomponenten haben auch Einfluss auf die Entwicklung der Angebotsmiete. D.h. ein durchschnittlicher Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete in München von rd. 1,8 Prozent pro Jahr speist sich aus diesen Bestandteilen. Dieser Aspekt wird in Kapitel 4.1.2 detailliert aufgegriffen. Die im Mietspiegel angegebene Schwankungsbreite reicht – je nach Wohnungsgröße, Ausstattung, Zustand und Baualter – in München bis zu 20 Prozent um den berechneten Durchschnittswert herum. Bei der Erstellung eines Mietspiegels zeigt sich regelmäßig, dass Wohnungen deutlich oberhalb der im Mietspiegel ausgewie- InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Bestandteile der Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete 27 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse senen Grenzen vorhanden sind und damit die typische Bandbreite des Wohnungsangebotes charakterisiert wird (außerhalb der sogenannten Zwei-DrittelSpanne). Hohe Abweichung zwischen Markt-/Angebotsmieten und ortsüblicher Vergleichsmiete ist nicht ungewöhnlich 28 Eine Differenz zwischen einem berechneten Durchschnitt der ortsüblichen Vergleichsmiete für eine Musterwohnung und den Markt-/Angebotsmieten von 20 Prozent und mehr bis hin zu 30 Prozent ist daher nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen, sondern entspricht der Regel. Die Abweichung hängt auch davon ab, wie der Mietspiegel erstellt wurde und welche Differenzierungsmerkmale er aufweist. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse 4. Analyse und Beurteilung der Effekte einer Mietpreisbegrenzung bei Wiedermietungen In diesem Kapitel werden die Effekte, die von einer Mietpreisbegrenzung zu erwarten sind, analysiert und beurteilt. Einige Effekte lassen sich nur qualitativ beschreiben, andere erlauben eine Quantifizierung. Analyse der Effekte einer Mietpreisbegrenzung Zunächst werden die Konsequenzen auf die Mietpreisbildung für die Wiedervermietung dargestellt. Danach die Effekte auf die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Da deren Entwicklung wesentlich von den Wiedervermietungsmieten gespeist wird, ist mit einer rückläufigen Dynamik zu rechnen. Das wird sich auf die Investitionsbereitschaft auswirken, sodass im Anschluss die zu erwartenden Effekte auf Neubau und Modernisierungstätigkeit beurteilt werden. Überblick über Bausteine der Wirkungsanalyse 4.1. Effekte auf die Mietpreisbildung 4.1.1 Einfluss auf die Angebots- bzw. Marktmiete Differenziertheit des Marktes Die Mietpreisbegrenzung wirkt unmittelbar auf die Höhe der Angebots- bzw. Marktmiete. Dementsprechend sind die Regelungen im Referentenentwurf gestaltet worden. Allerdings sind mittelbare Effekte zu erwarten, die erst bei einer näheren Betrachtung zutage treten. Maßgeblich dafür ist die Bindung der Marktmiete an die ortsübliche Vergleichsmiete; dadurch erhält die Art, wie die ortsübliche Vergleichsmiete Teilsegmente abbildet, mehr Gewicht auf die Marktmiete. Diese mittelbaren Effekte hängen stark mit der Komplexität des Wohnungsmarktes einerseits und andererseits mit der methodischen Schwierigkeit zusammen, diese Komplexität näherungsweise bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete für einzelne Teilsegmente des Wohnungsmarktes abzubilden. Dies gelingt regelmäßig nur bis zu einem gewissen Grade. Komplexität der Wohnungsteilmärkte mit der ortsüblichen Vergleichsmiete schwer abbildbar In Kapitel 3.2.1 wurden die Determinanten beschrieben, nach denen sich häufig Mieten bei der Wiedervermietung einer frei finanzierten bzw. ehemals preisgebundenen Wohnung bilden. Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit konnten sich die Mietvertragsparteien bei Neuabschluss eines Mietvertrages frei auf eine Miete verständigen. Merkmale der Art, der Größe, der Ausstattung und Beschaffenheit und der Lage – wie sie auch bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete berücksichtigt werden – werden hierbei von Bedeutung sein. Wesentliche Determinanten der Mietpreisbildung Aber auch individuelle Präferenzen spielen eine wichtige Rolle: Bestimmte Merkmale einer Wohnung und deren Lagefaktoren sind aufgrund individueller Entscheidungsgründe für den einzelnen Vermieter oder Mieter besonders wichtig und können bei der Mietpreisfindung den Ausschlag geben. Ebenso können noch im Prozess der Vermietung besondere Gestaltungs- oder Ausstattungswünsche von Mietern berücksichtigt werden und zu einer höheren Miete führen. Individuelle Präferenzen als Ursache für Mietpreisdifferenzierung Gegenüber dieser individuellen Preisfindung stellt die ortsübliche Vergleichsmiete auf eine modifizierte Durchschnittsmiete ab, bei der sich individuelle Ortsübliche Vergleichsmiete als modifizierte Durchschnittsmiete InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 29 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Besonderheiten nur innerhalb der Bandbreite einer Spanne bemerkbar machen.26 Die ortsübliche Vergleichsmiete, wie sie bspw. in einem Mietspiegel ausgewiesen wird, hatte zwar auch früher schon eine Orientierungsfunktion beim Neuabschluss von Mietverträgen.27 In der Praxis wurde davon aber nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht. Der Einfluss der ortsüblichen Vergleichsmiete und etwa die Struktur eines Mietspiegels auf die Höhe der Mieten bei Wiedervermietung waren daher vergleichsweise gering. Notwendigkeit der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete bei Wiedervermietung Sofern ein Gebiet durch Rechtsverordnung von der Landesregierung zukünftig als angespannter Wohnungsmarkt bestimmt wird, gilt unmittelbar die Höchstgrenze von 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Für den Vermieter besteht daher die Notwendigkeit, die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln, um davon ausgehend die Höchstgrenze der Miete für seine Wohnung zu bestimmen. Sämtliche Begründungsmittel verwendbar Für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete stehen ihm grundsätzlich die nach § 558a Abs. 2 BGB bestimmten Begründungsmittel zur Verfügung: • einen (einfachen oder qualifizierten) Mietspiegel, • eine Auskunft aus einer Mietdatenbank, • ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, • entsprechende Entgelte von drei Vergleichswohnungen. Aufwand der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete Existiert in der betreffenden Gemeinde kein Mietspiegel, so wird die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit einem höheren Aufwand verbunden sein. Steht ein einfacher oder qualifizierter Mietspiegel zur Verfügung, so können dessen Festsetzungen herangezogen werden. Gleichberechtigte Verwendung der Begründungsmittel Da die Begründungsmittel gleichberechtigt nebeneinander stehen, können bspw. drei Vergleichswohnungen auch dann verwendet werden, wenn ein qualifizierter Mietspiegel in der Gemeinde existieren sollte. Dies kann sogar zweckmäßig sein, wenn der vorhandene Mietspiegel im Hinblick auf unterschiedliche Wohnwertmerkmale wenig ausdifferenziert ist und individuelle Merkmale einer Wohnung mithilfe von Vergleichswohnungen besser erfasst werden können. Mit der Benennung von Vergleichswohnungen besteht im gewissen Rahmen die Möglichkeit, einen wenig differenzierten Mietspiegel zu konkretisieren. Betrachtung von Mietspiegeln als Begründungsmittel Die folgenden Ausführungen beziehen sich methodisch vorrangig auf das Begründungsmittel „Mietspiegel“, inhaltlich gelten diese auch für alle anderen Begründungsmittel. Mietspiegel de facto mit Gestaltungsfunktion bei Wiedervermietungen Hatte ein Mietspiegel bisher die Funktion, im Rahmen des methodisch möglichen die ortsüblichen Entgelte in strukturierter Form wieder zu geben, so wird er nach der Einführung einer Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietungen de facto eine zusätzliche Gestaltungsfunktion erhalten. Dafür war das Konstrukt der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht geschaffen worden. Auch die Vorge26 27 30 Anmerkung: Die ortsübliche Vergleichsmiete wird als modifizierte Durchschnittsmiete bezeichnet, da sie nicht den Durchschnittswert aller Mietverhältnisse repräsentiert, sondern durch den zeitlichen Bezugsrahmen, etwaige Vorgaben zum Mischungsverhältnis von Neuvertrags- und Bestandsmieten sowie Spannenregelungen verändert bzw. modifiziert wird. Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW)(Hrsg.)(2001): Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Berlin, Juni 2001, S. 11. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse hensweise bspw. bei der Erstellung von Mietspiegeln ist darauf nicht ausgelegt. Bspw. stellt sich die Problematik, dass viele, auch qualifizierte Mietspiegel, oft nur wenige Festsetzungen etwa über Ausstattungsmerkmale enthalten. Bei der Erstellung von Mietspiegeln ist in der Vergangenheit häufig kritisiert worden, dass neben besonderen Ausstattungsmerkmalen bspw. auch der Einfluss von Modernisierungsmaßnahmen und von Wohnlagen oft nur unzureichend wieder gegeben wird. Dies liegt bspw. daran, dass viele Informationen in bestimmen Befragungsformen nur eingeschränkt erhoben werden können. Bspw. besitzen Mieter naturgemäß weniger Informationen über Modernisierungsmaßnahmen, insbesondere wenn diese vor Anmietung der Wohnung durchgeführt wurden. Problematik undifferenzierter Mietspiegel; Erhebungsproblematik Qualitative Unterschiede bspw. von Fliesen- oder Fußbodenbelägen oder besonders aufwändige Badarmaturen lassen sich oft weder bei schriftlichen Befragungen abfragen noch bei persönlichen Befragungen durch Interviewer ermitteln. Dennoch bestehen qualitätsbedingt für diese Merkmale erhebliche Kostenunterschiede bei Einbau bzw. Erstellung, die sich in der Miete widerspiegeln sollten. Schwierigkeiten der Ermittlung qualitativer Unterschiede Ein Mietspiegel ist kein Preisverzeichnis, das der Anbieter eines Gutes aufgrund seiner individuellen (Kosten-)Kalkulation unter Berücksichtigung von Gewinnmargen, Risikopositionen und aufgrund von nachfragebedingten Marktchancen erstellt hat. Ein Mietspiegel ist – wie es das Gesetz nach § 558c Abs. 1 BGB formuliert – eine Übersicht, die in der Lage ist, einen (gewissen) Überblick zu geben, aber nicht alle Facetten des Marktes kleinteilig erfassen kann. Mietspiegel als vereinfachende Übersicht Wenn sich das Wohnungsangebot im Hinblick auf die Preisdifferenzierung an einem Mietspiegel muss, so wird dies zu einer weniger starken Differenzierung des Wohnungsangebotes und in der Konsequenz zu einer stärkeren Vereinheitlichung führen. Die Orientierung am Durchschnitt der ortsüblichen Vergleichsmiete führt zwangsläufig zu einem auch qualitativ nur (noch) durchschnittlichen Wohnungsangebot. Wohnungsangebot wird sich auch qualitativ verstärkt am Durchschnitt orientieren Ausgangspunkt zur Bestimmung der Höchstgrenze In der konkreten Anwendung eines Mietspiegels zur Bestimmung der Höchstgrenze stellt sich zudem die Frage, von welchem Wert der ortsüblichen Vergleichsmiete konkret auszugehen ist. In Tabellenmietspiegeln wird eine Mietenspanne mit einer unteren und einer oberen Grenze ausgewiesen. Die Spanne wird oft durch einen Mittelwert (bspw. das arithmetische Mittel oder den Median) ergänzt. In Regressionsmietspiegeln stellen die ausgewiesenen Festsetzungen Mittelwerte dar, die durch die Angabe einer Schwankungsbreite, in der die üblichen Entgelte variieren können, ergänzt wird. Welcher Wert taugt zur Ermittlung der Obergrenze? Grundsätzlich repräsentiert die Spanne die ortsübliche Vergleichsmiete. Dies folgt aus den Überlegungen, was als üblich aufzufassen ist. Als üblich sind Entgelte anzusehen, wenn sie mehrheitlich vereinbart wurden. Für ein konkre- Bedeutung einer Spanne; Fokussierung auf den Durchschnittswert bei Ermittlung einer Einzelvergleichsmiete InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 31 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse tes Feld eines Tabellenmietspiegels bedeutet dies mindestens 60 Prozent, aber nicht notwendigerweise mehr als 90 Prozent der erhobenen Mieten.28 Gemäß § 558a Abs. 3 BGB reicht es aus, wenn bei einer Mieterhöhung die verlangte Miete innerhalb der im Mietspiegel angegebenen Spanne liegt. In der Praxis der Gerichte wird neuerdings von der Ermittlung einer Einzelvergleichsmiete gesprochen. Hierbei wird häufig bei der Ermittlung einer Einzelvergleichsmiete für eine konkrete Wohnung von dem Mittelwert einer Mietenspanne ausgegangen. Danach werden besondere Merkmale der Wohnung, die nicht schon bei der Erstellung des Mietspiegels bei der Vergleichsgruppe berücksichtigt worden sind, in Ansatz gebracht.29 Erhebliche Begrenzung der Marktbreite bei Fokussierung auf Durchschnittswert Wird für die Bemessung der 10-Prozent-Höchstgrenze für die Wiedervermietungsmiete auf den Mittelwert einer Spanne abgestellt, so bedeutet dies eine erhebliche Begrenzung. Das liegt auch daran, dass bei vielen Mietspiegeln – wie bereits erwähnt – deutlich höhere Spannen üblich sind. Bspw. weist der Dortmunder Mietspiegel 2011 eine durchschnittliche Abweichung der Untergrenze vom Mittelwert von 15,5 Prozent auf. Die Obergrenze weicht um 13,0 Prozent vom Mittelwert ab (ungewichtete Abweichung; siehe Tab. 22 im Anhang).30 Es handelt sich hierbei um eine Zwei-Drittel-Spanne, d.h. ein Sechstel der Mietwerte nach Ausreisserkorrektur befindet sich oberhalb der jeweiligen Obergrenze und weist höhere Abweichungen vom Mittelwert auf. Hohe Abweichungen von Mittelwert auch bei angepassten Bestandsmieten üblich Greift man sich ein vergleichsweise stark besetztes Tabellenfeld heraus, z.B. die Baualtersklasse von 1930 bis 1969 in der Ausstattungsklasse 1 (wenig modernisiert, bis 0 Ausstattungspunkte), so weicht die obere Spannengrenze nur 6,9 Prozent und die untere Spannengrenze um 9,6 Prozent vom Mittelwert ab. Aus dem Erstellungsprozess ist bekannt, dass das Sechstel oberhalb der ausgewiesenen Spanne zu rd. 70 Prozent aus erhöhten Bestandsmieten und zu 30 Prozent aus Wiedervermietungsmieten besteht. Die angepassten Bestandsmieten in diesem Sechstel der Mietwerte weichen im Durchschnitt um 20 Prozent vom Mittelwert ab. Hohe Abweichungen der Marktmiete von der ortsüblichen Vergleichsmiete sind vor dem Hintergrund solcher Beobachtungen zu relativieren. Beispiele für Spannen in Mietspiegeln Auch bei anderen Mietspiegeln sind größere Spannen von 10 Prozent und mehr um den ausgewiesenen Mittelwert herum als üblich anzusehen: der Mietspiegel der Stadt Frankfurt/Main 2010 (2012 fortgeschrieben) weist eine Spanne von plus/minus 10 Prozent auf den für eine Wohnung zutreffenden Mittelwert auf. Der Mietspiegel der Stadt Regensburg 2014 weist eine Spanne von plus/minus 19 Prozent um den berechneten Mittelwert auf. Solche Abweichungen sind mit der Heterogenität des Wohnungsmarktes begründet.31 Willkürliche Festsetzung der 10Prozent-Grenze Würde sich die 10-Prozent-Grenze bei der Wiedervermietung, die rein willkürlich in die Diskussion gebracht wurde, an dem Mittelwert der ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren, dann würde dies der Heterogenität der Woh28 29 30 31 32 Anmerkung: In der Praxis der Mietspiegelerstellung wird – wie bereits erwähnt – die ZweiDrittel-Spanne häufig angewendet, um die obere und unterer Grenze der Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete zu bestimmen. Vgl. zu den Betrachtungen über die Üblichkeit auch Börstinghaus, 2013, S. 145, Rd.