Farbspiel
S. 4
Farbenfreude
S. 11
FarbIGA
S. 14
Regierungskoalition am Start – Interview
Modellpark Berlin-Branden-
Die Internationale Garten-
mit Sozialsenatorin Elke Breitenbach
burg – wie Modelle entstehen
ausstellung in Berlin
Wir für Berlin
WIR GESTALTEN INDIVIDUELLE LEBENSQUALITÄT
Zeitung für Mitglieder, Mitarbeiter & Freunde des Unionhilfswerk
Interview mit Marianne Rosenberg
Anriss
»Mein Image hing
wie eine schwere
Eisenkugel an mir«
»Nichts in der Geschichte des
Lebens ist beständiger als der Wandel« – dieses Zitat von Charles Darwin
trifft auf wenige Orte so sehr zu wie
auf Berlin. Wo eben noch eine Brache
lag, steht nun ein Neubau, die Eckkneipe weicht dem Designershop und
Start-up-Gründer zahlen astronomische Summen für Miniapartments in
Kiezen, die bisher vor allem bei Drogendealern hoch im Kurs standen.
All das verändert auch das Miteinander. Lesen Sie dazu von unserer Kita-Leiterin aus Neukölln, wie sich die
neue Zusammensetzung der dortigen
Bewohner auf ihre pädagogische Arbeit auswirkt, (Seite 8).
2017 bahnen sich mit zahlreichen
Wahlen in Europa weitere Wandlungen an. Es bleibt zu hoffen, dass sich
die besonnenen Stimmen durchsetzen.
Katrin Dietl
Foto: Seregel
Stadt des Wandels im Wandel
Einen Bewusstseinswandel gibt es
auch rund um das Sterben. Beratungsstellen wie die Zentrale Anlaufstelle
Hospiz, haben dazu maßgeblich
beigetragen. In den vergangenen
Jahren entwickelte sich die vom UNIONHILFSWERK getragene zuwendungsfinanzierte Beratungsstelle für
Palliativversorgung, Hospizarbeit und
Trauerbegleitung zu einer wichtigen
Anlaufstelle für die Berliner. Im Dezember wurde sie 20 Jahre, (Seite 13).
■■Ihr Auftritt beim 70. Jubiläum des UNIONHILFSWERK sorgte im Sommer quer
durch alle Altersgruppen für große Begeisterung. Woran liegt es, dass sich Jung
und Alt so gut auf Sie als Künstlerin einigen können?
Auch in meinen Konzerten sehe ich immer viele Generationen, von 17 bis 70.
Woran liegt das? Ja, vielleicht weil ich
mich immer verändert habe, weil ich viele verschiedene Wege ausprobiert habe,
weil ich mich dagegen gewehrt habe,
mich in eine Schublade sperren zu lassen.
Aber eigentlich müssen Sie das die Menschen fragen, die meine Musik mögen. Ich
kann das nicht analysieren, aber ich kann
sagen, dass es immer tolle Menschen gab,
die mich auf meinen Wegen begleitet haben.
■■Sie sind eine der bekanntesten und beliebtesten Künstlerinnen Deutschlands.
Und die Tochter eines Ausschwitz-Überlebenden. Welchen Blick hatte Ihr Vater
auf die Schlager-Show-Welt?
Er war der Musik- und Show-Welt gegenüber sehr aufgeschlossen und als
mein erster Manager auch beliebt im
Business. Und er war stolz auf meine Erfolge. Aber er war auch mein größter Kritiker. Da er selbst Musiker war, konnte
ich ihm nichts vormachen. Wenn meine
frühe Karriere aber ein wenig dazu beitragen konnte, seine leidvollen Erlebnisse besser zu bewältigen, würde mich das
sehr glücklich machen.
Stadt im Wandel – auch in der
Neuköllner Kita BeerenStark
Berlin selbst wandelt sich. Und hier
werden die Gesetze auf den Weg
gebracht, die das Land verändern, so
das Bundesteilhabegesetz. Für Menschen mit Behinderungen sollte damit
echte Inklusion möglich werden. Herausgekommen scheint jedoch ein fauler, sehr komplizierter Kompromiss.
Dazu Andreas Sperlich, Geschäftsführer der USE gGmbH und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Stiftung Unionhilfswerk Berlin, (Seite 2).
24. Jahrgang
Ausgabe 94
2. Quartal 2017
Marianne Rosenberg steht seit den 1970er Jahren auf der Bühne
»Er gehört zu mir«, »Marleen« oder »Ich
bin wie du« – Marianne Rosenbergs große
Schlager kennen wir alle. Grund genug, um
mit der Tochter eines Auschwitz-Überlebenden
im Interview einmal über andere Dinge zu
sprechen, zum Beispiel ihr politisches und
soziales Engagement.
■■Liebe Frau Rosenberg, ganz spontan:
Was kommt Ihnen beim Stichwort »Wandel« in den Kopf?
Nun, da fällt mir zuerst mal der politische Wandel ein. Während unsere Gesellschaft seit Ende der 60er Jahre immer aufgeklärter, liberaler und freier geworden
ist, beobachten wir seit einigen Jahren
eine Verunsicherung, die rechtspopulistische Tendenzen hervorbringt. Nicht nur
in unserem Land, sondern fast überall in
Europa und in den USA. Auch der Ruf
nach »dem starken Mann« wird wieder
populärer, nicht nur in der Türkei. Das alles kann dazu führen, dass wir für Vieles,
was wir erreicht haben und heute für
selbstverständlich halten, bald wieder
kämpfen müssen: die Demokratie, die
Pressefreiheit, die Freiheit der Kunst.
■■Sie mussten sich im Laufe Ihrer Karriere selbst immer wieder wandeln und neu
erfinden. Gab es mal einen Punkt an dem
Sie dachten: »Es ist genug, ich höre auf«?
Ich musste mich nicht wandeln, ich
wollte. Wenn man wie ich, in ganz jungen
Jahren vom Erfolg überrascht wird, dann
ist das Segen und Fluch zugleich. Alle erwarten, dass du immer so weiter machst,
immer so bist, wie du gestern warst. Die
Gefahr dabei ist, dass das idealisierte
Spiegelbild, das von den Menschen auf
dich zurückprojiziert wird, stärker wird,
als du selbst. Da braucht es schon viel Mut
und wirkliche Freunde, die dir die Kraft
geben zu sagen: Stopp! Ist das mein Weg?
Bin ich das?
Eine Auszeit – ja. Aber wirklich aufhören wollte ich nie, dafür ist meine Liebe
zur Musik zu groß.
■■Erst als ihr Vater Anfang der Achtziger
Vorsitzender des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma in Berlin wurde,
wurde Ihre Herkunft thematisiert. Hat
sich das Verhalten der Menschen Ihnen
gegenüber geändert?
Nein, das hat es nicht. Es gab mittlerweile eine Generation, die ohne die alten
Klischees aufgewachsen war – und es gab
eine Generation, die nicht mehr an »damals« denken wollte.
■■Eine weitere, eher unbekannte Facette
Ihrer Persönlichkeit ist Ihr politisches Engagement. In den 80er Jahren waren Sie
auf vielen Demos, haben die Hausbesetzerszene unterstützt. Hat man Sie dort als
»Schlagertante« ernst genommen?
Natürlich hatte auch diese Szene ihre
eigenen Normen und manch einer hat ungläubig geschaut, wenn er mich auf Highheels in einer Demonstration erkannte.
Das war ja auch die Zeit, in der ich mich
selbst politisch, sozial und musikalisch
emanzipiert habe, in der ich neue Freunde getroffen und mit ihnen gearbeitet
habe. Der wichtigste war hier sicherlich
Rio Reiser, der mich immer wieder darin
bestärkt hat, meine eigenen Songs zu
schreiben und meinen eigenen Weg zu
gehen.
Fortsetzung auf Seite 2
Wir für Berlin
Auf ein Wort
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
2
Neues
Wir und Andere
Selten wurde in der Sozialbranche über ein neues Gesetz so viel diskutiert, wie über das am 1. Januar 2017
in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Teilhabe
und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen, kurz Bundesteilhabegesetz (BTHG). Was war
den Menschen mit Behinderungen und Benachteiligungen vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention in diesem Zusammenhang nicht alles versprochen worden? Bundesteilhabegeld, mehr
Selbstbestimmung und Teilhabe, freies Wunsch- und
Wahlrecht und natürlich mehr Inklusion ins gesellschaftliche Leben insgesamt. Bekommen haben sie
ein Gesetz, von dem heute nicht einmal die Macher
in den Ministerien sagen können, welche Wirkung es
tatsächlich entfalten wird. Ein schwacher Kompromiss zwischen Bund, Ländern und Kommunen, der
nur darauf bedacht ist, die finanziellen Belastungen
möglichst auf den jeweils anderen zu verlagern.
Das Konstrukt ist derart kompliziert, dass die unabhängige Beratung gleich mitgeliefert werden musste.
Wenn man bereits von Behinderung, Krankheit oder
Alter betroffen ist, bekommt man nicht etwa ganz einfach und pragmatisch die notwendigen Leistungen,
sondern muss sich erst einmal durch einen Dschungel von Gesetzeswerken und Leistungsträgern kämpfen. Sieht so der barrierefreie Zugang zu Selbstbestimmung und Teilhabe unter dem Deckmantel der
Inklusion aus? Ein Schelm, der hinter einem solchen
System Absicht vermutet! Auch die Fachleute sind
sich einig, dass das Bundesteilhabegesetz kaum eine
inhaltliche Weiterentwicklung mit sich bringt.
Sicherlich gibt es einzelne Verbesserungen wie höhere Freibeträge oder Vermögensschongrenzen. Doch
werden sich die Leistungen tatsächlich verbessern,
werden die Menschen einen bedarfsgerechten Zugang zu selbstbestimmter Teilhabe erhalten? Als UNIONHILFSWERK werden wir dies in den kommenden
Jahren sehr genau überprüfen und die Betroffenen
bei der Durchsetzung ihrer Rechte unterstützen.
Wir sehen es als unsere Pflicht an, den Menschen,
die Unterstützung benötigen, mit unserer fachlichen
Kompetenz zur Seite zu stehen und ihnen klar zu kommunizieren, was sie von uns erwarten dürfen und wofür wir stehen. Dafür ist in allen Unternehmensbereichen das Profil zu schärfen und fachlich weiterzuentwickeln. Ich freue mich darauf, gemeinsam mit allen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des UNIONHILFSWERK daran zu arbeiten.
Ihnen und Ihren Familien wünsche ich für das Jahr
2017 alles Gute und Gesundheit sowie Kraft und
Energie für die Dinge, die wir gemeinsam bewegen
werden.
Ihr Andreas Sperlich,
Geschäftsführer der Union Sozialer Einrichtungen
und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der
Stiftung Unionhilfswerk Berlin
■■Heute engagieren Sie sich u. a. für geflüchtete Menschen in Deutschland. Wie
kam es dazu und warum ist Ihnen dieses
Engagement so wichtig?
Die Menschen, die aus Kriegsgebieten,
wie Syrien oder Afghanistan zu uns flüchten, verdienen unsere Unterstützung und
Hilfe. Es ist noch nicht so lange her, da haben viele Deutsche versucht, sich vor dem
Wahnsinn des Nationalsozialismus in andere Länder zu flüchten und wurden dort aufgenommen, manchmal mit erheblichen Risiken für die, die den Schutz gewährt
haben. Es stimmt aber nicht, dass ich mich
hier wirklich deutlich mehr engagiere als
der Großteil unserer Bevölkerung. Ich habe
nicht die Möglichkeit, Flüchtlingen persönlich zu helfen, die Hürden der Integration
zu überwinden. Als Prominente wird man
mehrmals die Woche angeschrieben, sich
Marianne Rosenberg war der Stargast beim 70. Jubiläum des UNIONHILFSWERK
im Palais am Funkturm
für Menschen in Not zu engagieren. Da
meine Zeit und meine Kraft begrenzt sind,
habe ich mich schon vor vielen Jahren entschlossen, mich bei meinem sozialen Engagement auf die Unterstützung von Initiativen zu konzentrieren, die sich gezielt und
mit dem entsprechenden Know-how um
andere Menschen kümmern. Ganz besonders habe ich mich hier auf die Hilfe für
Menschen konzentriert, die mit dem AidsVirus infiziert wurden.
■■Zum Abschluss: Welchen Wandel wünschen Sie sich für Deutschland im kommenden Jahr?
Vielleicht, dass uns allen bewusst wird,
dass wir in einem der reichsten Länder dieser Erde leben und dass es uns nicht überfordert, Menschen, denen es nicht so gut
geht, zu helfen.
Das Interview führte Katrin Dietl
Marianne Rosenberg
Marianne Rosenberg kam 1955 in Berlin-Lankwitz zur Welt. Im Alter von 15
Jahren wurde die Tochter eines Ausschwitz-Überlebenden bei einem Nachwuchswettbewerb entdeckt und landete
gleich mit ihrer ersten Single »Mr. Paul
McCartney« einen Hit. 1971 folgt das Album »Fremder Mann«. Zahlreiche Ohrwürmer wie »Er gehört zu mir«, »Ich bin
wie Du« und »Marleen« sichern ihr bis
heute nicht nur die Zuneigung einer großen Fangemeinde, sondern machen sie
auch zu einer der erfolgreichsten deutschen Schlagersängerinnen. Im Herbst
2006 erschien Marianne Rosenbergs
Biografie mit dem Titel »Kokolores«.
»Wir sind
Wegbegleiter«
Die Stiftung Unionhilfswerk Berlin bildet das
Dach der sechs gemeinnützigen UNIONHILFSWERK-Gesellschaften und der Landesverbände.
Auf der Suche nach einem neuen Claim wurden
die Verantwortlichen schnell bei den »alten«
Werten des Unternehmens fündig.
Leitsatz, Motto oder Claim – viele Firmen oder Organisationen ergänzen ihre
Namen, um damit die Werte und die
Grundhaltung der Institution gleich mit
nach innen und nach außen zu tragen.
Das gilt auch für die Stiftung Unionhilfswerk Berlin, die mit Beschluss des Stiftungsvorstandes seit Januar das Motto
»Wir sind Wegbegleiter« mit sich führt.
»Wir sind Wegbegleiter« steht kurz und
klar für die Grundhaltung und den Anspruch der Menschen, die im UNIONHILFSWERK wirken. Seite an Seite, fördernd aber auch fordernd begleiten sie
die ihnen anvertrauten Menschen ein
Stück des individuellen (Lebens-)Weges.
Sei es als hauptamtliche, ehrenamtliche
oder freiwillige Mitarbeiter: Wegbegleiter
sind bei ihrer Arbeit auf Augenhöhe mit
den Menschen in sehr unterschiedlichen
Lebenssituationen. Sie transportieren dabei unsere (UNIONHILFSWERK)-Werte,
die von Achtung, Würde und Selbstbestimmung geprägt sind.
Seine Testphase und Bewährungsprobe
hatte dieses Motto 2016, im Jubiläumsjahr
des UNIONHILFSWERK, als die Jubiläumsausstellung mit Portraits von Menschen im UNIONHILFSWERK unter
gleichnamigem Titel für durchweg große
positive Resonanz sorgte. Zugleich gaben
diese fotografierten »Wegbegleiter« stellvertretend für die über 3000 freiwilligen
und hauptamtlichen Kollegen, die in ihren
Bereichen Großes leisten, ein Gesicht.
Nicht zuletzt hat dieses Motto beste
Chancen, alle zu erreichen. Denn letztlich
braucht jeder manchmal jemanden, der
ihm unter die Arme greift, wenn es einmal
nicht weitergeht. Wir sind Menschen
dankbar, die gemeinsam mit uns Wege
erkunden und uns helfen, unsere Ziele
und Wünsche zu verwirklichen. Wir sind
Foto: Patricia Kalisch
Der Geist war willig, der
Kompromiss ist schwach
■■Sie haben einmal gesagt: »Es gab Zeiten, in denen ich Marianne Rosenberg
gern um die Ecke gebracht hätte«.
