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Full text: Wir für Berlin (Rights reserved) Ausgabe 109.2021 (Rights reserved)

Deutsche Einheit | S. 3 Digitalisierung | S. 12 Demenz | S. 13 Lothar de Maizière blickt auf 30 Jahre Wiedervereinigung DAN & Co erleichtern den Alltag in der Pflege Daniela Heemeier über Validation bei desorientierten Menschen ZEITUNG FÜR MITGLIEDER, MITARBEITER & FREUNDE DES UNIONHILFSWERK WIR für Berlin 27. Jahrgang | Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 WIR GESTALTEN INDIVIDUELLE LEBENSQUALITÄT Interview mit dem Schauspieler Christian Näthe Gemütlich durch die Krise?! Was war das bloß für ein Jahr? Ein Jahr, das durch Corona eine nicht vorstellbare Entwicklung genommen hat. Ein Jahr, das gezeigt hat, wie sich Menschen in Krisenzeiten verhalten. Da gibt es zum Beispiel die, die trotz allem an andere denken, und es gibt die, die sich selbst am nächsten sind. Interessant ist aber auch ein anderes Verhalten, nämlich was Menschen in Zeiten wie diesen konsumieren – und warum. Es scheint, als hätten einige Länder während des Lockdowns im Frühjahr den Titelsong von Disneys Dschungelbuch »Probier’s mal mit Gemütlichkeit« zu ihrem Motto erklärt. Darauf könnte man jedenfalls schließen, wenn man sich anschaut, was in dieser Zeit bei ihren Einwohnerinnen und Einwohnern verstärkt im Einkaufswagen landete. Umfragen von Meinungsforschungsinstituten ergaben, dass, nachdem im März das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen kam, beispielsweise in Italien und Spanien die Nachfrage nach Rotwein stark anstieg. In Frankreich fanden zudem Kondome reißenden Absatz. In den Niederlanden standen viele vor den Coffeeshops an, um sich einen Vorrat an dem dort legalen Marihuana anzulegen. Und was machten die Deutschen? Beim Einkaufen war von Gemütlichkeit jedenfalls nichts zu spüren. Stattdessen machten wir der uns vom Ausland zugeschriebenen »German Angst« alle Ehre und horteten vor allem eines: Klopapier. In den sozialen Medien kursierten unzählige Fotos, die entweder leere Regale zeigten oder glückliche Menschen, die noch eine Packung ergattern konnten. In der zweiten Corona-Welle scheint sich das Hamstern zu wiederholen. Seit einigen Wochen ist in meinem Stammsupermarkt jedenfalls das »weiße Gold« spätestens am Abend ausverkauft ... »Wegkommen vom Schneller, Lauter, Größer!« ■ Ein persönlicher Rückblick: Wie war Ihr Jahr 2020? Es ist ja noch nicht vorbei. Gelangweilt habe ich mich nicht. Unsere Kinder mussten betreut werden und das Essen auf den Tisch. Wir haben mit der Band das entstandene Vakuum für die Produktion unseres neuen Albums genutzt, welches Ende des Jahres erscheinen soll! ■ Corona hat ja alle gleichermaßen getroffen, ob erfolgreichen Künstler, Handwerker oder Angestellten: Wie haben Sie die Krise zu spüren bekommen? Ich würde nicht sagen, dass alle »gleichermaßen« getroffen worden sind. Wer z. B. von zu Hause aus arbeiten kann, also ohne »Publikumsverkehr« und dabei noch die Annehmlichkeiten einer bequemen Heimstätte genießen kann, ist meistens im Vorteil. Das ohnehin ambivalente Filmbusiness ist noch vorsichtiger geworden. Ich hatte nur wenige – aber immerhin ein paar – Drehtage. Ich konnte einen Pfarrer in der Wendezeit spielen. Im Synchron ging ein bisschen was – das war gut. Ansonsten wurden viele Konzerte abgesagt oder verschoben – und werden jetzt von den Ersatzterminen wieder verlegt. Mal sehen, wie lange das Spiel so weiter geht. Foto: © Clemens Porikys Ohne Gewähr Gina Schmelter Alles erdenklich Gute Gerade nach einem Jahr wie diesem wünschen wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Menschen, die wir auf unterschiedlichen Wegen begleiten, deren Angehörigen sowie allen anderen, die unsere Zeitung lesen, ein gesegnetes Weihnachtsfest. Für das Jahr 2021 wünschen wir viel Glück und Zufriedenheit, vor allem aber Gesundheit. Wünscht sich mehr Menschlichkeit: Schauspieler und Musiker Christian Näthe Christian Näthe ist ein prominentes Fernsehgesicht, Schauspieler, Musiker, Synchronstimme und Ur-Potsdamer. 1976 in der Stadt geboren, lebt und arbeitet er dort bis heute. Sein Vater hatte einen der prominentesten Jobs der Landeshauptstadt: Er war Inselgärtner auf der Freundschaftsinsel. Neben der Schauspielerei für Kino, Film und Bühne ist Christian Näthe Gitarrist und Sänger einer Comedy-Folkband. Fortsetzung auf Seite 2 Das Ende der Pandemie Am Ende des Jahres ist es zur Tradition geworden, auf das vergangene Jahr zurückzublicken, aber auch einen Blick auf das neue Jahr zu wagen. Beim Blick auf das Jahr 2021 dürften die Fragen, wann Corona überstanden sein wird und wie das Leben danach aussehen könnte, weit vorn rangieren. Nachdem die Belastungen der CoronaPandemie im Sommer etwas nachließen, sind sie durch verschärfte Maßnahmen nun wieder deutlich zu spüren. Die Sehnsucht nach einem schnellen Ende ist daher groß. Der Corona-Impfstoff des Mainzer Pharmaunternehmens Biontech und sei- nes US-Partners Pfizer macht Hoffnung. Denn er könnte in Deutschland Anfang nächsten Jahres zugelassen werden. Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission des RobertKoch-Instituts geht jedoch von einer flächendeckenden Impfung erst im Jahr Fortsetzung auf Seite 2 ■ Sind Sie froh, dass das Jahr endlich zu Ende geht und es Zeit wird für etwas Neues? (also so nach dem Motto »2021 – bitte kommen!«) Für eine erleichtert-optimistische Aussage ist mir die Aussicht auf das Jahr 2021 zu ungewiss, aber immer noch sehe ich die Corona-Krise auch als notwendige Chance, mal über den gesamten Apparat nachzudenken. Selbst wenn die »CoronaPhase« irgendwann durchgestanden ist – dann hält der globalisierte Kapitalismus mit seinen schnellen Handels- und Reisewegen ja vielleicht schon die nächste Überraschung in Form eines wie auch immer gearteten Streueffekts für uns bereit. 2 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 NEUES Wir und Andere Auf ein Wort 25 Jahre Werden und Wachsen Wie Phönix entstieg die im Juni 1995 gegründete Union Sozialer Einrichtungen (USE) gGmbH der Asche des vorangegangenen Trägers Theta Wedding e.V. Seitdem ist das Unternehmen, das innovative Ideen, Marktorientierung und soziale Verantwortung miteinander verbindet, eine Erfolgs­geschichte, auf die ich mit Stolz zurückblicke. In ihrer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigte die USE Mitte der 90er Jahre rund 140 behinderte Menschen in acht Gewerken und Dienstleistungen. Heute bietet sie rund 1.100 behinderten Menschen an 13 Standorten in Berlin und Brandenburg in 30 Gewerken und Dienstleistungsbereichen Berufliche Bildung und Arbeit. Auch die Zahl der festangestellten Mitarbeitenden wuchs inzwischen auf über 370 an. Außerdem kamen weitere Angebote hinzu oder wurden stetig ausgebaut, wie der Integrationsfachdienst, die Unterstützte Beschäftigung, der Beschäftigungs- und Förderbereich oder zahlreiche attraktive Außenarbeitsplätze, beispielsweise im Berliner Abgeordnetenhaus und im Roten Rathaus. ■ Jeder hat ja so seine Art gehabt, mit der Situation umzugehen. Wie haben Sie versucht, den Kopf freizukriegen? Ich bin viel Rad gefahren und habe die Ruhe und Entschleunigung im Frühjahr durchaus genießen können. Das wiederum konnte ich nur, weil mir ein paar Rücklagen zur Verfügung standen. Die Arbeit an den Songs zu unserem neuen Album hat mich ebenfalls gut in Anspruch genommen! Auch die Dosis der konsumierten Nachrichten durfte durchaus mal runtergefahren werden. Christian Näthe ■ Wie ist Ihr Eindruck: Sind wir solidarischer geworden miteinander? Ich glaube nicht. Ein Blick nach Moria/ Lesbos genügt mir, um mich vom Gegenteil zu überzeugen. Leider. ■ Bei aller Schwierigkeiten, die ja jeder in dieser Zeit hat im privaten oder beruflichen Umfeld: Wie können wir dennoch nicht die Mitmenschlichkeit aus dem Blick verlieren und die Tatsache, dass andere unsere Hilfe brauchen? Indem wir uns wie Menschen (im Sinne von Menschlichkeit!) benehmen. Vertrauen, Solidarität und Zuversicht können nur gedeihen, wenn sie auch gelebt werden. Wer sich einmauert, verteilt bzw. bezieht auch keine Vitamine mehr! Ab und zu aus der eigenen Blase raus kommen und (zumindest als Gedankenspiel) mal die Position wechseln. Sonst kocht jeder sein Süppchen, in seiner Box, und verliert womöglich den Glauben und die Fantasie, das die Welt da draußen neben diversen Unannehmlichkeiten auch noch Brüderlichkeit und (angenehme) Überraschungen für uns bereithält. Allerdings stellen uns die Kontaktbeschränkungen, so sinnvoll sie sein mögen, hier nun wieder vor eine zusätzliche Herausforderung. Foto: © Clemens Porikys Foto: USE-Mediengestaltung/Denny Rosenthal Fortsetzung von Seite 1: »Wegkommen vom schneller, lauter, größer!« ■ Haben Sie auch Menschen unterstützt oder sind sich mit anderen näher gekommen jetzt in der bzw. durch die Pandemie? Wir haben uns in der Nachbarschaft bisher gut gegenseitig unterstützt. Ich hoffe, das bleibt so. ■ Haben Sie Menschen in Ihrem Umfeld durch die Pandemie besser oder anders kennengelernt bzw. hat die Pandemie oder der Umgang mit ihr auch Menschen entzweit? Also bisher gibt es in meinem inneren Zirkel keine Verwerfungen, aber Diskussionen durchaus! Andere Freunde wiederum haben in ihrem Freundeskreis mitunter durchaus eine spontane »Eiszeit« eingelegt, weil bei dem Thema die Wellen hochschaukeln. Von den Schlammschlachten in den »sozialen Netzwerken« halte ich mich fern. Bei Grenzerfahrungen setzen die Pandemie und die Folgeerscheinungen ja durchaus Ängste frei. Da lernt man, glaube ich, im Allgemeinen sich selbst und andere »besser« kennen. ■ Gibt es irgendetwas, was Sie für sich gelernt haben in diesem Jahr, was Sie mitnehmen? Die Verbindung unter den Menschen und zwischen Mensch und Natur, also die Qualität dieser Beziehungen, ist, glaube ich, das Wichtigste, was wir haben und pflegen sollten! Alles andere ist nur Schminke. Da, wo es geht, Ruhe ins Spiel bringen und wegkommen vom »Schneller, Lauter, Größer!« ■ Natürlich die Frage zum Schluss: Haben Sie einen guten Vorsatz für das neue Jahr, der mindestens bis zum Frühling halten wird? Sport, gesundes Essen und die Welt retten! Seid lieb zueinander! Das Interview führte Alexander Dieck Fortsetzung von Seite 1: Das Ende der Pandemie Mit der Gründung der Bildung Umschulung Soziales (BUS) gGmbH im September 2000 erweiterte sich das Angebotsspektrum um die Förderung von langzeitarbeitslosen Menschen. Das 100-prozentige Tochterunternehmen der USE hat z. B. den Modellpark Berlin-Brandenburg mit über 80 Modellen historischer Berliner und Brandenburger Gebäude im Maßstab 1:25 aufgebaut. Ab Februar 2021 werden die Geschicke der USE gGmbH in Andreas Sperlichs und Dr. Martin Kaufmanns Händen liegen. Ich werde als Geschäftsführer die BUS gGmbH weiterentwickeln. Darüber hinaus bleibe ich Vorstandsvorsitzender der Unionhilfswerk-Förderstiftung mit den Schwerpunkten Altershospizarbeit und Mobilität. Eine Aufgabe, die mir ebenfalls sehr am Herzen liegt. Foto: Freepik.com Ich wünsche der USE auch zukünftig viele innovative und kreative Ideen bei der Integration von behinderten und benachteiligten Menschen in das berufliche wie auch gesellschaftliche Leben. Wolfgang Grasnick Geschäftsführer Union Sozialer Einrichtungen (USE) gGmbH und Bildung Umschulung Soziales (BUS) gGmbH Christian Näthe wurde 1976 in Potsdam geboren und mit 13 Jahren für einen DEFA-Kinderfilm entdeckt. Zeitgleich nahm er für die Verkehrserziehungssendung »Verkehrskompaß« seine erste Synchronarbeit auf. Aufsehen erregte er mit seiner Rolle im preisgekrönten Kinofilm »Der Baader Meinhof Komplex.