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Full text: Demo (Rights reserved) Ausgabe 2021,11/12 (Rights reserved)

DEMO - ONLINE.DE DEMO 73. JG | A02125 EINZELPREIS 10,00 € 11/12 2021 VO R WÄ R T S - KO M M U N A L ■ DA S S OZ I A L D EM O K R AT I S C H E M AG A Z I N F Ü R KO M M U N A L P O L I T I K KIRCHE UND KOMMUNEN Gemeinden, die sich brauchen FOTO: THORSTEN SCHNORRBUSCH Wie Glaubensgemeinschaften und Staat für das Gemeinwohl miteinander kooperieren A LT I G H AN ××× DE BA L Globale Entwicklungsziele kommunal umsetzen ××× V E R A T W O RT N TR O UN G GL UNAL M M KO AL GLOB IERT G ENGA EN CHH AG NA MU KO M NA LN L Die 17 globalen Entwicklungsziele der Agenda 2030 bieten Anlass und unzählige Möglichkeiten, eine lebenswerte und zukunftsfähige Kommune für kommende Generationen zu gestalten. Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt unterstützt Landkreise, Städte und Gemeinden auf diesem Weg. Wir beraten Sie . Telefon: 0228 20 717-2670 . www.kommunal-global-engagiert.de mit ihrer INHALT 3 11-12/2021 DEMO 2 Ab 202 italer er & dig Aktuell MO E D E U DIE NE le Politik na Kommu Fokus im Titel Kirche und Kommune 4 6 Liebe Leserin, lieber Leser, FOTOS: DIRK BLEICKER, LANDESHAUPTSTADT MAINZ ; HARALD LACHMANN; XANDER HEINL /PHOTOTHEK.DE; UTE GRABOWSKY/PHOTOTHEK.NET das Jahr 2021 neigt sich dem Ende zu und wir hoffen alle sehr auf ein neues, leichteres und lebensfreudigeres Jahr. Auf ein Jahr, in dem uns die Corona-Pandemie deutlich weniger belastet und wir von Katastrophen wie die im Ahrtal und in NRW verschont bleiben. Neues macht Hoffnung. Verlässliches sollte man wahren und weiterentwickeln. Und das wollen wir von der DEMO im nächsten Jahr auch tun. Wir wollen Neues wagen und auf Verlässliches setzen, um das Sprachrohr sozialdemokratischer Kommunalpolitik in eine gute und wirtschaftlich tragfähige Zukunft zu führen. In konstruktivem Austausch mit den SGKen haben wir ein neues Konzept entwickelt: Mit einer stärkeren digitalen Ausrichtung, einer viermal im Jahr erscheinenden Print-DEMO, die jede und jeder abonnieren kann und einer stärkeren Vernetzung kommunal Aktiver und Interessierter erhalten die DEMO und die Kommunalpolitik in der SPD mehr Sichtbarkeit und Reichweite. Es ist der Wunsch des Treuhänders und des vorwärts-Verlags, die kommunalpolitische Arbeit von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stärker aufzuwerten. Deswegen wird neben der DEMO und ihren verschiedenen Aktivitäten auch dreimal im Jahr eine kommunale Beilage im „vorwärts“ erscheinen. Auch dort können sich unsere Kommunalen einbringen. Denn, wie sagte schon Franz Müntefering: „Die Kommunalpolitik ist nicht das Kellergeschoss unserer Demokratie, sondern ihr Fundament.“ Wir wollen dieses stärken und dazu beitragen, es vor Unwetter zu schützen. Ihnen und Euch wünsche ich erholsame Feiertage. Mögen wir uns alle hinreichend geschützt haben, um die Weihnachtstage und das neue Jahr gesund und vital zu erleben und andere treffen zu können. Ich hoffe und freue mich darauf, dass auch wir uns im neuen Jahr wieder persönlich begegnen können. Tun wir das Unsrige dafür und freuen uns auf die ruhige und besinnliche Zeit im Jahr, während der die Kirchen und Kommunen – wie auch im Heft zu lesen ist – bestens ineinandergreifen. Karin Nink, Chefredakteurin 7 8 9 10 11 11 12 13 14 15 „Kooperativ ist nach wie vor das richtige Leitbild“ | Interview mit Michael Ebling, Mainzer Oberbürgermeister Zusammen für eine bessere Welt | Das Ehrenamtsbüro MEM in Mainz ist ein Beispiel für die Partnerschaft von Kommunen und kirchlichen Sozialdiensten Kirchen und Kommune | Gemeinsam für die Menschen aktiv Die Kita in der Kirche | Die Bethlehem-Kirche in Hamburg sollte abgerissen werden – nun ist dort eine Kita. Gemeinsam handeln | Kirchen und Kommunen tun sich zusammen, um dörfliche Infrastrukturen zu erhalten Neues Leben für alte Gotteshäuser | Immer mehr Kirchen werden entwidmet oder profaniert Philharmonie in der ehemaligen Barockkirche | Neues Konzerthaus Liebfrauen in Wernigerode Kirchen werden zu Beratungsstätten | In Mannheim werden Kirchengebäude unterschiedlich genutzt Religiöse Wahrzeichen | Kirchen prägen vielerorts das Stadtbild. Tourismus und Kulturleben profitieren Was Krefeld glaubt | Die „Krefelder Erklärung“ zum interreligiösen Zusammenleben zeugt von Toleranz Deutsche Friedhofskultur weltweit einzigartig | Kommunale und konfessionelle Friedhofsträger kooperieren Leipzigs jüdisches Leben blüht wieder auf | Die Israelitische Gemeinde zu Leipzig ist die größte im Osten 6 14 Blickpunkt Koalitionsvertrag 17 19 Fahrplan für den Fortschritt | Was die Ampel im Koalitionsvertrag für Kommunen ausgehandelt hat Bezahlbar wohnen, klimagerecht gestalten, Lebensqualität sichern | Kommunen werden mitgedacht Report Kommunale Dienstleistungen 23 24 26 Die Stadt der Zukunft aus Sicht der Bürger | Bertelsmann-Stiftung: Befragung zu Zukunftsvisionen Luftreinigung für Schulen ist wichtige Corona-Maßnahme | Fachmesse zum Infektionsschutz in Erfurt Auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 | Warum die Energiewende auch eine Wärmewende werden muss 17 24 16 21 28 29 30 News | Drei Fragen an Frank Baranowski zum Koalitionsvertrag Bundes-SGK | 18. ordentliche Delegiertenversammlung der Bundes-SGK Klimaschutz und Nachhaltigkeit | Vorreiter im Klimaschutz – Auszeichnung „Klimaaktive Kommune 2021” Bücher | Wahlen | Termine Das Letzte | Weihnachtsgruß | Impressum 4 TITEL DEMO 11-12/2021 „Kooperativ ist nach wie vor das richtige Leitbild“ Michael Ebling, Oberbürgermeister von Mainz, lobt die Zusammenarbeit der Kommunen mit den großen christlichen Kirchen im sozialen Bereich als „sehr kooperativ“, bedauert aber, dass vermehrt Kitas oder Schulen aufgegeben werden Interview Karin Nink, Karin Billanitsch Kirche und Religion in den Kommunen ZUR PERSON Michael Ebling, 1967 in MainzMombach geboren, trat bereits 1983 in die SPD ein. Nach einem Jurastudium war er u. a. als Grundsatzreferent im Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur von Rheinland-Pfalz beschäftigt. Von 1994 bis 2002 war Ebling Mitglied im Stadtrat in Mainz und im Fraktionsvorstand. 2008 stieg der Jurist zum Vorsitzenden der Mainzer SPD auf. 2002 rückte er als hauptamtlicher Beigeordneter der Stadt Mainz für Soziales, Jugend, Gesundheit und Wohnen auf die Position seiner Vorgängerin Malu Dreyer, die in das rheinland-pfälzische Kabinett gewechselt war. Im März 2012 gewann er die Wahlen zum Oberbürgermeister von Mainz, in einer Stichwahl im November 2019 wurde er wiedergewählt. Er ist seit Januar 2016 ehrenamtlicher Präsident des VKU und seit 2013 stellvertretender Vorsitzender der Bundes-SGK. Im Januar stellt er sich der Wahl zum SGK-Vorsitzenden. (KB) Der Mainzer Dom prägt das Stadtbild. Wie viel Einfluss hat er auf Kommunalpolitik? Der prägende Eindruck ist richtig. Interessanterweise hat in der Vergangenheit dieser dafür gesorgt, dass man annahm, dass die katholische Kirche die Stadt insgesamt stärker geprägt habe. Fakt ist aber, dass die Mainzerinnen und Mainzer, die in der evangelischen Kirche sind, fast genauso zahlreich sind wie in der katholischen – auch schon in der Vergangenheit. Das nähert sich jetzt im Moment sogar deutlicher an. Insofern ist der Dom ein gutes Beispiel, dass so ein dominantes Bauwerk auch einen Machtanspruch repräsentieren kann, der vielleicht de facto gar nicht so sehr der Realität entspricht oder entsprach. Ich erlebe die katholische Kirche auch in Mainz à la Präsenz – Dom, viele Liegenschaften, private Schulen – trotzdem eher verunsichert. Auch der neue Bischof Kohlgraf ist keiner, der in prägenden Rollen nach außen tritt, sondern eher sehr stark darum bemüht ist, nach innen zu wirken und Reformen zu erklären. Die Folge ist auch, dass Gebäude nicht renoviert oder verkauft werden und vieles andere mehr. Schulen, Kitas, Krankenhäuser – ein großer sozialer Bereich wird von den christlichen Kirchen übernommen. Wie kooperativ ist die Zusammenarbeit? Meine Erfahrung ist eher eine sehr kooperative. Ich erlebe z. B. einen katholischen Träger, die Caritas, auch als innovationsfähig in Bezug auf die soziale Arbeit. Kooperativ ist nach wie vor das richtige Leitbild. Wir spüren auch, dass diese Geschäftsfelder – die sozialen Arbeitsfelder, Kitas – natürlich unter einem ungeheuren finanziellen Druck stehen. Woran macht sich das fest? Zum Beispiel darin, dass die Träger natürlich versuchen, die sich auftuenden finanziellen Lücken der Eigenfinanzierung durch erhöhte Zuschüsse kompensieren zu wollen – bis hin zu aus meiner Sicht sehr unglücklichen Entscheidungen, sich im Felde der Elementarpädagogik zurückzuziehen. Mit der Folge, dass Einrichtungen wie Kitas und Schulen wirklich vor der Schließung stehen. Kann man das als Kommunalpolitiker, als Bürgermeister nachvollziehen? Die katholische Kirche als solche ist ja reich ohne Ende. Ich will der katholischen Kirche da keine Tipps geben. Ich versuche aber dort, wo ich Mitglied bin und aus Überzeugung Beitrag zahle, nämlich in der evangelischen Kirche, schon auch zu vermitteln. Einen Rückzug aus dem Bereich der Kitas kann ich nicht verstehen. Das ist das Wesen von Gemeindearbeit, wie ich es kennengelernt habe, und deswegen bin ich heute noch in meiner Mainz-MombachKirchengemeinde, wo ich getauft und konfirmiert wurde. Ein Rückzug aus der Arbeit mit den Kindern, wie es in Deutschland organisiert ist über die Elementarpädagogik, die Kindertagesstätten, finde ich nicht verständlich, weil ich damit natürlich auch den Kontakt zu den Familien verliere. Dann lässt die Bindekraft von Kirchengemeinden noch schneller nach, als wir das ohnehin in diesen Zeiten haben, in denen generell erkennbar ist, dass große Organisationen – dazu gehören die Kirchen, aber auch Gewerkschaften und Parteien – an Bindekraft verlieren. Setzen Kommunen auf die Kooperation mit den Kirchen? Ja. Zum einen, weil sonst das Jugendamt, der Jugendhilfeträger vor Ort derjenige ist, der für den Rechtsanspruch geradezustehen hat. Zum anderen denke ich schon, dass das auch immer ein Ausdruck von Vielfalt im politischen Sinne ist. Eltern können dann auch in begrenztem Umfang Angebote wählen. Eine kommunale Kita darf auch anders sein als eine konfessionelle. Und umgekehrt, eine konfessionelle tut auch andere Dinge. Insofern würde ich das unterm Strich eher als eine Bereicherung empfinden in Bezug auf die Kitas. Durch die Zuwanderung in den letzten 50, 60 Jahren ist auch die religiöse Vielfalt in den Kommunen deutlich gewachsen. Wo liegen da die Herausforderungen? Die Herausforderung liegt darin, dass ein vielfältiges Bild in der Kommune viel selbstverständlicher sein müsste, dass es etwa auch Angebote von einem islamischen Kulturverein gibt. Aber wir sehen natürlich, dass es diese Verfasstheit nicht immer gibt auf der Seite der Religionen, etwa des Islam, während katholische, evangelische oder andere Kirchen auch in kleinerem Umfang organisiert sind. Es gibt ein Dekanat, es gibt Ansprechpersonen. Es ist möglich, Vertragsverhandlungen über Investitionen zu führen und verlässlich abzuschließen. Dort, wo islamischer Glaube gelebt wird, geschieht das nach Gemeinden sehr unterschiedlich. Deswegen hat es z. B. auch bei uns nur einmal eine Situation gegeben, dass eine Kulturgemeinde sagte: „Wir wollen auch im Bereich der Kindertagesstätte ein Angebot machen.“ Das ist bedauerlich wenig. Das Angebot ging dann leider auch richtig schief, das Jugendamt musste die Betriebserlaubnis zurückziehen. Da die Religion der größten Zuwanderergruppe nicht so organisiert ist wie die katholische oder evangelische Kirche. – Wie können Kommunen dann vertrauenswürdige Träger finden? Die Frage gilt für Kitas und Schulen. Wie sieht es etwa mit einem Angebot von muslimischem Religionsunterricht aus? TITEL 5 11-12/2021 DEMO FOTOS: WOLFGANG PEHLEMANN CC BY-SA 3.0 DE VIA WIKIMEDIA COOMONS; STADT MAINZ Das ist ähnlich schwierig. Ich glaube, solange wir im staatlichen Kanon des Angebots nicht ein solches Bedürfnis auch mitdenken können, umso mehr befördern wir, dass es dann in den eigenen Milieus stattfindet. Das ist nicht per se falsch und nicht verboten. Aber natürlich ist es dann nicht auf Dialog ausgerichtet, sondern dann findet eben der Unterricht – im Sinne, wir lesen den Koran zusammen – ausschließlich in der Gemeinde statt. Wie viel schöner wäre es, wenn es für uns alle sichtbar – und damit auch im positiven Sinne der Auseinandersetzung zugänglich – in der Schule stattfinden würde. Oder es ein Angebot auch im Bereich der Kita-Vielfalt geben würde. Dort gehen auch andere Eltern hin, so wie in katholischen und evangelischen Kitas ja auch, weil die Kita wohnortnah oder schön ist oder weil die Leitung sehr engagiert ist. Das sind ja die Botschaften, die ankommen. Ich glaube, das wäre für eine gelingende Integration sehr förderlich. Wie verhält sich Ihre Kommune, wenn Beerdigungsrituale ganz andere sind als bei uns? Zum Beispiel im Hinduismus. Diese kulturelle Sensibilität müssen wir uns bewahren. Bei den Beerdigungsriten haben wir ein Angebot zum Beispiel für Muslime, auch mit einer eigenen Trauerhalle, die die Voraussetzung für den rituellen Akt der Beerdigung mit den religiösen Ritualen ermöglicht, bis hin auch zu den Beerdigungsritualen. Es wird ja anders beerdigt, nicht mit „Erdmöbeln“, wie wir es kennen. Zur Kultursensibilität gehört auch, dass wir, wenn jemand aus anderen religiösen Motiven heraus anfragt, so etwas natürlich berücksichtigen wollen. Um mal die positivere Seite des kommunalen Lebens unter diesem Aspekt mit Blick auf die Lebenden zu schildern: Seit vielen Jahren sprechen wir mit Pflegediensten über das Thema kultursensible Pflege und haben auch schon entsprechende Pilotprojekte aufgesetzt. Das hat am Ende dazu geführt, dass ansässige Pflegebetriebe das als ein besonderes eigenes Profil ansehen. Es kommen jetzt weitere Generationen in das Alter, wo mobile häusliche Pflege nötig wird und die Großfamilien funktionieren nicht mehr so, wie man es sich gewünscht hätte. Ich finde da müssen Kommunen im Sinne der Weltoffenheit in der Lage sein, so etwas zu fördern oder die entsprechenden Netzwerke an den Tisch zu bringen. Mainz hat mit Speyer und Worms zusammen das „erste jüdische Welt- erbe in Deutschland“. Was bedeutet das für diese Städte des SchUM-Verbundes, für die Region auch mit Blick auf den wachsenden Antisemitismus? Die Würdigung dieser Epoche, in der jüdisches Leben in Europa und weit nach Asien hinein seinen geistigen Mittelpunkt – also Lehre, die Ausbildung der Lehre – eben in diesen Städten hatte, sagt zum einen viel über die Entstehung des Judentums, zum anderen über die Prägung auch des Mittelalters durch das Judentum und damit auch unserer Kulturtradition aus. Das Verständnis, dass wir natürlich nach der Barbarei des Nationalsozialismus alles tun müssen, dass antisemitische Haltung sich nicht Bahn brechen darf, ist eine sehr entscheidende Lehre. Aber es geht weit darüber hinaus, nämlich das Erkennen, dass jüdische Traditionen über Jahrhunderte, in dem Falle weit über tausend Jahre, zum Grundbestand unserer Zivilisation gehört haben und natürlich uns auch heute noch genauso prägen, wie es katholische oder dann später ja auch evangelische Traditionen taten. Insofern erzählt SchUM natürlich von einer Epoche, in der dieses Zusammenleben damals auf einem sehr hohen Stand war. So wie wir das manchmal noch als Touristen bewundern können, wenn wir im Süden Spaniens unterwegs sind und uns dort von Blütezeiten erzählt wird, weil es auch arabische Traditionen auf dem Kontinent gegeben hat und sie in der Architektur, der Kultur, in der Musik, in der Malerei einen selbstverständlichen Platz hatten. Dieses Verständnis geht nochmal weit über diese besondere Rolle, die wir natürlich nach der NaziBarbarei dem Thema des jüdischen Lebens beimessen, hinaus: Das ist ein Teil unserer Tradition. Wir sind in einer Linie. Es ist Teil unserer Geschichte und damit ein Stück weit auch unsere Identität. Ich finde, es kann für uns kulturell, zivilisatorisch ein großer Fortschritt sein, dass dies als Weltkulturerbe eine Würdigung, eine Sichtbarkeit erfährt. Und es ist nochmal das klare Bekenntnis, dass wir aus dieser Tradition heraus auch den Auftrag haben, jüdisches Leben zu fördern und zu unterstützen. Wir haben im Kontext der SchUM-Verfahren z. B. in allen drei Städten inzwischen jüdische Kulturtage. Gibt es in Ihrer Stadt auch antisemitische Übergriffe? Mir ist in dem Sinne nichts geläufig, auf Holz geklopft! Aber es ist gar keine Frage, spätestens seit Halle haben hier die Sicherheitsvorkehrungen deutlich zugenommen. Der hohe Dom zu Mainz prägt das Stadtbild. Fast genauso zahlreich wie die katholischen sind die evangelischen Mainzerinnen und Mainzer. Ganz anderes Thema: Kirchen laufen die Gläubigen davon. In der Folge werden viele kirchliche Gebäude umgewidmet. Wie geht Kommune damit um? Das gibt es bei uns auch. Es gibt Kitas, die aufgegeben wurden. Es gibt auch Schulen bei uns, die aufgegeben wurden oder in Gefahr sind, aufgegeben zu werden. Bei solchen Einrichtungen, die von Allgemeinwohlinteresse getragen sind, sind wir natürlich immer ansprechbar im Sinne von Sicherung des Angebotes. Denn wir haben kein Interesse, dass Kita- oder Schulplätze verloren gehen. Insofern hat der Staat eine Auffangfunktion. Bei manchen solcher Debatten, wo auch die Stadt in die Diskussion gezogen wird, habe ich auch schon mal gesagt: „Ich stelle fest, wenn der liebe Gott nicht mehr hilft, dann die Stadt.