Natürlich gab es eine Zeit, in der ich
meine frühen Erfolge am liebsten ungeschehen gemacht hätte, weil mein Image
aus dieser Zeit wie eine schwere Eisenkugel an mir hing. Ich musste mich erst
mal davon befreien, um dann später den
Respekt zu empfinden, den die Songs meiner frühen Jugend und vor allem die Menschen, die diese Songs bis heute lieben,
verdient haben. Wenn ich jetzt auf der
Bühne stehe, singe ich viele der alten
Songs wieder sehr, sehr gerne, vor allem,
wenn ich in den Gesichtern des Publikums
sehe, wie viel Freude ich den Menschen
damit machen kann.
Foto: Patricia Kalisch
Foto: USE-Mediengestaltung
Fortsetzung auf Seite 2
Geteilte Freude ist doppelte Freude –
auch dafür stehen Wegbegleiter!
glücklich, wenn jemand in schweren Zeiten an unserer Seite ist und uns stützt. Hilfe erleichtert unseren Alltag. Aber auch
wenn wir anderen helfen und für sie da
sein können, gibt uns dies ein gutes Gefühl und bereichert unser Leben.
Gesine Schubert
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Wir für Berlin
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
berichten
Bezirksverbände Berlin
Jazz-Benefizkonzert
der IG Jugend
Europa-Quiz als Gehirnjogging
Foto: Bürger Europas e.V.
Hätten Sie’s gewusst?
Wie hier, so nun auch im Pflegewohnheim »Am Kreuzberg«: Das Europa-Quiz
Foto: Patrick Couteret
Beim Europa-Quiz im Pflegewohnheim
»Am Kreuzberg« war nicht nur Wissen,
sondern auch Schnelligkeit gefragt.
Der Pianist Frank Muschalle wird in der Presse für seine fantastische Performance gefeiert
Jazzfreunde aufgepasst: Die Interessengemeinschaft Jugend veranstaltet ein Benefizkonzert
zugunsten junger Flüchtlinge.
Konzerte für den guten Zweck haben
im UNIONHILFSWERK eine lange Tradition. Ab dem 14. März reiht sich auch die
Interessengemeinschaft Jugend in diese
Tradition ein und lädt alle Jazzfreunde
herzlich zum Konzert in die Kunstfabrik
Schlot. Los geht’s um 20 Uhr, der Eintritt
ist frei. Alle Besucher sind natürlich herzlich eingeladen, zugunsten benachteiligter und geflüchteter Jugendlichen im
UNIONHILFWERK zu spenden. Die IG
Jugend fördert junge Menschen aus benachteiligten Familien und Jugendliche
mit Behinderungen in ihrer persönlichen
und beruflichen Entwicklung. Außerdem
unterstützt die IG das Projekt Integrationspatenschaften für geflüchtete Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften
des UNIONHILFSWERK in Pankow, Lichtenberg und Köpenick.
Auf der Bühne geben sich Frank
Muschalle (Piano) und Dirk Engelmeyer
(Schlagzeug/Gesang) die Ehre. Sie gehö-
ren zu den gefragtesten Formationen der
europäischen Blues- und Boogie-WoogieSzene und sind seit vielen Jahren in Jazzclubs, Theatern, Kulturzentren und auf
Festivals in ganz Europa gern gesehene
Gäste. Gute Musik hören und Gutes tun –
diese Chance sollten Sie sich nicht entgehen lassen! Wenn Sie es an dem Tag nicht
zum Konzert schaffen, können Sie die Arbeit der Mentoring-Projekte im UNIONHILFSWERK natürlich trotzdem gern
durch eine Spende unterstützen.
kd
Kunstfabrik Schlot
Invalidenstraße 117 | 10115 Berlin
Dienstag, 14.03.2017 | Beginn: 20 Uhr
Spendenkonto des UNIONHILFSWERK
Bank für Sozialwirtschaft GmbH
IBAN DE40100205000003166002
BIC BFSWDE33BER
Verwendungszweck:
IG Jugend/Mentoringprojekte
An einem Dienstag im vergangenen
Jahr waren Mitglieder und Gäste des
Kreuzberger Bezirksverbandes in besonderer Weise gefragt: Denn wo man sich
sonst zweimal im Monat zum Spielenachmittag im Pflegewohnheim »Am Kreuzberg« trifft, war diesmal zum Europaquiz geladen. Und so waren alle
gespannt, was sie in den nächsten anderthalb Stunden erwartete.
Schließlich ging es doch darum, den
»Europameister« unter den Anwesenden
zu küren. Die Organisatoren dieser ebenso interessanten wie unterhaltsamen
Veranstaltung, der Verein »Bürger Europas«, erläuterten zunächst kurz die Spielregeln. Und betonten dabei, dass es nicht
in erster Linie darauf ankomme, Erster zu
sein, sondern vielmehr sein Wissen rund
um das Thema »Europa« zu erweitern.
Schließlich sei es ja ein Spiel.
Aus den acht Bereichen »Bundesländer und die EU«, »Kultur in Europa«,
»Deutschland in Europa«, »Meilensteine
der EU«, »Europa und die Welt«, »Die
EU und ihre Bürger«, »Mitgliedstaaten
der EU« und »Berühmte Europäer« galt
es jeweils sechs Fragen zu beantworten.
Damit sich auch alle daran beteiligen
konnten, waren sie über ein TED-Ab-
»Montessori heißt das Zauberwort!«
Die dritte Interessengemeinschaft im Unionhilfswerk Landesverband Berlin e.V. präsentiert ihr
erstes Projekt: eine eigene CD!
»Montessori heißt das Zauberwort!« –
aus vollem Herzen sangen die 120 Kinder
des Montessori-Kinderhauses am 19. Januar im Foyer der benachbarten Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule in Zehlendorf.
Seit zehn Jahren ist dieses Lied die heimliche Hymne des Kinderhauses in der Lissabonallee und hat es nun mit drei weiteren Stücken aus der Feder von Ilka Posin,
langjährige Erzieherin im Kinderhaus, auf
eine CD geschafft. Dank finanzieller Unterstützung der Interessengemeinschaft
Montessori-Kinderhaus Lissabonallee wurde die CD im vergangenen Oktober im Foyer des Kinderhauses mit allen Kindern
live aufgenommen. Der Berufsmusiker
und Multi-Instrumentalist Karl Neukauf
konnte dazu gewonnen werden, die drei
Lieder zu arrangieren und sie aufzunehmen. Die Begeisterung der mitsingenden
Kinder ist aus jedem der Lieder unschwer
herauszuhören.
stimmungssystem mit kleinen Fernbedienungen interaktiv einbezogen.
Hier nun zwei Beispiele: »Was ist
Deutschland in der EU?« 1. Schatzmeister, 2. Nettozahler, 3. Bruttoempfänger
(Richtig ist 2). Oder »Was wird in BerlinReinickendorf produziert?« 1. das Programm von EuroParlTV, 2. rote Teppiche
für EU-Institutionen, 3. 20 Prozent der
deutschen Euromünzen (Richtig ist 3).
Wer dies wusste und außerdem noch
schnell die richtige Taste auf der Fernbedienung drückte, konnte Punkte auf dem
Weg zum Quizchampion sammeln, um
dann als Sieger ein kleines Präsent in
Empfang zu nehmen. Einhellige Meinung
der Kreuzberger, die es sich bei diesem
Wissenscheck außerdem bei Kaffee und
Kuchen gut gehen ließen: »Das war spitze!«
Wer also Interesse an einer solchen
vom Berliner Senat unterstützten Veranstaltung hat, die für Vereine und Organisationen kostenfrei ist, kann sich an
»Bürger Europas e.V.« wenden.
Am 24. März, kurz vor dem Jubiläum
»60 Jahre EU«, finden im Wappensaal
des Roten Rathauses zwei Quizrunden
zu diesem Thema um 9–10:30 Uhr und
11–12:30 Uhr in Anwesenheit von Gerry
Woop, Staatssekretär für Europa, statt.
Anmeldung bis 15. März unter 030247249-03/-04
Wolfgang Gudenschwager
Bei der öffentlichen »Record-ReleaseParty« animierten die Lieder nicht nur zum
Tanzen und Feiern. Sie sorgten zugleich
für den reißenden Absatz der CD, die mit
individuell von den Kindern gestalteten
Covern gegen eine kleine Spende mitgenommen werden konnte.
Der großartige Zusammenhalt unter den
Mitarbeitern, dazu eine Interessengemeinschaft, die sich aktiv für die Belange der
Kinder einsetzt und eine Leiterin, die das
gesamte Projekt unterstützte, waren die
Voraussetzung dafür, dass ein so ambitioniertes Projekt an diesem Tag gefeiert werden konnte.
Diese Zeichnung ziert das CD-Cover
Alexander Franz Merkel und Ilka Posin
Wir für Berlin
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
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Neues
Wir und Andere
»Wer hier ist, braucht
eine Perspektive.«
Freiwilligenagentur
»Oskar« in
Lichtenberg
eröffnet
Zu allererst geht es darum, die Geflüchteten aus Massenunterkünften und Turnhallen herauszubekommen. Doch auch die
Unterbringung in Tempo-Homes oder Gemeinschaftsunterkünften kann keine dauerhafte Lösung sein. Nichtsdestotrotz
brauchen wir auch für diese Unterbringungsformen Mindeststandards. Das ist
zentral. Dazu zählt ein transparentes Vergabesystem, Controlling und natürlich
auch, dass die Betreiber Verträge erhalten
– das ist ja bei weitem noch nicht überall
der Fall. In einem nächsten Schritt müssen
wir dafür sorgen, dass die Menschen in eigene Wohnungen ziehen und damit beginnen können, sich ein eigenständiges und
selbstbestimmtes Leben aufzubauen.
Am Freitag, dem 10. Februar eröffnete der
Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Die
Linke) offiziell die »oskar freiwilligenagentur
lichtenberg« in der Weitlingstraße 89 in der
Nähe des S- und U-Bahnhofes Lichtenberg.
Zu dem Tag der offenen Tür kamen neben
Vertretern aus Politik, Kirche und
Verwaltung über 100 interessierte Gäste.
Foto: USE-Mediengestaltung /Günter Rehfeld
»Von einem generellen
Misstrauen kann keine
Rede sein.«
Elke Breitenbach, Die LINKE
Diese große Resonanz erfreute die
Verantwortlichen sehr, zeugte sie doch
vom großen Interesse an der Arbeit der
neuen Freiwilligenagentur.
Bereits seit Ende letzten Jahres ist die
Agentur geöffnet. Mit einem Tag der
offenen Tür wollte man Interessierte auf
das neue Angebot im Bezirk aufmerksam machen. Denn hier kann man
erfahren, wo man sich in Lichtenberg
ehrenamtlich engagieren kann. Die
Agentur-Mitarbeiter beraten Interessierte zu allen Fragen des Ehrenamtes –
von der Aufwandsentschädigung bis
hin zur Versicherung. Vor allem aber
vermitteln sie Engagementangebote
und -gesuche. Dafür sammeln sie bei
gemeinnützigen Organisationen und sozialen Einrichtungen Angebote, die sie
dann in Sprechstunden potenziellen
Partnern vorstellen. Zudem bietet die
Agentur Fortbildungen, Möglichkeiten
zum Erfahrungsaustausch und Dankeschön-Veranstaltungen an. Und kann
schon erste Vermittlungserfolge vermelden. So konnte sie zum Beispiel zwei
Geflüchtete an Pflegeeinrichtungen in
Hohenschönhausen vermitteln.
Ul
oskar freiwilligenagentur lichtenberg
Weitlingstraße 89, 10317 Berlin
Telefon: 030 74 68 58 74-0
E-Mail: info@oskar.berlin
www.oskar.berlin
Fotos: ullstein bild
v.l.n.r.: Peter Wagenknecht, Sybille
Büttner und Linda Oldenburg von
der Freiwilligenagentur Oskar
Elke Breitenbach (Die LINKE) ist Senatorin für Arbeit, Soziales und Integration
Elke Breitenbach (Die LINKE) übernimmt als neue
Sozialsenatorin Verantwortung für viele Themen,
die das UNIONHILFSWERK berühren. Ein erstes
Kennenlernen.
■■Frau Senatorin Breitenbach, unter der
Führung des neuen Senats hat Ihr Ressort
einen anderen Zuschnitt erhalten. Sie
sind für die Themen Arbeit, Soziales und
Integration zuständig, Senatorin Dilek
Kolat für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Vieles überschneidet sich inhaltlich, wäre es da nicht sinnvoller gewesen, die Dinge unter einem Dach zu
behalten?
Die Aufteilung ist in meinen Augen sogar sehr sinnvoll. Natürlich gibt es inhaltliche Überschneidungen, umso wichtiger ist
es daher, die entsprechenden Schnittstellen einzurichten. Hier befinden wir uns
aber auf einem guten Weg.
■■Viele der Leistungen sind entgeltfinanziert. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu:
»Das bisherige Finanzierungs-, Steuerungs- und Controllingsystem führt zu erheblichen Fehlanreizen, die die fachliche
Qualität des Angebots schmälern (…)«. Um
diese zu verändern setzt der neue Senat
auf mehr Kontrolle. Schwingt hier noch
das durch die Treberhilfe verursachte
Misstrauen mit?
Der Skandal um die Treberhilfe spielt an
dieser Stelle keine Rolle. Der neue Berliner
Rahmenvertrag Soziales ist fast fertig ausgehandelt; Transparenz, Controlling und
Steuerung waren dabei von Anfang an
wichtige Bestandteile. Natürlich wird es in
einzelnen Bereichen, zum Beispiel bei den
ambulanten Pflegediensten, verstärkte
Kontrollen geben. Von generellem Misstrauen kann aber nicht die Rede sein.
■■Lassen Sie uns zum Thema »Integration« kommen. Dafür wird im Senat gerade
ein neues Aufnahme- und Unterbringungskonzept erarbeitet. Welche Eckpunkte finden sich darin?
■■Stichwort »Teilhabe«: Diese wird entscheidend beeinflusst durch die Möglichkeit, sich über (sozialversicherungspflichtige) Erwerbsarbeit mittelfristig selbst
versorgen zu können. Welche Schritte planen Sie in diese Richtung?
Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass die geflüchteten Menschen innerhalb der ersten drei Monate eine Beratung erhalten. Dabei werden berufliche
Optionen aufgezeigt, aber auch geklärt,
welche Kompetenzen und Erfahrungen jemand mitbringt. In diesem Zusammenhang
werden wir auch mit der Berliner Wirtschaft ins Gespräch gehen, denn eines darf
auf keinen Fall passieren: Dass die Menschen, die zu uns kommen, alle in irgendwelchen Hilfsarbeiterjobs landen. Im Rahmen des geplanten Investitionsprogramms
wird es viele öffentliche Ausschreibungen
geben. Wir wollen die Vergabe auch daran
koppeln, inwieweit sich die Betriebe bereiterklären, unbefristete Arbeitsverhältnisse
für langzeiterwerbslose und geflüchtete
Menschen zu schaffen. Dafür erhalten sie
einen zeitlich befristeten Lohnkostenzuschuss und weitere Unterstützung.
■■Wie steht es mit der Integration bzw. gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen,
die eine schlechte Bleibeperspektive haben, aber trotzdem häufig über einen langen Zeitraum, manchmal sogar über Jahre in Deutschland leben?
Wir haben uns damit in den Koalitionsverhandlungen intensiv auseinandergesetzt. Man könnte den Menschen beispielsweise die Möglichkeit geben, in
Deutschland Kompetenzen zu erwerben,
die es ihnen ermöglichen, sich in ihren
Herkunftsländern eine Zukunft aufzubauen. Konkrete Ideen gibt es dazu noch nicht.
Klar ist jedoch, wer hier ist, braucht eine
Perspektive. Alles andere ist menschenunwürdig.