« Er drehte u. a. mit Götz George, war im Kassenschlager »Fack ju Göhte« dabei und ist in erfolgreichen Krimiformaten wie Tatort, Polizeiruf, Letzte Spur Berlin oder Soko Potsdam zu sehen. Ende des Jahres bringt er mit seiner Band ein neues Album heraus und er wird demnächst als Pfarrer in der ARD zu sehen sein. Erst durch einen Impfstoff gegen Corona wird sich die Situation entspannen 2022 aus. Das sagte er Ende Oktober gegenüber der Funke Mediengruppe. »Es wird längere Zeit dauern, bis wir durch die Impfung eine spürbare Veränderung des Infektionsgeschehens sehen werden.« Für eine Impfung von 15 Millionen Menschen brauche man 150 Tage, wenn jeden Tag 100 000 Menschen geimpft werden könnten. Dieses Tempo sei eine Herausforderung. Bill Gates ist dagegen optimistischer. Der Mitbegründer von Microsoft und der Bill and Melinda Gates Foundation zeigte sich überzeugt, dass die Corona-Pande- mie Ende 2021 überstanden sein wird. Das berichtete die Wochenzeitung »The Economist« Ende August. Die Gates-Stiftung hat bereits 350 Millionen Dollar als Reaktion auf die Pandemie gespendet. Und wie könnte das Leben nach Corona aussehen? Das Wissensmagazin von ProSieben »Galileo« ist schon Ende Mai dieser Frage nachgegangen. Eine Prognose ist beispielsweise, dass E-Learning, Home-Schooling und Homeoffice auch zukünftig genutzt würden und das Arbeiten dadurch flexibler wird. Eine weitere Annahme ist, dass sich die Menschen nach der Krise verstärkt gegen das Eingreifen des Staats in ihre Grundrechte wehren könnten, da sie seine Macht zu spüren bekommen hätten. Außerdem könnte das Bedürfnis nach Unabhängigkeit bestehen bleiben. So könnte der heimische Balkon weiterhin dafür genutzt werden, sich teilweise selber zu versorgen. In der Wirtschaft gäbe es ebenfalls das Bedürfnis nach Unabhängigkeit. Das Besinnen auf das Lokale, z. B. das Ansiedeln von Produktionsstätten in der Nähe, könnte zu einem widerstandsfähigeren Wirtschaftssystem führen. Gina Schmelter 3 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 BERICHTEN Bezirksverbände Berlin Interview mit Lothar de Maizière 30 Jahre Deutsche Einheit ■ Haben Sie 1990 als neu gewählter Ministerpräsident mit dem so schnellen Ende der DDR und damit ihrer Regierung gerechnet? Nein, obwohl absehbar war, dass die Regierung nicht um die Aufgabe herumkommen würde, sich selbst abzuschaffen. Mit diesem Anspruch wurde auch der Wahlkampf am 18. März 1990 bestritten. Beendigung der Zweistaatlichkeit und den Weg zur deutschen Einheit ebnen. Allerdings war nicht klar, wie lange das dauert. In meiner Regierungserklärung am 19. April 1990 hieß es: »Die Einheit muss so schnell wie möglich kommen, aber ihre Rahmenbedingungen müssen so gut, so vernünftig, so zukunftsfähig sein wie nötig.« Ich selbst ging damals davon aus, dass es möglich sein sollte, 1992 mit einer gemeinsamen deutschen Mannschaft zur Olympiade in Barcelona zu starten. Foto: Henryk Plötz Als Schwerpunkt für die November-Sitzung des Hauptausschusses war ein Gespräch mit dem letzten freigewählten DDR-Ministerpräsidenten Dr. h. c. Lothar de Maizière vorgesehen. Da die Veranstaltung coronabedingt abgesagt werden musste, folgt anschließend eine Kurzfassung des Interviews, das der Geschäftsführer der »Deutschen Gesellschaft«, Dr. Andreas H. Apelt, mit Lothar de Maizière im 30. Jahr der Wiedervereinigung führte. Wurde besonders durch seinen Beitrag zur Wiedervereinigung bekannt: Lothar de Maizière ■ Es gibt nicht wenige Kritiker der Wiedervereinigung, die bis heute behaupten, es handle sich um einen Anschluss der DDR an die Bundesrepublik. Wie begegnen Sie diesem Vorwurf? Mit dem Slogan »kein Anschluss unter dieser Nummer« wurde sogar Wahlkampf betrieben, das Ergebnis kennen wir. Der Slogan hat nicht verfangen, die DDR-Bürger wollten weder für neue sozialistische Experimente noch für eine ungeordnete Wiedervereinigung zur Verfügung stehen. Dem hat die Regierung im Einigungsvertrag Rechnung getragen. Die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion war bereits ein erster Schritt. Im Vertrag selbst sind dann Lösungen für die drängenden Probleme ausgehandelt worden. Und die umfassten die Fragen der Eigentumssicherung genauso, wie die Anerkennung der Berufsabschlüsse Ost oder das Abtreibungsrecht, um nur einige der strittigsten Punkte zu nennen. Die Vereinigung wurde nach Artikel 23 des Grundgesetztes vollzogen, von Anschluss konnte keine Rede sein. Die Wiederherstellung der staatlichen Einheit, so betonen Sie oft, ist trotz mancher Probleme im Einigungsprozess eine Erfolgsgeschichte. Gehen die Deutschen angemessen mit Ihrer Erfolgsgeschichte um? Manchmal braucht es Jahre, um den Wert eines einmaligen historischen Vorgangs zu schätzen. So scheint es auch der Friedlichen Revolution und der Wiedervereinigung zu widerfahren. Bis heute erinnert Veranstaltungskalender Aufgrund der aktuellen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Krise finden derzeit keine Veranstaltungen bzw. Tagesausflüge und Reisen in den Bezirksverbänden statt. Somit entfällt in dieser Ausgabe der Veranstaltungskalender. Wir bitten dafür um Ihr Verständnis! kein zentrales Denkmal an diese Sternstunden deutscher Geschichte, auf die wir Deutschen zu Recht stolz sein können. Und das obwohl es seit 1998 dazu Initiativen gibt und der Bundestag 2007 entschieden hat, ein Freiheits- und Einheitsdenkmal in Berlin zu errichten. Zum Glück hat die Deutsche Gesellschaft e.V., in der ich neben Franz Müntefering Vorsitzender bin, nicht lockergelassen. Jetzt sind wir auf einem guten Weg, der Bau hat, wenn auch spät, begonnen. Wir Deutschen tun uns eben schwer, selbst mit einer Geschichte des Stolzes und der Freude. Das Interview führte Dr. Andreas H. Apelt Foto: Eckhard Laßmann Singen im Freien Der Singekreis in unserem Bezirksverband Marzahn-Hellersdorf des UNIONHILFSWERK konnte sich aufgrund der Corona-Pandemie seit März nicht mehr treffen. Denn um die geforderten Mindestabstände für die etwa 22 Teilnehmer einhalten zu können, ist unser Versammlungsraum im »Kieke mal« viel zu klein. Doch besondere Umstände erfordern besondere Aktivitäten. Und so wurde die Idee geboren, dort zu singen, wo es möglich ist – im Freien, selbstverständlich auch hier mit dem nötigen Abstand. Und so kamen 14 Sangesfreudige im September im Gar- Was für die Enkel-Generation heute Alltag ist, scheuen viele Ältere – das Internet. Immerhin sollen es in Deutschland etwa zwölf Millionen über 50-Jährige sein. Dabei ist es gar nicht so schwierig, wie man vielleicht denkt. Starthilfe gibt dabei ein leicht verständlicher Ratgeber für alle, die erste Schritte im Internet wagen oder sich bereits versucht haben. Der kostenlose »Wegweiser durch die digitale Welt – für ältere Bürgerinnen und Bürger« der BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen – gibt einen Überblick über die Möglichkeiten, die das Internet bietet. Zugleich beantwortet er zahlreiche Fragen: Wie halte ich online Kontakt zu meiner Familie? Wie kaufe ich im Internet eine Fahrkarte oder buche eine Reise? Und wie bewege ich mich sicher im Netz? In der nun vorliegenden überarbeiteten, aktualisierten und vom Bundesministerium für Verbraucherschutz unterstützen Neuauflage, finden sich erstmals Kapitel zu den Themen »Digitaler Nachlass« und »Unterhaltung im Netz«. Der Ratgeber ist auch als Hörversion erhältlich. (Zu beziehen ist die Broschüre per Post: Publikationsversand der Bundesregierung, Postfach 48 10 09, 18132 Rostock) Foto: iStockphoto / Maria-Symchych-Navrotska Geheimnis Internet? ten der Familie Laßmann zusammen. Alle waren begeistert, denn endlich konnte wieder etwas gemeinsam unternommen werden. Auch Singekreis-Leiterin Gisela Würzebesser hat es sichtlich Spaß gemacht, die Stimmen in die richtigen Tonlagen zu dirigieren. Auf diese Weise kamen auch die Nachbarn in den Genuss eines kostenlosen musikalischen Auftritts. Da das Wetter es gut mit uns meinte, gab es vierzehn Tage später sogar eine Wiederholung unseres »Freiluftgesangs«. Und eine Fortsetzung ist nicht ausgeschlossen. Eckhard Laßmann 4 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 NEUES Foto: Herr Labro | USE-Mediengestaltung Wir und Andere Um die Verbreitung des Coronavirus zu reduzieren, dürfen Restaurants Speisen nur liefern oder außer Haus verkaufen Corona-Pandemie Von Panik bis Gelassenheit: Umgang mit der Krise Die Infektionszahlen in Berlin stiegen in den vergangenen Wochen rasant. Daher hat der Berliner Senat die Maßnahmen weiter verschärft, um der Corona-Pandemie entgegenzuwirken. Seit Anfang November sind Gastronomiebetriebe, Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen geschlossen. Im privaten Bereich gelten strenge Kontaktbeschränkungen. Zudem wurde die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung erweitert. Schüren diese Maßnahmen Ängste oder sind sie ein Zeichen von Verantwortungsbewusstsein? Sind sie angemessen oder überzogen? Hier gehen die Meinungen auseinander. Die große Frage ist, wie der richtige Umgang mit Corona aussieht. Weniger Kontakte, weniger Infektionen? Am 26. November verständigte sich der Senat in einer Sondersitzung darauf, den Teil-Lockdown bis zum 22. Dezember zu verlängern. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte in der anschließenden Pressekonferenz: »Wir müssen einen langen Atem haben, um gemeinsam durch diese lange Pandemie zu kommen«. Es sei eine hoffnungsvolle Entwicklung, dass (...) es eine leicht fallende Tendenz gebe. »Aber wir können uns nicht zurücklehnen«, so Michael Müller weiter. Unterdessen warnte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, in der Morgenpost vom 27. November vor dramatischen Folgen der Verschärfung und Verlängerung des TeilLockdowns. »Der große Verlierer sind viele Innenstadt-Händler, denen unter den Corona-Bedingungen die Kunden und die Umsätze wegbrechen.« 58 Prozent der Deutschen befürworten Lockdown-Maßnahmen Aus dem Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel vom 13. November geht hervor, dass mehr als die Hälfte der Befragten die geltenden Bestimmungen für angemessen hält. Noch weitergehendende Maßnahmen fordern 26 Prozent. 14 Prozent finden sie dagegen übertrieben. Viele Gegner äußern ihren Unmut über die Corona-Auflagen in den sozialen Medien. Sie beteiligen sich aber auch an bundesweiten Demonstrationen. Was genau steckt hinter dem Unmut der Kritiker? Die Anti-Corona-Demonstration am 8. August in Stuttgart beispielsweise gab darüber Aufschluss – aber auch darüber, wie man ihnen begegnen kann. gefeiert wird, hätte Florian Schröder mit den Aussagen der Corona-Gegner Pingpong gespielt, schrieb Christiane Peitz im Tagesspiegel vom 10. August. Er hätte scharfe Kritik geübt, sie aber auch ernst genommen. Am Ende seines Auftritts hätten Irritation und Verwirrung geherrscht. Was hat Florian Schröder in seiner zwölfminütigen Rede, die auf YouTube angesehen werden kann, gesagt? Der Kabarettist hat beispielsweise gefragt, ob wir in einer Diktatur lebten. Die anfängliche Zustimmung schlug in Ablehnung um, nachdem er geantwortet hatte: »Wenn wir irgendeine Form von Diktatur hätten, dürftet ihr euch hier nicht versammeln und ich dürfte hier nicht sprechen.« Außerdem fragte Florian Schröder das Publikum, ob es die totale Meinungsfreiheit wolle. Er erntete zuerst wieder Zustimmung. Der Unmut folgte, als er sich für Maskentragen und Abstandsregeln aussprach. Daraufhin erwiderte Florian Schröder: »Wenn ihr für Meinungsfreiheit seid, müsst ihr meine Meinung aushalten.