Wirkungsanalyse der
Mietrechtsänderungen
Teil 1: Mietpreisbremse
Gutachten
Michael Neitzel, Sebastian Klöppel, Christoph Dylewski
InWIS-Gutachten
Bochum, den 23. Mai 2014
Impressum
Neitzel, Michael/Klöppel, Sebastian/Dylewski, Christoph
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen
Teil 1: Mietpreisbremse
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Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Inhalt
1. Einleitung ............................................................................................. 7
2. Die geplanten Regelungen zur Mietpreisbegrenzung ................................ 9
3. Mietpreisbildung in Deutschland – ein Überblick ..................................... 13
3.1. Historische Entwicklung von Regelungen zur Bestimmung der
Miethöhe ..................................................................................... 13
3.1.1 Mietpreisrecht bis zur Einführung des Systems der
ortsüblichen Vergleichsmiete ................................................ 13
3.1.2 Änderungen am System der ortsüblichen Vergleichsmiete .......16
3.1.3 Ergebnisse des derzeitigen Systems der Preisbildung .............18
3.2. Preisbildung und –entwicklung auf den Wohnungsmärkten ............. 21
3.2.1 Preisbildung bei Erst- und Wiedervermietung (Angebots/Marktmiete) ....................................................................... 21
3.2.2 Preisbildung nach dem System der ortsüblichen
Vergleichsmiete (Anpassung von Bestandsmieten) ................ 26
4. Analyse und Beurteilung der Effekte einer Mietpreisbegrenzung bei
Wiedermietungen ................................................................................ 29
4.1. Effekte auf die Mietpreisbildung................................................... 29
4.1.1 Einfluss auf die Angebots- bzw. Marktmiete .......................... 29
4.1.2 Einfluss auf die ortsübliche Vergleichsmiete.......................... 34
4.2. Effekte auf den Neubau von Wohnungen ........................................41
4.3. Effekte auf die Modernisierung von Wohnungen ............................ 46
4.4. Sonstige Effekte ........................................................................... 52
5. Besondere Fragestellungen .................................................................. 55
5.1. Vorgehensweise zur Abgrenzung angespannter Märkte ...................55
5.2. Zeitliche Befristung der Mietpreisregelungen ................................ 56
5.3. Anforderungen an Maßnahmenpläne ............................................ 56
6. Fazit ................................................................................................... 58
Literaturverzeichnis ................................................................................. 64
Anhang ................................................................................................... 65
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
3
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Abbildungen
Abb. 1:
Abb. 2:
Abb. 3:
Abb. 4:
Abb. 5:
Abb. 6:
Abb. 7:
Abb. 8:
Beurteilung der Höhe der Wohnkosten durch Mieterhaushalte in
Deutschland ...................................................................................... 19
Zufriedenheit der Mieter mit ihrer Wohnsituation ................................ 20
Veränderung der Angebotsmieten zwischen 2006 und 2013 ................. 23
Veränderung der Angebotsmieten in München (PLZ-Bezirke)................. 24
Veränderung der Angebotsmieten in Berlin (PLZ-Bezirke) ..................... 25
Entwicklung von Marktmiete, ortsüblicher Vergleichsmiete und
Marktspanne ohne Mietpreisbegrenzung in einem starken Markt ........... 38
Entwicklung von Marktmiete, ortsüblicher Vergleichsmiete und
Marktspanne ohne Mietpreisbegrenzung in einem entspannten Markt ... 39
Entwicklung von Marktmiete, ortsüblicher Vergleichsmiete und
Marktspanne nach Einführung einer Mietpreisbegrenzung ................... 40
Tabellen
Tab. 1:
Tab. 2:
Tab. 3:
Tab. 4:
Tab. 5:
Tab. 6:
Tab. 7:
Tab. 8:
Beurteilung der Wohnkostenbelastung durch Mieterhaushalte nach
ausgewählten Gebietstypen................................................................ 19
Zufriedenheit mit der Wohnsituation nach ausgewählten
Gebietstypen..................................................................................... 21
Anstieg der Angebotsmiete nach unterschiedlichen Preissegmenten
in ausgewählten Städten .................................................................... 23
Wesentliche Rahmendaten zur Struktur der betrachteten Märkte ........... 25
Entwicklung der durchschnittlichen ortsüblichen Vergleichsmieten in
ausgewählten Städten........................................................................ 27
Komponenten der jährlichen Veränderung der ortsüblichen
Vergleichsmiete ................................................................................ 35
Komponenten der jährlichen Veränderung der ortsüblichen
Vergleichsmiete mit Mietpreisbegrenzung ........................................... 36
Komponenten der jährlichen Veränderung der ortsüblichen
Vergleichsmiete mit Mietpreisbegrenzung (ohne Bestandsschutz) ......... 37
Tab. 9:
Verwendete Parameter und Ausgangsdaten für die
Wirtschaftlichkeitsberechnungen (Neubau) ......................................... 42
Tab. 10: Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete
10,50 Euro/m² und einer jährlichen Mietsteigerungsrate von 1
Prozent............................................................................................. 42
Tab. 11: Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete
10,50 Euro/m², einer jährlichen Mietsteigerungsrate von 1 Prozent
und Anstieg des Zinsniveaus .............................................................. 43
Tab. 12: Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete
10,50 Euro/m² und einer jährlichen Mietsteigerungsrate von 0,45
Prozent............................................................................................. 44
Tab. 13: Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete 9,50
Euro/m² und einer jährlichen Mietsteigerungsrate von 0,45 Prozent ..... 45
Tab. 14: Verwendete Parameter und Ausgangsdaten für die
Wirtschaftlichkeitsberechnungen (Modernisierungen) .......................... 47
Tab. 15: Zentrale Ausgangsdaten für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit
von Modernisierungen ....................................................................... 47
Tab. 16: Wirtschaftlichkeitsberechnung für moderate
modernisierungsbedingte Mieterhöhung ............................................. 48
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InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Tab. 17: Wirtschaftlichkeitsberechnung für angepasste
modernisierungsbedingte Mieterhöhung (Ziel:
Mindesteigenkapitalrendite).............................................................. 48
Tab. 18: Berechnung der rechtlich zulässigen modernisierungsbedingten
Mieterhöhung ................................................................................... 49
Tab. 19: Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Modernisierungsmaßnahme
nach Einführung der Mietpreisbegrenzung (differenzierter
Mietspiegel) ..................................................................................... 50
Tab. 20: Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Modernisierungsmaßnahme
nach Einführung der Mietpreisbegrenzung (Mieterwechsel innerhalb
des Drei-Jahres-Zeitraumes)............................................................... 50
Tab. 21: Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Modernisierungsmaßnahme
nach Einführung der Mietpreisbegrenzung (undifferenzierter
Mietspiegel) ...................................................................................... 51
Tab. 22: Tabelle des Mietspiegels der Stadt Dortmund 2011.............................. 65
Abkürzungsverzeichnis
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BID
Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland
BMG
Bundesmietengesetz
BMJV
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
DBU
Deutsche Bundesstiftung Umwelt
EH
Energieeffizienzhaus
MHG
Gesetz zur Regelung der Miethöhe
MietNovG
Mietrechtsnovellierungsgesetz
OVM
Ortsübliche Vergleichsmiete
u.U.
unter Umständen
WiStG
Wirtschaftsstrafgesetz
WKSchG
Wohnraumkündigungsschutzgesetz
WohnBauG
Wohnungsbaugesetz
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
5
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
1. Einleitung
In den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD zur Vorbereitung
der Bundesregierung für die 18. Legislaturperiode haben sich die Verhandlungspartner mit der Lebensqualität in der Stadt und auf dem Land auseinander gesetzt. Wichtiges Ziel der Politik der Bundesregierung ist eine hohe
Wohn- und Lebensqualität der Menschen in Deutschland.1 Hier gilt es, gutes
und bezahlbares Wohnen sicher zu stellen.
Koalitionsvertrag befasst sich mit
Lebensqualität in der Stadt und
auf dem Land
Als große Herausforderungen werden der wachsende Wohnungsbedarf in den
Ballungszentren und vielen Groß- sowie Hochschulstädten, der energetische
Umbau und die demografischen wie auch sozialen Herausforderungen benannt.
Wohnungspolitische Herausforderungen der Legislaturperiode
Die Parteien haben sich für das Erreichen ihre Ziele auf einen wohnungspolitischen Dreiklang aus
Einsatz eines wohnungspolitischen Dreiklangs
• einer Stärkung der Investitionstätigkeit,
• einer Wiederbelegung des Sozialen Wohnungsbaus,
• und einer ausgewogenen mietrechtlichen und sozialpolitischen
Flankierung
verständigt.
Der Koalitionsvertrag sieht dementsprechend unter der Rubrik „bezahlbares
Wohnen“ mehrere Veränderungen des Mietrechts vor. Die Maßnahmen, die von
der Bundesregierung in Gesetzesvorhaben umgesetzt werden, müssen sich an
den Herausforderungen, aber auch den Vorstellungen der Koalitionspartner
messen lassen.
Maßstab für die Gestaltung von
Instrumenten
Seit dem Beschluss über den Koalitionsvertrag werden drei Regelungen im
Besonderen betrachtet und in der (Fach-)Öffentlichkeit diskutiert, von denen
spürbare Veränderungen auf den Wohnungsmärkten erwartet werden. Es handelt sich hierbei um folgende Einzelmaßnahmen2:
Hervorgehobene Veränderungen
des Miet(preis)rechts
• Begrenzung
der
Mieterhöhungsmöglichkeit
bei
der
Wiedervermietung
in
nachgewiesen
angespannten
Wohnungsmärkten auf maximal 10 Prozent über der ortsüblichen
Vergleichsmiete („Mietpreisbremse“/Mietpreisbegrenzung).
• Beschränkung der Umlagemöglichkeit von Modernisierungskosten
auf höchstens 10 Prozent und längstens bis zu deren Amortisation.
• Verbreiterung der Basis der ortsüblichen Vergleichsmiete im
Mietspiegel und realitätsnähere Darstellung.
Diese Vorhaben führen zu erheblichen Eingriffen in die seit langem bestehenden Systeme der Mietpreisbildung und stellen – wie bei der sogenannten
Mietpreisbremse – eine deutliche Systemveränderung dar. In der Phase des
Bundestagswahlkampfes konnte der Eindruck entstehen, dass schnell eine
greifbare Lösung für das Thema Mietpreisanstieg in großen Ballungszentren
präsentiert werden sollte. Die Schwierigkeiten vieler Mietinteressenten, ins1
2
Geplante Mietrechtsänderungen
stellen Systemveränderungen dar
Vgl. CDU/CSU/SPD (2013): Deutschlands Zukunft gestalten. Koalitionsvertrag zwischen CDU,
CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode, Berlin, S. 80 ff.
Vgl. CDU/CSU/SPD, 2013, S. 81.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
7
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
besondere in großen, für Wohnen attraktiven Städten eine bezahlbare Wohnung zu mieten und der dort zu beobachtende, nachfragebedingt hohe Anstieg
der Marktmieten bei Wiedervermietung waren in der Öffentlichkeit prominent
platziert.
Komplexität der Wohnungsmärkte erfordert große Sorgfalt
Angesichts der Komplexität der Wohnungsmärkte und der Eingriffsintensität,
die mit den geplanten Mietrechtsänderungen gewählt wurde und die insbesondere bei einem Systemwechsel konstatiert werden muss, ist es von großer
Bedeutung, die zu erwartenden Effekte mit Sorgfalt abzuschätzen, bevor funktionierende und langjährig bewährte Regelungen geändert oder infrage gestellt werden.
Bilanzierung der Kosten und des
Nutzens erforderlich
Eine Analyse der Wirkungen ist erforderlich, um festzustellen, ob die mit den
Maßnahmen intendierten Ziele erreicht werden können und welche Ergebnisse
zu erwarten sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den Ausgangsbedingungen auf den Wohnungsmärkten, um die Eignung der Maßnahmen
beurteilen und deren Nutzen im Verhältnis zu den auftretenden Kosten und
Nebeneffekten bilanzieren zu können.
Gutachten Teil 1: Wirkungsanalyse der Mietpreisbremse
Vor diesem Hintergrund hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) das InWIS damit beauftragt, die betriebswirtschaftlichen Wirkungen der drei genannten Mietrechtsänderungen zu analysieren und
transparent zu dokumentieren. Der erste Teil des Gutachtens befasst sich mit
der Mietpreisbremse, zu der mittlerweile der Referentenentwurf für ein Mietrechtsnovellierungsgesetz (MietNovG) aus dem Bundesministerium für Justiz
und für Verbraucherschutz (BMJV) vorliegt, das für dieses Vorhaben innerhalb
der Bundesregierung die Federführung übernommen hat. Die beiden anderen
Reglungen – Begrenzung der Umlagemöglichkeiten bei Modernisierungen und
Verbreitung der Basis der ortsüblichen Vergleichsmiete im Mietspiegel – werden in weiteren Teilen gesondert aufbereitet.
8
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
2. Die geplanten Regelungen zur
Mietpreisbegrenzung
Das BMJV hat am 18. März 2014 den Referentenentwurf eines „Gesetzes zur
Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur
Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG) vorgelegt3. Für dieses Gutachten sind die Regelungen zur Begrenzung der Wiedermietungsmieten von Interesse; das Bestellerprinzip wird nicht betrachtet.
Referentenentwurf zur Mietpreisbremse vom 18. März 2014
Die geplanten Regelungen zur Begrenzung der Wiedervermietungsmieten
knüpfen an die Beobachtung an, dass vor allem in prosperierenden Städten die
Nettokaltmieten bei der Wiedervermietung von bestehenden Wohnungen
überdurchschnittlich stark ansteigen. Das führt nach Einschätzung der Bundesregierung dazu, dass insbesondere einkommensschwächere Haushalte, aber
mehr und mehr auch Durchschnittsverdiener in den betroffenen Gebieten mit
größeren Schwierigkeiten konfrontiert sind, eine noch bezahlbare Wohnung zu
finden. Dadurch werde die angestammte Wohnbevölkerung aus ihren Wohnquartierten verdrängt (Gentrifizierung).
Anlass für die Mietpreisbremse:
Überdurchschnittlicher Anstieg
der Wiedervermietungsmieten
Die geplanten Regelungen zur Mietpreisbegrenzung sollen durch die §§ 556d
bis 556g in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) mit der Überschrift „Vereinbarungen über die Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten“ eingefügt werden und folgenden Inhalt haben:
Bestandteile der Regelung
Mietpreisbegrenzung
Bei der Wiedervermietung einer bereits errichteten Wohnung (Bestandswohnung) darf die Nettokaltmiete höchstens auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich 10 Prozent steigen (Mietpreisbegrenzung).
10-Prozent-Grenze bei Wiedervermietung
Im Vordergrund steht das Ziel, zeitnah die negativen Auswirkungen angespannter Wohnungsmärkte zu begrenzen. Als solche negativen Auswirkungen
sind die Anmietung bezahlbaren Wohnens und die Verdrängung der Bevölkerung bezeichnet worden. Die Mietpreisbegrenzung wirkt vorrangig auf die
Miete, daher wird zu prüfen sein, ob damit der Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung wirksam begegnet werden kann.
Zielerreichung bei negativen
Auswirkungen des Mietpreisanstiegs noch zu prüfen
Die Bundesregierung erwartet, dass sich die vorgesehene Mietpreisregulierung mittelbar auch bei Mieterhöhungen in Bestandsmietverträgen auswirken
wird. Die dämpfende Wirkung auf das allgemeine Mietpreisniveau ist als nicht
bezifferbar eingeschätzt und daher nicht angegeben worden.
Dämpfende Wirkung auf das
allgemeine Mietpreisniveau
erwartet
Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten
Die Mietpreisbegrenzung soll in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten gelten. Die Landesregierungen werden ermächtigt, solche Gebiete durch
Rechtsverordnung zu bestimmen.
3
Geltungsbereich: angespannte
Wohnungsmärkt
Vgl. BMJV (2014): Entwurf eines Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten
Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung
(Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG), Referentenentwurf, Berlin, Bearbeitungsstand
18. März 2014, 15:08 Uhr.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
9
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Definition eines angespannten
Wohnungsmarktes
Ein Wohnungsmarkt gilt in einem Gebiet als angespannt, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde
oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist und diese Gebiete von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmt worden sind.
Vergleichbare Formulierungen
bei Verminderung der Kappungsgrenze und Wohnungsumwandlung
Eine gleichlautende Formulierung ist bereits bei der Verminderung der Kappungsgrenze von 20 Prozent auf 15 Prozent in § 558 Abs. 3 BGB eingefügt
worden. Sie ist ebenfalls bei der Verlängerung der Frist der Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung (Umwandlung von Mietwohnungen in
Wohnungseigentum) in § 557a Abs. 2 BGB verwendet worden. Allerdings wurden die damaligen Erläuterungen ohne den Begriff des „angespannten Wohnungsmarktes“ verwendet. Dieser Begriff wird erst mit den Regelungen zur
Mietpreisbegrenzung in einen Zusammenhang zu diesen Formulierungen gestellt und damit definiert.
Zeitliche Befristung
5-Jahres-Frist zur zeitlichen
Begrenzung
Die Landesregierungen können die Gebiete, in denen die Mietpreisbegrenzung
gelten soll, jeweils für fünf Jahre ausweisen.
Koalitionsvertrag sah Streichung
der Regelung vor
Im Koalitionsvertrag war die Rede davon, dass die Länder (nur) für die Dauer
von fünf Jahren die Möglichkeit erhalten sollten, die Mietpreisbegrenzung
einzuführen. Das sprach dafür, dass die Regelung generell auf fünf Jahre befristet und danach wieder ersatzlos gestrichen wird. Der jetzige Regelungsinhalt deutet auf ein dauerhaftes Instrument hin, dass für jeweils fünf Jahre
ausgestaltet und danach erneut – bspw. nach einer Prüfung – angewendet
werden kann. So soll in regelmäßigen Abständen geprüft werden, ob und in
welchem Umfang später von der Ermächtigung wieder Gebrauch gemacht werden soll.
Abweichende Intention zu den
Koalitionsvereinbarungen
Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass mit den derzeitigen Regelungen die Bestimmungen zur Mietpreisüberhöhung (§ 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954 - WiStG) nicht mehr erforderlich sind. Die Vorschrift soll aufgehoben werden. Dies stützt die Vermutung, dass die Mietpreisbegrenzung als
dauerhaftes Instrument etabliert werden soll. Der Referentenentwurf weicht in
diesem Punkt von dem Koalitionsvertrag ab.
Unterscheidung kurz- und langfristiger Wirkungen einer Mietpreisbremse
Der Aspekt der zeitlichen Befristung ist für die Wirkungsanalyse insofern von
Bedeutung, weil zwischen kurz- und langfristig auftretenden Effekten unterschiedlichen werden muss. Angesichts einer gewissen Trägheit des Wohnungsmarktes einerseits, aber auch angesichts einer längerfristigen Planungshorizontes bei wohnungswirtschaftlichen Investitionen andererseits ist eine
streng zeitlich befristete Regelung anders zu beurteilen als eine dauerhafte
bzw. dauerhaft angewendete Regelung.
Ausnahmen für neu errichtete und umfassend modernisierte Wohnungen
Erstvermietung von Neubauwohnungen ausgenommen
10
Wurde eine Wohnung neu errichtet (Neubau) oder umfassend modernisiert, so
ist diese bei der Erstvermietung nach Durchführung der Maßnahme von der
Begrenzung ausgenommen. Die zulässige Miete darf die 10-Prozent-Grenze in
diesen Fällen überschreiten.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Da der Anstieg der Markt- oder Angebotsmieten wesentlich auf einen Mangel
an besonders nachgefragtem Wohnraum zurückzuführen ist, ist die Stimulierung der Neubautätigkeit ein sehr wirksames Mittel, um einen (weiteren) Anstieg zu begrenzen. Mit dieser Ausnahmeregelung soll vermieden werden, dass
Neubau unmittelbar von der Mietpreisbegrenzung betroffen ist und die Ausweitung des Angebotes durch Neubau von Wohnungen behindert werden würde.
Angebotsausweitung als wichtiges Instrument soll nicht behindert werden
Die Bundesregierung konstatiert, dass die Dämpfung des Mietpreisanstiegs
keinen zusätzlichen Wohnraum schafft bzw. dadurch keine (zusätzlichen) Anreize gesetzt werden. Würde die Regelung aber zu einem Rückgang der Neubautätigkeit führen, die in den letzten Jahren im Mietwohnungsbau ohnehin
auf einem niedrigen Niveau lag, so würde sich dies als kontraproduktiv erweisen.
Kontraproduktive Effekte müssen
vermieden werden
In der Konsequenz muss abgewogen werden, ob durch die Regelung nicht
nachteilige Effekte ausgelöst werden, die problematischer zu beurteilen sind
als die angestrebten Ziele.
Abwägung: Positive und negative
Wirkungen bilanzieren
Ebenso wenig soll die umfassende Modernisierung von Wohnungen beeinträchtigt werden. Der vorgeschlagene Gesetzestext lässt es dabei offen, was
unter einer „umfassenden Modernisierung“ zu verstehen ist.
Umfassend modernisierte Wohnungen ausgenommen
Ausnahme für modernisierte Wohnungen
Für modernisierte Wohnungen wurde eine weitere Regelung eingefügt: Da im
Zusammenhang mit einer Wiedervermietung, insbesondere bei längerer Dauer
des vorherigen Mietverhältnisses, häufiger Erneuerungen und Modernisierungen durchgeführt werden, bestimmt sich die erhöhte Wiedervermietungsmiete
nach den Regeln einer Modernisierung im bestehenden Mietverhältnis. Diese
Modernisierungen sind im allseitigen Interesse.
Miete bei Modernisierungen nach
Regelungen im bestehenden
Mietverhältnis festlegen
Allerdings wird der Kreis der Modernisierungen nach dem derzeitigen Entwurf
zeitlich auf solche begrenzt, die innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn
des Mietverhältnisses im Sinne des § 555b – Modernisierungsmaßnahmen –
durchgeführt wurden. Diese Regelung ist vor allem von Bedeutung, wenn die
ortsübliche Vergleichsmiete nicht hinreichend nach un- oder nur gering modernisierten, teilweise oder umfangreicher modernisierten Wohnungen – etwa
in Mietspiegeln – differenziert ist.
Nur innerhalb der letzten drei
Jahre durchgeführte Modernisierungen ausgenommen
Zudem soll der modernisierungsbedingte Zuschlag lediglich auf die begrenzte
Miete (ortsübliche Vergleichsmiete plus zehn Prozent) aufgeschlagen werden
können. Die Vormiete soll dabei unbeachtlich bleiben.
Vormiete bleibt unberücksichtigt
Da Modernisierungen oft mit größeren baulichen Maßnahmen verbunden sind
und ihre positive Wirkungen – wie z.B. bei energetischen Modernisierungen
oder einer nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswertes – regelmäßig über
längere Zeiträume entfalten, ist die zeitliche Begrenzung sachlich schwer
nachvollziehbar.
Modernisierungen entfalten
langfristig positive Wirkungen
„Bestandsschutz“ der bisherigen Miete
Wurde eine Miete in einem vorherigen Mietverhältnis zulässig vereinbart
(Vormiete), so darf diese auch bei Wiedervermietung weiter verlangt werden.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Zulässig vereinbarte Miete muss
nicht reduziert werden
11
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Der Vermieter wird nicht gezwungen, eine frei gewordene Wohnung unterhalb
der bisher vereinbarten Miete anzubieten und wieder zu vermieten.
Frei vereinbarte Mieterhöhungen
mit dem Vormieter bleiben u.U.
unberücksichtigt
Bei der Ermittlung der Vormiete bleiben Mieterhöhungen unberücksichtigt, die
innerhalb eines Jahres zwischen den Vertragsparteien frei vereinbart wurden
(§ 557 Abs. 1 BGB). Damit soll ausgeschlossen werden, dass eine zulässige
Vereinbarung zwischen dem Vermieter und dem alten Mieter vor allem mit
dem Ziel zustande kommt, eine höhere Vormiete bei Wiedervermietung nach
Beendigung des Mietverhältnisses beibehalten zu können.
Weitere Regelungen
Ergänzende Bestandteile der
Regelung
Neben diesen wesentlichen Bestandteilen der Reglung wurden weitere Aspekte aufgegriffen:
• Für Staffelmietverträge gilt die Mietpreisbegrenzung für jede
Mietstaffel, bei Indexmieten für die vereinbarte Ausgangsmiete.
• Der Mieter hat gegenüber dem Vermieter einen Auskunftsanspruch
über die Grundlagen für die Ermittlung des Preises, sofern er diese
nicht selbst ermitteln kann.
• Beanstandungen der vereinbarten Miete muss der Mieter qualifiziert
vorbringen.
• Rückforderungsansprüche beziehen sich auf künftig fällige Mieten,
nachdem gerügt worden ist.