“ Seit vielen Jahren sprechen wir mit Pflegediensten über das Thema kultursensible Pflege und haben auch schon entsprechende Pilotprojekte aufgesetzt. Michael Ebling, Oberbürgermeister von Mainz Aber Kirchen sind in Mainz noch nicht umgewidmet? Nein. Wir haben es hier noch nicht gehabt. Wir sind ja auch eine Stadt vieler Kirchen, wir haben den prägenden Dom, aber es gibt auch im Innenstadtbereich noch eine Reihe von historischen, teilweise auch wirklich wunderschönen katholischen und evangelischen Kirchen. Aber die Zukunft wird nicht besser, entsprechende Beschlüsse nehmen zu. Unsere evangelische Kirche Hessen-Nassau, sagt etwa: „Wir wollen unsere Kitas an die Städte verkaufen. Wir wollen sie quasi nur noch nutzen.“ Das heißt, auf die Kommunen kommen zukünftig mehr Aufgaben zu, die die Kirchen abgeben. Erkennbar ist, dass in Zukunft da eher ein Rückzug festzustellen ist, sicherlich nicht aus allen Bereichen, aber es wird immer öfter so sein, dass wir dann einzuspringen haben. 6 TITEL DEMO 11-12/2021 Zusammen für eine bessere Welt Das Ehrenamtsbüro MEM in Mainz ist ein Beispiel für die Partnerschaft von Kommunen und kirchlichen Sozialdiensten Autorin Irmela Heß meinnützig arbeitende Vereine und Organisationen Antworten auf alle Fragen, die der Einsatz von Ehrenamtlichen mit sich bringt, etwa hinsichtlich finanzieller Förderung, Versicherungen oder Datenschutz. Das Ehrenamtsbüro vermittelt außerdem die Ehrenamtskarte des Landes Rheinland-Pfalz, eine seit 2014 existierende „Belohnung“ für regelmäßiges und längerfristiges unentgeltliches Engagement, die seinem Besitzer beziehungsweise seiner Besitzerin Vergünstigungen etwa beim Einkaufen, in Museen oder bei Weiterbildungen verschafft. Viele helfende Hände koordinieren: Das Ehrenamtsbüro MEM der Diakonie Rheinhessen und der Stadt Mainz ist Anlaufstelle für Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen. E s ist beeindruckend: Laut Bundesinnenministerium engagieren sich rund 30 Millionen Menschen bundesweit ehrenamtlich; eine Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse spricht von „nur“ rund 16 Millionen, aber Fakt ist: Es sind viele, die unentgeltlich in Sportvereinen, kirchlichen Projekten und bei Hilfsorganisationen mitarbeiten und damit die Welt ein bisschen besser machen. Um die Hilfswilligen mit Projekten, die Helfende suchen, zusammenzubringen, gibt es bundesweit von verschiedenen Trägern rund 400 Ehrenamtsvermittlungsstellen. Das Ehrenamtsbüro „MEM – Mein Engagement in Mainz“ ist ein Kooperationsprojekt von der Stadt Mainz und dem Diakonischen Werk Rheinhessen, und es ist auch ein Beispiel dafür, wie Kommunen und kirchliche Sozialdienste zusammenarbeiten. Caritas und Diakonie übernehmen viele gesellschaftliche Aufgaben. Der Staat beziehungsweise die Kommunen übertragen diese Aufgaben, zu denen sie laut Sozialgesetzgebung verpflichtet sind, gezielt freien Trägern (Subsidiaritätsprinzip) und regeln, wie viel Geld diese dafür be- Katharina Schön ist Projektkoordinatorin im MEM-Ehrenamtsbüro. kommen. Gestemmt werden die Projekte von den Angestellten der Organisationen und häufig auch von ehrenamtlich Helfenden. Die Kommunen unterstützen durch finanzielle Förderung, aber auch durch die Überlassung von Grundstücken oder von Gebäuden. Die Projekte kommen Obdachlosen oder Geflüchteten, Kranken oder in Armut Lebenden, überforderten Eltern oder Kindern zugute. Im MEM-Ehrenamtsbüro arbeitet Katharina Schön seit Anfang dieses Jahres als Projektkoordinatorin. Bis 2017 hatte es in Mainz die Ehrenamtsagentur gegeben, die von der Stadt und verschiedenen Wohlfahrtsverbänden getragen wurde. Der Stadtrat wollte die Vermittlungsstelle nur noch einem Träger überlassen und schrieb das Projekt aus: Die Diakonie Rheinhessen bekam den Zuschlag und betreibt MEM seit Mitte 2018. Das Büro in der Mainzer Innenstadt ist Anlaufstelle für Menschen, die ehrenamtlich arbeiten wollen und so einen „sinnvollen Beitrag zu einer engagierten Stadt und einem Miteinander leisten wollen“, aber nicht genau wissen, wo und wie sie tätig sein können. Und hier finden ge- Katharina Schön ist mit halber Stelle Angestellte der Diakonie, die sich die Kosten mit der Stadt Mainz und der Staatskanzlei teilt. Unterstützt wird sie von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter, der etwa drei Mal pro Woche Menschen berät, die sich nicht für ein Angebot in der Datenbank (am 5. November stehen 152 Einsatzmöglichkeiten zur Wahl) entscheiden konnten. Die Wartezeit für eine Beratung beträgt vier bis sechs Wochen. „In der Regel kann jeder, der ehrenamtlich arbeiten möchte, vermittelt werden“, sagt die 34-Jährige, die MEM bekannter machen möchte und für Sichtbarkeit in sozialen Medien sorgt, außerdem Kooperationen etwa mit der Universität oder der Volkshochschule aufbaut. Und was sie auf jeden Fall noch installieren will, ist eine Art Rückmeldesystem, um nachverfolgen zu können, ob die Vermittlungen auch längerfristig erfolgreich waren. Es gibt unzählige Projekte von Diakonie und Caritas, die von den Kommunen unterstützt werden. Auch das Quartier Geislar, ein neues Wohnprojekt der Bonner Caritas, hätte es ohne Unterstützung der Stadt wohl nicht gegeben. Im Oktober dieses Jahres wurden zwei Apartmenthäuser im Bonner Stadtteil Geislar eingeweiht, in denen 14 junge Menschen, die bisher in Einrichtungen der Sozialpsychiatrie und der Wohnungslosenhilfe betreut wurden, wohnen und (mit ambulanter Betreuung) den Schritt in die Eigenständigkeit wagen können. Sie hätten keine Chance gehabt, eine Bleibe auf dem regulären Bonner Wohnungsmarkt zu finden. Für das Zwei-Millionen-Projekt der Bonner Caritas stellten die Stadt Bonn und die katholische Pfarrgemeinde St. Josef das Bauland zur Verfügung. Aber trotz finanzieller Förderung und sozialen Engagements der Kirchen: Viele Projekte würde es nicht geben, wenn sie keine zusätzliche Unterstützung durch ehrenamtlich Mitarbeitende hätten. FOTOS: STOCK.ADOBE.COM/REDPIXEL; PRIVAT Geteilte Kosten TITEL 7 11-12/2021 DEMO Kirchen und Kommune Gemeinsam für die Menschen aktiv Autor Dr. h. c. Herbert Schmalstieg, Oberbürgermeister der LH Hannover a. D. FOTOS: PRIVAT C hristentum und Sozialismus stehen sich gegenüber wie Feuer und Wasser.“ Das, was August Bebel 1874 formulierte, hat die SPD sehr schnell korrigiert. Heute stehen Kirchen und SPD und natürlich die staatlichen Ebenen mit den Kirchen und Glaubensgemeinschaften in ständigem Dialog. In unseren Städten und Gemeinden wären wichtige Aufgaben der Daseinsvorsorge ohne die Kirchen oftmals nicht zu erfüllen. Bezeichnend ist auch, dass die Basis des Staates und die der Kirchen in den Gemeinden liegt. Nicht umsonst haben beide ihren Sockel in den Gemeinden. Hier erleben die Menschen, wie ihre Lebensbedingungen sind, hier entscheidet sich, ob es ausreichende Angebote in den Kindertagestätten, den Alteneinrichtungen, in Krankenhäusern und Sozialstationen und in der Kultur gibt – und auch wie mit denen umgegangen wird, die am Rand der Gesellschaft stehen. In der Gemeinde erfahren sie Hilfe und Trost. Hier treffen sich Kirche und Kommune. Sie sorgen gemeinsam für das Zusammenleben der Menschen. Kirchen prägen durch ihre Bauten das Stadtbild, die Verantwortlichen jedoch bringen sich aktiv in den Stadtdialog ein. Und sie haben eine gemeinsame Grundlage. Gern greift man auf die Bergpredigt zurück. Für die Mitmenschen da zu sein; einander zu lieben; sich mit Re- spekt zu begegnen; Gutes zu tun; sich zu helfen, den Benachteiligten und den Schwachen. Und dazu gehört auch Frieden zu stiften. Frieden, wenn es um den sozialen Ausgleich in der Stadt geht, um den Frieden beim Erhalt unserer Umwelt oder um den äußeren Frieden. In diesen Tagen wird oft an die Ostpolitik Willy Brandts erinnert. An die Versöhnung mit dem polnischen Volk. Es war die Weitsicht und Vision Willy Brandts, diesen Weg zu gehen. Ich behaupte aber, ohne die vorausgehende Denkschrift der EKD zur Ostpolitik und die Erklärung der polnischen Bischöfe wäre dieser Versöhnungsschritt 1972 nicht oder noch nicht möglich gewesen. Getragen von Grundwerten Und die sozialdemokratischen Kommunalpolitiker und -politikerinnen sind getragen von den Grundwerten der SPD. Was generell gilt, ist auch die Grundlage für die Arbeit in den Kommunen. Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind die tragenden Säulen unserer Arbeit. Solidarität ist tätige Nächstenliebe. Es geht in der Kommune darum, den Ausgleich zu schaffen zwischen Arm und Reich, Jungen und Alten, behinderten und nichtbehinderten Menschen, zwischen denen mit und ohne Migrationshintergrund. Wir leben nicht nur auf der einen Welt, wir leben gemeinsam in unserer Herbert Schmalstieg vor dem Neuen Rathaus in Hannover. Für ihn ist Solidarität tätige Nächstenliebe. Bezeichnend ist, dass die Basis des Staates und der Kirchen in den Gemeinden liegt. Herbert Schmalstieg, er war fast 35 Jahre Oberbürgermeister von Hannover und gehörte 15 Jahre dem Kirchenvorstand der Martkirchengemeinde an. Veranstaltung in der hannoverschen Marktkirche Scholz hofft auf neue Verhandlungen für Pflegetarife Caritas-Dienstgeber wollen „konstruktive und erfolgreiche Zusammenarbeit fortsetzen“ E s machte große Schlagzeilen, als der allgemeinverbindliche Tarifvertrag für Altenpflegende in Deutschland im Frühjahr scheiterte. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil war enttäuscht, als die arbeitsrechtliche Kommission (ARK) der Caritas den Flächentarifvertrag ablehnte. Vizekanzler Olaf Scholz appelliert nun an Caritas und Diakonie, mitzuwirken, damit alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer davon profitieren. „In der zu Ende gehenden Legislaturperiode ist es zu meinem Bedauern nicht gelun- gen, einen Flächentarifvertrag allgemeinverbindlich zu machen“, so Scholz. „Ich hoffe sehr, dass das Vorhaben in einem weiteren Anlauf gelingt. Das nötige Gesetz haben wir ja nun schon.“ Hubertus Heil hat im Juni eine wichtige Pflegereform vorgelegt: Von September 2022 an müssen alle Pflegeeinrichtungen ihre Beschäftigten nach Tarif oder in Tarifhöhe bezahlen, wenn sie mit der gesetzlichen Pflegeversicherung abrechnen wollen. Dafür haben Heil und die SPD im Bundestag hartnäckig gestritten. Die Kirchen haben ein eige- Gemeinde. Dass jede und jeder sich frei entfalten kann, sie gleiche Bildungschancen haben, sie geachtet werden und ihre Würde unantastbar ist, gehört zu diesen Grundwerten. Ohne Städte ist kein Staat zu machen, aber ohne die Arbeit der Kirchengemeinden wäre auch die Kirche nicht das, was sie ist. Und hier zeigt sich ihre Präsenz in den Kommunen. Sie leistet nicht nur ergänzende Arbeit in den Sozialstationen oder den Alten- und Pflegeheimen, nein, sie und ihre karitativen Organisationen stehen ein für die soziale Stadt. Und immer wieder stehen Kommunen wie Kirchen vor neuen Herausforderungen. Sie kümmern sich um die Zugewanderten, helfen Flüchtlingen, wenden sich aktiv gegen Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhass. Und helfen Obdachlosen und Nichtsesshaften auch dadurch, dass im Winter die Kirchen für sie – wie die hannoversche Marktkirche – auch nachts geöffnet bleiben. Kommunen und Kirchen, das ist schon ein Erfolgsprojekt. Das muss so bleiben und sollte ausgebaut werden. nes System des Arbeits- und Tarifrechts entwickelt – den sogenannten „Dritten Weg“. Nun wäre die Einberufung einer neuen Pflegekommission nötig, damit dort die Mindestbedingungen im Bereich der Pflege festgelegt werden können. Für die erneute Einberufung der Kommission ist die Bundesregierung zuständig. „Auch in der Fünften Ständigen Pflegekommission, die hoffentlich bald für den Zeitraum von fünf Jahren einberufen wird, wollen wir die konstruktive und erfolgreiche Zusammenarbeit fortsetzen und uns weiterhin für bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in der Altenpflege einsetzen“, bestätigt die Dienstgeberseite der Caritas der DEMO. „Vor diesem Hintergrund freuen wir uns auf die Arbeit in der Fünften Pflegekommission.“ KB 8 TITEL DEMO 11-12/2021 Die Kita in der Kirche Die Bethlehem-Kirche in Hamburg stand leer und sollte abgerissen werden. Inzwischen ist sie als Kita ein Ort der „Herzensbildung“– mit einer ganz besonderen Eingangstür wiesen, dass alles im Guten zusammenwirkt.“ Zudem biete die Religion Antworten auf viele Fragen der Kinder: Wo komme ich her? Was passiert nach dem Tod? Gibt es Worte, die mir helfen, wenn ich traurig bin? Wie entsteht unser Essen? Geschichten aus der Bibel Autorin Susanne Dohrn BETREUUNG 50 Prozent aller Kindertagesstätten in Deutschland werden von der evangelischen bzw. der katholischen Kirche getragen. 29 Prozent der Einrichtungen sind katholisch, 21 Prozent evangelisch. Rund 500.000 Kinder gehen in eine evangelische, rund 600.00 in eine katholische Kita. QUELLE: KIRCHENFINANEM.DE; EIGENE RECHERCHE evangelische oder katholische Einrichtungen. Diese Kitas sind, wie die Bethlehem-Kita, konfessionsoffen. „Kinder mit anderen religiösen Hintergründen sind ausdrücklich willkommen“, sagt die Pastorin. Die Begegnungen von Menschen aus verschiedenen sozialen Milieus sind ihr wichtig, ebenso wie die Sensibilisierung dafür, dass es Not und bedürftige Menschen gibt. Etwa ein Drittel der Eltern gehört keiner Kirche an. „Sie schicken ihre Kinder zu uns, weil sie das Menschenbild und die religiöse Bildung schätzen, die in unseren Einrichtungen vermittelt wird“, so Pastorin Schumann. Sie nennt es Herzensbildung: „Das Leben ist ein Geschenk und wir sind darauf ange- Biblische Geschichte erleben Einst bewunderter Sakralbau In den Jahren 1958/1959 errichtet, war das Gebäude mit seiner roten Klinkerfassade ein bewunderter Sakralbau der Nachkriegszeit. Anfang des neuen Jahrtausends reichte die Zahl der Kirchenmitglieder nicht mehr aus, um vier Gotteshäuser in der Kirchengemeinde Eimsbüttel zu finanzieren. Zwei wurden entwidmet. St. Stephanus beherbergt heute eine Werbeagentur. Die Bethlehem-Kirche wurde für mehr als eine Million Euro umgebaut. Einen Teil finanzierte ein Investor, der auf dem Kirchengelände Wohnungen errichtete. „Die Nutzung als Kita ist das Beste, was uns passieren konnte“, sagt Pastorin Nina Schumann. „So wird der wunderbare Raum weiterhin kirchengemeindlich genutzt.“ Christlich und konfessionsoffen Von den gut drei Millionen Kindern, die in Deutschland in Tagesstätten betreut werden, besuchen mehr als eine Million Jeden Tag Weihnachten: Die Tür und die Erklärungen von Pastorin Nina Schumann (l.) und Kitaleiterin Kirsten Dieckow faszinieren die Kita-Kinder immer wieder neu. Die Finanzierung von Kitas ist weitgehend Aufgabe des Staates. Bis zu 30 Wochenstunden inklusive Mittagessen sind in Hamburg beitragsfrei. Berufstätige Eltern zahlen einen nach zusätzlichem Bedarf gestaffelten Betrag. Die Kitas erhalten von der Stadt für die Betreuung eine entsprechende Summe, die die Kirche bezuschusst. „So können wir ein qualitativ hochwertiges Angebot aufrechterhalten“, ergänzt die Pastorin. Die Bezahlung der Beschäftigten erfolgt nach dem Kirchlichen Arbeitnehmerinnen Tarifvertrag (KAT), der mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ausgehandelt wurde und dem im öffentlichen Dienst entspricht. In der Kita Bethlehem werden die letzten Kinder um 16 Uhr abgeholt. Diesmal spielt die Tür beim Abschied eine Rolle. Das Jesuskind auf Marias Schoß erhält Streicheleinheiten, die von König Herodes beauftragten Kindermörder werden unsanft geknufft. Die Biblische Geschichte kennen alle sehr genau. FOTO: SUSANNE DOHRN D ie schwere Bronzetür öffnet sich, ein Kind nach dem anderen stürmt hinaus zu den fröstelnden Eltern. Die Leiterin der Kindertagesstätte Kirsten Dieckow verabschiedet alle mit Namen, begrüßt die Eltern, erzählt vom geplanten Laternenumzug am Martinstag. Jetzt um 14 Uhr haben die Kleinen keinen Blick für die schönen Bronzefiguren der zweiflügeligen Tür: Maria und die Verkündigung der Geburt Jesu, die Hirten, die Heiligen Drei Könige, der Kindermord von Bethlehem und die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten. Einst betrat man durch die Tür mit den Figuren des Hamburger Künstlers Fritz Fleer (1921–1997) ein Gotteshaus mit 400 Plätzen im Hamburger Innenstadtbezirk Eimsbüttel. Jetzt toben im Kirchenschiff Drei- bis Sechsjährige. Hinter einer transparenten Holz-Glas-Konstruktion im rechten Teil befinden sich Gruppenräume, auf Höhe der Empore Büros. Der Altar am Ende des Raums zeugt von der ehemaligen Nutzung. Immer Freitags erzählt eine Pastorin Geschichten aus der Bibel, alle sitzen im Kreis um eine Kerze, singen und beten zusammen. Feste wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten sind Bestandteil des Kita-Alltags. „Beim Erntedankfest bringen die Kinder Erntegaben mit, oft aus dem eigenen Schrebergarten, die sie in einen Korb auf dem Altar legen. Daraus kochen wir eine Gemüsesuppe und essen sie gemeinsam“, erzählt Kitaleiterin Dieckow. Am 2. Advent findet traditionell – in Nicht-Corona-Zeiten – ein Familiengottesdienst in der nahe gelegenen Christuskirche statt, der mit den Kindern vorbereitet wird. „Wenn wir muslimische Kinder in den Gruppen haben, feiern wir auch zusammen das Zuckerfest am Ende des Fastenmonats Ramadan.