« Mit Hegel Corona-Kritiken Paroli bieten Was für ein Umdenken nötig ist Kabarettist Florian Schröder hat zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der »Querdenken«-Kundgebung an jenem Samstag gesprochen. Mittels der auf These, Antithese und Synthese basierenden Dialektik von Georg Friedrich Wilhelm Hegel, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr Florian Schröders Auftritt regt zum Nachdenken an. Aber führt er auch zu einem Umdenken? Dazu äußerte sich Gesundheitspsychologin Jutta Mata am 23. September in der Berliner Zeitung. Jeder Einzelne sollte »nicht nur wissen, was er tun kann, sondern auch, wie er es tun kann«. Darüber hinaus seien Bedingungen zu schaffen, die verantwortungsvolles Verhalten fördern, zum Beispiel Masken leicht verfügbar machen. Es gehe auch darum, zu verstehen, was es bringt, wenn eine bestimmte Verhaltensregel befolgt werden soll, so Jutta Mata. Und wie kann sich die Politik in dieser Situation verhalten? Der Sozialpsychologe Florian Kaiser, der an der Universität Magdeburg zum Verhalten von Menschen in Krisen forscht, hat bereits am 10. April im MDR eine Empfehlung gegeben. »Die Viruskontrolle ist viel dominanter als alle anderen Werte unserer Gesellschaft. Mittelfristig muss die Politik nun die anderen Werte miteinberechnen und einen Kompromiss finden, der alle Bedürfnisse besser abdeckt – und nicht nur eines.« Rückmeldungen von Klienten und Angehörigen zeigen, dass dies den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des UNIONHILFSWERK seit Beginn der Pandemie im März gelungen ist. Ob in der Kinderbetreuung oder Altenpflege, in der Eingliederungs-, Wohnungslosen- oder Flüchtlingshilfe: Sie haben mit viel Kreativität und Einfühlungsvermögen das Leben in der Krise für die ihnen anvertrauten Menschen erträglich gemacht. Gina Schmelter 5 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 ENGAGIEREN Freizeit schenken Unabhängig und engagiert Die beeindruckende Geschichte eines jungen Mannes, der sein Schicksal meistert Er lacht viel und gerne. Pascal ist ein großer kräftiger Kerl, der fünf Mal in der Woche zum Kraftsport geht und stolz seine Muskeln zeigt. 32 Jahre ist er alt und sagt: »Ich nehme komplett am Leben teil.« Keine Selbstverständlichkeit, denn der ausgebildete Verkäufer und Industriemechaniker ist seit neun Jahren blind. Ein besonderer Stammtisch Foto: privat Es war der 13. März 2011. Das Datum wird er nie vergessen. »Ich konnte nicht reden, nicht allein essen und trinken, nicht sprechen, ich lag drei Monate im künstlichen Koma«, erzählt er. Die Ärzte hatten ihn fast aufgegeben, aber er schaffte es. Seine Eltern haben ihn immer unterstützt, gemeinsam mit ihm für seine Gesundheit gekämpft. Heute wohnt er allein in seiner Wohnung, die Eltern darüber im ersten Stock. Pascal ist unabhängig. Das ist ihm wichtig. Dass er nicht mehr sehen kann, bedeutet aber, dass er sein Leben stark verändern musste. Die Hauptstraße kann er nicht allein überqueren, es gibt keine barrierefreie Ampel. Deshalb muss ihn jemand zum Kraftsport begleiten. Der tägliche Sport macht ihm großen Spaß. »Man muss nicht sehen können, um Sport zu machen«, sagt er. schnell. »Ich Pascal, 32 Jahre alt, möchte etwas erleben.« So hatte er sich bei der Kontaktstelle PflegeEngagement Reinickendorf des UNIONHILFSWERK gemeldet und Kontakt zu Freiwilligen bekommen. Pascal braucht Hilfe, bietet aber auch selbst Hilfe an Freiwilligenarbeit unterstützt Einmal in der Woche kommt Daniel zu Besuch und dann unternehmen sie etwas. Daniel ist 36 Jahre alt und Freiwilliger. Vor wenigen Wochen waren sie in der »Mall of Berlin«. Pascal wollte unbedingt die superscharfe Currywurst essen, die nur dort angeboten wird. Daniel begleitete ihn und gemeinsam hatten sie viel Spaß. Auch im Kino Die Kontaktstelle unterstützt pflegende und betreuende Angehörige sowie pflegebedürftige Menschen jeden Alters, bietet aber noch viel mehr. »Wir fördern auch nachbarschaftliche Kontakte und Initiativen und vermitteln Freiwillige, also Menschen, die sich engagieren wollen«, erzählt Christine Gregor, eine der Projektkoordinatorinnen. So kam es auch zum Kontakt zwischen Pascal und Daniel. Das Engagement ist aber nicht einseitig. Denn Pascal hat entschieden, dass er auch Freiwilligenarbeit leisten möchte. »Ziemlich gute Technik« heißt seine Austauschrunde zu technischen Alltagshilfen für Menschen mit Behinderungen. »Als Blinder weiß ich, wie wichtig es ist, von Technik oder Software zu erfahren, die hilft«, sagt er. Da gibt es zum Beispiel ein Programm, das bei Lebensmitteln jeden ISBN-Code liest und sagt, was das für ein Produkt ist.« Manuela Kasper-Claridge waren sie schon. Pascal hörte sich während der Vorstellung die Hörfilm-Fassung über sein Handy an. Er begeistert sich für Technik, denn die ermöglicht ihm den Zugang zu Büchern oder zu sozialen Netzwerken. Dank der Technik »liest« er ohne Probleme »WhatsApp«-Nachrichten auf seinem Smartphone und antwortet sekunden- Kontakt Wer mitmachen möchte oder sich in der Freiwilligenarbeit engagieren möchte, meldet sich bei der Kontaktstelle PflegeEngagement Reinickendorf, Tel. (030) 417457 52 Veranstaltungen 16.2.2021, 16.30-19.30 Uhr Einführung zu Verschwörungsideologien und Antisemitismus mit Melanie Herrmann | digital 23.2.2021, 16.30–19.30 Uhr Desinformationen und Verschwörungsideologien online begegnen mit Teresa Sündermann | digital 2.3.2021, 17.30-19.30 Uhr Digitale Kompetenzen I: Einführung sich online treffen und engagieren mit Elisabeth Schwerdtner UNIONHILFSWERK Richard-Sorge-Str. 21 A, 10249 Berlin 14.4.2021, 18-20 Uhr und Online-Modul: 15.4.2021, 18-19 Uhr Digitale Kompetenzen II: Online-Treffen veranstalten und sich digital engagieren mit Elisabeth Schwerdtner UNIONHILFSWERK Richard-Sorge-Str. 21 A, 10249 Berlin 17.4.2021, 10-13 Uhr Wald-Sein und Auftanken mit Anja Lindner Schönholzer Heide, Berlin-Pankow Treffpunkt: S-Bhf. Schönholz 27.4.2021, 17-19 Uhr Digitale Kompetenzen III: Follow-Up: Online-Konferenzen und digitales Engagement mit Elisabeth Schwerdtner | digital Anmeldungen: freiwillig@unionhilfswerk.de Tel. (030) 41726-131 Gesucht Begegnungsprojekt Empowerment+ zeigt Wirkungen Foto: Patricia-Kalisch Insgesamt gab es 38 sogenannte Tandems, in denen Freiwillige des UNIONHILFSWERK Neu-Berlinern mit Rat und Tat zur Seite standen. Aktuell sind noch 22 Tandems aktiv, die die Zeit bis zum Jahresende für gemeinsame Unternehmungen nutzen. Die Tandems trafen sich mindestens einmal pro Woche für gemeinsame Unternehmungen etwa zur Vermittlung Das Empowerment+-Team (v.l.n.r.): Yamen Aljeash, Simone Baumer, von Sprachkenntnissen, Daniel Büchel und Theresa Rupprecht zur Unterstützung bei Bewerbungen oder zu Ein erfolgreiches Projekt der Flüchtlingshilfe gemeinsamen Freizeitaktivitäten wie Museumsbesuchen, Sport- oder Kulturveranstaldes UNIONHILSWERK geht seinem Abschluss tungen. Zusätzlich engagierten sich Neuentgegen: Empowerment+ startete Anfang 2019 Berliner selbst freiwillig für ältere und läuft nun zum 31. Dezember aus. »Das Menschen und als Engagementbotschafter. Projekt wurde über den Europäischen SozialVorgesehen war, dass die Tandems minfonds für zwei Jahre gefördert«, erläutert Theresa destens drei Monate zusammenbleiben. Rupprecht. Eine Verlängerung werde es nicht »Oft bestanden die Tandems ein halbes geben, bedauert die Projektkoordinatorin, die Jahr und länger«, sagt Theresa Rupprecht. eine positive Bilanz zieht. Dabei seien auch feste Freundschaften entstanden, wie bei jenem Mann aus Syrien, der in seiner Heimat einen Garten mit Olivenbäumen besaß. Über seinen Tandempartner kam er in Berlin zu einem Kleingarten, wo beide inzwischen gemeinsam erfolgreich Tomaten anbauen. Theresa Rupprecht freut sich über das positive Feedback, das ihr die Teilneh­mer vermittelten. Wenn es überhaupt etwas gibt, das kritisch zu erwähnen wäre, so ist es der große bürokratische Aufwand, der mit der Förderung durch den Europäischen Sozialfonds verbunden war. Jede Menge Formulare waren auszufüllen und viele Unterschriften zu leisten. Rückblickend war es das aber wert. Herzlichen Dank an das Projektteam mit Theresa Rupprecht, Simone Baumer, Yamen Aljeash und Projektleiter Daniel Büchel für die geleistete Empowerment-Arbeit. Helmut Herold Förderhinweis ESF im Land Berlin Ein Projekt der Stiftung Unionhilfswerk Berlin Du kannst Zuhören und begeistern? Als Teil des Beratungsteams unterstützt du interessierte Menschen, ein passgenaues Engagement zu finden / Reinickendorf, Friedrichshain Digital Natives für die technische Unterstützung bei digitalen Veranstaltungen / Nutzungen über MS-Teams- und Zoom und bei der Heranführung an die digitale Welt / berlinweit Hausaufgabenbetreuung von Grundschulkindern aus Flüchtlingsfamilien nachmittags nach der Schule in unserer Flüchtlingsunterkunft / Köpenick (Rahnsdorf) Spaziergänge mit älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen aus Wohnheimen / Wilmersdorf, Pankow, Kreuzberg, Treptow Hospizengagierte für Lebens- und Sterbebegleitung und Patientenverfügungsberatung / berlinweit 1:1-Mentoring während Ausbildung und in der Berufsorientierung / berlinweit Kontakt: freiwillig@unionhilfswerk.de Tel. (030) 41726-131 6 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 GESTALTEN Lebensqualität stiften STERNENFISCHER Zwei Frauen mit Visionen: ein Doppelportrait Foto: Gabriel Mariño Fachwissen. »Sie hat ein strategisches Gespür, sie kennt sich sehr gut aus mit Finanzen und Anträgen. Hier kann ich von ihr lernen.« Außerdem sei Anne Eilert sehr gut geschult in gewaltfreier Kommunikation, was gerade in Konfliktgesprächen sehr hilfreich sei. Gemeinsam seien sie ein gutes Team, da sind sich beide einig. Von Kolleginnen zur Doppelspitze: Anne Eilert und Luisa Clauß von den STERNENFISCHERN. Im Hintergrund: Stefanie Wind, Fachbereichsleiterin Stiftungsprojekte Anne Eilert und Luisa Clauß haben am 1. August die Leitung des STERNENFISCHER Freiwilligenzentrum Treptow-Köpenick übernommen. Zwei Kolleginnen, die sich mögen. Zeitgleich ist spürbar, wie unterschiedlich beide sind. Das Modell der Co-Leitung wird bei den STERNENFISCHERN zum ersten Mal realisiert. Im August sind Anne Eilert und Luisa Clauß als Doppelspitze des STERNENFISCHER-Teams gestartet. Als Leitungen in der Gesamtverantwortung, in Teilzeit jeweils weiterhin in der Basisarbeit der STERNENFISCHER verankert. Anne Eilert ist wie zuvor im ESF-Projekt KIEZTANDEM tätig, Luisa Clauß als Freiwilligenkoordinatorin in der Beratung und Vermittlung interessierter Engagierter. Damit sind sie Gesichter für ein modernes Verständnis von Leitung. Der Weg an die Spitze geebnet vom Gesamtteam, das dieses Modell gemeinsam in einer Supervision entwickelt und vorgeschlagen hat. »Von der Kollegin zur Vorgesetzten – der Klassiker, der nie reibungslos läuft«, unterstelle ich. Die neue Beziehungsebene sei natürlich auch eine Herausforderung, so Anne Eilert. Es gäbe unterschiedliche Erwartungshaltungen im Team, wie weit die Leitung steuern sollte. Grundsätzlich seien sich aber alle Kolleginnen und Kollegen einig, dass sie als Team arbeiten wollen, das aktiv in Entscheidungsprozesse eingebun- den wird. Und diese Haltung ist Programm: Teamcoaching, Teamsupervision, interne Klausur. Zeit, die investiert wird, um sowohl inhaltliche Akzente als auch Arbeitsprozesse gemeinsam zu entwickeln. Bei diesem Prozess der Teamentwicklung sei ein engmaschiges Zusammenspiel unabdingbar, konstatiere ich. »Wie arbeitet ihr zusammen? Wie ergänzt ihr Euch?« Anne Eilert, 33 Jahre, Berlinerin, studierte Kulturwissenschaftlerin mit Master in Soziokulturellen Studien, beschreibt ihre Luisa Clauß, ebenfalls 33, ist sichtbar gerührt, während Anne Eilert sie beschreibt. »Ich bin überrascht über diese Einschätzung und freue mich darüber.