Das Interview führte Katrin Dietl
5
Wir für Berlin
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
engagieren
Freizeit schenken
Foto: Patricia Kalisch
Wegbereiter, Wegbegleiter
Die Interviewpartner berichteten von ihrem Engagement für Flüchtlinge
Freiwillig Engagierte leisten täglich Unglaubliches. Doch auch Helfer brauchen Hilfe. Wie diese
aussehen kann, diskutierten die Mitglieder des
UNIONHILFSWERK-Freiwilligenmanagements mit
Interessierten im Roten Rathaus.
Ende Januar im Rahmen eines Abendgesprächs diskutiert, zu dem das Freiwilligenmanagement der Stiftung Unionhilfswerk
Berlin im Roten Rathaus eingeladen hatte.
Unter den Gästen war auch Sawsan
Chebli, die neue Staatssekretärin für
Bürgerschaftliches Engagement des Landes Berlin. Sie betonte in ihrer Rede, welchen wichtigen Beitrag das UNIONHILFSWERK-Freiwilligenmanagement für Berlin
leiste. Es zeige beispielhaft, wie die Zusammenarbeit von hauptamtlichen, ehrenamtlichen und freiwilligen Mitarbeiterinnen
auf Augenhöhe organisiert werden könne.
Mit seinem Engagement, so Chebli weiter,
trage das Freiwilligenmanagement zur Entwicklung einer Integrationskultur bei, insbesondere für geflüchtete Menschen.
Engagementförderung, wie im UNION-
Ehrenamtliches Engagement ist für
unsere Gesellschaft wichtig wie nie zuvor.
Gerade Extremsituationen, wie es sie rund
um die Flüchtlingskrise gab, wären ohne
den Einsatz der zahllosen Engagierten
nicht zu meistern gewesen. Rund 30.000
Menschen engagieren sich derzeit
ehrenamtlich in den Mitgliedsorganisationen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes
Berlin. Das funktioniert jedoch nur dann
nachhaltig, wenn Engagement und professionelle soziale Arbeit gut miteinander vernetzt sind. Wie dies gelingen kann, wurde
HILFSWERK betrieben, setze sich darüber
hinaus für eine lebendige Demokratie ein,
die einbeziehe statt auszugrenzen, so die
Staatssekretärin.
Auch der Vorstandsvorsitzende der
Stiftung Unionhilfswerk Berlin, Norbert
Prochnow, unterstrich die Wichtigkeit eines
hauptamtlichen Freiwilligenmanagements.
Dank der Einführung vor 14 Jahren
habe sich etwa die Zahl der Zeitspender
vervierfacht, so dass sich heute 1.130 Menschen freiwillig und ehrenamtlich im UNIONHILFSWERK engagieren. Seine positiven Impulse reichen von der Etablierung
engagementfreundlicher Rahmbedingungen mit einer gelebten Anerkennungskultur über die Stärkung benachteiligter Sozialräume bis hin zur Gewinnung neuer
Kooperationspartner.
Dr. Ansgar Klein, Geschäftsführer vom
Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement, legte den Teilnehmern einen offenen Austausch und die Vernetzung ans
Herz, zwischen spontanem Engagement,
wie in den vielen Unterstützerkreisen und
Willkommensinitiativen entstanden, und
Organisationen mit entwickelten Strukturen. So könne die Entstehung von Parallelwelten vermieden werden und man könne
darüber hinaus viel voneinander lernen.
Auch er betonte die Wichtigkeit von Engagementpolitik, die gleichzeitig Demokratiepolitik und eine Antwort auf die Parolen
von AfD und Co seien.
Im Anschluss an die Reden wurden den
Besuchern zwei frisch erschienene Publikationen vorgestellt: »Freiwilligenmanagement als Wegbereiter« (herausgegeben
von der Stiftung Unionhilfswerk Berlin)
sowie »Freiwilligenmanagement in der
Praxis« der Beratergruppe Ehrenamt.
Ermöglicht wurde die Veranstaltung des
Freiwilligenmanagements der Stiftung Unionhilfswerk Berlin durch Mittel der Stiftung
Parität und das Land Berlin, das die Räumlichkeiten zur Verfügung stellte. Daniel Büchel
Bürgerschaftliches Engagement stärken
Der Koalitionsvertrag der neuen Berliner
Regierung räumt dem bürgerschaftlichen
Engagement eine tragende Funktion für die
Gesellschaft ein. Die Koalition will sich für
eine flächendeckende und systematische
Förderung der Engagementinfrastruktur
und die Finanzierung der Freiwilligenarbeit
einsetzen und betont, dass bürgerschaftliches Engagement als eine ressortübergreifende Querschnittsaufgabe wahrgenommen
werden soll. In diesem Sinne sollen verschiedene Sektoren des Engagements in
Berlin vernetzt werden und dessen öffentliche Präsenz gestärkt werden. Bereits vorhandene Instrumente, wie die Ehrenamtskarte, Freiwilligendienste und der Berliner
Freiwilligenpass, sowie Maßnahmen zur
Fotos: Patricia Kalisch
Die neue Koalition aus Rot-Rot-Grün räumt dem
bürgerschaftlichen Engagement eine tragende
gesellschaftliche Rolle ein. Hier die Vorhaben im
Einzelnen.
Staatssekretärin für Bürgerschaftliches
Engagement, Sawsan Chebli
Wertschätzung des Engagements sollen
ausgebaut werden.
Die Koalition erwartet von den Bezirken,
dass diese damit eine Basisstruktur bereit-
stellen, die gemeinsamen Bemühungen mit
der Landesregierung in Hinblick auf eine
Absicherung von Freiwilligenzentren/
-agenturen, Weiterbildungsangebote, professionelle Begleitung und Aufwandsentschädigungen bis hin zur Organisation von
Ehrungsveranstaltungen unterstützt werden können. Um die Bezirke in Hinblick
auf diese Aufgaben auszustatten, will die
Koalition die Rahmenbedingungen als
Grundlagen für Kooperationen der Verwaltung durch Supervision und Coaching-Angebote mit den Bezirken, Wohlfahrtsverbänden, Betreibern, NGOs und der
Zivilgesellschaft ausbauen und personelle
Stärkung vorsehen, vor allem durch eine
Unterstützung der Sozialraumorientierung
und den Einsatz von Quartiers- und Integrationsmanagern. Die geplanten Optimierungen sollen in einer Berliner Ehrenamtsstrategie festgesetzt werden.
Daniel Büchel
Termine
10. Berliner Freiwilligenbörse
An 100 Ständen werden vielfältige Engagement-Möglichkeiten aus den Bereichen Soziales, Bildung, Kultur und Sport vorgestellt.
Natürlich ist auch das UNIONHILFSWERK mit
einem Stand vertreten. Wir freuen uns über
Ihren Besuch.
Sa, 29. 4. 2017, 11 – 17 Uhr
Berliner Rathaus, im Großen Saal
Rathausstr. 15, 10178 Berlin
9. Run of Spirit
Der Laufevent für Menschen mit und ohne
Behinderung. Das UNIONHILFSWERK
nimmt gemeinsam mit USE-SOWAS an dem
Lauf teil. Interessierte können sich unter
teamstaffel@unionhilfswerk.de anmelden.
Mo, 5. 6. 2017 10.15 – 13 Uhr
Ev. Johannesstift Spandau,
Schönwalder Allee 26, 13587 Berlin
Fortbildungen
Zeit heilt nicht alle Wunden
So, 30. 3. 2017, 17.30 – 20.30 Uhr
UNIONHILFSWERK,
Richard-Sorge-Str. 21A, 10249 Berlin
Einführung in Visualisierungstechniken I & II
Mo, 3. 4. 2017, 16.30 – 20.30 Uhr
Do, 6. 4. 2017, 16.30 – 20.30 Uhr
UNIONHILFSWERK,
Richard-Sorge-Str. 21A,
10249 Berlin
Kommunikation ohne Worte – KoW
Do, 20. 4. 2017, 16.30 – 20.30 Uhr
UNIONHILFSWERK,
Richard-Sorge-Str. 21A, 10249 Berlin
Dimensionen spiritueller Erfahrungen
Sa, 22. 4. 2017, 10 – 16.30 Uhr
Kirchsaal im Margarete-Draeger-Haus,
Götzstraße 24 b, 12099 Berlin
Angebote und Projekte für und mit
Geflüchteten gestalten
Di, 25. 4. 2017, 17.30 – 20.30 Uhr
Gemeinschaftsunterkunft,
Treskowstr. 15/16, 13089 Berlin
Die Familie als Ressource für
geflüchtete Minderjährige
Mi, 3. 5. 2017, 17.30 – 20.30 Uhr
UNIONHILFSWERK,
Richard-Sorge-Str. 21A, 10249 Berlin
Gemeinwesenarbeit als Weg zur Beteiligung
von benachteiligten Menschen
Do, 11. 5. 2017, 16.30 – 20.30 Uhr
UNIONHILFSWERK, Richard-Sorge-Str. 21A,
10249 Berlin
Interkulturelle Begegnung
Di, 23. 5. 2017, 17.30 – 20.30 Uhr
Gemeinschaftsunterkunft
Konrad-Wolf-Str. 46, 13055 Berlin
Mehr miteinander statt gegeneinander
Sandra Rockenbach
Donnerstag, 1. 6. 2017, 16.30 –20.30 Uhr
UNIONHILFSWERK, Richard-Sorge-Straße
21A 10249 Berlin
Menschen mit Demenz als „Du“ wahrnehmen
Ulrich Kratzsch, M.A., Pfarrerin Geertje Bolle,
Samstag, 3. 6. 2017, 10.00 – 16.30 Uhr
Elisabeth-Forum Paul Gerhardt-Saal
Lützowstr. 10785 Berlin-Tiergarten
Wir für Berlin
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
6
gestalten
Lebensqualität stiften
Foto: USE-Mediengestaltung / Björn Behrendt
Benefizkonzert der Unionhilfswerk-Stiftung
Begeisterung, die ansteckt: Chorleiter Kai-Uwe Jirka
In diesem Jahr fand das Benefizkonzert der
Unionhilfswerk-Stiftung in der UdK statt. Ein wunderbarer Rahmen und ein tolles Konzert, doch
der bewegendste Moment spielte sich abseits der
Bühne ab.
Welch‘ ein imposanter Anblick, wenn man
vor dem Gebäude der Universität der
Künste Berlin (UdK) in der Bundesallee
steht. Ein Haus für die Kunst, das für uns
am 16. Dezember 2016 seine Türen für
unser jährliches Benefizkonzert öffnete.
Beim Erkunden der weitläufigen Flure der
UdK lässt sich ein kleiner Vorgeschmack
auf den Abend erlauschen, als die Stimmen des Knabenchors und der Klang einer Violine beim Einsingen und -spielen
nachhallen. Meine Vorfreude auf das Konzert wächst! Die letzten Vorbereitungen
sind getroffen und die Gäste finden sich
ein. Die Sitzplätze sind gewählt, Ansprachen gehalten und der Chorleiter KaiUwe Jirka betritt die Bühne. Er stellt seinen Chor und die jungen Musiker kurz
Auf dem Weg zur
hospizlich-palliativ
ausgerichteten
Altenpflege
Diese Planung wird derzeit in den zwei anderen Pflegewohnheimen des UNIONHILFSWERK, »Am Kreuzberg« und »Dr.
Günter Hesse«, in einem weiteren Projekt
erprobt.
Individuelle Lebensqualität bis zum Ende
Foto: iStock/Ocksaymark
Das KPG-Pilotprojekt Palliativ-geriatrischer
Konsiliardienst (PGKD) ging im April 2015 als
Förderprojekt der Unionhilfswerk-Stiftung an den
Start. Seit Oktober ist der PGKD nun mit einer
Palliativpflegekraft, einem Hospizdienstkoordinator und einem Palliativmediziner komplett.
Ihre Aufgabe besteht darin, zunächst in
den UNIONHILFSWERK-Pflegewohnheimen »Am Plänterwald« und »Alt-Treptow«
die Mitarbeiter aller Professionen darin zu
unterstützen, schwerkranke und sterbende
alte bzw. von Demenz betroffene Menschen ihren individuellen Bedürfnissen
entsprechend zu umsorgen. Hierbei gilt es,
die körperlichen, seelischen, sozialen und
spirituellen Bedürfnisse im Blick zu behalten. Der hospizlich-palliative Ansatz soll in
die Altenpflege, ins Pflegeheim, getragen
und praxisnah gelebt werden: Der PGKD
begleitet beratend die Versorgung der Bewohner, ohne sie zu übernehmen. Im Zusammenspiel aus Fortbildung und Organisationsentwicklung sollen möglichst alle
Mitarbeiter in allen Rollen und Hierarchi-
vor, dann öffnen sich die Türen. Von dem
eben noch aufgedrehten, leise tuschelnden und vor der Tür wartenden »Haufen«
ist nichts mehr zu merken. Der Chor
nimmt Haltung an und über hundert Jungen und junge Männer betreten der Reihe
nach den Saal und die Bühne, begleitet
von ausdauerndem Applaus. Und schon
ertönen die Weihnachtslieder. Der stimmgewaltige Chor erzeugt bei mir eine Gänsehaut, ebenso die Nachwuchstalente an
Violine und Harfe.
Als gemeinsames Stimmtraining wird
zum Abschluss und mit Hilfe ausgegebener Liedtexte »Tochter Zion«, gesungen.
Unter großem Applaus ziehen die Chorknaben aus dem Saal. Als auch die Besucher den Saal fast vollständig verlassen haben, kommt für mich der schönste Moment
dieses wunderbaren Benefizkonzerts. In
der letzten Reihe des Saals sitzen fünf ältere Damen mit ihrer Begleitung aus dem
Pflegewohnheim des UNIONHIFLSWERK
»Am Plänterwald«. Sie finden es schade,
dass das zweite Lied nicht mehr gemeinsam gesungen werden konnte. Flachsend
sagen sie, sie würden so lange sitzen bleiben, bis sie das zweite Lied noch gesungen
haben. Ihr Wunsch wird gehört – zu den
drei Chorknaben, die mit Spendenkörben
am Ausgang auf die Nachzügler warteten,
kommen auf Bitte von Alexander Zörnig,
eines Verantwortlichen aus dem Chor,
noch drei weitere Sänger zurück und singen nun gemeinsam mit den beseelten
Damen »Gloria in excelsis Deo« zur großen
Freude und Rührung der wenigen, die
noch im Saal verblieben waren. Und es
zeigt sich, es braucht nicht viel im Leben,
um glücklich zu sein, nur etwas Nächstenliebe!
Frances Kant
Umsorgt bis zuletzt
en den palliativ-geriatrischen Ansatz eigenständig und gemeinsam leben und erfahren.
Noch ist Palliative Geriatrie keine Selbstverständlichkeit in deutschen Pflegeheimen. Doch mit dem neuen Hospiz- und Palliativgesetz wurden die Weichen gestellt.
So greift es auch die Idee des PGKD auf –
gerade in Bezug auf interdisziplinäre Vernetzung sowie die gesundheitlicheVersorgungsplanung für die letzte Lebensphase.
Der PGKD nimmt die individuelle Lebensqualität jedes einzelnen Menschen in
den Blick. Der alte, demente oder sterbende Mensch steht im Vordergrund. An ihm
haben sich die umsorgenden Personen, das
ganze Pflegewohnheim, zu orientieren.
Das funktioniert, wenn alle Beteiligten vertrauensvoll und von Fachlichkeit geprägt
miteinander umgehen und den Patientenwillen berücksichtigen. Das schließt eine
konsequente Schmerztherapie und Symptomkontrolle, die Einbeziehung von Angehörigen, eine gute Pflege, anregende soziale wie seelische Begleitung aber auch
gute Ernährung mit ein.