-Nr. 301 ff. Vgl. Börstinghaus, 2013, S. 149, Rd.-Nr. 314 f. Mietspiegel der Stadt Dortmund 2011. Quelle: Mietspiegel der jeweiligen Städte. Diese Beispiele seien stellvertretend für andere Städte und Gemeinden angeführt. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse nungsmärkte nicht Rechnung tragen und notwendige Spielräume zur Ausdifferenzierung des Wohnungsbestandes zu stark einschränken. Je nachdem, wie differenziert ein Mietspiegel verschiedene am Markt wirksame Merkmale einer Wohnung aufgreift und zutreffend wider gibt, kann sich somit eine erhebliche Begrenzung gegenüber dem jetzigen Niveau bei Wiedervermietungen ergeben, die nicht auf unangemessen hohe Angebotsmieten zurückzuführen ist, sondern durch die Erstellungspraxis des Mietspiegels ausgelöst wird. Eine den Merkmalen einer Wohnung angemessene Mietpreisdifferenzierung ist bei der Wiedervermietung von Wohnungen dann nicht mehr möglich. Erstellungsmethodik eines Mietspiegels kommt größere Bedeutung zu Durch die Bindung der Miete bei Wiedervermietung an die ortsübliche Vergleichsmiete entsteht ein Regelkreis mit gegenseitigen Abhängigkeitsbeziehungen. Angesichts der Komplexität der Mietpreisbildung ist es schwer abzuschätzen, welche langfristigen Effekte sich durch dieses Wechselspiel ergeben. Es ist zu erwarten, dass ein undifferenzierter Mietspiegel zu einem weniger stark differenzierten Mietenniveau bei der Wiedervermietung führen wird. Dadurch wird es zunehmend schwerer werden, Mietenunterschiede in Mietspiegeln auszuweisen, selbst wenn dies – wie bspw. bei der Berücksichtigung energetischer Differenzierungsmerkmale – beabsichtigt ist. In Regressionsanalysen werden Mietenbestandteile weniger leicht herausgearbeitet werden können. Das ist ein methodischer Beleg dafür, dass die Mieten die bei Vertragsfreiheit bestehende Informationsfunktion verlieren werden. Regelkreis mit negativen Auswirkungen Zukünftige Entwicklung der Marktmieten Die Marktmieten bei Wiedervermietung von Wohnungen haben sich dem Grundsatz der Vertragsfreiheit folgend entsprechend dem Angebot und der Nachfrage entwickelt. Die Analyse der Ausgangssituation (siehe Kapitel 3.2.1, S. 21) hat gezeigt, dass sich der Anstieg der Angebotsmieten in geringem Abstand zur Entwicklung der Kaufkraft bewegt: Durch Einkommenszuwächse können Haushalte nominal einen höheren Betrag für die Anmietung einer Wohnung aufwenden, ohne das deren Wohnkostenbelastung steigt. Marktmieten folgen u.a. Kaufkraftveränderungen Nach Einführung einer Mietpreisbegrenzung wird dieser Zusammenhang aufgehoben: Die Entwicklung der Marktmiete folgt aufgrund der Bindung dem Verlauf der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Marktmiete kann daher prozentual nicht stärker steigen als die ortsübliche Vergleichsmiete. Deren Entwicklung wird im nachfolgenden Kapitel näher untersucht. Marktmieten folgen der ortsüblichen Vergleichsmiete Eine parallele Entwicklung der Marktmiete in Abhängigkeit zum Verlauf der ortsüblichen Vergleichsmiete setzt aber voraus, dass alle Vermieter bei Wiedervermietung grundsätzlich an die Obergrenze des durch die ortsübliche Vergleichsmiete zzgl. der Höchstgrenze von 10 Prozent gesetzten Rahmens gehen. Angesichts der Unsicherheiten, die mit einem solchen Vorgehen verbunden sind, da die maximale Wiedervermietungsmiete womöglich nicht korrekt bestimmt wurde, der Undifferenziertheit und zum Teil auch methodischbedingten Ungenauigkeit von Mietspiegeln und aufgrund individueller Überlegungen von Vermietern – nicht alle wollen den Rahmen vollständig ausschöpfen – wird die Obergrenze von 10 Prozent zur ortsüblichen Vergleichsmiete nicht regelmäßig ausgeschöpft werden. Strategie von Vermietern zur Ermittlung der Wiedervermietungsmiete InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 33 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Entwicklung der Marktmiete bleibt hinter der Mietendynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete zurück Es ist zu erwarten, dass sich die Marktmieten in diesem System weniger stark entwickeln werden als die ortsüblichen Vergleichsmieten. Den Protagonisten einer Mietpreisbegrenzung mag dieser Aspekt zusagen, weil einer Dämpfung des Anstiegs der Marktmieten Zweck der Einführung einer Mietpreisbremse ist. Dieser Zusammenhang ist jedoch fatal, weil bei sonst unverändertem Verhalten der Marktteilnehmer der Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht mehr durch einen höheren Zuwachs der Marktmieten gespeist wird. Dadurch wird sich die Wachstumsrate der ortsüblichen Vergleichsmiete kontinuierlich verringern. Dieser Aspekt soll im folgenden Kapitel näher untersucht werden. 4.1.2 Einfluss auf die ortsübliche Vergleichsmiete Effekte unmittelbar nach Einführung einer Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietung Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Längsschnitt In den vorangegangenen Kapiteln sind wesentliche Aspekte, wie die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt wird, angesprochen worden (vgl. Kapitel 3.2.2.). Oft werden, bspw. bei Mietspiegeluntersuchungen, Durchschnittsmieten veröffentlicht, die den gesamten Datensatz repräsentieren. Im Längsschnitt lässt sich daraus eine jährliche Mietsteigerungsrate ermitteln. Sie besitzt eine gewisse Orientierungsfunktion, jedoch entwickeln sich einzelne Teilmärkte sehr unterschiedlich. Veränderungsrate der ortsüblichen Vergleichsmiete gibt auch Strukturveränderungen wider Anders als beim Verbraucherpreisindex für Deutschland handelt es sich bei der ausgewiesenen Durchschnittsmiete nicht um einen hedonischen Index. Die jährliche Veränderungsrate bezieht sich daher nicht auf den gleichen Wohnungsbestand, sondern darin sind auch Veränderungen in der Wohnungsbestandsstruktur – Objekte unterschiedlicher Art und Größe – sowie auch qualitative Veränderungen durch zusätzliche Ausstattung und durch Modernisierungen enthalten. Relativierung hoher Veränderungsraten der ortsüblichen Vergleichsmiete Der hohe jährliche Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete bspw. in Berlin, der in Tab. 5, S. 27, mit 3,86 Prozent p.a. (von 2009 auf 2011) und 3,12 Prozent p.a. (von 2013 auf 2011) beinhaltet daher auch Veränderungen in der Struktur des erfassten Wohnungsbestandes, die sich durch veränderte Fluktuationsraten und ggf. einen höheren Anteil Wiedervermietungsmieten ergibt, sowie qualitative Verbesserungen. Das Konstrukt der ortsüblichen Vergleichsmiete erfordert keine Bereinigung, weil der Markt zu einem bestimmten Zeitpunkt entsprechend der Definition gespiegelt wird.32 Jedoch muss ein vergleichsweise hoher Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete unter Berücksichtigung dieses Sachverhaltes relativiert werden. 32 34 Auch die in Kapitel 3.2.1 dargestellten Angebotsmieten sind reine Durchschnitte ohne hedonische Glättung, wie sie bspw. im IMX, dem Angebotsindex für Immobilien von ImmoScout24 in Kooperation mit dem Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), vorgenommen wird. Da aber auch in der ImmobilienScout24-Datenbank nicht alle mietpreisbestimmenden Merkmale vollständig enthalten sind (wie z.B. Modernisierungen oder Ausstattungsdetails in größerer Vielfalt), liefert eine hedonische Glättung zwar Ergebnisse, die weniger stark verzerrt sind, aber nicht vollständig von qualitativen Veränderungen bereinigt werden können. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse In der folgenden Tabelle sind die Komponenten eines jährlichen Mietpreisanstiegs der ortsüblichen Vergleichsmiete für einen Beispielmarkt33 dargestellt. Im Durchschnitt ist die ortsübliche Vergleichsmiete um zwei Prozent pro Jahr gestiegen. Die Ursprungsmiete belief sich auf durchschnittlich 4,77 Euro/m², die Miete am Ende eines zwei-jährigen Vergleichszeitraumes betrug 4,96 Euro/m². Tab. 6: Aufgliederung von Komponenten der Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete Komponenten der jährlichen Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete Struktur der Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete (ohne Mietpreisbegrenzung) Komponente Mietanstieg p.a. in % Anteil des Gesamtanstiegs in Prozent Anpassung von Mieten im Bestand 1,2% 61,4% - ohne qualitative Veränderungen 0,8% 41,4% - Ausstattungs-/oder Beschaffenheitsänderungen 0,3% 15,3% - mit umfangreichen Qualitätsveränderungen 0,1% 4,6% Wiedervermietungen 0,8% 38,6% - ohne qualitative Veränderungen 0,2% 11,6% - Ausstattungs-/oder Beschaffenheitsänderungen 0,1% 6,5% - mit umfangreichen Qualitätsveränderungen 0,4% 20,6% Gesamtveränderung 2,0% 100,0% Quelle: Eigene Berechnungen auf der Grundlage eines Marktmodells. Der Großteil des Mietanstiegs der ortsüblichen Vergleichsmiete ist auf Anpassungen der Miete in bestehenden Mietverhältnissen zurückzuführen (1,2 Prozent p.a.). Wobei absolut 0,8 Prozentpunkte des Anstiegs pro Jahr als Sockelbetrag reine Anpassungen im Bestand ohne weitere Ausstattungsverbesserungen oder Modernisierungen waren. 15,3 Prozent des Anstieges (0,3 Prozentpunkte p.a.) gingen entweder mit einer Verbesserung der Ausstattung oder mit Modernisierungsmaßnahmen einher. Ein Anteil von 4,6 Prozent pro Jahr der Mietenveränderungen ergibt sich aufgrund von umfangreicheren Qualitätsverbesserungen. Hier wird nicht nur die Ausstattung der Wohnungen verändert, sondern es werden zugleich Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt. In diesen Fällen ist die jeweilige Mietensteigerung mit 4,3 Prozent p.a. im Durchschnitt pro Wohnung zwar besonders hoch, allerdings ist die Zahl der Fälle zu gering, um sich stärker auf die Mietsteigerungsrate auszuwirken. Reine Mietanpassungen im Bestand ohne qualitative Veränderungen bewirken Anstieg von 0,8 Prozent p.a. Der Beitrag der Mietsteigerung, der auf eine Wiedervermietung zurückzuführen ist, liegt bei 0,8 Prozent p.a. (oder 38,6 Prozent des gesamten Mietenanstiegs). Eine Wiedervermietung geht in einer größeren Zahl von Fällen mit umfangreicheren Qualitätsveränderungen einher (rd. ein Drittel der Anpassungsvereinbarungen mit einem Anteil von 20,6 Prozent am Anstieg des ge- Wiedervermietung leistet einen Gesamtbeitrag von 0,8 Prozent p.a. 33 Der Beispielmarkt wurde aufgrund von Festsetzungen in Mietspiegeln, die das InWIS erstellt hat, synthetisch abgeleitet. Wesentlich wurden dafür Angaben verwendet, die im Rahmen von stichprobenbezogenen Fortschreibungen ermittelt wurden. Dabei wurden Veränderungen der Nettokaltmiete unter Berücksichtigung von Veränderungen der beobachteten Ausstattung und Beschaffenheit bewertet. Die Struktur entspricht dem Wohnungsmarkt von Dortmund. Die Gesamtveränderung und die Anteile an der Gesamtveränderung wurden auf der Grundlage summarischer Veränderungen im Verhältnis zur Gesamtsumme der Ausgangsmieten ermittelt. Die Daten sind grundsätzlich auf andere Wohnungsmärkte übertragbar; wobei die Parameter für Marktstruktur – z.B. Anteil Wiedervermietungsmieten, Marktbreite – sowie Strategien der Anbieter (Veränderung von Ausstattung und Durchführung von Modernisierungen) angepasst werden müssten. Da diese in der notwendigen Differenzierung nur auf der Grundlage der Daten für Dortmund vorlagen, sind diese Strukturen verwendet worden. Die Mietangaben resultieren aus der Modellierung des Gesamtmarktes und entsprechen daher nicht den Parametern der Fortschreibung. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 35 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse samten Mietenvolumens). Daraus resultiert ein Mietenanstieg von 0,4 Prozentpunkten p.a. Änderung durch Einführung der Mietpreisbegrenzung Wird bei Einführung einer Mietpreisbegrenzung die Wiedervermietungsmiete auf 10 Prozent oberhalb des Durchschnittswertes gedeckelt, so ergibt sich nachfolgend dargestellte Veränderung gegenüber dem Ausgangsniveau. Hierbei wird der gesamte Markt idealtypisch undifferenziert als ein Mietspiegelfeld betrachtet bzw. entsprechend der vier Kategorien (ohne Veränderungen/mit Ausstattungs-/oder Beschaffenheitsänderungen/mit umfangreichen Qualitätsveränderungen) als vier Mietspiegelfelder. Verringerung der Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete In beiden Fällen verringert sich der jährliche Anstieg. Bei geringer Differenzierung auf 1,7 Prozent p.a., bei höherer Differenzierung auf 1,6 Prozent p.a. Tab. 7: Komponenten der jährlichen Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit Mietpreisbegrenzung Struktur der Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete (mit Mietpreisbegrenzung) Undifferenzierter Mietspiegel Komponente Mietanstieg p.a. in % Anteil des Gesamtanstiegs in Prozent Differenzierter Mietspiegel Mietanstieg p.a. in % Anteil des Gesamtanstiegs in Prozent Anpassung von Mieten im Bestand 1,2% 71,6% 1,2% 73,6% - ohne qualitative Veränderungen 0,8% 48,4% 0,8% 49,7% - Ausstattungs-/oder Beschaffenheitsänderungen 0,3% 17,9% 0,3% 18,4% - mit umfangreichen Qualitätsveränderungen 0,1% 5,4% 0,1% 5,5% Wiedervermietungen 0,5% 28,4% 0,4% 26,4% - ohne qualitative Veränderungen 0,1% 7,9% 0,1% 5,3% - Ausstattungs-/oder Beschaffenheitsänderungen 0,1% 4,6% 0,1% 5,4% - mit umfangreichen Qualitätsveränderungen 0,3% 15,8% 0,3% 15,7% Gesamtveränderung 1,7% 100,0% 1,6% 100,0% Quelle: Eigene Berechnungen auf der Grundlage eines Marktmodells. Differenzierte Mietspiegel nicht zwangsläufig vorteilhaft Während definitionsgemäß der Beitrag von Mietanpassungen im Bestand mit 1,2 Prozent als Sockel konstant bleibt, werden die restlichen Mieten, die Wiedervermietungsmieten, entsprechend der Einteilung des Mietspiegels gedeckelt. Ein differenzierter Mietspiegel hat aus diesem Blickwinkel nicht unbedingt einen Vorteil, weil dies vom Verhältnis der einzelnen Segmente untereinander und der Spannweite abhängt. Die Darstellung ist jedoch stark vereinfacht, kann aber die Zusammenhänge verdeutlichen. Berücksichtigung von Modernisierungen eingeschränkt möglich Die Regelungen zur Mietpreisbegrenzung erlauben, dass eine Modernisierung, die im Sinne von § 555b durchgeführt wurde, die zulässige Miete um den Betrag überschreiten darf, um den die Miete modernisierungsbedingt erhöht werden könnte. Dies ist in diesen Berechnungen nicht berücksichtigt. Dies hängt wesentlich davon ab, inwiefern Maßnahmen, die bspw. innerhalb einzelner Wohnungen bei einer Wiedervermietung durchgeführt werden, die Voraussetzungen einer modernisierungsbedingten Mieterhöhung erfüllen. Dies wird nicht regelmäßig der Fall sein. 36 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Abschließend ist in der folgenden Tabelle dargestellt, welche Ergebnisse zu erwarten wären, wenn kein Bestandsschutz greifen würde, sondern die Miete auf maximal 10 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete zu verringern wäre. Dadurch, dass es dann zu einer Verringerung der Höhe der Miete kommen würde, leisten Wiedervermietungen keinen Beitrag zum Mietanstieg mehr. Die Mietenveränderung reduziert sich auf die jährliche Entwicklung, die allein durch Anpassungen im Bestand generiert werden kann. Tab. 8: Deutlicher Rückgang der Mietendynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete ohne Bestandsschutz Komponenten der jährlichen Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit Mietpreisbegrenzung (ohne Bestandsschutz) Struktur der Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete (mit Mietpreisbegrenzung, ohne Bestandsschutz) Komponente Mietanstieg p.a. in % Anteil des Gesamtanstiegs in Prozent Anpassung von Mieten im Bestand 1,2% 103,0% - ohne qualitative Veränderungen 0,8% 69,6% - Ausstattungs-/oder Beschaffenheitsänderungen 0,3% 25,7% - mit umfangreichen Qualitätsveränderungen 0,1% 7,7% Wiedervermietungen 0,0% -3,0% -0,1% -12,3% - ohne qualitative Veränderungen - Ausstattungs-/oder Beschaffenheitsänderungen 0,0% -3,5% - mit umfangreichen Qualitätsveränderungen 0,2% 12,7% Gesamtveränderung 1,2% 100,0% Quelle: Eigene Berechnungen auf der Grundlage eines Marktmodells. Die Darstellungen zeigen, dass nach Einführung der geplanten Mietpreisbegrenzung mit einer zum Teil deutlichen Verringerung des Mietanstiegs in der ortsüblichen Vergleichsmiete zu rechnen ist. Allerdings beziehen sich diese Überlegungen unmittelbar auf den Zeitraum nach der Einführung einer Mietpreisbegrenzung, bspw. bei einer ersten Fortschreibung oder Neuaufstellung eines Mietspiegels. Darüber hinaus gehend ist abzuschätzen, wie sich die ortsübliche Vergleichsmiete über mehrere Zyklen der Neuerstellung eines Mietspiegels oder einer Fortschreibung entwickeln wird und welche Auswirkungen der Zirkelbezug zwischen Marktmiete und ortsübliche Vergleichsmiete besitzt. Mit deutlicher Verringerung nach Einführung der Mietpreisbegrenzung ist zu rechnen Längerfristige Konsequenzen für die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete Ohne Mietpreisbegrenzung sind für die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete drei Festsetzungen von Bedeutung: InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Festsetzungen für eine Längsschnittsbetrachtung 37 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse • Anpassungen innerhalb bestehender Mietverträge aufgrund von Mieterhöhungsverlangen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete oder aufgrund modernisierungsbedingter Mieterhöhungen: Im betrachteten Marktmodell finden Anpassungen im Bestand in der Weise statt, dass die jeweilige durchschnittliche ortsübliche Vergleichsmiete der Vorperiode um 0,8 Prozent überschritten wird. • Dem Verhältnis von Wiedervermietungsmieten zu Bestandsmieten: Im betrachteten Marktmodell liegt der Anteil der Wiedervermietungsmieten bei rd. 23 Prozent. • Der Höhe des Anstiegs der Marktmieten, die sich über die Berücksichtigung der Wiedervermietungsmieten auf die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete auswirken. Ohne Mietpreisbegrenzung folgt die ortsübliche Vergleichsmiete der Marktmiete in zeitlichem Abstand Liegt die jährliche Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete bei 2,0 Prozent p.a., während sich die Marktmiete mit 3,0 Prozent p.a. entwickelt, so passt sich die Steigerungsrate der ortsüblichen Vergleichsmiete allmählich an diejenige der Marktmiete an. 95 Prozent der Dynamik sind ca. nach 6 Fortschreibungsperioden zu je 2 Jahren, also nach 12 Jahren erreicht (vorausgesetzt, es findet eine stichprobengestützte Fortschreibung unter Berücksichtigung des jeweils aktuellen Marktniveaus und keine indexbezogene Anpassung statt, sodass sich die Mietenveränderung nach dem Index richtet). Abb. 6: Entwicklung von Marktmiete, ortsüblicher Vergleichsmiete und Marktspanne ohne Mietpreisbegrenzung in einem starken Markt Quelle: Eigene Berechnungen. Marktspanne als prozentuale Differenz zwischen Marktmiete und ortsüblicher Vergleichsmiete 38 Da sich die ortsübliche Vergleichsmiete erst nach und nach an die Entwicklung der Marktmiete anpasst, besteht eine Marktspanne zwischen den beiden Werten. Als Marktspanne ist hier der prozentuale Unterschied zwischen Marktmiete und ortsüblicher Vergleichsmiete definiert. Sie liegt zu Beginn bei rd. 15 Prozent, d.h. die Marktmiete liegt rd. 15 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Sie steigt kontinuierlich an, weil die Marktmiete stärker steigt als die ortsübliche Vergleichsmiete. Hat die ortsübliche Vergleichsmiete annähernd die Dynamik der Marktmiete erreicht, so befindet sich der Markt in ei- InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse nem Gleichgewicht: Die Marktspanne bleibt konstant bei rd. 23,5 Prozent Differenz. Die Marktspanne im Gleichgewichtszustand hängt von der jährlichen Steigerungsrate der Marktmiete ab. Bei einer Dynamik von 2,5 Prozent p.a. konvergiert die Marktspanne zu rd. 20 Prozent, bei 3,5 Prozent p.a. zu einem Wert von rd. 28 Prozent und bei 4,0 Prozent p.a. zu rd. 32 Prozent. Marktspanne hängt im Gleichgewichtszustand von der Steigerungsrate der Marktmiete ab Dieser Zusammenhang wirkt in beide Richtungen: Liegt der Mietenanstieg im Markt bei lediglich 1,8 Prozent p.a., also unterhalb des Anstiegs der ortsüblichen Vergleichsmiete, so findet eine umgekehrte Anpassung statt. In schwachen Märkten umgekehrter Zusammenhang Abb. 7: Entwicklung von Marktmiete, ortsüblicher Vergleichsmiete und Marktspanne ohne Mietpreisbegrenzung in einem entspannten Markt Quelle: Eigene Berechnungen. Die Marktspanne konvergiert zu ungefähr 13 Prozent. Bei Einführung der Mietpreisbegrenzung wird die anfängliche Marktspanne von rd. 15 Prozent unmittelbar auf rd. 10 bis 11 Prozent reduziert. Geht man davon aus, dass – wie in Kapitel 4.1.1 beschrieben – nicht alle Vermieter den Höchstrahmen bei Wiedervermietung ausschöpfen, so ergibt sich eine Rückkoppelung durch die Bindung der Marktmiete an die ortsübliche Vergleichsmiete. Die ursprüngliche Steigerung der Marktmiete, die sich an der Kaufkraft orientiert hat, hat jetzt keine Bedeutung mehr. Die Marktmiete kann nur noch knapp unterhalb einer Rate steigen, mit der die ortsübliche Vergleichsmiete steigt. Situation nach Einführung der Mietpreisbegrenzung Die Mietpreisbremse übt daher einen höheren Einfluss auf die Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete aus als man dies in einem entspannten Markt beobachten kann. Vorausgesetzt, dass die Vermieter ihr Verhalten nicht ändern, wird sich die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete kontinuierlich verlangsamen, was durch die kontinuierliche Rückbildung der Marktspanne zum Ausdruck kommt. Bereits nach vier Fortschreibungen, d.h. nach 6 Jah- Hoher Einfluss der Mietpreisbegrenzung auf die Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 39 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse ren liegt die Steigerungsrate der ortsüblichen Vergleichsmiete nur noch bei 1,5 Prozent p.a. Nach 10 Fortschreibungen oder 20 Jahren hat sie sich auf 1,4 Prozent p.a. zurückgebildet. Abb. 8: Entwicklung von Marktmiete, ortsüblicher Vergleichsmiete und Marktspanne nach Einführung einer Mietpreisbegrenzung Quelle: Eigene Berechnungen. Höhe der bisherigen Marktentwicklung unbedeutend Da die bisherige Marktentwicklung nach Einführung der Mietpreisbegrenzung nicht von Bedeutung ist, treten diese Wirkungen bereits rasch nach Einführung ein. Dies hängt damit zusammen, dass durch die Berechnungssystematik der ortsüblichen Vergleichsmiete deren Mietendynamik maßgeblich durch den Abstand zur Marktmiete als Einflussfaktor geprägt wird. Bestätigung der Beobachtungen für unterschiedliche Märkte erforderlich Diese Beobachtung, die auf der Grundlage des Marktmodells für einen weitgehend ausgeglichenen Markt dokumentiert wurden, müssten für andere Marktkonstellationen ergänzend durchgeführt und bestätigt werden. Sollte sich dies auch in der Konstellation von starken Märkten bestätigen, so ist bereits kurzfristig mit einem erheblichen „Bremseffekt“ auf die Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete zu rechnen. Reaktionsmöglichkeiten der Vermieter auf die ortsübliche Vergleichsmiete Die Berechnungen wurden unter sonst gleichen Bedingungen durchgeführt. Die Vermieter können auf die Einführung der Mietpreisbremse und den Rückgang in der Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete auf zwei Arten reagieren: 40 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse • Sie schöpfen konzertiert bei der Wiedervermietung die 10-ProzentGrenze maximal aus. Dadurch lässt sich das Problem jedoch nur mildern. • Sie führen die Bestandsmieten kontinuierlicher an die ortsübliche Vergleichsmiete heran. In der beobachten Konstellation wurde die vorherige Miete im Bestand bei einer Mieterhöhung um durchschnittlich 6,4 Prozent alle zwei Jahre angepasst. Würde bei Mieterhöhungen um jeweils 10 Prozent alle zwei Jahre angepasst, so kann damit der Sockel für Mieterhöhungen, der durch Bestandsmietanpassungen definiert wird, erhöht werden. Dennoch findet danach ein Rückgang der Mietendynamik statt, allerdings ausgehend von einem höheren Niveau. Sollten sich die Ergebnisse für angespannte Märkte bestätigen, so wird das Investitionsklima durch den schockartigen Einbruch der Mietendynamik und den allmählichen Rückgang deutlich beeinträchtigt. Deutliche Beeinträchtigung des Investitionsklimas 4.2. Effekte auf den Neubau von Wohnungen Auftretende Angebotsengpässe infolge eines dauerhaften Anstiegs der Nachfrage können nur beseitigt werden, in dem Wohnungen neu gebaut werden. Soll dies nicht durch öffentlich geförderten und mit Mietpreisbindungen versehenen Wohnungsbau geschehen, so ist es notwendig, zusätzliche Anreize für Investoren zur Errichtung von frei finanziertem Neubau zu schaffen bzw. bestehende Hemmnisse für Neubau zu beseitigen. Flankierende Maßnahmen wie die Ausweisung und das Verfügbarmachen von Bauland können ergänzend eingesetzt werden. Beseitigung von Angebotsengpässen durch Neubauten Solange Bauland zu einem marktgerechten, nicht zu hohen Preis verfügbar ist, werden durch ein ausreichend hohes und kontinuierlich steigendes Mietenniveau bereits spürbare Anreize gesetzt, um in den Mietwohnungsbau zu investieren. Zwar wird mit der Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietungen nicht bezweckt, dass zusätzlicher Neubau geschaffen wird. Durch den geplanten § 556f BGB des Referentenentwurfs soll die Mietpreisbegrenzung nicht bei der ersten Vermietung neu errichteter Wohnungen angewendet werden. Dadurch wird ein Ausnahmetatbestand für Neubauten geschaffen. Hohe Mieten und hohe Mietsteigerungen bieten starke Anreize Allerdings ist für die Errichtung von Neubau nicht nur die anfänglich vereinbarte Miete von Bedeutung, sondern es muss über einen langen Zeitraum von 30 und mehr Jahren Investitionssicherheit herrschen. Neubau erfordert ohne flankierende Förderung oder Steuervergünstigungen kontinuierlich steigende Mieten, aus denen die laufenden Aufwendungen und die Amortisation des eingesetzten Kapitals sichergestellt werden kann. Investitionssicherheit über lange Planungszeiträume erforderlich Mithilfe einer Investitionsrechnung nach dem Verfahren des Vollständigen Finanzplanes (VoFi) soll diese Systematik verdeutlich werden. Für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen werden folgende Parameter unterstellt: Invesitionsrechnung nach dem VoFi InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 41 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Tab. 9: Verwendete Parameter und Ausgangsdaten für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen (Neubau) Parameter Kenndaten eines Beispielgebäudes Festgelegter (Ausgangs-)Wert Zinssatz für kurzfristige