« Sie selbst kommt in Köpenick nach einem bewegten Leben mit vielen Stationen zur Ruhe, hat ihr Zuhause gefunden. Als Tochter eines Biologen-Ehepaares war sie schon als kleines Kind viel in der Welt unterwegs. In Göttingen geboren, aufgewachsen in der Dominikanischen Republik und in Mexiko, zog es sie zum Studium zurück nach »Wenn die Leute Denken, die STERNENFISCHER haben gute Ideen und trauen sich, neue Formate zu erproben, dann haben wir einen guten Job gemacht.« Kollegin Luisa Clauß als besonders empathisch. Sie habe stets ein offenes Ohr. »Dabei ist sie weitaus geduldiger als ich es je sein könnte«, gibt sie mit einem Schmunzeln zu. Dies sei sehr ausgleichend in der Zusammenarbeit. »Luisa bleibt stets gelassen und scheut sich auch nicht, Grenzen klar zu benennen.« Besonders betont Anne Eilert das Talent ihrer Kollegin, für alle Teammitglieder ein Setting von Geborgenheit und guter Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Deutschland. Zunächst nach Leipzig, dann Berlin. Die Ethnologin mit Master in Interkultureller Kommunikation lebt nun seit März mit ihrem Mann im Herzen von Köpenick. »Ist der Berliner Südosten nicht langweilig für eine Weltenbummlerin wie dich?«, will ich wissen. Das Gegenteil sei der Fall, sie habe nach einem Zuhause gesucht und habe es hier gefunden, antwortet Luisa. An ihrer Leitungs-Kollegin Anne Eilert schätze sie vor allem ihre Klarheit und ihr Was beide verbindet, sind eigene Erfahrungen im Engagement: Während Anne Eilert ab 2013 Sprachkurse für Geflüchtete in Unterkünften gegeben hat, war Luisa Clauß für Straßenkinder in Mexiko und während des Studiums in einem Besuchsdienst und im Betreuten Wohnen für alte Menschen aktiv. Ihr Engagement hat ihnen die Bedeutung hauptamtlicher Strukturen aufgezeigt. Und auch die Kraft bürgerschaftlichen Engagements, die insbesondere Anne Eilert als Engagierte in der Flüchtlingshilfe erlebt hat: »Die Lebensbeding­ ungen in der Unterkunft waren sehr schlecht. Wir Engagierten haben hier den Finger in die Wunde gelegt und gemerkt, dass wir mit unserem Einsatz etwas bewegen können.« Diese Erfahrungen und Überzeugungen sind für beide inzwischen auch Motor ihres beruflichen Handelns. »Engagement ist wichtiger denn je«, so Anne Eilert. Und deshalb seien Einrichtungen wie STERNENFISCHER gefragt, nach neuen Wegen zu suchen, um zahlreiche Personen für ein Engagement zu begeistern. Hier seien auch im Zuge der Pandemie in den vergangenen Monaten neue Formate erfolgreich erprobt worden, zum Beispiel Upcyclingworkshops, die digital veranstaltet wurden, erläutert Luisa Clauß. »Wir müssen gucken, mit welchen Themen wir Menschen begeistern und dann das Thema Engagement platzieren«, davon sind beide überzeugt. Für die Zukunft der STERNENFISCHER haben sich beide viel vorgenommen: »Wir wollen mehr Familien erreichen, noch bessere Zugänge zu jungen Menschen schaffen, über Aktionen die Vielfalt des Engagements sichtbarer machen. Wenn die Leute denken »die STERNENFISCHER haben gute Ideen und trauen sich, neue Formate zu erproben, auch wenn nicht alles klappt, dann haben wir einen guten Job gemacht.« Stefanie Wind, Fachbereichsleiterin Stiftungsprojekte STERNENFISCHER Freiwilligenzentrum Treptow-Köpenick Oberspreestr. 182 12557 Berlin Telefon: 030 24358575 info@sternenfischer.org 7 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 AKTIV SEIN Körper & Geist Aufs Rad gekommen Per Drahtesel durch die kalte Jahreszeit Thomas Thielking ist Koordinator im Verbund Betreutes Wohnen Mitte und fährt täglich mindestens acht Kilometer nach Alt-Moabit: »Als Koordinator bin ich viel unterwegs und besuche mehrere Standorte regelmäßig. Da komme ich oftmals auch auf 20 Kilometer am Tag«. Bisher hatte er für die kürzeren Strecken oft ein Falt-Rad dabei, »aber für größere Entfernungen ist das einfach nichts«. Auch das UNIONHILFSWERK ist aufs Rad gekommen, Während die USE bereits seit Sommer 2018 über das Portal »Jobrad« bezuschusste Fahrräder zum Leasing anbietet, setzen die Unionhilfswerk Sozialeinrichtungen seit diesem Sommer auf »Businessbike«. Andere Unionhilfswerk-Gesellschaften befinden sich aktuell noch in der Planung bzw. in Gesprächen mit Anbietern. Das Prinzip ist auf beiden Portalen ähnlich: Nach der Registrierung wird der gewünschte Händler in der Nähe ausgewählt und dort das passende Rad ausgesucht. Ist das Rad bestellt, folgt die Bestätigung durch das UNIONHILFSWERK. Dann heißt Foto: privat Die U- und S-Bahnen sind voll und die Luft steht: Im Herbst und Winter ist das Pendeln mit den öffentlichen Verkehrsmitteln manchmal unangenehm. In diesem Jahr kommt neben der Maske noch das mulmige Gefühl dazu, keinen Abstand halten zu können. Daher ist das Rad aktuell die beste Alternative. Ist aufs Rad gekommen: Thomas Thielking, Koordinator im Verbund Betreutes Wohnen Mitte es: Losradeln – zur Arbeit, im Alltag, im Urlaub oder zum Sport. Abgezahlt wird das neue Rad in 36 Monatsraten. Dienstrad genutzt, weil Sie zum Beispiel zu häufig wechselnden Einsatzorten fahren müssen, zahlt das UNIONHILFSWERK die Raten bis zu einem bestimmten Betrag. Andere Kolleginnen und Kollegen können das System der Gehaltsumwandlung nutzen, bei dem die Raten selbst getragen werden. Gespart wird aber in jedem Fall, denn durch eine Gehaltsumwandlung gehen die Leasingraten vom Bruttolohn ab, so werden also Steuern gespart. Thomas Thielking freut sich: Sein schnelles, geländegängiges Gravelbike ist rechtzeitig vor seinem Urlaub angekommen. Außerdem konnte er am »Stadtradeln« im September teilnehmen. Im Team des Betreuten Wohnens Mitte waren sieben Kolleginnen und Kollegen. So entwickelte sich das Radfahren zur Team-Building-Maßnahme. »Wir feuerten uns da gegenseitig an«, erzählt er. Insgesamt traten 89 UNIONHILFSWERKER beim »Stadtradeln« in die Pedale und fuhren 6.985 Kilometer in 30 Tagen. Damit lagen wir berlinweit auf dem 12. Platz. Ganz besonders fleißig war USE-Kollege Dirk Netzner: Er allein radelte 1.466 Kilometer! Die versprochene Fahrradtasche für den Erstplatzierten hatte er sich damit mehr als verdient. Wie die genaue Bezuschussung durch das UNIONHILFSWERK dann aussieht, ist unterschiedlich: Wird das Fahrrad als Irena Welslau »Yoga ist Meditation in Bewegung« Maria Reich leitet seit über vier Jahren einen Yoga-Kurs in der USE. Auf welche Elemente Sie setzt und welche positiven Effekte entstehen, erzählt sie uns in einem kurzen Gespräch. Foto: Caroline Pitzke ■ Welche Wirkung hat Yoga auf den Körper? Yoga wirkt sich positiv auf den ganzen Körper aus: Das Nervensystem erfährt Entspannung, Muskelpartien werden tief gedehnt, die inneren Organen werden massiert, die Wirbelsäule gestreckt und gedreht. Ich unterrichte den inzwischen weltweit verbreiteten Vinyasa-Flow-Yoga-Stil. Mir ist wichtig, dass besonders die Körpermitte gestärkt wird, denn sie bildet für den Aufbau der meisten Asanas (Haltungen) die Basis. ■ Auch auf den Geist? Wenn man sich den Geist als offenes Meer vorstellt, kann man sich vorstellen, dass die Gedankenwellen durch die Yogapraxis ruhiger werden können. Man kann KlarMaria Reich empfiehlt, gerade in der kalten Jahreszeit ein gemütliches »Yoga-Eckchen« einzurichten heit gewinnen. Das ist kein Versprechen, doch ich als Lehrerin zum Beispiel gebe immer wieder Hinweise wie: »Achte auf deinen Atem. Bleib in Verbindung mit deinem Atem. Höre deinen Atmen. Spüre deinen Atem.« Dadurch wirkt die Yogapraxis wie Meditation. ■ Welche Zielgruppe kann mit Yoga angesprochen werden? Yoga ist universell und wird weltweit praktiziert. Es gibt Yogastile für Schwangere, für Krebserkrankte, für ältere Senioren, für Menschen mit psychosomatischen Störungen, für Burn-out-Patienten, für Kinder, für Jugendliche, für Leute, die viel am Schreibtisch sitzen, für Spitzensportler. Man kann pauschal sagen: »Wenn du einen Körper hast, kannst du Yoga machen.« ■ In Zeiten von Corona ist ein gängiges Gruppentraining nicht immer unbedingt möglich. Welche Alternativen empfehlen Sie? Online-Yoga. Das Angebot ist riesig und großartig. Besonders in Berlin. Ist doch schön, sich zuhause mal so ein heiliges Yo- gafleckchen einzurichten. Kerzen, Blumen, schöne Wanddeko, eine gute Matte – da kann man sich doch mal was gönnen. Besonders in dieser kommenden, dunklen Jahreszeit. ■ Gibt es auch Übungen für Zuhause? Selbstverständlich. Madi Morrison auf YouTube macht es vor. ■ Sie haben seit einiger Zeit auch einen Podcast. Was können wir dort hören? Die, die meinen Podcast hören, sind Menschen, die gerne „nach innen schauen“ und über sich selbst mehr erfahren wollen. Ich stelle oft auch einfach Fragen, die man vielleicht mal hören muss, um weiterzukommen. Es geht um inneres Wachstum, Zwischenmenschliches, Persönlichkeitsentwicklung, Energie. Die letzten Folgen hießen z. B.: »8 Zeichen, dass du was verändern solltest« und »So triffst du gute Entscheidungen«. Die Fragen stellte Hendrik Lüttschwager 8 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 WACHSEN Spielen, lernen, Spaß haben Jubiläen: Tramper Weg und Lissabonallee Herzlichen Glückwunsch! Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kindertagesstätten des UNIONHILFSWERK haben in der Corona-Pandemie vieles möglich gemacht, aber eines konnten sie nicht: feiern. Aufgrund der Einschränkungen fielen auch die Jubiläumsfeste der Kita Kinderinsel / L’Île-aux-enfants im Tramper Weg zum 15. und der Kita MontessoriKinderhaus Lissabonallee zum 20. Bestehen aus. Wir nehmen die Jubiläen zum Anlass, um den Kitas zu gratulieren und mehr über sie und ihre Leiterinnen zu erfahren. ■ Das Besondere an unserer Kita ist … … dass das Gebäude eine bestimmte Ausstrahlung hat. Diese spürt man sofort, wenn man das Gebäude betritt. Was für ein schönes, lichtdurchflutetes Haus und welch ein Glück, dass ich hier arbeiten darf und das Geschehen mitgestalten kann. wie ein stets gut belegtes Haus mit fröhlichen Kindern, aktiven Eltern und engagierten Fachkräften. ■ Verzichtet hätte ich gerne auf … … die Überflutung in der nahen Umgebung der Kita im Jahr 2016. Aufgrund dessen ist ein Wasserschaden im Kellerbereich unsere Kita entstanden. ■ Ein besonders schönes Ereignis war … … die einwöchige Bildungsreise mit 16 pädagogischen Fachkräften nach Amsterdam mit dem geförderten EU-Programm »Leonardo da Vinci – Lebenslanges Lernen – Mobilität«. Foto: Ilka Posin Karin Bedau, Kita-Leiterin Montessori Kinderhaus Lissabonallee ■ Mein Lieblingsgeburtstagslied ist … … »Am Fenster heute Morgen, da piepst es ohne Sorgen«. ■ Für unsere Kita wünsche ich mir … … dass wir immer wieder die Herausforderungen der Zeit annehmen und gemeinsam mit allen Beteiligten bewältigen, so- Foto: Adeline Alvarez ■ Verzichtet hätte ich gerne auf … … auf den Brand in einem Gruppen- und Nebenraum mit Feuerwehreinsatz und umfangreichen Schäden an Inventar und Materialien. ■ Wenn in unserer Kita Geburtstage gefeiert werden, dann … … bekommt das Geburtstagskind eine schöne gebastelte Krone und ein persönliches Geburtstagsritual. Dazu wird der Jahreskreis gelegt und das Kind zeigt Fotos aus den ersten Lebensjahren. ■ Ein besonders schönes Ereignis war … … dass wir am 17. April 2015 die Kriterien der Qualitätscharta für deutsch-französische Kindertagesstätten erfüllt haben. Dadurch wurde die Kinderinsel als »ElyséeKita 2020« anerkannt. Mamy Boullet-Raoeliarisoa, Kita-Leiterin Kinderinsel / L’Île-aux-enfants im Tramper Weg ■ Das Besondere an unserer Kita ist … … das zweisprachige Konzept. Ich finde es sehr spannend und es passt zu mir. Zugleich war mir aber von Anfang an bewusst, dass das Konzept große Herausforderungen mit sich