“ Die Sensibilität für andere Religionen ist ihr wichtig. In einer anderen Kita der Kirchengemeinde arbeiten zwei Muslima als Erzieherinnen. Für die Bethlehem-Kita kommt als weiterer Pluspunkt hinzu: Sie bietet mit zwei Gruppen und insgesamt 44 Kindern eine sehr familiäre Atmosphäre. TITEL 9 11-12/2021 DEMO Gemeinsam handeln Kirchen und Kommunen tun sich zusammen, um dörfliche Infrastrukturen zu erhalten Autoren Ulf Buschmann, Karin Billanitsch Höhe von rund 700.000 Euro übernahm mit 395.000 Euro das Land Niedersachsen. Das zuständige Bistum Hildesheim 110.000, die Stadt 60.000 Euro. Weitere 50.000 Euro übernahmen die Kirchengemeinde St. Nikolaus sowie der Ortsrat Tiftlingerode über Spenden in Höhe von rund 36.000 Euro. „Der Weg war richtig“, zieht Johannes-Ludwig Dornieden, der sich im Gemeindekirchenrat von St. Nikolaus um die Belange des Begegnungszentrums kümmert, eine positive Bilanz. Er findet das Projekt wegweisend, gerade für kleinere Dörfer. „Die Weiterentwicklung des Gemeindezentrums Tiftlingerode ist insbesondere für die Kinder und Jugendlichen des Ortes (...) ein sehr guter Schritt gewesen“, erklärt eine Stadt-Sprecherin. Treffpunkt im Dorfladen Ein gelungenes Beispiel für Dorferneuerung ist auch der Dorfladen in der Gemeinde Eichenberg, einem Ortsteil von Sailauf im Spessart. Vor allem älteren Bewohnerinnen und Bewohnern des Dorfes fehlten Einkaufsmöglichkeiten in fußläufiger Entfernung, auch ein Ort, wo man sich unterhalten kann. So entstand die Idee, die profanierte Kirche Sankt Wende- St. Nikolauskirche in Tiftlingerode. Die Kirchengemeinde will – gemeinsam mit der Stadt Duderstadt – ihr Pfarrzentrum erweitern. Die Weiterentwicklung des Gemeindezentrums ist insbesondere für die Kinder und Jugendlichen des Ortes ein sehr guter Schritt gewesen. Sprecherin der Stadt Duderstadt Anzeige 8. Zukunftskongress Bayern Oans, Zwoa, Zack, OZG is! Mit neuem Schwung in die digitale Verwaltung 17. Februar 2022, München www.zukunftskongress.bayern #zkonbayern22 Eine Veranstaltung des  § Grafik: BS/Hoffmann unter Verwendung von patrimonio designs, stock.adobe.com FOTO: KIRCHENFAN/CC0, VIA WIKIMEDIA COMMONS U m neues Leben ins Dorf zu bringen, tun sich Kirchen und Kommunen zusammen. Tiftlingerode im Landkreis Göttingen ist so ein Ort mit einem Erfolgsprojekt. Die Ortschaft mit ihren rund 900 Einwohnern gehört seit dem 1. Januar 1973 zu Duderstadt und liegt im katholisch geprägten Untereichsfeld am äußersten Südrand von Niedersachsen. Die Landesregierung unter Ministerpräsident Stefan Weil (SPD) hat frühzeitig erkannt, wie wichtig Dorfentwicklung ist und hat dafür ein Förderprogramm aufgelegt. Dieses hat entscheidenden Anteil daran, dass Tiftlingerode seit Januar 2020 wieder einen Treffpunkt für Vereine, Institutionen und private Feiern hat. Dafür haben sich die katholische Gemeine St. Nikolaus und die Stadt Duderstadt zusammengetan. Das Ziel: Aus dem Pfarrzentrum sollte ein Begegnungszentrum für alle werden – ein Pilotprojekt für Niedersachsen. Beide Partner schlugen damit zwei Fliegen mit einer Klappe. So konnte das in die Jahre gekommene Pfarrzentrum aus den 1980er Jahren saniert werden und die Stadt sorgte dafür, dass es wieder einen Treffpunkt für die Menschen gibt. Den Löwenanteil der Kosten in lin zu nutzen. Von Anfang an haben sich die Eichenberger für das Projekt starkgemacht: Fünf Ortsvereine, eine Bürgergenossenschaft und das Amt für ländliche Entwicklung haben sich eingesetzt. Die alte Kirche Sankt Wendelin wurde um 1700 erbaut und war bis etwa 1950 Zentrum des kirchlichen Lebens, zeichnet ein Flyer der Pfarrgemeinde St. Vitus im Vorspessart die Geschichte des Gotteshauses nach. Nach der Profanisierung wurde sie 1955 an die Raiffeisenbank verkauft; seit den 80ern wurde das Gebäude nicht mehr genutzt. Seit 2005 setzte sich eine Interessengruppe für eine neue Nutzung der Kirche ein – nachdem das Amt für ländliche Entwicklung der Gemeinde im Rahmen des bayerischen Dorferneuerungsprogramms Zuschüsse in Aussicht stellte, kam Bewegung in die Sache. 2015 fiel die Entscheidung für einen Dorfladen. Laut den Projektunterlagen für den Antrag wurden die Kosten auf 96.000 Euro veranschlagt, davon sollten 40 Prozent aus der EU-LEADERFörderung kommen. Der Eigenanteil der Kommune belief sich auf 48.000 Euro. Unterstützt hat den Prozess die Lokale Aktionsgruppe (LAG) Spessart. Heute ist der Laden ein großer Gewinn für das Dorfleben: Er sichert die Nahversorgung und führt regionale Produkte von Direktvermarktern im Sortiment. Er ist aber auch ein Treffpunkt geworden. Das Ziel der Bürgerinnen und Bürger, wieder einen dörflichen und sozialen Mittelpunkt im Ort zu haben, hat sich verwirklicht und ein Zeichen gegen drohende Verödung wurde gesetzt. 10 TITEL DEMO 11-12/2021 Neues Leben für alte Gotteshäuser Immer mehr Kirchen werden entwidmet oder profaniert. So bleiben die wertvollen Gebäude der Gesellschaft erhalten Autorin Hannah Rüdiger St. Marienkirche: Herzstück des Anneliese Brost Musikforums Ruhr Eine einzige Glocke hängt noch, darüber spannt sich das strahlend weiße Gewölbe wie eine Wolkendecke: Wer das Anneliese Brost Musikforum Ruhr betritt, findet sich zunächst in einer Kirche wieder. Die frühere St. Marienkirche ist zugleich Foyer und Herzstück des 2016 eingeweihten Gebäudekomplexes, der das Bochumer Symphonieorchester und die städtische Musikschule beheimatet. Nach links geht es vom Kirchenschiff in den Großen Saal, nach rechts in den Kleinen Saal sowie den Multifunktionsraum. „Eine schönere Vorbereitung auf Musik gibt es eigentlich nicht“, sagt Christiane Peters, Leiterin für Marketing und Kommunikation der Symphoniker. Beim Anblick des renovierten Kirchenschiffs fällt es schwer, zu glauben, dass hier Anfang des Jahrtausends das Wasser von den Wänden lief und dem Gotteshaus der Abriss drohte. Bemühungen eines Fördervereins, die im Jahr 2002 profanierte Kirche zu erhalten, schienen zunächst zu scheitern. Genauso vergeblich verlief damals die Suche der Bochumer Symphoniker nach einem eigenen Haus. Pläne zum Neubau eines städtischen Konzerthauses scheiterten immer wieder aus finanziellen Gründen. Dann kam die Idee auf, das Kirchengebäude in ein Musikzentrum zu integrieren. Damit war sowohl die Zukunft der Kirche als auch des Orchesters gesichert. „Kirchen haben für viele Einwohnerinnen und Einwohner einer Stadt eine starke emotionale Bedeutung“, erklärt Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD). „Die Architektur ist oft stadtbildprägend und Abriss bedeutet immer auch, dass ein Stück Heimat zerstört würde.“ Umso wichtiger sei es der Stadt, profanierte Kirchen zu erhalten. Bis das Musikforum um die Marienkirche eröffnet werden konnte, vergingen jedoch insgesamt fast 15 Jahre, in denen das Projekt und seine Finanzierung immer wieder auf der Kippe standen. „Phoenix ist ein Witz gegen uns“, sagt Christiane Peters in Anspielung auf den mythischen Vogel Phoenix, der immer wieder totgeglaubt und schließlich doch wiedergeboren wird. „Zu verdanken sei der Erfolg neben zahlreichen Unterstützern, Förderern und rund 20.000 Spendern am Ende vor allem dem Engagement des früheren Intendanten Steven Sloane. „Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem Orchester eine neue Heimat zu finden“, erzählt sie. Die St. Marienkirche ist zugleich Foyer und Herzstück des 2016 eingeweihten Gebäudekomplexes des Anneliese Brost Musikforums Ruhr in Bochum. Kirchen haben für viele Einwohner einer Stadt eine starke emotionale Bedeutung. Thomas Eiskirch (SPD), OB in Bochum Die Deusenkirche: ein Begegnungszentrum für Dortmund Erst schloss die Post, dann die Sparkasse. Der ländlich geprägte Stadtteil Deusen im Dortmunder Nordwesten drohte zu zerbröckeln. Als im Jahr 2004 auch die evangelische Gustav-Adolf-Kirche aufgegeben werden sollte, beschloss eine Gruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger, für ihre Kirche zu kämpfen und sie zu einem sozialen Mittelpunkt umzugestalten. Gemeinsam gründeten sie den „Förderverein Begegnungszentrum Deusen – Wir lassen die Kirche im Dorf e. V.“. „Diejenigen, die hier aufgewachsen sind, wissen die Kirche zu schätzen“, sagt Ulrich Küpper, Gründungsmitglied und Vereinsvorsitzender. Gerade den älteren Deusenerinnen und Deusenern sei es wichtig gewesen, das Gebäude zu erhalten. Für den symbolischen Preis von einem Euro kaufte der Verein die Kirche dem vereinigten Kirchenkreis Dortmund ab. An der Renovierung der Deusenkirche haben sich mehr als 120 ehrenamtliche Helfer und Helferinnen beteiligt. Danach folgten Jahre der Planung, bürokratischer Hürden und vor allem harter Arbeit. Geplant war der Umbau und die Erweiterung der Kirche zu einem Begegnungszentrum mit Gastronomie. Bei einem Architekturwettbewerb gewann ein Entwurf, den die Deusener größtenteils selbst baulich umsetzen konnten. „Die Menschen hier sind es gewohnt, selbst anzupacken“, erzählt Ulrich Küpper. Fast jeder im Bezirk habe sein Haus zu großen Teilen selbst gebaut. An den Bauarbeiten an der Deusenkirche beteiligten sich mehr als 120 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die zusammengerechnet mehr als 12.000 Arbeitsstunden leisteten. Die Stadt unterstützte und begleitete den Umbau, etwa bei der Koordination von Anträgen sowie der Weiterleitung der Fördermittel. „Es ist großartig, wenn sich Menschen für die Kirchengebäude in ihrem Umfeld engagieren“, erklärt Planungsdezernent Ludger Wilde. „Nachbarschaften in der Großstadt wachsen durch solche Initiativen vor Ort zusammen.“ Im Jahr 2010 wurde am neuen Anbau Richtfest gefeiert. Heute ist die Deusenkirche ein Ort des Zusammenkommens und des Austauschs. Genutzt wird sie für größere Veranstaltungen wie Hochzeiten oder Theateraufführungen, aber auch Gymnastikkurse oder Tanzstunden. Gottesdienste finden ebenfalls noch regelmäßig statt, da die Kirche auf Wunsch des Vereins nicht entwidmet wurde. Die Menschen in Deusen wissen ihr Begegnungszentrum zu schätzen: Die Kirche ist fast jeden Tag ausgebucht. baukunst-nrw.de deusenkirche.de/ FOTOS: MARK WOHLRAB; RAINER KNÄPPER /FREE ART LICENSE VIA WIKIMEDIA COMMONS; FÖRDERVEREIN BEGEGNUNGSZENTRUM DEUSEN W egen des anhaltenden Mitgliederschwunds der Kirchen haben in den vergangenen Jahren hunderte Gotteshäuser in Nordrhein-Westfalen schließen müssen. Vielerorts haben sich jedoch Kommunen, Bürgerinnen und Bürger dafür stark gemacht, ihre Kirchengebäude nicht nur zu erhalten, sondern ihnen einen neuen Sinn zu geben. Zwei besonders gelungene Beispiele aus dem Ruhrgebiet stellen wir hier vor: TITEL 11 11-12/2021 DEMO Philharmonie in der ehemaligen Barockkirche Am 17. Dezember wird das neue Konzerthaus Liebfrauen in Wernigerode im Harzkreis eröffnet F ür Wernigerode ist es etwas ganz Großes: Am 17. Dezember wird das Konzerthaus Liebfrauen offiziell eröffnet. Aus der ehemaligen barocken Liebfrauenkirche wird ein Kulturplatz im Herzen der Stadt. So hat das bereits Anfang Februar 2019 entwidmete Gotteshaus eine Perspektive bekommen. Zudem bekommt das Philharmonische Kammerorchester Wernigerode (PKOW) eine feste Proben- und Spielstätte. Dessen künstlerischer Leiter und Geschäftsführer Christian Fitzner hofft, dass sich das Konzerthaus mit seinen 480 Plätzen als regionale und überregionale Kulturstätte etablieren wird. Fitzner ist nicht der Einzige, der große Hoffnungen in den Barockbau mit seiner überaus guten Akustik setzt. Auch Tobias Kascha findet: „Es ist gut, dass es so gelöst worden ist.“ Kascha ist Vorsitzender des Fördervereins Kammerorchester Wernige- rode und SPD-Kandidat für die Wahl des Oberbürgermeisters am 3. April kommenden Jahres. Er hebt hervor, dass es ohne Rainer Schulze, Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion im Stadtrat, nicht zum neuen Konzerthaus gekommen wäre. Dank dessen Initiative sei es gelungen, das nicht unumstrittene Projekt voranzubringen. Schulze, freut sich Kascha, habe das Land Sachsen-Anhalt, vor allem aber die Bevölkerung mit ins Boot geholt. Die Menschen hätten Steine kaufen oder eine Patenschaft für einen Stuhl im neuen Konzerthaus übernehmen können. Immer wieder habe es Aktionen gegeben, die gezeigt hätten: Die Bevölkerung steht hinter einem Kulturprojekt mit durchaus sozialdemokratischer Handschrift. Kascha macht deutlich, dass es keine Alternative zur Nutzung als Konzerthaus gegeben habe. Ohne diese Idee hätte es im Herzen Wer- nigerodes ein „interessantes Gebäude gegeben, das gesichert werden muss“, ist sich der OB-Kandidat sicher. Verantwortlich dafür wäre die Kommune. Klar war indes frühzeitig, dass sich die ehemaligen Kirchengemeinde St. Sylvestri und Liebfrauen von ihrem Gotteshaus trennen muss. Im Kirchenkreis Halberstadt, zu dem Wernigerode gehört, sind nur noch etwa 13 Prozent der Einwohner evangelisch. „In der Innenstadt in Wernigerode sind drei große wichtige Kirchen, die auch für die Stadtgeschichte eine wichtige Rolle spielen“, erklärt Kerstin Schenk. Sie ist stellvertretende Superintendentin des Kirchenkreises Halberstadt und Pfarrerin der Evangelischen Christusgemeinde Wernigerode-Schierke. Schenk ergänzt: „Für die Kirchengemeinden ist es oft nicht möglich, Kirchen auf so engem Raum nebeneinander zu erhalten und zu nutzen. Da bedarf Kirchen werden zu Beratungsstätten Die Zukunft vieler Gotteshäuser in und um Mannheim ist nicht gesichert. Kommunen und Kirchen suchen nach Alternativen, zum Beispiel als Tanzhaus oder Arbeitslosentreff Autor Harald Sawatzki FOTO: FULBERT HAUK D ie Evangelische Kirche verliert seit Jahren kontinuierlich Mitglieder. Dieser bundesweite Trend trifft Mannheim, eine der größten Gemeinden Nordbadens „besonders drastisch“, wie Stadtdekan Ralph Hartmann unumwunden eingesteht. Die Bevölkerung der größten Stadt im Dreiländereck BadenWürttemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen „tickt stärker säkular“ als die Einwohnerschaft vergleichbarer Kommunen. Das hat zum einen mit der demografischen Entwicklung zu tun, zum andern mit dem hohen Anteil einer Bewohnerschaft mit Migrationshintergrund. „Die Mannheimer sind sehr pragmatisch, dem Weltlichen zugewandt.“ Zum Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zählte die Evangelische Kirchengemeinde Mannheim rund In der Mannheimer Trinitatiskirche organisiert der Verein „Eintanzhaus“ Aufführungen. 160.000 Mitglieder, bei einer etwa doppelt so hohen Gesamtbevölkerung. Inzwischen schrumpfte die fromme Schar der gläubigen Mitglieder auf knapp 70.000 Personen. Hartmann: „Seit den 90er Jahren ging es fast stetig nach unten.“ Entsprechend schmalbrüstig entwickelte sich die Finanzlage, die in verschärfter Form den Trend im gesamten Nordbaden wiedergibt. Noch öffnen in Mannheim 30 evangelische Gotteshäuser die Pforten, doch das Ende einiger Kirchen rückt näher. Nur etwa ein Dutzend Häuser soll saniert werden und in tadellosem Zustand erhalten bleiben. Bei einem weiteren Dutzend ist künftig – die Zustimmung der Synodalen vorausgesetzt – nur noch das Allernötigste für den Fortbestand der Kirchen eingeplant. Und etwa acht weitere Kir- es neuer Konzepte und Ideen. Einem solchen Prozess hat sich die damalige Kirchengemeinde St. Sylvestri und Liebfrauen unterzogen. Bis zu einem endgültigen Beschluss verging ein Jahrzehnt.“ Nach der Eröffnung am 17. Dezember sowie einem Tag der offenen Tür am 18. Dezember gibt es erst einmal ein Programm für ein halbes Jahr. Dieses besteht übrigens nicht nur aus Auftritten des Kammerorchesters. Das Orchester selbst werde sich gleichwohl in den kommenden Monaten erst einmal mit seiner neuen festen Stelle vertraut machen müssen, meint Fitzner. Eines weiß er schon jetzt: „Wir müssen experimentieren und schauen, wo es den meisten Zuspruch des Publikums gibt.“ Ulf Buschmann Weitere Informationen pkow.de facebook.com/konzerthausliebfrauen chen müssen aufgegeben werden, unter anderem auch wegen unerfüllbarer Auflagen durch den Denkmalschutz. Beispiel Trinitatiskirche: Das Prunkstück des Wiederaufbaus nach 1945 konnte bereits von 1995 an nur noch eingeschränkt genutzt werden. Der „Eintanzverein“ aus der freien TanzSzene übernahm das Gebäude und nutzt es als sogenanntes „Eintanzhaus“ gegen geringe Gebühr. Für den Erhalt ist die Kirchengemeinde weiterhin zuständig. Eine zweite große Kirche, deren Fortbestand ebenfalls nicht gesichert scheint, wird schon jetzt mit städtischer Unterstützung teilweise als Arbeitslosentreff, Beratungs- und Begegnungsstätte der Diakonie genutzt. Die Einschnitte auf allen Ebenen resultieren aus der Erkenntnis der Badischen Landeskirche, dass bis zum Jahr 2030 mit weiterhin deutlich weniger Einnahmen aus der Kirchensteuer zu rechnen sein wird. Für das Personal und den Unterhalt fehlen dann etwa 30 Prozent der Mittel. So bleibt laut Hartmann zum Beispiel diese Alternative: „Die Kirchen der Zukunft wandeln sich in Begegnungsräume.