Guthaben 1,30 % p.a. Zinssatz für kurzfristige Verbindlichkeiten 3,75 % p.a. Baukosten (Kostengruppe 100 bis 700) 2.750 Euro/m² Wohnfläche, brutto (davon Grundstücksanteil 350,00 Euro, voll erschlossen) Darlehenszinssatz 3,5 % p.a. (fest für die gesamte Laufzeit) Tilgungssatz 2,0 %p.a. Eigenkapitaleinsatz 20,0 % Mietsteigerungsrate 1,0 % p.a. (anfänglich) Anfängliche Instandhaltungskosten 4,50 Euro/m²a (jährlich mit Inflationsrate steigend) Inflationsrate 1,9 % p.a. Für die Berechnungen wird ein fiktives Gebäude mit 18 Wohneinheiten und einer Gesamtfläche von 1.350 m² (Wohnfläche) unterstellt. Die Erstellungskosten belaufen sich auf insgesamt 3.712.500 Euro (einschl. Kosten für das Grundstück). Tab. 10: Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete 10,50 Euro/m² und einer jährlichen Mietsteigerungsrate von 1 Prozent Parametervariation Anfangsmiete in Euro/m² jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a. Ergebnisgröße VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert) Eigenkapitalrendite (in % p.a.) Amortisationsdauer (Jahre) Wert 10,50 € 1,00% Ergebnis 1.838.993 € 3,07% 25 Quelle: Eigene Berechnungen. Mindestrendite von 3,0 Prozent In dieser Konstellation amortisiert sich das Investitionsvorhaben nach 25 Jahren. Zum Planungshorizont von 30 Jahren wird ohne Berücksichtigung eines Restwertes ein VoFi-Endwert (Vermögenswert) von 1,8 Mio. Euro bilanziert. Die Eigenkapitalrendite beläuft sich auf 3,07 Prozent p.a. Die Höhe der Renditeforderung auf das eingesetzte Kapital hängt von den individuellen Zielsetzungen und Anforderungen sowie der Risikoeinschätzung ab. Renditeorientierte Investoren gehen von 6 Prozent Eigenkapitalrendite aus Eine Rendite von rd. 3 Prozent ist eher als Mindestrendite oder Untergrenze zu verstehen; in der Regel erwarten renditeorientierte Investoren eine Verzinsung des Eigenkapitals in einer Größenordnung von bis zu 6 Prozent p.a. Eine Eigenkapitalrendite von 6 Prozent p.a. erfordert entweder eine Anfangsmiete von 14,05 Euro/m² (bei einer kontinuierlichen Steigerungsrate von 1,0 Prozent p.a.) oder eine Mietsteigerungsrate von rd. 3,0 Prozent (bei konstant gehaltener Anfangsmiete von 10,50 Euro/m²). Auf mittlere Sicht mit Anstieg des Zinsniveaus zu rechnen Der Zinssatz für grundpfandrechtlich-besicherte Darlehen bewegt sich derzeit auf einem historisch niedrigen Niveau. Auf mittlere Sicht ist mit einem moderaten Anstieg des Zinsniveaus zu rechnen. Zinssätze für eine 10-jährige Festschreibung von mehr als 7,0 Prozent p.a. werden zwar als unwahrscheinlich angesehen, aber ein durchschnittliches Zinsniveau von 5,0 Prozent p.a. ist nicht ausgeschlossen. 42 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Tab. 11: Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete 10,50 Euro/m², einer jährlichen Mietsteigerungsrate von 1 Prozent und Anstieg des Zinsniveaus Parametervariation Anfangsmiete in Euro/m² jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a. Darlehenszinssatz (11. Jahr und folgende; in % p.a.) Ergebnisgröße VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert) Eigenkapitalrendite (in % p.a.) Amortisationsdauer (Jahre) Wert 10,50 € 1,00% 5,0 % Ergebnis 1.126.705 € 1,40% 28 Quelle: Eigene Berechnungen. Wird der Zinssatz nach Ablauf der ersten Zinsbindungsfrist für die restliche Laufzeit der Darlehen auf ein Niveau von 5,0 Prozent p.a. erhöht, so sinkt die Eigenkapitalverzinsung auf 1,4 Prozent p.a. und unterschreitet die gesetzte Mindestgrenze. Alternativ müsste das anfängliche Mietenniveau auf 11,50 Euro/m² angehoben werden oder die jährliche Mietsteigerungsrate müsste dauerhaft auf 1,63 Prozent p.a. ansteigen. Bei Zinsanstieg ist höhere Anfangsmiete oder höhere jährliche Mietensteigerung erforderlich In angespannten Märkten liegt das Haushaltsnettoeinkommen über dem bundesdeutschen Durchschnitt. In diesen Märkten sind Zielgruppen, die sich höhere Mieten für Neubauvorhaben leisten können, stark vertreten. Aber deren Zahlungsbereitschaft kann nicht über alle Maßen hinaus ausgedehnt werden. D.h. selbst in angespannten Märkten sind oft Mieten oberhalb von 14,00 bis 16,00 Euro/m² Wohnfläche nicht die Regel, sondern nur bei besonderen Ausstattungsdetails zu erzielen, die wiederum zu höheren Baukosten führen und die Wirtschaftlichkeit beeinflussen. Bauvorhaben mit Mieten in dieser Höhe sind auch in angespannten Märkten eher die Ausnahme und können – trotz Filtering- und Sickereffekten – quantitativ nur in einem geringen Umfang dazu beitragen, einen Angebotsengpass wirksam zu beseitigen. Um dieses Ziel zu erreichen, darf die Höhe der Miete nicht zu hoch liegen, sondern muss sich an der Wohnkaufkraft einer breiten Kundengruppe orientieren. Neubaumieten nicht unbegrenzt in angespannten Märkten durchsetzbar Es ist zu prüfen, inwieweit es gelingen kann, diese kontinuierlichen Mietsteigerungen für Neubauten unter dem bekannten System der ortsüblichen Vergleichsmiete und schließlich bei Einführung der Mietpreisbegrenzung zu realisieren. Mit einem Neubau ist bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete – bspw. in Mietspiegeln – die Schwierigkeit verbunden, dass er stets eine Ausnahme bildet. Der Wohnungsmarkt wird von bestehenden Mietwohnungen dominiert. Neubauten werden in vielen Mietspiegeln grundsätzlich nicht oder nur unzureichend abgebildet. D.h. oft enden die Baualtersklassen vor dem aktuellen Rand (bspw. bis 2012) und lassen Neubauten außen vor. Voraussetzungen für dauerhafte Mietsteigerungen Für Neubauwohnungen, die zahlenmäßig am Markt eine untergeordnete Bedeutung spielen und daher bei Mietspiegeluntersuchungen nicht gut erfasst werden können, soll sich erst ein Preis bilden. Oft werden Neubauwohnungen nach einigen Jahren mit anderen Wohnungen älterer Baujahre zusammengefasst. Spannen, die – wie in Köln – von 1990 bis 2006 reichen (beim Mietspiegel mit Stichdatum November 2008) oder – wie in Frankfurt – von 2002 bis 2009 (beim Mietspiegel mit Stichdatum Juni 2010) sind keine Seltenheit. Dadurch werden Wohnungen, die zwar angesichts des deutlich älteren Altbaubestands noch zu Neubauten zu zählen sind, aber bereits fünf bis 10 Jahre und mehr alt sind mit neu errichteten Gebäuden zusammen gefasst. Zusammenfassung von Neubauten mit älteren Objekten in Mietspiegeln InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 43 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Systematik der Mietenentwicklung Bei einer Entwicklung der Angebotsmieten, die über der jährlichen Steigerungsrate der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, wird in dem Feld der jüngsten Baualtersklasse ein Durchschnittspreis ermittelt. Die jeweils am aktuellen Rand neu errichteten Gebäude sollten sich oberhalb des Mittelwertes der ortsüblichen Vergleichsmiete einordnen. Ggf. auch deutlich oberhalb einer 10 Prozent-Grenze der ortsüblichen Vergleichsmiete. Bereits in der Vergangenheit bestand somit für Neubauten das Problem, das neu errichtete Gebäude ggf. eine Zeitdauer von wenigen Jahren warten mussten, bis weitere Mietanpassungen in den bestehenden Vertragsverhältnissen durchgeführt werden konnten. Problematik der Wartedauer Je größer der Unterschied zwischen den Altmieten aus den Jahren bspw. um 2002 bis 2005 im Verhältnis zum Neubau liegt, desto länger muss der Vermieter einer in 2014 neu errichteten Wohnung warten, bis eine Mietanpassung im bestehenden Mietverhältnis durchgeführt werden kann. D.h. es dauert bei kontinuierlichem Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete einen gewissen Zeitraum, bis der größere Abstand zwischen der Anfangsmiete des Neubaus und der ortsüblichen Vergleichsmiete im Teilsegment des Mietspiegels für Neubauten verringert wurde und die ortsübliche Vergleichsmiete aufgeholt hat. Diese Situation wird auch als Wartedauerproblematik bezeichnet. Treiber der Mietendynamik im Neubau In der Klasse der neu errichteten Wohnungen sind nur zwei Komponenten wesentliche Treiber für die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete: • Anpassungen der Miete im Bestand, • Wiedervermietung von Wohnungen. Veränderung von Ausstattung und Modernisierungsmaßnahmen sind in diesem Teilmarkt für die Mietenentwicklung nicht wesentlich und spielen eine untergeordnete Bedeutung. Bis der Standard eines Neubaus durch zusätzliche Ausstattung ergänzt wird bzw. werden muss, dauert länger. Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete für Neubauten; Beispiel Köln Mit Einführung der Mietpreisbegrenzung wird die Mietenentwicklung in einem Segment, in dem ohnehin aufgrund der geschilderten Wartedauerproblematik nur eine geringe Mietendynamik herrschte, die Komponenten, die durch Wiedervermietung generiert wird, deutlich beschnitten. Es ist daher mit einem deutlichen Rückgang der Dynamik auf die Hälfte des bisherigen Niveaus zu rechnen. Im Kölner Mietspiegel bspw. hat sich für Neubauten in den letzten Jahren lediglich eine jährliche Mietpreissteigerung von 0,45 Prozent p.a. ergeben. Die Dynamik der Stadt Köln kann für die folgenden Berechnungen als Beispiel dienen. Tab. 12: Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete 10,50 Euro/m² und einer jährlichen Mietsteigerungsrate von 0,45 Prozent Parametervariation Anfangsmiete in Euro/m² jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a. Ergebnisgröße VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert) Eigenkapitalrendite (in % p.a.) Amortisationsdauer (Jahre) Wert 10,50 € 0,45% Ergebnis 1.309.408 € 1,91% 27 Quelle: Eigene Berechnungen. 44 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse In diesem Fall reicht die jährliche Mietsteigerungsrate nicht aus, um die Mindestrendite zu erfüllen. Das Vorhaben ist nicht wirtschaftlich tragfähig. Erst mit einer Anfangsmiete von 11,30 Euro/m² ist die Renditeforderung zu realisieren. Die Beispiele zeigen den Zusammenhang zwischen der Höhe der laufenden Mietsteigerung und der Anfangsmiete. Geringere jährliche Steigerungsraten können in gewissem Umfang durch eine höhere Anfangsmiete kompensiert werden. Die höhere Anfangsmiete muss im Markt jedoch realisiert werden können: Entweder in besonders beliebten oder hochwertigen Lagen oder mit zusätzlichen Ausstattungsdetails, wodurch die Baukosten steigen werden. Höhere Anfangsmieten müssen im Markt realisierbar sein Bei Einführung der Mietpreisbegrenzung ist zu befürchten, dass aufgrund der Systematik bspw. innerhalb von Mietspiegeln und die Praxis der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete dazu führt, dass eine reine Anpassung der Mieten im Bestand nicht ausreicht, um eine kontinuierliche Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete in dem erforderlich Maß sicher zu stellen. Sondern es Bedarf auch Mietsteigerungen, die deutlich oberhalb von 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, damit in diesem Segment eine kontinuierliche Mietensteigerung sicher gestellt wird. Reine Anpassung von Mieten im Bestand stellt kontinuierliche Mietenentwicklung nicht sicher Will man auch für mittlere Einkommensbezieher einen erschwinglichen Neubau errichten, bspw. für 9,50 Euro/m² Anfangsmiete, so reicht eine Mietensteigerung von lediglich 0,45 Prozent nicht aus, um dieses Vorhaben wirtschaftlich darzustellen. Anfangsmieten von 9,50 Euro/m² für Marktentlastung sinnvoll Tab. 13: Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete 9,50 Euro/m² und einer jährlichen Mietsteigerungsrate von 0,45 Prozent Parametervariation Wert Anfangsmiete in Euro/m² 9,50 € jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a. 0,45% Ergebnisgröße VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert) Eigenkapitalrendite (in % p.a.) Amortisationsdauer (Jahre) Wert 669.505 € -0,34% 30 Quelle: Eigene Berechnungen. Die Amortisationsdauer liegt bei 30 Jahren. Das anfangs eingesetzte Eigenkapital von 742.500 Euro wird teilweise aufgezehrt (Eigenkapitalrendite minus 0,34 Prozent p.a.). Um bei einer Anfangsmiete von 9,50 Euro eine Eigenkapitalrendite von rd. 3 Prozent zu erzielen, ist eine jährliche Mietsteigerungsrate von 1,7 Prozent p.a. erforderlich. Eine derart hohe Mietsteigerungsrate der ortsüblichen Vergleichsmiete für Neubauten ist nach Einführung der geplanten Mietpreisbegrenzung nicht zu erwarten. Angesichts der Zusammenhänge der Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete, wie sie in Kapitel 4.1.2 dargestellt wurden und sich aufgrund der Besonderheiten insbesondere für Neubauten auswirken, ist nach Einführung einer Mietpreisbegrenzung eher mit einer jährlichen Steigerungsrate von deutlich unter 1 Prozent p.a. in diesem Segment auszugehen. Viele Vorhaben werden dementsprechend nicht realisiert werden können. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Erwartete Mietsteigerungsrate im Neubau: deutlich unter 1 Prozent p.a. 45 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Ausnahmeregelungen reichen nicht aus Zwar sind Erstvermietungen von der Mietpreisbegrenzung ausgenommen, jedoch kann bei einer Wiedervermietung beim gleichen Objekt keine zusätzliche Mietsteigerung generiert werden. Durch die geplanten Regelungen der Mietpreisbegrenzung wird der dringend benötigte Neubau daher konterkariert. 