bringt. Diesen stelle ich mich nach wie vor sehr gerne. ■ Wenn in unserer Kita Geburtstage gefeiert werden, dann … … sitzt das Geburtstagskind mit einer Krone im Stuhlkreis. Wir singen sein Lieblingsgeburtstagslied und spielen sein Lieblingsspiel. Ihm wird dann sein Geburtstaggeschenk ausgehändigt und zum Schluss gibt es die Geburtstagsbrauserakete. ■ Mein Lieblingsgeburtstagslied ist … … »La chanson de L’Île-aux-enfants«, dass für das 10. Jubiläum geschrieben wurde. »Du und ich, wir lieben unsere Kinderinsel. Petits et grands, bienvenue sur notre île-aux-enfants …« ■ Für unsere Kita wünsche ich mir … … dass gerade in dem sozialen Brennpunkt, Märkisches Viertel, dieses besondere und wertvolle Konzept weiterhin anerkannt wird und für die Zukunft erhalten bleibt. Die Fragen stellte Gina Schmelter Kindertagesstätten Husten, Schnupfen – Corona?! Eltern und pädagogische Fachkräfte erleben gerade täglich, was es bedeutet, unter Corona-Hygienemaßnahmen und -plänen zu arbeiten. Beide Seiten befinden sich in einem ständigen Zwiespalt: Auf der einen Seite stehen die Eltern, die einen Betreuungsanspruch haben und ihren beruflichen Verpflichtungen nachkommen müssen. Auf der anderen Seite stehen die besorgten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Gesundheit der Kinder und der Kolleginnen und Kollegen schützen wollen und müssen, um eine konstante Betreuung der Kinder zu sichern. Denn ist erst einer krank, sind schnell alle krank. Seit der Rückkehr in den Regelbetrieb wird verstärkt auf einen guten Informationsaustausch zwischen Kita und den Eltern zu den aktuellen Regelungen geachtet. In Bring- und Abholsituationen werden verschiedene Gesundheitsindikatoren mit einbezogen, u. a. Verhalten des Kindes bei der Übergabe, Nachfrage bei den Eltern über besondere Vorkommnisse. Im Bedarfsfall Foto: istockphoto / Imgorthand Alle Jahre wieder schnellen im Herbst die Zahlen der Erkältungserkrankungen nach oben. Auch die Kinder in unseren Kitas sind hin und wieder anfällig für Husten und Schnupfen. Jeder weiß: Kranke Kinder gehören nicht in die Kita, trotzdem sind sie keine Ausnahme. Das Dilemma zeigt sich unter einem Corona-Brennglas dieses Jahr sogar noch deutlicher. steht den pädagogischen Fachkräften, der messbare Indikator des Fiebermessens über ein berührungsloses Infrarot-Fieberthermometer zur Verfügung. Doch der wichtigste Indikator, um den Gesundheitszustand eines Kindes besser einschätzen zu können, ist das Vertrauen der gemeinschaftlichen Erziehungspartnerschaft von Eltern und pädagogischen Fachkräften. Trotz allem: Eltern und Pädagogen brauchen gerade in diesen Zeiten Transparenz, Verlässlichkeit und gegenseitiges Verständnis, um ein gemeinsames Ziel zu verfolgen – die Gesundheit aller zu schützen! Um mit den Worten von Christiane von Gierszewski, eine unserer engagierten Kitaleiterinnen, abzuschließen: »Lasst uns gerade jetzt das Menschliche hochhalten.« Corinna Welthe, pädagogische Fachberatung 9 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 MITMACHEN Es ist normal, verschieden zu sein Übergangswohnheim Neukölln Foto: Gordon Delf Arbeit und Alltag während der Pandemie Malaktionen bringen Farbe in den Alltag – besonders in Zeiten wie diesen Siri Handloegten, Soziologie-Studentin der Universität Potsdam, hat im Sommer im Übergangswohnheim Neukölln des UNIONHILFSWERK Interviews mit Menschen, die dort leben und arbeiten, zu ihren Erfahrungen und Eindrücken in der Corona-Pandemie geführt und dazu einen Blogartikel verfasst. Im Mittelpunkt des Beitrags für die »Wir für Berlin« stehen Auszüge mit Schilderungen von Fachkräften in der Betreuung. Einrichtungsleiterin Carolin Rosner rundet den Beitrag mit Beispielen, die den großen Einsatz ihres gesamten Teams zeigen, ab. Aus der Sicht beinahe aller Befragten wurde die Situation gut gehandhabt. »Ich fand es erstaunlich, wie gut sich die Bewohner an den Abstand und die Masken- pflicht gehalten haben. Und es gab auch erstaunlich wenig Krisen. Ich glaube, sie haben alle gemerkt, es ist jetzt eine Ausnahmesituation. Und das haben auch die Bewohner ziemlich gut hingekriegt, finde ich«, äußert sich eine Sozialarbeiterin. Was eine große Veränderung darstellte, war der reduzierte Kontakt zwischen Betreuenden und Bewohnenden.»Die Betreuung lebt ja vom persönlichen Kontakt«, sagt eine andere Sozialarbeiterin. Die Leitung der Einrichtung kritisierte, dass Informationen und neue Maßnahmen nicht in einer leicht zu lesenden Variante veröffentlicht wurden. Sie nahm sich daher Zeit, sie sprachlich umzuformulieren, um die Regeln für die Bewohnenden verständlicher zu machen. Die Wertschätzung und Aufwertung sozialer Berufe ist durch die Pandemie stark in den Fokus gerückt – wir erinnern uns an den Beifall an Arbeitende im Gesundheitswesen und eine Verhandlung der Erhöhung von Gehältern. Diese Art der Wertschätzung blieb in der Öffentlichkeit für diese Berufsgruppe aus. Ein Betreuer berichtet, wie es war, in der Anfangsphase der Pandemie für die Bewohnenden einkaufen zu gehen. Normalerweise gehört es mit zur Alltagsstruktur, dass sie Einkäufe für die eigene WG selbst erledigen. Doch um Ansteckungen im Supermarkt zu verhindern, wurde dies von den Betreuenden übernommen. Da somit für besonders vie- le Menschen eingekauft werden musste, wurde er für einen »Hamsterkäufer« gehalten und von anderen Menschen im Supermarkt beschimpft. »Man hat extra gearbeitet und man wurde von der Gesellschaft aber nicht für diesen Einsatz wertgeschätzt.« »Das Einrichtungsteam hat überlegt, wie es die Einschränkung des sozialen Radius für die in den Wohngemeinschaften lebenden Menschen erträglicher machen kann«, erinnert sich Carolin Rosner. Daraufhin wurden Beschäftigungsboxen für das Zimmer zusammengestellt, z. B. mit Sudoku, Keksen und Blumensamen für die Fensterbank, Hunde wurden zum Streicheln mitgebracht. Es gab Versteckaktionen im Garten, Singrunden, Bastelaktionen und handwerkliche Anleitungen. Außerdem fanden sogenannte Wohn­­zim­mer­theater statt, bei dem vom Fenster aus einer Aktion im Garten zugeschaut werden konnte. »All das war für die Bewohnenden genauso wie für das Betreuungsteam in dieser Zeit mit durchgängig schlechten Nachrichten eine willkommene Ablenkung«, so die Einrichtungsleiterin. Siri Handloegten, Gina Schmelter ZUM BLOGBEITRAG www.uni-potsdam.de/de/ sozialstrukturanalyse/blog Joachim-Fahl-Haus Menschen, die in Wohnheimen leben, haben es in Zeiten der Corona-Pandemie aufgrund der Kontaktbeschränkungen besonders schwer. Das ist bei den Bewohnerinnen und Bewohnern des Joachim-Fahl-Hauses des UNIONHILFSWERK in Wedding nicht anders. Den kreativen Betreuungskräften ist es aber gelungen, mit immer neuen Ideen für Abwechslung und Beschäftigung zu sorgen, mit der Gründung einer Gartengruppe zum Beispiel. Einrichtungsleiterin Kirsten ThammKabteni und einige Kolleginnen und Kollegen hatten im Frühjahr die Idee, den großen Garten umzugestalten. Gesagt, getan. Einige von ihnen, die selber einen Garten haben, brachten daraufhin selbstgezogene Pflanzen mit. Im Mai und Juni legten sie gemeinsam mit bis zu sieben Bewohnerinnen und Bewohnern Flächen frei. Danach folgte das Pflanzen der vorgezogenen und gekauften Tomaten, Zucchini, Kürbisse, Kohlrabi, Erdbeeren und Kräuter. Außerdem verschönerten sie den Garten mit allerlei verschiedenen Blumen. Große Unterstützung erhielt die Gartengruppe von der Union Sozialer Einrichtungen gGmbH, einer Tochtergesellschaft des UNIONHILFSWERK. Sie brachte die bestellte Erde, pflanzte einen Mirabellen- und einen Zwetschgenbaum, diverse Beerensträucher, Kletterpflanzen und eine Sommerhecke. »Im September gab es eine große Ernteaktion und im An- schluss ein gemeinsames Essen«, sagt Kirsten Thamm-Kabteni. Unsere Hauswirtschafterin und einige Kolleginnen bekochten alle, die aus den fünf Häusern dabei sein wollten, mit reichlich Kürbissuppe, leckerem Ofengemüse und anderen Köstlichkeiten. Die Gartengruppe habe auch im nächsten Jahr viel vor, verrät die Einrichtungsleiterin. »Geplant sind beispielsweise eine Blumenwiese für unsere zwei Bienenvölker und das Pflanzen einer Brombeerhecke.« Mit dem Gärtnern und Selbstversorgen liegen die Bewohnerinnen und Bewohner des Joachim-Fahl-Hauses voll im Trend. Seit Beginn der Corona-Pandemie nutzen immer mehr Menschen verstärkt Balkon, Terrasse oder Garten, um die eigene Umgebung schön und sich unabhängiger zu machen. Gina Schmelter Foto: Joachim-Fahl-Haus Mit Gärtnern und Selbstversorgen voll im Trend Umgraben, pflanzen, ernten: Die Gartengruppe hatte viel zu tun 10 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 DAZU GEHÖREN … Mittendrin … Berliner Designer setzen auf inklusive Produktion Nachhaltig ist das neue schick dem Team um Caterina Salvati zu den derzeit sehr angesagten Haarbändern verarbeitet. »Wir haben diese Arbeit in viele kleine Prozesse aufgeteilt, sodass sowohl starke als auch schwache Beschäftigte an dem Produkt arbeiten können.« Insgesamt sieben Beschäftigte wirken auf diese Weise an dem Fashionteil mit. Foto: Herr Labro | USE-Mediengestaltung T-Shirts aus Bettwäsche Fachgebietsleiterin Caterina Salvati sortiert Designer-Hoodies und - T-Shirts, die ihr Team produziert Erst seit einem Jahr leitet Caterina Salvati die Auftragsschneiderei der USE. Allein in dieser Zeit sind drei neue Kunden, die großen Wert auf Nachhaltigkeit legen, dazu gekommen: MOOT, Les Lunes und Yoru. Alle drei suchten nach einem sozialen Unternehmen in Berlin, das ihre Produkte zu fairen Bedingungen herstellt. Für die Maßschneidermeisterin Salvati waren das geradezu Wunschkunden. Sie beschäftigt sich schon lange mit dem Thema »Upcycling« (der Umwandlung von Abfallstoffen zu neuen Produkten) und hat in ihrer früheren Laufbahn bereits für umweltbewusste Unternehmen wie »Bis es mir vom Leibe fällt« gearbeitet. »Wir waren gleich auf einer Wellenlänge, das macht die Zusammenarbeit sehr angenehm«, berichtet Salvati. »An unseren besonderen Produktionsbedingungen herrschte von Beginn an großes Interesse. Durch unseren regelmäßigen Austausch sind die Designer nah dran am Prozess – eine Drucksituation entsteht so gar nicht erst.