Mietpreisbegrenzung ein Element
eines umfassenderen Maßnahmenbündels
Der Referentenentwurf fasst die Dämpfung der Wiedervermietungsmiete nur
als ein Element einer umfassenden Bau- und Wohnungspolitik auf. Angespannten Wohnungsmärkten kann nur mit einem komplexeren Maßnahmenbündel
begegnet werden, an dem sich die Länder, insbesondere aber die Kommunen
beteiligen müssen. Der Referentenentwurf zählt hierzu die Wiederbelegung
des sozialen Wohnungsbaus, die Aktivierung und das Verfügbarmachen von
Bauland, die Unterstützung privater Wohnungsbautätigkeit, die Schaffung
generationen- und altersgerechten Wohnraums sowie die Förderung von energieeffizientem Bauen und Sanieren.
Koppelung an Maßnahmenplan
aus Koalitionsvertrag nicht
übernommen
Der Koalitionsvertrag sah vor, dass die Ausweisung der Gebiete durch die
Landesregierungen an die Erarbeitung eines Maßnahmenplans zur Behebung
des Wohnungsmangels in den betroffenen Gebieten gekoppelt werden soll.
Diese Koppelung hat nicht Eingang in die Ermächtigungsgrundlage für die
Landesregierungen zur Ausweisung der Gebiete gefunden.
Überblick über die Regelungen
zur Mietpreisreduzierung als
Ausgangspunkt
Die überblickartige Skizze der Regelungen zur Mietpreisbegrenzung stellt die
Grundlage dar, um die betriebswirtschaftlichen Wirkungen einschätzen zu
können.
12
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
3. Mietpreisbildung in Deutschland – ein
Überblick
In Deutschland hat die Wohnungspolitik historisch einen besonderen Stellenwert. Die Situation nach dem Zweiten Weltkrieg – insbesondere das Ausmaß
zerstörten Wohnraums und die Flüchtlingsproblematik – haben die Bereitschaft bis weit in die 1970er Jahre erhöht, Eingriffe des Staates in das Marktgeschehen und den Mechanismus der Mietpreisbildung zu tolerieren. Die eingesetzten wohnungspolitischen Instrumente dienten dabei vorrangig dem
Zweck, sozialpolitische Zielsetzungen zu erreichen.4
Hoher Stellenwert der Wohnungspolitik in Deutschland
In der Vergangenheit war es von großer Bedeutung abzuwägen, welche Maßnahmen geeignet sind, um die Funktionsfähigkeit des Marktes zu stützen und
zu effizienten Marktergebnisse zu führen und welche Maßnahmen über das
erforderliche Maß eines sinnvollen Eingriffes hinausgehen und nachteilige
Wirkungen verursachen.
Funktionsfähigkeit des Marktes
und Effizienz der Ergebnisse
sicherstellen
Rechtliche Regelungen zur Höhe der Miete und deren Ausgestaltung waren
häufig Gegenstand kontroverser Diskussionen. Aus diesem Grund ist es
zweckmäßig, sich einen kurzen Überblick über die historische Entwicklung der
Regelungen zur Ermittlung der Miethöhe zu verschaffen. Die jetzt vorgelegten
Entwürfe zur Mietpreisbegrenzung können somit auch auf der Grundlage der
Erfahrungen aus der Vergangenheit beurteilt werden.
Kontroverse Diskussionen in der
Vergangenheit zum Mietpreisrecht
3.1. Historische Entwicklung von Regelungen zur
Bestimmung der Miethöhe
3.1.1 Mietpreisrecht bis zur Einführung des Systems der
ortsüblichen Vergleichsmiete
Für die folgenden Betrachtungen wird der Zeitraum nach dem Zweiten Weltkrieg gewählt, weil damit die Spannweite von Regelungen zwischen Mietenstopp und Wohnungszwangsbewirtschaftung auf der einen und der freien Bestimmung von Mieten gut verdeutlicht werden kann. Regelungen, die vorher
Bestand hatten, werden nicht berücksichtigt.
Überblick über Regelungen nach
dem Zweiten Weltkrieg
Bedingt durch die Kriegszerstörungen wurde der schon vor dem Krieg bestehende Wohnungsmangel erheblich vergrößert. Prägend für die Mietenpolitik
unmittelbar nach Kriegsende waren daher Regelungen zur Wohnraumbewirtschaftung und der Mietpreisbindung. Zur Gründung der Bundesrepublik verfügte der Kontrollrat einen vollständigen Mietenstopp (Kontrollratsgesetz Nr.
18 vom 31. März 1946).5
Mietenstopp durch Gesetz Nr. 18
des Kontrollrates von 1946
Um die Neubautätigkeit anzuregen, wurden die Mietpreisbindungen im
1. Wohnungsbaugesetz für den Neubau schrittweise aufgehoben.6 Mieterhöhungen waren nur eingeschränkt möglich. Erst das 1. Bundesmietengesetz
Schrittweiser Abbau von Mietpreisbindungen als Anreiz für
Neubau
4
5
6
Vgl. Expertenkommission Wohnungspolitik (1994): Wohnungspolitik auf dem Prüfstand.
Bericht. Unterrichtung durch die Bundesregierung, Bundestagsdrucksache Nr. 13/159, Berlin,
30. Dezember 1994, S. 3.
Vgl. Börstinghaus, Ulf P. (2013): Entwicklung des Vergleichsmietensystems, in: Börstinghaus,
Ulf P./Clar, Michael: Mietspiegel. Erstellung und Anwendung.2. Auflage, München, 2013, S. 2.
Vgl. 1. WohnBauG vom 24. April 1950 (BGBl. I S. 83).
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
13
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
(BMG)7 von 1955 sah – je nach Ausstattungsstandard – für den bis Mitte 1948
bezugsfertig gewordenen, preisgebundenen Wohnraum gestaffelte Mieterhöhungszuschläge von 10 bis 20 Prozent vor.
Quantitative und qualitative
Verbesserung des Neubaus; frei
finanzierte Wohnungen waren
vom Preisrecht ausgenommen
Mitte der 1950er Jahre war es die Absicht des Gesetzgebers, die Bewirtschaftung von Wohnungen zu lockern und den Mietenstopp für Altbauwohnungen
auslaufen zu lassen. Der Wohnungsneubau sollte quantitativ weiter gesteigert
werden, zugleich wurden qualitative Verbesserungen im Neubau bezweckt. Mit
dem 2. Wohnungsbaugesetz wurden frei finanzierte Wohnungen, für deren
Errichtung keine öffentlichen Mittel oder Steuervergünstigungen in Anspruch
genommen wurden, von der Wohnraumbewirtschaftung befreit. Auf Mietverhältnisse von frei finanzierten Wohnungen fanden die Vorschriften über die
Preisbildung keine Anwendung, dort konnte eine Marktmiete vereinbart werden.8
Freigabe der Mietpreise in den
1960er Jahren
1960 wurde im 2. Bundesmietengesetz (2. BMG) geregelt, dass die Mietpreise
für preisgebundenen Wohnraum spätestens am 1. Januar 1966 freigegeben
werden.9 Ende der 1960er Jahre war die Preisbindung schließlich für einen
großen Teil des Wohnungsbestandes aufgehoben. Stattdessen wurden auch für
Mietverhältnisse die Vorschriften des BGB angewendet, die durch den Grundsatz der Vertragsfreiheit geprägt waren.10
Änderungskündigung zum Zwecke der Mieterhöhung wurde als
unbefriedigend empfunden
Diese vertragliche Situation ermöglichte es dem Vermieter, eine Änderungskündigung vorzunehmen, um die Miete anzupassen. Daraus resultierte die
Gefahr, dass ein Mieter eine Wohnung verlassen musste, falls er damit nicht
einverstanden war. Diese Rechtslage wurde dem Wirtschafts- und Sozialgut
Wohnung daher nicht gerecht und wurde als unzureichend empfunden.
Ausschluss der Kündigung zum
Zwecke der Mietanpassung
Mit dem ersten Wohnraumkündigungsschutzgesetz wurde die Kündigung zum
Zwecke der Mieterhöhung daher ausgeschlossen (§ 1 Abs. 4). Im Gegenzug
erhielt der Vermieter das Recht, vom Mieter die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses zu verlangen, wenn der angestrebte Mietzins die üblichen
Entgelte nicht übersteigt.11
Start für das System der ortsüblichen Vergleichsmiete 1971
Mit Inkrafttreten des ersten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes zum
28. November 1971 ist das System der heutigen ortsüblichen Vergleichsmiete
geschaffen worden. Diese Regelung sollte ursprünglich nur übergangsweise
gelten und 1974 außer Kraft treten. Als Teil des zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes (WKSchG) wurden die Vorschriften zur Erhöhung der
Miete im „Gesetz zur Regelung der Miethöhe“ (MHG) aber separat zum BGB
dauerhaft geregelt.12 In das BGB wurden die Vorschriften zur Kündigung von
Mietverhältnissen eingefügt. Sah das erste Wohnraumkündigungsschutzgesetz
7
8
9
10
11
12
14
Gesetz z über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts vom 27. Juli 1955, BGBl. I S.
458.
Zweites Wohnungsbaugesetz (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) vom 27. Juni 1956,
BGBl. I, S. 523 – 558, §§ 86 und 87.
Vgl. Gesetz über den Abbau von Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und
Wohnrecht (Abbaugesetz), vom 23. Juni 1960, BGBl. I S. 389 - 424, Artikel I – Zweites Bundesmietengesetz, § 15, Abs. 1. Dir Freigabe der Preis erfolgt nach Maßgabe der Absätze 2 und
6, in denen ergänzende Bestimmungen enthalten waren.
Börstinghaus, U., 2013, S. 3.
Vgl. Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum vom 25. November 1971, BGBl. Nr. 118 vom 27. November 1971, S. 1839 bis 1840.
Vgl. Zweites Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse von Wohnraum (Zweites
Kündigungsschutzgesetz – 2. WKSchG) vom 18. Dezember 1974, BGBl. I Nr. 139 vom 21. Dezember 1974.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
nur vor, dass der Vermieter das Erhöhungsverlangen begründete, wurden bei
der Neureglung des MHG die heute noch geltenden drei Begründungsmittel
Benennung von drei Vergleichswohnungen, Bezug auf Mietspiegelwerte und
das Gutachten eines Sachverständigen geschaffen.
Mit dem Mietrechtsreformgesetz wurden Vorschriften des MHG 2001 über die
Anpassung der Miete in bestehenden Mietverhältnissen in ein eigenes Unterkapitel „Regelungen über die Miethöhe“ in das BGB integriert.
Übergang der Regelungen des
MGH in das BGB
Mit dem 2. WKSchG war das Mietpreisrecht vom Not- und Übergangsrecht in
Dauerrecht überführt worden. In dieser Systematik besteht es – mit verschiedenen Änderungen – bis heute fort. Es besteht aus zwei wichtigen Elementen:
Vergleichsmietensystem als
Dauerrecht
• Bei der Erst- und Wiedervermietung einer Wohnung im nicht
preisgebundenen Wohnungsbau können sich die Vertragspartner –
Mieter und Vermieter – frei über die Höhe der Nettokaltmiete
verständigen und diese im Mietvertrag vereinbaren (Vertragsfreiheit
des BGB).
• Bei
einem
bestehenden
Mietverhältnis
findet
ein
Interessenausgleich zwischen Mieter und Vermieter statt: Um eine
(Änderungs-)Kündigung des Mietverhältnisses seitens des
Vermieters zur Anpassung der vertraglich vereinbarten Miete zu
vermeiden, steht ihm das Recht zu, die Miete auf das Niveau der
ortsüblichen Vergleichsmiete anzupassen.
In diesem System führt das Wechselspiel zwischen Angebot an Wohnungen
und der Nachfrage von wohnungssuchenden Haushalten bei der Erst- und Wiedervermietung in den vorgegebenen Grenzen des Wirtschaftsrechts zu einer
frei vereinbarten Marktmiete. Bei der Erhöhung der Miete in einem bestehenden Mietverhältnis ist dagegen die ortsübliche Vergleichsmiete verbindlich.
Sie wird für unterschiedliche Teilsegmente des Wohnungsmarktes ermittelt.
Da Wohnungen nach ihrer Art, Größe, Lage, Ausstattung und Beschaffenheit
separat berücksichtigt werden, trägt die ortsübliche Vergleichsmiete der Unterschiedlichkeit von Wohnungen Rechnung.
Anwendungsbereiche von Marktmiete und ortsüblicher Vergleichsmiete
Da die ortsübliche Vergleichsmiete aus den Entgelten gebildet wird, die in
einer Gemeinde innerhalb der letzten vier Jahre geändert oder neu vereinbart
worden sind, bleibt die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete hinter der Entwicklung der Marktmieten zurück. Bei dynamischen steigenden Marktmieten in
einem angespannten Markt ist der Abstand zur ortsüblichen Vergleichsmiete
aus diesem Grund besonders hoch. Bei rückläufigen Angebotsmieten auf entspannten Märkten kann die Marktmiete sogar niedriger als die ortsübliche
Vergleichsmiete liegen.
Verhältnis von Marktmiete zu
ortsüblicher Vergleichsmiete
Die ortsübliche Vergleichsmiete dämpft die Entwicklung der Mieten in bestehenden Mietverhältnissen gegenüber der Entwicklung der Marktmieten deutlich ab. Auf dynamischen Märkten wird der Anstieg zeitlich deutlich verzögert
und somit abgebremst. In Anlehnung an den in der aktuellen Diskussion verwendeten Begriff stellt das Konstrukt der ortsüblichen Vergleichsmiete eine
Mietpreisbremse in bestehenden Mietverhältnissen da, die dort für einen sozialen Interessenausgleich sorgt.
Vergleichsmietensystem wirkt
preisdämpfend
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
15
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
3.1.2 Änderungen am System der ortsüblichen
Vergleichsmiete
Schaffung eines sozial ausgewogenen Mietpreisrecht
Das seit Anfang der 1970er Jahre geltende System des Mietpreisrechts ist
mehrfach geprüft und überarbeitet worden. Zielsetzung war es, ein sozial ausgewogenes Mietrecht zu schaffen, das den gegensätzlichen Interessen der
Mietvertragsparteien Rechnung trägt. Die Expertenkommission hat den Prozess des Abwägens bezogen auf das Mietpreisrecht folgendermaßen dargestellt:
„Dies [das Ziel der sozialen Ausgewogenheit] bedingt ein Mieterhöhungsverfahren, das dem Vermieter die Rentabilität des Hausbesitzes erhält, gleichzeitig der
Gefahr vorbeugt, dass der Mieter unangemessene Mietzinsforderungen hinnehmen muss.“13
Bei Angebotsengpässen werden
Forderungen nach mietdämpfenden Maßnahmen laut
Mietdämpfende Maßnahmen sind in der Vergangenheit regelmäßig diskutiert
worden, wenn durch einen Anstieg der Nachfrage Angebotsengpässe auftreten
und die Mieten stärker steigen. Eekhoff lässt keinen Zweifel daran, dass durch
preisdämpfende Maßnahmen die Angebotsengpässe verschärft werden. 14
Marktorientierte Mieterhöhungsmöglichkeiten setzen
Anreize für Investitionen
Dagegen werden mit Maßnahmen, die den Einfluss des Marktes auf die Höhe
der Miete stärken, oft Anreize für zusätzlichen Neubau oder eine qualitative
Verbesserung des Wohnungsbestandes durch Modernisierungen bezweckt. Die
sozial-liberale Koalition hat das MHG daher Anfang der 1980er Jahre zur Belebung des Wohnungsneubaus angepasst und den Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete erweitert: Bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete
wurden nur noch Vereinbarungen über die Höhe der Miete berücksichtigt werden, die innerhalb der letzten drei Jahre zustande gekommen sind.15 Dadurch
sind Bestandsmietverhältnisse ohne Mietpreisveränderung aus der Berechnungsgrundlage herausgefallen, das Konstrukt der ortsüblichen Vergleichsmiete ist marktnäher ausgestaltet worden. Im Gegenzug ist dafür die Mieterhöhungsmöglichkeit innerhalb von drei Jahren auf 30 Prozent eingeschränkt
worden (Kappungsgrenze). Später ist die Kappungsgrenze weiter – auf 20 bis
15 Prozent – verringert worden.
Zeitraum für die Berechnung der
ortsüblichen Vergleichsmiete auf
4 Jahre verlängert
Mit dem 4. Mietrechtsänderungsgesetz16 wurde im Jahr 1993 der Zeitraum, in
dem mietvertragliche Vereinbarungen in die Berechnung der ortsüblichen
Vergleichsmiete einfließen sollen, auf vier Jahre erweitert. In Zeiten starker
Nachfrage, die durch Wanderungsbewegungen zu Beginn der 1990er Jahre
ausgelöst wurden, sollten niedrigere Bestandsmieten dafür sorgen, dass der
Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete gedämpft wird.
Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete durch weitere
Regelungen beeinflusst
Aber nicht nur der Zeitraum, in dem Vereinbarungen geschlossen wurden, die
für die Berechnungen der ortsüblichen Vergleichsmiete heranzuziehen sind, ist
diskutiert worden. Für die Höhe und die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete sind darüber hinaus
13
14
15
16
16
Expertenkommission Wohnungspolitik, 1994, S. 16, Rd.-Nr. 13. Ergänzung durch den Verfasser.
Eekhoff, Johann (2002): Wohnungspolitik, Tübingen, 2. Auflage, 2002, S. 46 f.
Vgl. Gesetz zur Erhöhung des Angebotes an Mietwohnungen vom 20. Dezember 1982, BGBl. I
Nr. 54, S. 1912 – 1915.
Vgl. Viertes Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften (Viertes Mietrechtsänderungsgesetz) vom 21. Juli 1993, BGBl. I Nr. 38, S. 1957 – 1261.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
• die Spannen für die Bestimmung der Üblichkeit der Entgelte und
• das Mischungsverhältnis zwischen den Mieten, die durch
Wiedervermietung oder durch Anpassungen im Bestand vereinbart
worden sind,
von Bedeutung.17
Bei den Spannen hat sich bei der Erstellung von Mietspiegeln eine ZweiDrittel-Spanne als üblich herausgestellt, d,h. zwei Drittel der Mietwerte, aus
denen die ortsübliche Vergleichsmiete gebildet wird, liegen innerhalb dieser
Spanne. Es sind aber auch 60-Prozent-Spannen denkbar.
Zwei-Drittel-Spanne als üblich
anzusehen
Bezüglich des Mischungsverhältnisses werden unterschiedliche Auffassungen
vertreten. Verschiedene Autoren plädieren für ein festes, extern vorgegebenes
Mischungsverhältnis (wie z.B. 50 Prozent Neuvertragsmieten/50 Bestandsmieten bis hin zu 67 Prozent Neuvertragsmieten/33 Prozent Bestandsmieten).
Andere Autoren halten die Berücksichtigung nach dem repräsentativen Verhältnis des Vorkommens für zweckmäßig.
Mischungsverhältnis Neuvertrags-/Wiedervermietungsmieten
zu Bestandsmieten
Da sich das Vorkommen bspw. in einem für die Erstellung eines Mietspiegels
erhobenen Datensatz aus der Höhe der Fluktuation ergibt, spiegelt dieses
Vorgehen die tatsächlichen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt besser wieder. Zudem ist oft zu beobachten, dass die Fluktuationsrate in angespannten
Märkten zurückgeht und ein höherer Anteil von Bestandsmieten in die Bestimmung einfließt. Dies hat einen dämpfenden Einfluss, wenn bei einer Tendenz zu Angebotsengpässen die Marktmieten stärker steigen.
Mischungsverhältnis entsprechend dem tatsächlichen Vorkommen
Die Expertenkommission Wohnungspolitik hatte sich Anfang der 1990er Jahre
dafür ausgesprochen, die Wiedervermietungsmieten der letzten beiden Jahre
und alle übrigen Bestandsmieten ohne zeitliche Begrenzung zu jeweils 50
Prozent einfließen zu lassen.18
Vorschlag der Expertenkommission Wohnungspolitik
Diese Einzelregelungen waren in den ersten Jahren nach Einführung des Vergleichsmietensystems äußerst strittig.19 In den letzten Jahren haben sich die
Auffassungen hinsichtlich der Spannen und des Mischungsverhältnisses jedoch angeglichen. Ebenso wie sich die Zwei-Drittel-Spanne weitgehend durchgesetzt hat, konstatiert Börstinghaus zu den Mischungsverhältnissen: „Wie
bereits […] festgestellt, dürfte allein eine Mischung nach dem repräsentativen
Verhältnis des Vorkommens richtig sein.“20
Einzelregelungen zu Spannen und
dem Mischungsverhältnis von
Mieten mittlerweile bewährt
Bemerkenswert ist es, dass kontrovers über Fragen des Zeitraums (drei Jahre/vier Jahre) und über den Umfang der Berücksichtigung von Bestandsmieten
diskutiert wurde und hierzu Anpassungen vorgenommen wurden. Die Vertragsfreiheit bei der Festlegung von Mieten bei Erst- und Wiedervermietung ist
dagegen stets beibehalten worden. Mit Blick auf den Entwurf des 4. Mietrechtsänderungsgesetzes wurde über Vorschläge des Bundesrates diskutiert, die
Neuvertragsmieten bei Wiedervermietung enger an die ortsübliche Vergleichsmiete zu koppeln. Seinerzeit ist dies mit der Begründung abgelehnt
worden, dass die Vergleichsmietenentwicklung wesentlich über die Wieder-
Anfang der 1990er Jahre Vorschlag zur einer vergleichbaren
Mietpreisbegrenzung
17
18
19
20
Vgl. Börstinghaus, 2013, S. 133 ff.
Vgl. Expertenkommission Wohnungspolitik, 1994, S. 17, Rd.-Nr. 18.
Vgl. Börstinghaus, Ulf P. (1997): 25 Jahre ortsübliche Vergleichsmiete. Ein ungeliebtes Kind
wird erwachsen, in: NJW, 1997, S. 977-980, S. 977.
Börstinghaus, 2013, S. 137, Rd.-Nr. 289.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
17
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
vermietungsmieten gespeist wird. Bei einer Koppelung würde das den Anstieg
der Vergleichsmieten dämpfen und „… dem freien Mietwohnungsbau […] selbst
dann den Boden entziehen, wenn Neubauten von der einen oder anderen Beschränkung ausgenommen sind.“21
Historische Dimension des Eingriffs; Rückgriff auf Elemente
eines planwirtschaftlichen Systems
Das mit dem Referentenentwurf vorgesehene Gesetzesvorhaben sieht daher
einen Eingriff mit historischer Dimension vor, der seit der Freigabe der Preisvorschriften für den frei finanzierten Wohnungsbau Mitte der 1950er Jahre
nicht geschehen ist. Es ist ein Rückgriff auf wohnungspolitische Instrumente
wie Wohnraumzwangsbewirtschaftung und Preisbindungen, die in Zeiten größter Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg erforderlich waren, aber seinerzeit mit den Argumenten einer quantitativen und qualitativen Ausweitung und
Verbesserung des Wohnungsbestandes schrittweise mit gutem Grund zurückgeführt wurden.
3.1.3 Ergebnisse des derzeitigen Systems der Preisbildung
Bewährtes und eingespieltes
System der Preisbildung
Das System der Preisbildung hat sich in unterschiedlichen Wohnungsmarktkonstellationen mittlerweile eingespielt und bewährt. Dadurch wurden überwiegend gute Rahmenbedingungen für Investitionen geschaffen, aber zugleich
wurde der Ausgleich zwischen den Interessen der Mietvertragsparteien gewahrt. Der Marktmechanismus führt bei Erst- und Wiedervermietungen dazu,
dass sich ein breites und qualitativ gutes Angebot an Wohnungen entwickeln
konnte. Die demografische, aber insbesondere die gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung hat dazu maßgeblich beigetragen: In den vergangenen
zwei Dekaden ist es zu einer deutlichen Pluralisierung von Haushaltstypen mit
unterschiedlichen Lebensentwürfen und vielfältigen Wohnwünschen und –
vorstellungen gekommen.
Wohnungsangebot konnte sich
entsprechend den Nachfragewünschen entwickeln
Der Wohnungsmarkt konnte mit nachfragegerechten Investitionen – sowohl im
Neubau als auch und gerade im Wohnungsbestand – ein differenziertes Wohnungsangebot bereitstellen. Investitionen erfordern Anreize: Sie müssen sich
lohnen und eine angemessene Investitionsrendite erwirtschaften. Das Spiel
der Marktkräfte, zwischen Angebot und Nachfrage, stellt sicher, dass sich nur
solche Investitionen lohnen, für die eine ausreichende Nachfrage besteht. Der
Marktmechanismus führt zu optimalen Ergebnissen, weil Anreize für Investitionen gesetzt werden, die im Einklang mit der Wohnungsnachfrage stehen.
Begrenzung der Marktmieten
durch die Wohnkaufkraft
Der Marktmechanismus kann dauerhaft nicht zu unangemessen hohen Mieten
führen, weil die Höhe der Miete auf die Wohnkaufkraft begrenzt ist, die von
den Haushalten in Nutzungskonkurrenz mit anderen Gütern zur Verfügung
gestellt wird oder maximal zur Verfügung gestellt werden kann.
