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demo
69. JG | A02125
EINZELPREIS 6,00 €
07/08 2017
Brandenb
urg
Landes-S
GK
Extra
Vo r wä r t s - Ko m m u n a l n Da s s oz i a l D em o K r at i s c h e m ag a z i n f ü r Ko m m u n a l p o l i t i K
He f tmit
te
kultur in den kommunen
Starker
Auftritt
Foto: Dirk Bleicker
Was gute kulturpolitik ausmacht
und wie sie vor ort gelingt
documenta 14 in Kassel:
„Der Parthenon der Bücher“
von Marta Minujin
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Inhalt 3
07-08/2017 DEMO
Titel
Kultur in den Kommunen
liebe leserin, lieber leser,
Kultur wird gern ein wenig wie das Sahnhäubchen
behandelt. Es ist wunderbar, sie zu haben, aber
man braucht sie nicht. Das ist falsch. Kultur stärkt
die Attraktivität von Kommunen und schafft Bindekraft innerhalb des Gemeinwesens. Das gilt für
kommunale und staatliche etablierte Einrichtungen
genauso wie für die freie Kulturszene und Vereine.
Fotos: Dirk Bleicker; thomas schmiDt; staDt herne; choparD photography/stock.aDoBe.com; BayernSPD
Es ist eine Fehleinschätzung, wenn in Zeiten knapper Kassen zuerst an der örtlichen Kulturpolitik
gespart wird. Denn damit geht Tradition im besten
Sinne verloren, aber auch Innovatives und Verbindendes. So manche Kommune trauert heute dem
Theater nach, das geschlossen wurde oder dem
freien Kulturprojekt, das auch die, die gesellschaftlich am Rand stehen, eingebunden hat.
Kultur schafft Identität, im Gesangsverein ebenso
wie in einem renommierten Opernhaus oder einer
in der Bevölkerung stark verankerten freien Theaterszene. Eine Stadt, die ihre angesehene Kulturlandschaft vernachlässigt, riskiert ihren guten Ruf.
Die kommunalen Spitzen müssen sich hier ihrer
Verantwortung bewusst sein – und oft sind sie
es auch. Wir haben die verschiedensten Beispiele
dafür in dieser DEMO aufgelistet: So zeigt Mannheim, wie hilfreich Kultur in einer Stadt ist, in der
viele Menschen aus den unterschiedlichsten Ecken
der Welt kommen. Das Ruhrgebiet entwickelt sich
von der Kohle zur Kultur und macht erneut Furore.
Aber auch Dörfer und kleine Gemeinden entdecken ihre Nischen und werden damit attraktiver.
Deutlich wird, wie stark eine gute Kulturpolitik den
Ruf einer Kommune fördern kann.
Natürlich muss der Kämmerer hier wie in allen
anderen Bereichen auch auf das Geld achten,
aber es lohnt, zweimal nachzudenken, bevor
gerade die Kultur beschnitten wird. Denn sie
lässt sich nicht so schnell wieder aufbauen, wenn
sie einmal finanziell ausgeblutet wurde. Eine
gewachsene Kulturszene braucht ihre Zeit. Und
deswegen ist hier auch eine ordentliche Portion
Kreativität gefragt, bei der Stadtverwaltung genauso wie bei den Kulturschaffenden.