Damit in diesen teilweise sehr komplexen Situationen alle Aufgaben und Aspekte bedacht und erfüllt werden können, ist
das inter-professionell disziplinär erfahrene Team essentiell, Pfleger genauso wie
Ärzte, Ehrenamtliche aus dem Hospizdienst genauso wie Sozialarbeiter, die
Seelsorger, diverse Therapeuten und natürlich auch die Küche und die Reinigung.
Palliative Geriatrie steht dafür, gemeinsam nach der jeweils bestenVersorgung für
einen alten Menschen zu suchen. Hierfür
Letzte-HilfeKurse
Die Unionhilfswerk-Stiftung
fördert im Jahre 2017 die Umsetzung von fünf Letzte-HilfeKursen mit einer Summe von
4.200 Euro. Im »Letzte-HilfeKurs« lernen Bürger jeden Alters, Laien und Professionelle,
das kleine 1x1 des Sterbens.
Hier werden einfache Handgriffe erlernt und Tipps gegeben.
Denn die Begleitung sterbender
Menschen ist keine Wissenschaft, die nicht auch in der
Nachbarschaft, Familie, Schule,
Firma oder Bibliothek möglich
ist. Der eintägige Kurs beinhaltet vier Themenschwerpunkte:
Sterben als Teil des Lebens;
Vorsorgen und Entscheiden;
körperliche, psychische, soziale
und existenzielle Nöte; Abschied nehmen vom Leben. Die
Fördersumme fließt in PR und
Marketing sowie Organisationskosten.
kd
bedarf es dieses Ansatzes in den Pflegewohnheimen – das muss allen hier Wirkenden klar sein. Sie brauchen diesen Ansatz
mit dem Heimeinzug, damit sich das Hospiz auf den Weg ins Pflegewohnheim
macht! Jeder hochbetagte Mensch profitiert davon. Aber auch ihren Nahestehenden und dem Personal geht es damit besser. Sie wollen, dass es den Bewohnern gut
geht. Das ist oft nicht leicht unter schwierigen Rahmenbedingungen. Daher ist es ein
Segen, dass über den PGKD ein Palliativmediziner behandelnden Ärzten zur Beratung zur Verfügung steht, die Pfleger bei
der Palliativpflegekraft fragen können und
der Hospizdienstkoordinator ergänzend
Ehrenamtliche schickt.
In den letzten vier Monaten war der
PGKD in 24 Begleitungen von Bewohnern
involviert. Viele Gespräche wurden
geführt, Patientenverfügungen erstellt,
diverse palliativmedizinische Empfehlungen gegeben, viele Besuche über den ehrenamtlichen Hospizdienst organisiert,
auch Sitzwachen am Sterbebett übernommen. Neun der vom PGKD betreuten Menschen sind inzwischen verstorben, fast alle
in der gewohnten Umgebung des Pflegeheims, ihrem letzten Zuhause. Ziel ist es,
den hospizlich-palliativen Ansatz zum normalen Bestandteil in der Arbeit aller in den
Pflegewohnheimen Tätigen werden zu lassen. Weitere Infos: www.palliative-geriatrie.de/pgkd Dirk Müller und Daniela Reinhard-Kraft
7
Wir für Berlin
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
aktiv sein
Körper & Geist
Von Menschen und Möglichkeiten
Mieter helfen
Neu-Berlinern
Rasheed freut sich über die Unterstützung seines Paten Klaus Nichelmann
STERNENFISCHER-Freiwilligenzentrum und
degewo starten das Projekt »Wohngebietspatenschaften«
Foto: Stefan Zeh
Das UNIONHILFSWERK betreibt berlinweit über 130 Einrichtungen und Projekte.
So unterschiedlich die Arbeitsbereiche
sind, so einig sind sich die Mitarbeiter in
ihrem Wunsch, für die Betreuten ein größtmögliches Maß an Eigenständigkeit zu erreichen. Diesem Ansatz folgt auch das Assistenzmodell nach Willem Kleine Schaars
(WKS). Dabei handelt es sich um ein Betreuungskonzept aus dem Bereich der Behindertenhilfe, das verselbständigende Betreuung zum Ziel hat. Im Rahmen einer
Projektphase setzten sich die Mitarbeiter
des Fachbereichs für Menschen mit Behinderungen im UNIONHILFSWERK in mehreren Teams aus den Bereichen Wohnheime, Wohngemeinschaften und dem
Betreuten Einzelwohnen (BEW) mit dem
Modell auseinander.
Ein Beispiel aus dem BEW: Die Mitarbeiter richteten hier jahrelang mit viel
Professionalität, Hingabe und Fantasie die
Feste für die Klienten aus. Man grübelte,
plante, organisierte, entwickelte Ideen
und diskutierte im Team. Trotzdem wurde
von einigen Klienten hinterher genörgelt
und auch die Betreuer waren nicht immer
glücklich über den Ablauf. Diese Situation der Unzufriedenheit lässt sich in unterschiedlichen Situationen immer wieder
beobachten: Die Klienten sind erst begeistert von den »tollen« Ideen und Strategien, gehen aber anschließend kaum oder
gar nicht mit.
Im Zuge der WKS-Projektphase wandten sich die Mitarbeiter des BEW Elberfelder Straße mit einem Flyer »Wir können’s
selbst« an die Klienten und luden sie ein,
die Feste nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Das Festkomitee war geboren. So
traf sich in den vergangenen zwei Jahren
eine Gruppe, die Sommerfest, Halloween,
Fasching, Oster- und Weihnachtsfeier selber planen und gestalten sollten und wollten. Das Besondere: Die Betreuer waren
bei der Planung nicht zwangsläufig dabei.
Foto: Elisabeth Schwiontek
Im Fachbereich für Menschen mit Behinderung
wurde in einer Projektphase das Assistenzmodell
nach Willem Kleine Schaars erprobt. Und das mit
großem Erfolg.
Das Festkomitee nahm die Planung der Veranstaltungen selbst in die Hand
Ein Prozess nicht ohne Reibung, mussten
sich die Klienten doch mit Anderen und
deren Sichtweisen auseinandersetzen. Sicher war auch bei diesen Veranstaltungen
nicht das eine, perfekte Fest dabei. Aber
das war auch nicht das Ziel des Prozesses.
Vielmehr ging es darum, Klienten Verantwortung im Rahmen ihrer Möglichkeiten
übernehmen zu lassen.
Es geht ums Loslassen, ums Fördern.
Dass Klienten an den Aufgaben wachsen,
lernen, mit Kritik umzugehen, dass ihr
Selbstbewusstsein gestärkt wird, dass sie
verborgene Fähigkeiten an sich und anderen erkennen und einander als Partner
schätzen und akzeptieren. Unsere Aufgabe
als Betreuer in diesem Prozess ist es, den
Rahmen der Möglichkeiten unserer Klienten zu erkennen. Die Balance zwischen
Überforderung und Überbehütung zu fin-
Hilfe im Bezirk
Die Senatsverwaltung hat Mitte des
Jahres die bezirklichen Kontakt- und Beratungsstellen (KBS) für die Flüchtlingsarbeit mit 24 Fachkräften mit sozialarbeiterischer/sozialpädagogischer Kompetenz
verstärkt. Das Zuwendungsprojekt war
ursprünglich nur bis Ende des vergangenen Jahres bewilligt worden, läuft jetzt
aber auch 2017 weiter. Eine Entwicklung,
die alle Beteiligten sehr begrüßen. Das
UNIONHILFSWERK betreibt in Neukölln
und Friedrichshain-Kreuzberg je eine
Kontakt- und Beratungsstellen (KBS) für
Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung und deren Angehörige. Die
Foto: Patricia Kalisch
Um die Zusammenarbeit mit Flüchtlingen und deren
Helfern zu verbessern, wurden in den Kontakt- und
Beratungsstellen zusätzliche Stellen geschaffen.
In den Kontakt- und Beratungsstellen des
UNIONHILFSWERK finden künftig auch
Flüchtlinge Hilfe
Mitarbeiter unterstützen die Besucher dabei, mit ihrer Beeinträchtigung umzugehen, ihren Alltag zu bewältigen und neue
Kontakte zu knüpfen. Das Angebot ist
kostenfrei und unverbindlich. Für die bei-
den. Es verändert sich die Sichtweise, weg
von einer defizitären hin zu einer ressourcenorientierten Betrachtung. Der tatsächliche Unterstützungsbedarf wird sichtbarer
und kann vom Klienten besser akzeptiert
werden. Innerhalb ihres Rahmens haben
die Klienten die Verantwortung für ihre
Entscheidungen und ihr Handeln. Durch
diese Rückgabe an Verantwortung erleben
sich unsere Klienten als selbstwirksam.
Solche und ähnlich positive Erfahrungen wurden nicht nur in der Gruppen-,
sondern auch in der Einzelbetreuung gemacht. Klienten stritten sich weniger,
aggressives Verhalten konnte reduziert
werden. Dies hat im Fachbereich zu der
Entscheidung geführt, allen Mitarbeitern
2017 die Möglichkeit zu geben, an WKSFortbildungen teilzunehmen.
Jan Lauschus und Stefan Zeh
den Einrichtungen wurden nun insgesamt
zwei volle Stellen für die neue Aufgabe
in der Flüchtlingshilfe bewilligt. Diese
teilen sich wie folgt auf: 1,5 Stellen in der
Neuköllner KBS »Terra«, 0,5 Stellen in
Kreuzberg. Hier teilt sich das UNIONHILFSWERK die Aufgabe mit den Trägern ajb gGmbH und KommRum e.V., die
ebenfalls mit je einer halben Stelle ausgestattet wurden.
Ziel des Projektes ist es, die seelische
Gesundheit der Geflüchteten zu fördern,
die Beschäftigten in der Flüchtlingsarbeit
über Angebote zu informieren sowie eine
Vernetzung untereinander zu fördern.
Zielgruppe sind daher nicht nur die
Geflüchteten selbst, sondern auch die
Beschäftigten der Sozialdienste in Flüchtlingseinrichtungen, Betreiber, Beschäftigte in Einrichtungen der psycho-sozialen
und psychiatrischen Versorgung.
Sabine Jeschke
»Wir leben Tür an Tür. Wenn wir offen aufeinander zugehen, ist das Leben
für alle einfacher und schöner«, sagt
Steffi*. Die 35-Jährige ist ehrenamtliche Patin in einem besonderen Nachbarschaftsprojekt. In Zusammenarbeit
mit dem Wohnungsbauunternehmen
degewo bringt das STERNENFISCHER-Freiwilligenzentrum TreptowKöpenick Alt-Berliner mit geflüchteten
Menschen zusammen, die in ihrer
Nachbarschaft leben. »Die Paten helfen Neu-Berlinern, die vor Krieg und
Not geflüchtet sind, bei der Orientierung im Alltag«, so Projektkoordinatorin Marieluise Mühe. Seit dem Start im
Sommer 2016 konnte sie bereits acht
Patenschaften vermitteln – darunter die
zwischen Steffi und Amira*, die vor
eineinhalb Jahren aus Afghanistan
nach Berlin kam. »Wenn ich einen
Brief bekomme, den ich nicht verstehe,
mache ich ein Foto und schicke es Steffi«, erzählt Amira. Durch Steffi lerne sie
neue Menschen kennen – zum Beispiel
den hilfsbereiten Besitzer einer Bohrmaschine, der endlich die gewünschten Löcher in ihre Wände bohrte. »Einmal habe ich Steffi und ihre Kinder
besucht, da war plötzlich Schokolade
in meinem Schuh. Seither kenne ich
den Nikolausbrauch.« Auch für Steffi
ist der Austausch mit Amira eine Bereicherung: »Wir zwei haben ein ähnliches Gemüt!« Amiras Ziel ist es, als
Dolmetscherin zu arbeiten. »Leider
kann ich noch nicht so gut Deutsch wie
meine kleine Tochter«, sagt sie und
lacht.
Auch Rasheed (23), der vor dem
Krieg in Syrien geflohen ist, hat klare
Ziele: »Ich möchte eine Ausbildung
machen und dann BWL studieren.«
Als Klaus Nichelmann, pensionierter
Volkswirt, von dem Projekt hörte und
seinen jungen Nachbarn kennenlernte,
war für ihn klar: »Da machste mit! Ich
will Rasheed dabei helfen, hier eine
Zukunft aufzubauen. Und ich erfahre
von ihm sehr viel über das Leben in
Damaskus.« Die beiden machen regelmäßig Stadtspaziergänge, verbunden
zum Beispiel mit einem Bibliotheksbesuch. Rasheed: »Jetzt weiß ich, wie die
Ausleihe funktioniert und wie ich die
Bücher finde, die ich brauche.« Ein erster Schritt, der ohne seinen Paten zwar
möglich, aber viel schwieriger gewesen
wäre.
Elisabeth Schwiontek
*Die Namen wurden von der Redaktion geändert.
Wir für Berlin
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
8
wachsen
Spielen, lernen, Spaß haben
Aus Klein wird Groß
Yalnız degilsin –
Du bist nicht allein
Die erste Generation Gastarbeiter ist in
Deutschland alt geworden. Eine türkischsprachige Gesprächsgruppe der Kontaktstelle
PflegeEngagement in Reinickendorf hilft den
Angehörigen, mit der neuen Situation umzugehen.
Foto: iStock/fotografixx
Denken wir an türkischstämmige
pflegebedürftige Menschen und ihre
Angehörigen, ist das Bild schnell gezeichnet: Steht doch die Familie in der
sogenannten türkischen Community
immer an oberster Stelle und in der
Pflegebedürftigkeit ist klar: Die Familie
übernimmt die Versorgung. Doch die
Entwicklungen in Berlin sprechen eine
andere Sprache. Inzwischen gibt es hier
unzählige türkische Pflegedienste und
Pflegewohnheime, Pflege-WGs sowie
Selbsthilfe- und Gesprächsgruppen.
Die Einschulung gehört zu den wichtigsten Tagen im Leben eines Kindes
Die Kontaktstelle PflegeEngagement
bietet eine türkischsprachige Selbsthilfegruppe für pflegende Angehörige
Allerdings finden sich nahezu keine Gesprächsangebote in türkischer Sprache.
Vor diesem Hintergrund entstand in der
Kontaktstelle PflegeEngagement Reinickendorf des UNIONHILFSWERK im
letzten Jahr die Idee zu einer türkischsprachigen Gesprächsgruppe für pflegende Angehörige. Gemeinsam mit
zwei türkischsprachigen freiwilligen
Mitarbeiterinnen startete die Gruppe im
September. Ihr Name: Yalnız degilsin –
Du bist nicht allein. Hier treffen sich monatlich pflegende Angehörige, um sich
mit anderen Betroffenen auszutauschen,
sich Tipps zu holen und von ihren eigenen Erfahrungen zu berichten. Die freiwilligen Mitarbeiterinnen Gülveren und
Mehtap bereiten die Treffen vor und
moderieren das Gespräch. Sie informieren die Teilnehmer auch darüber, wo sie
sich zu Pflegethemen beraten lassen
können. Viele wissen nicht, an wen sie
sich mit Fragen wenden können und haben keine Kenntnisse über Unterstützungsangebote. Während der Treffen
wird Türkisch gesprochen, denn den
Teilnehmern fällt es leichter, in ihrer
Muttersprache von den Belastungen
und Sorgen der Pflegesituation zu berichten.
Tatjana Siek
Interessierte sind herzlich eingeladen zu
unseren Treffen jeden 2. Montag im Monat
16 – 17.30 Uhr in der GESOBAU-Nachbarschaftsetage, Wilhelmsruher Damm 124,
13439 Berlin-Reinickendorf.
Anmeldung und Infos: Kontaktstelle
PflegeEngagement 41 74 57 52.