4.3. Effekte auf die Modernisierung von Wohnungen Nachlassende Mietendynamik trifft Modernisierungen besonders schwer Umfangreiche Modernisierungen mit hohem Investitionsvolumen – bspw. zur Steigerung der Energieeffizienz oder zur altengerechten Wohnungsanpassung – erfordern ebenso wie Neubau kontinuierliche Mietsteigerungen. Insbesondere, wenn der gesetzlich zulässige Umlagerahmen aufgrund geringeren Einkommens der Mieterhaushalte nicht ausgeschöpft werden kann, was regelmäßig der Fall ist. Modernisierungen werden im System der ortsüblichen Vergleichsmiete zudem nur unzureichend erfasst. Bei undifferenzierten Mietspiegeln ohne separate Klassen für modernisierte Wohnungen leiden sie darunter, dass der Teilmarkt erst Nachziehen muss, bis weitere Mietensteigerungen realisiert werden können (Wartedauerproblematik). Umfangreiche Modernisierungen werden von der nachlassenden Mietendynamik daher besonders betroffen. Ausnahmeregelung „umfassende Modernisierung“: Modernisierung im freigezogenen Bestand nicht mehr möglich Bei restriktiver Auslegung des vorgesehenen Ausnahmetatbestandes für Modernisierungen, bspw. eine Beschränkung nur auf neubaugleiche Modernisierungen (im allgemeinen Sprachgebrauch oft mit „Kernsanierungen“ bezeichnet), geraten alle anderen umfangreichen Investitionen zur Verbesserung und Erhaltung der Wohnungsqualität im leergezogenen Bestand doppelt unter Druck: Sie sind gleich bei Anschlussvermietung an die Höchstpreisregelung gebunden und im Verlauf der verringerten Mietendynamik ausgesetzt. Eine restriktive Beschränkung der Ausnahmereglung auf „Kernsanierungen“ ist zudem widersinnig, weil solche Modernisierungen eine Zuordnung in eine andere Baualtersklasse ermöglichen, in der oft andere Mietenspielräume bestehen. Beispielfall: Energetische Modernisierung auf den EH 100Standard Die Problematik mangelnder Wirtschaftlichkeit bei Modernisierungsmaßnahmen soll anhand eines Beispielfalles mit einer energetischen Modernisierung verdeutlich werden. Die verwendeten Parameter sind in der folgenden Tabelle im Überblick dargestellt: 46 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Tab. 14: Verwendete Parameter und Ausgangsdaten für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen (Modernisierungen) Parameter Zinssatz für kurzfristige Guthaben Festgelegter (Ausgangs-)Wert 1,30 % p.a. Zinssatz für kurzfristige Verbindlichkeiten 3,75 % p.a. Modernisierungskosten34 435,00 Euro/m² für Energieeffizienzmaßnahmen (EH 100) Kosten für weitere wertverbessernde Maßnahmen rd. 210 Euro/m² Darlehenszinssatz (KfW-Darlehen 151 - Energieeffizient Sanieren - Kredit) 1,0 % p.a. (für die ersten 10 Jahre), 3,5 % p.a. bis zum Ende der Laufzeit Tilgungssatz (KfW-Darlehen) Tilgung entsprechend Laufzeit von 20 Jahren (mit drei tilgungsfreien Jahren zu Beginn); Tilgungszuschuss in Höhe von 5,0 Prozent der förderfähigen Kosten Darlehenszinssatz (Annuitätendarlehen für wertverbessernde Maßnahmen) 3,5 % p.a. (fest für die gesamte Laufzeit) Tilgungssatz (Annuitätendarlehen für wertverbessernde Maßnahmen) 2,0 %p.a. Eigenkapitaleinsatz 20,0 % (auf Annuitätendarlehen angerechnet) Mietsteigerungsrate 1,0 % p.a. (anfänglich) Anfängliche Instandhaltungskosten 6,70 Euro/m²a Inflationsrate (auf sämtliche Kostenpositionen, die Kostensteigerungen unterliegen) 1,9 % p.a. Nach Sanierung: 4,50 Euro/m²a Das betrachtete Musterobjekt verfügt über 18 Wohneinheiten und eine Wohnfläche von rd. 1.200 m². Für die Durchführung der Berechnung wird angenommen, dass sich das Gebäude im unsanierten Zustand gut vermieten lässt und kein Leerstand besteht. Tab. 15: Zentrale Ausgangsdaten für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit von Modernisierungen Ausgangsdaten für die Berechnung Anzahl Wohneinheiten unsaniert saniert 18 18 1.167,10 1.167,10 Miete (je m²) 4,85 5,60 Betriebskosten (kalt) 1,20 1,20 Betriebskosten (warm) 1,43 0,45 Leerstand (in %) 0,00% 0,00% Mietsteigerung in % p.a. 1,20% 2,20% 6,70 4,50 Wohnfläche (in m²) Instandhaltungskosten Mit einer Ausgangsmiete von 4,85 Euro/m² im unsanierten Zustand liegt die Miete am unteren Rand des Mietenniveaus in einem angespannten Markt. Dieses Beispiel wurde gewählt, um die Wirtschaftlichkeit für unterschiedliche Varianten einer modernisierungsbedingten Mieterhöhung im Verhältnis zu einer erwarteten zukünftigen Mietsteigerungsrate zu betrachten. 34 Beispielfall: Niedrige Ausgangsmiete im unsanierten Bestand Für die Berechnungen wurde das Beispiel Dortmund des Forschungsvorhabens Energieeffizienz mit städtebaulicher Breitenwirkung verwendet. Die dort dargestellten Kosten wurden auf den aktuellen Rand angepasst. Vgl. hierzu: Schulze Darup, Burkhard/Neitzel, Michael (2011): Energieeffizienz mit städtebaulicher Breitenwirkung. Technische und wirtschaftliche Voraussetzungen zur flächenhaften Umsetzung von energetisch hochwertigen Modernisierungen in zusammenhängenden Wohnquartieren, Berlin, März 2011 (Abschlussbericht zum Forschungsprojekt, gefördert mit Mitteln der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)). InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 47 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Höhe der Heizkostenersparnis und mietergerechte, sozialverträgliche Modernisierungsumlage Häufig wird die Mieterhöhung nach Durchführung einer Modernisierung unter Berücksichtigung der Energieeinsparung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Mieterhaushalte, d.h. an deren verfügbarem Einkommen ausgerichtet. Die Energieeinsparung durch die Sanierung des Gebäudes auf ein Energieeffizienzhaus 100 beträgt bei einem Preis von 7,56 ct/kWh (inkl. anteiliger Grundpreis) auf der Grundlage von Energiebedarfsberechnungen rd. 0,98 Euro/m². Dient der vorherige Verbrauch als Maßstab, lässt sich voraussichtlich eine Heizkostenersparnis von 0,37 Euro/m² erzielen. Eine adäquate modernisierungsbedingte Mieterhöhung würde – bei heutigem Mietenniveau – mit 0,75 Euro/m² angesetzt werden. Es findet keine warmmietenneutrale Mietanpassung statt; die Mieter werden nach Abzug der voraussichtlichen Heizkostenersparnis mit rd. 0,38 Euro/m² zusätzlich belastet. Bei moderater Modernisierungsumlage ist Maßnahme nicht wirtschaftlich Unter der Voraussetzung, dass sich die Nettokaltmiete im Markt für sanierte Wohnungen mit einer jährlichen Steigerungsrate von 2,2 Prozent entwickelt, während der Markt für unsanierte Wohnungen lediglich ein Mietenwachstum von 1,2 Prozent p.a. aufweist, ist die Modernisierung nicht wirtschaftlich darstellbar. Bei einer Amortisationsdauer von 30 Jahren entsteht ein Defizit in Höhe von minus 97.625 Euro, die Eigenkapitalrendite ist mit minus 1,43 Prozent negativ. Tab. 16: Wirtschaftlichkeitsberechnung für moderate modernisierungsbedingte Mieterhöhung Parametervariation Wert Modernisierungsbedingte Mieterhöhung in Euro/m² (anfänglich) jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a. (unsaniert/saniert) Ergebnisgröße VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert) Eigenkapitalrendite (in % p.a.) 0,75 € 1,20 %/2,20 % Wert -97.625 € -1,43 % Amortisationsdauer (Jahre) 30 Quelle: Eigene Berechnungen. Anpassung der Miete um 1,04 Euro/m² oder rd. 20 Prozent erforderlich Die Miete müsste anfänglich um 1,04 Euro/m² auf 5,89 Euro/m² angepasst werden, um bei gleicher Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete eine Mindestrendite von 3,0 % p.a. auf das eingesetzte Eigenkapital zu erreichen. Tab. 17: Wirtschaftlichkeitsberechnung für angepasste modernisierungsbedingte Mieterhöhung (Ziel: Mindesteigenkapitalrendite) Parametervariation Wert Modernisierungsbedingte Mieterhöhung in Euro/m² (anfänglich) jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a. (unsaniert/saniert) Ergebnisgröße VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert) Eigenkapitalrendite (in % p.a.) Amortisationsdauer (Jahre) 1,04 € 1,20 %/2,20 % Wert 365.795 € 3,00 % 26 Quelle: Eigene Berechnungen. Bei höherer Renditeerwartung deutliche Anpassung der Miete nach Modernisierung erforderlich 48 Für eine Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital von 6,0 Prozent p.a. ist eine modernisierungsbedingte Mieterhöhung von 1,68 Euro/m² je Monat auf ein Niveau von 6,53 Euro/m² erforderlich. Dadurch würde das Haushaltsbudget nach Verrechnung der zu erwartenden Energieeinsparung mit 1,31 Euro/m² monatlich zusätzlich belastet. Das wird die in dem modernisierten Gebäude InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse lebenden Mieter voraussichtlich überfordern; dies ist im Einzelfall zu beurteilen. Die skizzierten Mietanpassungen liegt noch innerhalb des rechtlich zulässigen Rahmens für eine modernisierungsbedingte Mieterhöhung nach § 559 Abs. 1 unter Berücksichtigung von § 559a BGB. Für die dargestellte Kombination aus Energieeffizienz- mit einer sonstigen wohnwertverbessernden Maßnahme wird das maximale Potenzial ungefähr 1,93 Euro/m² je Monat betragen. Tab. 18: Berechnung des rechtlich zulässigen Umlagepotenzials nach § 559 Abs. 1 BGB Berechnung der rechtlich zulässigen modernisierungsbedingten Mieterhöhung 35 Umlagefähiger Aufwand (Angaben in Euro/m² Wfl.) Betrag Energetisch bedingte Maßnahmenkosten (Vollkosten) 435,00 € davon: umlagefähiger Anteil (67,2 %) 292,32 € ./. Tilgungszuschuss = Bemessungsgrundlage für ein Jahr 21,75 € 270,57 € Modernisierungsbedingte Mieterhöhung (11 %) 29,76 € ./. Zinsverbilligung (2,5 % p.a.) 10,88 € Steigerung der Jahresmiete um … Euro/m² 18,89 € Steigerung der Monatsmiete um … Euro/m² 1,57 € Weitere wohnwertverbessernde Maßnahmen davon: umlagefähiger Anteil (18,4 %) 210,00 € 38,64 € Modernisierungsbedingte Mieterhöhung (11 %) 4,25 € Steigerung der Monatsmiete um … Euro/m² 0,35 € Maximales Potenzial für modernisierungsbedingte Mieterhöhung (je Monat) 1,93 € Quelle: Eigene Berechnungen auf der Grundlage beispielhafter Modernisierungskosten. Die Differenz zwischen der notwendigen Mietanpassung für eine Mindesteigenkapitalrendite von 3,0 Prozent p.a., die mit 1,04 Euro/m² angegeben wird, und der anfänglichen Mieterhöhung in der Ausgangsberechnung in Höhe von 0,75 Euro/m² erscheint auf den ersten Blick nicht hoch. Es ist jedoch zu beachten, dass diese Konstellation nur unter Annahme eines günstigen Mietenverlaufsmodells resultiert. Einfluss unterschiedlicher Mietenverlaufsmodelle Der Mietenverlauf ist günstig, wenn sich die Miete nach Durchführung der Modernisierung von Beginn an mit konstanten jährlichen Steigerungsraten entwickeln kann. Dies ist der Fall, wenn bei einem Mietspiegel nach modernisierten und unmodernisierten Wohnungen differenziert wird und der Mietenunterschied ausreichend hoch ausfällt. Dies ist in der Praxis der Mietspiegelerstellung nicht die Regel. Wirtschaftlichkeit nur bei günstigem Mietenverlaufsmodell In allen anderen Fällen tritt die sogenannte Wartedauerproblematik ein: Die Nettokaltmiete übersteigt das ortsübliche Vergleichsniveau für den Querschnitt aus unmodernisierten und modernisierten Wohnungen, die nur in einem Tabellenfeld undifferenziert zusammengefasst sind, deutlich. Es ist erst wieder eine Mietanpassung nach § 558 Abs. 1 BGB möglich, wenn das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete nachgezogen hat. Da nicht zwischen modernisierten und unmodernisierten Wohnungen unterschieden wird, ist die Dynamik in undifferenzierten Gesamtmarkt höher als bei unsanierten Wohnungen. Für die Berechnungen wurde eine Wachstumsrate von durchschnittlich 1,7 Prozent p.a. angesetzt. Selbst bei Umlage des rechtlich zulässigen Rahmens Wartedauerproblematik verringert Wirtschaftlichkeit erheblich 35 Vgl. zur Herleitung des rechtlich zulässigen modernisierungsbedingten Mieterhöhungsspielraumes: Neitzel, Michael (2011): Wege aus dem Vermieter-Mieter-Dilemma – Eine Konzeptstudie, Bochum, 24. Februar 2011, S. 52 ff. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 49 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse wird in dieser Konstellation kein positives Ergebnis erreicht. Dies unterstreicht, welche Bedeutung insbesondere bei Modernisierungsmaßnahmen jährliche Mietensteigerungen für die Wirtschaftlichkeit des Ergebnisses besitzen. Mietpreisbegrenzung führt zu geringerer Mietendynamik Mit Einführung der Mietpreisbegrenzung wird sich die Dynamik in der Anpassung der ortsüblichen Vergleichsmiete verringern. Bei einem geschätzten Rückgang im Teilmarkt für unsanierte Wohnungen auf 0,9 Prozent p.a. und für sanierte Wohnungen auf 1,65 Prozent p.a. reicht die modernisierungsbedingte Mieterhöhung von 1,04 Euro/m² nicht mehr aus, um die Mindestverzinsung des Eigenkapitals sicher zu stellen. Tab. 19: Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Modernisierungsmaßnahme nach Einführung der Mietpreisbegrenzung (differenzierter Mietspiegel) Parametervariation Wert Modernisierungsbedingte Mieterhöhung in Euro/m² (anfänglich) jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a. (unsaniert/saniert) Ergebnisgröße VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert) Eigenkapitalrendite (in % p.a.) 1,04 € 0,90 %/1,65 % Wert 138.093 € -0,29 % Amortisationsdauer (Jahre) 30 Quelle: Eigene Berechnungen. Konsequenz der Mietpreisbegrenzung: Höhere Modernisierungsumlage erforderlich Um in dieser Konstellation eine Mindesteigenkapitalrendite von 3,0 Prozent p.a. zu erzielen, wäre eine Mietanpassung von 1,32 Euro/m² erforderlich. Eine Anpassung in dieser Größenordnung liegt zwar noch im Rahmen des rechtlich zulässigen, würde jedoch die Haushalte nach Abzug der Heizkostenersparnis mit rd. 0,95 Euro/m² monatlich zusätzlich belasten. Bedeutung der Ausnahmeregelung des geplanten § 556e Abs. 2 BGB Der Referentenentwurf für das Mietrechtsnovellierungsgesetz sieht für Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555b eine zusätzliche bzw. Ausnahmeregelung vor (§ 556e Abs. 2 BGB): Wurden in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt, so darf die zulässige Miete bei Wiedervermietung um den Betrag überschritten werden, der sich bei modernisierungsbedingter Mieterhöhung nach den §§ 559 Abs. 1 bis 3 und § 559a Abs. 1 bis 4 ergeben würde. Diese Regelung ermöglicht es, bei einer Wiedervermietung innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraum das rechtlich zulässige Umlagepotenzial zu verlangen. Tab. 20: Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Modernisierungsmaßnahme nach Einführung der Mietpreisbegrenzung (Mieterwechsel innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraumes) Parametervariation Wert Modernisierungsbedingte Mieterhöhung in Euro/m² (anfänglich) 1,04 € Zulässige Miete bei Wiedervermietung im dritten Jahr in Euro/m² (anfänglich; Wartedauerproblematik berücksichtigt) jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a. (unsaniert/saniert) Ergebnisgröße VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert) Eigenkapitalrendite (in % p.a.) Amortisationsdauer (Jahre) 8,02 € 0,90 %/1,65 % Wert 549.831 € 4,41 % 21 Quelle: Eigene Berechnungen. 