Überwiegender Teil der Mieter
hält Wohnkosten für angemessen
bzw. günstig
Eine Befragung, die im Auftrag des GdW zur Erstellung der Wohntrends-2030Studie mit über 3.000 Mietern und Eigentümern Anfang 2013 in Deutschland
durchgeführt wurde, zeigt, dass Mieterhaushalte ihre Wohnkostenbelastung
überwiegend als angemessen oder gar günstig beurteilen. Nahezu die Hälfte
(46 Prozent) hält die Wohnkosten für angemessen, rd. ein Drittel sogar für
günstig (26 Prozent) bzw. sehr günstig (7 Prozent). Nur 17 Prozent schätzen
diese als zu hoch ein, nur 4 Prozent als viel zu hoch.
21
18
Bundestags-Drucksache 12/3254, S. 42. Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Abb. 1:
Beurteilung der Höhe der Wohnkosten durch Mieterhaushalte in Deutschland
Quelle: GdW-Wohntrends 2030-Befragung, eigene Darstellung. Repräsentative Befragung von 3.031
Mietern und Eigentümern in Deutschland. Ergebnisse von Mietern dargestellt.22
Die Ergebnisse zwischen Wachstums- und Schrumpfungsregionen unterscheiden sich nicht grundsätzlich. In städtischen Wachstumsregionen sind ebenfalls
rd. 75 Prozent der Haushalte der Ansicht, dass die Wohnkosten angemessen
oder günstig sind. 20 Prozent empfinden die Wohnkosten als zu hoch. In städtisch geprägten, schrumpfenden Regionen ist der Anteil derjenigen, die die
Wohnkosten als zu hoch empfindet, mit 17,5 Prozent zwar niedriger, aber nicht
deutlich.
Tab. 1:
Auch in wachsenden Regionen
gelten Mieten als angemessen
Beurteilung der Wohnkostenbelastung durch Mieterhaushalte nach ausgewählten Gebietstypen
Gebietstypen
städtischwachsend
Sehr günstig
städtischschrumpfend
halbstädtischwachsend
halbstädtischschrumpfend
ländlichwachsend
ländlichschrumpfend
Total
8,9%
8,4%
2,8%
5,9%
5,2%
8,9%
6,9%
Günstig
24,6%
28,4%
26,0%
30,3%
30,0%
23,7%
25,9%
Angemessen
43,0%
42,9%
45,4%
47,6%
47,0%
52,6%
45,8%
Hoch
20,1%
17,5%
19,1%
12,0%
14,6%
12,8%
17,4%
Viel zu hoch
Gesamt
3,4%
2,8%
6,7%
4,2%
3,3%
1,9%
3,9%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
Quelle: GdW-Wohntrends 2030-Befragung, eigene Darstellung. Repräsentative Befragung von 3.031
Mietern und Eigentümern in Deutschland. Ergebnisse von Mietern dargestellt.23
Der Anteil derer, die die Wohnkosten als viel zu hoch ansehen, ist in halbstädtisch-wachsenden Gebieten noch höher als in den städtischen Gebieten. Dies
kann als Beleg dafür gewertet werden, dass dort die Mieten in den letzten zwei
bis drei Jahren deutlich stärker gestiegen sind.
In halbstädtisch-wachsenden
Typen macht sich höherer Mietenanstieg bemerkbar
In den halbstädtisch-schrumpfenden sowie in den ländlichen Regionen, unabhängig davon, wie sich die Gebiete entwickeln, ist der Anteil derjenigen, die
ihre Wohnkostenbelastung als hoch empfinden, deutlich geringer als in den
städtisch geprägten Räumen. In den halbstädtisch-schrumpfenden Gebietsty-
Im ländlichen Raum werden
Wohnkosten als angemessener
eingestuft, auch in wachsenden
Regionen
22
23
GdW (Hrsg.)(2013): Wohntrends 2030. Berlin, 2013, Branchenbericht-Nr. 6.
GdW (Hrsg.)(2013): Wohntrends 2030. Berlin, 2013, Branchenbericht-Nr. 6.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
19
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
pen wird die Wohnkostenbelastung aber von einem größeren Anteil als viel zu
hoch empfunden als in den städtischen Wachstumstypen. Dies zeigt, dass auch
in wachsenden Regionen der weit überwiegende Teil der Mieter die Wohnkostenbelastung als angemessen einstuft. Eher ländlich geprägte Städte und Gemeinden, die wachsen, bspw. an den Rändern der großen Ballungsräume, können zudem als Ausweichräume dienen, in denen Wohnungen zu angemessenen
Mieten angemietet werden können.
Durchschnittshaushalte sind von
unangemessen hohen Wohnkosten nicht stark betroffen
Differenziert nach Einkommen zeigt sich, dass das äquivalenzgewichtete
Haushaltseinkommen derjenigen, die in den städtisch- und halbstädtischwachsenden Regionen das Mietenniveau als hoch beurteilen, in den jeweiligen
Regionstypen das niedrigste Durchschnittseinkommen aufweisen. Es liegt in
den städtisch-wachsenden Gebietstypen rd. 5 Prozent unter dem Durchschnittseinkommen aller Haushalte. In den halbstädtisch-wachsenden Gebietstypen liegt es 13 Prozent unterhalb des Durchschnittseinkommens aller
Haushalte. Die Ergebnisse zeigen zwar, dass gerade in den städtischwachsenden Gebietstypen Mieterhaushalte die Wohnkosten als hoch empfinden, deren Einkommen nahe am Durchschnitt liegt. Zahlenmäßig bilden sie
aber nicht den größten Teil ab. Damit ist die These widerlegt, dass Durchschnittshaushalte in größere Zahl unangemessen von dieser Entwicklung betroffen sind. Insbesondere in halbstädtisch-wachsenden Regionen handelt es
sich eher um die Gruppe der Bezieher niedrigerer Einkommen.
Hohe Zufriedenheit der Mieter
mir ihrer Wohnsituation
Darüber hinaus sind die Mieter mit ihrer Wohnsituation sehr zufrieden.
Deutschlandweit sind lediglich 7 Prozent der Mieterhaushalte unzufrieden
oder sehr unzufrieden mit ihrer Wohnsituation. 73 Prozent sind mit der Wohnsituation zufrieden bis sehr zufrieden.
Abb. 2:
Zufriedenheit der Mieter mit ihrer Wohnsituation
Quelle: GdW-Wohntrends 2030-Befragung, eigene Darstellung. Repräsentative Befragung von 3.031
Mietern und Eigentümern in Deutschland. Ergebnisse von Mietern dargestellt.24
Hohe Zufriedenheit mit der
Wohnsituation insbesondere in
den wachsenden Gebietstypen
In den wachsenden Gebietstypen ist der Anteil derjenigen Mieter, die mit ihrer
Wohnsituation unzufrieden sind, sogar geringer als in den schrumpfenden
Regionen. Insbesondere in den jeweils wachsenden Gebietstypen zeigt sich
ein hoher Anteil von Haushalten, die sehr zufrieden sind.
24
20
GdW (Hrsg.)(2013): Wohntrends 2030. Berlin, 2013, Branchenbericht-Nr. 6.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Tab. 2:
Zufriedenheit mit der Wohnsituation nach ausgewählten Gebietstypen
Gebietstypen
städtischwachsend
städtischschrumpfend
halbstädtischwachsend
halbstädtischschrumpfend
ländlichwachsend
ländlichschrumpfend
29,1%
26,7%
30,4%
27,9%
40,7%
33,4%
Zufrieden
43,9%
43,3%
44,4%
40,8%
37,5%
43,1%
43,0%
Teils, teils
21,2%
23,0%
18,3%
20,3%
17,0%
12,7%
19,7%
4,2%
6,1%
4,7%
7,5%
2,6%
6,2%
5,3%
Sehr zufrieden
Unzufrieden
Sehr unzufrieden
Gesamt
Total
29,9%
1,5%
,9%
2,1%
3,5%
2,2%
4,6%
2,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
Quelle: GdW-Wohntrends 2030-Befragung, eigene Darstellung. Repräsentative Befragung von 3.031
Mietern und Eigentümern in Deutschland. Ergebnisse von Mietern dargestellt.25
Nur 7,7 Prozent aller Mieter, die mit ihrer Wohnsituation unzufrieden oder
sehr unzufrieden sind, führten als wesentlichen Grund dafür die Höhe der
Wohn- bzw. Nebenkosten an.
Geringer Anteil von Mietern, die
aufgrund der Wohnkosten unzufrieden sind
Führt man sich das ausdifferenzierte und überwiegend qualitativ gute Wohnungsangebot vor Augen und berücksichtigt die Zufriedenheit der Mieter mit
ihrer Wohnsituation und der Angemessenheit des Preisniveaus, so kann man
festhalten, dass das bisherige System der Preisbildung zu sehr guten Ergebnissen geführt hat. Problemlagen können auf der Grundlage der Befragungsergebnisse diagnostiziert werden. Sie müssen jedoch analysiert und mit zielgenauen Maßnahmen gemildert oder beseitigt werden.
Das bisherige System der Preisbildung hat zu guten Ergebnissen
geführt
Mit der geplanten Mietpreisbremse wird dagegen undifferenziert in das bewährte System eingegriffen und von der Preisbildung bei Wiedervermietung
auf der Grundlage des Ausgleichs von Angebot und Nachfrage abgewichen. Die
Deckelung der Höhe der Nettokaltmiete bei Wiedervermietung auf ein Niveau
von nicht mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete stellt
eine Preisobergrenze als Höchstpreis für einen Wohnungsteilmarkt dar. Erfahrungsgemäß muss sich das Wohnungsangebot qualitativ an diese Höchstgrenze anpassen, damit wird die Entwicklungsfähigkeit des Wohnungsmarktes
eingeschränkt.
Undifferenzierter Eingriff in das
Preissystem schränkt die Entwicklungsmöglichkeiten im
Wohnungsbestand ein
Um die Effekte der Einführung einer Mietpreisbremse detailliert betrachten zu
können, ist es erforderlich, sich einen Überblick über die Ausgangsbedingungen auf den Wohnungsmärkten zu verschaffen.
Wie entwickeln sich die Märkte
derzeit?
3.2. Preisbildung und –entwicklung auf den
Wohnungsmärkten
3.2.1 Preisbildung bei Erst- und Wiedervermietung
(Angebots-/Marktmiete)
Für Wohnungen, die nach Fertigstellung erstmals vermietet werden oder im
Zuge eines Mieterwechsels wieder vermietet werden, kann die Miete bei Neuabschluss eines Mietvertrages zwischen Vermieter und Mieter im Wesentlichen
frei vereinbart werden. Dies gilt für frei finanzierte Wohnungen oder für ehemals preisgebundene Wohnungen nach Auslaufen einer vereinbarten Miet25
Mietermittlung bei Neu-/WiederVermietung im frei finanzierten
Wohnungsbau
GdW (Hrsg.)(2013): Wohntrends 2030. Berlin, 2013, Branchenbericht-Nr. 6.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
21
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
preisbindung. Bei preisgebundenen, in der Regel öffentlich geförderten Wohnungen richtet sich die Höhe der Miete nach den jeweiligen Förderbestimmungen.
Begriffe Markt- und
Angebotsmiete
Da sich die Mieten für diese Wohnungen frei aufgrund des verfügbaren Angebots und der artikulierten Nachfrage am Markt bilden, wird auch von Marktmieten oder – weil die Mieten auf der Grundlage öffentlich angebotener Wohnungen beobachtet werden können – von Angebotsmieten gesprochen.
Bildung unterschiedlicher
Teilmärkte
Zwar wird vereinfachend von dem Wohnungsmarkt, bspw. in einer Stadt gesprochen. Tatsächlich handelt es sich um verschiedene Teilmärkte, die sich
aufgrund unterschiedlicher
•
•
•
•
•
Baujahre und Gebäudetypen,
Wohnungsarten,
Wohnungsgrößen,
Ausstattungs- und Modernisierungsstandards sowie
Lagemerkmale
bilden.
Vielfalt unterschiedlicher Wohnungsangebote
Die in einer Stadt gelegenen Wohnungen sind sehr heterogen, d.h. das Wohnungsangebot ist durch eine große Vielfalt unterschiedlicher Wohnungstypen
geprägt. Die Vielfalt des Wohnungsangebotes ist Folge von individuellen Wünschen und Anforderungen von Wohnungssuchenden und umgekehrt.
Neubautätigkeit bleibt in angespannten Märkten hinter Nachfragezuwachs zurück
Je nachdem, auf welches Interesse bzw. auf welche Nachfrage bestimmte
Wohnungs(teil)märkte stoßen, reagieren die Mieten sehr unterschiedlich. In
wirtschaftlich starken und aufgrund ihrer dichten Infrastruktur sehr attraktiven Städten und Regionen steigen die Bevölkerungszahl und die Zahl der wohnungssuchenden Haushalte deutlich an. Kann das Wohnungsangebot nicht
rasch genug ausgeweitet werden, so kommt es in besonders nachgefragten
Wohnungs(teil)märkten zu einem Mietenanstieg.
Übliche Abweichung zwischen
Marktmiete und ortsüblicher
Vergleichsmiete
In der öffentlichen Debatte wird dabei auf die Differenz zwischen der ortsüblichen Vergleichsmiete und den Marktmieten verwiesen. Auch der Referentenentwurf weist in einer Tabelle für angespannte Märkte Unterschiede auf, die
im Durchschnitt 25 Prozent betragen und sich auf bis zu 36 Prozent Abweichung belaufen.
Differenz zwischen Marktmiete
und ortsüblicher Vergleichsmiete
fällt regelmäßig höher aus
Diese Differenz kann auf den ersten Blick verwundern. Abweichungen von der
durchschnittlichen ortsüblichen Vergleichsmiete in dieser Größenordnung
stellen jedoch – wie die Erarbeitung von Mietspiegel zeigt – die Regel dar. Je
nachdem, wie genau ein einzelner Wohnungsteilmarkt erfasst wird, beträgt die
Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete 20 Prozent und mehr um einen ausgewiesenen Mittelwert herum. Solche Abweichungen betreffen auch zulässig
erhöhte Bestandsmieten, die bei der Mietspiegelerstellung berücksichtigt
werden.
Unterschiedliche Entwicklung in
den betrachteten Märkten
Betrachtet man für einen Überblick die Angebotsmieten in Städten wie Hamburg, Berlin, Frankfurt/Main, Stuttgart und München, so haben sich die Märkte
sehr unterschiedlich entwickelt.
22
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Abb. 3:
Veränderung der Angebotsmieten zwischen 2006 und 2013
In Frankfurt/Main, Stuttgart und München sind die Angebotsmieten zwischen
2006 und 2013 vergleichsweise moderat mit jährlichen Steigerungsraten von
2,7 bzw. 2,9 Prozent gestiegen. Hamburg und insbesondere Berlin haben sich
seit 2009 deutlich stärker entwickelt.
Noch moderate Steigerung in
Frankfurt/Main, Stuttgart und
München
Der jährliche Anstieg der Angebotsmieten liegt in Berlin sehr hoch bei durchschnittlich 6,1 Prozent p.a. Da in Angebotsdatenbanken nicht alle Angebote
erfasst sind und insbesondere günstige Wohnungen überdurchschnittlich oft
ohne Inserat am Markt vermietet werden, ist eher von einem geringeren Preisanstieg auszugehen als in der Grafik dargestellt.
Berlin weist eine Sondersituation
auf: Dort findet ein Aufholprozess
statt
Mit dieser Beobachtung werden die Märkte nur sehr grob erfasst. Die Entwicklung in den Wohnungsteilmärkten verläuft viel differenzierter. Im oberen
Preissegment, in dem besonders hochwertige Wohnungen angeboten werden,
sind die Mieten deutlich stärker gestiegen als bspw. im unteren Preissegment.
Mietenanstieg im unteren Preissegment fällt geringer aus
Tab. 3:
Anstieg der Angebotsmiete nach unterschiedlichen Preissegmenten in ausgewählten
Städten
Markt/Stadt
Veränderung 2006 - 2013
(Gesamtmarkt)
in %
in % p.a.
Unteres Preissegment
Oberes Preissegment
in % p.a.
in % p.a.
Hamburg
31,0
3,9
3,6
4,7
Berlin
51,7
6,1
5,2
6,9
Frankfurt/Main
20,7
2,7
2,6
3,1
Stuttgart
21,9
2,9
2,3
3,6
München
22,4
2,9
2,5
3,5
Quelle: IS24-Datenbank, eigene Berechnungen.
In München haben sich die Mieten im Betrachtungszeitraum von 2006 bis
2013 im unteren Preissegment mit einer Jahresrate von 2,5 Prozent p.a. entwickelt, im oberen Preissegment dagegen mit 3,5 Prozent p.a.
Zudem verläuft der Mietenanstieg nicht homogen über das gesamte Stadtgebiet, sondern betrifft insbesondere Innenstadt- oder innenstadtnahe Lagen. In
München haben sich die Angebotsmieten außerhalb des Innenstadtrings um 3
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Höherer Anstieg der Mieten in
den eher zentralen Lagen
23
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
bis 4 Prozent p.a. erhöht, während in anderen, weiter von der Innenstadt entfernten, aber oft noch gut angebundenen Teilen des Stadtgebietes lediglich
Steigerungen von 2,5 Prozent pro Jahr registriert wurden.
Abb. 4:
Preisdämpfende Wirkung von
Erhaltungssatzungen im Innenstadtkern von München
24
Veränderung der Angebotsmieten in München (PLZ-Bezirke)
Unmittelbar in der Innenstadt Münchens sind die Angebotsmieten in den letzten sieben Jahren dagegen kaum gestiegen bzw. haben sich teilweise mit Raten von Minus 0,4 Prozent rückläufig entwickelt. Dazu dürfte auch beigetragen
haben, dass die Stadt München innerhalb des Innenstadtringes mit Erhaltungssatzungen agiert, um die dort vorherrschenden Milieustrukturen zu erhalten.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Abb. 5:
Veränderung der Angebotsmieten in Berlin (PLZ-Bezirke)
Die hohe Attraktivität der zentralen, innenstadtnahen Bereiche zeigen sich
auch in Berlin: Dort sind die Angebotsmieten in der Innenstadt ebenfalls deutlich gestiegen, in Teillagen von Berlin-Mitte sogar um bis zu 18 Prozent.
Zentrale und beliebte Lagen
weisen in Berlin hohe Mietensteigerungen auf
Eine Ursache für den Preisanstieg ist der Bevölkerungs- und Haushaltszuwachs
dieser Städte. Die Zahl der Einwohner ist zwischen 2006 und 2012 mit durchschnittlichen Jahresraten von 0,5 bis 1,2 Prozent p.a. gewachsen. Auch die
Zahl der Haushalte hat zugenommen. Hinzu kommt, dass sich die Lebensgewohnheiten geändert haben und sich viele Haushalte verstärkt auf urbane
Innenstadtlagen konzentrieren. Dort ist die Lebens- und Aufenthaltsqualität in
den letzten Jahren erheblich gestiegen.
Haushalts- und Bevölkerungszuwachs treibt die Nachfrage
Tab. 4:
Wesentliche Rahmendaten zur Struktur der betrachteten Märkte
Markt/Stadt
Bevölkerungszuwachs
2006-2012
(31.12.)
Zuwachs
Anzahl
Haushalte
2006-2012
Zuwachs Wohnungsbestand
2006- 2012
in % p.a.
in % p.a.
in % p.a.
Kaufkraft je Veränderung
Haushalt
Kaufkraft
2012
2006-2012
in EUR
in % p.a.
Angebotsmiete 2013
Veränderung
Miete
2006 - 2013
in EUR/m²
in % p.a.
Hamburg
0,6
k.A.
0,11
41.767
3,2
10,60
3,9
Berlin
0,6
k.A.
0,13
33.041
2,5
8,55
6,1
Frankfurt
1,2
1,2
0,59
45.152
3,5
12,17
2,7
Stuttgart
0,5
1,2
0,29
45.396
2,5
10,62
2,9
München
1,2
1,2
0,63
51.176
2,5
13,49
2,9
Quelle:
Angaben der Kommunen (Statistikämter), Kaufkraft gfk, IS24-Datenbank, eigene Berechnungen.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
25
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Wohnungsbestand bleibt hinter
dem Bevölkerungszuwachs zurück
Im Vergleich zum Bevölkerungszuwachs hat sich der Wohnungsbestand deutlich weniger stark vergrößert. Bei einem Bevölkerungswachstum in Hamburg
und Berlin mit jeweils rund 0,6 Prozent p.a. bleibt der jährliche Zuwachs an
Wohnungen mit 0,11 Prozent p.a. bzw. 0,13 Prozent p.a. um das Fünffache
dahinter zurück. In Städten wie Frankfurt/Main, Stuttgart und München, in
denen mehr Wohnungen fertig gestellt worden sind, ist der Preisanstieg deutlich weniger stark ausgefallen.
Nachholbedarf in Berlin zeigt sich
durch stark steigende Mieten
Die dokumentierte Steigerung der Angebotsmieten ist in Berlin tatsächlich
sehr hoch ausgefallen. Allerdings vollzieht sich der Anstieg von einem deutlich
geringeren Ausgangsniveau aus als in den anderen Städten. Die Angebotsmiete lag im Jahr 2006 bei durchschnittlich 5,64 Euro/m² und ist auf 8,55 Euro/m² im Jahr 2013 gestiegen. Berlin ist ein Sonderfall: Angesichts gestiegener
Beliebtheit und Attraktivität der Stadt findet derzeit ein Aufhol- bzw. Nachholprozess statt. Auch im Jahr 2013 liegt die Angebotsmiete noch unterhalb derjenigen der anderen Städte und entspricht annähernd der Kaufkraftrelation.
Anstieg der Angebotsmieten
bewegt sich nur knapp unterhalb
des Kaufkraftzuwachses
Um die Höhe des Anstieges der Angebotsmieten einzustufen, wird häufig mit
der Veränderung der Kaufkraft der Bevölkerung bzw. mit dem Anstieg der Inflationsrate argumentiert. Die beobachtete Steigerungen der Angebotsmieten
verläuft zwar oberhalb der Veränderung des Verbraucherpreisindexes mit
einer Jahresrate von derzeit rd. 1,7 Prozent p.a. Bewegt sich aber in den Städten Hamburg, Stuttgart und München auf dem gleich Niveau wie die Veränderung der Kaufkraft. Den Haushalten steht im Zeitablauf deutlich mehr Kaufkraft
zur Verfügung, sodass die Mietbelastungsquote im Durchschnitt nicht steigt.
Anstieg der Angebotsmieten in
betrachteten Städten eher als
angemessen und üblich zu bewerten
Der Anstieg der Angebotsmieten in den betrachteten Städten – mit Ausnahme
des Sonderfalls Berlin – folgt daher der Wohnkaufkraft und ist daher eher als
angemessen und üblich zu bewerten. Dieser Aspekt ist in der bisherigen Diskussion noch zu wenig betrachtet worden.
3.2.2 Preisbildung nach dem System der ortsüblichen
Vergleichsmiete (Anpassung von Bestandsmieten)
Preisdämpfender Effekt der
ortsüblichen Vergleichsmiete
26
Der preisdämpfende Effekt der ortsüblichen Vergleichsmiete lässt sich anhand
der Mietspiegeldaten der beobachteten Städte zeigen. Die durchschnittliche
ortsübliche Vergleichsmiete ist deutlich weniger stark angestiegen als die
Angebotsmiete. In Berlin ist die ortsübliche Vergleichsmiete von 4,75 Euro/m²
im Jahr 2007 auf 5,54 Euro/m² angestiegen. Dies entspricht einer Jahresrate
von 2,6 Prozent p.a. Die Steigerungen der ortsüblichen Vergleichsmiete sind
seit 2011 stärker ausgefallen, nachdem das Mietenniveau in Berlin aufgrund
des Anstiegs der Angebotsmieten zugelegt hatte und höhere Wiedervermietungsmieten verstärkt im Mietspiegel berücksichtigt wurden.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Tab. 5:
Entwicklung der durchschnittlichen ortsüblichen Vergleichsmieten in ausgewählten
Städten
Entwicklung der durchschnittlichen ortsüblichen Vergleichsmiete in ausgewählten Städten
2007
2009
(zu 2007)
2011
(zu 2009)
2013
(zu 2011)
-
4,75
4,83
5,21
5,54
0,84%
3,86%
3,12%
2004
(zu 2002)
2006
(zu 2004)
2008
(zu 2006)
2010
(zu 2008)
6,90
7,06
7,45
7,78
0,22%
1,15%
2,72%
2,19%
Jahr (Vorperiode)
Berlin
Nettokaltmiete €/m²
Anstieg p.a. in %
Jahr (Vorperiode)
Frankfurt/Main
Nettokaltmiete €/m²
Anstieg p.a. in %
Jahr (Vorperiode)
Stuttgart
Nettokaltmiete €/m²
-
-
-
Anstieg p.a. in %
Jahr (Vorperiode)
München
Nettokaltmiete €/m²
Anstieg p.a. in %
-
2010
(zu 2008(
2012
(zu 2010)
7,21
7,61
1,88%
2,71%
2005
(von 2003)
2007
(von 2005)
2009
(zu 2007)
2011
(zu 2007)
2013
(zu 2011)
8,72
9,30
9,90
9,79
10,13
2,53%
2,53%
Index
2,57%
1,73%
Quelle: Durchschnittliche Nettokaltmiete für den Gesamtmarkt. Angaben aus den Mietspiegeln der
jeweiligen Städte, eigene Berechnungen. Jeweils soweit diese vorlagen, für Hamburg lagen
entsprechende Angaben vollständig nicht vor.