“ 12 TITEL Stadtbildprägend: Dom und Severikirche verleihen auch dem Erfurter Weihnachtsmarkt eine stimmungsvolle Kulisse (Archivbild). Religiöse Wahrzeichen Kirchen prägen vielerorts das Stadtbild. Tourismus und Kulturleben profitieren Autor Carl-Friedrich Höck W eniger als 30 Prozent der Thüringer Bevölkerung gehören der evangelischen oder katholischen Kirche an. Und doch sind Kirchen aus der Landeshauptstadt nicht wegzudenken. Allein in der Innenstadt von Erfurt gibt es 20 Kirchen, viele stammen noch aus dem Mittelalter. Schon damals nannte man die Stadt „Erfordia turrita“, türmereiches Erfurt. Von ihrem Ruf profitiert die Kommune noch heute. „Kirchen und religiöse Gebäude spielen im touristischen Marketing der Stadt Erfurt eine große Rolle“, bestätigt Kristin Luther von der „Erfurt Tourismus und Marketing GmbH“ (ETMG). Der Dom und die benachbarte St. Severikirche sind ein weithin sichtbares Wahrzeichen. Viele Bauten sind historisch bedeutend oder mit Persönlichkeiten der Stadtgeschichte verknüpft. Martin Luther war Mönch im Augustinerkloster, wurde in Erfurt zum Priester geweiht und predigte hier. Die Kaufmannskirche war Hauskirche der Familie von Johann Sebastian Bach. In der Lorenzkirche finden seit 1978 wöchentliche Friedensgebete statt – für die Friedliche Revolution in Erfurt spielten sie eine wichtige Rolle. Das Stadtmarketing greift die Geschichten auf und arbeitet mit den einzelnen Kirchen zusammen. Teilweise tritt man gemeinsam als Aussteller auf Messen auf. Gotteshäuser werden in das Besuchsprogramm von Presse- und Studienreisen eingebunden. Zusammen mit dem Augustinerkloster engagiert sich die ETMG in der Werbegemeinschaft „Wege zu Luther“. Auch das jüdische Erbe der Stadt wird stolz präsentiert. Mit seiner alten Synagoge, einer Mikwe und weiteren Zeugnissen aus der Zeit zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert bemüht sich Erfurt derzeit um einen UNESCO-Welterbe-Titel. Kölner Dom ist ein „USP” Auch in anderen Kommunen sind Sakralbauten wichtige Eckpfeiler der eigenen Identität. Wer etwa an Köln denkt, denkt an den Dom. Mit sechs Millionen Besucherinnen und Besuchern pro Jahr ist er die meistbesuchte Sehenswürdigkeit Deutschlands und ein „Unique Selling Point“ (USP), wie Claudia Neumann von der KölnTourismus GmbH erklärt. Weitere Bauten wie der Ring der 12 Romanischen Kirchen ergänzen das Stadtbild. Die Kommune profitiert von den Attraktionen auch finanziell. In Köln wurden durch den Tourismus vor Corona jährlich fünf Milliarden Euro Bruttoumsatz erwirtschaftet, so Neumann. In Erfurt verweist die ETMG auf eine im Jahr 2017 vorgestellte Studie. Demnach besuchen jährlich zwölf Millionen Gäste die Stadt. Daraus ergebe sich ein Gesamtbruttoumsatz von 596 Millionen Euro. 13.400 Menschen könnten durch den Tourismus ihren Le- ATTRAKTIONEN 13.400 Menschen können in Erfurt vom Tourismus leben. 20 Kirchen gibt es allein in der Erfurter Innenstadt. 6 Millionen Besucherinnen und Besucher jährlich zählt der Kölner Dom. QUELLE: ETMG/KÖLNTOURISMUS GMBH bensunterhalt bestreiten, teilt die ETMG mit. „Der Tourismus leistet zudem erhebliche Beiträge für die Stadtentwicklung und die Lebensqualität in Erfurt.“ Hinzu kommt, dass die Kirchen und ihre Gemeinden das Kulturleben mitprägen. Bleiben wir beim Beispiel Erfurt: Auf dem Domplatz gibt es ein jährliches Martinsfest, zu dem Menschen aus dem ganzen Bundesland anreisen. Veranstaltet wird es von der Abteilung „Märkte und Stadtfeste“ der Stadtverwaltung. Im Sommer stellt das Bistum dem Theater Erfurt die Domtreppe für opulente Opernaufführungen zur Verfügung. Für den Erhalt der religiösen Wahrzeichen sorgen in der Regel die jeweiligen Kirchengemeinden. Deren Mitgliederzahlen sinken jedoch, was die Frage aufwirft: Was passiert, wenn sie die notwendigen Sanierungen nicht mehr stemmen können? Auch die Kommunen haben nur begrenzte Mittel. „Die Stadt Erfurt besitzt rund 450 eigene Gebäude, da ist die Pflege von Kirchen beziehungsweise Bezuschussung von Sanierungsarbeiten nicht auch noch zu leisten“, stellt der Sprecher von Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein klar. Eine Möglichkeit besteht darin, Gebäude umzunutzen. „Es gibt eine ganze Reihe an Kirchen, die als Museen verwendet werden“, sagt Annette Sawade. Sie ist Mitglied der Landessynode Württemberg, stellvertretende Vorsitzende der Bundes-SGK und Mitglied im Kreis- und Gemeinderat von Schwäbisch Hall. In der Stadt gibt es zum Beispiel die Johanniterkirche, die von der Würth-Gruppe gekauft wurde. Dort ist nun eine Sammlung von Bildern aus dem Mittelalter und der Renaissance ausgestellt. Als Ortszentren bleiben Kirchen bedeutend, ist Sawade überzeugt – selbst kleine Dorfkirchen seien oft ein wichtiger Mittelpunkt für die Menschen. Kirchen öffneten sich auch zunehmend für Veranstaltungen von weltlichen Gruppen – etwa als Proberaum für den Gesangsverein. Dass Kirchensteuern im Osten weniger üppig fließen, hat übrigens historische Gründe, wie die gebürtige Thüringerin Sawade erklärt. „Die DDR hat es in der Zeit ihres Existierens wirklich sehr gut verstanden, die Leute aus der Kirche rauszutreiben.“ Andererseits habe auch die SED Kirchen als Marketingobjekte genutzt. So wie die Marienkirche in Mühlhausen, wo einst Thomas Müntzer predigte, der Revolutionsführer im Bauernkrieg. Seit 1975 ist sie keine Pfarrkirche mehr. Zwar finden hier noch Gottesdienste statt, hauptsächlich ist die Marienkirche aber heute Gedenkstätte und Konzertsaal. FOTO: KULTURDIREKTION ERFURT, HANS P. SZYSZK A (CC-BY-NC-ND) DEMO 11-12/2021 TITEL 13 11-12/2021 DEMO Was Krefeld glaubt Christen, Muslime, Juden und viele mehr leben in der Stadt. Die „Krefelder Erklärung“ zeugt von religiöser Toleranz Autorin Maicke Mackerodt M ehr als 250 Glaubensrichtungen und Weltanschauungen sind der Forschung allein im Ruhrgebiet bekannt. Christen, Muslime, Juden und viele mehr sind auch in Krefeld vertreten. Der Islam wird in der niederrheinischen Großstadt mit einem stillen Minarett von 38 Metern Höhe sichtbarer werden, das Stadtbild enorm verändern: Für fünf Millionen Euro baut die Fatih-Camii-Gemeinde Krefelds größte Moschee. „Unsere Stadtgeschichte zeigt, dass Krefeld von seiner religiösen Toleranz häufig profitiert hat“, sagt Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD). „Vielfalt ist eine Stärke, aber auch eine tägliche Herausforderung.“ Im Juni 2018 hatte das Stadtoberhaupt gemeinsam mit allen örtlichen Religionsgemeinschaften die sogenannte „Krefelder Erklärung“ unterschrieben. „Sie besagt ausdrücklich, dass für die Stadtgesellschaft alle Religionen gleichwertig sind“. Zu den Zielen der Selbstverpflichtung gehört auch, den Respekt gegenüber allen Menschen zu fördern, verschiedene religiöse Praktiken kennenzulernen oder Gemeinden zu besuchen. FOTO: DITIB KREFELD Interreligiöser Austausch Kurz vor dem Lockdown fand 2019 auf der Burg Linn die erste Präsenzveranstaltung „Was glaubt Krefeld“ statt, ein Gesprächsformat, das auf Initiative des SPD-Oberbürgermeisters eingeführt wurde und einen direkten Austausch der 28 verschiedenen Religionsvertreter ermöglichte. Dazu zählen auch Abspaltungen wie Mennoniten, Zeugen Jehovas oder die Brüdergemeinde. In Diskussionsrunden tauschten sich Menschen christlicher, muslimischer, jüdischer oder freikirchlicher Glaubensrichtungen aus. Für den gebürtigen Krefelder Frank Meyer wurden mit dem „Dialog der Religionen“ und der „Krefelder Erklärung” ein Forum geschaffen, „sich besser kennenzulernen. „Wer miteinander redet, legt Vorurteile ab und lernt, differenziert hinzusehen. Im Rathaus feiern wir das jüdische Chanukka, aber auch muslimisches Fastenbrechen und laden Vertreterinnen Wer miteinander redet, legt Vorurteile ab und lernt, differenziert hinzusehen. Frank Meyer (SPD), Oberbürgermeister von Krefeld und Vertreter aller Religionen dazu ein.“ „Was glaubt Krefeld?” heißt nun auch ein Magazin, das aus dem „Dialog der Religionen“ entstanden ist. Anstatt die Unterschiede zu betonen, wurde mit der Broschüre – erste Auflage 1.000 Exemplare – versucht, auf 64 Seiten die zumeist viel größeren Gemeinsamkeiten hervorzuheben. Beantwortet werden Fragen wie: Wofür stehen Mennoniten? Was ist die Alt-Katholische Kirche? „Dabei entstand ein Bild, das sich als so reich und vielschichtig wie das Zusammenleben in unserer Stadt entpuppte“, so Meyer. „In einer weltoffenen Gesellschaft können wir voneinander lernen, dürfen aber auch miteinander streiten. Toleranz heißt nicht, alles hinzunehmen, sondern die Haltung des anderen zu respektieren und ernst zu nehmen.“ Das will die Stadt Krefeld auch mit der Broschüre unterstützen. Die Krefelder Integrationsbeauftragte Dr. Tagrid Yousef, eine gebürtige Palästinenserin, ist froh, dass das muslimische Leben in der früheren Samt- und Seidenstadt so gut gedeiht. Krefeld gehörte 2019 zu den ersten Städten in Nordrhein-Westfalen (NRW), die einen Teil des Friedhofs Muslimen zur Verfügung stellen. Jetzt wird auch die Trauerhalle in Elfrath interreligiös genutzt. Aber Tagrid Yousef weiß auch um den provozierenden Charakter Krefelds größte Moschee soll 2024 fertig sein. der neuen Moschee: „Von Beginn an war der Vorstand der alten Moschee sehr am Dialog interessiert, da die Skepsis anfangs hoch war, wenn so eine große, gut sichtbare Moschee gebaut wird.“ Vorgesehen sind ein durch Spenden finanziertes Gebetshaus für mehr als 500 Personen mit Kuppel, Läden, eine Bibliothek, ein Café mit viergeschossigem Begegnungszentrum, das für alle Krefelderinnen und Krefelder offen sein soll. Dazu eine Tiefgarage und Anbindung an die neue „Krefelder Promenade“, die zwischen den Bahngleisen und dem Moscheegelände entstehen soll. Seit 30 Jahren residieren die Krefelder Muslime in einer klassischen Hinterhof-Moschee, einem Industriegebäude gleich hinter dem Hauptbahnhof. Seit Jahren viel zu klein geworden, erfolgte 2019 der Spatenstich für die neue Moschee. Fertig soll das Zukunftsprojekt 2024 sein. Yousef, seit 2014 Leiterin der Fachstelle Migration und Integration, vertrat die Stadt nicht nur beim ersten Spatenstich. Der Nationen-Netzwerkerin, wie die ehemalige Lehrerin liebevoll genannt wird, ist es wichtig, vorurteilsfrei und auf Augenhöhe auf die verschiedenen Glaubensgruppen zuzugehen. Dazu gehört, „gemeinsam zu überlegen, wie die Moschee auch als Ort der gesamten Nachbarschaft genutzt werden kann.“ Die studierte Neurowissenschaftlerin kämpft dafür, „die neue Moschee in das Quartier und die ganze Stadt einzubinden“. Stadtplan der Religionen Außerdem war es auch die Idee von Tagrid Yousef, einen speziellen Stadtplan der Religionen zu entwickeln. Im Internet unter krefeld.de/geoportal führt ein QR-Code z. B. direkt zu Gebetshäusern, verlinkt mit städtischen Geo-Portalen. So sind die Fatih-Camii-Gemeinde und auch andere Moscheen längst Teil der Krefelder Gesellschaft geworden – im Einklang mit den anderen Religionen. In Krefeld ist man zudem stolz, am FIT-Programm des Bundesinnenministeriums und der Otto-Benecke-Stiftung teilzunehmen. FIT steht für Förderung islamischer Teilhabe. Das Pilotvorhaben „Moscheen für Integration” ist Bestandteil des integrationspolitischen Schwerpunkts der aktuell vierten Phase der Deutschen Islam Konferenz, an der auch die Integrationsbeauftragte Tagrid Yousef teilnimmt. Es sollen etwa ehrenamtliche Mitarbeiter der Gemeinde geschult werden, damit sie Deutschunterricht geben können. Und auch die digitalen Fähigkeiten will man ausbauen – wichtig gerade in Corona-Zeiten. 14 TITEL DEMO 11-12/2021 Deutsche Friedhofskultur weltweit einzigartig Kommunale und konfessionelle Friedhofsträger kooperieren enger, um neuen Bestattungstrends etwas entgegenzusetzen Autor Harald Lachmann D ie Zahl der Friedhöfe in Deutschland kennt niemand genau. Experten sprechen von „über 3.000“. Von denen befinden sich rund 1.000 in kirchlicher Trägerschaft, teils katholisch, teils evangelisch, die anderen in kommunaler Hand. Für Hinterbliebene, die Angehörige zu Grabe tragen, ist das oft zweitrangig: Sie wählen den Friedhof, der für sie am günstigsten liegt. Entstanden sind Friedhöfe, wie wir sie heute in den Kommunen nutzen, aus „umfriedeten“ Kirchhöfen oder Gottesackern. Daher der Name, der im ursprünglichen Sinn nichts mit „Friede“ zu tun hat. Doch schon Ende des 30-jährigen Krieges, um 1648, wurden wegen der vielen Toten Verwaltung und Betrieb von Friedhöfen gesetzlich geregelt. Seither sind Friedhöfe zumeist öffentlichrechtlich organisiert. Die Kirchen übernehmen im Grunde Dienstleistungen für die Kommune. Indes zeigen sich hier noch immer Unterschiede: Kommunale Friedhöfe werden meist als städtische Regiebetriebe geführt, sie haben keine eigene Rechtspersönlichkeit und keinen eigenen Haushalt, jedoch hoheitliche Befugnisse. Kirchliche Friedhö- Ein Körper eines Verstorbenen ist kein Gegenstand, über den Angehörige beliebig verfügen dürfen. Rüdiger Fikentscher, Leiter des Vereins für Friedhofskultur in Halle und langjähriger SPD-Landeschef in Sachsen-Anhalt fe besitzen einen eigenen Haushalt und sollen sich möglichst selbst tragen. Beiden Trägern ist eins gemeinsam: Sie benötigen Einnahmen aus Friedhofsgebühren. Und hier beginnt das Dilemma. Denn der überkommene Friedhof hat ein Imageproblem. Es gilt als altmodisch, gar uncool, sich hier zu Grabe tragen zu lassen. Attraktiver wirken anonyme Aschestreuwiesen, Friedwälder, See- oder Luftbestattungen oder noch Schrägeres: Man verpresst die Asche Verstorbener zu Diamanten, die man am Hals trägt. Auch virtuelle Erinnerungsplätze im Netz gewinnen an Zuspruch. Hinzu kommt ein wachsender öffentlicher Druck, den „Friedhofszwang“, wie er nur noch in wenigen Staaten gilt, aufzuheben. Man will die Urne lieber im eigenen Garten vergraben oder daheim auf die Anrichte stellen. Gegen diesen Trend rücken derzeit konfessionelle wie kommunale Friedhofsträger zunehmend enger zusammen. Zunächst aus Pietätsgründen: „Ein Körper eines Verstorbenen ist kein Gegenstand, über den Angehörige beliebig verfügen dürfen“, sagt Rüdiger Fikentscher. Der langjährige SPD-Landeschef in SachsenAnhalt und SPD-Bundesparteiratsvorsit- „Heilsame Traditionen bewahren“ Auch für den EKD-Kulturbeauftragten Dr. Johann Hinrich Claussen bilden Friedhöfe „unverzichtbare Orte des menschlichen Lebens“. Es seien auch „bedeutende Kulturorte“. Denn mit ihren „Kapellen, Grabsteinen, Inschriften und Bildwerken aus unterschiedlichen Zeiten führen sie uns vor Augen, aus welchen Traditionen wir leben und welche neuen rituellen oder künstlerischen Ausdrucksformen unsere Gegenwart hervorbringt“. Manchmal sei es einem Christen „schon gar nicht mehr richtig bewusst, was es bedeutet, dass ein Name am Grabmal steht“. Deshalb werde die evangelische Kirche „das ihre tun, um gute, heilsame und schöne Traditionen zu bewahren und zugleich neue Wege der Trauer- und Gedenkkultur zu eröffnen, damit das Kult- und Kulturgut Friedhof eine gute Zukunft hat“, betonte Claussen. Gemeinsam mit den Kommunen und örtlichen Vereinen wollen die Kirchen verstärkt dazu beitragen, den Friedhöfen neue Felder und Funktionen auch für Lebende zu öffnen – etwa in ökologischer, musikalischer, künstlerischer, touristischer und denkmalhistorischer Sicht. FOTO: HARALD LACHMANN Vertreter der EKD und der katholischen Bischofskonferenz trafen sich unlängst auf dem evangelischen Südwestkirchhof in Stahnsdorf. Hier wurde auch eine Wanderausstellung für zeitgemäße Friedhofskultur vorgestellt, die künftig bundesweit zu sehen sein wird. zende leitet heute den Verein für Friedhofskultur in Halle. Unmissverständlich plädiert er für einen „öffentlichen Raum für Trauer und Erinnerung“. Verstorbene seien nicht das Eigentum der Hinterbliebenen. Zu Hilfe kommen den Traditionalisten hierbei geschichtsbewusste Zeitgenossen. Sie fanden heraus, dass die deutsche Friedhofskultur in ihrer gewachsenen Form weltweit einzigartig ist. Deshalb nahm sie die Kultusministerkonferenz der Länder 2020 bereits in das „Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes“ auf. Inzwischen läuft bei der UNESCO sogar ein Antrag, sie in das immaterielle Welterbe aufzunehmen. Immanenter Bestandteil des Kampfes gegen eine liberale Aufweichung deutscher Friedhofskultur ist die damit einhergehende Anonymisierung Verstorbener. Um hiergegen ein sichtbares Zeichen zu setzen, trafen sich im Herbst Experten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof bei Berlin. „Am Grab ist der Name verzeichnet und damit verbindet sich die Biografie, wertvoll und individuell“, zitierte etwa Sebastian Schwertfeger vom Erzbischöflichen Ordinariat Berlin den Vorsitzenden der Bischofskonferenz Dr. Georg Bätzing. Ziel der katholischen Kirche sei es auch, einer aktuellen „Todesvergessenheit in der Gesellschaft“ entgegenzuwirken. TITEL 15 11-12/2021 DEMO Leipzigs jüdisches Leben blüht wieder auf Mit gut 1.200 Mitgliedern ist die Israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig die größte im Osten Autor Harald Lachmann FOTOS: HARALD LACHMANN M an schrieb das Jahr 321, als sich erstmals deutsche Kommunen offiziell mit ihren Einwohnern jüdischen Glaubens beschäftigten. Denn durch ein kaiserliches Dekret durften diese fortan in die Stadträte berufen werden. Dies war eine wichtige Zäsur, die bis heute nachwirkt. Leipzig gab es da noch nicht, die Gemarkung wurde erst 600 Jahre später besiedelt. Doch als die sächsische Metropole im Juli 2021 zum bereits 14. Mal zu „Schalom – Jüdische Woche in Leipzig“ einlud, standen diese Kultur-, Begegnungs- und Erinnerungstage bewusst unter diesem Motto: „1.700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“. Wie nur wenige andere deutsche Städte lebt Leipzig wieder sehr aktiv und bekennend seine jüdischen Traditionen. Die jüdische Gemeinde, die sich heute maßgeblich aus post-sowjetischen Spätaussiedlern und deren Nachkommen rekrutiert, zählt wieder gut 1.200 Mitglieder. Und ihr Rabbiner Zsolt Balla ist inzwischen eine schillernde Figur in der deutschen Diaspora. Der 42-Jährige ist auch Landesrabbiner in Sachsen, er gehört dem dreiköpfigen Vorstand der Orthodoxen Rabbinerkonferenz in Deutschland an, er leitet in Leipzig das Institut für Traditionelle Jüdische Liturgie – und seit Juni ist er auch der erste Militärrabbiner in einer deutschen Armee seit rund 100 Jahren. Die Leipziger Juden treffen sich zu Gebet und Kommunikation in der sehenswerten innerstädtischen Brodyer Synagoge. Und dass sie zu den agilsten unter den 105 lokalen Gemeinden – mit etwa 94.000 Mitgliedern – unterm Dach des Zentralrats der Juden zählen, rührt aus ihrer Geschichte. Seit dem Mittelalter sind Spuren jüdischen Lebens in Leipzig nachweisbar. Als sich Juden wieder dauerhaft niederlassen durften, gründeten sie 1847 die Israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig. 1925 zählte sie rund 13.000 Mitglieder und gehörte damit zu den sechs größten im Reich. Literaturnobelpreisträger Samuel Agnon setzte mit seinem Roman „Herrn Lublins Laden“ den Juden in Leipzig in jener Zeit ein literarisches Denkmal. Noch 1945 war nach Krieg und Völkermord die Synagoge wieder geweiht worden. Sie