« Denn in der Schneiderei der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) der USE arbeiten 27 Menschen mit einer meist psychischen Behinderung. Hier müssen die Arbeitsprozesse so gestaltet werden, dass die Menschen mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten sie gut ausführen können – und manchmal müssen sie auch – an die aktuelle Tagesform angepasst werden. Hoodies zum Wohlfühlen Während Les Lunes und MOOT sich bereits am Markt etabliert haben, steckt das Label Yoru noch in den Kinderschuhen. Zwei junge Modedesign-Studentinnen möchten das Kleidungsstück, das wohl fast jeder junge Mensch in seinem Kleiderschrank hat – einen schwarzen Hoodie – so fair und nachhaltig wie möglich produzieren. Nach ersten Gesprächen im Sommer hat die Schneiderei Ende September mit dem Zuschneiden und Nähen der Kapuzenpullis begonnen. »Die Herausforderung hier ist das Garn. Während alle anderen Materialien zertifiziert sind, haben wir noch keines gefunden, das auch unseren Qualitätsansprüchen genügt«, beschreibt Catrina Salvati den Prozess. Aber auch hier sind die Designer und die Schneiderin zuversichtlich, einen guten Weg zu finden. Ursula Laumann Haarbänder aus B-Ware Besonders die Aufträge von Les Lunes eignen sich hierfür. Das Modelabel, das feine Jumpsuits, Leggings und Oberteile aus gemütlichen Stoffen unter fairen Bedingungen in China produziert, lässt Haarbänder, sogenannte Scrunchies, bei der USE fertigen. B- und C-Ware, also Produkte, die kleine Mängel aufweisen, werden nicht einfach weggeworfen, sondern von Foto: Moot In der Mode geht es schon lang nicht mehr nur um Geschmack und Preis. Immer mehr rücken das Material und die Bedingungnen, unter denen die Kleidungsstücke hergestellt werden, in den Fokus. Ein Grund, warum die Schneiderei der USE gGmbH bei jungen Berliner Modedesignern immer beliebter wird. Auch die Idee hinter »MOOT - Made out of trash« ist ähnlich. Aus alter, gespendeter Bettwäsche, die niemand mehr haben möchte, stellt das junge Berliner Unternehmen coole T-Shirts her. Die USE-Schneiderei erhält das von MOOT bereits eingefärbte, saubere Bettzeug zum Vernähen. Die Textilien werden zunächst auseinandergeschnitten und von Reißverschlüssen und Knöpfen befreit. Aus diesen vorbereiteten Stoffstücken schneiden die USE-Beschäftigten T-Shirts in den Größen XS bis L zu. Im Anschluss werden die Zuschnitte zusammengenäht. Da die unterschiedlichen Stoffe nicht immer leicht zu bearbeiten sind, braucht es hier eine gute Vorbereitung und Einarbeitung, bis der Arbeitsprozess gut läuft und von den Menschen mit Behinderung nahezu selbstständig ausgeführt werden kann. Auch wenn das Fashionteil mittlerweile trotz seines stolzen Preises von 49 Euro sehr nachgefragt ist, passen sich die jungen Designer den Produkitionsbedingungen der Schneiderei an. Im ersten halben Jahr wurden gut 100 T-Shirts hergestellt. Stylische T-Shirts aus alter Bettwäsche, das ist das Konzept von MOOT 11 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 … DURCH ARBEIT … und doch geschützt Nachhaltige Arbeitsfördermaßnahmen Foto: USE gGmbH Neue Arbeit – mit guten Konzepten zum Marktführer In der »Essbaren Stadt« in Potsdam war die Ernte reichhaltig – dank einer Maßnahme der USE gGmbH Zu den frühen Projekten der Neuen Arbeit zählen die gemeinnützige Fahrradwerkstatt und die darauffolgende Textilbörse »Schatzkammer« – beides Angebote für bedürftige Menschen, die bis heute nicht nur in Kleinmachnow, sondern auch über die Region hinaus einen sehr guten Ruf genießen. Die »Schatzkammer« wird in Kooperation mit dem Unionhilfswerk Landesverband Brandenburg e.V. und der Gemeinde Kleinmachnow geführt. Die Gewerke dienen als Einsatzstellen für sogenannte Arbeitsgelegenheiten mit einer Mehraufwandsentschädigung (AGH-MAE) und sollen die Teilnehmenden stabilisieren und unterstützen. Da in dem betuchten Vorort Berlins aber schon seit Jahren nahezu Vollbeschäftigung herrscht, war dies von Beginn an kein leichtes Unterfangen. Foto: Privat Bereits seit 2008 betreibt die USE die »Neue Arbeit« in Kleinmachnow, mit der sie u. a. Gruppen- und Individualmaßnahmen für arbeitslose Menschen anbietet. Das Ziel: die Teilnehmenden so zu stabilisieren und zu motivieren, dass der Schritt in ein Arbeitsverhältnis in erreichbare Nähe rückt. Von einem kleinen Anbieter in einer Region mit wenig arbeitslosen Menschen hat sich die Neue Arbeit bis heute zu einem Marktführer im Bereich Arbeitsgelegenheiten in Potsdam entwickelt. Das Erfolgsrezept: innovative, kreative Konzepte für Menschen mit multiplen Vermittlungshemmnissen bis hin zu Menschen mit einem Migrationshintergrund. Der Projektleiter Neels Wirringa Ein Grund mehr, um das Angebot auf Potsdam auszuweiten. Innovativ und erfolgreich Auch hier ist das elf-köpfige Team um den Diplom-Sozialwissenschaftler Neels Wirringa mit viel Erfolg unterwegs. Mit anfänglichen Maßnahmen zum Biberschutz, zur Biotop-Pflege oder zum Tierschutz überzeugte die Neue Arbeit die Stadt Potsdam. Denn durch sie bekommen Men- schen mit multiplen Vermittlungshemmnissen nicht nur eine reelle Chance der sozialen Teilhabe, sondern tatsächlich auch eine sinnvolle Aufgabe – wovon wiederum die Parks und damit die Bürger profitieren. Neels Wirringa schätzt die Zusammenarbeit mit dem Jobcenter der Stadt Potsdam: »Die Maßnahmen werden in einem Konzeptwettbewerb vergeben und Innovation wird geschätzt.« Und das auch unter erschwerten CoronaBedingungen. Kurz vor dem Telefoninterview für die »Wir für Berlin« hat die Neue Arbeit den positiven Bescheid für sieben eingereichte Maßnahmen für die kommenden Jahre erhalten. Mit attraktiven und durchdachten Angeboten wie »Klimaschutz und gesunde Ernährung im Quartier«, »Die essbare Stadt«, »Willkommen in Deutschland« oder das »Repair Café« überzeugte das Team das Jobcenter und wurde zum Marktführer auf diesem Gebiet. Die »Essbare Stadt« ist zum Beispiel ein Projekt, das die Biodiversität und die soziale Gemeinschaft in Potsdam fördert. Mitten in der Stadt gegenüber dem Obelisken in der Schopenhauer Straße bauen zehn langzeitarbeitslose Menschen gemeinsam mit Freiwilligen und unterstützt vom Grünflächenamt auf einer 300 qm großen Fläche Gemüse an. Hier wachsen Gurken, Tomaten, Zwiebeln, Möhren, Salate, Kräuter und Blumen – sehr zur Freude der Menschen und Bienen. Ein Ziel: Integration von Geflüchteten Seit 2015 entwickelt die Neue Arbeit auch individuelle Coachings, die auch gerne von geflüchteten Menschen genutzt werden. Während es bei langzeitarbeitslosen Menschen viel um Motivation und Struktur geht, benötigen geflüchtete Menschen Unterstützung in anderer Form, so Wirringa. Durch Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine kann das Team um den jungen Sozialwissenschaftler Familien oder Bedarfsgemeinschaften individuell unterstützen – zum Beispiel beim Übersetzen und Anerkennen von Zeugnissen, dem Schreiben von Bewerbungen und bei der Jobsuche – ein wichtiger Schritt in Richtung Integration. Aber auch deutsche Teilnehmende können von dem individuellen Coaching profitieren. So werden die Teilnehmenden in einer Gruppenmaßnahme stabilisiert, über einen Akivierungs- und Vermittlungsgutschein sensibilisiert und über das Bewerbungscoaching in den Arbeitsmarkt integriert. Auch wenn er bei jeder Ausschreibung um den Zuschlag bangen muss, mag der geborene Ostfriese seinen Job sehr: »Es ist immer wieder toll zu sehen, dass die Idee, die ich im Kopf hatte, sehr schnell real werden kann.« Ursula Laumann 12 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 BETREUEN Sich wohlfühlen – zu Hause sein Pflegewohnheim »Dr. Günter Hesse« Digitale Lösungen für eine bessere Versorgung der Menschen Sie befinden sich sowohl in den Dienstzimmern als auch in den Wohnbereichen des Pflegewohnheims in der Pankower Straße 14: die Computer mit der Pflegesoftware DAN. Am PC in den Dienstzimmern steht die gesamte Dokumentation inklusive eines umfassenden Controllings zur Verfügung. In den Wohnbereichen befinden sich Touchmonitore. Mittels eines personalisierten Schlüssels können Pflegekräfte anhand der Tagesstruktur der Bewohnerinnen und Bewohner dokumentieren. Um die Prozesse weiter zu verschlanken, hat mittlerweile auch das Praxisteam um Hausärztin Dr. Andrea Hering Zugriff auf DAN. Mindestens einmal am Tag werden Anfragen der Pflegefachkräfte zeitnah beantwortet. »Dadurch ist die Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner, z. B. mit notwendigen Therapien, deutlich schneller als vorher«, sagt Jenny Gührke, Pflegedienstleiterin des Pflegewohnheims »Dr. Günter Hesse«. Auch andere Ärzte, mit denen die Einrichtung eng zusammenarbei- Foto: Paul Weise Das Pflegewohnheim »Dr. Günter Hesse« des UNIONHILFSWERK setzt auf Digitalisierung. Schon im letzten Jahr wurden DAN-Produkte eingeführt – Hard- und Software für eine einfachere Pflegedokumentation. Seitdem wird kontinuierlich daran gearbeitet, die vielen Möglichkeiten der Software in den Arbeitsalltag zu integrieren. Neben DAN könnten zudem bald weitere digitale Lösungen Einzug halten, um Arbeit und Kommunikation zu erleichtern. Heiko Zickert, Wohnbereichsleiter im Pflegewohnheim Dr. Günter Hesse, an einem Touchmonitor von DAN tet, sollen demnächst auf DAN zugreifen können. »Seit wir DAN nutzen, ist das Arbeiten leichter geworden. Die Informationen sind übersichtlich dargestellt und lassen sich schnell ändern. Zudem hat sich die Kommunikation verbessert. Alle haben den gleichen Wissensstand«, so Jenny Gührke weiter. Die Entwicklung sei auch deshalb notwendig, um mit anderen Trägern mit- halten zu können. Durch DAN werde das UNIONHILSWERK als Arbeitgeber attraktiver. Einrichtungsleiter Paul Weise schwebt zudem vor, die Pflegedokumentation ortsunabhängig zu machen. »Die Kolleginnen und Kollegen sollen die Dokumentation im ganzen Haus erledigen können, nicht nur an den Touchmonitoren in den Wohnbereichen.« Auch dafür biete DAN Lösungen an, ob Tablet, Mobiltelefon oder Laptop. Außerdem hofft Paul Weise, dass das ERezept bald zum Einsatz kommt. Das elektronische Rezept ist eine neue digitale Form der Datenübertragung zwischen Arzt und Apotheke. »Auch das E-Rezept macht vieles leichter, so übernimmt es beispielsweise den Bestand der Medikamente.« Dem Einrichtungsleiter liegt noch etwas Anderes am Herzen: »Ich möchte die Angehörigen stärker einbeziehen.« Mit der App »Myo« würde Paul Weise sie gerne am Alltag der in seinem Haus lebenden Menschen teilhaben lassen. Außerdem könnten die Angehörigen Beiträge von der Einrichtung erhalten und kommentieren. Auch Videotelefonie und die Optimierung von Prozessen, z. B. Menüauswahl, ermögliche die Anwendung. Die Wunschliste von Paul Weise ist lang, aber manchmal werden Wünsche wahr – nicht nur an Weihnachten. Gina Schmelter Pflegedienst Friedrichshain Der nicht ganz einfache Weg zur anerkannten Pflegefachkraft Den B1-Sprachkurs hat Zhihai Song bereits bestanden sowie den Anerkennungskurs für seine Ausbildung. Jetzt fehlt nur noch die erfolgreiche Teilnahme am B2-Sprachkurs. Erst dann kann die Anerkennung als examinierte Pflegefachkraft in Deutschland beantragt werden. Foto: Peggy Kontny Zhihai Song ist in China geboren. Dort hat der 30-Jährige eine Ausbildung zum examinierten Krankenpfleger absolviert. Später hat er im Kongo einige Jahre in einem chinesischen Krankenhaus gearbeitet. Seit Juli 2019 ist Zhihai Song im Pflegedienst Friedrichshain des UNIONHILFSWERK tätig. Sein Ziel ist es, auch in Deutschland als anerkannte Pflegefachkraft zu arbeiten. Unterstützung erhält er vom stellvertretenden Pflegedienstleister, André Glinski. Er kennt nicht nur den Pflegedienst Friedrichshain, bei dem er seit 1999 arbeitet, wie seine Westentasche; er legt auch großen Wert auf gute Sprachkenntnisse. André Glinski hat sich daher überlegt, mit welcher Literatur er dazu beitragen könnte, die Sprachkenntnisse seines jungen Kollegen zu verbessern. »Etwas in einfacher Sprache könnte funktionieren«, war er sich sicher und stieß auf das Werk »In 80 Tagen um die Welt« von Jules Verne, das im November 2018 in einfacher Sprache erschienen ist. Auf Jules Verne kam André Glinski nicht von ungefähr, denn der französische Schriftsteller zählte in seiner Jugend zu seinen Lieblingsautoren. André Glinski beAndré Glinski (links) ist für Zhihai Song nicht nur Leitungskraft, sondern auch Mentor stellte also die 40-seitige Ausgabe in einfacher Sprache und gab Zhihai Song Hausaufgaben auf. »Diese bestanden darin, immer ein Kapitel zu lesen und es schriftlich zusammenzufassen«, so der stellvertretende Pflegedienstleiter. Mündlich habe er gute Fortschritte gemacht, schriftlich müsse er noch besser werden. Daher habe er den B2-Sprachkurs im ersten Anlauf leider nicht bestanden. »Eine neue Sprache neben dem Beruf zu lernen ist nicht einfach – gerade wenn man in einem sehr verantwortungsvollen und auch körperlich anstrengenden Bereich wie der Altenpflege arbeitet«, erklärt André Glinski. »Da weiß man, was man getan hat.