In München hat sich die ortsübliche Vergleichsmiete mit einer durchschnittlichen Steigerungsrate von 1,8 Prozent p.a. seit 2005 entwickelt. Zuletzt zeigt
sich in Berlin, Frankfurt/Main und München ein weniger starker Anstieg der
ortsüblichen Vergleichsmiete. Die ortsübliche Vergleichsmiete ist bspw. in
München, für das ein längerer Betrachtungszeitraum vorliegt, seit 2006 weniger stark gestiegen als die Kaufkraft der Haushalte. Ebenso verhält es sich in
Frankfurt/Main.
In der Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete kumulieren unterschiedliche Preisanpassungen:
Komponenten der Entwicklung
der ortsüblichen Vergleichsmiete
• Qualitätsveränderungen durch zusätzliche Ausstattung und
Modernisierungen;
• Anpassungen der vertraglich vereinbarten Miete in bestehenden
Mietverhältnissen in Richtung auf die ortsübliche Vergleichsmiete
(ohne Qualitätsveränderungen);
• Veränderungen der Lagebeurteilung;
• Neufestlegung der Miete bei der Wiedervermietung von Wohnungen.
Diese Preiskomponenten haben auch Einfluss auf die Entwicklung der Angebotsmiete.
D.h. ein durchschnittlicher Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete in München von rd. 1,8 Prozent pro Jahr speist sich aus diesen Bestandteilen. Dieser
Aspekt wird in Kapitel 4.1.2 detailliert aufgegriffen. Die im Mietspiegel angegebene Schwankungsbreite reicht – je nach Wohnungsgröße, Ausstattung,
Zustand und Baualter – in München bis zu 20 Prozent um den berechneten
Durchschnittswert herum. Bei der Erstellung eines Mietspiegels zeigt sich
regelmäßig, dass Wohnungen deutlich oberhalb der im Mietspiegel ausgewie-
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Bestandteile der Entwicklung der
ortsüblichen Vergleichsmiete
27
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
senen Grenzen vorhanden sind und damit die typische Bandbreite des Wohnungsangebotes charakterisiert wird (außerhalb der sogenannten Zwei-DrittelSpanne).
Hohe Abweichung zwischen
Markt-/Angebotsmieten und
ortsüblicher Vergleichsmiete ist
nicht ungewöhnlich
28
Eine Differenz zwischen einem berechneten Durchschnitt der ortsüblichen
Vergleichsmiete für eine Musterwohnung und den Markt-/Angebotsmieten von
20 Prozent und mehr bis hin zu 30 Prozent ist daher nicht als ungewöhnlich zu
bezeichnen, sondern entspricht der Regel. Die Abweichung hängt auch davon
ab, wie der Mietspiegel erstellt wurde und welche Differenzierungsmerkmale
er aufweist.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
4. Analyse und Beurteilung der Effekte einer
Mietpreisbegrenzung bei Wiedermietungen
In diesem Kapitel werden die Effekte, die von einer Mietpreisbegrenzung zu
erwarten sind, analysiert und beurteilt. Einige Effekte lassen sich nur qualitativ beschreiben, andere erlauben eine Quantifizierung.
Analyse der Effekte einer Mietpreisbegrenzung
Zunächst werden die Konsequenzen auf die Mietpreisbildung für die Wiedervermietung dargestellt. Danach die Effekte auf die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Da deren Entwicklung wesentlich von den Wiedervermietungsmieten gespeist wird, ist mit einer rückläufigen Dynamik zu rechnen.
Das wird sich auf die Investitionsbereitschaft auswirken, sodass im Anschluss
die zu erwartenden Effekte auf Neubau und Modernisierungstätigkeit beurteilt
werden.
Überblick über Bausteine der
Wirkungsanalyse
4.1. Effekte auf die Mietpreisbildung
4.1.1 Einfluss auf die Angebots- bzw. Marktmiete
Differenziertheit des Marktes
Die Mietpreisbegrenzung wirkt unmittelbar auf die Höhe der Angebots- bzw.
Marktmiete. Dementsprechend sind die Regelungen im Referentenentwurf
gestaltet worden. Allerdings sind mittelbare Effekte zu erwarten, die erst bei
einer näheren Betrachtung zutage treten. Maßgeblich dafür ist die Bindung der
Marktmiete an die ortsübliche Vergleichsmiete; dadurch erhält die Art, wie die
ortsübliche Vergleichsmiete Teilsegmente abbildet, mehr Gewicht auf die
Marktmiete. Diese mittelbaren Effekte hängen stark mit der Komplexität des
Wohnungsmarktes einerseits und andererseits mit der methodischen Schwierigkeit zusammen, diese Komplexität näherungsweise bei der Bestimmung der
ortsüblichen Vergleichsmiete für einzelne Teilsegmente des Wohnungsmarktes
abzubilden. Dies gelingt regelmäßig nur bis zu einem gewissen Grade.
Komplexität der Wohnungsteilmärkte mit der ortsüblichen
Vergleichsmiete schwer abbildbar
In Kapitel 3.2.1 wurden die Determinanten beschrieben, nach denen sich häufig Mieten bei der Wiedervermietung einer frei finanzierten bzw. ehemals
preisgebundenen Wohnung bilden. Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit
konnten sich die Mietvertragsparteien bei Neuabschluss eines Mietvertrages
frei auf eine Miete verständigen. Merkmale der Art, der Größe, der Ausstattung
und Beschaffenheit und der Lage – wie sie auch bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete berücksichtigt werden – werden hierbei von Bedeutung
sein.
Wesentliche Determinanten der
Mietpreisbildung
Aber auch individuelle Präferenzen spielen eine wichtige Rolle: Bestimmte
Merkmale einer Wohnung und deren Lagefaktoren sind aufgrund individueller
Entscheidungsgründe für den einzelnen Vermieter oder Mieter besonders
wichtig und können bei der Mietpreisfindung den Ausschlag geben. Ebenso
können noch im Prozess der Vermietung besondere Gestaltungs- oder Ausstattungswünsche von Mietern berücksichtigt werden und zu einer höheren Miete
führen.
Individuelle Präferenzen als
Ursache für Mietpreisdifferenzierung
Gegenüber dieser individuellen Preisfindung stellt die ortsübliche Vergleichsmiete auf eine modifizierte Durchschnittsmiete ab, bei der sich individuelle
Ortsübliche Vergleichsmiete als
modifizierte Durchschnittsmiete
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
29
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Besonderheiten nur innerhalb der Bandbreite einer Spanne bemerkbar machen.26 Die ortsübliche Vergleichsmiete, wie sie bspw. in einem Mietspiegel
ausgewiesen wird, hatte zwar auch früher schon eine Orientierungsfunktion
beim Neuabschluss von Mietverträgen.27 In der Praxis wurde davon aber nur in
geringem Umfang Gebrauch gemacht. Der Einfluss der ortsüblichen Vergleichsmiete und etwa die Struktur eines Mietspiegels auf die Höhe der Mieten
bei Wiedervermietung waren daher vergleichsweise gering.
Notwendigkeit der Ermittlung der
ortsüblichen Vergleichsmiete bei
Wiedervermietung
Sofern ein Gebiet durch Rechtsverordnung von der Landesregierung zukünftig
als angespannter Wohnungsmarkt bestimmt wird, gilt unmittelbar die Höchstgrenze von 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Für den Vermieter besteht daher die Notwendigkeit, die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln, um davon ausgehend die Höchstgrenze der Miete für seine Wohnung zu
bestimmen.
Sämtliche Begründungsmittel
verwendbar
Für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete stehen ihm grundsätzlich
die nach § 558a Abs. 2 BGB bestimmten Begründungsmittel zur Verfügung:
• einen (einfachen oder qualifizierten) Mietspiegel,
• eine Auskunft aus einer Mietdatenbank,
• ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten
Sachverständigen,
• entsprechende Entgelte von drei Vergleichswohnungen.
Aufwand der Ermittlung der
ortsüblichen Vergleichsmiete
Existiert in der betreffenden Gemeinde kein Mietspiegel, so wird die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit einem höheren Aufwand verbunden
sein. Steht ein einfacher oder qualifizierter Mietspiegel zur Verfügung, so
können dessen Festsetzungen herangezogen werden.
Gleichberechtigte Verwendung
der Begründungsmittel
Da die Begründungsmittel gleichberechtigt nebeneinander stehen, können
bspw. drei Vergleichswohnungen auch dann verwendet werden, wenn ein qualifizierter Mietspiegel in der Gemeinde existieren sollte. Dies kann sogar
zweckmäßig sein, wenn der vorhandene Mietspiegel im Hinblick auf unterschiedliche Wohnwertmerkmale wenig ausdifferenziert ist und individuelle
Merkmale einer Wohnung mithilfe von Vergleichswohnungen besser erfasst
werden können. Mit der Benennung von Vergleichswohnungen besteht im
gewissen Rahmen die Möglichkeit, einen wenig differenzierten Mietspiegel zu
konkretisieren.
Betrachtung von Mietspiegeln als
Begründungsmittel
Die folgenden Ausführungen beziehen sich methodisch vorrangig auf das Begründungsmittel „Mietspiegel“, inhaltlich gelten diese auch für alle anderen
Begründungsmittel.
Mietspiegel de facto mit Gestaltungsfunktion bei Wiedervermietungen
Hatte ein Mietspiegel bisher die Funktion, im Rahmen des methodisch möglichen die ortsüblichen Entgelte in strukturierter Form wieder zu geben, so wird
er nach der Einführung einer Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietungen de
facto eine zusätzliche Gestaltungsfunktion erhalten. Dafür war das Konstrukt
der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht geschaffen worden. Auch die Vorge26
27
30
Anmerkung: Die ortsübliche Vergleichsmiete wird als modifizierte Durchschnittsmiete bezeichnet, da sie nicht den Durchschnittswert aller Mietverhältnisse repräsentiert, sondern
durch den zeitlichen Bezugsrahmen, etwaige Vorgaben zum Mischungsverhältnis von Neuvertrags- und Bestandsmieten sowie Spannenregelungen verändert bzw. modifiziert wird.
Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW)(Hrsg.)(2001):
Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Berlin, Juni 2001, S. 11.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
hensweise bspw. bei der Erstellung von Mietspiegeln ist darauf nicht ausgelegt.
Bspw. stellt sich die Problematik, dass viele, auch qualifizierte Mietspiegel,
oft nur wenige Festsetzungen etwa über Ausstattungsmerkmale enthalten. Bei
der Erstellung von Mietspiegeln ist in der Vergangenheit häufig kritisiert worden, dass neben besonderen Ausstattungsmerkmalen bspw. auch der Einfluss
von Modernisierungsmaßnahmen und von Wohnlagen oft nur unzureichend
wieder gegeben wird. Dies liegt bspw. daran, dass viele Informationen in bestimmen Befragungsformen nur eingeschränkt erhoben werden können. Bspw.
besitzen Mieter naturgemäß weniger Informationen über Modernisierungsmaßnahmen, insbesondere wenn diese vor Anmietung der Wohnung durchgeführt wurden.
Problematik undifferenzierter
Mietspiegel; Erhebungsproblematik
Qualitative Unterschiede bspw. von Fliesen- oder Fußbodenbelägen oder besonders aufwändige Badarmaturen lassen sich oft weder bei schriftlichen Befragungen abfragen noch bei persönlichen Befragungen durch Interviewer
ermitteln. Dennoch bestehen qualitätsbedingt für diese Merkmale erhebliche
Kostenunterschiede bei Einbau bzw. Erstellung, die sich in der Miete widerspiegeln sollten.
Schwierigkeiten der Ermittlung
qualitativer Unterschiede
Ein Mietspiegel ist kein Preisverzeichnis, das der Anbieter eines Gutes aufgrund seiner individuellen (Kosten-)Kalkulation unter Berücksichtigung von
Gewinnmargen, Risikopositionen und aufgrund von nachfragebedingten
Marktchancen erstellt hat. Ein Mietspiegel ist – wie es das Gesetz nach § 558c
Abs. 1 BGB formuliert – eine Übersicht, die in der Lage ist, einen (gewissen)
Überblick zu geben, aber nicht alle Facetten des Marktes kleinteilig erfassen
kann.
Mietspiegel als vereinfachende
Übersicht
Wenn sich das Wohnungsangebot im Hinblick auf die Preisdifferenzierung an
einem Mietspiegel muss, so wird dies zu einer weniger starken Differenzierung
des Wohnungsangebotes und in der Konsequenz zu einer stärkeren Vereinheitlichung führen. Die Orientierung am Durchschnitt der ortsüblichen Vergleichsmiete führt zwangsläufig zu einem auch qualitativ nur (noch) durchschnittlichen Wohnungsangebot.
Wohnungsangebot wird sich auch
qualitativ verstärkt am Durchschnitt orientieren
Ausgangspunkt zur Bestimmung der Höchstgrenze
In der konkreten Anwendung eines Mietspiegels zur Bestimmung der Höchstgrenze stellt sich zudem die Frage, von welchem Wert der ortsüblichen Vergleichsmiete konkret auszugehen ist. In Tabellenmietspiegeln wird eine Mietenspanne mit einer unteren und einer oberen Grenze ausgewiesen. Die Spanne wird oft durch einen Mittelwert (bspw. das arithmetische Mittel oder den
Median) ergänzt. In Regressionsmietspiegeln stellen die ausgewiesenen Festsetzungen Mittelwerte dar, die durch die Angabe einer Schwankungsbreite, in
der die üblichen Entgelte variieren können, ergänzt wird.
Welcher Wert taugt zur Ermittlung der Obergrenze?
Grundsätzlich repräsentiert die Spanne die ortsübliche Vergleichsmiete. Dies
folgt aus den Überlegungen, was als üblich aufzufassen ist. Als üblich sind
Entgelte anzusehen, wenn sie mehrheitlich vereinbart wurden. Für ein konkre-
Bedeutung einer Spanne; Fokussierung auf den Durchschnittswert bei Ermittlung einer Einzelvergleichsmiete
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
31
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
tes Feld eines Tabellenmietspiegels bedeutet dies mindestens 60 Prozent,
aber nicht notwendigerweise mehr als 90 Prozent der erhobenen Mieten.28
Gemäß § 558a Abs. 3 BGB reicht es aus, wenn bei einer Mieterhöhung die
verlangte Miete innerhalb der im Mietspiegel angegebenen Spanne liegt. In
der Praxis der Gerichte wird neuerdings von der Ermittlung einer Einzelvergleichsmiete gesprochen. Hierbei wird häufig bei der Ermittlung einer Einzelvergleichsmiete für eine konkrete Wohnung von dem Mittelwert einer Mietenspanne ausgegangen. Danach werden besondere Merkmale der Wohnung, die
nicht schon bei der Erstellung des Mietspiegels bei der Vergleichsgruppe berücksichtigt worden sind, in Ansatz gebracht.29
Erhebliche Begrenzung der
Marktbreite bei Fokussierung auf
Durchschnittswert
Wird für die Bemessung der 10-Prozent-Höchstgrenze für die Wiedervermietungsmiete auf den Mittelwert einer Spanne abgestellt, so bedeutet dies eine
erhebliche Begrenzung. Das liegt auch daran, dass bei vielen Mietspiegeln –
wie bereits erwähnt – deutlich höhere Spannen üblich sind. Bspw. weist der
Dortmunder Mietspiegel 2011 eine durchschnittliche Abweichung der Untergrenze vom Mittelwert von 15,5 Prozent auf. Die Obergrenze weicht um 13,0
Prozent vom Mittelwert ab (ungewichtete Abweichung; siehe Tab. 22 im Anhang).30 Es handelt sich hierbei um eine Zwei-Drittel-Spanne, d.h. ein Sechstel
der Mietwerte nach Ausreisserkorrektur befindet sich oberhalb der jeweiligen
Obergrenze und weist höhere Abweichungen vom Mittelwert auf.
Hohe Abweichungen von Mittelwert auch bei angepassten Bestandsmieten üblich
Greift man sich ein vergleichsweise stark besetztes Tabellenfeld heraus, z.B.
die Baualtersklasse von 1930 bis 1969 in der Ausstattungsklasse 1 (wenig
modernisiert, bis 0 Ausstattungspunkte), so weicht die obere Spannengrenze
nur 6,9 Prozent und die untere Spannengrenze um 9,6 Prozent vom Mittelwert
ab. Aus dem Erstellungsprozess ist bekannt, dass das Sechstel oberhalb der
ausgewiesenen Spanne zu rd. 70 Prozent aus erhöhten Bestandsmieten und zu
30 Prozent aus Wiedervermietungsmieten besteht. Die angepassten Bestandsmieten in diesem Sechstel der Mietwerte weichen im Durchschnitt um
20 Prozent vom Mittelwert ab. Hohe Abweichungen der Marktmiete von der
ortsüblichen Vergleichsmiete sind vor dem Hintergrund solcher Beobachtungen zu relativieren.
Beispiele für Spannen in Mietspiegeln
Auch bei anderen Mietspiegeln sind größere Spannen von 10 Prozent und
mehr um den ausgewiesenen Mittelwert herum als üblich anzusehen: der Mietspiegel der Stadt Frankfurt/Main 2010 (2012 fortgeschrieben) weist eine
Spanne von plus/minus 10 Prozent auf den für eine Wohnung zutreffenden
Mittelwert auf. Der Mietspiegel der Stadt Regensburg 2014 weist eine Spanne
von plus/minus 19 Prozent um den berechneten Mittelwert auf. Solche Abweichungen sind mit der Heterogenität des Wohnungsmarktes begründet.31
Willkürliche Festsetzung der 10Prozent-Grenze
Würde sich die 10-Prozent-Grenze bei der Wiedervermietung, die rein willkürlich in die Diskussion gebracht wurde, an dem Mittelwert der ortsüblichen
Vergleichsmiete orientieren, dann würde dies der Heterogenität der Woh28
29
30
31
32
Anmerkung: In der Praxis der Mietspiegelerstellung wird – wie bereits erwähnt – die ZweiDrittel-Spanne häufig angewendet, um die obere und unterer Grenze der Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete zu bestimmen. Vgl. zu den Betrachtungen über die Üblichkeit auch Börstinghaus, 2013, S. 145, Rd.-Nr. 301 ff.
Vgl. Börstinghaus, 2013, S. 149, Rd.-Nr. 314 f.
Mietspiegel der Stadt Dortmund 2011.
Quelle: Mietspiegel der jeweiligen Städte. Diese Beispiele seien stellvertretend für andere
Städte und Gemeinden angeführt.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
nungsmärkte nicht Rechnung tragen und notwendige Spielräume zur Ausdifferenzierung des Wohnungsbestandes zu stark einschränken.
Je nachdem, wie differenziert ein Mietspiegel verschiedene am Markt wirksame Merkmale einer Wohnung aufgreift und zutreffend wider gibt, kann sich
somit eine erhebliche Begrenzung gegenüber dem jetzigen Niveau bei Wiedervermietungen ergeben, die nicht auf unangemessen hohe Angebotsmieten
zurückzuführen ist, sondern durch die Erstellungspraxis des Mietspiegels ausgelöst wird. Eine den Merkmalen einer Wohnung angemessene Mietpreisdifferenzierung ist bei der Wiedervermietung von Wohnungen dann nicht mehr
möglich.
Erstellungsmethodik eines Mietspiegels kommt größere Bedeutung zu
Durch die Bindung der Miete bei Wiedervermietung an die ortsübliche Vergleichsmiete entsteht ein Regelkreis mit gegenseitigen Abhängigkeitsbeziehungen. Angesichts der Komplexität der Mietpreisbildung ist es schwer abzuschätzen, welche langfristigen Effekte sich durch dieses Wechselspiel ergeben.
Es ist zu erwarten, dass ein undifferenzierter Mietspiegel zu einem weniger
stark differenzierten Mietenniveau bei der Wiedervermietung führen wird.
Dadurch wird es zunehmend schwerer werden, Mietenunterschiede in Mietspiegeln auszuweisen, selbst wenn dies – wie bspw. bei der Berücksichtigung
energetischer Differenzierungsmerkmale – beabsichtigt ist. In Regressionsanalysen werden Mietenbestandteile weniger leicht herausgearbeitet werden
können. Das ist ein methodischer Beleg dafür, dass die Mieten die bei Vertragsfreiheit bestehende Informationsfunktion verlieren werden.
Regelkreis mit negativen Auswirkungen
Zukünftige Entwicklung der Marktmieten
Die Marktmieten bei Wiedervermietung von Wohnungen haben sich dem
Grundsatz der Vertragsfreiheit folgend entsprechend dem Angebot und der
Nachfrage entwickelt. Die Analyse der Ausgangssituation (siehe Kapitel 3.2.1,
S. 21) hat gezeigt, dass sich der Anstieg der Angebotsmieten in geringem Abstand zur Entwicklung der Kaufkraft bewegt: Durch Einkommenszuwächse
können Haushalte nominal einen höheren Betrag für die Anmietung einer
Wohnung aufwenden, ohne das deren Wohnkostenbelastung steigt.
Marktmieten folgen u.a. Kaufkraftveränderungen
Nach Einführung einer Mietpreisbegrenzung wird dieser Zusammenhang aufgehoben: Die Entwicklung der Marktmiete folgt aufgrund der Bindung dem
Verlauf der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Marktmiete kann daher prozentual nicht stärker steigen als die ortsübliche Vergleichsmiete. Deren Entwicklung wird im nachfolgenden Kapitel näher untersucht.
Marktmieten folgen der ortsüblichen Vergleichsmiete
Eine parallele Entwicklung der Marktmiete in Abhängigkeit zum Verlauf der
ortsüblichen Vergleichsmiete setzt aber voraus, dass alle Vermieter bei Wiedervermietung grundsätzlich an die Obergrenze des durch die ortsübliche
Vergleichsmiete zzgl. der Höchstgrenze von 10 Prozent gesetzten Rahmens
gehen. Angesichts der Unsicherheiten, die mit einem solchen Vorgehen verbunden sind, da die maximale Wiedervermietungsmiete womöglich nicht korrekt bestimmt wurde, der Undifferenziertheit und zum Teil auch methodischbedingten Ungenauigkeit von Mietspiegeln und aufgrund individueller Überlegungen von Vermietern – nicht alle wollen den Rahmen vollständig ausschöpfen – wird die Obergrenze von 10 Prozent zur ortsüblichen Vergleichsmiete
nicht regelmäßig ausgeschöpft werden.
Strategie von Vermietern zur
Ermittlung der Wiedervermietungsmiete
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
33
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Entwicklung der Marktmiete
bleibt hinter der Mietendynamik
der ortsüblichen Vergleichsmiete
zurück
Es ist zu erwarten, dass sich die Marktmieten in diesem System weniger stark
entwickeln werden als die ortsüblichen Vergleichsmieten. Den Protagonisten
einer Mietpreisbegrenzung mag dieser Aspekt zusagen, weil einer Dämpfung
des Anstiegs der Marktmieten Zweck der Einführung einer Mietpreisbremse
ist. Dieser Zusammenhang ist jedoch fatal, weil bei sonst unverändertem Verhalten der Marktteilnehmer der Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht
mehr durch einen höheren Zuwachs der Marktmieten gespeist wird. Dadurch
wird sich die Wachstumsrate der ortsüblichen Vergleichsmiete kontinuierlich
verringern. Dieser Aspekt soll im folgenden Kapitel näher untersucht werden.
4.1.2 Einfluss auf die ortsübliche Vergleichsmiete
Effekte unmittelbar nach Einführung einer Mietpreisbegrenzung bei
Wiedervermietung
Ermittlung der ortsüblichen
Vergleichsmiete im Längsschnitt
In den vorangegangenen Kapiteln sind wesentliche Aspekte, wie die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt wird, angesprochen worden (vgl. Kapitel 3.2.2.).
Oft werden, bspw. bei Mietspiegeluntersuchungen, Durchschnittsmieten veröffentlicht, die den gesamten Datensatz repräsentieren. Im Längsschnitt lässt
sich daraus eine jährliche Mietsteigerungsrate ermitteln. Sie besitzt eine gewisse Orientierungsfunktion, jedoch entwickeln sich einzelne Teilmärkte sehr
unterschiedlich.
Veränderungsrate der ortsüblichen Vergleichsmiete gibt auch
Strukturveränderungen wider
Anders als beim Verbraucherpreisindex für Deutschland handelt es sich bei
der ausgewiesenen Durchschnittsmiete nicht um einen hedonischen Index. Die
jährliche Veränderungsrate bezieht sich daher nicht auf den gleichen Wohnungsbestand, sondern darin sind auch Veränderungen in der Wohnungsbestandsstruktur – Objekte unterschiedlicher Art und Größe – sowie auch qualitative Veränderungen durch zusätzliche Ausstattung und durch Modernisierungen enthalten.