zählte bis 1990 nur einige Dutzend Mitglieder. Bereits 1962 gründete Oberkantor Werner Sander den weithin renommierten Leipziger Synagogalchor. Kulturzentrum im Ariowitsch-Haus Einen spürbaren Aufschwung für das jüdische Leben in Leipzig ab 1990 brachte 2009 die Wiedereröffnung des rekonstruierten Ariowitsch-Hauses als Zentrum Jüdischer Kultur. Obwohl die Stadt Leipzig sich stark dafür engagierte und letztlich auch durchsetzte, verzögerte sich die Eröffnung jahrelang, weil Anrainer im umliegenden Nobelstadtteil – vor allem zugezogene Neubürger – lange dagegen klagten: Sie meinten, ein jüdisches Zentrum locke antisemitische Gewalt in das Quartier. Heute ist das Ariowitsch-Haus Herzstück der alle zwei Jahre fröhlich gefeierten „Schalom-Woche”. Es gibt Konzerte, Lesungen, Filme, Stadtrundgänge, Vorträge, Theater, Tanz. Und einen auch emotionalen Höhepunkt bilden seit 1995 Treffen mit früheren Leipziger Juden, die heute in Israel oder den USA leben und nun von ihren Kindern und Enkeln begleitet werden. OB Burkhard Jung (SPD) lädt sie dazu stets persönlich ein. 2021 fanden zwar viele dieser Zeitzeugengespräche mit Holocaust-Überlebenden pandemiebedingt in einem virtuellen Rahmen statt, dennoch stand die Innenstadt rund um das originelle Synagogen-Denkmal in dieser Woche wieder sichtlich im Zeichen deutsch-jüdischer Begegnungen. Rund 10.000 Gäste kamen etwa zum Jüdischen Straßenmusikfestival „Le Chaim. Auf das Leben“ in der Grimmaischen Straße. Mehr als 60 Leipziger Institutionen und Vereine beteiligten sich an den Programmen. Städtepartnerschaft mit Herzliya Der Rabbiner der jüdischen Gemeinde in Leipzig Zsolt Balla ist eine schillernde Figur in der deutschen Diaspora. Er ist auch Landesrabbiner in Sachsen und gehört unter anderem dem dreiköpfigen Vorstand der Orthodoxen Rabbinerkonferenz in Deutschland an. Auch Bürger aus der israelischen 97.000-Einwohner-Stadt Herzliya, mit der Leipzig eine sehr lebendige Städtepartnerschaft zelebriert, waren wieder angereist. Der Verein Leipzig-Herzliya e. V. organisiert seit 2010 vielfältige Bürgerreisen, Kinder- und Jugendaustausch, Schulbegegnungen, gemeinsame Sportfeste, Musik- und Tanzveranstaltungen. Das Leipziger Rathaus unterstützt auch die Ephraim Carlebach Stiftung finanziell, die die Rolle jüdischer Bürger an der stadt- und lokalgeschichtlichen Entwicklung in Vergangenheit und Gegenwart aufbereitet. Hierzu arbeitet diese eng mit der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig, der Stadtverwaltung und der Leipziger Universität zusammen. Ein Großteil der dafür erforderlichen Mittel kommt aus Spenden und Sponsorengeldern der Leipziger Einwohnerund Unternehmerschaft. Holocaust-Überlebende Channa Gildoni (94) und Enkel Jonathan in Leipzig während der „Schalom-Woche” 16 NEWS DEMO 11-12/2021 Die Mitgliederversammlung der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hat am 12. November einen neuen Vorstand gewählt. Einstimmig sprach sie sich für Karin Welge als Präsidentin aus. Die Oberbürgermeisterin der Stadt Gelsenkirchen wird das Ehrenamt am 1. Januar 2022 antreten. Sie folgt auf den bisherigen VKAPräsidenten Ulrich Mädge. Somit wird Welge künftig auch die Verhandlungsführung in den Tarifverhandlungen Karin Welge (l.) und Ulrich Mädge für den kommunalen öffentlichen Dienst übernehmen. Die Wahlperiode endet satzungsgemäß Ende 2024. Die VKA vertritt 10.000 kommunale Arbeitgeber. CFH vka.de Neue Steuerschätzung Als geschäftsführender Bundesfinanzminister hat Olaf Scholz am 12. November die Ergebnisse der neuen Steuerschätzung vorgestellt. Die Steuereinnahmen bis einschließlich 2025 liegen durchschnittlich pro Jahr um gut 35 Milliarden Euro und damit insgesamt um knapp 180 Milliarden Euro höher, als noch bei der letzten Schätzung im Mai 2021 angenommen worden war. Dennoch warnt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städteund Gemeindebundes (DStGB) Gerd Landsberg: „Auch wenn die Lage der öffentlichen Finanzen eine positive Tendenz aufzeigt, kann vor allem für die Kommunalfinanzen keine Entwarnung gegeben werden.“ Nach den Zahlen der November-Steuerschätzung müssten die Kommunen bis 2024 mit 19,6 Milliarden Euro weniger im Vergleich zu den Planungen vor Corona auskommen. KB/CFH demo-online.de/aktuelles Kliniken fordern Reform Drei Fragen an … Frank Baranowski, Vorsitzender der Bundes-SGK Die Koalitionsverhandlungen der Ampelparteien sind ohne große Aufregungen in der Öffentlichkeit abgelaufen. Wie beurteilst Du den Start der neuen Bundesregierung? Es ist gut, dass die jetzt abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen so zügig und ruhig über die Bühne gegangen sind. Das war nicht selbstverständlich, liegen zwischen den Programmen und Positionen der drei verhandelnden Parteien doch große Unterschiede. Bereits mit dem Sondierungspapier konnten wir sehen, dass es den Verhandelnden gelungen ist, die Gräben zu überwinden und ein Signal des Aufbruchs zu senden. Diese ruhige und doch beherzte Art, die Dinge anzupacken, das kennen wir von Olaf Scholz, jetzt haben die künftigen Koalitionspartner den neuen Bundeskanzler kennengelernt. Diese Bundesregierung wird mit viel Ambitionen und einer guten Führung starten. Bei einer ersten Durchsicht des Koalitionsvertrages kommt die Kommunalpolitik an vielen Stellen vor. Wie bewertest Du den Vertrag aus der Sicht der Kommunen? Es werden wichtige politische Akzente gesetzt, und es wird ein Klima für Innovationen geschaffen. Das ist gut. Wir bekommen mehr soziale Gerechtigkeit, und der Geist der sozialdemokratischen Formel „Aufstieg durch Bildung“ durchzieht die sozialpolitischen Kapitel des Vertrages. Die SPD wird das neue Bauministerium führen. Der Bau neuer geförderter Wohnungen und eine ausgeweitete Städtebauförderung sind für unsere Städte und Gemeinden sehr wichtig. Die Förderungen des Bundes für die Kommunen sollen stärker daran orientiert werden, dort zu helfen, wo es am meisten gebraucht wird. So gibt es auch ein klares Bekenntnis, überschuldeten Kommunen zu helfen und ihre Investitionskraft zu erhalten. Aus Sicht der Kommunen wäre ein eindeutigeres Bekenntnis zum Konnexitätsprinzip, also wer bestellt muss auch bezahlen, gut gewesen. Unsere Sorge ist ja nicht unberechtigt, dass schlussendlich öffentliche Leistungen, die Bund und Länder ankündigen, auf kommunaler Ebene umgesetzt werden müssen und wir mit den Kosten allein dastehen oder nur unzureichend finanziert werden. Die Vergangenheit macht vorsichtig. Was sind Deine Erwartungen über den Koalitionsvertrag hinaus an die neue Bundesregierung? Ich wünsche mir, dass der mit dem Koalitionsvertrag angekündigte neue politische Stil der Kooperation – gerade auch zwischen den Ebenen, Europa, Bund, Länder und Kommunen – tatsächlich Einzug hält. Wir Kommunalen nehmen das Angebot der Bundesregierung zur konstruktiven Zusammenarbeit an und bringen uns gerne ein. Wir jedenfalls kennen die Stärken der kommunalen Selbstverwaltung und wissen um unsere Systemrelevanz. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Gerald Gaß will die Krankenhauslandschaft einem Reformprozess unterziehen. Er schlägt eine „Bund-LänderZukunftskommission Krankenhaus“ vor, um ein abgestimmtes Handeln zwischen Bundesregierung und Ländern für eine künftige Krankenhausstruktur auf den Weg zu bringen. „Die Menschen erwarten Antworten: Wie viel Krankenhaus will die Politik in Zukunft noch, wie viel Zentralisierung, wie viel Wohnortnähe?” Den Fragen müsse die Politik sich stellen, sagte Gaß anlässlich des Deutschen Krankenhaustages. CFH deutscher-krankenhaustag.de Vorkaufsrecht gekippt Das Bundesverwaltungsgericht hat den Einsatz des Vorkaufsrechtes in einem Berliner Milieuschutzgebiet für rechtswidrig erklärt. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wollte verhindern, dass Bewohner aus dem Gebiet gedrängt werden, wenn der neue Besitzer Wohnungen aufwertet, Mieten erhöht oder Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umwandelt. Das Gericht entschied: Die Annahme, dass der Käufer in Zukunft erhaltungswidrige Nutzungsabsichten verfolgen werde, rechtfertige die Ausübung des Vorkaufsrechtes nicht. Die AmpelKoalition will nun laut Koalitionsvertrag prüfen, ob sich aus dem Urteil gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergibt. CFH demo-online.de/aktuelles Neue Spitze gewählt Die Hauptversammlung des Deutschen Städtetags hat Oberbürgermeister Markus Lewe zum neuen Präsidenten gewählt. Zum Vizepräsidenten gewählt wurde der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung, der seit Juni 2019 das Präsidentenamt innehatte und turnusmäßig abgibt. Zum ersten Stellvertreter des Präsidenten wählten die Delegierten Oberbürgermeister Eckart Würzner, Heidelberg. Als weitere Stellvertreterinnen und Stellvertreter wurden unter anderem gewählt: Oberbürgermeisterin Katja Dörner, Bonn, Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer, Kiel, und Oberbürgermeister Pit Clausen, Bielefeld. (KB) demo-online.de FOTOS: VK A /HOLGER MARTENS FOTOGRAFIE & BILDKUNSTT; DIRK BLEICKER Karin Welge – neue VKA-Präsidentin BLICKPUNKT KOALITIONSVERTRAG 17 11-12/2021 DEMO Sie sind sich einig: Die Parteispitzen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP und der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz. Fahrplan für den Fortschritt Der Koalitionsvertrag liegt vor. Was SPD, Grüne und FDP für die Städte und Gemeinden ausgehandelt haben Autoren Carl-Friedrich Höck, Karin Billanitsch D ie Ampel steht!“ Das war die wichtigste Botschaft des designierten Bundeskanzlers Olaf Scholz, als er am 24. November gemeinsam mit den Spitzen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vor die Presse trat. Gemeinsam haben sie einen Koalitionsvertrag mit dem Titel „Mehr Fortschritt wagen“ ausgehandelt. Scholz betont: „Es geht uns nicht um eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners, sondern um eine Politik der großen Wirkung.“ Viele Punkte des Vertrages betreffen auch die Zukunft der Kommunen. FOTO: XANDER HEINL /PHOTOTHEK.DE Altschulden Enthalten ist zum Beispiel eine Altschuldenhilfe. „Es gibt viele Kommunen mit hohen Altschulden, die sich nicht mehr aus eigener Kraft aus dieser Situation befreien können. Ihnen fehlt die Finanzkraft für dringend notwendige Investitionen. Wir wollen daher diese Kommunen von Altschulden entlasten“, heißt es im Vertrag. Damit diese Entlastung möglich wird, ist eine Grundgesetzänderung not- wendig. Angestrebt wird ein übergreifender Konsens, der die nötige Mehrheit im Bundestag und Bundesrat sichert. Die Unterstützung der betroffenen Kommunen wird im Koalitionsvertrag an Bedingungen geknüpft: Es soll dafür Sorge getragen werden, dass eigene Beiträge zur Entschuldung geleistet werden und eine erneute derartige Überschuldung künftig rechtssicher verhindert wird, die Innovationskraft gestärkt und ein enges Monitoring etabliert werden. Den ostdeutschen Kommunen ist ein eigener Passus gewidmet, die „ebenfalls durch unverschuldete Altlasten“ herausgefordert sind. „Dabei wollen wir auch Themen wie die Situation der alten kommunalen Wohnungsgesellschaften und das Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) adressieren.“ Bauen und Wohnen Nach 23 Jahren wird es wieder ein eigenständiges Bauministerium geben. Es soll „ein echtes Transformationsministerium“ werden, sagt SPD-Vizechef Es wird eines der wichtigsten Ministerien in den nächsten Jahren sein. Kevin Kühnert, SPD-Parteivize, über das geplante Bauministerium Kevin Kühnert, der den Vertrag mit ausgehandelt hat. Beim Bauen wolle die Koalition ein großes Rad drehen. „Wir wollen bei den Neubauzahlen auf 400.000 Wohnungen im Jahr hochgehen, noch mal viel mehr Geld in die Städtebauförderung reinstecken und sie endlich rechtlich absichern, die soziale Wohnraumförderung massiv aufstocken, den Klimaschutz-Turbo im Gebäudesektor mit neuen Standards und zielgenauer Förderung starten und vieles mehr.“ Um pro Jahr 400.000 neu gebaute Wohnungen zu ermöglichen, wollen SPD und die beiden anderen Ampel-Parteien ein „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ mit allen wichtigen Akteuren schließen. Die Koalition will die finanzielle Unterstützung des Bundes für den sozialen Wohnungsbau fortführen und die Mittel erhöhen, heißt es im Vertrag. Zielmarke sind 100.000 neue, öffentlich geförderte Wohnungen jährlich. Außerdem soll eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen eingeführt werden. Die Koalition plant, zusätzliche Bauflächen zu mobilisieren sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Dafür sollen die entsprechenden Regelungen im Baulandmobilisierungsgesetz entfristet und die rechtlichen Grundlagen für eine vollständige Digitalisierung der Bauleitplanverfahren geschaffen werden. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben soll mehr Freiheiten erhalten, um selbst zu investieren und zu bauen – aber auch weiterhin kommunale Bauvorhaben unterstützen. Bereits geltende Mieterschutzregelungen werden verlängert. Die Mietpreisbremse soll bis zum Jahr 2029 fortgeführt werden. Für angespannte Wohnungsmärkte wird zudem die Kappungsgrenze auf elf Prozent in drei Jahren abgesenkt – bisher durfte die Miete um 15 Prozent erhöht werden. Für Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner werden qualifizierte Mietspiegel verpflichtend. Zur Berechnung sollen die Mietverträge der vergangenen sieben Jahre herangezogen werden – und in ausgewählten Kommunen Angaben aus Steuererklärungen; dazu ist ein Pilotprojekt geplant. Bei der Grunderwerbssteuer soll den Ländern erlaubt werden, Freibeträge für Wohnungskäufer zu beschließen, die ihre Wohnung selbst nutzen wollen. Das könnte auch auf kommunaler Seite zu niedrigeren Einnahmen führen. Im Gegenzug will die Ampel-Koalition Steuerschlupflöcher beim Immobilienerwerb von Konzernen schließen – gemeint sind sogenannte Share Deals. Das Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ soll mit der Städtebauförderung kompatibel gemacht werden. Geplant ist außerdem ein neues Smart-City-Kompetenzzentrum. Überarbeiten will die Ampel-Koalition die geltende Lärmschutz-Vorschrift (TA Lärm). Ziel ist es, in Innenstädten „Zielkonflikte zwischen Lärmschutz und heranrückender Wohnbebauung aufzulösen“. Clubs und Konzertbühnen sollen aufgrund ihrer kulturellen Bedeutung besser vor Lärmklagen geschützt werden. Der von Naturschützern als „Flächenfraß-Paragraf“ geschmähte § 13b im Baugesetzbuch wird nicht verlängert und läuft somit Ende 2022 aus. Dieser erlaubt vereinfachte Genehmigungsverfahren für kleinere Wohnungsbauprojekte am Ortsrand. Stadt und Land Die Ampel-Parteien haben dem Querschnittsthema „Gute Lebensverhältnisse in Stadt und Land“ ein eigenes Kapitel gewidmet. Sie legen ein Bündel an ehrgeizigen Vorhaben vor, um einen Ausgleich zwischen den wirtschaftlich prosperierenden und den strukturschwachen Regionen zu finden. Das gesamtdeutsche Fördersystem kommt auf den Prüfstand. „Wir werden Förderprogramme zusammenfassen, vereinfachen, flexibilisieren, harmonisieren und die Mittel prioritär dorthin fließen lassen, wo der Nachholbedarf am größten ist“, heißt es im Koalitionsvertrag. Das Förderwesen für Kommunen umfasst zahlreiche verschiedene Programme von Bund und Ländern. Gerade kleinere und finanzschwache Kommunen finden sich in diesem Förderdschungel schwer zurecht. Deshalb will die künftige Koalition Hürden abbauen: unter anderem mit einer besseren Beratung für Kommunen, indem kommunale Eigenanteile reduziert oder durch andere Maßnahmen ersetzt werden und indem Fördermittel nicht mehr zum Jahresende verfallen, sondern länger abgerufen werden können. Die Mittel aus den Gemeinschaftsaufgaben „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ und „Agrarstruktur und Küstenschutz“ werden jährlich dynamisch erhöht. Auch der Sonderrahmenplan „Ländliche Entwicklung“ soll aufgestockt werden. Für den Sport soll es insbesondere in strukturschwachen Regionen ebenfalls mehr Geld geben: „Zur Stärkung des Zusammenhalts werden die Investitions- und Sanierungsprogramme im Bereich des Gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land sind ein wichtiges Ziel. Sports und der Kultur (z. B. Sportstätten, Schwimmbäder, Bibliotheken) vereinfacht und aufgestockt.” Aus dem SPD-Wahlprogramm übernommen findet sich im Koalitionsvertrag folgender Vorschlag wieder: Initiativen zur Schaffung von Orten im ländlichen Raum, die Angebote der Nahversorgung, der Kultur, Bildung und Gesundheitsdienstleistungen bündeln, sollen unterstützt werden. Beispielhaft sind das Dienstleistungszentren, Gemeinschaftshäuser oder Dorfbüros. Bauen, bauen, bauen: Pro Jahr sollen 400.000 neue Wohnungen entstehen. Mobilität Das Wort „Mobilitätswende“ taucht im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP nicht auf. Inhaltlich beschreibt der Vertrag aber genau das: Der Verkehr soll klimafreundlicher werden. Einen „Aufbruch in der Mobilitätspolitik“ hat die Ampel-Koalition sich vorgenommen. Man wolle „eine nachhaltige, effiziente, barrierefreie, intelligente, innovative und für alle bezahlbare Mobilität ermöglichen“, ist im Vertrag zu lesen. Bisher investiert der Bund mehr Geld in Straßen als in Schienen. In Zukunft soll es genau andersherum sein. Der Schienen-Güterverkehr soll bis 2030 um 25 Prozent gesteigert werden. Die Ampel-Koalition will die Verkehrsleistung im Personenverkehr verdoppeln. Dazu gehört auch: Es werden mehr Oberzentren an den Fernverkehr angebunden. Der Koalitionsvertrag enthält ein klares Bekenntnis zum öffentlichen Nahverkehr: „Wir wollen Länder und Kommunen in die Lage versetzen, Attraktivität und Kapazitäten des ÖPNV zu verbessern.