Karin nink, chefredakteurin
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„Das Schöne ist der Brückenschlag“ | interview mit mannheims oberbürgermeister peter kurz
Kultur als lebenselixier für das Revier | Das ruhrgebiet bietet trotz knapper mittel viel kultur
habemus documenta! | Die documenta ist image- und Wirtschaftsfaktor für kassel
Wie Kunst im Raum Platz findet | mit kunstwerken auf öffentlichen schauplätzen das stadtbild prägen
Ouvertüre in der „Platte“ | Die kulturarena ist eine der bedeutendsten open-air-Veranstaltungen in Jena
Motor für den Dorfladen | soziokultur kann auf dem land viel bewirken
Kulturtourismus im ländlichen Raum | Fünf modellregionen und eine Dialogplattform werden gefördert
auf der roten liste | Wie das kunstmuseum morsbroich gerettet werden soll
Erwachsenenbildung mit akademiecharakter | Der besondere kurs der kunstwerkstatt mainz
Ein turm für den Bibel-Schatz | Das mainzer gutenberg-museum wird erweitert
Strenge Sicherheit bei Veranstaltungen | Veranstalter beklagen schärfere Vorschriften und häufigere kontrollen
Kultur antizyklisch fördern | einsparungen im kulturbudget haben nur kurzfristige effekte
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Report
Verwaltungsmodernisierung
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Digital First | Die Zukunft der öffentlichen it liegt im Vorrang des Digitalen
Rechtssicheres Scannen | ein praxisleitfaden zur tr resiscan hilft anwendern
Digitale Kluft schließen | Flächendeckender nga-Breitbandausbau im saarland
Berlin hat Zukunft | … aber nicht mit einer Verwaltung von gestern – ideen für eine moderne hauptstadtverwaltung
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Kampf gegen falsche Identitäten | Wie Dokumentenprüfsysteme missbrauch verhindern können
Kommune. Gemeinsam. Denken. | Das kgst®-ForUm 2017 in kassel
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SPD-Bundestagsfraktion | Bund-länder-Finanzen: Die größte reform seit Jahren
news | Unter den Zeichen heimat, Zukunft, stadt – 39. hauptversammlung des Deutschen städtetages
news | nachruf auf Dr. gerhard gebauer
Bücher | Wahlen
Das letzte | Vorschau | Impressum
4 TiTel
DEMO 07-08/2017
„Das Schöne ist der
Brückenschlag“
Kultur führt Menschen zusammen, ist Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz
überzeugt. Sie ist wichtiger Treiber für gesellschaftliche Prozesse und Stadtentwicklung
interview Karin Billanitsch
Zur PerSon
Peter Kurz, geboren 1962 in
Mannheim, besuchte nach der
Grundschule das Tulla-Gymnasium. Den Schulbesuch und das
folgende Jura-Studium hat seine
alleinerziehende Mutter ermöglicht. im Herbst 1983 begann er
das Studium an der Universität
Mannheim, parallel dazu wurde
er 1984 Mitglied im Bezirksbeirat Schwetzingerstadt/Oststadt.
in den Mannheimer Stadtrat
wurde er 1989 gewählt.
Nach dem 2. Staatsexamen
1992 ging er als Assistent an
den lehrstuhl für bürgerliches
Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht. 1994 wurde er
Richter am Verwaltungsgericht
Karlsruhe, 1995 promovierte er
summa cum laude zum Dr. jur.
1993 übernahm er die Führung
der SPD-Gemeinderatsfraktion,
1999 erfolgte die Wahl zum
hauptamtlichen Bürgermeister.
Seit 2007 amtiert Peter Kurz als
Oberbürgermeister.
(KB)
Es gibt eine Liste des „Mannheimer
Erbes der Weltkulturen“. Wie kam es
dazu?
Das Künstlerhaus Zeitraum Exit hat die
Konzeption entwickelt und die deutsche
UNESCO-Kommission zur Schirmherrschaft bewegt. Wir als Kommune haben
das Projekt mit Begeisterung unterstützt.
Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie die
freie Szene zentrale Fragen, die uns international und lokal bewegen, vor Ort
aufnimmt. Das Projekt macht die Unterschiedlichkeit in der Stadtgesellschaft
sichtbar und verankert diese vor Ort. Es
ermöglicht, einen neuen Blick auf die
Stadt zu werfen und die „Heimat Stadt“
zu beschreiben. Vieles in dieser Richtung
leistet einen Beitrag, um das große Thema der Zugehörigkeit zu fördern. Denn
das ist der Dreh- und Angelpunkt in der
Frage, wie Stadtgesellschaft in Zukunft
funktioniert.
Wie kann Kultur Zugehörigkeit befördern? Leben viele Menschen nicht
ohne Berührungspunkte in Parallelwelten nebeneinander her?
Bei diesem Projekt ging es genau um das
Zusammenführen. Das Schöne ist ja der
Brückenschlag. Da ist etwa der Äthio-
pier, der erklärt hat, für ihn sei das Nationaltheater Mannheim deswegen ein
Stück Heimat, weil es aussieht wie das
Nationaltheater in Addis Abeba. Es ist
auch in der Architektur der klassischen
Moderne in den 50er Jahren entstanden.
Das ist eines von vielen Beispielen, wie
lokale Orte aufgeladen worden sind mit
verschiedenen Kulturen. Es geht auch darum, in der Auseinandersetzung mit der
deutschen Kultur neue Identifikationen zu
schaffen. Ein Beispiel dafür ist eine junge
Theatergruppe von Migranten in einem
klassischen Mannheimer Vielfaltsquartier,
die schon mehrere Theaterprojekte realisiert hat, etwa „Kabale und Liebe“ oder
die “Räuber“. Sie erzählen diese Stücke
auf ihre Weise. Es wird deutlich, dass es
nicht darum geht, ihre Herkunftsfolklore
zu pflegen, sondern sich hier die lokale,
historisch gewachsene und diverse Kultur
anzueignen.