Relativierung hoher Veränderungsraten der ortsüblichen
Vergleichsmiete
Der hohe jährliche Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete bspw. in Berlin,
der in Tab. 5, S. 27, mit 3,86 Prozent p.a. (von 2009 auf 2011) und 3,12 Prozent p.a. (von 2013 auf 2011) beinhaltet daher auch Veränderungen in der
Struktur des erfassten Wohnungsbestandes, die sich durch veränderte Fluktuationsraten und ggf. einen höheren Anteil Wiedervermietungsmieten ergibt,
sowie qualitative Verbesserungen. Das Konstrukt der ortsüblichen Vergleichsmiete erfordert keine Bereinigung, weil der Markt zu einem bestimmten Zeitpunkt entsprechend der Definition gespiegelt wird.32 Jedoch muss ein vergleichsweise hoher Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete unter Berücksichtigung dieses Sachverhaltes relativiert werden.
32
34
Auch die in Kapitel 3.2.1 dargestellten Angebotsmieten sind reine Durchschnitte ohne hedonische Glättung, wie sie bspw. im IMX, dem Angebotsindex für Immobilien von ImmoScout24 in
Kooperation mit dem Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), vorgenommen wird. Da aber auch in der ImmobilienScout24-Datenbank nicht alle mietpreisbestimmenden Merkmale vollständig enthalten sind (wie z.B. Modernisierungen oder Ausstattungsdetails in größerer Vielfalt), liefert eine hedonische Glättung zwar Ergebnisse, die weniger stark verzerrt sind, aber nicht vollständig von qualitativen Veränderungen bereinigt werden können.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
In der folgenden Tabelle sind die Komponenten eines jährlichen Mietpreisanstiegs der ortsüblichen Vergleichsmiete für einen Beispielmarkt33 dargestellt.
Im Durchschnitt ist die ortsübliche Vergleichsmiete um zwei Prozent pro Jahr
gestiegen. Die Ursprungsmiete belief sich auf durchschnittlich 4,77 Euro/m²,
die Miete am Ende eines zwei-jährigen Vergleichszeitraumes betrug 4,96 Euro/m².
Tab. 6:
Aufgliederung von Komponenten
der Entwicklung der ortsüblichen
Vergleichsmiete
Komponenten der jährlichen Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete
Struktur der Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete (ohne Mietpreisbegrenzung)
Komponente
Mietanstieg p.a. in %
Anteil des Gesamtanstiegs
in Prozent
Anpassung von Mieten im Bestand
1,2%
61,4%
- ohne qualitative Veränderungen
0,8%
41,4%
- Ausstattungs-/oder Beschaffenheitsänderungen
0,3%
15,3%
- mit umfangreichen Qualitätsveränderungen
0,1%
4,6%
Wiedervermietungen
0,8%
38,6%
- ohne qualitative Veränderungen
0,2%
11,6%
- Ausstattungs-/oder Beschaffenheitsänderungen
0,1%
6,5%
- mit umfangreichen Qualitätsveränderungen
0,4%
20,6%
Gesamtveränderung
2,0%
100,0%
Quelle: Eigene Berechnungen auf der Grundlage eines Marktmodells.
Der Großteil des Mietanstiegs der ortsüblichen Vergleichsmiete ist auf Anpassungen der Miete in bestehenden Mietverhältnissen zurückzuführen (1,2 Prozent p.a.). Wobei absolut 0,8 Prozentpunkte des Anstiegs pro Jahr als Sockelbetrag reine Anpassungen im Bestand ohne weitere Ausstattungsverbesserungen oder Modernisierungen waren. 15,3 Prozent des Anstieges (0,3 Prozentpunkte p.a.) gingen entweder mit einer Verbesserung der Ausstattung oder mit
Modernisierungsmaßnahmen einher. Ein Anteil von 4,6 Prozent pro Jahr der
Mietenveränderungen ergibt sich aufgrund von umfangreicheren Qualitätsverbesserungen. Hier wird nicht nur die Ausstattung der Wohnungen verändert,
sondern es werden zugleich Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt. In
diesen Fällen ist die jeweilige Mietensteigerung mit 4,3 Prozent p.a. im Durchschnitt pro Wohnung zwar besonders hoch, allerdings ist die Zahl der Fälle zu
gering, um sich stärker auf die Mietsteigerungsrate auszuwirken.
Reine Mietanpassungen im Bestand ohne qualitative Veränderungen bewirken Anstieg von 0,8
Prozent p.a.
Der Beitrag der Mietsteigerung, der auf eine Wiedervermietung zurückzuführen ist, liegt bei 0,8 Prozent p.a. (oder 38,6 Prozent des gesamten Mietenanstiegs). Eine Wiedervermietung geht in einer größeren Zahl von Fällen mit
umfangreicheren Qualitätsveränderungen einher (rd. ein Drittel der Anpassungsvereinbarungen mit einem Anteil von 20,6 Prozent am Anstieg des ge-
Wiedervermietung leistet einen
Gesamtbeitrag von 0,8 Prozent
p.a.
33
Der Beispielmarkt wurde aufgrund von Festsetzungen in Mietspiegeln, die das InWIS erstellt
hat, synthetisch abgeleitet. Wesentlich wurden dafür Angaben verwendet, die im Rahmen von
stichprobenbezogenen Fortschreibungen ermittelt wurden. Dabei wurden Veränderungen der
Nettokaltmiete unter Berücksichtigung von Veränderungen der beobachteten Ausstattung und
Beschaffenheit bewertet. Die Struktur entspricht dem Wohnungsmarkt von Dortmund. Die Gesamtveränderung und die Anteile an der Gesamtveränderung wurden auf der Grundlage summarischer Veränderungen im Verhältnis zur Gesamtsumme der Ausgangsmieten ermittelt. Die
Daten sind grundsätzlich auf andere Wohnungsmärkte übertragbar; wobei die Parameter für
Marktstruktur – z.B. Anteil Wiedervermietungsmieten, Marktbreite – sowie Strategien der
Anbieter (Veränderung von Ausstattung und Durchführung von Modernisierungen) angepasst
werden müssten. Da diese in der notwendigen Differenzierung nur auf der Grundlage der Daten für Dortmund vorlagen, sind diese Strukturen verwendet worden. Die Mietangaben resultieren aus der Modellierung des Gesamtmarktes und entsprechen daher nicht den Parametern
der Fortschreibung.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
35
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
samten Mietenvolumens). Daraus resultiert ein Mietenanstieg von 0,4 Prozentpunkten p.a.
Änderung durch Einführung der
Mietpreisbegrenzung
Wird bei Einführung einer Mietpreisbegrenzung die Wiedervermietungsmiete
auf 10 Prozent oberhalb des Durchschnittswertes gedeckelt, so ergibt sich
nachfolgend dargestellte Veränderung gegenüber dem Ausgangsniveau. Hierbei wird der gesamte Markt idealtypisch undifferenziert als ein Mietspiegelfeld betrachtet bzw. entsprechend der vier Kategorien (ohne Veränderungen/mit Ausstattungs-/oder Beschaffenheitsänderungen/mit umfangreichen
Qualitätsveränderungen) als vier Mietspiegelfelder.
Verringerung der Dynamik der
ortsüblichen Vergleichsmiete
In beiden Fällen verringert sich der jährliche Anstieg. Bei geringer Differenzierung auf 1,7 Prozent p.a., bei höherer Differenzierung auf 1,6 Prozent p.a.
Tab. 7:
Komponenten der jährlichen Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit Mietpreisbegrenzung
Struktur der Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete (mit Mietpreisbegrenzung)
Undifferenzierter Mietspiegel
Komponente
Mietanstieg
p.a. in %
Anteil des
Gesamtanstiegs in
Prozent
Differenzierter Mietspiegel
Mietanstieg
p.a. in %
Anteil des
Gesamtanstiegs in
Prozent
Anpassung von Mieten im Bestand
1,2%
71,6%
1,2%
73,6%
- ohne qualitative Veränderungen
0,8%
48,4%
0,8%
49,7%
- Ausstattungs-/oder Beschaffenheitsänderungen
0,3%
17,9%
0,3%
18,4%
- mit umfangreichen Qualitätsveränderungen
0,1%
5,4%
0,1%
5,5%
Wiedervermietungen
0,5%
28,4%
0,4%
26,4%
- ohne qualitative Veränderungen
0,1%
7,9%
0,1%
5,3%
- Ausstattungs-/oder Beschaffenheitsänderungen
0,1%
4,6%
0,1%
5,4%
- mit umfangreichen Qualitätsveränderungen
0,3%
15,8%
0,3%
15,7%
Gesamtveränderung
1,7%
100,0%
1,6%
100,0%
Quelle: Eigene Berechnungen auf der Grundlage eines Marktmodells.
Differenzierte Mietspiegel nicht
zwangsläufig vorteilhaft
Während definitionsgemäß der Beitrag von Mietanpassungen im Bestand mit
1,2 Prozent als Sockel konstant bleibt, werden die restlichen Mieten, die Wiedervermietungsmieten, entsprechend der Einteilung des Mietspiegels gedeckelt. Ein differenzierter Mietspiegel hat aus diesem Blickwinkel nicht unbedingt einen Vorteil, weil dies vom Verhältnis der einzelnen Segmente untereinander und der Spannweite abhängt. Die Darstellung ist jedoch stark vereinfacht, kann aber die Zusammenhänge verdeutlichen.
Berücksichtigung von Modernisierungen eingeschränkt möglich
Die Regelungen zur Mietpreisbegrenzung erlauben, dass eine Modernisierung,
die im Sinne von § 555b durchgeführt wurde, die zulässige Miete um den Betrag überschreiten darf, um den die Miete modernisierungsbedingt erhöht
werden könnte. Dies ist in diesen Berechnungen nicht berücksichtigt. Dies
hängt wesentlich davon ab, inwiefern Maßnahmen, die bspw. innerhalb einzelner Wohnungen bei einer Wiedervermietung durchgeführt werden, die Voraussetzungen einer modernisierungsbedingten Mieterhöhung erfüllen. Dies
wird nicht regelmäßig der Fall sein.
36
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Abschließend ist in der folgenden Tabelle dargestellt, welche Ergebnisse zu
erwarten wären, wenn kein Bestandsschutz greifen würde, sondern die Miete
auf maximal 10 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete zu verringern wäre.
Dadurch, dass es dann zu einer Verringerung der Höhe der Miete kommen
würde, leisten Wiedervermietungen keinen Beitrag zum Mietanstieg mehr. Die
Mietenveränderung reduziert sich auf die jährliche Entwicklung, die allein
durch Anpassungen im Bestand generiert werden kann.
Tab. 8:
Deutlicher Rückgang der Mietendynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete ohne Bestandsschutz
Komponenten der jährlichen Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit Mietpreisbegrenzung (ohne Bestandsschutz)
Struktur der Veränderung der ortsüblichen Vergleichsmiete (mit Mietpreisbegrenzung, ohne Bestandsschutz)
Komponente
Mietanstieg p.a. in %
Anteil des Gesamtanstiegs
in Prozent
Anpassung von Mieten im Bestand
1,2%
103,0%
- ohne qualitative Veränderungen
0,8%
69,6%
- Ausstattungs-/oder Beschaffenheitsänderungen
0,3%
25,7%
- mit umfangreichen Qualitätsveränderungen
0,1%
7,7%
Wiedervermietungen
0,0%
-3,0%
-0,1%
-12,3%
- ohne qualitative Veränderungen
- Ausstattungs-/oder Beschaffenheitsänderungen
0,0%
-3,5%
- mit umfangreichen Qualitätsveränderungen
0,2%
12,7%
Gesamtveränderung
1,2%
100,0%
Quelle: Eigene Berechnungen auf der Grundlage eines Marktmodells.
Die Darstellungen zeigen, dass nach Einführung der geplanten Mietpreisbegrenzung mit einer zum Teil deutlichen Verringerung des Mietanstiegs in der
ortsüblichen Vergleichsmiete zu rechnen ist. Allerdings beziehen sich diese
Überlegungen unmittelbar auf den Zeitraum nach der Einführung einer Mietpreisbegrenzung, bspw. bei einer ersten Fortschreibung oder Neuaufstellung
eines Mietspiegels. Darüber hinaus gehend ist abzuschätzen, wie sich die
ortsübliche Vergleichsmiete über mehrere Zyklen der Neuerstellung eines
Mietspiegels oder einer Fortschreibung entwickeln wird und welche Auswirkungen der Zirkelbezug zwischen Marktmiete und ortsübliche Vergleichsmiete
besitzt.
Mit deutlicher Verringerung nach
Einführung der Mietpreisbegrenzung ist zu rechnen
Längerfristige Konsequenzen für die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete
Ohne Mietpreisbegrenzung sind für die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete drei Festsetzungen von Bedeutung:
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Festsetzungen für eine Längsschnittsbetrachtung
37
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
• Anpassungen innerhalb bestehender Mietverträge aufgrund von
Mieterhöhungsverlangen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete oder
aufgrund
modernisierungsbedingter
Mieterhöhungen:
Im
betrachteten Marktmodell finden Anpassungen im Bestand in der
Weise statt, dass die jeweilige durchschnittliche ortsübliche
Vergleichsmiete der Vorperiode um 0,8 Prozent überschritten wird.
• Dem Verhältnis von Wiedervermietungsmieten zu Bestandsmieten:
Im
betrachteten
Marktmodell
liegt
der
Anteil
der
Wiedervermietungsmieten bei rd. 23 Prozent.
• Der Höhe des Anstiegs der Marktmieten, die sich über die
Berücksichtigung der Wiedervermietungsmieten auf die Höhe der
ortsüblichen Vergleichsmiete auswirken.
Ohne Mietpreisbegrenzung folgt
die ortsübliche Vergleichsmiete
der Marktmiete in zeitlichem
Abstand
Liegt die jährliche Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete bei 2,0 Prozent
p.a., während sich die Marktmiete mit 3,0 Prozent p.a. entwickelt, so passt
sich die Steigerungsrate der ortsüblichen Vergleichsmiete allmählich an diejenige der Marktmiete an. 95 Prozent der Dynamik sind ca. nach 6 Fortschreibungsperioden zu je 2 Jahren, also nach 12 Jahren erreicht (vorausgesetzt, es
findet eine stichprobengestützte Fortschreibung unter Berücksichtigung des
jeweils aktuellen Marktniveaus und keine indexbezogene Anpassung statt,
sodass sich die Mietenveränderung nach dem Index richtet).
Abb. 6:
Entwicklung von Marktmiete, ortsüblicher Vergleichsmiete und Marktspanne ohne
Mietpreisbegrenzung in einem starken Markt
Quelle: Eigene Berechnungen.
Marktspanne als prozentuale
Differenz zwischen Marktmiete
und ortsüblicher Vergleichsmiete
38
Da sich die ortsübliche Vergleichsmiete erst nach und nach an die Entwicklung
der Marktmiete anpasst, besteht eine Marktspanne zwischen den beiden Werten. Als Marktspanne ist hier der prozentuale Unterschied zwischen Marktmiete und ortsüblicher Vergleichsmiete definiert. Sie liegt zu Beginn bei rd. 15
Prozent, d.h. die Marktmiete liegt rd. 15 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Sie steigt kontinuierlich an, weil die Marktmiete stärker steigt
als die ortsübliche Vergleichsmiete. Hat die ortsübliche Vergleichsmiete annähernd die Dynamik der Marktmiete erreicht, so befindet sich der Markt in ei-
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
nem Gleichgewicht: Die Marktspanne bleibt konstant bei rd. 23,5 Prozent Differenz.
Die Marktspanne im Gleichgewichtszustand hängt von der jährlichen Steigerungsrate der Marktmiete ab. Bei einer Dynamik von 2,5 Prozent p.a. konvergiert die Marktspanne zu rd. 20 Prozent, bei 3,5 Prozent p.a. zu einem Wert
von rd. 28 Prozent und bei 4,0 Prozent p.a. zu rd. 32 Prozent.
Marktspanne hängt im Gleichgewichtszustand von der Steigerungsrate der Marktmiete ab
Dieser Zusammenhang wirkt in beide Richtungen: Liegt der Mietenanstieg im
Markt bei lediglich 1,8 Prozent p.a., also unterhalb des Anstiegs der ortsüblichen Vergleichsmiete, so findet eine umgekehrte Anpassung statt.
In schwachen Märkten umgekehrter Zusammenhang
Abb. 7:
Entwicklung von Marktmiete, ortsüblicher Vergleichsmiete und Marktspanne ohne
Mietpreisbegrenzung in einem entspannten Markt
Quelle: Eigene Berechnungen.
Die Marktspanne konvergiert zu ungefähr 13 Prozent.
Bei Einführung der Mietpreisbegrenzung wird die anfängliche Marktspanne
von rd. 15 Prozent unmittelbar auf rd. 10 bis 11 Prozent reduziert. Geht man
davon aus, dass – wie in Kapitel 4.1.1 beschrieben – nicht alle Vermieter den
Höchstrahmen bei Wiedervermietung ausschöpfen, so ergibt sich eine Rückkoppelung durch die Bindung der Marktmiete an die ortsübliche Vergleichsmiete. Die ursprüngliche Steigerung der Marktmiete, die sich an der Kaufkraft
orientiert hat, hat jetzt keine Bedeutung mehr. Die Marktmiete kann nur noch
knapp unterhalb einer Rate steigen, mit der die ortsübliche Vergleichsmiete
steigt.
Situation nach Einführung der
Mietpreisbegrenzung
Die Mietpreisbremse übt daher einen höheren Einfluss auf die Dynamik der
ortsüblichen Vergleichsmiete aus als man dies in einem entspannten Markt
beobachten kann. Vorausgesetzt, dass die Vermieter ihr Verhalten nicht ändern, wird sich die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete kontinuierlich verlangsamen, was durch die kontinuierliche Rückbildung der Marktspanne zum Ausdruck kommt. Bereits nach vier Fortschreibungen, d.h. nach 6 Jah-
Hoher Einfluss der Mietpreisbegrenzung auf die Dynamik der
ortsüblichen Vergleichsmiete
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
39
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
ren liegt die Steigerungsrate der ortsüblichen Vergleichsmiete nur noch bei 1,5
Prozent p.a. Nach 10 Fortschreibungen oder 20 Jahren hat sie sich auf 1,4
Prozent p.a. zurückgebildet.
Abb. 8:
Entwicklung von Marktmiete, ortsüblicher Vergleichsmiete und Marktspanne nach
Einführung einer Mietpreisbegrenzung
Quelle: Eigene Berechnungen.
Höhe der bisherigen Marktentwicklung unbedeutend
Da die bisherige Marktentwicklung nach Einführung der Mietpreisbegrenzung
nicht von Bedeutung ist, treten diese Wirkungen bereits rasch nach Einführung
ein. Dies hängt damit zusammen, dass durch die Berechnungssystematik der
ortsüblichen Vergleichsmiete deren Mietendynamik maßgeblich durch den
Abstand zur Marktmiete als Einflussfaktor geprägt wird.
Bestätigung der Beobachtungen
für unterschiedliche Märkte
erforderlich
Diese Beobachtung, die auf der Grundlage des Marktmodells für einen weitgehend ausgeglichenen Markt dokumentiert wurden, müssten für andere Marktkonstellationen ergänzend durchgeführt und bestätigt werden. Sollte sich dies
auch in der Konstellation von starken Märkten bestätigen, so ist bereits kurzfristig mit einem erheblichen „Bremseffekt“ auf die Dynamik der ortsüblichen
Vergleichsmiete zu rechnen.
Reaktionsmöglichkeiten der
Vermieter auf die ortsübliche
Vergleichsmiete
Die Berechnungen wurden unter sonst gleichen Bedingungen durchgeführt. Die
Vermieter können auf die Einführung der Mietpreisbremse und den Rückgang
in der Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete auf zwei Arten reagieren:
40
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
• Sie schöpfen konzertiert bei der Wiedervermietung die 10-ProzentGrenze maximal aus. Dadurch lässt sich das Problem jedoch nur
mildern.
• Sie führen die Bestandsmieten kontinuierlicher an die ortsübliche
Vergleichsmiete heran. In der beobachten Konstellation wurde die
vorherige Miete im Bestand bei einer Mieterhöhung um
durchschnittlich 6,4 Prozent alle zwei Jahre angepasst. Würde bei
Mieterhöhungen um jeweils 10 Prozent alle zwei Jahre angepasst, so
kann damit der Sockel für Mieterhöhungen, der durch
Bestandsmietanpassungen definiert wird, erhöht werden. Dennoch
findet danach ein Rückgang der Mietendynamik statt, allerdings
ausgehend von einem höheren Niveau.
Sollten sich die Ergebnisse für angespannte Märkte bestätigen, so wird das
Investitionsklima durch den schockartigen Einbruch der Mietendynamik und
den allmählichen Rückgang deutlich beeinträchtigt.
Deutliche Beeinträchtigung des
Investitionsklimas
4.2. Effekte auf den Neubau von Wohnungen
Auftretende Angebotsengpässe infolge eines dauerhaften Anstiegs der Nachfrage können nur beseitigt werden, in dem Wohnungen neu gebaut werden.
Soll dies nicht durch öffentlich geförderten und mit Mietpreisbindungen versehenen Wohnungsbau geschehen, so ist es notwendig, zusätzliche Anreize für
Investoren zur Errichtung von frei finanziertem Neubau zu schaffen bzw. bestehende Hemmnisse für Neubau zu beseitigen. Flankierende Maßnahmen wie
die Ausweisung und das Verfügbarmachen von Bauland können ergänzend
eingesetzt werden.
Beseitigung von Angebotsengpässen durch Neubauten
Solange Bauland zu einem marktgerechten, nicht zu hohen Preis verfügbar ist,
werden durch ein ausreichend hohes und kontinuierlich steigendes Mietenniveau bereits spürbare Anreize gesetzt, um in den Mietwohnungsbau zu investieren. Zwar wird mit der Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietungen nicht
bezweckt, dass zusätzlicher Neubau geschaffen wird. Durch den geplanten
§ 556f BGB des Referentenentwurfs soll die Mietpreisbegrenzung nicht bei der
ersten Vermietung neu errichteter Wohnungen angewendet werden. Dadurch
wird ein Ausnahmetatbestand für Neubauten geschaffen.
Hohe Mieten und hohe Mietsteigerungen bieten starke Anreize
Allerdings ist für die Errichtung von Neubau nicht nur die anfänglich vereinbarte Miete von Bedeutung, sondern es muss über einen langen Zeitraum von
30 und mehr Jahren Investitionssicherheit herrschen. Neubau erfordert ohne
flankierende Förderung oder Steuervergünstigungen kontinuierlich steigende
Mieten, aus denen die laufenden Aufwendungen und die Amortisation des
eingesetzten Kapitals sichergestellt werden kann.
Investitionssicherheit über lange
Planungszeiträume erforderlich
Mithilfe einer Investitionsrechnung nach dem Verfahren des Vollständigen
Finanzplanes (VoFi) soll diese Systematik verdeutlich werden. Für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen werden folgende Parameter unterstellt:
Invesitionsrechnung nach dem
VoFi
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
41
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Tab. 9:
Verwendete Parameter und Ausgangsdaten für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen
(Neubau)
Parameter
Kenndaten eines Beispielgebäudes
Festgelegter (Ausgangs-)Wert
Zinssatz für kurzfristige Guthaben
1,30 % p.a.
Zinssatz für kurzfristige Verbindlichkeiten
3,75 % p.a.
Baukosten (Kostengruppe 100 bis 700)
2.750 Euro/m² Wohnfläche, brutto (davon Grundstücksanteil 350,00 Euro, voll erschlossen)
Darlehenszinssatz
3,5 % p.a. (fest für die gesamte Laufzeit)
Tilgungssatz
2,0 %p.a.
Eigenkapitaleinsatz
20,0 %
Mietsteigerungsrate
1,0 % p.a. (anfänglich)
Anfängliche Instandhaltungskosten
4,50 Euro/m²a (jährlich mit Inflationsrate steigend)
Inflationsrate
1,9 % p.a.
Für die Berechnungen wird ein fiktives Gebäude mit 18 Wohneinheiten und
einer Gesamtfläche von 1.350 m² (Wohnfläche) unterstellt. Die Erstellungskosten belaufen sich auf insgesamt 3.712.500 Euro (einschl. Kosten für das
Grundstück).
Tab. 10:
Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete 10,50 Euro/m² und einer
jährlichen Mietsteigerungsrate von 1 Prozent
Parametervariation
Anfangsmiete in Euro/m²
jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a.
Ergebnisgröße
VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert)
Eigenkapitalrendite (in % p.a.)
Amortisationsdauer (Jahre)
Wert
10,50 €
1,00%
Ergebnis
1.838.993 €
3,07%
25
Quelle: Eigene Berechnungen.
Mindestrendite von 3,0 Prozent
In dieser Konstellation amortisiert sich das Investitionsvorhaben nach 25
Jahren. Zum Planungshorizont von 30 Jahren wird ohne Berücksichtigung eines
Restwertes ein VoFi-Endwert (Vermögenswert) von 1,8 Mio. Euro bilanziert.