“ Für 2022 werden den Verkehrsunternehmen die pandemiebedingten Einnahme-Ausfälle ersetzt. Geplant ist darüber hinaus ein „Ausbau- und Modernisierungspakt“ von Bund, Ländern und Kommunen. Damit soll festgelegt werden, wer bis 2030 welche Finanzierungsanteile übernimmt. Auch Tarifstrukturen sollen diskutiert werden. Wir wollen Länder und Kommunen in die Lage versetzen, Attraktivität und Kapazitäten des ÖPNV zu verbessern. Zitat aus dem Koalitionsvertrag DEMO 11-12/2021 Die Regionalisierungsmittel, mit denen der Bund sich an den Kosten für den ÖPNV und den Personennahverkehr auf Schienen beteiligt, werden von 2022 an erhöht. Die Förderung für umweltfreundliche Busse wird verlängert und „mittelstandsfreundlicher“ ausgestaltet. Um die Tariftreue im ÖPNV zu stärken, will die Koalition eine gesetzliche Grundlage schaffen und Tarifverträge bei Ausschreibungen zur Bedingung zu machen. Die Ampel-Koalition will digitale Mobilitätsdienste, „innovative Mobilitätslösungen“ und Carsharing unterstützen. Gefördert werden soll auch „emissionsfreie Stadtlogistik wie Ladezonen und Logistik-Hubs“. Ein politischer Schwerpunkt wird die E-Mobilität. Die Koalition hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 mindestens 15 Millionen Elektro-Pkw auf die Straßen zu bringen. Im gleichen Zeitraum sollen eine Million „öffentlich und diskriminierungsfrei zugängliche Ladepunkte“ geschaffen werden. Mit einem Mobilitätsdatengesetz sollen Verkehrsdaten frei zugänglich werden. Verkehrsunternehmen und andere Anbieter werden verpflichtet, ihre Echtzeitdaten „unter fairen Bedingungen bereitzustellen“. Es soll eine „anbieterübergreifende digitale Buchung und Bezahlung“ ermöglicht werden. Das Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrsordnung sollen geändert werden, sodass Klimaziele und Gesundheitsschutz stärker berücksichtigt werden. Hier bleibt der Vertrag noch vage. Als ein Ziel wird die digitale Parkraumkontrolle genannt. Die Koalition will den Ausbau und die Modernisierung des Radwegenetzes vorantreiben, ebenso wie die Förderung kommunaler Radverkehrsinfrastruktur. „Zur Stärkung des Radverkehrs werden wir die Mittel bis 2030 absichern und die Kombination von Rad und öffentlichem Verkehr fördern“, versprechen die Ampel-Parteien. Geplant ist zudem eine nationale Strategie für den Fußverkehr. Digitalisierung von Schulen Die Ampel-Koalition will den Ausbau des Radwegenetzes vorantreiben. Viel vorgenommen haben sich die Ampel-Parteien auch in der Bildung. Den Digitalpakt Schule wollen sie beschleunigen und entbürokratisieren, und es soll ein Digitalpakt 2.0 auf den Weg gebracht werden. Der Deutsche Städtetag hat dieses Vorhaben ausdrücklich begrüßt. Mehr zum Vertrag: demo-online.de FOTOS: STOCK.ADOBE.COM/JULIA HERMANN; UTE GRABOWSKY/PHOTOTHEK.NET; THOMAS TRUTSCHEL /PHOTOTHEK.NET 18 BLICKPUNKT KOALITIONSVERTRAG 11-12/2021 Anzeigen-Sonderveröffentlichung Bezahlbar wohnen, klimagerecht gestalten, Lebensqualität sichern Die Kommunen – zentrale Akteure vor Ort – werden in zahlreichen Kapiteln des Koalitionsvertrages mitgedacht Autor Bernhard Daldrup, MdB, bau- und kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion zialwohnungen. Zielgruppen wie Auszubildende, Studierende, kurzum das junge Wohnen werden wir mit einem BundLänderprogramm in den Blick nehmen. Um all dies umzusetzen, reichen die Bundesmittel allein nicht aus, wir brauchen zusätzliche Investitionen von Ländern, Kommunen und der Immobilienwirtschaft. Und: Wir brauchen ein Bündnis für bezahlbares Wohnen, das sich alle zur Aufgabe machen. Wir schaffen für die Bau- und Immobilienwirtschaft einen verbindlichen und transparenten Rahmen aus gesetzlichen Vorgaben, differenzierter Förderung und steuerlichen Anreizen. Damit wollen wir ein verlässliches Angebot machen, damit Kapazitäten aufgebaut, Fachkräfte ausgebildet und eingestellt werden und die Modernisierung der Bauwirtschaft durch Digitalisierung, Verfahrensbeschleunigung und Baukostensenkung unterstützt wird. Begrenzung der Mietsteigerungen Alle Instrumente zur Begrenzung der Mietsteigerungen müssen weiterhin eingesetzt und präzisiert werden. FOTO: JANINE SCHMITZ /PHOTOTHEK.NET I. Wohnungspolitik der Zukunft Die Bau- und Wohnungspolitik der kommenden Legislaturperiode steht vor gewaltigen Aufgaben: •ökologisch – um die Klimaziele bis 2045 zu erreichen, •ökonomisch – um die riesige Angebotslücke verfügbarer Wohnungen auf dem Markt zu schließen und •sozial – um Wohnen zu ermöglichen, das sich die Menschen leisten können. Die Antworten sind alles andere als einfach: Die Treibhausgasemissionen (THG) im Gebäudesektor müssen bis 2030 von derzeit 120 auf dann 67 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente gesenkt werden. Mit 400.000 neuen Wohnungen als jährliche Zielmarke – darunter 100.000 mit Sozialbindung – für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu sorgen und damit auch den sozialen Zusammenhalt zu erhalten, ist ein gesamtgesellschaftlicher Kraftakt. Wir wollen mit einem Bündel von Maßnahmen, wie etwa der sozialen Wohnraumförderung, der Förderung von Genossenschaften und kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, der Begründung einer neuen Gemeinnützigkeit, der Stärkung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA), einem verbesserten Mietrecht und novelliertem Bauplanungsrecht ausreichenden und bezahlbaren Wohnraum schaffen. Die Herausforderungen sind unbestritten. In vielen deutschen Großstädten treibt die Wohnungsknappheit die Mietpreise immer weiter nach oben. Politische Versäumnisse der Vergangenheit kumulieren mit einer renditegetriebenen Immobilienwirtschaft zu sozialem Sprengstoff. Zeitgleich müssen deshalb mehrere Ziele verfolgt werden. Beginnen wir mit der Quantität: Wir haben im Koalitionsvertrag die richtigen Weichen gestellt. Auf Bundesebene ist das Ziel auf 400.000 Wohnungen pro Jahr hochgesetzt, darunter 100.000 So- Wir brauchen ein Bündnis für bezahlbares Wohnen, das sich alle zur Aufgabe machen. Bernhard Daldrup, MdB, bau- und kommunalpolitischer Sprecher der SPDFraktion Gleichzeitig müssen alle Instrumente zur Begrenzung der Mietsteigerungen weiterhin eingesetzt und möglichst präzisiert werden. Wir werden die Mietpreisbremse verlängern, Mietsteigerungen mit einer Verschärfung der Kappungsgrenze begrenzen, die Qualität des Mietspiegels verbessern und mehr Transparenz bei Nebenkostenabrechnungen sicherstellen. Schließlich wollen wir auch die Obdach- und Wohnungslosigkeit bis 2030 beenden. Besonders spannend dürfte der Wechsel von der klassischen Kalt- zur Teilwarmmiete werden, in die die Modernisierungsumlage aufgehen soll. Dies ist im Übrigen ein Schritt, der Eigentümer und Mieter gleichermaßen zu klimagerechtem Verhalten führen soll. Sollte dies nicht bis zum 1. Juni 2022 erreichbar sein, wird der CO2-Preis zwischen Mietern und Vermietern gerecht geteilt. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Einschränkung des kommunalen Vorkaufsrechts in Gebieten mit sozialen Erhaltungsgebieten fordert den Gesetzgeber und ist aktuell als Aufgabe formuliert. Auch die Eigentumsförderung ist Gegenstand des Koalitionsvertrages: Das selbstgenutzte Eigentum ist vor allem außerhalb der Ballungsgebiete das Ziel vieler Menschen. Angefangen von Zinszuschüssen über Veränderungen bei der Grunderwerbssteuer und dem Kauf von Genossenschaftsanteilen werden Perspektiven aufgezeigt. Apropos Steuern: Die langersehnte Erhöhung der linearen Abschreibung für 11-12/2021 Anzeigen-Sonderveröffentlichung II. Kommunen Unsere Gebäude sind immer Teil unserer Kommunen, weitgehend in den bebauten Ortslagen. Deshalb ist fortschrittliche Wohnungspolitik immer auch Stadtentwicklungspolitik. Die Kommunen als unmittelbare Erfahrungsebene sind gleichsam querschnittsorientiert im Koalitionsvertrag angesprochen. Es ist ein wichtiges Signal für die hoch verschuldeten Kommunen in Deutschland, einen Altschulden-Schnitt zu schaffen. Mit der Union war das nicht zu machen, obwohl die NRW-Kommunen besonders betroffen sind. Wer allerdings gleichwertige Lebensverhältnisse als Auftrag ernst nimmt, muss Hilfe nach Bedürftigkeit leisten, der Altschuldenfonds gehört dazu. Der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist mit dem Abschnitt über „Gute Lebensverhältnisse in Stadt und Land“ gar ein eigenes Kapitel gewidmet. Von großer Bedeutung bleibt die Städtebauförderung mit heute 790 Euro Millionen jährlich. Wir werden sie dauerhaft sichern und deutlich erhöhen. Sie trägt zu einer klimagerechten Stadt bei, stützt klein- und mittelständische Betriebe und leistet einen beachtlichen kommunalwirtschaftlichen Beitrag. Wir werden sie flexibilisieren und entbürokratisieren und die Einrichtungen der Baukultur stärken. Wir orientieren uns an der Neuen Leipzig-Charta. Die durchmischte Stadt der kurzen Wege mit hoher Lebensqualität in den Quartieren ist ein wichtiges Prinzip. Neben der finanziellen Handlungsfähigkeit unserer Städte und Gemeinden sind unsere Kommunen und die Kommunalwirtschaft zentrale Akteure beim Klimaschutz, die bei dem angekündigten Sofortprogramm eine wichtige Rolle spielen. Die rechtlichen Anforderungen zur Förderung der Windenergie, die zusätzliche Installation von Solaranlagen auf Dächern und Freianlagen werden maßgeblich von Kommunen umgesetzt. Wir orientieren uns an der Leipzig-Charta. Die durchmischte Stadt der kurzen Wege mit hoher Lebensqualität in den Quartieren ist ein wichtiges Prinzip. Bernhard Daldrup, MdB, bau- und kommunalpolitischer Sprecher der SPDFraktion Die zusätzliche Installation von Solaranlagen auf Dächern und Freianlagen wird maßgeblich von den Kommunen umgesetzt. Hinzu kommt die Wärmeplanung als ein maßgebliches Instrument zur Zielerreichung im Gebäudesektor, die die Kommunen ohne finanzielle Förderung des Bundes nicht werden umsetzen können. Wir brauchen Vereinfachung und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, die rechtssichere Anwendung eines modernisierten Artenschutzrechts, die Einführung eines Flächenziels bei Windenergieanlagen und eine verpflichtende Beteiligung der Kommunen an der Wertschöpfung sowie den verstärkten Ausbau von Photovoltaikanlagen. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Kommunen auch bei der Verkehrswende eine zentrale Rolle spielen, beim Ausbau der Ganztagsangebote an den Grundschulen, bei der Stärkung der öffentlichen Gesundheitsdienste (ÖGD) und der Sicherung des sozialen Arbeitsmarktes. Erst recht gilt dies für den Bereich der Bildung. Vom Digitalpakt bis zum Ausbildungsmarkt sind die Kommunen im Koalitionsvertrag als Akteure angesprochen, die Unterstützung erwarten können. Neben der Unterstützung von Kitas und Schulen werden wir den Ausbau der Smart-City fördern und ein Smart-CityKompetenzzentrum einrichten. Zentren langfristig sichern Die Pandemie bedroht unsere Städte, sie gefährdet unser soziales Zusammenleben und wird noch viele Jahre ihre Spuren hinterlassen. Sichtbar geworden ist dies in unseren Zentren – nicht nur für Einzelhandel, Gastgewerbe und Kultur. Um unsere Stadt- und Ortsteilzentren langfristig zu sichern und sie als Orte von Lebensqualität für alle erlebbar zu halten, bedarf es erheblicher funktionaler, städtebaulicher und immobilienwirtschaftlicher Anpassungen. Das Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ fördert Städte und Gemeinden modellhaft bei der Erarbeitung von innovativen Konzepten und Handlungsstrategien mit insgesamt 250 Millionen Euro. Auch diesen Weg wollen wir mit der Städtebauförderung verbinden und weiterentwickeln. Mit dem Koalitionsvertrag werden zentrale Herausforderungen in der Zeitenwende angenommen und Wege der Transformation beschrieben. Die SPDFraktion bleibt im Koalitionsvertrag ihrer Grundhaltung als Anwältin der Kommunen verpflichtet. Gut so! V.i.S.d.P.: Josephine Ortleb MdB, Parlamentarische Geschäftsführerin, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, Tel.: (030) 227-744 20, josephine.ortleb@spdfraktion.de FOTO: SCHAU.MEDIA /PIXELIO.DE den Neubau dürfte ebenso einen Impuls geben. Gleichfalls ist der Kampf gegen Geldwäsche und illegale Finanzierung im Koalitionsvertrag nicht ausgeblendet, im Gegenteil. Zu einer gewaltigen Herausforderung im Wohnungsbau werden sich die Klimaziele entwickeln. Neue Standards für den Wohnungsneubau zu setzen und mehr Gewicht auf die Quartierssanierung zu legen, das sind die beiden Stränge des Konzepts. Flankiert werden sie von Sanierungsfahrplänen, Innovationspartnerschaften und einer Förderoffensive zur technischen Optimierung bei gleichzeitiger Beachtung von Lebenszyklen und der vorhandenen grauen Energie. Gebäudeeffizienz und Quartierssanierung müssen in Einklang gebracht werden mit den quantitativen Ausbauzielen und der sozialen Herausforderung bezahlbarer Miete und kostengünstigen Bauens. Für die Klimaziele im Gebäudesektor gilt, dass notwendige Modernisierungen vorangetrieben werden müssen, die Kreislaufwirtschaft zu stärken, der Flächenverbrauch zu reduzieren und die Gebäudeeffizienz zu fördern sind. BUNDES-SGK 21 11-12/2021 DEMO Delegiertenversammlung der Bundes-SGK Michael Ebling kandidiert für das Amt des Vorsitzenden Autor Peter Hamon FOTO: LANDESHAUPTSTADT MAINZ I m Januar 2022 findet die 18. Ordentliche Delegiertenversammlung der Bundes-SGK statt. Die Veranstaltung steht unter dem Motto „Wir gestalten die Zukunft in unserem Land – Gesellschaftlicher Fortschritt findet in Städten, Gemeinden und Kreisen statt“. Zentrale Themen der Bundesdelegiertenversammlung 2022, zu denen Anträge beraten werden, sind: •Klimaschutz und nachhaltige Mobilität in den Kommunen; •Innenstädte und Ortskerne als neue Lebensräume; •Digitale Souveränität in einer digitalisierten Welt; •Inklusion und der Weg zu einer barrierefreien Welt; •Stärkung der Rolle der Kommunen in einer zukunftsfähigen Pflege; •Kindergrundsicherung – ein Meilenstein im Kampf gegen Kinderarmut; •ÖPNV-Offensive als integraler Bestandteil der Mobilitätswende; •Übernahme von mehr Verantwortung des Bundes im Katastrophenschutz; •Feuerwehrrente für Freiwillige Feuerwehren. Darüber hinaus wird die Delegiertenversammlung 2022 einen neuen Vorstand wählen. Der Vorsitzende der Bundes-SGK Frank Baranowski, ehemaliger Oberbürgermeister von Gelsenkirchen, wird nach fünf Jahren Amtszeit nicht wieder zur Wahl antreten. Er hat die Bundes-SGK in schwierigen Zeiten geführt, die gekennzeichnet waren von Krisen wie dem hohen Zustrom von Flüchtlingen 2015/2016 und der seit Anfang 2020 anhaltenden Covid-19-Pandemie. Schwerpunktthemen der BundesSGK in seiner Amtszeit waren: •Auswirkungen der Digitalisierung auf die Kommunen und die Kommunalpolitik, •Wege zu einer nachhaltigen Mobilität in der Energiewende für mehr Klimaschutz •Stärkung der Innenstädte nach dem Lock-Down in der Corona-Pandemie. Frank Baranowski hat sich immer wieder auf Bundesebene erfolgreich für eine Verbesserung der Kommunalfinanzen eingesetzt. Für das Amt des Vorsitzenden kandidiert Michael Ebling, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Mainz, der einstimmig vom Vorstand der Bundes-SGK am 12. November 2021 nominiert wurde. Dieser Artikel spiegelt den Stand vom 29. November 2021 wider. Michael Ebling, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Mainz, stellt sich im Januar zur Wahl für das Amt des SGKVorsitzenden. bundes-sgk.de Anzeige 18. ordentliche Delegiertenversammlung der Bundes-SGK „Wir gestalten die Zukunft in unserem Land – Gesellschaftlicher Fortschritt findet in Städten, Gemeinden und Kreisen statt“ am 21./22. Januar 2022 in Leipzig (Stand: 29. November 2021) VERZEICHNIS DER AUSSTELLER UND UNTERSTÜTZER AKA-Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung e. V. Denninger Str. 37 81925 München Tel. 089 9235 8500 E-Mail: info@aka.de www.aka.de Die AKA ist Deutschlands größte Fachorganisation im Bereich der kommunalen und kirchlichen Altersversorgung: Über 10 Millionen versicherte Menschen, über 50.000 Arbeitgeber, rund 10 Milliarden Euro jährliche Versorgungsleistungen. Die räumliche Nähe unserer 43 Mitglieder zu Versicherten, Versorgungsempfängern und Arbeitgebern ermöglicht eine intensive Betreuung. BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft Reinhardtstraße 32 10117 Berlin Tel.: 030/300 199-0 info@bdew.de www.bdew.de Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Berlin, und seine Landesorganisationen vertreten über 1.900 Unternehmen. Deutsche Post DHL Group Vertrieb Post & Paket Deutschland Tel.: 0201/4371-160 Deutsche Post DHL Group verfolgt das Ziel einer Null-EmissionenLogistik bis 2050. Um das zu erreichen, wird Post & Paket Deutschland in den nächsten Jahren in den weiteren Ausbau der Elektroflotte sowie in den Bau von CO 2 -neutralen Betriebsstätten und die Nachrüstung bereits bestehender Gebäude investieren. Mit nachhaltigem Handeln sowie dem Engagement für Gesellschaft und Umwelt leistet der Konzern einen positiven Beitrag für die Welt. www.dpdhl.com Das Spektrum der Mitglieder reicht von lokalen und kommunalen über regionale bis hin zu überregionalen Unternehmen. 