50 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Vorausgesetzt, dass im dritten Jahr die zulässige Miete von 8,02 Euro/m² am Markt durchgesetzt werden kann, erhöht sich die Eigenkapitalrendite auf 4,41 Prozent p.a. Die Investition amortisiert sich nach 21 Jahren. Aufgrund der nachträglich vergleichsweise hoch angepassten Miete bei Wiedervermietung wirkt sich auch die Wartedauerproblematik nicht entscheidend aus. Ein möglicher Anstieg des Zinsniveaus nach 10 Jahren auf ein Niveau von 5,0 Prozent p.a. führt zu einer Verringerung der Eigenkapitalverzinsung auf 4,04 Prozent p.a. Die anvisierte Mindestverzinsung wird jedoch nach wie vor deutlich überschritten. Ausnahmereglung gewährleistet wirtschaftliches Ergebnis bei Mieterwechsel innerhalb der Drei-Jahres-Frist Die Ausnahmeregelung ist daher grundsätzlich als vorteilhaft zu bewerten. Jedoch ist die Befristung innerhalb der Regelung auf drei Jahre weder sachlich noch mit Blick auf die Konsequenzen für die Wirtschaftlichkeit nachvollziehbar. Während bei Wiedervermietung innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraumes eine gute Basis für ein wirtschaftliches Ergebnis gelegt wird, verringert sich das Ergebnis bei einer Wiedervermietung im vierten oder fünften Jahr auf die in Tab. 17 dargestellten Werte. Befristung innerhalb der Vorschrift sachlich und bezogen auf die Wirtschaftlichkeit nicht nachvollziehbar Auch bei einem undifferenzierten Mietspiegel wird sich jährliche Mietendynamik verringern. Ausgehend von einem Rückgang auf eine Steigerungsrate von rd. 1,3 Prozent p.a. verringert sich das wirtschaftliche Ergebnis erheblich. Ungünstiges Mietenverlaufsmodell bei undifferenziertem Mietspiegel nach Einführung der Mietpreisbegrenzung Tab. 21: Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Modernisierungsmaßnahme nach Einführung der Mietpreisbegrenzung (undifferenzierter Mietspiegel) Parametervariation Wert Modernisierungsbedingte Mieterhöhung in Euro/m² (anfänglich) jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a. (unsaniert/saniert) 1,04 € 1,28 %/1,28 % Ergebnisgröße Wert VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert) -934.955 € Eigenkapitalrendite (in % p.a.) Amortisationsdauer (Jahre) k.A. >80 Jahre Quelle: Eigene Berechnungen. In dieser Fallkonstellation wirkt sich die Wartedauerproblematik erheblich aus: Eine Mindestverzinsung des eingesetzten Eigenkapitals lässt sich nur noch erreichen, wenn die Miete nach der Modernisierung um 3,17 Euro/m² angehoben werden würde. Das liegt außerhalb des rechtlich zulässigen Rahmens und wäre – unabhängig davon – in laufenden Mietverhältnissen nicht umsetzbar. Konsequenzen auf die Wirtschaftlichkeit Durch die Einführung der Mietpreisbegrenzung ist zu erwarten, dass die Wirtschaftlichkeit von Modernisierungsmaßnahmen durch die geringere Dynamik in der ortsüblichen Vergleichsmiete deutlich zurückgehen wird. Maßnahmen in bestehenden Mietverhältnissen, die ohnehin nur unter positiven Rahmenbedingungen realisiert werden können, werden dadurch verhindert. Dies betrifft unter anderem auch politisch erwünschte energetische Modernisierungen oder die altengerechte Modernisierung von Wohnungsbeständen. Beurteilung von Modernisierungsvorhaben nach Einführung der Mietpreisbegrenzung Der Ausnahmetatbestand der geplanten Vorschrift des § 556e Abs. 2 BGB lässt eine Eigenkapitalrendite oberhalb der Mindestverzinsung zu, sofern ein Mieterwechsel innerhalb von drei Jahren nach Durchführung der Maßnahmen erfolgt und das rechtlich zulässige modernisierungsbedingte Mieterhöhungspotenzial bei Wiedervermietung erzielt werden kann. Wirkung des Ausnahmetatbestandes InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 51 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse 4.4. Sonstige Effekte Sonstige Effekte der Mietpreisbegrenzung In diesem Unterkapitel werden verschiedene weitere Effekte dargestellt, die bei Einführung der geplanten Mietpreisbegrenzung zu erwarten sind. Diese Effekte werden sind zum Teil im Verlauf der bisherigen Ausführungen angesprochen worden, werden an dieser Stelle als eigenständige Punkte noch einmal aufgegriffen und kursorisch behandelt. Effekte auf das Nachfrageverhalten Höherer Anstieg der Marktmieten in Innenstadtlagen und bei höherwertigen Wohnungen Die Analyse der Ausgangssituation (vgl. Kapitel 3.2.1) hat gezeigt, dass sich der Mietenanstieg in den Grenzen einer Stadt nicht homogen über das gesamte Gebiet verteilt, sondern insbesondere begehrte (Innenstadt-)Lagen stark steigende Mieten aufweisen. Zusätzlich ist deutlich geworden, dass die Mieten im oberen Preissegment mit qualitativ besonders hochwertigen Wohnungen, die zu höheren Mieten vermietet werden, stärker als im unteren Preissegment gestiegen sind. Die Spreizung des Marktes hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Markterfahrungen bestätigen empirische Befunde Beide Effekte decken sich mit den Markterfahrungen: Innerstädtische, urban geprägte Quartiere sind für viele Bevölkerungsgruppen in den letzten Jahren wieder attraktiv geworden. Ebenso sind die Qualitätsansprüche von Mietern gestiegen, die qualitativ sehr gute Wohnungen nachfragen. Mietpreisbegrenzung wirkt undifferenziert über die gesamte Marktbreite Diesen Aspekten trägt die Mietpreisbegrenzung in keinerlei Weise Rechnung, sondern legt eine Höchstpreisregelung über die gesamte Bandbreite des Marktes. Zwar profitieren davon alle Bevölkerungsgruppen, aber auch Mieter, die bereit wären, für eine qualitativ hochwertige Wohnung eine höhere Miete zu entrichten. Setzt man voraus, dass in diesen Teilsegmenten auf der Grundlage einer rationalen Kalkulation kosten- und risikogerechte Mieten mit angemessener Gewinnmarge verlangt werden, um eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals sicher zu stellen, so schränkt die Mietpreisbegrenzung bei der Wiedervermietung in Kombination mit der Reduzierung der Dynamik in der ortsüblichen Vergleichsmiete vorhandene Spielräume für qualitative Verbesserungen des Angebotes ein. Angebot bleibt hinter Nachfragewünschen zurück Obwohl Mieterhaushalte in dieser Situation höherwertige Wohnungen nachfragen, ist bei Anbietern keine Bereitschaft vorhanden, diese dem Markt zur Verfügung zu stellen. In Extrembeispielen kann man dies auf dem Wohnungsmarkt in Wien mit sehr rigider Mietpreisbegrenzung beobachten. Nachfrageausweitung bei gleicher Wohnkostenbelastung forciert Angebotsengpass In der Regel reservieren Haushalte unter Berücksichtigung der Präferenzen für andere Güter und Leistungen einen bestimmten Teil ihres Einkommens für das Wohnen. Mit Einführung der Mietpreisbegrenzung und der angebotsseitigen Verminderung der Wohnkostenbelastung müssen Haushalte bei der Anmietung einer Wohnung plötzlich einen geringeren Teil ihres Einkommens für Wohnen aufwenden. Werden frei gewordene Bestandteile weiterhin für das Wohnen zur Verfügung gestellt, so findet dadurch eine Ausweitung der Nachfrage statt: bspw. weil eine größere Wohnung nachgefragt wird, eine qualitativ höherwertige Wohnung angemietet werden kann oder eine höherwertige Wohnlage – relativ gesehen – preiswerter geworden ist. In Teilmärkten, in denen die Nachfrage bisher bereits besonders hoch war, verschärft sich der Angebotsengpass zusätzlich, weil die Mieten ihre Funktion als Knappheitsindikator im Umfang der Mietpreisbegrenzung verloren haben. 52 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Der Referentenentwurf formuliert als Ziel, dass mit der Einführung der Mietpreisbegrenzung eine Gentrifizierung von Quartieren vermieden werden soll. Gerade dies ist von der Mietpreisbegrenzung in der jetzigen Form nicht zu erwarten. Die Hoffnung vieler Mieterhaushalte, in einem stark nachgefragten innerstädtischen Gebiet demnächst eine Mietwohnung anmieten zu können, wird daher enttäuscht werden. Gentrifizierung kann mit der Mietpreisregelung nicht verhindert werden Märkte mit Nachholbedarf Die Anforderungen, mit denen Vermieter von Wohnraum in den letzten Jahren konfrontiert werden, sind stetig gestiegen. Gleichzeitig ist es erforderlich, den Wohnungsbestand bei steigenden Kosten für Vorleistungen instand zu halten und zeitgemäß unter den Gesichtspunkten von generationengerechtem und energieeffizienten Bauen zu modernisieren. Gestiegene Anforderungen an Vermieter Solche Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen erfordern hohe Investitionen und somit ein angemessenes Mietenniveau. Die Grenze zu bestimmen, wann ein Mietenniveau noch als angemessen und wann als unangemessen zu bezeichnen ist, fällt nicht leicht. Es gibt jedoch Märkte, in denen die Marktentwicklung als Nachholprozess wahrgenommen wird. Zu diesen Märkten zählt auch Berlin: Nach langen Jahren einer verhaltenen Marktentwicklung insbesondere einer niedrigen Dynamik in der Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete – ist dieser Markt gleichsam erwacht. Angesichts steigender Mieten ergeben sich für Vermieter Spielräume, verstärkt in den Wohnungsbestand zu investieren. Damit kann das Investitionsgeschehen belebt und das Wohnungsangebot verbessert werden. Investitionen erfordern angemessen hohe Mieten; Spielräume in Märkten, die aufholen In solchen Märkten behindert die Mietpreisbegrenzung den Aufholprozess und verlangsamt ihn. Angesichts der Notwendigkeit langfristig sicherer Rahmenbedingungen werden in solchen Märkten geplante Investitionen ggf. wieder zurück gestellt und gedrosselt, die zu einer positiven qualitativen Entwicklung des Wohnungsmarktes beigetragen hätten. Dadurch wird das „Erwachen solcher Städte“ behindert, wenn auch nicht verhindert. Mietpreisregelung behindert Aufholprozess der Wohnungsmärkte mit Nachholbedarf Der Berliner Wohnungsmarkt muss im Reigen der großen Städte als Sonderfall gewertet werden. Er ist zur Begründung für die Einführung einer Mietpreisbegrenzung nur bedingt bzw. gar nicht geeignet. Es ist zu erwarten, dass sich der Berliner Wohnungsmarkt hinsichtlich des Wohnungsangebotes und der Preise mittelfristig an die Wohnungsmärkte in München, Hamburg und Stuttgart angleichen wird. Berliner Wohnungsmarkt als Sonderfall Verhältnis von Eigentums- zu Mietwohnungsmarkt Angesichts zunehmender beruflicher Mobilität und gleichzeitig hoher Qualität des vermieteten Wohnungsbestandes hat das Wohnen zur Miete in den letzten Jahren einen starken Aufschwung erlebt. Diese Argumentation lässt sich weiter ausdifferenzieren. Mietwohnungsmarkt attraktiv Es ist nicht unüblich, dass ältere Menschen das früh erworbene Eigentum für eine barrierefreie Mietwohnung aufgeben. Andere wiederum tauschen das Einfamilienhaus in der Peripherie für eine Eigentumswohnung in der Stadt. Diese Flexibilität, zwischen den Segmenten beliebig wählen zu können, hat große Vorteile. Es ist auch auf Dauer zu gewährleisten, dass zu unterschiedlichen Wohnnutzungen die gleichen Zugangsmöglichkeiten bestehen bleiben. Gleiche Zugangsvoraussetzungen zu unterschiedlichen Wohnnutzungen (Miete/Eigentum) schaffen InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 53 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Eigentumsmarkt mit Vorteilen bei Einführung der MIetpreisbegrenzung Da im Eigentumsmarkt keine vergleichbar gestaltete Preisbremse wirken wird, erhält der Markt für Wohneigentum leicht Vorteile, wenn im Markt weiterhin kostengerechte Verkaufspreise für Eigentumsmaßnahmen mit angemessener Marge bei steigenden Einstandskosten erzielt werden können. In gefragten Lagen wird es unter solchen Bedingungen schwieriger, zusätzliche Mietwohnungen zu schaffen und mit Eigentumsmaßnahmen zu konkurrieren. Eigentumsbildung zur Altersvorsorge Hohe Bedeutung der Eigentumsbildung zur Altersvorsorge Die Bildung von vermietetem Wohnungseigentum zur Altersvorsorge hatte in verschiedenen Märkten eine hohe Bedeutung. Angesichts der Unsicherheit der Finanzmärkte und niedriger Zinsen bei risikolosen Finanzprodukten geriet die Anlage in Wohnungseigentum in den Fokus vieler Anlegergruppen. Verlässliche Rahmenbedingungen für Investitionen erforderlich Dies setzt jedoch einen dauerhaft verlässlichen Rahmen voraus. Besteht die Gefahr, dass sich Mieten weniger stark dynamisch entwickeln wie bisher, steigt die Unsicherheit über den Erfolg dieser Anlagestrategie. Die Bildung vermieteten Wohneigentums, z.B. zur ergänzenden Altersvorsorge, wird damit weniger attraktiv. Umgehungstatbestände Umgehungstatbestände können Mietpreisbegrenzung aushöhlen Die Höchstpreisregelung kann durch Nebenleistungen – wie für Möblierung, höhere Mieten für Stell- und Garagenplätze, besondere Ausstattungsgegenstände – umgangen werden und entfaltet dann nicht ihre Wirkung. Ob sich die erwünschten Wirkungen der Mietpreisbremse bei konsequenter Anwendung von Umgehungstatbeständen in vollem Umfang einstellen werden, bleibt somit fraglich. Vorzieheffekte Strategisches Verhalten bei nachteiligen Regelungen Wenn Regelungen wie die Mietpreisbegrenzung bekannt werden und davon negative Konsequenzen erwartet werden, reagieren die Akteure vorausschauend und versuchen ihre Position vor Inkrafttreten der Regelung nach Möglichkeit zu verbessern. Vorzieheffekte konterkarieren anfangs die Wirksamkeit der Regelung Solche Vorzieheffekte führen vor Einführung der Mietpreisbegrenzung bei einer anstehenden Wiedervermietung dazu, dass bestehende Spielräume bei Wiedervermietungen bewusst vollständig ausgenutzt werden, damit die dann erreichte Miete auch bei zukünftigen Wiedervermietungen beibehalten werden kann. Mietenschub in verschiedenen Teilmärkten bereits zu beobachten Das bewirkt einen zusätzlichen Mietenschub, von dem bereits berichtet wird. Dieser Mietenschub lässt sich jetzt nicht mehr vermeiden. 