Die Eigenkapitalrendite beläuft sich auf 3,07 Prozent p.a. Die Höhe der Renditeforderung auf das eingesetzte Kapital hängt von den individuellen Zielsetzungen und Anforderungen sowie der Risikoeinschätzung ab.
Renditeorientierte Investoren
gehen von 6 Prozent Eigenkapitalrendite aus
Eine Rendite von rd. 3 Prozent ist eher als Mindestrendite oder Untergrenze zu
verstehen; in der Regel erwarten renditeorientierte Investoren eine Verzinsung des Eigenkapitals in einer Größenordnung von bis zu 6 Prozent p.a. Eine
Eigenkapitalrendite von 6 Prozent p.a. erfordert entweder eine Anfangsmiete
von 14,05 Euro/m² (bei einer kontinuierlichen Steigerungsrate von 1,0 Prozent
p.a.) oder eine Mietsteigerungsrate von rd. 3,0 Prozent (bei konstant gehaltener Anfangsmiete von 10,50 Euro/m²).
Auf mittlere Sicht mit Anstieg des
Zinsniveaus zu rechnen
Der Zinssatz für grundpfandrechtlich-besicherte Darlehen bewegt sich derzeit
auf einem historisch niedrigen Niveau. Auf mittlere Sicht ist mit einem moderaten Anstieg des Zinsniveaus zu rechnen. Zinssätze für eine 10-jährige Festschreibung von mehr als 7,0 Prozent p.a. werden zwar als unwahrscheinlich
angesehen, aber ein durchschnittliches Zinsniveau von 5,0 Prozent p.a. ist
nicht ausgeschlossen.
42
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Tab. 11:
Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete 10,50 Euro/m², einer
jährlichen Mietsteigerungsrate von 1 Prozent und Anstieg des Zinsniveaus
Parametervariation
Anfangsmiete in Euro/m²
jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a.
Darlehenszinssatz (11. Jahr und folgende; in % p.a.)
Ergebnisgröße
VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert)
Eigenkapitalrendite (in % p.a.)
Amortisationsdauer (Jahre)
Wert
10,50 €
1,00%
5,0 %
Ergebnis
1.126.705 €
1,40%
28
Quelle: Eigene Berechnungen.
Wird der Zinssatz nach Ablauf der ersten Zinsbindungsfrist für die restliche
Laufzeit der Darlehen auf ein Niveau von 5,0 Prozent p.a. erhöht, so sinkt die
Eigenkapitalverzinsung auf 1,4 Prozent p.a. und unterschreitet die gesetzte
Mindestgrenze. Alternativ müsste das anfängliche Mietenniveau auf 11,50
Euro/m² angehoben werden oder die jährliche Mietsteigerungsrate müsste
dauerhaft auf 1,63 Prozent p.a. ansteigen.
Bei Zinsanstieg ist höhere Anfangsmiete oder höhere jährliche
Mietensteigerung erforderlich
In angespannten Märkten liegt das Haushaltsnettoeinkommen über dem bundesdeutschen Durchschnitt. In diesen Märkten sind Zielgruppen, die sich höhere Mieten für Neubauvorhaben leisten können, stark vertreten. Aber deren
Zahlungsbereitschaft kann nicht über alle Maßen hinaus ausgedehnt werden.
D.h. selbst in angespannten Märkten sind oft Mieten oberhalb von 14,00 bis
16,00 Euro/m² Wohnfläche nicht die Regel, sondern nur bei besonderen Ausstattungsdetails zu erzielen, die wiederum zu höheren Baukosten führen und
die Wirtschaftlichkeit beeinflussen. Bauvorhaben mit Mieten in dieser Höhe
sind auch in angespannten Märkten eher die Ausnahme und können – trotz
Filtering- und Sickereffekten – quantitativ nur in einem geringen Umfang dazu
beitragen, einen Angebotsengpass wirksam zu beseitigen. Um dieses Ziel zu
erreichen, darf die Höhe der Miete nicht zu hoch liegen, sondern muss sich an
der Wohnkaufkraft einer breiten Kundengruppe orientieren.
Neubaumieten nicht unbegrenzt
in angespannten Märkten durchsetzbar
Es ist zu prüfen, inwieweit es gelingen kann, diese kontinuierlichen Mietsteigerungen für Neubauten unter dem bekannten System der ortsüblichen Vergleichsmiete und schließlich bei Einführung der Mietpreisbegrenzung zu realisieren. Mit einem Neubau ist bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete – bspw. in Mietspiegeln – die Schwierigkeit verbunden, dass er stets
eine Ausnahme bildet. Der Wohnungsmarkt wird von bestehenden Mietwohnungen dominiert. Neubauten werden in vielen Mietspiegeln grundsätzlich
nicht oder nur unzureichend abgebildet. D.h. oft enden die Baualtersklassen
vor dem aktuellen Rand (bspw. bis 2012) und lassen Neubauten außen vor.
Voraussetzungen für dauerhafte
Mietsteigerungen
Für Neubauwohnungen, die zahlenmäßig am Markt eine untergeordnete Bedeutung spielen und daher bei Mietspiegeluntersuchungen nicht gut erfasst
werden können, soll sich erst ein Preis bilden. Oft werden Neubauwohnungen
nach einigen Jahren mit anderen Wohnungen älterer Baujahre zusammengefasst. Spannen, die – wie in Köln – von 1990 bis 2006 reichen (beim Mietspiegel mit Stichdatum November 2008) oder – wie in Frankfurt – von 2002
bis 2009 (beim Mietspiegel mit Stichdatum Juni 2010) sind keine Seltenheit.
Dadurch werden Wohnungen, die zwar angesichts des deutlich älteren Altbaubestands noch zu Neubauten zu zählen sind, aber bereits fünf bis 10 Jahre und
mehr alt sind mit neu errichteten Gebäuden zusammen gefasst.
Zusammenfassung von Neubauten mit älteren Objekten in
Mietspiegeln
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
43
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Systematik der Mietenentwicklung
Bei einer Entwicklung der Angebotsmieten, die über der jährlichen Steigerungsrate der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, wird in dem Feld der jüngsten Baualtersklasse ein Durchschnittspreis ermittelt. Die jeweils am aktuellen
Rand neu errichteten Gebäude sollten sich oberhalb des Mittelwertes der ortsüblichen Vergleichsmiete einordnen. Ggf. auch deutlich oberhalb einer 10
Prozent-Grenze der ortsüblichen Vergleichsmiete. Bereits in der Vergangenheit
bestand somit für Neubauten das Problem, das neu errichtete Gebäude ggf.
eine Zeitdauer von wenigen Jahren warten mussten, bis weitere Mietanpassungen in den bestehenden Vertragsverhältnissen durchgeführt werden konnten.
Problematik der Wartedauer
Je größer der Unterschied zwischen den Altmieten aus den Jahren bspw. um
2002 bis 2005 im Verhältnis zum Neubau liegt, desto länger muss der Vermieter einer in 2014 neu errichteten Wohnung warten, bis eine Mietanpassung im
bestehenden Mietverhältnis durchgeführt werden kann. D.h. es dauert bei
kontinuierlichem Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete einen gewissen
Zeitraum, bis der größere Abstand zwischen der Anfangsmiete des Neubaus
und der ortsüblichen Vergleichsmiete im Teilsegment des Mietspiegels für
Neubauten verringert wurde und die ortsübliche Vergleichsmiete aufgeholt
hat. Diese Situation wird auch als Wartedauerproblematik bezeichnet.
Treiber der Mietendynamik im
Neubau
In der Klasse der neu errichteten Wohnungen sind nur zwei Komponenten
wesentliche Treiber für die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete:
• Anpassungen der Miete im Bestand,
• Wiedervermietung von Wohnungen.
Veränderung von Ausstattung und Modernisierungsmaßnahmen sind in diesem
Teilmarkt für die Mietenentwicklung nicht wesentlich und spielen eine untergeordnete Bedeutung. Bis der Standard eines Neubaus durch zusätzliche Ausstattung ergänzt wird bzw. werden muss, dauert länger.
Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete für Neubauten;
Beispiel Köln
Mit Einführung der Mietpreisbegrenzung wird die Mietenentwicklung in einem
Segment, in dem ohnehin aufgrund der geschilderten Wartedauerproblematik
nur eine geringe Mietendynamik herrschte, die Komponenten, die durch Wiedervermietung generiert wird, deutlich beschnitten. Es ist daher mit einem
deutlichen Rückgang der Dynamik auf die Hälfte des bisherigen Niveaus zu
rechnen. Im Kölner Mietspiegel bspw. hat sich für Neubauten in den letzten
Jahren lediglich eine jährliche Mietpreissteigerung von 0,45 Prozent p.a. ergeben. Die Dynamik der Stadt Köln kann für die folgenden Berechnungen als
Beispiel dienen.
Tab. 12:
Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete 10,50 Euro/m² und einer
jährlichen Mietsteigerungsrate von 0,45 Prozent
Parametervariation
Anfangsmiete in Euro/m²
jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a.
Ergebnisgröße
VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert)
Eigenkapitalrendite (in % p.a.)
Amortisationsdauer (Jahre)
Wert
10,50 €
0,45%
Ergebnis
1.309.408 €
1,91%
27
Quelle: Eigene Berechnungen.
44
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
In diesem Fall reicht die jährliche Mietsteigerungsrate nicht aus, um die Mindestrendite zu erfüllen. Das Vorhaben ist nicht wirtschaftlich tragfähig. Erst
mit einer Anfangsmiete von 11,30 Euro/m² ist die Renditeforderung zu realisieren.
Die Beispiele zeigen den Zusammenhang zwischen der Höhe der laufenden
Mietsteigerung und der Anfangsmiete. Geringere jährliche Steigerungsraten
können in gewissem Umfang durch eine höhere Anfangsmiete kompensiert
werden. Die höhere Anfangsmiete muss im Markt jedoch realisiert werden
können: Entweder in besonders beliebten oder hochwertigen Lagen oder mit
zusätzlichen Ausstattungsdetails, wodurch die Baukosten steigen werden.
Höhere Anfangsmieten müssen im
Markt realisierbar sein
Bei Einführung der Mietpreisbegrenzung ist zu befürchten, dass aufgrund der
Systematik bspw. innerhalb von Mietspiegeln und die Praxis der Ermittlung
der ortsüblichen Vergleichsmiete dazu führt, dass eine reine Anpassung der
Mieten im Bestand nicht ausreicht, um eine kontinuierliche Entwicklung der
ortsüblichen Vergleichsmiete in dem erforderlich Maß sicher zu stellen. Sondern es Bedarf auch Mietsteigerungen, die deutlich oberhalb von 10 Prozent
über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, damit in diesem Segment eine
kontinuierliche Mietensteigerung sicher gestellt wird.
Reine Anpassung von Mieten im
Bestand stellt kontinuierliche
Mietenentwicklung nicht sicher
Will man auch für mittlere Einkommensbezieher einen erschwinglichen Neubau errichten, bspw. für 9,50 Euro/m² Anfangsmiete, so reicht eine Mietensteigerung von lediglich 0,45 Prozent nicht aus, um dieses Vorhaben wirtschaftlich darzustellen.
Anfangsmieten von 9,50 Euro/m²
für Marktentlastung sinnvoll
Tab. 13:
Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Neubau mit Anfangsmiete 9,50 Euro/m² und einer
jährlichen Mietsteigerungsrate von 0,45 Prozent
Parametervariation
Wert
Anfangsmiete in Euro/m²
9,50 €
jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a.
0,45%
Ergebnisgröße
VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert)
Eigenkapitalrendite (in % p.a.)
Amortisationsdauer (Jahre)
Wert
669.505 €
-0,34%
30
Quelle: Eigene Berechnungen.
Die Amortisationsdauer liegt bei 30 Jahren. Das anfangs eingesetzte Eigenkapital von 742.500 Euro wird teilweise aufgezehrt (Eigenkapitalrendite minus
0,34 Prozent p.a.). Um bei einer Anfangsmiete von 9,50 Euro eine Eigenkapitalrendite von rd. 3 Prozent zu erzielen, ist eine jährliche Mietsteigerungsrate
von 1,7 Prozent p.a. erforderlich.
Eine derart hohe Mietsteigerungsrate der ortsüblichen Vergleichsmiete für
Neubauten ist nach Einführung der geplanten Mietpreisbegrenzung nicht zu
erwarten. Angesichts der Zusammenhänge der Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete, wie sie in Kapitel 4.1.2 dargestellt wurden und sich aufgrund der
Besonderheiten insbesondere für Neubauten auswirken, ist nach Einführung
einer Mietpreisbegrenzung eher mit einer jährlichen Steigerungsrate von deutlich unter 1 Prozent p.a. in diesem Segment auszugehen. Viele Vorhaben werden dementsprechend nicht realisiert werden können.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Erwartete Mietsteigerungsrate im
Neubau: deutlich unter 1 Prozent
p.a.
45
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Ausnahmeregelungen reichen
nicht aus
Zwar sind Erstvermietungen von der Mietpreisbegrenzung ausgenommen,
jedoch kann bei einer Wiedervermietung beim gleichen Objekt keine zusätzliche Mietsteigerung generiert werden. Durch die geplanten Regelungen der
Mietpreisbegrenzung wird der dringend benötigte Neubau daher konterkariert.
4.3. Effekte auf die Modernisierung von Wohnungen
Nachlassende Mietendynamik
trifft Modernisierungen besonders schwer
Umfangreiche Modernisierungen mit hohem Investitionsvolumen – bspw. zur
Steigerung der Energieeffizienz oder zur altengerechten Wohnungsanpassung
– erfordern ebenso wie Neubau kontinuierliche Mietsteigerungen. Insbesondere, wenn der gesetzlich zulässige Umlagerahmen aufgrund geringeren Einkommens der Mieterhaushalte nicht ausgeschöpft werden kann, was regelmäßig der Fall ist. Modernisierungen werden im System der ortsüblichen Vergleichsmiete zudem nur unzureichend erfasst. Bei undifferenzierten Mietspiegeln ohne separate Klassen für modernisierte Wohnungen leiden sie darunter,
dass der Teilmarkt erst Nachziehen muss, bis weitere Mietensteigerungen
realisiert werden können (Wartedauerproblematik). Umfangreiche Modernisierungen werden von der nachlassenden Mietendynamik daher besonders betroffen.
Ausnahmeregelung „umfassende
Modernisierung“: Modernisierung im freigezogenen Bestand
nicht mehr möglich
Bei restriktiver Auslegung des vorgesehenen Ausnahmetatbestandes für Modernisierungen, bspw. eine Beschränkung nur auf neubaugleiche Modernisierungen (im allgemeinen Sprachgebrauch oft mit „Kernsanierungen“ bezeichnet), geraten alle anderen umfangreichen Investitionen zur Verbesserung und
Erhaltung der Wohnungsqualität im leergezogenen Bestand doppelt unter
Druck: Sie sind gleich bei Anschlussvermietung an die Höchstpreisregelung
gebunden und im Verlauf der verringerten Mietendynamik ausgesetzt. Eine
restriktive Beschränkung der Ausnahmereglung auf „Kernsanierungen“ ist
zudem widersinnig, weil solche Modernisierungen eine Zuordnung in eine
andere Baualtersklasse ermöglichen, in der oft andere Mietenspielräume bestehen.
Beispielfall: Energetische Modernisierung auf den EH 100Standard
Die Problematik mangelnder Wirtschaftlichkeit bei Modernisierungsmaßnahmen soll anhand eines Beispielfalles mit einer energetischen Modernisierung
verdeutlich werden. Die verwendeten Parameter sind in der folgenden Tabelle
im Überblick dargestellt:
46
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Tab. 14:
Verwendete Parameter und Ausgangsdaten für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen
(Modernisierungen)
Parameter
Zinssatz für kurzfristige Guthaben
Festgelegter (Ausgangs-)Wert
1,30 % p.a.
Zinssatz für kurzfristige Verbindlichkeiten
3,75 % p.a.
Modernisierungskosten34
435,00 Euro/m² für Energieeffizienzmaßnahmen (EH 100)
Kosten für weitere wertverbessernde Maßnahmen rd. 210
Euro/m²
Darlehenszinssatz (KfW-Darlehen 151 - Energieeffizient Sanieren - Kredit)
1,0 % p.a. (für die ersten 10 Jahre), 3,5 % p.a. bis zum Ende der Laufzeit
Tilgungssatz (KfW-Darlehen)
Tilgung entsprechend Laufzeit von 20 Jahren (mit drei tilgungsfreien Jahren zu Beginn); Tilgungszuschuss in Höhe
von 5,0 Prozent der förderfähigen Kosten
Darlehenszinssatz (Annuitätendarlehen für wertverbessernde Maßnahmen)
3,5 % p.a. (fest für die gesamte Laufzeit)
Tilgungssatz (Annuitätendarlehen für wertverbessernde Maßnahmen)
2,0 %p.a.
Eigenkapitaleinsatz
20,0 % (auf Annuitätendarlehen angerechnet)
Mietsteigerungsrate
1,0 % p.a. (anfänglich)
Anfängliche Instandhaltungskosten
6,70 Euro/m²a
Inflationsrate (auf sämtliche Kostenpositionen, die
Kostensteigerungen unterliegen)
1,9 % p.a.
Nach Sanierung: 4,50 Euro/m²a
Das betrachtete Musterobjekt verfügt über 18 Wohneinheiten und eine Wohnfläche von rd. 1.200 m². Für die Durchführung der Berechnung wird angenommen, dass sich das Gebäude im unsanierten Zustand gut vermieten lässt und
kein Leerstand besteht.
Tab. 15:
Zentrale Ausgangsdaten für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit von Modernisierungen
Ausgangsdaten für die Berechnung
Anzahl Wohneinheiten
unsaniert
saniert
18
18
1.167,10
1.167,10
Miete (je m²)
4,85
5,60
Betriebskosten (kalt)
1,20
1,20
Betriebskosten (warm)
1,43
0,45
Leerstand (in %)
0,00%
0,00%
Mietsteigerung in % p.a.
1,20%
2,20%
6,70
4,50
Wohnfläche (in m²)
Instandhaltungskosten
Mit einer Ausgangsmiete von 4,85 Euro/m² im unsanierten Zustand liegt die
Miete am unteren Rand des Mietenniveaus in einem angespannten Markt.
Dieses Beispiel wurde gewählt, um die Wirtschaftlichkeit für unterschiedliche
Varianten einer modernisierungsbedingten Mieterhöhung im Verhältnis zu
einer erwarteten zukünftigen Mietsteigerungsrate zu betrachten.
34
Beispielfall: Niedrige Ausgangsmiete im unsanierten Bestand
Für die Berechnungen wurde das Beispiel Dortmund des Forschungsvorhabens Energieeffizienz mit städtebaulicher Breitenwirkung verwendet. Die dort dargestellten Kosten wurden auf
den aktuellen Rand angepasst. Vgl. hierzu: Schulze Darup, Burkhard/Neitzel, Michael (2011):
Energieeffizienz mit städtebaulicher Breitenwirkung. Technische und wirtschaftliche Voraussetzungen zur flächenhaften Umsetzung von energetisch hochwertigen Modernisierungen in
zusammenhängenden Wohnquartieren, Berlin, März 2011 (Abschlussbericht zum Forschungsprojekt, gefördert mit Mitteln der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)).
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
47
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Höhe der Heizkostenersparnis
und mietergerechte, sozialverträgliche Modernisierungsumlage
Häufig wird die Mieterhöhung nach Durchführung einer Modernisierung unter
Berücksichtigung der Energieeinsparung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Mieterhaushalte, d.h. an deren verfügbarem Einkommen ausgerichtet. Die Energieeinsparung durch die Sanierung des Gebäudes auf ein Energieeffizienzhaus 100 beträgt bei einem Preis von 7,56 ct/kWh (inkl. anteiliger
Grundpreis) auf der Grundlage von Energiebedarfsberechnungen rd. 0,98
Euro/m². Dient der vorherige Verbrauch als Maßstab, lässt sich voraussichtlich
eine Heizkostenersparnis von 0,37 Euro/m² erzielen. Eine adäquate modernisierungsbedingte Mieterhöhung würde – bei heutigem Mietenniveau – mit
0,75 Euro/m² angesetzt werden. Es findet keine warmmietenneutrale Mietanpassung statt; die Mieter werden nach Abzug der voraussichtlichen Heizkostenersparnis mit rd. 0,38 Euro/m² zusätzlich belastet.
Bei moderater Modernisierungsumlage ist Maßnahme nicht
wirtschaftlich
Unter der Voraussetzung, dass sich die Nettokaltmiete im Markt für sanierte
Wohnungen mit einer jährlichen Steigerungsrate von 2,2 Prozent entwickelt,
während der Markt für unsanierte Wohnungen lediglich ein Mietenwachstum
von 1,2 Prozent p.a. aufweist, ist die Modernisierung nicht wirtschaftlich darstellbar. Bei einer Amortisationsdauer von 30 Jahren entsteht ein Defizit in
Höhe von minus 97.625 Euro, die Eigenkapitalrendite ist mit minus 1,43 Prozent negativ.
Tab. 16:
Wirtschaftlichkeitsberechnung für moderate modernisierungsbedingte Mieterhöhung
Parametervariation
Wert
Modernisierungsbedingte Mieterhöhung in Euro/m² (anfänglich)
jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a. (unsaniert/saniert)
Ergebnisgröße
VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert)
Eigenkapitalrendite (in % p.a.)
0,75 €
1,20 %/2,20 %
Wert
-97.625 €
-1,43 %
Amortisationsdauer (Jahre)
30
Quelle: Eigene Berechnungen.
Anpassung der Miete um 1,04
Euro/m² oder rd. 20 Prozent
erforderlich
Die Miete müsste anfänglich um 1,04 Euro/m² auf 5,89 Euro/m² angepasst
werden, um bei gleicher Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete eine Mindestrendite von 3,0 % p.a. auf das eingesetzte Eigenkapital zu erreichen.
Tab. 17:
Wirtschaftlichkeitsberechnung für angepasste modernisierungsbedingte Mieterhöhung
(Ziel: Mindesteigenkapitalrendite)
Parametervariation
Wert
Modernisierungsbedingte Mieterhöhung in Euro/m² (anfänglich)
jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a. (unsaniert/saniert)
Ergebnisgröße
VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert)
Eigenkapitalrendite (in % p.a.)
Amortisationsdauer (Jahre)
1,04 €
1,20 %/2,20 %
Wert
365.795 €
3,00 %
26
Quelle: Eigene Berechnungen.
Bei höherer Renditeerwartung
deutliche Anpassung der Miete
nach Modernisierung erforderlich
48
Für eine Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital von 6,0 Prozent p.a. ist eine
modernisierungsbedingte Mieterhöhung von 1,68 Euro/m² je Monat auf ein
Niveau von 6,53 Euro/m² erforderlich. Dadurch würde das Haushaltsbudget
nach Verrechnung der zu erwartenden Energieeinsparung mit 1,31 Euro/m²
monatlich zusätzlich belastet. Das wird die in dem modernisierten Gebäude
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
lebenden Mieter voraussichtlich überfordern; dies ist im Einzelfall zu beurteilen.
Die skizzierten Mietanpassungen liegt noch innerhalb des rechtlich zulässigen
Rahmens für eine modernisierungsbedingte Mieterhöhung nach § 559 Abs. 1
unter Berücksichtigung von § 559a BGB. Für die dargestellte Kombination aus
Energieeffizienz- mit einer sonstigen wohnwertverbessernden Maßnahme wird
das maximale Potenzial ungefähr 1,93 Euro/m² je Monat betragen.
Tab. 18:
Berechnung des rechtlich zulässigen Umlagepotenzials nach
§ 559 Abs. 1 BGB
Berechnung der rechtlich zulässigen modernisierungsbedingten Mieterhöhung 35
Umlagefähiger Aufwand (Angaben in Euro/m² Wfl.)
Betrag
Energetisch bedingte Maßnahmenkosten (Vollkosten)
435,00 €
davon: umlagefähiger Anteil (67,2 %)
292,32 €
./. Tilgungszuschuss
= Bemessungsgrundlage für ein Jahr
21,75 €
270,57 €
Modernisierungsbedingte Mieterhöhung (11 %)
29,76 €
./. Zinsverbilligung (2,5 % p.a.)
10,88 €
Steigerung der Jahresmiete um … Euro/m²
18,89 €
Steigerung der Monatsmiete um … Euro/m²
1,57 €
Weitere wohnwertverbessernde Maßnahmen
davon: umlagefähiger Anteil (18,4 %)
210,00 €
38,64 €
Modernisierungsbedingte Mieterhöhung (11 %)
4,25 €
Steigerung der Monatsmiete um … Euro/m²
0,35 €
Maximales Potenzial für modernisierungsbedingte Mieterhöhung (je Monat)
1,93 €
Quelle: Eigene Berechnungen auf der Grundlage beispielhafter Modernisierungskosten.
Die Differenz zwischen der notwendigen Mietanpassung für eine Mindesteigenkapitalrendite von 3,0 Prozent p.a., die mit 1,04 Euro/m² angegeben wird,
und der anfänglichen Mieterhöhung in der Ausgangsberechnung in Höhe von
0,75 Euro/m² erscheint auf den ersten Blick nicht hoch. Es ist jedoch zu beachten, dass diese Konstellation nur unter Annahme eines günstigen Mietenverlaufsmodells resultiert.