18. ordentliche Delegiertenversammlung der Bundes-SGK VERZEICHNIS DER AUSSTELLER UND UNTERSTÜTZER Servicestelle Kommunen in der Einen Welt ENGAGEMENT GLOBAL gGmbH Friedrich-Ebert-Allee 40 53113 Bonn Tel.: 0228/207 17-2670 info@service-eine-welt.de www.service-eine-welt.de Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt steht deutschen Kommunen als Kompetenzzentrum in allen Fragen kommunaler Entwicklungspolitik zur Seite. Gigabitbüro des Bundes Kapelle-Ufer 4 10117 Berlin Tel.: +49 30 2636 5040 E-Mail: veranstaltungen@gigabitbuero.de Das Gigabitbüro des Bundes ist als Kompetenzzentrum des BMVI die zentrale Anlaufstelle für Fragen rund um den Ausbau digitaler Infrastruktur für Bürger*innen, Unternehmen sowie öffentliche Verwaltungen. Unsere Aufgabe ist es, den flächendeckenden Ausbau von digitaler Infrastruktur in Deutschland voranzubringen. Dazu bieten wir ein umfassendes und kostenfreies Informations-, Service- und Qualifizierungsangebot. www.gigabitbuero.de GVV Kommunalversicherung VVaG Aachener Straße 952-958 50933 Köln T: 0221 4893-0 info@gvv.de Wir fördern Ihr entwicklungspolitisches Engagement personell und finanziell und bieten verschiedene Formate zum Fachaustausch an. Seit über 100 Jahren bietet GVV Kommunal maßgeschneiderte Versicherungskonzepte und Serviceleistungen für Kommunen, kommunale Unternehmen und Sparkassen. www.gvv-kommunal.de Gegründet von Kommunen für Kommunen, arbeitet GVV Kommunal nach dem Prinzip der Bedarfsdeckung und ohne die Absicht, Gewinne zu erzielen. Kompetenzzentrum innovative Beschaffung (KOINNO) | Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) Frankfurter Straße 27, 65760 Eschborn Tel.: +49 6196 5828 104 peter.schloesser@bme.de www.koinno-bmwi.de | www.bme.de KOINNO – Ihr Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Thema öffentliche Beschaffung. Ziel des Kompetenzzentrums ist es, die Innovationsorientierung der öffentlichen Beschaffung in Deutschland dauerhaft zu stärken und den Anteil der Beschaffung von Innovationen am Gesamtvolumen des öffentlichen Einkaufs in Deutschland zu erhöhen. Hierzu bietet KOINNO umfassende Informationen sowie konkrete Hilfestellung bei Fragen zur innovativen Beschaffung. Alle Leistungen sind kostenfrei. Tilia GmbH Inselstr. 31 04103 Leipzig Christophe Hug Christophe.Hug@tilia.info Tel.: +49 341 33976 000 www.tilia.info Tilia begleitet Versorger, Kommunen, Industrie- und Wohnungsunternehmen bei Transformationen für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Wir entwickeln Lösungen in den Bereichen Energie, Wasser, Kreislaufwirtschaft, Mobilität und Infrastruktur und berücksichtigen alle Aspekte, die für den unternehmerischen Erfolg notwendig sind. Rund 150 Mitarbeiter – ein europäisches Team – bringen ihre Erfahrung aus über 500 Projekten mit. Verband Deutscher Verkehrsunternehmen Leipziger Platz 8, 10117 Berlin Norbert Mauren, Leiter Politische Planung, Bund-Länder-Koordinierung Tel.: 030/39 99 32-10 hauptstadtbuero@vdv.de www.vdv.de Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ist der Branchenverband für den Öffentlichen Personen- und Schienengüterverkehr mit rund 600 Mitgliedsunternehmen. Verband kommunaler Unternehmen e. V. Dorothea Misch, GFin Abt. Kommunikation VKU Hauptgeschäftsstelle Invalidenstr. 91, 10115 Berlin Tel.: +49 30 58580-221 misch@vku.de www.vku.de Der Verband kommunaler Unternehmen ist die Interessenvertretung der kommunalen Versorgungs- und Entsorgungswirtschaft in Deutschland. Die im VKU organisierten über 1.500 Mitgliedsunternehmen sind vor allem in der Energieversorgung, der Wasser-, Abwasserwirtschaft, der Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit sowie im Bereich Telekommunikation tätig. Zukunft Gas e. V. Neustädtische Kirchstraße 8 10117 Berlin Tel.: 030 4606015-0 E-Mail: office@gas.info Mit Gas geht’s – Initiative von über 140 innovativen Energie- & Tech-Firmen für Erdgas, Biogas und Wasserstoff. www.gas.info Zu seinen Aufgaben gehören die Beratung der Unternehmen, die Erarbeitung einheitlicher Standards sowie die Vertretung der Interessen gegenüber der Politik, Verwaltung, Industrie und anderen Institutionen. REPORT 23 11-12/2021 Anzeigen-Sonderveröffentlichung Die Stadt der Zukunft aus Sicht der Bürger Eine repräsentative Bevölkerungsbefragung gibt Aufschluss über die Visionen für eine nachhaltige Entwicklung Autor Oliver Haubner, Nachhaltigkeitsexperte im Programm „LebensWerte Kommune” der Bertelsmann Stiftung W GRAFIKEN: MONITOR NACHHALTIGE KOMMUNE – BERICHT 2021 ie soll sie aussehen, die lebenswerte Stadt 2030 und darüber hinaus? Wie bewerten die Bürgerinnen und Bürger unterschiedliche Visionen einer nachhaltigen urbanen Zukunft für ihre eigene Stadt? Eine repräsentative Bevölkerungsbefragung gibt Aufschluss. Die Kommunen in unserem Land leisten einen maßgeblichen Beitrag, die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) vor Ort greifbar zu machen und umzusetzen. Während mehr als ein Drittel der Zeit, die uns bei der Verabschiedung der Agenda 2030 im Jahr 2015 für ihre Umsetzung zur Verfügung stand, vergangen ist, werden die Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, nicht kleiner. Deshalb ist es von unschätzbarem Wert, dass sich immer mehr Kommunen auf den Weg machen, sich nachhaltig aufzustellen. Eine repräsentative Bevölkerungsbefragung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung im September 2021 ging insbesondere der Frage nach, wie die Menschen verschiedene, aus den SDGs abgeleitete Visionen einer nachhaltigen Zukunft für ihre eigene Stadt bewerten und wie sie den aktuellen Umsetzungsstand an ihrem Wohnort einschätzen. Befragt wurden insgesamt 1.019 Personen ab 14 Jahren in Städten mit mindestens 50.000 Einwohnern und Einwohnerinnen. Energie (13 Prozent). Oftmals genannt wurden auch Aspekte der nachhaltigen Mobilität und des sicheren Rad- und Fußverkehrs. Kommunale Dienstleistungen Zukunftsvisionen Insgesamt wurden für die Befragung neun Zukunftsvisionen aus den SDGs abgeleitet, so zum Beispiel die „Selbstversorgende Stadt“, die „Abfallfreie Stadt“, die „Schwammstadt“ oder die „Smart City“. Im Ergebnis hat sich die „Urbane Wildnis“ – als Umschreibung einer Stadt, die in besonderem Maße dem Verlust der Artenvielfalt entgegensteuert, in- Handlungsbedarf ist sichtbar Der Ergebnisbericht des Deutschen Instituts für Urbanistik (difu) fördert zudem einen nicht unerheblichen allgemeinen Handlungsbedarf zutage. Denn der Umsetzungsstand aller neun abgefragten Visionen liegt jeweils deutlich hinter der Erwünschtheit. Auch wenn beispielsweise die „Urbane Wildnis“ das Konzept ist, das in deutschen Städten aus Sicht der Befragten schon heute am besten umgesetzt ist, zeigt sich doch eine deutliche Lücke hinsichtlich der subjektiven Erwünschtheit der Vision. Die größte Diskrepanz zwischen der Erwünschtheit in der Zukunft und dem aktuellen Umsetzungsgrad findet sich bei der Vision „Wohnraum für alle“, die zu den derzeit drängendsten kommunalen Herausforderungen überhaupt gehört. Sichtweise der jungen Generation Fast ein Drittel der Befragten legt Wert auf viele Grünflächen und Natur, gefolgt von den Themen guter ÖPNV (21 Prozent) und bezahlbarer Wohnraum (14 Prozent). Individuelle Wünsche an die nachhaltige Stadt Auf die offene Frage „Wie stellen Sie sich die Stadt der Zukunft vor, in der Sie gerne leben würden – welche Aspekte sind Ihnen wichtig, damit Städte für Sie auch zukünftig lebenswert sind?“ antworteten 29 Prozent mit dem Schwerpunkt urbane Begrünung und Natur. Weitere häufig genannte Themen lagen bei gutem oder günstigem ÖPNV (21 Prozent), Wohnraum (14 Prozent) und Klima, Umwelt und dem sie u. a. vielfältige Lebensräume für Flora und Fauna bietet – als bevorzugte Vision der deutschen Stadtbevölkerung erwiesen. In geringem Abstand folgten die „Abfallfreie Stadt“ und die Vision „Wohnraum für Alle“. Den geringsten Anklang fand die Vision der „Sharing City“, in der vielfältige Leihmöglichkeiten den Besitz vieler Gebrauchsgegenstände überflüssig machen können. Die „Urbane Wildnis“ hat sich im Ergebnis als bevorzugte Vision der deutschen Stadtbevölkerung erwiesen, vor „Abfallfreie Stadt“ und „Wohnraum für alle“. Die Einschätzungen der nächsten Generation unterscheiden sich in einigen Aspekten deutlich von denen der befragten Gesamtbevölkerung. Jungen Menschen ist beispielsweise das Thema Klima wichtiger als anderen Altersgruppen. Auch die Vision der „Selbstversorgenden Stadt“ findet bei ihnen mehr Zuspruch. Besonders wichtig ist ihnen die „Autofreie Stadt“. Junge Menschen finden direktdemokratische Angebote wünschenswerter als andere Altersgruppen – dies zeigt einen starken Wunsch nach Partizipation, den es stärker zu nutzen gilt. Darüber hinaus thematisierte die junge Altersgruppe deutlich häufiger soziale Themen im Zusammenhang mit ihren Wünschen an die nachhaltigere Stadt, in der sie leben möchten. Diese Ergebnisse zeigen: Es könnte für die Kommunen lohnenswert sein, ähnliche repräsentative Befragungen individuell vor Ort durchzuführen, um auf diese Weise eine fundierte Einschätzung zu den Vorstellungen und Handlungsbedarfen der eigenen Bevölkerung zu erlangen. Detaillierter Monitorbericht 2021: www.agenda2030vorort.de 24 REPORT Anzeigen-Sonderveröffentlichung 11-12/2021 Luftreinigung für Schulen ist wichtige Corona-Maßnahme In Erfurt fand eine Fachmesse mit begleitender Konferenz zum Infektionsschutz in öffentlichen Einrichtungen statt Autor Till Rasch die wesentlich weniger wirksamen Mundschutzmasken und natürlich die Abstandsregeln. Auch die Raumgröße sei entscheidend. „Je größer und höher ein Raum, umso geringer die Ansteckungsgefahr“, so Scheuch. „Durch die Pandemie ist generell das Thema Luftqualität in den Fokus der Debatte gerückt“, betonte Robert Hild, Geschäftsführer des Fachverbandes Allgemeine Lufttechnik im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), mit 290 Mitgliedern der führende deutsche Verband für Klima- und Lüftungstechnik sowie Luftreinhaltung. Derzeit gehe es darum, öffentliche Gebäude mit geeigneter Technik auszustatten. Hild denkt aber noch weiter: Das müsse auch nach der Pandemie weitergehen. Denn saubere Luft in der Schule und am Arbeitsplatz senke drastisch die Krankenstände und sorge so für mehr Gesundheit. Damit Schule ein sicheres Lernumfeld bietet, empfehlen Experten, mehrere Maßnahmen zu kombinieren: etwa Lüften, den Einsatz von Luftfilteranlagen, das Einhalten von Abstandsregeln und das Tragen von Atemschutzmasken. G erade Schulen sind derzeit wieder ein Treiber des CoronaInfektionsgeschehens: Entsprechend aktuell war daher das Thema Infektionsschutz in öffentlichen Einrichtungen auf der Pro.vention Special, der ersten bundesweiten Fachmesse mit begleitender Konferenz zu Corona-Infektionsschutzmaßnahmen. Vor allem ging es bei der Veranstaltung in Erfurt am 11. November 2021 um die Senkung der Virenlast in Bildungs- und öffentlichen Einrichtungen. Dazu bot die Konferenz den 65 Teilnehmerinnen und Teilnehmern Fachvorträge, Best-Practice-Beispiele, eine Podiumsdiskussion und eine begleitende Ausstellung. Schirmherr der Veranstaltung war Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow. In seinem Grußwort wies er darauf hin, dass es jetzt darum gehen müsse, notwendige Kapazitäten für existenzielle Produkte des Infektions- Die wichtigsten Maßnahmen zur Infektionsvermeidung sind die, die die Virenlast in der Luft verringern. Gerhard Scheuch, Aerosolforscher schutzes in Deutschland anzusiedeln. Der Freistaat habe dazu schon viele erfreuliche Anfragen. Einer der Höhepunkte der Konferenz war die Rede von Gerhard Scheuch, dem wohl bekanntesten Aerosolforscher Deutschlands und Europas, der seit 2020 auch das Robert-Koch-Institut berät. „Maßnahmen kombinieren“ Scheuch stellte klar, dass die wichtigsten Maßnahmen zur Infektionsvermeidung die sind, die die Virenlast in der Luft verringern. Dazu zählen eben das Lüften der Räume, aber auch technische Einrichtungen wie stationäre Filter in raumlufttechnischen Anlagen oder mobile Lüftungsgeräte. Würde dies eingehalten, könne man die Infektionsgefahr laut Scheuch um bis zu 90 Prozent senken. Er plädierte aber auch dafür, dass alle Maßnahmen in Gebäuden miteinander kombiniert werden sollten – also auch In zwei parallelen Panels wurden darüber hinaus folgende Themen vertieft: zum einen die Erforschung besserer Geräte zur Luftreinhaltung, etwa mit UV-Licht oder elektrostatischen statt den gängigen HEPA-Filtern, zum anderen ging es um Praxislösungen und deren Fördermöglichkeiten, die es sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene gibt. Auf dem Podium führten schließlich Helmut Holter, Thüringer Minister für Bildung, Jugend und Sport, Tim Reukauf vom Thüringer Lehrerverband, und Claudia Koch von der Landeselternvertretung mit dem Lüftungsspezialisten Robert Hild und Gerhard Scheuch eine teils kontroverse Diskussion. Minister Holter nahm die vorgebrachten Argumente ernst und sagte zu, sich für die Aufnahme der nachweislich wirksamen technischen Anti-Corona-Maßnahmen in die Schulbauordnung des Freistaates einzusetzen. Die nächste Pro.vention Special – Fachmesse und Konferenz – findet nach einer Mitteilung der Messe Erfurt voraussichtlich im 3. Quartal 2022 statt. IMPRESSUM ASK. Agentur für Sales und Kommunikation GmbH, Bülowstraße 66, 10783 Berlin Tel. (030) 740 73 16-00, Fax (030) 740 73 16-75 E-Mail: info@ask-berlin.de Projektleitung/Anzeigen: Henning Witzel, Tel. (030) 740 73 16-36 Redaktion: Carl-Friedrich Höck Layout: Heidemarie Lehmann Litho: DDV Technik GmbH Druck: DDV Druck GmbH, Meinholdstraße 2, 01129 DresdenCo. KG, Industriestraße 20, 33689 Bielefeld FOTO: UTE GRABOWSKY/PHOTOTHEK.NET Vertiefende Panels Frische Luft macht Schule Vor allem Kitas und Grundschulen erhalten aus der neuen Bundesförderung bis zu 80 % Zuschuss bei Neueinbau/Umrüstung von stationärer Lüftungstechnik. WOLF erfüllt mit seinen raumlufttechnischen Geräten, wie beispielsweise den Comfort-Großraum-Lüftungen CGL edu und CFL edu, die geforderten technischen Anforderungen: • VDI-6022-Konformität • Nennvolumenstrom mind. 25 m³ pro Person und Stunde • Schalldruckpegel ≤ 35 dBA bei 600 m³/h in 1 m Abstand Produktberatung oder Förderantrag – wir helfen Ihnen gerne: Mail an frischluft@wolf.eu oder QRCode scannen. Bis zu 80 % Förderung CFL edu RLT-Deckengerät CGL edu RLT-Standgerät WOLF ist Partner der One Ocean Foundation www.wolf.eu 26 REPORT Anzeigen-Sonderveröffentlichung 11-12/2021 H H C H C H H H H H H H H C H H H H H H H H H H H H ERDGAS H H H H H H WASSERSTOFF Die vorhandene Gasinfrastruktur lässt sich für die Einspeisung von klimaneutralem Wasserstoff umrüsten. Auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 Warum die Energiewende auch eine Wärmewende werden muss Autor Dr. Constantin H. Alsheimer, Vorstandsvorsitzender der Mainova AG U m bis 2045 klimaneutral zu werden, muss Deutschland aus der Nutzung fossiler Energieträger aussteigen. Eine markt- und sozialverträgliche Energiewende benötigt das kluge Miteinander von verschiedenen Technologien und die Nutzung vorhandener Ressourcen. Das gilt auch im Besonderen für die Wärmeversorgung. Andernfalls setzen wir die gesellschaftliche Akzeptanz und damit das Gelingen der Energiewende aufs Spiel. Die Energielandschaft Deutschlands verändert sich: Durchschnittlich 45,4 Prozent des Stroms wurden im Jahr 2020 bereits regenerativ erzeugt, im Wärmesektor jedoch nur 15 Prozent. Dabei spielt die Wärme bei der Umsetzung der Energiewende die entscheidende Rolle, denn diese macht über 50 Prozent des gesamten Endenergiebedarfs in Deutschland aus. Für eine erfolgreiche Energiewende benötigen wir daher die Wärmewende. Ein Blick nach Frankfurt Möchten wir den Wärmemarkt durch die vollständige Elektrifizierung dekarbonisieren, dann hat das Auswirkungen auf unsere Stromnetze. Um diese besser abschätzen zu können, hat Mainova den Energiebedarf über alle drei Sektoren – Elektrizität, Verkehr und Wärme – für die Stadt Frankfurt am Main untersucht. Wir haben ein Szenario betrachtet, welches in der Wärmeversorgung die Energieträger Erdgas (ca. 58 Prozent Anteil) und Öl (ca. 15 Prozent Anteil) vollständig durch Strom ersetzt. Der Strombedarf Frankfurts ist durch Großkunden wie Deutschlands größten Flughafen, die Messe und die zahlreichen Rechenzentren bereits sehr hoch. Hinzu kommt die voranschreitende Elektromobilität. Daher investieren wir bereits, gemeinsam mit den vorgelagerten Netzbetreibern, 750 Millionen Euro, um die Kapazitäten um rund 50 Prozent zu erhöhen. Das entspricht dem Bedarf einer Großstadt wie Hannover. Bei einer vollständigen Elektrifizierung der Wärmeversorgung müsste die Kapazität noch um ein Vielfaches ausgebaut werden. Wir rechnen mit Zusatzinvestitionen von deutlich über zwei Milliarden Euro. Die Kapazität der Mittel- und Niederspannungsverteilnetze müsste jeweils mehr als verdreifacht und Der Wärmesektor spielt bei der Umsetzung der Energiewende die entscheidende Rolle. Dr. Constantin H. Alsheimer H Zum Energiemix der Zukunft gehören Elektronen und Moleküle Wir verfügen deutschlandweit über funktionstüchtige, äußerst leistungsfähige Gasnetze. Mit moderatem Modernisierungsaufwand lassen sie sich für die Einspeisung klimaneutraler Gase wie Wasserstoff zügig umrüsten. Dies ist nicht nur volkswirtschaftlich sinnvoll und sozialverträglich, sondern auch für die Erreichung der Klimaziele höchst effektiv. Ein zügiger Hochlauf über Erdgas mit Wasserstoffanteilen ist möglich und zeigt schnell Wirkung. Bereits 6,5 Millionen Tonnen CO2 können jährlich vermieden werden, wenn 10 Prozent des Erdgasverbrauchs in Deutschland durch Wasserstoff ersetzt würden. Auf diese Weise kann der mengenmäßig große Wärmesektor die Klimaziele zügig erreichen. Der nächste Schritt ist dann ein Netz, das zu 100 Prozent Wasserstoff aufnehmen kann. Der Vorteil für die Verbraucherinnen und Verbraucher liegt auf der Hand: Die Anschaffungskosten für eine neue Heizung, die auf Gas basiert und perspektivisch mit Wasserstoff heizen kann, fallen kostengünstiger aus als die Umstellung auf Wärmepumpen, die einhergehen mit umfassenden Sanierungen. Als Energieversorger stehen wir zum Ziel der Klimaneutralität. Wenn Politik und Wirtschaft die Energiewende gemeinsam zum Erfolg führen wollen, dann