36
OIE SCHENKUNGEN PIPPINS UND KARLS DES GROSSEN
Kirche Schutz und Restitution des ihr entrissenen Eigentums zugesagt.
Dieser Widerspruch aber löst sich, wenn wir erwägen, dass nach
den Vorgängen des Jahres 773, wo, wie erwähnt, bei dem Zusammen
brechen des langobardischen Reiches Spoleto, jenes Castell S. Felici-
tatis und andere Orte sich dem Papste unterworfen hatten, der Papst
ein gewisses, freilich sehr anfechtbares Eigentumsrecht auf diese Ge
biete erheben konnte. Wir müssen nur annehmen, 31 ) dass der Papst
in seinen Behauptungen dreister gewesen ist, als sich gebührte, dass
er geradezu jene Gebiete Karl gegenüber als ihm von demselben
geschenkt nennt, obwohl dieselben in dem Versprechen desselben
nicht namentlich aufgeführt waren und nur nach der willkürlichen
Interpretation Hadrians zu dem rechtmässigen Eigentum der römischen
Kirche gehörten, dessen Restitution und ßeschützung in jenem zu
gesagt war. Dass die Sache sich wirklich so verhält, das macht
das Verhalten Karls jenen Ansprüchen des Papstes gegenüber sehr
wahrscheinlich. Er hat dieselben nicht anerkannt, hat im Gegenteil
das Herzogtum Spoleto unmittelbar mit seiner Herrschaft vereinigt;
nachdem in den Jahren 774 und 775 in den Urkunden aus Spoleto
der Papst dort als der Landesherr genannt war, erscheint in denselben
später, seit dem Januar 776, an Stelle seines Namens derjenige des
Königs.* 2 )
In den Briefen des Papstes aus den späteren Jahren, seit 781, in
welchem Jahre Karl zum zweiten Male in Rom war, zeigt sich, was
die Aeusserungen über Karls Schenkung anbetrifft, ein sehr bemer
kenswerter Unterschied von den früheren. Jene Promissio des Königs,
an deren Erfüllung der Papst früher so grosse Hoffnungen geknüpft,
auf welche er so weitgehende Ansprüche begründet hatte, tritt jetzt
ganz in den Hintergrund zurück, ihrer wird, soviel ich sehe, nur
zweimal gedacht, und zwar ganz beiläufig, und ohne dass damit For
derungen des Papstes begründet würden. In ep. 74 (von c. 782)
rühmt Hadrian Karls Verdienste um die römische Kirche und be
merkt dabei (S. 227):
multis documentis de vestris allatis muneribus ecclesia b. Petri
enituit tarn de civitatibus quam de diversis territoriis sub integritate
eidem dei apostolo a vobis oft'ertis,
wo übrigens die Bezugnahme aut die Promissio von 774 nur un
sicher, vielleicht eher an die kürzlich erfolgte Schenkung des Sabiner
landes zu denken ist. Dann schreibt Hadrian in ep. 80 (Anfang 786),
31 ) So auch Martens S. 147, i5o ff.
s2 ) S. jetzt die betreffenden Urkunden in dem Regesto di Farfa edd.
Giorgi und Balzani II S. 85 ff. und S. 110.