« Obwohl die Zeit knapp ist, hilft er Zhihai Song weiterhin, indem er ihn immer wieder korrigiert. Außerdem rät André Glinski ihm, öfter deutsches Fernsehen zu schauen. Für die nächste Prüfung heißt es dann fest die Daumen drücken! Gina Schmelter 13 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 LEBEN Würdevoll und selbstbestimmt – bis zuletzt Interview Total Pain In die Schuhe des Anderen schlüpfen Mehr als Medikamente die Schuhe des Anderen zu schlüpfen. Daniela Heemeier arbeitet seit 2006 im UNIONHILFSWERK, zuerst in der Pflegedienstleitung und nun in der Zentralen Anlaufstelle Hospiz. Von der Validation bei Menschen mit Demenz nach Naomi Feil ist sie sehr angetan. Wieso das so ist, erzählt Daniela Heemeier im Interview. ■ Wann sind Sie das erste Mal auf Validation gestoßen? 2008 habe ich an einem Workshop mit Naomi Feil, die das Konzept der Validation entwickelt hat, teilgenommen. Ihre Persönlichkeit, ihr Erfahrungsreichtum im Umgang mit Menschen mit Demenz und ihr schauspielerisches Talent haben mich sehr beeindruckt. Bei der Validation geht es darum, dem Gegenüber zu zeigen, dass man seine Wirklichkeit als gültig anerkennt. Bildhaft gesprochen heißt das, in ■ Welche Erfahrungen machen Sie in der Praxis? Ich begleite eine über 90 Jahre alte Seniorin. Zu Beginn wendet sie sich oft ab. Aber wenn ich mich zentriere, mich auf sie einstelle, offen und empathisch bin, kommen wir meist doch ins Gespräch. Dann erzählt sie von ihren Söhnen und der harten Arbeit nach dem Krieg. Über ihre »Jungens« zu sprechen, zaubert ein Lächeln in ihr Gesicht. Ich merke, dass sie stolz auf ihre Söhne ist und wie wichtig es ihr ist, eine gute Mutter zu sein. ■ Würden Sie anderen empfehlen, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen? Validation als Konzept zur wertschätzenden Kommunikation mit desorientierten Menschen kann ich allen in der Pflege und im Sozialwesen empfehlen. Da sie zudem eine Zufriedenheit stiftende Haltung ist, kann ich Validation aber auch grundsätzlich empfehlen, unabhängig vom Gegenüber und der Berufsgruppe. Das Interview führte Gina Schmelter Richard-von-WeizsäckerJournalistenpreis Verleihung im nächsten Jahr Foto: Dirk Müller Foto: Patricia-Kalisch ■ Haben Sie seitdem mit diesem Thema zu tun? Ich habe mich immer wieder mit Validation beschäftigt. Seit September nehme ich am Kurs »Validation®-Anwender/in (Level I)« vom Autorisierten Zentrum für Validation in Wachenheim teil und befinde mich derzeit in der Praxisphase. Außerdem unterstütze ich im Fachbereich Ambulante Dienste, Validation in den Pflegegesellschaften des UNIONHILFSWERK zu implementieren. Der Fachdialog Palliative Geriatrie befasste sich mit dem vielschichtigen Schmerzkonzept »Total Pain« Alt sein ist oft mit körperlichen Schmerzen verbunden. Deren Linderung hat oberste Priorität. Im Fachdialog Palliative Geriatrie im Oktober, der sich mit dem Konzept »Total Pain« von Cicely Saunders beschäftigte, wurde aber auch deutlich, dass Schmerzen zudem andere Ursachen haben können. Wie umfassend Schmerzen sein können, zeigt folgendes Beispiel: Ein 79-jähriger Patient auf einer Palliativstation litt an einer Krebserkrankung. Er klagte diffus über Angst und Schmerz, vor allem dann, wenn eine Entlassung anstand. In einem persönlichen Gespräch stellte sich heraus, dass der 79-Jährige Angst vor der Einsamkeit hatte, die ihn zu Hause erwartete, weshalb er seine verbleibende Zeit lieber im Krankenhaus verbringen wollte. Dieses Gefühl verstärkte wiederum den Schmerz. Gerade in der Corona-Pandemie sind alte und kranke Menschen aufgrund der Kontaktbeschränkungen einsam. Daher appellierte Andreas Lüdecke, Geschäftsführer und Koordinator im Hospiz Lippe, an die Gesellschaft und die Institutionen, alte Menschen nicht auf eine Schutzbedürftigkeit zu reduzieren. »Es muss ein Weg gefunden werden, der Schutz, pro- fessionelle Versorgung und Behandlung sowie Begegnung ermöglicht und dabei die alten Menschen in ihrer Autonomie achtet und eigenverantwortlich entscheiden lässt.« Neben Einsamkeit können sich auch Verluste oder tiefgreifende (Sinn-)Fragen nachteilig auf das körperliche Empfinden auswirken. Nach Cicely Saunders müssen diese seelischen, sozialen und spirituellen Schmerzen identifiziert und ernst genommen werden. Um »Totale Pain«, den völligen Schmerz, zu lindern, seien genaue Beobachtung, multidisziplinäres Arbeiten und offene Zuwendung notwendig. Cicely Saunders war eine englische Krankenschwester, Sozialarbeiterin und Ärztin. Sie ist die Begründerin sowohl der modernen Hospizbewegung als auch der Palliative Care und gilt als Pionierin der Palliativmedizin. Gina Schmelter HINWEIS Alle Beiträge befinden sich auf www.palliative-geriatrie.de/fachtagung. Die kommende Fachtagung findet am 1. Oktober 2021 statt. Palliative Geriatrie Info-Fächer im Taschenformat IHRE SPENDE HILFT! Aufgrund der hohen Zahl der Infektionen mit Sars-COV-2 wird die Verleihung des Richard-von-Weizsäcker-Journalistenpreises der Unionhilfswerk-Förderstiftung ins nächste Jahr verlegt. Die Unionhilfswerk-Förderstiftung lobt den Preis alle zwei Jahre aus. Ziel ist es, ein größeres Bewusstsein für die Themen Sterben, Tod und Trauer zu schaffen. Der Journalistenpreis 2020 steht unter dem Motto »Ich bin für Dich da! – Werde ich morgen noch gut umsorgt?« Gina Schmelter Die Unionhilfswerk-Förderstiftung fördert unter anderem die AltersHospizarbeit und die Mobilität von Menschen mit Behinderung. Unterstützen Sie uns dabei mit einer Spende, entweder online unter www.unionhilfswerk.de/foerderstiftung oder per Überweisung: Unionhilfswerk-Förderstiftung Bank für Sozialwirtschaft IBAN DE86100205000003229000 BIC    BFSWDE33BER Vielen Dank! Der 34-seitige hochwertige Fächer enthält alles Wissenswerte, anschaulich illustriert, zur Palliativen Geriatrie. Der Fächer kann gegen eine Spende von 5 Euro (inkl. Versand innerhalb Deutschlands) unter bildung@palliative-geriatrie.de bestellt werden. Die Spende kommt der Alters­ Hospizarbeit zugute. Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Berlin, die Fachgesellschaft Palliative Geriatrie e.V. und die Interessengemeinschaft Palliative Geriatrie im Unionhilfswerk Landesverband Berlin e.V. haben den Druck gefördert. Vielen Dank! Gina Schmelter 14 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 ENTDECKEN Unterwegs in Brandenburg und Berlin Winterromantik im Spreewald Foto: Tourismusverband Spreewald Auch in der kalten Jahreszeit lockt die verträumte Gegend mit ihren Reizen Wenn die Fließe im Spreewald zugefroren sind, bieten sich Entdeckungstouren der besonderen Art Die romantischen Winterfahrten gibt es täglich bis Ende März, bevor dann langsam wieder der Frühling erwacht im Spreewald. Zur Weihnachtszeit locken dazu noch die Kahnfahrten mit den Spreewaldwichteln, den sagenumwobenen Lutki. Da geht es mit dem Kahn von Lübbenau ins Museumsdörfchen Lehde, quasi als Weihnachtsmarkt-Hopping von einem Markt zum anderen begleitet von Kindern in Wichteltracht, die auf den Kähnen während der Fahrt traditionelle Heimatsagen erzählen von den guten Spreewaldgeistern. Die Schüler des Niedersorbischen Gymnasiums möchten so die sorbisch-wendische Kultur weitertragen. Die Lutki sind der Sage nach ein Volk kleiner Menschen, die besonders am Schlossberg in Burg zu finden sind. Sie borgen sich Haushaltsgeräte von den Men- schen, tun ihnen aber nichts Böses. Sie wohnen unter der Erde und verlassen ihre Höhlen nur, wenn die Bauern zu tief pflügen. Die vorgetragenen Geschichten der Lutki auf den langsam durch den winterlichen Spreewald gleitenden Kähnen lassen die Fahrgäste oft laut lachen auf den vergnüglichen Touren. fohlen, das erstmals auch in der kalten Jahreszeit geöffnet hat und seine Gäste empfängt. Gelegen auf der schönsten Erleninsel des Spreewaldes inmitten des Hochwaldes, ist es nicht mit dem Auto zu erreichen – nur mit dem Kahn. Das »Wotschofska« ist eines der ältesten Ausflusglokale im Spreewald mit rustikalem Ambi- Foto: Tourismusverband Spreewald Dass der Spreewald im Sommer immer eine Tourempfehlung wert ist, hat sich mittlerweile in ganz Deutschland herumgesprochen. Viele wissen die Einzigartigkeit des Naturparadieses zu schätzen und entdecken die Idylle per Fahrrad, zu Fuß, per Kahn oder Paddelboot. Aber warum bis zum nächsten Frühling warten, wo doch der Winter im Spreewald auch seinen ganz eigenen Reiz hat? Nämlich dann, wenn man in eine kuschlige Wolldecke dick eingemummelt auf einem Kahn sitzt und sich durch die verschneite oder weiß berauhreifte Natur staken lässt und es dabei so still ist, dass man die Kälte knistern hören kann. Der winterliche Spreewald zieht an einem vorbei, wir wärmen uns die Hände am heißen Glühweinbecher. Bei Wintertouren in Burg im Spreewald ist sogar ein flackernder Kamin mit an Bord. Da staunen nicht nur die neugierigen Biber am Ufer. waldkrimi-Tourismus entwickelt, für den viele Fans extra anreisen. Auf der Rückfahrt lauschen wir den Geschichten der Fährleute an ihren Rudeln, wie die langen Stakhölzer genannt werden, mit denen die Kahnfährleute ihre Kähne geschickt steuern. Oder man kann auch gern selbst Hand anlegen und beim Winterpaddeln im Kajak auf den glitzernden Fließen, den schier unendlichen malerischen Wasserarmen, ins Schwitzen kommen, vorbei an den traditionellen Blockbohlenhäusern mit den wunderschönen Giebelschnitzereien. Wer dann richtig durchgefroren ist, kann sich aufwärmen in den Spreewelten, dem Spaßbad in Lübbenau, wo man nur getrennt durch eine Glasscheibe mit echten Humboldt-Pinguinen auf Tauchstation gehen kann. Oder in der Spreewaldtherme in Burg relaxen. Oder … oder … oder. Die Ruhe der Spreewaldnatur im Winterschlaf wird Sie verzaubern. Alexander Dieck Auch in der Winterzeit lockt der Spreewald mit Kahnfahrten Der Besuch auf dem Weihnachtsmarkt in Lehde ist dann wie eine Zeitreise, denn die Bauernhöfe im Freilichtmuseum empfangen uns mit einem authentischen Hauch vergangener Zeiten mit dem Blick in erleuchtete Stuben. Beim Bummel über den Handwerkermarkt treffen wir das Bescherkind, das Glück und Segen für das neue Jahr verheißt, oder den Gabenbringer Rumpodich. Dieses Jahr ist auch eine winterliche Fahrt zum Gasthaus »Wotschofska« emp- ente und Urgastlichkeit mit Fisch in Spreewaldsoße auf der Karte und verschiedenen Wildgerichten. Natürlich fehlen auch nicht Quark mit Leinöl und süße Hefeplinse. Das Gasthaus ist auch immer wieder perfekte Kulisse für die packenden ZDFSpreewaldkrimis mit Nebelschwaden und Wolfsgeheul. Mit dem Kahn geht es auf der Hinfahrt immer entlang der Originalschauplätze voller Gänsehautmomente. Es hat sich mittlerweile ein regelrechter Spree- Service Tägliche Winterfahrten mit dem Kahn dauern 1.15 h , den ganzen Winter durch, bis Ende März, bevor dann der Frühling wieder losgeht. Anfahrt Autobahn A 13, Abfahrt Lübbenau oder A 15, Abfahrt Vetschau für Burg/Spreewald Kontakt www.spreewald.de 15 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 UNTERHALTEN Dies & das Marken & Münzen Buchkritiken von Lutz Krieger Weihnachten, Loreley, Umweltschutz, Hegel-Ehrung Deutsche Einheit – ja, aber… Der am 2. November verausgabte Wert zu 80+40 Cent aus der Plusmarken-Serie »Weihnachten« zeigt auf einem Ausschnitt aus dem großen Portalfenster der St. Katharina Kirche in Bad Soden am Taunus, das von dem Künstler Johannes Beeck (1927-2010) geschaffen wurde, die Geburt Christi. Zeitgleich erschienen ein 80-Cent-Wert zum Thema »Frohes Fest« mit kugelförmig angeordnetem Weihnachtsschmuck sowie ein weiterer 80-Cent-Wert zum Jubiläum »50 Jahre Tatort« mit einer Szene aus dem Vorspann der Krimi-Serie und dem TV-Testbild. Bereits am 1. Oktober hatten insgesamt vier Emissionen Ersttag. Die Serie »Sagenhaftes Deutschland« wird mit einem Wert zu 80 Cent