Erinnern Sie sich noch an die Zeit vor
Ihrer Einschulung, den ersten Schultag, an
Ihre Empfindungen, Erwartungen, Gefühle und auch Ängste? Bei mir ist das in diesem Jahr 54 Jahre her und ich kann mich
noch an fast alles erinnern, als wäre es
gestern gewesen. Dieses Gefühlschaos aus
Freude über den Schultütenbaum in unserem Garten, die Überraschungen in meiner Zuckertüte, die fast größer war als ich,
die Neugier auf all die Kinder und die
Lehrerin. Noch immer ist der Übergang
von der Kita in die Grundschule ein einschneidendes Erlebnis und einer der wich-
tigsten Tage für ein Kind. Es muss sich in
einer neuen sozialen Gemeinschaft orientieren, seinen Platz finden und viele verschiedene Anforderungen des Schulalltags
bewältigen. Uns Erwachsenen, das gilt für
Erzieher, Lehrer und Eltern, fällt dabei die
Aufgabe zu, diese Phase einfühlsam zu begleiten und zu gestalten. Seit mehreren
Jahren ist es sowohl für den Kita-Bereich
verbindlicher Bestandteil des Berliner Bildungsprogrammes, als auch für den Schulbereich im Rahmenlehrplan geregelt, dass
Kooperationen zwischen den Kindertagesstätten und den Grundschulen der entsprechenden Einzugsgebiete zu schließen
sind.
Im Montessori-Kinderhaus Reinickendorf sind wir in der glücklichen Lage, über
drei Kooperationen zu verfügen. Die Zusammenarbeit zwischen uns und der Ko-
»Wandel und Veränderung«
Lange galt Berlin-Neukölln als sozialer Brennpunkt. Innerhalb der letzten Jahre hat sich der Bezirk jedoch komplett gewandelt. Das schlägt sich
auch auf die Arbeit vor Ort nieder. Ein Erfahrungsbericht aus der Kita BeerenStark.
Wer sich in Berlin umsieht, wird in der
Vergangenheit festgestellt haben, wie sich
der Kiez um die Weserstraße in Neukölln
verändert hat. Viele neue Geschäfte und
Restaurants haben geöffnet, Designer und
Start-Up-Unternehmen sowie Familien mit
Fluchterfahrung siedeln sich an. Er ist nun
»multikulti«, mit großer Vielfalt in den Kulturen, Sprachen, Erfahrungen, Familienstrukturen und sozialen Chancen. In unserer Kita hat sich diese Veränderung
ebenfalls bemerkbar gemacht: Wir haben
uns auf eine große Vielfalt in der Eltern-
Foto: Patricia Kalisch
Foto: iStock
Der Wechsel vom Kindergarten in die Schule ist
für die Abc-Schützen ein riesiger Schritt. Um
diesen gut zu gestalten, kooperiert das Montessori-Kinderhaus Reinickendorf intensiv mit den
Grundschulen.
In der Kita BeerenStark im Herzen Neuköllns funktioniert das bunte Miteinander
bestens
schaft eingestellt. Eltern zeigen verstärkt
Interesse an den Bildungsinhalten oder pä-
lumbus-Grundschule ist dabei besonders
intensiv.
Dazu gehört zunächst zu Beginn des
neuen Gruppenjahres eine umfassende Informationsveranstaltung bei der die Eltern
erfahren, was für ihr Kind in der Vorbereitung auf den Übergang wichtig und notwendig ist. Unsere Kinder besuchen außerdem gemeinsam mit ihren Erziehern
die Grundschule und haben so die Möglichkeit, das große Schulgebäude, Klassenräume, Lehrer, andere Schulkinder und
auch den Unterrichtsablauf kennenzulernen. Dieses »Schulluftschnuppern« nimmt
den Kindern einen großen Teil der Ängste.
Gemeinsam nutzen wir Angebote wie die
Sporthalle und besuchen das Sommerfest,
den Tag der offenen Tür und das Schulspiel. Auf Wunsch begleiten die Lehrer
auch auf einen Elternabend in der Kita,
um den Eltern der zukünftigen Schüler offene Fragen zu beantworten.
Im Schuljahr 2012/13 entstand das erste
gemeinsame Projekt zum Thema »Körper,
Flächen und Muster«. Dem folgten noch
weitere Projekte wie »Wir malen Keith Haring«, bei dem viele wunderschöne Bilder
entstanden, das Buchprojekt »Elmar« und
das » Indianerprojekt«. Unser nächstes gemeinsames Projekt, »Der Regenbogenfisch« für das Schuljahr 2016/17 ist bereits
geplant und wird im Mai mit den Kindern
der Kita und der Schule durchgeführt.
Viermal im Jahr sitzen Vertreter der Kitas und Schulen aus der Region Reinickendorf Ost zusammen. Diese Treffen dienen
dem gegenseitigen Informationsfluss. Dort
werden Ideen ausgetauscht, Neuerungen
in Schule und Kita mitgeteilt und Probleme besprochen. Die Ergebnisse solch eines
Treffens werden im »Kooperationskalender« dokumentiert, bei Bedarf verändert,
oder ergänzt. Eine große Bereicherung ist
die wechselseitige Hospitation der pädagogischen Fachkräfte. Gaby Rusher gilt im
Namen unserer Kinder ein besonderes
Dankeschön. Mit ihrem Engagement hat
sie großen Anteil an einem gelungenen
Übergang von unserem Kinderhaus in die
Grundschule.
Gaby Rusher und Sabine Brode
dagogischen Abläufen in der Kita. Elternabende werden interessiert besucht und
bei der Umsetzung von gemeinsamen Aktivitäten sind sie engagiert dabei.
In unserem pädagogischen Alltag ist es
interessant geworden, welchen Berufen die
Eltern nachgehen, welche Fragen von Kindern an uns herangetragen werden oder
welche Freizeitaktivitäten die Kinder beschreiben können. Ein wichtiger Schritt in
unserer Arbeit ist es, sich immer wieder
neu mit den verschiedenen Wertevorstellungen auseinanderzusetzen, darüber ins
Gespräch zu gehen und uns immer wieder
neu mit Vorurteilen zu beschäftigen und
wie diese unser Handeln bestimmen. Wichtig ist uns, immer wieder allen Kindern der
Einrichtung die gleichen Chancen zu ermöglichen, um sie auf ein gelingendes Leben vorzubereiten. Wir können alle voneinander und miteinander lernen. Die
Fähigkeit zur Sprache bleibt daher ein
Schwerpunkt unserer pädagogischen Arbeit.
Heike Böttger
9
Wir für Berlin
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
mitmachen
Es ist normal, verschieden zu sein
»Etwas Neues zu schaffen
braucht seine Zeit«
Um die geflüchteten Menschen in
Berlin besser versorgen zu können,
ging im Sommer 2016 eine neue
Behörde an den Start, das LAF. Wir
sprachen mit der Chefin Claudia
Langeheine über Startschwierigkeiten, Strukturen und die großen
Herausforderungen der kommenden
Jahre.
■■Viele Turnhallen und Erstaufnahmeeinrichtungen wurden in den letzten Monaten
freigezogen. Sind wir gewappnet, wenn die Zahlen der
Flüchtlinge wieder ansteigen
sollten?
Wir sind in jedem Fall besser aufgestellt, zum Beispiel
was das Thema Registrierung
angeht.
Mit
der
aktuellen personellen Ausstattung sind wir in der Lage, pro
Tag zwischen 800 und 1000
Menschen zu erfassen. Was
das Thema Unterbringung angeht, haben wir noch Notunterkünfte, die wir jetzt freiziehen
werden,
die
aber
perspektivisch als Reserve zur
Verfügung stehen. Darüber hinaus arbeiten wir an einer gesamtstädtischen Planung.
Foto: Sascha Langenbach
■■Frau Langeheine, Sie sind seit
August die Chefin des LAF, des
Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten. Warum war die
Gründung eines neuen Amtes
notwendig?
Die Aufgaben rund um die
Versorgung, Unterbringung und
Integration von geflüchteten
Menschen in Berlin wurden so
umfangreich, dass sie nicht mehr
als Teilaufgabe eines Amtes zu
lösen waren. Mit der Gründung
des LAF wurde das Thema
»Flüchtlinge« aus dem LaGeSo
ausgegliedert. Wir sind zuständig für die Registrierung, Unterbringung und Leistungsgewährung
der
nach
Berlin
geflüchteten Menschen.
es zu schaffen braucht seine
Zeit.
■■Wo liegen Ihrer Ansicht
nach die großen Herausforderungen im Jahr 2017?
Die große Aufgabe wird es
Claudia Langeheine ist für die Versorgung, Unterbringung und
■■Anfang Dezember verfassten Integration von geflüchteten Menschen in Berlin zuständig
sein, die Geflüchteten aus den
Mitarbeiter Ihrer Behörde einen
Notunterkünften in qualitativ
hochwertige Unterkünfte zu
Brandbrief, in dem sie über massive Überlastung klagten. Sind die Proble- die Vermittlung in Erstaufnahmeeinrich- bringen, am besten in Wohnungen. Derzeit
me aus dem LaGeSo mit in die neue Behör- tungen und einen zweiten, der für alle leben noch rund 16.000 Menschen in NotFragen rund um das Leben in einer Ge- unterkünften, das soll sich möglichst
de gewandert?
Mein Eindruck ist eher, dass die neuen meinschaftsunterkunft zuständig war. Im schnell ändern. Dafür entstehen z.B. geraStrukturen noch nicht so sind, wie wir uns LAF werden beide Komplexe jetzt gemein- de 10.000 neue Plätze in Gemeinschaftsdas vorgestellt haben. Im LAF wurden z.B. sam behandelt. Da treffen unterschiedliche unterkünften. Im letzten Jahr ist es uns gezwei Leistungsbereiche zusammenge- Arbeitskulturen aufeinander, das sorgt für lungen, etwa 4.000 Menschen in eine
bracht, die im LAGeSo getrennt waren. für Diskussionsbedarf. Wir müssen die Mit- Wohnung zu vermitteln. In diesem Jahr
Dort gab es einen Leistungsbereich für die arbeiter an dieser Stelle noch stärker mit- sollen es mehr werden.
Aufnahme der geflüchteten Menschen und und ihre Ängste ernstnehmen. Etwas Neu-
Das Interview führte Katrin Dietl
»Manchmal ist das
ein Teufelskreis«
Im Oktober 2016 hat die Unionhilfswerk
Soziale Dienste gGmbH ein Heim für Wohnungslose in der Osloer Straße übernommen. Es bietet Menschen ein Zuhause, die
ihr eigenes verloren haben – manchmal nur
vorübergehend, manchmal auch auf nicht
absehbare Zeit.
Sollte sich an der Wohnungs- und Sozialpolitik nichts ändern, rechnet die
Bundesarbeitsgemeinschaft für Wohnungslosenhilfe (BAG) im Jahr 2018 mit
mehr als 500.000 Menschen ohne feste
Bleibe. Das Bundessozialministerium argumentiert hingegen mit psycho-sozialen Faktoren, die zum Verlust der Wohnung führen. »Häufig kommt beides
zusammen«, sagt Dariusz Sasin, Leiter
des Wohnheims für Wohnungslose »Panorama-Nord« in der Osloer Straße. »Zu
hohe Mieten oder Mieterhöhungen,
dann auch noch Trennungen, Krisen
oder Arbeitslosigkeit führen meistens
dazu, dass die Miete weder vom Bewohner noch vom Jobcenter weiter getragen werden kann.« In seinem Wohnheim leben derzeit vor allem Familien
bzw. Alleinerziehende mit Kindern,
etwa ein Drittel sind alleinstehend. Das
Haus hat insgesamt Platz für 98 Menschen, die dort in kleinen Wohneinheiten mit Küche und Bad leben. »Wir unterstützen die Bewohner bei der Suche
nach einer neuen Wohnung, helfen bei
Anträgen usw.«, erzählt Sasin, »doch
manchmal ist es ein Teufelskreis«. Denn
im geschützten Marktsegment, das
Wohnungen für Wohnungslose oder Sozialleistungsempfänger bereithält, gibt
es zu wenig Wohnraum für zu viele Bewerber. Manche haben Glück, andere
müssen länger warten, einige geben
aber auch ganz auf. Die Wohnungslosenunterkunft ist daher für viele mehr
als ein vorübergehendes Zuhause, »ein
Auszug ist aber jedes Mal ein schönes
Erfolgserlebnis«, bleibt Sasin optimistisch.
Ulrike Freybe
Neukölln ANDERS
»Ich, Jan Sander, Schriftsteller, probiert sich
in Expressionismus und Surrealismus,« so beschreibt Jan Sander (geb. 1977) sich und seine
Malerei.
Seine 22 Werke werden in Berlins einziger Galerie für sogenannte Outsider Art,
ART CRU, unter dem Titel »Neukölln ANDERS« gezeigt. Die Bilder sind in den letzten zwei Jahren auf Malerpappe mit Zeichenkohle und Acrylfarben entstanden
und zeigen Sanders besondere intuitiv-visuelle Ausdruckskraft. Seine erste Serie als
bildender Künstler ist eine intensive Auseinandersetzung mit Stilelementen des Expressionismus und des Surrealismus. Sie
zeigt zugleich Alltägliches und Abgründiges. Mit schnellen, kraftvollen Pinselstrichen und Farben, die aus dunkleren Partien herausleuchten, lässt Jan Sander eine
bewegte Bilderwelt entstehen. Die Arbei-
ten verdeutlichen eine ganz persönliche
Sichtweise auf die Neuköllner Umgebung
des Künstlers. Jan Sander besucht die Beschäftigungstagesstätte (BTS) Treptow-Köpenick des UNIONHILFSWERK. »Er war
schon als Künstler tätig bevor er in unsere
Tagesstätte kam«, erzählt die Kunsttherapeutin Gabriele Bendow. »Er ist Schriftsteller, aber er hatte seine Alltagsstrukturen
verloren, war nachts aktiv und schrieb.
Tagsüber schlief er und entfernte sich mehr
und mehr vom allgemeinen gesellschaftlichen Leben. Durch den Besuch der Ateliergruppe lernte er eine weitere künstlerische
Technik kennen, die Malerei.« Zwischen
ihm und Gabriele Bendow wurde eine Arbeitsbeziehung als Lehrer und Student vereinbart. Schon nach kurzer Zeit zeigte sich
Jan Sanders’ besonderes Talent. Er entwickelte schnell seine »eigene Handschrift«.
Nun hat er die Möglichkeit, seine Werke in
der Galerie ART CRU der Öffentlichkeit zu
präsentieren. Gabriele Bendow freut sich
sehr über die Ausstellung von Sander. »Es
ist schön für mich zu sehen, dass die Malerei mehr sein kann, als eine schöne Beschäftigung. Jan Sander nimmt wieder aktiver am Leben teil. Er geht mit seiner
Kamera auf Motivsuche für seine Bilder, er
besucht Kunstausstellungen und er sieht
für sich einen Weg, als Künstler teilzuhaben an unserer Gesellschaft.« Vera Jahn/Art Cru
Die Ausstellung ist vom 3. bis 31. März,
jeweils dienstags bis samstags,
12 bis 18 Uhr zu sehen.
Art Cru Berlin, Oranienburger Str. 27,
10117 Berlin
Wir für Berlin
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
10
dazu gehören …
Mittendrin …
Ort der Entscheidung –
Salat oder Steak?
»Kein Bock auf rechte Gewalt«
Fortsetzung als
Fortbildung
Fotos: USE-Mediengestaltung /Günter Rehfeld
Mit der Broschüre „Kein Bock auf rechte Gewalt“ erlebte die Union Sozialer Einrichtungen
(USE) einen unerwarteten Erfolg.
Breites Speisenangebot: Die USE gGmbH betreibt seit August 2016 die Kantine des Berliner Abgeordnetenhauses
Die Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses
fällen ständig wichtige Entscheidungen. Seit
August 2016 ist eine weitere pro Tag hinzugekommen. Denn seitdem betreibt die Union Sozialer
Einrichtungen (USE) gGmbH die Kantine des
Hauses und überrascht täglich neu mit einem
großen Angebot frisch zubereiteter, gesunder
und vor allem leckerer Speisen.