Einfluss unterschiedlicher Mietenverlaufsmodelle
Der Mietenverlauf ist günstig, wenn sich die Miete nach Durchführung der
Modernisierung von Beginn an mit konstanten jährlichen Steigerungsraten
entwickeln kann. Dies ist der Fall, wenn bei einem Mietspiegel nach modernisierten und unmodernisierten Wohnungen differenziert wird und der Mietenunterschied ausreichend hoch ausfällt. Dies ist in der Praxis der Mietspiegelerstellung nicht die Regel.
Wirtschaftlichkeit nur bei günstigem Mietenverlaufsmodell
In allen anderen Fällen tritt die sogenannte Wartedauerproblematik ein: Die
Nettokaltmiete übersteigt das ortsübliche Vergleichsniveau für den Querschnitt aus unmodernisierten und modernisierten Wohnungen, die nur in einem Tabellenfeld undifferenziert zusammengefasst sind, deutlich. Es ist erst
wieder eine Mietanpassung nach § 558 Abs. 1 BGB möglich, wenn das Niveau
der ortsüblichen Vergleichsmiete nachgezogen hat. Da nicht zwischen modernisierten und unmodernisierten Wohnungen unterschieden wird, ist die Dynamik in undifferenzierten Gesamtmarkt höher als bei unsanierten Wohnungen.
Für die Berechnungen wurde eine Wachstumsrate von durchschnittlich 1,7
Prozent p.a. angesetzt. Selbst bei Umlage des rechtlich zulässigen Rahmens
Wartedauerproblematik verringert Wirtschaftlichkeit erheblich
35
Vgl. zur Herleitung des rechtlich zulässigen modernisierungsbedingten Mieterhöhungsspielraumes: Neitzel, Michael (2011): Wege aus dem Vermieter-Mieter-Dilemma – Eine Konzeptstudie, Bochum, 24. Februar 2011, S. 52 ff.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
49
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
wird in dieser Konstellation kein positives Ergebnis erreicht. Dies unterstreicht, welche Bedeutung insbesondere bei Modernisierungsmaßnahmen
jährliche Mietensteigerungen für die Wirtschaftlichkeit des Ergebnisses besitzen.
Mietpreisbegrenzung führt zu
geringerer Mietendynamik
Mit Einführung der Mietpreisbegrenzung wird sich die Dynamik in der Anpassung der ortsüblichen Vergleichsmiete verringern. Bei einem geschätzten
Rückgang im Teilmarkt für unsanierte Wohnungen auf 0,9 Prozent p.a. und für
sanierte Wohnungen auf 1,65 Prozent p.a. reicht die modernisierungsbedingte
Mieterhöhung von 1,04 Euro/m² nicht mehr aus, um die Mindestverzinsung
des Eigenkapitals sicher zu stellen.
Tab. 19:
Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Modernisierungsmaßnahme nach Einführung der
Mietpreisbegrenzung (differenzierter Mietspiegel)
Parametervariation
Wert
Modernisierungsbedingte Mieterhöhung in Euro/m² (anfänglich)
jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a. (unsaniert/saniert)
Ergebnisgröße
VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert)
Eigenkapitalrendite (in % p.a.)
1,04 €
0,90 %/1,65 %
Wert
138.093 €
-0,29 %
Amortisationsdauer (Jahre)
30
Quelle: Eigene Berechnungen.
Konsequenz der Mietpreisbegrenzung: Höhere Modernisierungsumlage erforderlich
Um in dieser Konstellation eine Mindesteigenkapitalrendite von 3,0 Prozent
p.a. zu erzielen, wäre eine Mietanpassung von 1,32 Euro/m² erforderlich. Eine
Anpassung in dieser Größenordnung liegt zwar noch im Rahmen des rechtlich
zulässigen, würde jedoch die Haushalte nach Abzug der Heizkostenersparnis
mit rd. 0,95 Euro/m² monatlich zusätzlich belasten.
Bedeutung der Ausnahmeregelung des geplanten § 556e Abs. 2
BGB
Der Referentenentwurf für das Mietrechtsnovellierungsgesetz sieht für Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555b eine zusätzliche bzw. Ausnahmeregelung vor (§ 556e Abs. 2 BGB): Wurden in den letzten drei Jahren vor
Beginn des Mietverhältnisses Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt, so
darf die zulässige Miete bei Wiedervermietung um den Betrag überschritten
werden, der sich bei modernisierungsbedingter Mieterhöhung nach den
§§ 559 Abs. 1 bis 3 und § 559a Abs. 1 bis 4 ergeben würde. Diese Regelung
ermöglicht es, bei einer Wiedervermietung innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraum
das rechtlich zulässige Umlagepotenzial zu verlangen.
Tab. 20: Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Modernisierungsmaßnahme nach Einführung der
Mietpreisbegrenzung (Mieterwechsel innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraumes)
Parametervariation
Wert
Modernisierungsbedingte Mieterhöhung in Euro/m² (anfänglich)
1,04 €
Zulässige Miete bei Wiedervermietung im dritten Jahr in Euro/m²
(anfänglich; Wartedauerproblematik berücksichtigt)
jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a. (unsaniert/saniert)
Ergebnisgröße
VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert)
Eigenkapitalrendite (in % p.a.)
Amortisationsdauer (Jahre)
8,02 €
0,90 %/1,65 %
Wert
549.831 €
4,41 %
21
Quelle: Eigene Berechnungen.
50
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Vorausgesetzt, dass im dritten Jahr die zulässige Miete von 8,02 Euro/m² am
Markt durchgesetzt werden kann, erhöht sich die Eigenkapitalrendite auf 4,41
Prozent p.a. Die Investition amortisiert sich nach 21 Jahren. Aufgrund der
nachträglich vergleichsweise hoch angepassten Miete bei Wiedervermietung
wirkt sich auch die Wartedauerproblematik nicht entscheidend aus. Ein möglicher Anstieg des Zinsniveaus nach 10 Jahren auf ein Niveau von 5,0 Prozent
p.a. führt zu einer Verringerung der Eigenkapitalverzinsung auf 4,04 Prozent
p.a. Die anvisierte Mindestverzinsung wird jedoch nach wie vor deutlich überschritten.
Ausnahmereglung gewährleistet
wirtschaftliches Ergebnis bei
Mieterwechsel innerhalb der
Drei-Jahres-Frist
Die Ausnahmeregelung ist daher grundsätzlich als vorteilhaft zu bewerten.
Jedoch ist die Befristung innerhalb der Regelung auf drei Jahre weder sachlich
noch mit Blick auf die Konsequenzen für die Wirtschaftlichkeit nachvollziehbar. Während bei Wiedervermietung innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraumes eine
gute Basis für ein wirtschaftliches Ergebnis gelegt wird, verringert sich das
Ergebnis bei einer Wiedervermietung im vierten oder fünften Jahr auf die in
Tab. 17 dargestellten Werte.
Befristung innerhalb der Vorschrift sachlich und bezogen auf
die Wirtschaftlichkeit nicht
nachvollziehbar
Auch bei einem undifferenzierten Mietspiegel wird sich jährliche Mietendynamik verringern. Ausgehend von einem Rückgang auf eine Steigerungsrate von
rd. 1,3 Prozent p.a. verringert sich das wirtschaftliche Ergebnis erheblich.
Ungünstiges Mietenverlaufsmodell bei undifferenziertem Mietspiegel nach Einführung der
Mietpreisbegrenzung
Tab. 21:
Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Modernisierungsmaßnahme nach Einführung der
Mietpreisbegrenzung (undifferenzierter Mietspiegel)
Parametervariation
Wert
Modernisierungsbedingte Mieterhöhung in Euro/m² (anfänglich)
jährliche Mietsteigerungsrate in % p.a. (unsaniert/saniert)
1,04 €
1,28 %/1,28 %
Ergebnisgröße
Wert
VoFi-Endwert nach 30 Jahren (ohne Restwert)
-934.955 €
Eigenkapitalrendite (in % p.a.)
Amortisationsdauer (Jahre)
k.A.
>80 Jahre
Quelle: Eigene Berechnungen.
In dieser Fallkonstellation wirkt sich die Wartedauerproblematik erheblich
aus: Eine Mindestverzinsung des eingesetzten Eigenkapitals lässt sich nur
noch erreichen, wenn die Miete nach der Modernisierung um 3,17 Euro/m²
angehoben werden würde. Das liegt außerhalb des rechtlich zulässigen Rahmens und wäre – unabhängig davon – in laufenden Mietverhältnissen nicht
umsetzbar.
Konsequenzen auf die Wirtschaftlichkeit
Durch die Einführung der Mietpreisbegrenzung ist zu erwarten, dass die Wirtschaftlichkeit von Modernisierungsmaßnahmen durch die geringere Dynamik
in der ortsüblichen Vergleichsmiete deutlich zurückgehen wird. Maßnahmen in
bestehenden Mietverhältnissen, die ohnehin nur unter positiven Rahmenbedingungen realisiert werden können, werden dadurch verhindert. Dies betrifft
unter anderem auch politisch erwünschte energetische Modernisierungen oder
die altengerechte Modernisierung von Wohnungsbeständen.
Beurteilung von Modernisierungsvorhaben nach Einführung
der Mietpreisbegrenzung
Der Ausnahmetatbestand der geplanten Vorschrift des § 556e Abs. 2 BGB lässt
eine Eigenkapitalrendite oberhalb der Mindestverzinsung zu, sofern ein Mieterwechsel innerhalb von drei Jahren nach Durchführung der Maßnahmen erfolgt und das rechtlich zulässige modernisierungsbedingte Mieterhöhungspotenzial bei Wiedervermietung erzielt werden kann.
Wirkung des Ausnahmetatbestandes
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
51
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
4.4. Sonstige Effekte
Sonstige Effekte der Mietpreisbegrenzung
In diesem Unterkapitel werden verschiedene weitere Effekte dargestellt, die
bei Einführung der geplanten Mietpreisbegrenzung zu erwarten sind. Diese
Effekte werden sind zum Teil im Verlauf der bisherigen Ausführungen angesprochen worden, werden an dieser Stelle als eigenständige Punkte noch einmal aufgegriffen und kursorisch behandelt.
Effekte auf das Nachfrageverhalten
Höherer Anstieg der Marktmieten
in Innenstadtlagen und bei höherwertigen Wohnungen
Die Analyse der Ausgangssituation (vgl. Kapitel 3.2.1) hat gezeigt, dass sich
der Mietenanstieg in den Grenzen einer Stadt nicht homogen über das gesamte
Gebiet verteilt, sondern insbesondere begehrte (Innenstadt-)Lagen stark steigende Mieten aufweisen. Zusätzlich ist deutlich geworden, dass die Mieten im
oberen Preissegment mit qualitativ besonders hochwertigen Wohnungen, die
zu höheren Mieten vermietet werden, stärker als im unteren Preissegment
gestiegen sind. Die Spreizung des Marktes hat in den letzten Jahren erheblich
zugenommen.
Markterfahrungen bestätigen
empirische Befunde
Beide Effekte decken sich mit den Markterfahrungen: Innerstädtische, urban
geprägte Quartiere sind für viele Bevölkerungsgruppen in den letzten Jahren
wieder attraktiv geworden. Ebenso sind die Qualitätsansprüche von Mietern
gestiegen, die qualitativ sehr gute Wohnungen nachfragen.
Mietpreisbegrenzung wirkt
undifferenziert über die gesamte
Marktbreite
Diesen Aspekten trägt die Mietpreisbegrenzung in keinerlei Weise Rechnung,
sondern legt eine Höchstpreisregelung über die gesamte Bandbreite des Marktes. Zwar profitieren davon alle Bevölkerungsgruppen, aber auch Mieter, die
bereit wären, für eine qualitativ hochwertige Wohnung eine höhere Miete zu
entrichten. Setzt man voraus, dass in diesen Teilsegmenten auf der Grundlage
einer rationalen Kalkulation kosten- und risikogerechte Mieten mit angemessener Gewinnmarge verlangt werden, um eine angemessene Verzinsung des
eingesetzten Kapitals sicher zu stellen, so schränkt die Mietpreisbegrenzung
bei der Wiedervermietung in Kombination mit der Reduzierung der Dynamik in
der ortsüblichen Vergleichsmiete vorhandene Spielräume für qualitative Verbesserungen des Angebotes ein.
Angebot bleibt hinter Nachfragewünschen zurück
Obwohl Mieterhaushalte in dieser Situation höherwertige Wohnungen nachfragen, ist bei Anbietern keine Bereitschaft vorhanden, diese dem Markt zur
Verfügung zu stellen. In Extrembeispielen kann man dies auf dem Wohnungsmarkt in Wien mit sehr rigider Mietpreisbegrenzung beobachten.
Nachfrageausweitung bei gleicher Wohnkostenbelastung
forciert Angebotsengpass
In der Regel reservieren Haushalte unter Berücksichtigung der Präferenzen für
andere Güter und Leistungen einen bestimmten Teil ihres Einkommens für das
Wohnen. Mit Einführung der Mietpreisbegrenzung und der angebotsseitigen
Verminderung der Wohnkostenbelastung müssen Haushalte bei der Anmietung
einer Wohnung plötzlich einen geringeren Teil ihres Einkommens für Wohnen
aufwenden. Werden frei gewordene Bestandteile weiterhin für das Wohnen zur
Verfügung gestellt, so findet dadurch eine Ausweitung der Nachfrage statt:
bspw. weil eine größere Wohnung nachgefragt wird, eine qualitativ höherwertige Wohnung angemietet werden kann oder eine höherwertige Wohnlage –
relativ gesehen – preiswerter geworden ist. In Teilmärkten, in denen die Nachfrage bisher bereits besonders hoch war, verschärft sich der Angebotsengpass
zusätzlich, weil die Mieten ihre Funktion als Knappheitsindikator im Umfang
der Mietpreisbegrenzung verloren haben.
52
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Der Referentenentwurf formuliert als Ziel, dass mit der Einführung der Mietpreisbegrenzung eine Gentrifizierung von Quartieren vermieden werden soll.
Gerade dies ist von der Mietpreisbegrenzung in der jetzigen Form nicht zu
erwarten. Die Hoffnung vieler Mieterhaushalte, in einem stark nachgefragten
innerstädtischen Gebiet demnächst eine Mietwohnung anmieten zu können,
wird daher enttäuscht werden.
Gentrifizierung kann mit der
Mietpreisregelung nicht verhindert werden
Märkte mit Nachholbedarf
Die Anforderungen, mit denen Vermieter von Wohnraum in den letzten Jahren
konfrontiert werden, sind stetig gestiegen. Gleichzeitig ist es erforderlich, den
Wohnungsbestand bei steigenden Kosten für Vorleistungen instand zu halten
und zeitgemäß unter den Gesichtspunkten von generationengerechtem und
energieeffizienten Bauen zu modernisieren.
Gestiegene Anforderungen an
Vermieter
Solche Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen erfordern hohe Investitionen und somit ein angemessenes Mietenniveau. Die Grenze zu bestimmen,
wann ein Mietenniveau noch als angemessen und wann als unangemessen zu
bezeichnen ist, fällt nicht leicht. Es gibt jedoch Märkte, in denen die Marktentwicklung als Nachholprozess wahrgenommen wird. Zu diesen Märkten zählt
auch Berlin: Nach langen Jahren einer verhaltenen Marktentwicklung insbesondere einer niedrigen Dynamik in der Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete – ist dieser Markt gleichsam erwacht. Angesichts steigender
Mieten ergeben sich für Vermieter Spielräume, verstärkt in den Wohnungsbestand zu investieren. Damit kann das Investitionsgeschehen belebt und das
Wohnungsangebot verbessert werden.
Investitionen erfordern angemessen hohe Mieten; Spielräume
in Märkten, die aufholen
In solchen Märkten behindert die Mietpreisbegrenzung den Aufholprozess und
verlangsamt ihn. Angesichts der Notwendigkeit langfristig sicherer Rahmenbedingungen werden in solchen Märkten geplante Investitionen ggf. wieder
zurück gestellt und gedrosselt, die zu einer positiven qualitativen Entwicklung
des Wohnungsmarktes beigetragen hätten. Dadurch wird das „Erwachen solcher Städte“ behindert, wenn auch nicht verhindert.
Mietpreisregelung behindert
Aufholprozess der Wohnungsmärkte mit Nachholbedarf
Der Berliner Wohnungsmarkt muss im Reigen der großen Städte als Sonderfall
gewertet werden. Er ist zur Begründung für die Einführung einer Mietpreisbegrenzung nur bedingt bzw. gar nicht geeignet. Es ist zu erwarten, dass sich der
Berliner Wohnungsmarkt hinsichtlich des Wohnungsangebotes und der Preise
mittelfristig an die Wohnungsmärkte in München, Hamburg und Stuttgart angleichen wird.
Berliner Wohnungsmarkt als
Sonderfall
Verhältnis von Eigentums- zu Mietwohnungsmarkt
Angesichts zunehmender beruflicher Mobilität und gleichzeitig hoher Qualität
des vermieteten Wohnungsbestandes hat das Wohnen zur Miete in den letzten
Jahren einen starken Aufschwung erlebt. Diese Argumentation lässt sich weiter
ausdifferenzieren.
Mietwohnungsmarkt attraktiv
Es ist nicht unüblich, dass ältere Menschen das früh erworbene Eigentum für
eine barrierefreie Mietwohnung aufgeben. Andere wiederum tauschen das
Einfamilienhaus in der Peripherie für eine Eigentumswohnung in der Stadt.
Diese Flexibilität, zwischen den Segmenten beliebig wählen zu können, hat
große Vorteile. Es ist auch auf Dauer zu gewährleisten, dass zu unterschiedlichen Wohnnutzungen die gleichen Zugangsmöglichkeiten bestehen bleiben.
Gleiche Zugangsvoraussetzungen
zu unterschiedlichen Wohnnutzungen (Miete/Eigentum) schaffen
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
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Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Eigentumsmarkt mit Vorteilen bei
Einführung der MIetpreisbegrenzung
Da im Eigentumsmarkt keine vergleichbar gestaltete Preisbremse wirken wird,
erhält der Markt für Wohneigentum leicht Vorteile, wenn im Markt weiterhin
kostengerechte Verkaufspreise für Eigentumsmaßnahmen mit angemessener
Marge bei steigenden Einstandskosten erzielt werden können. In gefragten
Lagen wird es unter solchen Bedingungen schwieriger, zusätzliche Mietwohnungen zu schaffen und mit Eigentumsmaßnahmen zu konkurrieren.
Eigentumsbildung zur Altersvorsorge
Hohe Bedeutung der Eigentumsbildung zur Altersvorsorge
Die Bildung von vermietetem Wohnungseigentum zur Altersvorsorge hatte in
verschiedenen Märkten eine hohe Bedeutung. Angesichts der Unsicherheit der
Finanzmärkte und niedriger Zinsen bei risikolosen Finanzprodukten geriet die
Anlage in Wohnungseigentum in den Fokus vieler Anlegergruppen.
Verlässliche Rahmenbedingungen
für Investitionen erforderlich
Dies setzt jedoch einen dauerhaft verlässlichen Rahmen voraus. Besteht die
Gefahr, dass sich Mieten weniger stark dynamisch entwickeln wie bisher,
steigt die Unsicherheit über den Erfolg dieser Anlagestrategie. Die Bildung
vermieteten Wohneigentums, z.B. zur ergänzenden Altersvorsorge, wird damit
weniger attraktiv.
Umgehungstatbestände
Umgehungstatbestände können
Mietpreisbegrenzung aushöhlen
Die Höchstpreisregelung kann durch Nebenleistungen – wie für Möblierung,
höhere Mieten für Stell- und Garagenplätze, besondere Ausstattungsgegenstände – umgangen werden und entfaltet dann nicht ihre Wirkung. Ob sich die
erwünschten Wirkungen der Mietpreisbremse bei konsequenter Anwendung
von Umgehungstatbeständen in vollem Umfang einstellen werden, bleibt somit
fraglich.
Vorzieheffekte
Strategisches Verhalten bei
nachteiligen Regelungen
Wenn Regelungen wie die Mietpreisbegrenzung bekannt werden und davon
negative Konsequenzen erwartet werden, reagieren die Akteure vorausschauend und versuchen ihre Position vor Inkrafttreten der Regelung nach Möglichkeit zu verbessern.
Vorzieheffekte konterkarieren
anfangs die Wirksamkeit der
Regelung
Solche Vorzieheffekte führen vor Einführung der Mietpreisbegrenzung bei
einer anstehenden Wiedervermietung dazu, dass bestehende Spielräume bei
Wiedervermietungen bewusst vollständig ausgenutzt werden, damit die dann
erreichte Miete auch bei zukünftigen Wiedervermietungen beibehalten werden
kann.
Mietenschub in verschiedenen
Teilmärkten bereits zu beobachten
Das bewirkt einen zusätzlichen Mietenschub, von dem bereits berichtet wird.
Dieser Mietenschub lässt sich jetzt nicht mehr vermeiden.
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InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
5. Besondere Fragestellungen
5.1. Vorgehensweise zur Abgrenzung angespannter
Märkte
Die geplante Regelung zur Mietpreisbegrenzung greift grundsätzlich in starken
Märkten und wirkt unmittelbar auf die Höhe der zulässigen Wiedervermietungsmiete. Bislang ist jedoch nicht bekannt, anhand welcher Kriterien eine
Abgrenzung der Märkte vorgenommen werden wird. Da die Länder ermächtigt
werden, die Gebiete durch Rechtsverordnung zu bestimmen, ist zu vermuten,
dass die Kriterien unterschiedlich ausgelegt werden.
Kriterien für die Abgrenzung
Die abstrakten Kriterien sind grundsätzlich bereits seit längerem bekannt.
Auch die Vorschrift des § 558 Abs. 3 Satz 2 BGB benennt diese drei Tatbestandsmerkmale, die erfüllt sein müssen, damit die Landesregierung für ein
betreffendes Gebiet eine Verringerung der Kappungsgrenze bestimmen kann.
Übernahme der abstrakten Tatbestandsmerkmale aus bestehenden
Regelungen
Die drei Kriterien sind in einem bestimmten Verhältnis zueinander zu betrachten:
Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen
• Als Normzustand wird eine ausreichende Versorgung der
Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen
definiert.
• Wenn der Normzustand einer ausreichenden Versorgung mit
angemessenen Bedingungen als besonders gefährdet anzusehen ist,
so gelten die Tatbestandsvoraussetzungen als erfüllt.
Die inhaltlichen Tatbestandsvoraussetzungen sind allgemein gehalten und
bedürfen daher einer Operationalisierung:
Operationalisierung der Tatbestandsvoraussetzungen erforderlich
• Was genau ist unter einer ausreichenden Versorgung zu verstehen?
• Welche angemessenen Bedingungen müssen gelten?
• Wann ist eine besondere Gefährdungslage zu konstatieren?
Diese Voraussetzungen sind angesichts der Bedeutung der Mietpreisbegrenzung für die betroffenen Gebiete detailliert zu definieren. Erforderlich sind
eindeutige, transparente Kriterien, die zu passgenauen Gebietsklassifizierungen führen.
Erfordernis eindeutiger, transparenter Kriterien
Im Vordergrund sollten dabei Mietergruppen stehen, die sich bei stark steigenden Mieten am Markt nur schwer selbst versorgen können und geschützt
werden sollen. Mit einer bundeseinheitlichen, hinreichend konkreten Regelung
können Rechtsunsicherheiten vermieden werden.
Konzentration auf besonders vom
Mietenanstieg betroffene Mietergruppen sinnvoll
Besonders nachteilig werden sich die beschriebenen Effekte der Einführung
einer Mietpreisbremse in Städten bemerkbar machen, die mangels eindeutiger
Kriterien nicht zutreffend in die Gebietskulisse eingeordnet werden können
oder deren Wohnungsmärkte Anspannungstendenzen nur schwach ausgeprägt
aufweisen.
Besonders nachteilige Effekte zu
erwarten, wenn Märkte nicht
zutreffend einsortiert wurden
Es ist ausgesprochen schwer, mit dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium eine eindeutige Zuordnung vorzunehmen, weil auch in angespannten
Erfüllbarkeit von Wohnwünschen
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
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Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Wohnungsmärkten nicht alle Teilmärkte davon betroffen sind und möglicherweise Entlastungs- oder Ausweichräume vorhanden sind. Generell impliziert
das die gesellschaftlich notwendige Diskussion, ob für alle Bevölkerungsgruppen angesichts der gewandelten Präferenzen zugunsten der Innenstädte dort
bezahlbarer Wohnraum in ausreichender Zahl zur Verfügung gestellt werden
kann.
Ausweis von Gebieten sinnvoll
unterhalb der Gemeindeebene
Angesichts des differenzierten Anstiegs der Wiedervermietungsmieten in einzelnen Städten ist zudem zu überlegen, ob die Mietpreisbegrenzung nicht
kleinteiliger für kleinräumige Gebiete innerhalb einer Stadt angewendet wird.
Das trägt der Ausgangssituation eher Rechnung als die pauschale Anwendung
auf das gesamte Stadtgebiet.