54 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse 5. Besondere Fragestellungen 5.1. Vorgehensweise zur Abgrenzung angespannter Märkte Die geplante Regelung zur Mietpreisbegrenzung greift grundsätzlich in starken Märkten und wirkt unmittelbar auf die Höhe der zulässigen Wiedervermietungsmiete. Bislang ist jedoch nicht bekannt, anhand welcher Kriterien eine Abgrenzung der Märkte vorgenommen werden wird. Da die Länder ermächtigt werden, die Gebiete durch Rechtsverordnung zu bestimmen, ist zu vermuten, dass die Kriterien unterschiedlich ausgelegt werden. Kriterien für die Abgrenzung Die abstrakten Kriterien sind grundsätzlich bereits seit längerem bekannt. Auch die Vorschrift des § 558 Abs. 3 Satz 2 BGB benennt diese drei Tatbestandsmerkmale, die erfüllt sein müssen, damit die Landesregierung für ein betreffendes Gebiet eine Verringerung der Kappungsgrenze bestimmen kann. Übernahme der abstrakten Tatbestandsmerkmale aus bestehenden Regelungen Die drei Kriterien sind in einem bestimmten Verhältnis zueinander zu betrachten: Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen • Als Normzustand wird eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen definiert. • Wenn der Normzustand einer ausreichenden Versorgung mit angemessenen Bedingungen als besonders gefährdet anzusehen ist, so gelten die Tatbestandsvoraussetzungen als erfüllt. Die inhaltlichen Tatbestandsvoraussetzungen sind allgemein gehalten und bedürfen daher einer Operationalisierung: Operationalisierung der Tatbestandsvoraussetzungen erforderlich • Was genau ist unter einer ausreichenden Versorgung zu verstehen? • Welche angemessenen Bedingungen müssen gelten? • Wann ist eine besondere Gefährdungslage zu konstatieren? Diese Voraussetzungen sind angesichts der Bedeutung der Mietpreisbegrenzung für die betroffenen Gebiete detailliert zu definieren. Erforderlich sind eindeutige, transparente Kriterien, die zu passgenauen Gebietsklassifizierungen führen. Erfordernis eindeutiger, transparenter Kriterien Im Vordergrund sollten dabei Mietergruppen stehen, die sich bei stark steigenden Mieten am Markt nur schwer selbst versorgen können und geschützt werden sollen. Mit einer bundeseinheitlichen, hinreichend konkreten Regelung können Rechtsunsicherheiten vermieden werden. Konzentration auf besonders vom Mietenanstieg betroffene Mietergruppen sinnvoll Besonders nachteilig werden sich die beschriebenen Effekte der Einführung einer Mietpreisbremse in Städten bemerkbar machen, die mangels eindeutiger Kriterien nicht zutreffend in die Gebietskulisse eingeordnet werden können oder deren Wohnungsmärkte Anspannungstendenzen nur schwach ausgeprägt aufweisen. Besonders nachteilige Effekte zu erwarten, wenn Märkte nicht zutreffend einsortiert wurden Es ist ausgesprochen schwer, mit dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium eine eindeutige Zuordnung vorzunehmen, weil auch in angespannten Erfüllbarkeit von Wohnwünschen InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 55 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Wohnungsmärkten nicht alle Teilmärkte davon betroffen sind und möglicherweise Entlastungs- oder Ausweichräume vorhanden sind. Generell impliziert das die gesellschaftlich notwendige Diskussion, ob für alle Bevölkerungsgruppen angesichts der gewandelten Präferenzen zugunsten der Innenstädte dort bezahlbarer Wohnraum in ausreichender Zahl zur Verfügung gestellt werden kann. Ausweis von Gebieten sinnvoll unterhalb der Gemeindeebene Angesichts des differenzierten Anstiegs der Wiedervermietungsmieten in einzelnen Städten ist zudem zu überlegen, ob die Mietpreisbegrenzung nicht kleinteiliger für kleinräumige Gebiete innerhalb einer Stadt angewendet wird. Das trägt der Ausgangssituation eher Rechnung als die pauschale Anwendung auf das gesamte Stadtgebiet. 5.2. Zeitliche Befristung der Mietpreisregelungen Referentenwurf weicht von den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages ab Der Koalitionsvertrag hat vorgesehen, dass die Regelung zur Mietpreisbremse zeitlich befristet wird. Der Referentenentwurf schafft dagegen ein Instrument, dass zwar regelmäßig im Abstand von fünf Jahren geprüft werden soll, aber prinzipiell auf Dauer angelegt und bei Bedarf in besonders betroffenen Gebieten wiederholt angewendet werden kann. Negativer Einfluss auf die Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete auch kurzfristig zu erwarten Grundsätzlich nimmt die Regelung einen schweren Eingriff in das bisher bewährte System der Mietpreisbildung vor. Mit der im Referentenentwurf umgesetzten Regelung besteht die Gefahr, dass die Mietpreisbegrenzung dauerhaft in angespannten Wohnungsmärkten angewendet wird. Angesichts der skizzierten langfristigen Effekte (siehe Kapitel 4.1.2) auf die Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete wird dadurch die Investitionstätigkeit stark negativ beeinflusst. Einmaliger Fünf-Jahres-Zeitraum verschafft Zeit, um Maßnahmen zu ergreifen Ein einmaliger Fünf-Jahres-Zeitraum kann jetzt ein wenig Luft verschaffen: Für die Dauer dieser zeitlichen Befristung können Maßnahmen geplant und umgesetzt werden, um die Ursachen des höheren Mietenanstiegs in den betroffenen Märkten zu beseitigen, bspw. um das Wohnungsangebot durch Neubau auszuweiten. Selbst eine Befristung auf fünf Jahre wirkt sich schon auf die Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete aus. In Städten mit Mietspiegeln, wenn eine stichprobengestützte Fortschreibung oder eine Neuaufstellung innerhalb des Zeitraumes vorgenommen wird. Von einer dauerhaften Anwendung ist angesichts der zu erwartenden negativen Konsequenzen abzuraten. 5.3. Anforderungen an Maßnahmenpläne Enge Koppelung der Mietpreisbegrenzung an Maßnahmenpläne erforderlich Die Mietpreisbegrenzung setzt nicht an den Ursachen an. Sie setzt insbesondere keine Anreize für die erforderliche Ausweitung des Angebotes durch Neubau. Daher sind an den Maßnahmenplan, der nach den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag an die Mietpreisregelungen gekoppelt werden soll, hohe Anforderungen zu richten. Art und Umfang müssen geeignet sein, den bestehenden Engpass dauerhaft zu beseitigen. Hinreichende Konkretisierung der Maßnahmen notwendig Die Maßnahmen müssen inhaltlich und zeitlich konkret sein. Zwar ist es schwer, eine Umsetzungsverpflichtung zu fordern, jedoch ist auf eine Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen hinzuwirken. Hier sind insbesondere die Kommunen gefordert, die aber oft über keine ausreichenden Ressourcen verfügen, um selbst aktiv zu werden. 56 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Generell stellt sich auch die Frage, ob sämtliche Instrumente – jenseits von Neubauaktivitäten – bereits ausgeschöpft sind. Werden bspw. Anreize gesetzt, dass Mieter aus einer mittlerweile zu groß gewordenen Wohnung in eine kleinere Wohnung umziehen. Oft ist damit ein Wechsel von einer größeren günstigen in eine kleinere und teurere Wohnung vollzogen. Solche Maßnahmen könnten ggf. flankierend ergriffen werden. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Alternative Instrumente in Erwägung ziehen 57 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse 6. Fazit Anstieg der Marktmieten aufgrund von Bevölkerungs- und Haushaltszuwachs in vielen Städten Vielfältige Ursachen wie die wirtschaftliche Stärke, aber auch Veränderungen der Präferenzen der Nachfrage haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass sowohl die größten Städte in Deutschland – wie Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt/Main, Stuttgart und München -, aber auch viele Mittelzentren einen Bevölkerungs- und Haushaltszuwachs erlebt haben. In diesen Städten war daher ein deutlicher Anstieg der Marktmieten zu beobachten. Anstieg der Marktmiete bewegt sich in angemessenem Verhältnis zum Kaufkraftzuwachs Die Analyse der Ausgangssituation hat gezeigt, dass der Anstieg der Marktmiete noch in einem angemessenen Verhältnis zur Entwicklung der Kaufkraft geschehen ist. Bezogen auf die Durchschnittswerte ist für die breite Masse der Bevölkerung die Wohnkostenbelastung nur unwesentlich gestiegen. Dort, wo der Bevölkerungs- und Haushaltszuwachs mit einer deutlichen Ausweitung des Wohnungsbestandes einhergeht, ist der Anstieg der Marktmiete geringer ausgefallen. Allerdings konnte der Zuwachs an Wohnungen mit der Zunahme an Haushalten nicht Schritt halten. In Berlin und Hamburg, wo der Wohnungsneubau deutlich hinter dem Zuwachs an Bevölkerung zurückblieb, sind die Marktmieten deutlich stärker gestiegen. Stärkerer Mietenanstieg in Innenstadtlagen und im oberen Preissegment Zudem verlief der Mietenanstieg nicht einheitlich, sondern konzentrierte sich auf beliebte Bereiche in der Innenstadt. Die Mieten sind im qualitativ höherwertigen Preissegment zudem stärker gestiegen als im unteren Preissegment. Der Markt ist insofern differenziert zu betrachten. Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete korrespondiert mit Kaufkraftentwicklung Zwar ist in den von einem höheren Anstieg der Marktmiete betroffenen und in diesem Gutachten betrachteten Städte auch die ortsübliche Vergleichsmiete von dem Anstieg der Marktmiete erfasst worden. Jedoch bewegt sich deren Anstieg im Rahmen des Kaufkraftzuwachses. Mietpreisbegrenzung hilft einkommensschwächeren Mietern kaum In den Städten mit hohem Mietenanstieg ist es erforderlich, insbesondere auf Bezieher niedriger Einkommen zu achten, die zunehmend mit Schwierigkeiten konfrontiert sind, eine bezahlbare Wohnung anzumieten. Eine einheitlich geltende Mietpreisbremse kann nicht verhindern, dass einkommensschwächere Haushalte und auch Durchschnittsverdiener es weiterhin schwer haben, sich in beliebten und besonders betroffenen Gebieten mit adäquatem Wohnraum zu versorgen. Dagegen erhalten Bezieher höherer Einkommen einen Preisvorteil, ohne dass deren Schutz erforderlich wäre. In beliebten Lagen wird es ohne zusätzliche Maßnahmen, insbesondere eine deutliche Ausweitung des Mietwohnungsangebotes, schwierig bleiben oder unmöglich sein, jedem Haushalt bspw. das Wohnen mitten in der Innenstadt zu ermöglichen. Auch darüber muss ein gesellschaftlicher Konsens erzielt werden. Mietpreisbegrenzung wirkt nicht zielgenau Ein Instrument, wie die geplante Mietpreisbegrenzung, die sich nicht auf einzelne Teilsegmente des Wohnungsmarktes oder einzelne Personengruppen konzentriert, ist nicht zielgenau genug. Die Betrachtung von Nutzen im Verhältnis zu den entstehenden Kosten bzw. nachteiligen Effekten legt nahe, andere Instrumente vorrangig in Erwägung zu ziehen und von der geplanten Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietungen Abstand zu nehmen. Historische Dimension des Eingriffs in das bewährte Preissystem Die geplante Regelung stellt dabei einen Eingriff von historischer Dimension dar: Erstmals seitdem frei finanzierte Wohnungen ohne Preisbindungen in den 58 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse 1950er Jahren errichtet werden konnten und das System der ortsüblichen Vergleichsmiete mit dem ersten Wohnraumkündigungsschutzgesetz übergangsweise geschaffen und später als Dauerrecht bestätigt wurde, wird bei Wiedervermietungen eine Preisbegrenzung eingeführt. Das stellt einen Rückschritt in Richtung der damaligen Zwangsbewirtschaftung mit rigiden Preisregulierungen dar. Angesichts der großen Wohnungsnot in den Jahrzehnten nach dem Krieg waren diese Regelungen notwendig, um der Bevölkerung angemessenen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Es bestand aber das Ziel, die Preisregulierungen möglichst rasch wieder freizugeben, weil man sich davon eine quantitative und qualitative Verbesserung des Wohnungsbestandes versprach. Das jetzige System, das seit Anfang derer 1970 Jahre Bestand hat und zwischenzeitlich immer wieder angepasst worden ist, hat sich bewährt und zum Interessenausgleich zwischen Vermieter und Mieter beigetragen. Vor allem hat es – anders als in anderen europäischen Ländern (wie bspw. in Frankreich und Spanien) – zu einem breit ausdifferenzierten und qualitativ hochwertigen Mietwohnungsmarkt geführt. Bewährtes Preissystem hat zu Interessenausgleich zwischen Mietern und Vermietern beigetragen Durch die Vertragsfreiheit bei der Wiedervermietung von Wohnungen ist der Wohnungsmarkt in der Lage, sehr differenziert auf die Wünsche der Nachfrage einzugehen und bedarfs- und nachfragegerechte Wohnungsangebote in der gesamten Breite des Marktes zu schaffen und dafür eine angemessene Miete zu erzielen. Vertragsfreiheit bei Wiedervermietung führt zu differenziertem Wohnungsangebot Dieses bewährte System wird ohne existenzielle Not aufs Spiel gesetzt. Mit der geplanten Mietpreisbegrenzung steht zwar im Vordergrund, dass der Anstieg der Marktmiete gestoppt bzw. begrenzt wird, es sind darüber hinaus jedoch weitere nachteilige qualitative und quantitative Effekte zu betrachten. Qualitative und quantitative Effekte der Mietpreisbegrenzung So ist das Konstrukt der ortsüblichen Vergleichsmiete ursprünglich nicht geschaffen worden, um damit Marktmieten zu begründen bzw. deren Höhe daran zu koppeln. Insbesondere Mietspiegel sind oft nicht differenziert genug, um die Facetten des Wohnungsmarktes entsprechend gut abzubilden. Das wird sich zwangsläufig auch auf das Wohnungsangebot auswirken: Es wird sich nach Einführung der Mietpreisbremse eher am Durchschnitt orientieren. Dadurch wird es zukünftig noch schwerer werden, die Einflüsse von besonderen Ausstattungs- und Beschaffenheitsmerkmalen, wie bspw. energetische Differenzierungsmerkmale, herauszuarbeiten und bspw. in Mietspiegeln auszuweisen. Ortsübliche Vergleichsmiete nicht für Anwendung bei Wiedervermietung geschaffen worden Klarheit ist noch darüber zu schaffen, ob die ortsübliche Vergleichsmiete als Spanne auszulegen ist und die Höchstgrenze auf die obere Spannengrenze bezieht oder ob eine Einzelvergleichsmiete ausgehend vom Durchschnitt einer Mietenverteilung gewählt wird. Je nachdem, welches Vorgehen gewählt wird, sind erhebliche Konsequenzen für die Mietpreisbildung zu erwarten. In diesem Zusammenhang muss man konstatieren, dass die heute in Mietspiegeln ausgewiesenen Spannen oft deutlich mehr als 10 bis hin zu 30 Prozent betragen und auch durch Mietanpassungen in bestehenden Mietverhältnissen ausgeweitet werden. Dadurch kommen im Mietspiegel nicht oder nicht vollständig erfasste Details, aber auch subjektive Aspekte zum Ausdruck. Mit der willkürlich festgelegten 10-Prozent-Höchstgrenze wird der Breite des Marktes nicht Rechnung getragen. 