Mit Küchen und Catering kennt sich die
USE gGmbH aus. Neben den hauseigenen
Kantinen, in denen für über 1.000 Menschen mit Behinderung gekocht wird,
verfügt sie über einem professionellen Catering- und Veranstaltungsservice. Ein
Aushängeschild ist zudem die Kantine im
Roten Rathaus, in der nicht nur täglich bis
zu 500 Essen »rausgehen«, sondern auch
mal der Regierende Bürgermeister vorbeischaut. Diese große Erfahrung bestärkte
den Entschluss, auch die Kantine im Abgeordnetenhaus zu übernehmen, nachdem
der vorherige Betreiber gekündigt hatte.
Nach kleineren Umgestaltungen startete im August 2016 das Team um den Koch
Sven Lassan. Genauso wie in allen anderen Kantinen- und Cateringbereichen der
USE arbeiten auch hier Menschen mit und
ohne Behinderung zusammen. In dem geschützten Rahmen der Werkstatt für behin-
derte Menschen (WfbM) haben sie hier die
Möglichkeit, (wieder) am Arbeitsleben teilzuhaben. Sven Lassan setzt dabei sehr auf
Partizipation. Sowohl seine Kollegen als
auch die Beschäftigten – so werden die
Menschen mit Behinderung in der USE ge-
Sven Lassan setzt auf
Partizipation. Sowohl
seine Kollegen als auch
die Beschäftigten bittet
er um Vorschläge für
das Menü.
nannt – bittet er um Vorschläge für das
Menü. »So haben wir ein sehr abwechslungsreiches Programm und gleichzeitig
kann ich das große Engagement des noch
jungen Teams würdigen«, erklärt der Kü-
chenchef. Denn natürlich freut sich jeder,
wenn sein Vorschlag auf große Resonanz
bei den Gästen trifft.
Der Arbeitstag beginnt früh. Damit das
Frühstück von 8 bis 11 Uhr parat steht, beginnt das Küchenteam vor sieben Uhr. Aus
vier Mittagsgerichten kann man zwischen
11.30 und 15 Uhr auswählen. Über den
ganzen Tag erhält man belegte Brötchen,
Kuchen und Getränke. Bei Fraktionssitzungen bietet die Küche zudem einen besonderen Service. Da dann oft die Zeit für den
Gang in die Kantine fehlt, fahren sie mit einem Wagen, der mit kleinen Snacks und
Getränken bestückt ist, zu den Konferenzräumen.
Die Kantine steht aber nicht nur den
Abgeordneten offen sondern jedermann.
Noch ist das attraktive Angebot in der Umgebung nicht sehr bekannt. Das will Sven
Lassan aber ändern. Denn das Berliner
Parlament befindet sich in unmittelbarer
Nähe zum Potsdamer Platz mit seinen vielen Büros. Aber auch durch den gegenüberliegenden Martin-Gropius-Bau, der
mit seinen zahlreichen Sonderausstellungen auf sich aufmerksam macht, und dem
Dokumentationszentrum der Stiftung Topographie des Terrors erhofft sich der junge Koch weiteren Zulauf.
Ursula Laumann
Das Thema rechte Gewalt und Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung schien einen Nerv getroffen zu
haben. Informationsmaterial in leichter
Sprache gab es dazu zuvor nicht, ist
aber bis heute sehr nachgefragt.
Dieser Erfolg ermunterte das Projektteam weiterzumachen. Aus der Erfahrung der Diskriminierung heraus entstand schon die Broschüre, an der
Menschen mit und ohne Behinderung
gemeinsam gearbeitet hatten. Gerade
in Einrichtungen der Behindertenhilfe
sollten die Grundsätze der Demokratie
und
freiheitlichen
Grundordnung
gelebt werden. Viele Menschen mit Behinderung erleben extremistische und
ausgrenzende Strömungen und Denkmuster aber nicht nur im öffentlichen
Raum – sondern auch in den Einrichtungen selbst.
Mit der Fortbildung „In Vielfalt
vereint – gegen Grauzonen sozialer
Ausgrenzung in Einrichtungen der
Behindertenhilfe“, die durch die
Landeszentrale für politische Bildung
gefördert wird, will das Projekt die
Teilnehmenden animieren und befähigen, die Tendenzen zu erkennen,
damit selbstbewusst umzugehen und
Verantwortung zu übernehmen. Sie
richtet sich an Menschen mit Behinderung sowie die Menschen, die sie
betreuen. Gemeinsam sollen in zwei
Tagen die Themen Ausgrenzung und
rechte Strömungen und Denkweisen erarbeitet werden. Ziel ist es, dass die
Teilnehmenden sicher argumentieren
können. Neben Workshop-Arbeit ist
auch der Besuch von Gedenkorten in
Berlin geplant.
Ul
Anmeldung: Ilona.Wolfersdorf@u-s-e.org
22.– 23.06.2017 | 9:00 – 17:00 Uhr
Ort: Koloniestr. 133–136, 13359 Berlin
Dozent: Jochen Reibeling; Ausbilder in
politischer Bildung für Pflegekräfte
Bitte Unterstützungsbedarf mitteilen.
Wir gratulieren!
Im 2. Quartal 2017 gehen
unsere Glückwünsche an
folgende Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter:
Jubiläum
10 Jahre
Kira Lützow
Elke Schlüter
Cornelia Fiedler
Angelika Nothe
11
Wir für Berlin
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
…durch Arbeit
… und doch geschützt
Der ModellPark Berlin–Brandenburg
Jedes Modell von Hand geschaffen
Der Modellpark Berlin-Brandenburg zeigt Berlinern und Berlinbesuchern ganz neue, überraschende Perspektiven.
Die Bockwindmühle in Marzahn im Maßstab 1:25
Zum 1. Januar 2017 ist das Bundesteilhabegesetz (BTHG) in Kraft getreten, das auch die
Eingliederungshilfe regelt. Mit »Wir für Berlin«
sprachen Thomas Anders und Wilfried Weigt, die
Vorsitzenden des Werkstattrats der USE gGmbH,
über das neue Gesetz.
Herr Weigt: Positiv finde ich die Neuerungen, die die Arbeit des Werkstattrats
betreffen. Früher hatten wir nur ein Mitwirkungsrecht. Das neue Gesetz sichert
uns in einigen Punkten nun ein Mitbestimmungsrecht zu. Außerdem dürfen große
Werkstätten jetzt auch einen großen Werkstattrat haben. Für die USE heißt das, dass
der Werkstattrat nach der nächsten Wahl
aus neun statt aus sieben Personen bestehen wird.
■■Laut Bundesministerium für Arbeit und
Soziales soll das Bundesteilhabegesetz die
Lebenssituation von Menschen mit Behinderung grundsätzlich verbessern. Was ändert sich speziell für Beschäftigte einer
Werkstatt für behinderte Menschen
(WfbM) und wie bewerten Sie diese Veränderungen?
Herr Anders: Es gibt auch noch andere
positive Veränderungen. Bestimmt hat ja
jeder Beschäftigte gemerkt, dass es ab Januar 26 Euro mehr Gehalt gibt. Das kommt,
weil das Arbeitsförderungsgeld angehoben
wurde. Außerdem soll es jetzt möglich sein,
deutlich mehr vom eigenen Einkommen zu
behalten. Das Entgeltsystem in Werkstät-
Das Ergebnis überzeugt aber: Bereits
seit zehn Jahren ist der ModellPark BerlinBrandenburg ein beliebtes Ausflugsziel für
Touristen und Einheimische. Zu seinen
Hauptattraktionen zählen der Reichstag
und das Pergamonmuseum. Sie sind auch
die größten der ausgestellten Modelle mit
jeweils ca. 30 qm Grundfläche. Aber auch
architektonische Schönheiten aller anderen Berliner Bezirke, die teilweise abseits
der normalen Touristenrouten liegen, gibt
es zu entdecken, darunter das Schloss
Friedrichsfelde oder das Schloss Köpenick.
Ul
neuen Regelungen bringen einzelne Verbesserungen, grundsätzlich ändert sich
aber nichts.
Fotos: USE-Mediengestaltung /Günter Rehfeld
Nur wenige
Verbesserungen
Der Bau der Modelle erfolgt zu großen
Teilen in Handarbeit
Foto: USE Mediengestaltung /Günter Rehfeld, Roland Mertens
Neben der Trabrennbahn Karlshorst in
der Berliner Wuhlheide hat sich der ModellPark zu einem Kleinod in der Parklandschaft entwickelt. Liebevoll gestaltete Flächen prägen auf rund eineinhalb Hektar
eine 3D-Miniaturlandkarte der beiden Länder Berlin und Brandenburg. Mittendrin
jeweils die Hauptattraktionen: Über 80
Modelle von bekannten und weniger bekannten Sehenswürdigkeiten der Regionen, jedes einzelne in aufwändiger Handarbeit im Maßstab 1:25 aus zahllosen
Einzelteilen originalgetreu und bis ins letzte Detail nachgebaut.
Dafür hat die Union Sozialer Einrichtungen (USE) gGmbH, die den ModellPark
betreibt, vor Ort eine Modell-Bauwerkstatt
eingerichtet. Weitere Werkstätten werden
zudem von dem Tochterunternehmen BUS
gGmbH an verschiedenen Standorten in
Berlin betrieben.
Direkt im ModellPark – idyllisch und ruhig mitten in der Wuhlheide gelegen – arbeiten sechs Beschäftigte der Werkstatt für
behinderte Menschen (WfbM) an den Modellen. Sie lernen hier das Berufsfeld des
Modellbauers mit seinen vielfältigen, breitgefächerten Tätigkeiten kennen. Unter
professioneller Anleitung eines gelernten
Modellbauers konstruieren, bauen und lackieren sie die kleinen Nachbauten der
überwiegend geschichtsträchtigen Gebäude. Zuvor werden dafür im Bautechnischen
Bereich die Modelle geplant und anhand
von Originalfotos, Architekturplänen und
CAD-Daten technische Zeichnungen am
PC erstellt. Sie bilden die Vorlage für den
Bau, der zu großen Teilen von Hand gefertigt wird. Dafür wird gesägt, gedrechselt,
gebohrt und geschliffen, bevor das Modell
seinen Feinschliff an der Werkbank bekommt. Als Bausubstanz dienen hier Materialien wie Kunststoff, Metall, Gießharz
aber auch Modellmasse für Kleinserien.
Zum Abschluss werden die Oberflächen
originalgetreu nachgebildet und anschlie-
ßend lackiert und veredelt. Bis ein Modell
wie zum Beispiel die Gedächtniskirche fertig wird, vergehen so mitunter Monate und
Jahre.
Wilfried Weigt und Thomas Anders vom
Werkstattrat der USE gGmbH
ten ist aber nach wie vor sehr schwer nachvollziehbar, weshalb ich seit Jahren für
»Leistungen aus einer Hand« kämpfe. Die
■■Bei der Erarbeitung des Bundesteilhabegesetzes waren Menschen mit Behinderung und ihre Interessenvertretungen von
Anfang an beteiligt. Wie haben Sie diesen
Prozess wahrgenommen?
Herr Anders: Anfangs waren wir ganz
optimistisch. Für mich sah es so aus, als ob
die Politiker diesmal wirklich die Betroffenen einbeziehen. Umso erschrockener war
ich, als die ersten Entwürfe vorlagen. Das
war im April 2016. Von da an waren wir,
also die Mitglieder des Werkstattrats der
USE, aber auch alle anderen Betroffenen
deutschlandweit auf vielen Veranstaltungen und Kundgebungen, um unsere Rechte zu verteidigen.
Simone Prieß/Christian Hyza
Wir für Berlin
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
12
betreuen
Sich wohlfühlen – zu Hause sein
Erfolgreiches Projektende
Weniger Papier – Mehr Pflege
Das im Jahre 2015 gestartete Projekt zum Bürokratieabbau in der Pflege in den Pflegewohnheimen des UNIONHILFSWERK auf Grundlage
des bundesweiten Projekts des Bundesministeriums für Gesundheit wurde erfolgreich beendet
und in die Alltagsarbeit überführt.
Foto: Pixelio.de
»Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit.«
Der über die Jahre und Jahrzehnte ständig
anwachsende Dokumentationsaufwand in
der Pflege sorgte in der Vergangenheit immer wieder für Unmut unter den Pflegekräften. Zu umständlich, zu zeitaufwändig,
so die einhellige Meinung. Im UNIONHILFSWERK hat man reagiert und 2015
damit begonnen, die Dokumentation umzustellen. Dieser Prozess der Entbürokratisierung wurde im Dezember 2016 abgeschlossen. Sehr zur Freude der Mitarbeiter.
Die handlungsleitende und deutlich verkürzte Dokumentation (vorher: 62 Formulare, nach Verschlankung: 21 Formulare)
ist bei nahezu allen Bewohnern in der
praktischen Anwendung und hat sich im
Alltag bewährt. Aber auch die mit der Umstellung verbundene Auseinandersetzung
mit pflegefachlichen Themen und die Kommunikation im Team des Wohnbereichs haben an Bedeutung gewonnen.
Auch externen Prüfungen durch den
Medizinischen Dienst der Krankenkasse,
die Heimaufsicht und bei internen Audits
hielt die Dokumentation in beinnahe allen
Prüfkriterien stand. Einzelne Anpassungen
und Verbesserungen in der Praxisphase
wurden auf Vorschlag der Pflegekräfte und
der externen Prüfer vorgenommen.
Alle Mitarbeiter, die mit der Bewohnerakte arbeiten, sind angetan von der verkürzten Art der Dokumentation und der
Übersichtlichkeit in Bezug auf die Bedürfnisse und die Wünsche der Bewohner
in der täglichen pflegerischen und betreuenden Versorgung. Dadurch wurden Zeitressourcen frei, die z.B. in die Betreuung
der Bewohner fließen. Auch die Dokumentation am PC erleichtert die Arbeit deutlich.
In den Pflegewohnheimen fanden nach
vollständiger Umstellung aller Akten
»Dankeschön-Veranstaltungen« statt, denn
ohne das große Engagement der Pflegeund Leitungskräfte, sowie der Qualitätsassistenten hätte die Bewohnerdokumentation nicht so schnell auf das neue System
umgestellt werden können. Auch wir sagen Danke!
Britta Walther Projektleitung/Pflegequalitätsbeauftragte
Die überbordende Pflegedokumentation gehört im UNIONHILFSWERK
nun der Vergangenheit an
»Theater ist Probeleben«
Auch drei Teilnehmer äußern sich begeistert: »Die Werte der Theater-AG sind
Zusammenhalt und sich den anderen zeigen, dass Gefühle mich ausmachen und
das Leben stärker machen. Theater ist Probeleben!«
»Der Wert der Theater-AG
ist Zusammenhalt und
sich den anderen zeigen«
Foto: Nina Kuyumcu
Teilnehmerin der Theater-AG
Im Pflegewohnheim »Am Kreuzberg« probt die Theatertruppe für ihren ersten Auftritt
Im Pflegewohnheim »Am Kreuzberg« gibt es
seit Mitte Oktober 2016 eine Theater-AG. Alle
Bewohner des Hauses sind herzlich eingeladen
teilzunehmen.
Das neue Theaterangebot findet jeweils
am Donnerstagabend statt und richtet sich
an Bewohner mit und ohne Demenzerkrankung. Ziel ist, einen kreativen Raum zu
schaffen, Menschen aus den fünf verschiedenen Wohnbereichen auf andere Weise
miteinander vertraut zu machen und jene
›abzuholen‹, die abends wach und aktiv
sein möchten.
Initiiert wurde die Theater-AG von
Christine Vogt, Betreuungsassistentin und
Regisseurin für inklusives Theater. Sie leitet die Gruppe und sagt dazu: »Im Theater
ist (fast) alles möglich. Es kann das Leichte
schwer, das Schwere federleicht erscheinen lassen. Es kann versteinerte Verhältnisse zum Tanzen und eine ganze Welt verborgener Dinge zum Vorschein bringen.