5.2. Zeitliche Befristung der Mietpreisregelungen
Referentenwurf weicht von den
Vereinbarungen des Koalitionsvertrages ab
Der Koalitionsvertrag hat vorgesehen, dass die Regelung zur Mietpreisbremse
zeitlich befristet wird. Der Referentenentwurf schafft dagegen ein Instrument,
dass zwar regelmäßig im Abstand von fünf Jahren geprüft werden soll, aber
prinzipiell auf Dauer angelegt und bei Bedarf in besonders betroffenen Gebieten wiederholt angewendet werden kann.
Negativer Einfluss auf die Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete auch kurzfristig zu erwarten
Grundsätzlich nimmt die Regelung einen schweren Eingriff in das bisher bewährte System der Mietpreisbildung vor. Mit der im Referentenentwurf umgesetzten Regelung besteht die Gefahr, dass die Mietpreisbegrenzung dauerhaft
in angespannten Wohnungsmärkten angewendet wird. Angesichts der skizzierten langfristigen Effekte (siehe Kapitel 4.1.2) auf die Dynamik der ortsüblichen
Vergleichsmiete wird dadurch die Investitionstätigkeit stark negativ beeinflusst.
Einmaliger Fünf-Jahres-Zeitraum
verschafft Zeit, um Maßnahmen
zu ergreifen
Ein einmaliger Fünf-Jahres-Zeitraum kann jetzt ein wenig Luft verschaffen: Für
die Dauer dieser zeitlichen Befristung können Maßnahmen geplant und umgesetzt werden, um die Ursachen des höheren Mietenanstiegs in den betroffenen
Märkten zu beseitigen, bspw. um das Wohnungsangebot durch Neubau auszuweiten. Selbst eine Befristung auf fünf Jahre wirkt sich schon auf die Dynamik
der ortsüblichen Vergleichsmiete aus. In Städten mit Mietspiegeln, wenn eine
stichprobengestützte Fortschreibung oder eine Neuaufstellung innerhalb des
Zeitraumes vorgenommen wird. Von einer dauerhaften Anwendung ist angesichts der zu erwartenden negativen Konsequenzen abzuraten.
5.3. Anforderungen an Maßnahmenpläne
Enge Koppelung der Mietpreisbegrenzung an Maßnahmenpläne
erforderlich
Die Mietpreisbegrenzung setzt nicht an den Ursachen an. Sie setzt insbesondere keine Anreize für die erforderliche Ausweitung des Angebotes durch Neubau. Daher sind an den Maßnahmenplan, der nach den Vereinbarungen im
Koalitionsvertrag an die Mietpreisregelungen gekoppelt werden soll, hohe
Anforderungen zu richten. Art und Umfang müssen geeignet sein, den bestehenden Engpass dauerhaft zu beseitigen.
Hinreichende Konkretisierung
der Maßnahmen notwendig
Die Maßnahmen müssen inhaltlich und zeitlich konkret sein. Zwar ist es
schwer, eine Umsetzungsverpflichtung zu fordern, jedoch ist auf eine Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen hinzuwirken. Hier sind insbesondere die
Kommunen gefordert, die aber oft über keine ausreichenden Ressourcen verfügen, um selbst aktiv zu werden.
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InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Generell stellt sich auch die Frage, ob sämtliche Instrumente – jenseits von
Neubauaktivitäten – bereits ausgeschöpft sind. Werden bspw. Anreize gesetzt,
dass Mieter aus einer mittlerweile zu groß gewordenen Wohnung in eine kleinere Wohnung umziehen. Oft ist damit ein Wechsel von einer größeren günstigen in eine kleinere und teurere Wohnung vollzogen. Solche Maßnahmen
könnten ggf. flankierend ergriffen werden.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Alternative Instrumente in Erwägung ziehen
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Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
6. Fazit
Anstieg der Marktmieten aufgrund von Bevölkerungs- und
Haushaltszuwachs in vielen
Städten
Vielfältige Ursachen wie die wirtschaftliche Stärke, aber auch Veränderungen
der Präferenzen der Nachfrage haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass
sowohl die größten Städte in Deutschland – wie Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt/Main, Stuttgart und München -, aber auch viele Mittelzentren einen Bevölkerungs- und Haushaltszuwachs erlebt haben. In diesen Städten war daher ein
deutlicher Anstieg der Marktmieten zu beobachten.
Anstieg der Marktmiete bewegt
sich in angemessenem Verhältnis
zum Kaufkraftzuwachs
Die Analyse der Ausgangssituation hat gezeigt, dass der Anstieg der Marktmiete noch in einem angemessenen Verhältnis zur Entwicklung der Kaufkraft geschehen ist. Bezogen auf die Durchschnittswerte ist für die breite Masse der
Bevölkerung die Wohnkostenbelastung nur unwesentlich gestiegen. Dort, wo
der Bevölkerungs- und Haushaltszuwachs mit einer deutlichen Ausweitung des
Wohnungsbestandes einhergeht, ist der Anstieg der Marktmiete geringer ausgefallen. Allerdings konnte der Zuwachs an Wohnungen mit der Zunahme an
Haushalten nicht Schritt halten. In Berlin und Hamburg, wo der Wohnungsneubau deutlich hinter dem Zuwachs an Bevölkerung zurückblieb, sind die
Marktmieten deutlich stärker gestiegen.
Stärkerer Mietenanstieg in Innenstadtlagen und im oberen
Preissegment
Zudem verlief der Mietenanstieg nicht einheitlich, sondern konzentrierte sich
auf beliebte Bereiche in der Innenstadt. Die Mieten sind im qualitativ höherwertigen Preissegment zudem stärker gestiegen als im unteren Preissegment.
Der Markt ist insofern differenziert zu betrachten.
Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete korrespondiert mit
Kaufkraftentwicklung
Zwar ist in den von einem höheren Anstieg der Marktmiete betroffenen und in
diesem Gutachten betrachteten Städte auch die ortsübliche Vergleichsmiete
von dem Anstieg der Marktmiete erfasst worden. Jedoch bewegt sich deren
Anstieg im Rahmen des Kaufkraftzuwachses.
Mietpreisbegrenzung hilft einkommensschwächeren Mietern
kaum
In den Städten mit hohem Mietenanstieg ist es erforderlich, insbesondere auf
Bezieher niedriger Einkommen zu achten, die zunehmend mit Schwierigkeiten
konfrontiert sind, eine bezahlbare Wohnung anzumieten. Eine einheitlich geltende Mietpreisbremse kann nicht verhindern, dass einkommensschwächere
Haushalte und auch Durchschnittsverdiener es weiterhin schwer haben, sich in
beliebten und besonders betroffenen Gebieten mit adäquatem Wohnraum zu
versorgen. Dagegen erhalten Bezieher höherer Einkommen einen Preisvorteil,
ohne dass deren Schutz erforderlich wäre. In beliebten Lagen wird es ohne
zusätzliche Maßnahmen, insbesondere eine deutliche Ausweitung des Mietwohnungsangebotes, schwierig bleiben oder unmöglich sein, jedem Haushalt
bspw. das Wohnen mitten in der Innenstadt zu ermöglichen. Auch darüber
muss ein gesellschaftlicher Konsens erzielt werden.
Mietpreisbegrenzung wirkt nicht
zielgenau
Ein Instrument, wie die geplante Mietpreisbegrenzung, die sich nicht auf einzelne Teilsegmente des Wohnungsmarktes oder einzelne Personengruppen
konzentriert, ist nicht zielgenau genug. Die Betrachtung von Nutzen im Verhältnis zu den entstehenden Kosten bzw. nachteiligen Effekten legt nahe, andere Instrumente vorrangig in Erwägung zu ziehen und von der geplanten
Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietungen Abstand zu nehmen.
Historische Dimension des Eingriffs in das bewährte Preissystem
Die geplante Regelung stellt dabei einen Eingriff von historischer Dimension
dar: Erstmals seitdem frei finanzierte Wohnungen ohne Preisbindungen in den
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InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
1950er Jahren errichtet werden konnten und das System der ortsüblichen
Vergleichsmiete mit dem ersten Wohnraumkündigungsschutzgesetz übergangsweise geschaffen und später als Dauerrecht bestätigt wurde, wird bei
Wiedervermietungen eine Preisbegrenzung eingeführt. Das stellt einen Rückschritt in Richtung der damaligen Zwangsbewirtschaftung mit rigiden Preisregulierungen dar. Angesichts der großen Wohnungsnot in den Jahrzehnten nach
dem Krieg waren diese Regelungen notwendig, um der Bevölkerung angemessenen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Es bestand aber das Ziel, die Preisregulierungen möglichst rasch wieder freizugeben, weil man sich davon eine
quantitative und qualitative Verbesserung des Wohnungsbestandes versprach.
Das jetzige System, das seit Anfang derer 1970 Jahre Bestand hat und zwischenzeitlich immer wieder angepasst worden ist, hat sich bewährt und zum
Interessenausgleich zwischen Vermieter und Mieter beigetragen. Vor allem hat
es – anders als in anderen europäischen Ländern (wie bspw. in Frankreich und
Spanien) – zu einem breit ausdifferenzierten und qualitativ hochwertigen
Mietwohnungsmarkt geführt.
Bewährtes Preissystem hat zu
Interessenausgleich zwischen
Mietern und Vermietern beigetragen
Durch die Vertragsfreiheit bei der Wiedervermietung von Wohnungen ist der
Wohnungsmarkt in der Lage, sehr differenziert auf die Wünsche der Nachfrage
einzugehen und bedarfs- und nachfragegerechte Wohnungsangebote in der
gesamten Breite des Marktes zu schaffen und dafür eine angemessene Miete
zu erzielen.
Vertragsfreiheit bei Wiedervermietung führt zu differenziertem
Wohnungsangebot
Dieses bewährte System wird ohne existenzielle Not aufs Spiel gesetzt. Mit der
geplanten Mietpreisbegrenzung steht zwar im Vordergrund, dass der Anstieg
der Marktmiete gestoppt bzw. begrenzt wird, es sind darüber hinaus jedoch
weitere nachteilige qualitative und quantitative Effekte zu betrachten.
Qualitative und quantitative
Effekte der Mietpreisbegrenzung
So ist das Konstrukt der ortsüblichen Vergleichsmiete ursprünglich nicht geschaffen worden, um damit Marktmieten zu begründen bzw. deren Höhe daran
zu koppeln. Insbesondere Mietspiegel sind oft nicht differenziert genug, um
die Facetten des Wohnungsmarktes entsprechend gut abzubilden. Das wird
sich zwangsläufig auch auf das Wohnungsangebot auswirken: Es wird sich
nach Einführung der Mietpreisbremse eher am Durchschnitt orientieren.
Dadurch wird es zukünftig noch schwerer werden, die Einflüsse von besonderen Ausstattungs- und Beschaffenheitsmerkmalen, wie bspw. energetische
Differenzierungsmerkmale, herauszuarbeiten und bspw. in Mietspiegeln auszuweisen.
Ortsübliche Vergleichsmiete
nicht für Anwendung bei Wiedervermietung geschaffen worden
Klarheit ist noch darüber zu schaffen, ob die ortsübliche Vergleichsmiete als
Spanne auszulegen ist und die Höchstgrenze auf die obere Spannengrenze
bezieht oder ob eine Einzelvergleichsmiete ausgehend vom Durchschnitt einer
Mietenverteilung gewählt wird. Je nachdem, welches Vorgehen gewählt wird,
sind erhebliche Konsequenzen für die Mietpreisbildung zu erwarten. In diesem
Zusammenhang muss man konstatieren, dass die heute in Mietspiegeln ausgewiesenen Spannen oft deutlich mehr als 10 bis hin zu 30 Prozent betragen
und auch durch Mietanpassungen in bestehenden Mietverhältnissen ausgeweitet werden. Dadurch kommen im Mietspiegel nicht oder nicht vollständig erfasste Details, aber auch subjektive Aspekte zum Ausdruck. Mit der willkürlich
festgelegten 10-Prozent-Höchstgrenze wird der Breite des Marktes nicht Rechnung getragen.
10-Prozent-Grenze ist willkürlich
festgelegt und trägt Bandbreite
des Marktes nicht Rechnung
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
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Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Dynamik der Marktmiete wird
vom Anstieg der ortsüblichen
Vergleichsmiete bestimmt – und
umgekehrt
Unabhängig von dieser Betrachtung wird sich die Marktmiete zukünftig nicht
mehr u.a. an der Entwicklung der Kaufkraft orientieren, wie dies derzeit erkennbar ist, sondern deren Dynamik wird durch die jährliche Entwicklung der
ortsüblichen Vergleichsmiete gedeckelt. In der jährlichen Steigerungsrate der
ortsüblichen Vergleichsmiete bspw. im Mietspiegel – um eines der vier gleichrangingen Begründungsmittel herauszugreifen – kommen mehrere Komponenten zum Ausdruck. Die Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete speist sich
aus Mietanpassungen in bestehenden Mietverhältnissen, aus Neuvertragsmieten durch Wiedervermietungen sowie durch Ausstattungs- und sonstigen Qualitätsverbesserungen, die nicht hinreichend gut abgebildet werden.
Koppelung der Marktmiete an die
ortsübliche Vergleichsmiete führt
zu einer rückläufigen Mietendynamik und ruft Ausweichreaktionen hervor
Bedingt durch die Koppelung kann sich die Marktmiete nicht – wie bisher –
mit einer höheren Steigerungsrate entwickeln als die ortsübliche Vergleichsmiete. Parallelität lässt sich nur erzielen, wenn alle Vermieter versuchen, die
Höchstgrenze vollständig auszuschöpfen. In der Praxis wird es dazu kommen,
dass damit die Entwicklung der Marktmiete zeitversetzt hinter der Dynamik
der ortsüblichen Vergleichsmiete zurückbleibt. Dadurch entsteht ein Regelkreismechanismus, in dem sich die Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete kontinuierlich zurückbildet. Vermieter können dem nur entgegen wirken, in
dem Mieten in bestehenden Mietverhältnissen regelmäßiger und unter Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Spielräume erhöht werden. Das ist eine
kontraproduktive Ausweichreaktion, da dadurch Mieter in bestehenden Mietverhältnissen betroffen würden, die bislang von dem allgemeinen Mietenanstieg im Markt bei Wiedervermietung nicht berührt wurden.
Erheblicher „Bremseffekt“ auf
die ortsübliche Vergleichsmiete
Findet keine Anpassungsreaktion in dem beschriebenen Sinne statt, so ist von
einer deutlich geringeren Dynamik der ortsüblichen Vergleichsmiete auszugehen als dies bisher der Fall ist. Da aufgrund der Berechnungssystematik der
ortsüblichen Vergleichsmiete für die jährliche Steigerungsrate die Marktspanne zwischen ortsüblicher Vergleichsmiete und Marktmiete unter Berücksichtigung des Mischungsverhältnisses von Wiedervermietungs- und Bestandsmieten entscheidend ist, ist auch für Märkte mit einer Steigerung der ortsüblichen
Vergleichsmiete von jährlich 2 Prozent und mehr mit einem erheblichen Bremseffekt zu rechnen.
Deutliche Verschlechterung des
Investitionsklimas für Neubau
und Modernisierungen
Dadurch wird sich das Investitionsklima deutlich verschlechtern und sowohl
den Neubau als auch das Modernisierungsgeschehen betreffen. Bereits jetzt
reagieren Investoren mit gewisser Zurückhaltung auf das Gesetzesvorhaben.
Wird die Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietungen als Dauerrecht geschaffen, wie es der Referentenentwurf derzeit vorsieht, und in der Praxis als
solches angewendet, so ist mit einem Rückgang der Investitionstätigkeit zu
rechnen, wenn sich die ortsübliche Vergleichsmiete in angespannten Märkten
nicht mehr mit einer Jahresrate von 2,1 bis 2,5 Prozent entwickeln wird, sondern mit einer rückläufigen Rate unterhalb von 1,7 bzw. 1,6 Prozent mit Tendenz zu 1,4 Prozent p.a., wie Modellrechnungen es ergeben haben. Die Ausnahmetatbestände können kaum zu einer Verbesserung beitragen.
Besonderer Stellenwert von
Neubau
Der Neubau besitzt im Kontext der Regelungen zur Mietpreisbegrenzung einen
besonderen Stellenwert: Er gilt als zentrale und letztlich einzige wirksame
Maßnahme, um die Angebotsengpässe bei dauerhaft hoher und weiter steigender Nachfrage zu beseitigen und damit für eine Entspannung des Mietenniveaus zu sorgen. Flankierend kann die öffentliche Hand ergänzende sozialpoli-
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InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
tische Maßnahmen einleiten, um die Folgen des Mietpreisanstieges für einkommensbenachteiligte Haushalte zu mildern.
Der besondere Stellenwert liegt darin, dass die Mietpreisbremse nicht als
Instrument gedacht war, um Anreize für den Neubau zu setzen. Aber durch die
intendierten Ausnahmeregelungen soll er von den negativen Folgen auf die
Investitionsbereitschaft möglichst ausgenommen werden. Ähnliche Regelungen sind für das Modernisierungsgeschehen gedacht. Bezogen auf den Neubau
ist jedoch zu befürchten, dass sich – wiederum aufgrund der Systematik, wie
die ortsübliche Vergleichsmiete gebildet und insbesondere in Mietspiegeln
wieder gegeben wird – gerade die für Neubauinvestitionen erforderlichen
kontinuierlichen Steigerungsraten nicht mehr einstellen werden.
Neubau zukünftig nicht mehr
wirtschaftlich darstellbar
Die Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietungen schwächt daher das wichtigste Instrument, um dem derzeit beobachteten Mietenanstieg wirksam zu
begegnen. Mit angezogener Bremse Gas zu geben, hat selten ein beständiges
Fortkommen gesichert.
Schwächung des Neubaus als
wichtiges Instrument
Ebenso wie der Neubau sind auch Modernisierungen, insbesondere solche mit
hohem Investitionsvolumen wie bei energetischen Modernisierungen oder
generationengerechten Anpassungsmaßnahmen, von der rückläufigen Mietendynamik betroffen. Die Wirtschaftlichkeit gerade von energetischen Modernisierungen, die in vielen Fällen bereits kritisch war, wird durch die Mietpreisbegrenzung negativ beeinträchtigt. Der geplante Ausnahmetatbestand des
§ 556e Abs. 2 BGB über die Berücksichtigung von Modernisierungen im DreiJahres-Zeitraum führt zu einer höheren Eigenkapitalrendite, wenn innerhalb
des Drei-Jahres-Zeitraumes ein Mieterwechsel stattfindet und das rechtlich
zulässige Umlagepotenzial ausgeschöpft wird. Die zeitliche Begrenzung auf
drei Jahre ist weder sachlich noch mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit nachvollziehbar.
Erheblicher Einfluss auf Modernisierungen erwartet
Eine Reihe weiterer Effekte der Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietung ist
von Bedeutung:
Weitere Effekte der Mietpreisbegrenzung
• Da die Mieten bei der Wiedervermietung einen Teil ihrer
Indiktionsfunktion für Knappheit verlieren, können Haushalte bei
gebremsten Wiedervermietungsmieten ihre Nachfrage nach
Wohnraum ausweiten, ohne dass deren Wohnkostenbelastung
dadurch steigt. Dies kann dadurch geschehen, dass größere
Wohnungen nachgefragt werden oder in Segmenten oder Lagen
nachgefragt wird, die bis zur Einführung der Mietpreisbegrenzung
aufgrund der höheren Miete nicht erreichbar waren. Dadurch werden
die Angebotsengpässe und Tendenzen zur Gentrifizierung weiter
verschärft.
Insbesondere
letzteres
sollte
mit
der
Mietpreisbegrenzung vermieden werden; dafür besitzt dieses
Instrument jedoch keine Eignung.
• Während die Mietpreisbegrenzung für Wiedervermietungen den
Mietwohnungsmarkt
reguliert,
bleibt
der
Markt
für
Eigentumsmaßnahmen unreguliert und gewinnt dadurch leichte
Vorteile. Für die Ausgewogenheit der Wohnungsmarktstrukturen ist
es wichtig, dass beide Segmente die gleichen Chancen haben, sich
am Markt in unterschiedlichen Lagen durchzusetzen.
InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Ausweitung der Nachfrage
Gleiche Zugangschancen zu den
Märkten Miete und Eigentum
sicher stellen
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Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Vermögensbildung: Vermietetes
Immobilienvermögen als Altersvorsorge
Umgehungsmöglichkeiten
Vorzieheffekte
• Verschlechtert sich das Investitionsklima generell, so sind davon
auch Bereiche betroffen, die nicht unmittelbar im Fokus stehen.
Angesichts prosperierender Immobilienmärkte in Deutschland hat
sich die Bildung von vermietetem Wohneigentum als viel
versprechend erwiesen. Das sozialpolitische Ziel, durch eigene
Ersparnis- und Vermögensbildung für das Alter vorzusorgen wird
damit konterkariert.
• Die Mietpreisbegrenzung kann in Teilbereichen umgangen werden,
indem höhere Zahlungen in nicht davon erfassten Bereichen
vereinbart werden, bspw. eine höhere Garagen- oder Stellplatzmiete
oder zusätzliche Zahlungen für Möblierung bis hin zu
Abstandszahlungen. Es ist schwer abzuschätzen, in welchem Umfang
davon Gebrauch gemacht werden wird.
• Vorzieheffekte im Vorfeld des Inkrafttretens der Regelungen sorgen
für einen zusätzlichen Anstieg des Mietenniveaus.
Sorgfältige Bestimmung der
Gebietskulisse anhand einheitlicher Kriterien notwendig
Sollte die Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietung Inkrafttreten, so ist es
wichtig, die Gebietskulisse dafür sorgfältig und nach bundesweit einheitlichen
Kriterien und Verfahren zu bestimmen. Angesichts der zu erwartenden negativen Effekte wirkt die Mietpreisbegrenzung in ausgeglichenen oder entspannten Märkten besonders nachteilig.
„Echte“ zeitliche Befristung im
Sinne des Koalitionsvertrages
angesichts negativer Konsequenzen dringend zu empfehlen
Die negativen Effekte auf die Höhe bzw. die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete werden bereits nach einer ersten Fortschreibung eines Mietspiegels bzw. einer Neuaufstellung spürbar werden. Damit wird die ortsübliche
Vergleichsmiete in den betroffenen Städten bereits innerhalb des ersten 5Jahres-Zeitraums beeinflusst werden. Diese Problematik verschärft sich in
jedem Abstand von Neuerstellung und Fortschreibung (mittels Stichprobe).
Daher ist eine zeitlich eindeutig befristete Regelung, ohne Möglichkeit eines
Wiederauflebens dringend zu empfehlen.
Mietpreisbegrenzung verhindert
Gentrifizierung nicht, keine Hilfe
für einkommensschwächere
Haushalten
Die Intention der Mietpreisbegrenzung ist grundsätzlich nachvollziehbar. Angesichts der Tatsache, dass sie außer einer Dämpfung des Preisniveaus nicht
dafür sorgen kann, dass Haushalten bezahlbarer Wohnraum dort zur Verfügung
steht, wo sie ihn nachfragen, und insbesondere eine Gentrifizierung nicht
verhindern kann, muss man diese Regelung unter Berücksichtigung der zu
erwartenden Effekte scharf kritisieren. Wäre sie im politischen Prozess nicht
„gesetzt“, so wäre dringend zu empfehlen, die Vor- und Nachteile intensiv zu
beraten und geeignetere Maßnahmen zu überlegen, um den Mietenanstieg
wirksam zu dämpfen und einkommensbenachteiligten Haushalten zu helfen.
Nachteilige Effekte stehen im
Vordergrund, Nutzen der Regelung zweifelhaft
Vor diesem Hintergrund ist die Regelung zur Mietpreisbegrenzung eher als
Ausdruck der Hilflosigkeit zu verstehen, nicht oder nicht rechtzeitig oder nicht
konsequent genug auf die sich schon lange abzeichnenden Angebotsengpässe
in geeigneter Weise reagiert zu haben. So verursacht die Mietpreisbegrenzung
insbesondere durch die deutliche Dämpfung des Anstiegs der ortsüblichen
Vergleichsmiete mittel- bis langfristig höhere Kosten als im Referentenentwurf
beziffert werden.
Gewonnene Zeitspanne ist dringend für das Ergreifen wirksamer
Maßnahmen zu nutzen
So bleibt zu hoffen, dass die aus dem Blickwinkel der Initiatoren erforderliche
zusätzliche Zeit eines verminderten Marktmietenanstiegs genutzt wird, um die
Angebotsengpässe zu beseitigen und dadurch den Mietenanstieg auf das als
angemessen empfundene Niveau zu begrenzen.
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InWIS-Gutachten Mietpreisbremse
Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
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Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
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Bauund
Wohnungswesen
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(Abschlussbericht zum Forschungsprojekt, gefördert mit Mitteln der
Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)).
Zweites Wohnungsbaugesetz (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) vom
27. Juni 1956, BGBl. I, S. 523 – 558.
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Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderungen - Mietpreisbremse
Anhang
Tab. 22:
Tabelle des Mietspiegels der Stadt Dortmund 2011
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