10-Prozent-Grenze ist willkürlich festgelegt und trägt Bandbreite des Marktes nicht Rechnung InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 59 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Dynamik der Marktmiete wird vom Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete bestimmt – und umgekehrt Unabhängig von dieser Betrachtung wird sich die Marktmiete zukünftig nicht mehr u.a. an der Entwicklung der Kaufkraft orientieren, wie dies derzeit erkennbar ist, sondern deren Dynamik wird durch die jährliche Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete gedeckelt. In der jährlichen Steigerungsrate der ortsüblichen Vergleichsmiete bspw. im Mietspiegel – um eines der vier gleichrangingen Begründungsmittel herauszugreifen – kommen mehrere Komponenten zum Ausdruck. Die Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete speist sich aus Mietanpassungen in bestehenden Mietverhältnissen, aus Neuvertragsmieten durch Wiedervermietungen sowie durch Ausstattungs- und sonstigen Qualitätsverbesserungen, die nicht hinreichend gut abgebildet werden. Koppelung der Marktmiete an die ortsübliche Vergleichsmiete führt zu einer rückläufigen Mietendynamik und ruft Ausweichreaktionen hervor Bedingt durch die Koppelung kann sich die Marktmiete nicht – wie bisher – mit einer höheren Steigerungsrate entwickeln als die ortsübliche Vergleichsmiete. Parallelität lässt sich nur erzielen, wenn alle Vermieter versuchen, die Höchstgrenze vollständig auszuschöpfen. In der Praxis wird es dazu kommen, dass damit die Entwicklung der Marktmiete zeitversetzt hinter der Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete zurückbleibt. Dadurch entsteht ein Regelkreismechanismus, in dem sich die Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete kontinuierlich zurückbildet. Vermieter können dem nur entgegen wirken, in dem Mieten in bestehenden Mietverhältnissen regelmäßiger und unter Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Spielräume erhöht werden. Das ist eine kontraproduktive Ausweichreaktion, da dadurch Mieter in bestehenden Mietverhältnissen betroffen würden, die bislang von dem allgemeinen Mietenanstieg im Markt bei Wiedervermietung nicht berührt wurden. Erheblicher „Bremseffekt“ auf die ortsübliche Vergleichsmiete Findet keine Anpassungsreaktion in dem beschriebenen Sinne statt, so ist von einer deutlich geringeren Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete auszugehen als dies bisher der Fall ist. Da aufgrund der Berechnungssystematik der ortsüblichen Vergleichsmiete für die jährliche Steigerungsrate die Marktspanne zwischen ortsüblicher Vergleichsmiete und Marktmiete unter Berücksichtigung des Mischungsverhältnisses von Wiedervermietungs- und Bestandsmieten entscheidend ist, ist auch für Märkte mit einer Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete von jährlich 2 Prozent und mehr mit einem erheblichen Bremseffekt zu rechnen. Deutliche Verschlechterung des Investitionsklimas für Neubau und Modernisierungen Dadurch wird sich das Investitionsklima deutlich verschlechtern und sowohl den Neubau als auch das Modernisierungsgeschehen betreffen. Bereits jetzt reagieren Investoren mit gewisser Zurückhaltung auf das Gesetzesvorhaben. Wird die Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietungen als Dauerrecht geschaffen, wie es der Referentenentwurf derzeit vorsieht, und in der Praxis als solches angewendet, so ist mit einem Rückgang der Investitionstätigkeit zu rechnen, wenn sich die ortsübliche Vergleichsmiete in angespannten Märkten nicht mehr mit einer Jahresrate von 2,1 bis 2,5 Prozent entwickeln wird, sondern mit einer rückläufigen Rate unterhalb von 1,7 bzw. 1,6 Prozent mit Tendenz zu 1,4 Prozent p.a., wie Modellrechnungen es ergeben haben. Die Ausnahmetatbestände können kaum zu einer Verbesserung beitragen. Besonderer Stellenwert von Neubau Der Neubau besitzt im Kontext der Regelungen zur Mietpreisbegrenzung einen besonderen Stellenwert: Er gilt als zentrale und letztlich einzige wirksame Maßnahme, um die Angebotsengpässe bei dauerhaft hoher und weiter steigender Nachfrage zu beseitigen und damit für eine Entspannung des Mietenniveaus zu sorgen. Flankierend kann die öffentliche Hand ergänzende sozialpoli- 60 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse tische Maßnahmen einleiten, um die Folgen des Mietpreisanstieges für einkommensbenachteiligte Haushalte zu mildern. Der besondere Stellenwert liegt darin, dass die Mietpreisbremse nicht als Instrument gedacht war, um Anreize für den Neubau zu setzen. Aber durch die intendierten Ausnahmeregelungen soll er von den negativen Folgen auf die Investitionsbereitschaft möglichst ausgenommen werden. Ähnliche Regelungen sind für das Modernisierungsgeschehen gedacht. Bezogen auf den Neubau ist jedoch zu befürchten, dass sich – wiederum aufgrund der Systematik, wie die ortsübliche Vergleichsmiete gebildet und insbesondere in Mietspiegeln wieder gegeben wird – gerade die für Neubauinvestitionen erforderlichen kontinuierlichen Steigerungsraten nicht mehr einstellen werden. Neubau zukünftig nicht mehr wirtschaftlich darstellbar Die Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietungen schwächt daher das wichtigste Instrument, um dem derzeit beobachteten Mietenanstieg wirksam zu begegnen. Mit angezogener Bremse Gas zu geben, hat selten ein beständiges Fortkommen gesichert. Schwächung des Neubaus als wichtiges Instrument Ebenso wie der Neubau sind auch Modernisierungen, insbesondere solche mit hohem Investitionsvolumen wie bei energetischen Modernisierungen oder generationengerechten Anpassungsmaßnahmen, von der rückläufigen Mietendynamik betroffen. Die Wirtschaftlichkeit gerade von energetischen Modernisierungen, die in vielen Fällen bereits kritisch war, wird durch die Mietpreisbegrenzung negativ beeinträchtigt. Der geplante Ausnahmetatbestand des § 556e Abs. 2 BGB über die Berücksichtigung von Modernisierungen im DreiJahres-Zeitraum führt zu einer höheren Eigenkapitalrendite, wenn innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraumes ein Mieterwechsel stattfindet und das rechtlich zulässige Umlagepotenzial ausgeschöpft wird. Die zeitliche Begrenzung auf drei Jahre ist weder sachlich noch mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit nachvollziehbar. Erheblicher Einfluss auf Modernisierungen erwartet Eine Reihe weiterer Effekte der Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietung ist von Bedeutung: Weitere Effekte der Mietpreisbegrenzung • Da die Mieten bei der Wiedervermietung einen Teil ihrer Indiktionsfunktion für Knappheit verlieren, können Haushalte bei gebremsten Wiedervermietungsmieten ihre Nachfrage nach Wohnraum ausweiten, ohne dass deren Wohnkostenbelastung dadurch steigt. Dies kann dadurch geschehen, dass größere Wohnungen nachgefragt werden oder in Segmenten oder Lagen nachgefragt wird, die bis zur Einführung der Mietpreisbegrenzung aufgrund der höheren Miete nicht erreichbar waren. Dadurch werden die Angebotsengpässe und Tendenzen zur Gentrifizierung weiter verschärft. Insbesondere letzteres sollte mit der Mietpreisbegrenzung vermieden werden; dafür besitzt dieses Instrument jedoch keine Eignung. • Während die Mietpreisbegrenzung für Wiedervermietungen den Mietwohnungsmarkt reguliert, bleibt der Markt für Eigentumsmaßnahmen unreguliert und gewinnt dadurch leichte Vorteile. Für die Ausgewogenheit der Wohnungsmarktstrukturen ist es wichtig, dass beide Segmente die gleichen Chancen haben, sich am Markt in unterschiedlichen Lagen durchzusetzen. InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Ausweitung der Nachfrage Gleiche Zugangschancen zu den Märkten Miete und Eigentum sicher stellen 61 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Vermögensbildung: Vermietetes Immobilienvermögen als Altersvorsorge Umgehungsmöglichkeiten Vorzieheffekte • Verschlechtert sich das Investitionsklima generell, so sind davon auch Bereiche betroffen, die nicht unmittelbar im Fokus stehen. Angesichts prosperierender Immobilienmärkte in Deutschland hat sich die Bildung von vermietetem Wohneigentum als viel versprechend erwiesen. Das sozialpolitische Ziel, durch eigene Ersparnis- und Vermögensbildung für das Alter vorzusorgen wird damit konterkariert. • Die Mietpreisbegrenzung kann in Teilbereichen umgangen werden, indem höhere Zahlungen in nicht davon erfassten Bereichen vereinbart werden, bspw. eine höhere Garagen- oder Stellplatzmiete oder zusätzliche Zahlungen für Möblierung bis hin zu Abstandszahlungen. Es ist schwer abzuschätzen, in welchem Umfang davon Gebrauch gemacht werden wird. • Vorzieheffekte im Vorfeld des Inkrafttretens der Regelungen sorgen für einen zusätzlichen Anstieg des Mietenniveaus. Sorgfältige Bestimmung der Gebietskulisse anhand einheitlicher Kriterien notwendig Sollte die Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietung Inkrafttreten, so ist es wichtig, die Gebietskulisse dafür sorgfältig und nach bundesweit einheitlichen Kriterien und Verfahren zu bestimmen. Angesichts der zu erwartenden negativen Effekte wirkt die Mietpreisbegrenzung in ausgeglichenen oder entspannten Märkten besonders nachteilig. „Echte“ zeitliche Befristung im Sinne des Koalitionsvertrages angesichts negativer Konsequenzen dringend zu empfehlen Die negativen Effekte auf die Höhe bzw. die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete werden bereits nach einer ersten Fortschreibung eines Mietspiegels bzw. einer Neuaufstellung spürbar werden. Damit wird die ortsübliche Vergleichsmiete in den betroffenen Städten bereits innerhalb des ersten 5Jahres-Zeitraums beeinflusst werden. Diese Problematik verschärft sich in jedem Abstand von Neuerstellung und Fortschreibung (mittels Stichprobe). Daher ist eine zeitlich eindeutig befristete Regelung, ohne Möglichkeit eines Wiederauflebens dringend zu empfehlen. Mietpreisbegrenzung verhindert Gentrifizierung nicht, keine Hilfe für einkommensschwächere Haushalten Die Intention der Mietpreisbegrenzung ist grundsätzlich nachvollziehbar. Angesichts der Tatsache, dass sie außer einer Dämpfung des Preisniveaus nicht dafür sorgen kann, dass Haushalten bezahlbarer Wohnraum dort zur Verfügung steht, wo sie ihn nachfragen, und insbesondere eine Gentrifizierung nicht verhindern kann, muss man diese Regelung unter Berücksichtigung der zu erwartenden Effekte scharf kritisieren. Wäre sie im politischen Prozess nicht „gesetzt“, so wäre dringend zu empfehlen, die Vor- und Nachteile intensiv zu beraten und geeignetere Maßnahmen zu überlegen, um den Mietenanstieg wirksam zu dämpfen und einkommensbenachteiligten Haushalten zu helfen. Nachteilige Effekte stehen im Vordergrund, Nutzen der Regelung zweifelhaft Vor diesem Hintergrund ist die Regelung zur Mietpreisbegrenzung eher als Ausdruck der Hilflosigkeit zu verstehen, nicht oder nicht rechtzeitig oder nicht konsequent genug auf die sich schon lange abzeichnenden Angebotsengpässe in geeigneter Weise reagiert zu haben. So verursacht die Mietpreisbegrenzung insbesondere durch die deutliche Dämpfung des Anstiegs der ortsüblichen Vergleichsmiete mittel- bis langfristig höhere Kosten als im Referentenentwurf beziffert werden. Gewonnene Zeitspanne ist dringend für das Ergreifen wirksamer Maßnahmen zu nutzen So bleibt zu hoffen, dass die aus dem Blickwinkel der Initiatoren erforderliche zusätzliche Zeit eines verminderten Marktmietenanstiegs genutzt wird, um die Angebotsengpässe zu beseitigen und dadurch den Mietenanstieg auf das als angemessen empfundene Niveau zu begrenzen. 62 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 63 Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Literaturverzeichnis Börstinghaus, Ulf P. (1997): 25 Jahre ortsübliche Vergleichsmiete. Ein ungeliebtes Kind wird erwachsen, in: NJW, 1997, S. 977-980. Börstinghaus, Ulf P. (2013): Entwicklung des Vergleichsmietensystems, in: Börstinghaus, Ulf P./Clar, Michael: Mietspiegel. Erstellung und Anwendung.2. Auflage, München, 2013. Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (2014): Entwurf eines Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG), Referentenentwurf, Berlin, Bearbeitungsstand 18. März 2014, 15:08 Uhr. Bundesministerium für Verkehr, Bauund Wohnungswesen (BMVBW)(Hrsg.)(2001): Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Berlin, Juni 2001. CDU/CSU/SPD (2013): Deutschlands Zukunft gestalten. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode, Berlin. Eekhoff, Johann (2002): Wohnungspolitik, Tübingen, 2. Auflage, 2002. Expertenkommission Wohnungspolitik (1994): Wohnungspolitik auf dem Prüfstand. Bericht. Unterrichtung durch die Bundesregierung, Bundestagsdrucksache Nr. 13/159, Berlin, 30. Dezember 1994. Neitzel, Michael (2011): Wege aus dem Vermieter-Mieter-Dilemma – Eine Konzeptstudie, Bochum, 24. Februar 2011. Schulze Darup, Burkhard/Neitzel, Michael (2011): Energieeffizienz mit städtebaulicher Breitenwirkung. Technische und wirtschaftliche Voraussetzungen zur flächenhaften Umsetzung von energetisch hochwertigen Modernisierungen in zusammenhängenden Wohnquartieren, Berlin, März 2011 (Abschlussbericht zum Forschungsprojekt, gefördert mit Mitteln der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)). Zweites Wohnungsbaugesetz (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) vom 27. Juni 1956, BGBl. I, S. 523 – 558. 64 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse Anhang Tab. 22: Tabelle des Mietspiegels der Stadt Dortmund 2011 InWIS-Gutachten Mietpreisbremse 65 66
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