Skript dafür ist das jeweils eigene Leben.«
Eine andere Bewohnerin erklärt:»Ich
möchte ein Stück machen, woraus andere
eine Lehre ziehen können. Es ist das
Glück, zu wissen, dass ich durch mein
Spiel anderen Menschen helfen kann. Sie
sollen Dinge erfahren, die sie bislang noch
nicht gewusst haben.« Und ein Dritter lässt
wissen: »Es macht Spaß mit den Anderen.«
Was will man mehr?
Ein erster Auftritt des Ensembles ist für
Ende März geplant. Informationen hierzu
finden Sie zeitnah unter www.grenzbereiche-theater.de
Wir werden weiter über dieses experimentierfreudige Vorhaben berichten.
Christine Vogt
Foto: Patricia Kalisch
Ambulante Pflege
mit neuer Leitung
Seit Dezember leitet Anja Martha
Sälzer den Fachbereich Ambulante
Pflege im UNIONHILFSWERK. Hier ist
sie verantwortlich für die sieben ambulanten Pflegedienste, zahlreiche Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz sowie weitere Projekte. Die
examinierte Krankenschwester und diplomierte Pflegewirtin war vorher als
Pflegedienstleitung und Geschäftsführerin im ambulanten Pflegesektor Berlins tätig. Dabei konzentrierte sich die
zertifizierte Case Managerin und Pflegeberaterin in dieser Zeit auf die Organisation und Begleitung ambulanter
Pflegedienste und ambulant betreuter
Wohnverbünde für Menschen mit Fähigkeitseinschränkungen und dem damit verbundenen Pflege und Unterstützungsbedarf.
Anja Sälzer: „Ich freue mich, dass ich
mit dem UNIONHILFSWERK einen Träger gefunden habe, bei dem ich meine
bisherigen Berufserfahrungen so zielführend einsetzen kann. Ich begegne
dabei vielen engagierten und positiven
Menschen – das ist jeden Tag eine große Bereicherung für mich ist!“
GS
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Wir für Berlin
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
leben
Würdevoll und selbstbestimmt – bis zuletzt
20 Jahre Zentrale Anlaufstelle Hospiz
Seit 1997 ist die Zentrale Anlaufstelle
Hospiz (ZAH) vom UNIONHILFSWERK für
alle Berliner, die Rat und Hilfe rund um die
Themen Patientenverfügung, Sterben, Tod
und Trauer suchen, die feste und verlässliche Größe. Aus der als dreijähriges Bundesmodellprojekt gestarteten Fach- und
Spezialberatungsstelle, die heute vom
Land Berlin gefördert wird, erwuchs 2004
das Kompetenzzentrum Palliative Geriatrie
(KPG).
Ohne die Hilfe der langjährigen Unterstützer – als haupt- oder ehrenamtliche
Mitarbeiter oder Mitwirkende in Politik,
Kultur und Verwaltung – gäbe es dieses
besondere fachliche Berliner Angebot
nicht. Als kleines Dankeschön fand am 16.
Dezember im Kuppelsaal des charmanten
Käthe-Kollwitz-Museums Berlin eine Feier
statt.
100 geladene Gäste hatten die Möglichkeit, gemeinsam mit Amöna Landrichter
und Dirk Müller zurück und nach vorn zu
schauen. „Leben können. Sterben dürfen.“– das war und ist das Motto der hospizlich-palliativen Arbeit vom KPG. Nun ist
dies auch das Motto der ZAH.
Die Besucher erfreuten sich am Festvortrag „Gedanken über Alter und Sterben –
mit dem Blick auf Käthe Kollwitz“ von Dr.
Harald Retschitzegger, Präsident der Österreichischen Palliativgesellschaft. Er erinnerte über Bilder, Plastiken und Texte
von Käthe Kollwitz, mit welchen noch heute hochaktuellen Themen sich die Künstlerin zeitlebens auseinandersetzte. Jede und
jeder konnte zudem das Käthe-Kollwitz-
Foto: Matthias Broneske
20 Jahre Information und Beratung für Rat- und
Hilfesuchende zu den Themen Sterben, Tod und
Trauer
Sie dankten den vielen Unterstützern: Dirk Müller, Amöna Landrichter, Eberhard Diepgen
Museum kostenlos besuchen und das Wirken der Kollwitz auf sich wirken lassen.
Ein Wirken, das noch immer inspiriert und
bewegt.
Der Beiratsvorsitzende der Unionhilfswerk-Stiftung und ehem. Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen,
dankte der ZAH und dem KPG für die
wertvolle Arbeit im Kontext von Beratung
und Information sowie AltersHospizarbeit
und Palliativer Geriatrie. Dem schloss sich
auch der Geschäftsführer und langjährige
Veranstaltungs-TIPP
10:00 – 16:00 Uhr:
„Letzte-Hilfe-Kurs“ (mit Anmeldung)
Pflegewohnheim „Am Kreuzberg“
Fidicinstraße 2, 10965 Berlin
Dritter Bürgertag zur
AltersHospizarbeit
am 28. April 2017
10:00 – 19:00 Uhr:
Cartoons und Karikaturen
„Auf Leben und Tod“
Dorotheenstädtische Buchhandlung
Turmstraße 5, 10559 Berlin
Auch beim dritten Bürgertag zur AltersHospizarbeit können sich interessierte Bürgerinnen und
Bürger auf unterschiedlichste Weise mit den
Themen Alter, Hospizarbeit und Palliative Geriatrie
beschäftigen.
Organisiert vom Kompetenzzentrum Palliative Geriatrie (KPG), erwarten Sie wieder Veranstaltungen und Angebote, welche die Themen Alter und Lebensende aus
verschiedenen Blickwinkeln informativ,
bildend und unterhaltsam betrachten. Der
Bürgertag will das Anliegen einer guten
Sorge um alte und hochbetagte Menschen
am Lebensende nach außen, in das Gemeinwesen und zu den alten Menschen,
tragen.
Freuen Sie sich auf ein weiteres Highlight! Am Freitag, den 6. Oktober 2017 organisiert das KPG von 9 bis 17 Uhr die 12.
Fachtagung Palliative Geriatrie in der Kon-
Förderer der hospizlich-palliativen Arbeit
im UNIONHILFSWERK, Bernd Neumann,
an. Ebenso wie seit zwanzig Jahren gerade
auch Ulrike Hinrichs und Birgit Meinhardt.
Amöna Landrichter und Dirk Müller bedankten sich bei den langjährigen Weggefährten, vor allem den ehrenamtlichen und
ehemaligen hauptamtlichen Mitarbeitern
und erinnerten dabei an die sowohl innovative wie weitgreifende Arbeit der ZAH
und des KPG. Musikalische und kulinarische Genüsse rundeten den ersten Teil des
11:00 – 16:00 Uhr: tour de palliativ –
Palliativgeriatrische Stadtrundfahrt
ab Berlin-Alexanderplatz /an
Berlin-Kreuzberg (mit Anmeldung)
16:30 – 18:00 Uhr: Vortrag „Palliative
Geriatrie und AltersHospizarbeit leben“
Pflegewohnheim „Am Kreuzberg“
Fidicinstraße 2, 10965 Berlin
Der Ball der AltersHospizarbeit findet im
Ballhaus Berlin statt
rad-Adenauer-Stiftung. Das diesjährige Tagungsmotto lautet „Das ist doch kein Leben. Warum Palliative Geriatrie nicht nur
im Sterben hilft.“ Um 20 Uhr startet erstmalig der Ball der AltersHospizarbeit im
Ballhaus Berlin.
20:00 – 21:30 Uhr:
Lesung „Geschichten vom Tod“
Dorotheenstädtische Buchhandlung
Turmstraße 5, 10559 Berlin
Infos & Anmeldung:
www.palliative-geriatrie.de/buergertag
Tel: 030 42265838
Dirk Müller
Bürgertages zu AltersHospizarbeit und die
Feier zum 20-jährigen Jubiläum der ZAH
ab.
Herzlichen Dank für alle Unterstützung
und für die gute Zusammenarbeit in den
letzten 20 Jahren und auf eine gute Fortsetzung!
Dirk Müller und Amöna Landrichter
Weitere Infos: www.hospiz-aktuell.de |
www.palliative-geriatrie.de/kompetenzzentrum
Hospizgedanke(n)
Biographie-Arbeit
Biographie- oder Erinnerungsarbeit
ist ein fester Bestandteil im Angebot der
Sterbebegleitung.
Worüber ist es wichtig zu reden? Was
bewegte den Bewohner in seiner Lebensgeschichte, was hatte er für Vorlieben und Abneigungen, was bereitete
dem Bewohner Freude und was macht
ihn traurig oder ängstigt ihn? Dies sollte schon bei Einzug des Bewohners in
die Pflegeeinrichtung erfragt werden.
Ein wichtiger Bestandteil sind dabei die
Pflegekräfte und die Betreuungsassistenten der jeweiligen Einrichtung, da
diese den engsten Bezug zum Bewohner haben.
Auf diese gut dokumentierte Informationssammlung kann dann später im
Sterbeprozess leichter zurückgegriffen
werden, um eine individuelle Sterbebegleitung mit allen Beteiligten zu gewährleisten.
Daniela Reinhardt–Kraft, Stephan Mente
Wir für Berlin
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
entdecken
Foto: Leitner Ropeways; Kolb Ripke Architekten
Unterwegs in Brandenburg und Berlin
Internationale Gartenausstellung 2017
Berlin wird FarbIGA
lichster Dimension und Gestalt wird der
Besucher mehr erfahren. Von Balkonien
bis zum Wassergarten, vom Gemüsebeet bis zur urbanen Farm, vom Stadtwald
zu einer neuen Gartenstadt – hier wird
gezeigt, was, wie und wo überall Garten
sein kann.
Foto: geskes.hack Landschaftsarchitekten
Welt. Die insgesamt 1,5 Kilometer lange
Panoramafahrt endet nach rund fünf Minuten am Blumberger Damm, wo die Besucher direkt im Anschluss die Ausstellungshalle mit Marktplatz, kulinarischen
Angeboten und großzügigen floralen
Ausstellungen erkunden können.
Foto: SINAI
Unter dem Motto »Ein MEHR aus Farben« widmet sich die IGA der Zukunft
von städtischem Grün. Dabei geht es um
erneuerbare Energien, um städtische
Naturräume und um visionäre wie nachhaltig gedeihende schöne Landschaften.
Internationale Landschaftsarchitekten,
Garten- und Landschaftsgestalter, Pflanzenproduzenten, Kunst- und Kulturschaffende aus aller Welt verwandeln
Berlin in ein Gartenlabor der Zukunft.
Von der zeitgemäßen Gartenkunst und
Landschaftsgestaltung über besondere
Naturerlebnisse aber auch grüne Stadträume und Lebenskultur in unterschied-
Nach 50 Jahren erstmals
wieder eine Seilbahn in Berlin
Das weitläufige Areal lässt sich auch
von oben erkunden – anlässlich der IGA
gibt es in Berlin erstmals seit 50 Jahren
wieder eine Seilbahn. Bis zu 3.000 Besucher werden das Gelände pro Stunde
und Richtung aus der Vogelperspektive
erleben können. Die Kabinen steigen
vor dem IGA-Haupteingang am U-Bahnhof »Kienberg - Gärten der Welt« (ehemals Neue Grottkauer Straße) in die
Höhe auf und führen auf den 102 Meter
hohen Gipfel des Kienbergs, in die Nähe
des Aussichtsbauwerkes, dem sogenannten Wolkenhain. Nach einem Zwischenstopp fährt die Seilbahn in den
zentralen Bereich der Gartenausstellung
weiter. Die Fahrt eröffnet den Blick auf
das IGA-Gelände mit seinen Wasserund Themengärten sowie die Gärten der
Foto: Nolting /DGB
Ein Tulpenmeer
In Deutschland findet alle zehn Jahre
die Internationale Gartenbauausstellung
(IGA) statt. Sie ersetzt in dem Jahr zugleich die Bundesgartenschau (BUGA).
Interessierte Städte müssen sich nach einem bestimmten Reglement um die Austragung der IGA bewerben. 2009 fiel die
Entscheidung für Berlin 2017.
Gesine Schubert
In 30 Metern Höhe – der Blick aus der
eigens für die IGA erbauten Seilbahn
Auf dem »Wolkenhain«, 130 Meter über
dem Meeresspiegel kommt man dem
Himmel näher
weiterzuentwickeln, wurde in Zusammenarbeit mit den Berliner Naturschutzverbänden ein langfristiger Pflege- und
Entwicklungsplan erarbeitet. Zudem soll
der Bereich der Umweltbildung nachhaltig verankert werden. Weiterhin werden
dauerhafte Fitness- und Sportangebote
für alle Altersgruppen geschaffen.
Bildungsangebote für alle Altersgruppen
Neben dem umfangreichen, altersspezifischen Bildungsangebot IGA-Klassenzimmer für Kitas und Schulen bietet der
IGA-Campus auch an den Wochenenden und in den Ferien ein vielfältiges
Programm an: In den Ferienzeiten können Kinder und Jugendliche aus Kitas,
Horten und Jugendgruppen, aber auch
Familien Veranstaltungen im Bereich
Ferienabenteuer besuchen. Die Veranstaltungen im Bereich Familienerlebnisse richten sich speziell am Wochenende
an die ganze Familie.
Foto: Dominik Butzmann
Wer sich in diesem Jahr von internationaler Gartenkunst inspirieren oder gar
begeistern lassen will, braucht nicht in
die Ferne zu schweifen. Die Internationale Gartenausstellung, IGA, ist quasi
direkt vor unserer Haustür: in MarzahnHellersdorf. Vom 13. April bis zum 15.
Oktober öffnen sich die Türen eines über
100 Hektar großen Areals, bestehend
aus den Gärten der Welt, dem Wuhletal
und dem Kienbergpark mit Kienberg
und der Kienbergpromenade. In dieser
Zeit wird es auf dem Gelände mehr als
5.000 Veranstaltungen geben, erwartet
werden insgesamt 2,4 Millionen Besucher.
Die IGA-Blumenhalle
Nachhaltige Entwicklung
im wachsenden Berlin
Die nachhaltige Stadtentwicklung
ist bei der IGA zentral, so bleiben die
meisten baulichen und landschaftsarchitektonischen Neuerungen, die zur Gartenausstellung entwickelt wurden, dauerhaft bestehen. Nach Ende der IGA
wird der neue Kienbergpark kostenfrei
zugänglich sein. Um diesen ökologisch
Es gibt Dauerkarten, die 186 Tagen gültig
sind, Tageskarten und Platzkarten für Sonderveranstaltungen. Die einfache Dauerkarte für einen Erwachsenen kostet 90
Euro, für einen Jugendlichen 20 Euro. Tageskarten 20 Euro, außerdem Ermäßigungen. Die Kassen befinden sich an den zwei
IGA-Haupteingängen – »Gärten der Welt«
am Blumberger Damm und »Kienbergpark«
in der Hellersdorfer Straße – und sind täglich von 9 Uhr bis 19 Uhr geöffnet. Weitere
Informationen unter:
www.iga-berlin-2017.de
14
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Wir für Berlin
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
unterhalten
Dies & das
Marken & Münzen
Luthers Bibel, die Elbphilharmonie
und die Bremer Stadtmusikanten
Das Emissionsjahr 2017 eröffneten am 2.
Januar vier Ausgaben. In der Serie »Schätze aus deutschen Museen« werden auf
zwei Werten zu je 70 Cent das Gemälde
»Mädchen mit dem Weinglas« (1659/60)
des holländischen Meisters Jan Vermeer
van Delft (1632–1675) bzw. das Bild »Pfefferfresser, Jungfern- und Haubenkranich«
(1745) des französischen Hofmalers JeanBaptist Oudry (1686–1755) vorgestellt.