ergänzt, der die Loreley vor einer sagenumwobenen Rheinkulisse zeigt. Weiterhin ist dem Thema »Frauen der Reformation« ein 370-Cent-Wert mit einer Illustration von Frauentypen unterschiedlicher Hautfarbe und Tracht gewidmet. An den 100. Geburtstag des Fußball-Idols Fritz Walter (1920-2002) erinnert ein 95-Cent-Wert mit dem Bildnis des Geehrten zusammen mit dem WM-Pokal von 1954. Ferner stellt ein weiterer Wert der Serie »Design aus Deutschland« (155 Cent) ein 1960 von dem Produktdesigner Karl Dittert (1915-2013) entworfenes Kaffeeservice vor. Weiterhin sind mit Ersttag 3. September weitere Ausgaben zu nennen, so ein 120-Cent-Wert zum Thema »Umweltschutz ist Gesundheitsschutz« mit der typographischen Gestaltung verschiedener Aspekte der Lebensgrundlage von Menschen, Tieren und Pflanzen. Zwei weitere Werte präsentieren junge Wildtiere, so einen jungen Fischotter im Gras (80 Cent) und eine am Zweig hängende schlafende Haselmaus (95 Cent). Für den »Tag der Briefmarke« wurde eine zeitgenössische Interpretation einer ursprünglichen AMPOST-Marke (Allied Military), der ersten Briefmarken der Alliierten auf deutschem Boden, gewählt (80 Cent). Ein Wert zu 155 Cent gilt dem 100. Geburtstag von Lore Lorentz (1920-1994), die 1947 zusammen mit ihrem Mann Kay Lorentz im Hinterzimmer einer Düsseldorfer Altstadtkneipe die »Kleine Literaten-, Maler- und Schauspielerbühne Kom(m)ödchen« gründete und sich im Markenbild mit offenen Armen auf dem Kom(m)ödchen sitzend präsentiert. Abschließend sind mit Datum 6. August nachzutragen »Historische Feuerwehrfahrzeuge« in der Zuschlagserie »Für die Jugend« zur Unterstützung der Stiftung Deutsche Jugendmarken e. V., so der zum Tragkraftspritzenfahrzeug (TSF) umgerüstete VW Typ 2 T1 (80+40 Cent), das Löschgruppenfahrzeug (LF 16 MB) von Mercedes-Benz L 1113 (95+45 Cent) und das Tanklöschfahrzeug (TLF) auf Basis des LKW W 50 (155+55 Cent). Und der 250-Cent-Wert in Erinnerung an den 250. Geburtstag von Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) mit der Porträtzeichnung des Philosophen von Wilhelm Hensel. Die Dauerserie »Blumen« wurde mit einem 220-CentWert ergänzt, den die Purpur-Knautie (Knautia macedonica), auch Rote Witwenblume genannt, ziert. Eine 5-EUR-Bimetall-Münze (Kupfer und Nickel) »Subpolare Zone« mit farbigem, lichtdurchlässigen Polymerring in Türkis der Serie »Klimazonen der Erde« wurde am 10. September verausgabt und zeigt ein Rentier in einer küstennahen Tundra-Landschaft. - lf - Dreißig Jahre danach: Freiheit – Einheit – Anlass für Bekenntnisse und Anlass für kritische Analysen. Allein der Begriff Freiheit findet im Buch »Das treffende Zitat zu Politik, Recht, Wirtschaft« von Lothar Schmidt auf 10 Seiten seinen Niederschlag. Bevor ich jedoch mit der Rezension beginne, habe ich mich entschieden, folgende zwei Definitionen von Freiheit voranzustellen. »Die Freiheit ist unteilbar, und wenn auch nur einer versklavt ist, dann sind nicht alle frei.«, John F. Kennedy, und »Unsere Freiheit ist heute lediglich der freie Entschluss, die Freiheit zu erkämpfen.«, Jean-Paul Sartre. 30 Jahre Deutsche Einheit in Freiheit ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte, bei der nach Zustimmung, einem »Ja!«, das »Ja, aber!« folgt. Abgewogen ist das Buch zum Ereignis: »Gespaltene Nation? Einspruch! 30 Jahre Deutsche Einheit«. Bezeichnenderweise erschien dieses Buch in einem Schweizer Verlag. Hier war der Mut zu unbequemeren Wahrheiten wohl größer als im vereinten Deutschland, denn der Autor Prof. Dr. Dr. Richard Schröder, emeritierter Hochschullehrer für Philosophie und Theologie an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin, verfolgt mit seinem Co-Autor Karl-Heinz Paqué die Jammerwege zeitgeschichtlicher Bücher, die die Wiedervereinigung Deutschlands mit einem »Ja, aber« als Generalnenner versehen und deren Leitsatz »So habe ich mir die Deutsche Einheit nicht vorgestellt« ist. Ein erfrischendes Zitat von Richard Schröder lautet: »Das Bisherige gilt nicht mehr! Was gilt jetzt?« Natürlich gab es auch die positiven Erfahrungen, den Freiheitsgewinn: Meinungsfreiheit, Reisefreiheit, Organisationsfreiheit, Wahlfreiheit bei der Ausbildung … Aber den Einigungsschock und den Einigungsfrust im Osten gab es auch. Gespaltene Nation? Einspruch! 30 Jahre Deutsche Einheit Karl-Heinz Paqué, Richard Schröder Verlagsgruppe AG / 32,00 Euro ISBN 9783907291009 Noch ein kluges Buch gefällig? OST BEWUSSTSEIN Valerie Schönian Piper Verlag, München / 16,00 Euro ISBN 9783492061872 Ein Buch, das ohne das davor Beschriebene nicht möglich gewesen wäre, ist »Reclams Städteführer Berlin – Architektur und Kunst«. Die gelben Reclam-Bücher von heute sind würdige, weil sachlich und fachlich genaue Bücher, den Traditionen einer mehr als hundertjährigen Verlagsgeschichte folgend. Neben zahlreichen Abbildungen und Stadtteilplänen bieten Reclams gelbe Städteführer Texte, die sich an der gestellten Aufgabe und nicht an modischem Kleinkram orientieren. Das Buch enthält sechs Vorschläge für Spaziergänge durch das Berlin von Vorgestern, Gestern und Heute. Die Museumsinsel, die städtebauliche Entwicklung der geteilten Stadt, Hinweise auf Ausflugsziele in der Umgebung – alles knapp und klug und für die Jackentasche im richtigen Format. Gratulation Reclam Verlag! Wieder ein sehr empfehlenswerter Begleiter. Reclams Städteführer Berlin Architektur und Kunst Elisabeth Wünsche-Werdehausen Verlag: Reclam, Ditzingen / 12,80 Euro ISBN-13: 9783150196274 LUK Der Hautschmeichler Die Massagebürste aus weißem Ziegenhaar oder hellem Rosshaar ist besonders gut für die empfindliche Haut von Kindern und Babys geeignet, aber auch ein ausgesprochen zarter Schmeichler für die Massage Erwachsener. Während das Ziegenhaar eher streichelt, hinterlassen die feinen Rosshaare ein frisches und belebendes Gefühl auf der Haut. Das feine Material wird von Hand in der Kreuzberger Bürstenmanufaktur eingezogen. Der Grundkörper ist aus geöltem Buchenholz und einem Ledergriff für den optimalen Halt. Durch den Handeinzug und die Verwendung von Naturmaterialien sind die Bürsten sehr langlebig. www.dim-berlin.de 16 Ausgabe 109 | 1. Quartal 2021 SCHNAPPSCHÜSSE Menschlich gesehen Seniorenzentrum Friedrichshain Foto: Gina Schmelter Neuer Look & neues Konzept Anne Fritzsche ist Projektleiterin und Koordinatorin des Seniorenzentrums Friedrichshain. Sich für alte Menschen zu engagieren ist für die studierte Sozialarbeiterin eine Herzensangelegenheit. Da die Räume des beliebten Treffpunkts in der Singerstraße in die Jahre gekommen waren, hat sie Anne Fritzsche umgestaltet. Dank der Mittel des Paritätischen Wohlfahrtsverbands konnten Küche, Stühle, Tische und Schränke neu angeschafft sowie Decken und Wände neu gestrichen werden. Auch konzeptionell hat sich das Seniorenzentrum Friedrichshain erneuert. Anne Fritzsche und ihr 14-köpfiges Freiwilligenteam organisieren beispielsweise mehr Ausflüge. Außerdem stehen neben Sport und Gedächtnistraining nun auch künstlerisches Gestalten auf dem Programm. Wir gratulieren! Unsere Glückwünsche gehen an folgende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmensverbunds: Jubiläum Mehr auf https://blog.unionhilfswerk.de Projektleiterin und Koordinatorin Anne Fritzsche (Mitte) und ihre Gäste erfreuen sich an den neu gestalteten Räumen Gina Schmelter Osloer Straße 10 Jahre Mehr Raum für wohnungslose Menschen Sabine Burth, Margarethe Czech, Mario Fässer, Charlotte Finkmann, Cornelia Haspel, Silvana Jaensch, Beate Jost, Steffi Kühle, Nurten Saygi, Janusz Owsian, Kornelia Schmidt, Yvonne Völz, Katrin Wolff, Katrin Richter Foto: Herr Labro | USE-Mediengestaltung Coronabedingt durfte auf dem Areal des Hauses »Panorama Nord«, dem Wohnheim für wohnungslose Menschen des UNIONHILFSWERK in der Osloer Str. 80, zwar gearbeitet, aber nicht gefeiert werden. Daher musste das Richtfest für den Erweiterungsbau auf Mitte September verschoben werden. Seitdem wurde fleißig weitergearbeitet. Mittlerweile ist der Erweiterungsbau fast fertig. Er verfügt über ca. 47 Plätze. Hier können ab Januar auch wohnungslose Menschen eine Bleibe finden, die mobilitätseingeschränkt sind und psychische Belastungen haben. Das Wohnheim »Panorama Nord« verfügt über 48 Wohneinheiten. Gina Schmelter Baustellen-Gespräch: (v.l.n.r.) Fernando Montojo (hmp Architekten), Geschäftsführerin Ulrike Hinrichs und Dr. Mathias Hellriegel (Hellriegel Rechtsanwälte) Auszeichnung für KPG Foto: Gina Schmelter Mit Medaille und Maske Hintere Reihe, v.l.n.r.: Dirk Müller, Prof. Dr. Barbara John, Mitglied des Abstimmungsgremiums der Stiftung Oskar-Helene-Heim und Thomas Michael Höhn, Geschäftsführer der Stiftung OskarHelene-Heim Vordere Reihe, v.l.n.r.: Sabine Sack, Koordinatorin im Hospizdienst Nord, und Birgit Krug, Mitarbeiterin im KPG Man muss schon genau hinschauen, um die Freude in den Augen zu erkennen. Aber sie ist da und sie ist groß. Das Kompetenzzentrum Palliative Geriatrie (KPG) im UNION­ HILFSWERK hat die diesjährige Helene-Medaille der Stiftung Oskar-HeleneHeim erhalten für dessen engagierte Betreuung unheilbar erkrankter Menschen. 10.000 Euro Preisgeld sind mit der Ehrung verbunden. »Das Preisgeld kommt Projekten der AltersHospizarbeit im UNIONHILFSWERK zugute, um diesen für Berlin und Deutschland wichtigen Bereich weiter zu stärken«, sagt Dirk Müller, Bereichsleiter Palliative Geriatrie und Hospiz. Gerade angesichts der demografischen Entwicklung und der Corona-Pandemie sei die Arbeit von KPG von besonders großer Bedeutung. 15 Jahre Britta Bracher-Klucke, Beatrice Franz, Socorro Gonzáles de Palomares, Dirk Hinze, Sindhu Neumann, Jan Pyttel 20 Jahre Ramona Blaschke, Petra Fock, Irene Hagen, Beata Mionkowski, Marita Seeger, Gundolf Hans, Axel Preuß 25 Jahre Hubertus Böer, Anke Graef, Manuela Haase, Elke Kozik, Gunnar Wittke 30 Jahre Tilman Timm 50 Jahre Zeytun Akbayir Gina Schmelter Herausgeber: Stiftung Unionhilfswerk Berlin (V.i.S.d.P.G:): Norbert Prochnow • Chefredaktion: Gina Schmelter, Alexander Dieck (stellv.) • Redaktion: Dr. Wolfgang Gudenschwager, Gesine Schubert, Ursula Laumann • Buchkritik: L. Krieger • Redaktionsbeirat: Daniel Büchel, Sabine Jeschke, Birgit Karsten, Lilith Langner, Birgit Meinhardt, Dirk Müller, Norbert Prochnow, Jürgen Weimann, Stefanie Wind • Gestaltung: Union Sozialer Einrichtungen gGmbH, Koloniestraße 133–136, 13359 Berlin, Tel.: +49 (30) 49 77 84-0, www.u-s-e.org • Druck: Union Sozialer Einrichtungen gGmbH, Printinghouse, Genter Straße 8, 13353 Berlin • Auflage & Erscheinungsweise: Garantierte Auflage 5.000 Exemplare, viermal jährlich • Anschrift: Stiftung Unionhilfswerk Berlin, Richard-Sorge-Straße 21 A, 10249 Berlin, Sammel-Telefon: +49(030) 4 22 65-6, E-Mail: wir-fuer-berlin@unionhilfswerk.de, www.unionhilfswerk.de • Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln nicht die Meinung des Herausgebers wider. Die Redaktion behält sich das Recht sinnwahrender Kürzungen vor. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen übernimmt die Redaktion keine Haftung. Alle Texte, Bilder und das Layout von »Wir für Berlin« sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung der Inhalte für gewerbliche oder private Zwecke, auch auszugsweise, bedarf deshalb der vorherigen Genehmigung des Herausgebers bzw. der Redaktion.»Wir für Berlin« wird bei der Deutschen Nationalbibliothek geführt. • ISSN 1868-0259  Redaktionsschluss für die 110-Ausgabe ist der 25.01.2021 Zugunsten der guten Lesbarkeit wird in der Regel die männliche Form verwendet. Es sollen aber ausdrücklich alle Geschlechter angesprochen werden.
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