benötigen wir von der Politik verlässliche Rahmenbedingungen. Und sie sollte es zudem den Marktteilnehmern überlassen, die jeweils günstigste Technologie zur Erreichung der energiepolitischen Ziele zu ergreifen. Dies führt zu größtmöglicher Effizienz, Akzeptanz und vor allem Geschwindigkeit beim Klimaschutz. FOTOS: MAINOVA AG Ein Netz für zwei Energieträger die jeweils vorgelagerten Netzebenen müssten mehr als verdoppelt werden. Die Elektrifizierung der Wärmeversorgung mittels Wärmepumpen verlangt zudem zusätzlich einen immensen Sanierungsaufwand für Bestandsgebäude. Die Stadt Frankfurt ermittelt für die Sanierungskosten der stadteigenen Immobilien in den nächsten 30 Jahren einen Finanzbedarf in Höhe von 3,125 Milliarden Euro – also 105 Millionen Euro jährlich. Hinzu kommen noch Milliardenkosten für private Bestandsgebäude, die sich auch auf die Mieten auswirken. Eine rein elektrische Wärmeversorgung ließe sich also nur mit einem massiven und kostenintensiven Stromnetzausbau realisieren sowie durch ein umfassendes Sanierungs- und Modernisierungsprogramm von Bestandsgebäuden. WASSERSTOFF ZUR ENERGIE DER ZUKUNFT MACHEN? MIT GAS GEHT’S. Denn deutsche Energieversorger investieren in hunderte Projekte im ganzen Land, damit Wasserstoff als Energieträger keine Zukunftsvision bleibt, sondern schon bald Realität wird. Wie die Gaswirtschaft sonst noch dafür sorgt, dass wir unseren CO2-Fußabdruck reduzieren und die Klimaziele zuverlässig und bezahlbar erreichen können? www.mitgasgehts.de Die Preisträger aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf im Wettbewerb „Klimaaktive Kommune 2021” Vorreiter im Klimaschutz Dortmund, Essen und der Landkreis Marburg-Biedenkopf wurden als „Klimaaktive Kommune 2021“ ausgezeichnet Autorin Karin Billanitsch K ürzlich haben sich mehr als 100 Staats- und Regierungschefs in Glasgow getroffen, um auf der COP 26 den Umgang mit den großen Herausforderungen Klimaschutz und -wandel zu beraten. Im Zentrum stand dabei die Frage, wie das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, noch zu erreichen ist. Insbesondere ging es um das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2), denn durch die Emissionen wird das Klima erwärmt. Dass der Klimaschutz das zentrale Thema der kommenden Jahre sein wird, ist in der Politik angekommen: Das Ziel ist es, in Deutschland bis 2045 komplett klimaneutral zu sein. Zurzeit ist das Land weltweit auf Platz sechs der Emissionen. Unter diesen Zeichen fand Anfang November die Kommunale Klimakonferenz 2021 statt, eine hybride Veranstaltung des Deutschen Instituts für Urbanistik und der Bundesumweltministeriums. Denn auf der kommunalen Ebene haben sich viele Städte, Landkreise und Gemeinden aufgemacht, zum Klimaschutz ihren Beitrag zu leisten. Dabei gehen die Kommunen teils recht ehrgeizig vor: Etliche haben sich auf die Fahnen geschrieben, auch als Kommune 2045 oder sogar früher klimaneutral zu werden. Zum Beispiel Dortmund: Die Verwaltung hat dem Rat ein Klimapaket vorgelegt: Bis 2045 will die Stadt Klimaneutralität erreichen. Nun gab es sogar die Auszeichnung als „Klimaaktive Kommune 2021“, und zwar für die UmsteiGERNKampagne. „Du steigst um. Dortmund kommt weiter” lautet der Slogan der Mitmachaktion. Dabei teilen Dortmunder „Botschafterinnen und Botschafter” öffentlich ihre persönlichen Geschichten und Erfahrungen mit, wie sie klimafreundlich unterwegs sind – auf Plakaten, Postkarten, im Radio, auf Twitter, Facebook, YouTube sowie auf der Projektseite. Das soll andere Menschen animieren, DEMO-SERIE Klimaschutz, Klimaanpassung und mehr Nachhaltigkeit sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Um den Klimawandel rechtzeitig zu stoppen, spielen auch die Kommunen eine wichtige Rolle – während zugleich eine zweite Krise, die Corona-Pandemie, sie in Atem hält. In unserer Jahresserie beleuchten wir Strategien und Maßnahmen, die den CO2-Ausstoß verringern und die spürbaren Folgen des Klimawandels bekämpfen. KB DEMO 11-12/2021 ihr Verhalten hin zu klimafreundlicher Mobilität zu ändern. In einem zweiten Schritt schafft die Stadt konkrete Anreize, etwa in Schulen und Betrieben. Dortmund ist eine von neun Kommunen, die unter 81 Bewerbungen als Preisträger ausgewählt worden sind. Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) freute sich bei der Preisverleihung über die Auszeichnung und kündigte an, dass die Stadt das Preisgeld von 25.000 Euro im Rahmen der Kampagne weitergibt – an ein anderes Projekt: „Mit dem Preisgeld können wir einigen Haushalten einen Zuschuss zum Kauf eines Lastenrades geben, die im Rahmen unserer Aktion ‚Lappenlos’ eine Woche auf das Auto verzichten, um autofreie Mobilität auszuprobieren.” In der Kategorie „Klimaaktivitäten zum Mitmachen“ gewann auch der Landkreis Marburg-Biedenkopf den Preis für seine Baumpflanzaktion „Keine Pflanzung ohne Bildung“. Neben dem Wissen, welchen wichtigen Beitrag Bäume zur Treibhausgasreduzierung und damit zum Klimaschutz leisten, lernen Kinder und Jugendliche, wie Bäume gepflanzt und aufgezogen werden. „Wir verbinden mit diesem Projekt zwei Themen, die uns als Landkreis wichtig sind: den Klimaschutz und die Umweltbildung“, sagte Landrätin Kirsten Pfründt. Auch die Stadt Essen gehörte zu den Gewinnern: Die Auszeichnung wurde für die Beratung und Begleitung lokaler Unternehmen auf dem Weg zum Siegel „Fahrradfreundlicher Arbeitgeber” vergeben. „Mit der Beratung und Begleitung lokaler Unternehmen auf dem Weg zum Siegel leistet die Stadt Essen einen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende im Sinne des Klimas. Möglichkeiten der Integration des Radfahrens in die betriebliche Mobilität werden aufgezeigt, finanziell gefördert und in die Breite getragen“, begründete die Jury ihre Entscheidung. Die zuständige Umweltdezernentin Simone Raskob hob hervor, dass Essen sich sehr ambitionierte Ziele vorgenommen habe: bis 2040 klimaneutral zu sein. Weitere Informationen demo-online.de Anzeige „Überlassen Sie die Besetzung “ von Führungspositionen nicht dem Zufall … – Edmund Mastiaux, Inhaber zfm • Seit 25 Jahren Personalberatung für Verwaltungen und kommunale Unternehmen www.zfm-bonn.de FOTO: HEARTS&MINDS/DIFU 28 KLIMASCHUTZ UND NACHHALTIGKEIT BÜCHER | WAHLEN | TERMINE 29 11-12/2021 DEMO Sicherheit für Kinder und Jugendliche Wahlen Das Difu sammelt Instrumente für den öffentlichen Raum Zur neuen Landrätin des Landkreises Werra-Meißner wurde am 7. November Nicole Rathgeber (Freie Wähler) gewählt. In der Stichwahl setzte sie sich mit 59,7 Prozent der Stimmen gegen SPD-Kandidat Friedel Lenze durch. In der Stadt Gießen gewann am 24. Oktober der Sozialdemokrat Frank-Tilo Becher die Oberbürgermeisterwahl – mit einem Ergebnis von 55,7 Prozent in der Stichwahl gegen den Grünen Alexander Wright. Zeitgleich wurde die Sozialdemokratin Anita Schneider als Landrätin des Kreises Gießen wiedergewählt. Mit 66,4 Prozent Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) hat gemeinsam mit Partnern Instrumente entwickelt, um das Sicherheitsgefühl von Kindern und Jugendlichen in der Stadt zu erfassen. Diese haben einen eigenen Blick auf ihr Lebensumfeld: „Komische Leute“ an der Unterführung, vermüllte und dunkle Ecken oder der menschenleere Park auf dem Heimweg: So berichten Kinder von ihren Erlebnissen. Wer ihnen genau zuhört, stößt immer wieder auf Schilderungen über verunsichernde Erfahrungen im öffentlichen Raum. Ein kostenloses Handbuch richtet sich an Akteure, die sich für kinderfreundliche und sichere Städte engagieren. Die Sicht von jungen Menschen auf Sicherheit im Quartier sei bislang wenig erforscht, heißt es. Kriminologische Konzepte seien meist auf Erwachsene ausgerichtet oder räumlich zu ungenau, so das Difu. Und lokale Beteiligungsinstrumente für Kinder und Jugendliche nähmen die Frage nach Sicherheit Kinder und Jugendliche im Quartier Handbuch und Beteiligungsmethoden zu Aspekten der urbanen Sicherheit www.inersiki.de und Unsicherheit oft eher zufällig, als gezielt in den Blick. In dem Handbuch „Kinder und Jugendliche im Quartier“ werden zehn Methoden ausführlich dargestellt, mit denen Kinder und Jugendliche besser eingebunden werden können. Der neue Instrumentenkoffer ist für alle interessant, die für sichere Stadträume und für Kinder und Jugendliche Verantwortung tragen. KB Deutsches Institut für Urbanistik: Kinder und Jugendliche im Quartier. Handbuch und Beteiligungsmethoden zu Aspekten der Urbanen Sicherheit Difu 2021, 64 Seiten, kostenloser Download: difu.de/publikationen/2021/ kinder-und-jugendliche-im-quartier, ISBN 978-3-88118-679-7 Andere Länder, andere Sitten? Katja Schneidt warnt vor Parallelgesellschaften Katja Schneidt passt in keine Schublade. Sie ist Sozialdemokratin, Flüchtlingshelferin und konvertierte Muslimin. Zugleich kritisiert sie einen aus ihrer Sicht mangelnden Integrationswillen bei einem Teil der Menschen insbesondere aus islamisch geprägten Ländern und eine „falsche Toleranz“ ihnen gegenüber. Ihr neues Buch hat seine Stärken dort, wo Schneidt eindrücklich von ihren praktischen Alltagserfahrungen aus der Arbeit mit Geflüchteten berichtet. Die Probleme, die sie anspricht, sind allerdings nicht unbekannt. Sie berichtet von Gewalt gegen Frauen, Antisemitismus, Paralleljustiz mit Friedensrichtern und geringer Bildung bei einem Teil der Zugewanderten. Schneidt betont: Während Religion in Deutschland als Privatsache angesehen werde, sei der streng ausgelegte Islam ein vorgefertigtes Lebenskonzept auch für gesellschaftliche und berufliche Fragen. Von zugewanderten Muslimen fordert Schneidt Anpassung: „Andere Länder, andere Sitten – so geht Integration!“ Zugleich weckt sie aber auch Verständnis für die Menschen, die nach Deutschland kommen, schildert ihre Schicksale und erklärt ihre Beweggründe. Schlüssige Lösungsansätze für die beschriebenen Integrationsprobleme kann die Autorin leider kaum bieten. Dafür bedient sie die Erzählung vom vermeintlichen Tabu, dass man über Integrationsprobleme kaum offen sprechen dürfe, ohne sanktioniert zu werden. CFH Katja Schneidt: Tiefer Riss. Was uns spaltet und was uns verbindet Goldegg-Verlag 2021, 220 Seiten, 22,00 Euro, ISBN 987-3-99060-203-4 Termine 8. Zukunftskongress Staat & Verwaltung – Deutschland im digitalen Aufbruch 13.12.2021 – 15.12.2021, Berlin zukunftskongress.info verwies sie in der Stichwahl Peter Neidel von der CDU auf Platz zwei. In der Großen Kreisstadt Löbau kam es am 17. Oktober zum Urnengang. Im zweiten Wahlgang genügten Einzelbewerber Albrecht Gubsch 40,3 Prozent der Stimmen zum Sieg. Bei der OB-Wahl in Radolfzell am Bodensee gewann mit Simon Gröger ebenfalls ein Einzelbewerber. Für ihn stimmten 83,3 Prozent der Wählenden. Abgestimmt wurde auch im Landkreis Märkisch-Oderland. Landrat Gernot Schmidt (SPD) kann sein Amt weiter ausüben. In der Stichwahl kam Schmidt auf 53,8 Prozent, sein Kontrahent Rico Obenauf (BVB/Freie Wähler – die Parteilosen) auf 46,2 Prozent. 18. ordentliche Delegiertenversammlung der Bundes-SGK 21.01.2022 – 22.01.2022, Leipzig bundes-sgk.de Mehr Termine: demo-online.de Anzeige SPD Oftersheim Zum 01. November 2022 ist bei der Gemeinde Oftersheim, Rhein-Neckar-Kreis, Baden-Württemberg, die Stelle des Bürgermeisters (m/w/d) neu zu besetzen. Der jetzige Bürgermeister kandidiert wieder. Es wird aber weitere KandidatInnen geben. Oftersheim ist wirtschaftlich gut aufgestellt, hat rund 12.300 Einwohner und verfügt über eine gute Infrastruktur mit einer aktiven Vereinslandschaft. Wir sind eine Wohngemeinde inmitten der Metropolregion zwischen den Städten Mannheim, Heidelberg und Speyer. Der Gemeinderat zählt 22 Mitglieder, davon gehören vier der SPD-Fraktion an. Weitere Infos unter: www.oftersheim.de oder www.spd-oftersheim.de Bewerbungen können ab sofort eingereicht werden bei: Ortsvereins- und Fraktionsvorsitzenden Jens Rüttinger Jens.Ruettinger@Concordia.de Telefon 0172/623 68 83 30 DAS LETZTE DEMO 11-12/2021 Roter Rauch Impressum Autorin Karin Billanitsch Rot, Gelb, Grün – diese Farben sind derzeit hoch im Kurs. A mpeln sind zur Zeit hoch im Kurs. Rot, Gelb, Grün, das sind die Phasen, die sich abwechseln. Wobei nach der klassischen Farbenlehre der Straße Rot ja bekanntlich für Stillstand, Gelb für Bereitschaft und Grün für das Gasgeben steht. Und nicht nur der Straßenverkehr, auch die politische Welt erschließt sich über Farben. Das wissen wir nicht erst, seit sich in Berlin die möglichen Ampel-Koalitionäre an einen Tisch gesetzt haben. Seit 1863 war Rot die Farbe des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins und später die Traditionsfarbe der SPD. Gelb oder Gold hat sich für den Liberalismus etabliert. Jemand wird aber auch „gelb vor Neid“ sagt der Volksmund. Und Grün ist die Farbe der Hoffnung und des Umweltglück verheißenden Chlorophylls. Die erste elektrische Lichtsignalanlage der Welt, die 1914 in Cleveland aufgestellt wurde, hatte nur zwei Farben – Rot und Grün. Der Gelb-Puffer fehlte komplett, was wahrscheinlich zu unfallträchtigen Vollbremsungen, gepaart mit geräuschvollen Kavalierstarts führte. Auf jeden Fall kam schon wenige Jahre später die dreifarbige Ampelanlage auf. Vorreiter in Deutschland war Berlin 1924 mit dem Verkehrsturm am Potsdamer Platz, der zunächst in Rot – Weiß – Grün leuchte- te. Heute hat Berlin rund 2.100 Ampeln. Das Land will die zuletzt privat gemanagten Anlagen künftig wieder selbst betreiben. Rot – Grün – Rot leuchten werden sie aber nicht, wie man hört. Rot steht auf der ganzen Welt für das Verbot im Straßenverkehr, die Kreuzung zu überqueren. Das war in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts der Roten Garde in Peking ein Dorn im Auge. Rot, die Farbe der Revolution, der Arbeiterbewegung: Das kann nicht für Stillstand stehen. Deshalb befahlen die Parteifunktionäre der KP, den Verkehr bei Grün anzuhalten. Die folgenden Monate zeigten, dass das zu Unfällen und Verkehrschaos führte, lautet die Legende, obwohl es damals viel mehr Fahrradfahrer als Autos gegeben haben dürfte. Danach galt Stopp bei Rot nicht mehr als antikommunistisch. Nicht weit vom Potsdamer Platz, im Berliner Regierungsviertel, leuchteten zuletzt bis tief in die Nacht die Lampen in den Verhandlungsräumen in klassischem Warm-Weiß, darunter rauchten in den Delegationen der Ampel-Parteien die Köpfe. Und als eines Morgens über den Dächern der Hauptstadt roter, gelber und grüner Rauch aufstieg, dürften sicherlich einige Sektkorken geknallt haben. Ach ja, Ampel kommt übrigens aus dem Lateinischen: von „ampulla“ (kleine Flasche). Demokratische Gemeinde, Fachorgan der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (Bundes-SGK) Stresemannstraße 30, 10963 Berlin Postfach 61 03 22, 10925 Berlin Telefon: (030) 255 94- 200 Telefax: (030) 255 94- 290 E-Mail: redaktion@demo-online.de Internet: www.demo-online.de Herausgeber: Frank Baranowski, Vorsitzender der Bundes-SGK Redaktion: Karin Nink (Chefredakteurin), Karin Billanitsch (Leitende Redakteurin), Carl-Friedrich Höck (Redakteur) Telefon: (030) 255 94- 355 Produktionsleitung: Dagmar Günther Layout/Sekretariat: Heidemarie Lehmann Telefon: (030) 255 94- 200 Verlag: Berliner vorwärts Verlagsgesellschaft mbH, Stresemannstraße 30, 10963 Berlin, Postfach 61 03 22, 10925 Berlin Telefon: (030) 255 94- 100 Telefax: (030) 255 94- 192 Geschäftsführung: Karin Nink, Kerstin Thomberg Anzeigen/Vertrieb: ASK. Agentur für Sales und Kommunikation GmbH, Gewerbehof Bülowbogen,Hof D, Eingang D1, Bülowstraße 66, 10783 Berlin Telefon: (030) 740 73 16- 00 Telefax: (030) 740 73 16- 20 Anzeigen: Henning Witzel (Verkauf/Projektleitung) Telefon: (030) 740 73 16- 36 Gültige Anzeigen-Preisliste: Nr. 38 vom 1. Januar 2021 Vertrieb: Stefanie Martin Telefon: (030) 740 73 16- 61 Die DEMO erscheint mit sechs Ausgaben im Jahr Abonnementverwaltung: IPS Datenservice GmbH, Carl-Zeiss-Str. 5, 53340 Meckenheim Telefon: (02225) 70 85 -366 Telefax: (02225) 70 85 -399 E-Mail: abo-vorwaerts@ips-d.de Einzelverkaufspreis: 10 € Jahres-Abonnement: 60 € (inkl. Versand und 7 % MwSt.); für Schüler und Studenten (Nachweis erforderlich) 40 € Jahres-Abonnement (Ausland): 60 € zzgl. Versandkosten Die Abonnements verlängern sich jeweils um ein Jahr, sofern nicht spätestens drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. 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FOTO: OF THE VILLAGE/STOCK.ADOBE.COM; ILLUSTRATION: IMR /STOCK.ADOBE.COM Warum China die Ampelfarben ändern wollte und was das mit der Regierungsbildung in Berlin zu tun hat Positionen kommunaler Unternehmen: klimaneutral, leistungsstark, lebenswert – kompakt und als Podcast Weil nichts passiert, wenn es nicht vor Ort geschieht. Unser Beitrag für heute und morgen 2030plus.vku.de Die neue S-Klasse. DIE PERFEKTE KOALITION VON ELEKTROUND BENZINMOTOR. Die neue S 580 e Limousine vereint die Effizienz eines Elektroantriebs mit bis zu 113 km Reichweite* und die Kraft eines Sechszylinders. Erfahren Sie mehr unter www.mercedes-benz.de/behoerden Mercedes-Benz S 580 e Limousine | WLTP: Kraftstoffverbrauch gewichtet kombiniert: 1,0–0,6 l/100 km; Stromverbrauch gewichtet kombiniert: 25,6–21,3 kWh/100 km, CO₂-Emissionen gewichtet kombiniert: 22,0–14,0 g/km; elektrische Reichweite (EAER) 94–113 km.1 1Die angegebenen Werte sind die ermittelten „WLTP-CO₂-Werte“ i. S. v. Art. 2 Nr. 3 Durchführungsverordnung (EU) 2017/1153. Die Kraftstoffverbrauchswerte wurden auf Basis dieser Werte errechnet. Der Stromverbrauch wurde auf Grundlage der VO 2017/1151/EU ermittelt. *Die Reichweite wurde auf Grundlage der VO 2017/1151/EU ermittelt und ist zudem abhängig von der Fahrzeugkonfiguration.
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