Am 3. Januar folgte die Ausgabe von
zwei Automaten-Postwertzeichen an zunächst ausgewählten Standorten, wobei
die Nominale im Automaten eingedruckt
wird. Die Motive »Briefe schreiben« und
»Briefe empfangen« sind abwechselnd
nacheinander auf der Vordruckrolle angeordnet.
(145+55 Cent). Die Serie »Burgen und
Schlösser« komplettiert ein 70-Cent-Wert
mit einer Ansicht des Schlosses Ludwigsburg, das zu den größten barocken Anlagen gehört und auch das »Schwäbische
Versaille« genannt wird.
Am 1. März wurden schließlich vier weitere Ausgaben emittiert. In der Serie »Tierkinder« zwei Werte zu je 85 Cent mit zwei
Jungtieren des Europäischen Iltis (Mustela
putorius) bzw. zwei Frischlingen des Wildschweins (Sus scrofa). An das Jubiläum
»1000 Jahre Stadt Neunburg vorm Walde«
erinnert ein 45-Cent-Wert mit einer Stadtansicht nach einem historischen Kupferstich. Ein 70-Cent-Wert gilt der »G20
Präsidentschaft Deutschland« vom 1. Dezember 2016 bis 30. November 2017 und
zeigt das offizielle Logo des G20-Gipfel
Anfang Juli in Hamburg. Des Komikers
Otto Waalkes Markenzeichen, ein grauer
Ottifant, der einen Regenbogen in den
blauen Himmel malt, ziert eine Marke zu
70 Cent.
Als Letztes erschienen am 8. Dezember
zwei Sondermarken der Serie »Design aus
Deutschland« mit einem von Luigi Colani
(geb. 1928) entworfenen »Schlaufenstuhl«
aus fiberglasverstärktem Polyester (70
Cent) sowie Glasgefäßen (145 Cent) aus
dem Studio von Hans Theo Baumann
(1924–2016). Des Weiteren gab es zeitgleich ein 70-Cent-Wert, der mit einer histo-rischen Ansicht an die Inbetriebnahme
des ersten deutschen Dampfschiffes »Die
Weser« vor 200 Jahren erinnert.
-lf-
Buchkritik
Ferner erschienen ein 45-Cent-Wert
»Topographie des Terrors« mit einer abstrakten Darstellung des Dokumentationszentrums in Berlin, ein 260-Cent-Wert zum
Thema »Die Bibel in der Übersetzung Martin Luthers« mit einem Ausschnitt aus Luthers Handexemplar (Wittenberg 1540) sowie ein 145-Cent-Wert zur Eröffnung der
Elbphilharmonie am 11. Januar in Hamburg.
Zwei weitere Ausgaben hatten am 9.
Februar Ersttag. In der Serie »Für die
Wohlfahrtspflege« gab es drei Zuschlagsmarken mit Motiven aus dem 1819 erstmals veröffentlichten Grimmschen Märchen »Die Bremer Stadtmusikanten«, so
dem Treffen von Hund, Esel, Katze und
Hahn (70+30 Cent), dem Überfall auf die
Räuberbande (85+40 Cent) und das neue
Zuhause der vier tierischen Freunde
Schwedenrätsel
Lösung: Sternhimmel
(Ausgabe 93)
1–2 Oboe • 1–3 Orgel • 1–4
Ortrud • 1–5 Ortrand • 6–7
Pose • 6–8 Pause • 6–9 Papier
6–10 Papagei • 11–12 Echo
11–13 Eiche • 11–14 Einrad
11–15 Einfuhr 16–17 Rang
16–18 Rolle
16–19 Rosine • 16–20 Rossini
21–22 Esel • 21–23 Eiche
21–24 Eisbär • 21–25 Eisberg
26–27 Text • 26–28 Trick
26–29 Triole • 26–30 Tribüne
31–32 Terz • 31–33 Truhe
31–34 Trikot • 31–35 Tristan
36–37 Efeu • 36–38 Eleve
36–39 Elegie • 36–40 Elefant
Außensterne:
41 Rouseau • 42 Escorial
43 Qualität • 44 Umformer
45 Institut • 46 Schälung
47 Ironiker • 48 Tanzpaar
49 Ergebnis • 50 Umarmung
51 Schiller • 52 Ebenholz –
Operette, Dirigent,
Requisiteuse, Solotänzerin
Lebensmodelle
des Alters im Test
Slam Poetry
über Demenz
Unter seinem Pseudonym Achim Achilles beschäftigt sich Hajo Schumacher seit
2004 in einer regelmäßigen Kolumne bei
Spiegel Online extrem humorvoll mit
den Eigenarten von Läufern, Walkern
und sonstigen Hobbysportlern. Mit seinem Buch »Restlaufzeit: Wie ein gutes,
lustiges und bezahlbares Leben im Alter
gelingen kann«, wendet sich der Journalist einem komplett neuen Thema zu:
dem Alter. Um herauszufinden, wie es
sich als alter Mensch lebt, hat er als Pfleger gearbeitet, in einem Luxus-Stift übernachtet, Mehrgenerationenhäuser besucht und sich Seniorenheime in Polen
und Thailand angesehen. Zu jeder Möglichkeit zieht er ein Fazit zu deren Kosten
und der »Wohnbarkeit«.
Alles in allem ist dieses Buch beängstigend und gerade deshalb unbedingt empfehlenswert. Schumacher erklärt, warum
es allerhöchste Zeit ist, dass die Babyboomer sich wieder auf das besinnen, was sie
doch eigentlich immer wollten: Die Welt
verändern. Und das bedeutet seiner Ansicht nach nicht, herumzusitzen und auf
den Tod zu warten. Er hat großartige Beispiele dafür gefunden, wie funktionieren
kann, was der Untertitel des Buches verspricht. Eine amüsante Abhandlung zu einem Thema, das uns alle über kurz oder
lang betrifft.
Kd
»Ein Buch über das wohl unsexyeste
Thema der Welt«, das sagt der Herausgeber und mehrfache deutsche PoetrySlam-Meister Lars Ruppel selbst über
sein neustes Werk. Poetry Slam? Stehen
da nicht junge Leute auf einer Bühne und
tragen lustige Gedichte vor? Und vor allem: Wie passt das mit dem Thema Demenz zusammen? Überraschend gut! Gemeinsam mit anderen Autoren hat Ruppel
Geschichten und Gedichte zusammengetragen, die zeigen sollen, dass die Pflege
eines demenzkranken Menschen nicht
nur härter sein kann als die Arbeit eines
Kohlekumpels, sondern auch oder gerade
deswegen den größten Respekt verdient.
In ihren oftmals sehr persönlichen Geschichten lassen die Autoren den Leser
ganz nah heran an ihre Erfahrungen und
Erlebnisse mit ihren Großeltern, Eltern,
Nachbarn oder Patienten. Ob gereimt
oder nicht, schaffen sie es, Gefühle wie
Ohnmacht, Trauer, Orientierungslosigkeit
oder Wehmut in Worte zu fassen, die zu
Tränen rühren, schonungslos ehrlich sind
und an den richtigen Stellen zum Lachen
bringen.
Lars Ruppel ist nicht nur einer von
Deutschlands besten Poetry Slammern, er
engagiert sich seit 2009 in seinem Projekt
»Weckworte« für Menschen mit Demenz
und ihre Pflegenden. In Poesie-Workshops für Pfleger und Angehörige setzt er
sich dafür ein, dass Pflegeeinrichtungen
zu einem Ort lebendiger Kultur werden
(Interview in »Wir für Berlin«, Ausgabe
90).
uf
»Restlaufzeit: Wie ein gutes, lustiges
und bezahlbares Leben im Alter
gelingen kann«
Von Hajo Schumacher
Eichborn Verlage
ISBN: 978-3847905721
14,99 Euro
»Geblitzdingst.
Slam Poetry über Demenz«
Von Lars Ruppel
SATYR Verlag
ISBN: 978-3944035758
11,90 Euro
Wir für Berlin
Ausgabe 94 · 2. Quartal 2017
16
Schnappschüsse
Menschlich gesehen
Gute Verbindung
Im 2. Quartal 2017 gehen
unsere Glückwünsche an
folgende Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter:
Gemeinsam für die Integration geflüchteter
Menschen: Deutschland wird Heimat gGmbH
und Stiftung Unionhilfswerk Berlin schließen
Kooperationsvertrag.
Jubiläum
10 Jahre
Ralf Graupner, Detlef Motl,
Melanie Ben Khalifa, Nicole Krüger,
Tino Dominik, Astrid Kasprowski,
Nicole Rakow, Sylvia Kiwitz,
Kerstin Grönert, Wenke Erdmann,
Michael Gewinner, Silke Reiche,
Martina Weimann,
Jacqueline Melzer-Hayee
15 Jahre
Foto: Vera Jahn
Der Vorstand der Stiftung Unionhilfswerk Berlin, Norbert Prochnow und Andreas Sperlich, unterzeichneten gemeinsam
mit der Geschäftsführung der Deutschland
wird Heimat gGmbH, Hargen Bartels und
Inka Gernhardt, einen Kooperationsvertrag
mit dem gemeinsamen Ziel, die Integration
geflüchteter Menschen in Berlin wirksam
zu gestalten. Die Deutschland wird Heimat
gGmbH wird dazu in den nächsten 12 Monaten den größten Teil der Personalkosten
der hauptamtlichen Projektkoordinatorin
Flavia Röhrs fördern und somit das Projekt
der Integrationspatenschaften auch 2017
ermöglichen. Darüber hinaus wird das Projekt durch das Bundesfamilienministerium
im Rahmen des Bundesprogrammes »Menschen stärken Menschen« und dem Paritätischen Berlin gefördert.
Mithilfe von 1:1-Begleitungen und Familienpatenschaften werden kontinuierliche
und vertrauensvolle Beziehungen zwischen freiwillig engagierten Integrationspaten und geflüchteten Menschen gestiftet. Hilfen und Unterstützung im Alltag,
Andreas Sperlich, Hargen Bartels, Flavia Röhrs, Norbert Prochnow, Julius Wallot
und Daniel Büchel freuten sich über den neuen Kooperationsvertrag
wie das Erproben von alltags- und berufsbezogener Sprachkonversation werden erfolgreich durchgeführt. Zwischenschritte
der Integration werden in den Tandems
gemeinsam entwickelt und formuliert und
unter dem Leitgedanken des Empower-
ments umgesetzt. Aktuell engagieren sich
51 Patinnen und Paten für geflüchtete
Menschen und Familien in den drei Gemeinschaftsunterkünften des UNIONHILFSWERK in Pankow, Lichtenberg und
Köpenick.
Daniel Büchel
»Berlin für Berliner«
Einladung
zur Filmmatinee
Im UNIONHILFSWERK ist der mittlerweile dritte
inklusive Spielfilm entstanden. Das wollen wir
feiern. Mit einer Premiere und mit Ihnen!
Filme über Menschen mit Behinderung
gibt es viele. Filme aber, die von Menschen mit Behinderung gemacht werden,
sind eine echte Seltenheit. Umso stolzer
sind wir beim UNIONHILFWERK, dass im
Fachbereich für Menschen mit Behinderungen nun schon der dritte inklusive
Spielfilm entstanden ist. Initiator des
Projektes war vor gut zwei Jahren Peter
Jürgensmeier. Er arbeitet als Betreuer in
einer Wohngemeinschaft des UNIONHILFSWERK und ist gleichzeitig ein erfolgreicher Drehbuchautor. Gemeinsam
mit den WG-Bewohnern und unterstützt
von Freunden aus dem Filmbusiness,
wurde von der ersten Idee bis hin zum
fertigen Film alles gemeinsam entwickelt
und erarbeitet. Eine unglaubliche Leistung, die sich mehr als sehen lassen kann.
Wir gratulieren!
Darum zeigt das UNIONHILFSWERK nun
auch alle drei inklusiven Spielfilme: »Der
Weg ins Glück« (33 min), »Die Schule der
Engel« (36 min) und das neueste Werk
»Der Mut zur Hoffnung« (42 min), im
Rahmen der ersten inklusiven Filmmatinee im Kino Babylon. Wir laden Sie herzlich ein, bei der Premiere am 20. Mai ab
12 Uhr dabei zu sein. Der Eintritt ist frei,
natürlich freuen wir uns aber über eine
kleine Spende, um auch künftig solch
fantastische Projekte realisieren zu können. Um Voranmeldung unter 030-422 65
-822 oder filmmatinee@unionhilfswerk.de
wird bis zum 5. 5. 2017 gebeten.
kd
Kino BABYLON
Rosa-Luxemburg-Str. 30
10178 Berlin
U-Bahn Rosa-Luxemburg-Platz
S-Bahn Alexanderplatz
Erste Stadtrundfahrt in leichter Sprache
für Klienten aus dem UNIONHILFSWERK
Die 70 Plätze des Doppeldeckerbusses
waren komplett besetzt zu dieser besonderen Sightseeingtour. Rita Hübenthal-Monteiro, Betreuerin in einer Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderung im
UNIONHILFSWERK und außerdem zertifizierte Stadtführerin, hatte zu dieser Premiere eingeladen. Rund drei Stunden lang
führte sie die Klienten – meist im Bus, mal
zu Fuß – durch das Berlin der Touristen und
wählte dafür eine Sprache, die alle verstanden. Die Tour führte über Tauentzien und
Potsdamer Platz, zum T4-Gedenkort für die
Euthanasie-Opfer weiter zur Eastside-Galerie, über die Karl-Marx-Allee, Unter den
Linden, Brandenburger Tor, Tiergarten,
Schloss Bellevue wieder zurück zum Bahn-
Sabine Panzer, Gabriele Fierke,
Kristen Döring, Jörg Winkler,
Marc-Aurelio Fredo-Zeh, Ursula Lange,
Rainer Artz, Sabine Wagner,
Andrea Michalski, Andrea Röske
20 Jahre
Sabine Steinkopf, Gabriele Benke,
Beate Engel, Dieter-Heinz Bredt,
25 Jahre
Waltraud Streng, Karl Lindauer,
Elisabeth Franz, Veronika Wagenknecht,
Ariane Frank
hof Zoo. Wie beschreibt man den Holocaust, Euthanasie oder das Abgeordnetenhaus in leichter Sprache? Was kann
vorausgesetzt, was muss erklärt werden?
Rita Hübenthal-Monteiro hatte sich bestens
vorbereitet auf diese Tour. Und holte sich
Fachwissen hinzu, z.
B. von Pierre aus
Kreuzberg, der in einer betreuten WG in
der Görlitzer Straße wohnt und über seinen
Kiez erzählte, »hier gibt es Kinos und Döner. Es nervt mich, dass es Drogendealer
gibt. Wenn ich Bürgermeister von Kreuzberg wäre, würde ich die abschaffen.« Am
Zoo gab es riesigen Applaus – die Fortsetzung folgt! Weitere Infos: http://berlin-inleichter-sprache.de
G.S.
Alles Gute!
Fünf Jahre lang hat Katrin Dietl die
redaktionellen Geschicke der Wir für
Berlin professionell und mit Leidenschaft gelenkt.
Jetzt stellt sie sich als Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen neuen Herausforderungen.
An dieser Stelle herzlichen Dank für
Ihr großes Engagement und für die
Zukunft alles Gute!
Das Redaktionsteam von »Wir für Berlin«
Herausgeber: Stiftung Unionhilfswerk Berlin (V.i.S.d.P.G:): Norbert Prochnow • Chefredakteurin: Katrin Dietl • Redaktion: Dr. Wolfgang Gudenschwager, Ursula Laumann, Ulrike Freybe • Redaktionsbeirat: Daniel Büchel, Gesine Schubert, Dirk Müller, Birgit Meinhardt, Bernd
Neumann, Norbert Prochnow, Jürgen Weimann, Sabine Jeschke • Gestaltung: Union Sozialer Einrichtungen gGmbH, Koloniestraße 133–136, 13359 Berlin, Tel.: +49(30) 49 77 84-0, www.u-s-e.org • Druck: Union Sozialer Einrichtungen gGmbH, Printinghouse, Genter Straße
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