Kultureinrichtungen anzubieten, gehört zur Grundversorgung in den
Kommunen. Wie versucht man, in
Zeiten knapper Kassen mit dem
ökonomischen Druck umzugehen,
aber dennoch Kreativität zu fördern?
Die knappen Kassen als stehender Begriff
sind natürlich ein Dauerthema, aktuell
finde ich das Argument nicht durchschlagend: Wir investieren im Augenblick viel,
an vielen Stellen, weil es den Haushalten
gerade nicht so schlecht geht. Die Frage
ist dabei, wie man die kulturelle Arbeit in
ihrer strategischen Bedeutung bewertet.
Wir haben in der Praxis der vergangenen
Jahre Kultur als wesentlichen Treiber für
gesellschaftliche Prozesse und Stadtentwicklung identifiziert und entsprechend
gefördert. Traditionell kommt noch hinzu,
dass wir einen großen Kulturetat haben,
der allerdings durch große kommunale
Institute gebunden ist. Daher war es ein
Teil unserer Arbeit, die Gelder für die freie
Szene Jahr um Jahr etwas zu erhöhen. Die
Kultur hat so am allgemeinen Wachstum
des Haushaltes in gleichem Maß teilgenommen.
Beim Kulturstädteranking des Hamburger Wirtschaftsforschungsinstitutes HWWI unter den 30 größten
Städten Deutschlands lag Mann-
Fotos: stadt MannheiM, RindeRspacheR; stadt MannheiM, WeRneR BaRtsch
Kultur in den
Kommunen
In Mannheim leben 160 Nationen.
Welche Rolle spielt Kultur dabei,
dass das Zusammenleben in einer
von Vielfalt und Verschiedenheit geprägten Gesellschaft gelingt?
Kultur spielt dabei eine immer größere
Rolle. Es ist auch eine Aufgabe, der sich
die klassischen Kulturinstitutionen immer
mehr annehmen. Zugleich gibt es ein
breites Feld an freier Kulturszene, die genau die Diversität von Stadtgesellschaft
zum Thema macht und Begegnungsorte
schafft. Da ist sicher noch viel Luft nach
oben, aber Kultur ist aus meiner Sicht ein
Haupttreiber für Verständigungsprozesse
in der Gesellschaft.
Oberbürgermeister Peter Kurz (1. Reihe, 4.v.r) freut sich über die Auszeichnung UNeSCO City of Music.
TiTel 5
07-08/2017 DEMO
ist Deutschland erst 2025 dran. Wie
sieht jetzt der Fahrplan aus?
Das war für uns natürlich ein Rückschlag,
als die EU bei ihrer Neudiskussion über
die Frage der Zukunft der Europäischen
Kulturhauptstadt auch den Zeitplan noch
einmal völlig neu aufgesetzt hat – dass
Deutschland statt 2020 oder 2021 erst
2025 an der Reihe sein wird. Das hat die
ursprünglichen Kalkulationen und den
Zeitplan verändert. Wir haben deshalb
den Prozess unterbrochen, da man dies
nicht über 15 Jahre hinweg inszenieren
kann. Wir haben schon 2008, 2009 begonnen, uns auf den Weg zu machen
und auch an den Themen weitergearbeitet. Jetzt sind wir in der Diskussion, ob
und wie wir eine Bewerbung in Richtung
2025 auf den Weg bringen. Das wird in
den kommenden Wochen und Monaten
entschieden.
„Die Kultur hat am allgemeinen Wachstum des Haushaltes in gleichem Maß teilgenommen“, sagt Peter Kurz, hier auf der Capitol Bühne.
Foto: Stadt MannheiM, thoMaS tröSter
heim zuletzt auf Platz 2 bei der finanziellen Unterstützung der Theater. Liegt hier der Schwerpunkt in
der Kulturproduktion der Stadt?
Die Dominanz der Theaterausgaben hat
natürlich etwas zu tun mit der Tradition
und Größe des Nationaltheaters. Was sich
in den vergangenen Jahren aber bewusst
entwickelt hat, ist die Entscheidung auch
weitere Institutionen, Theater und performative Angebote zu unterstützen und
auszubauen. Kulturpolitisch wichtig ist
aber auch, dass sich das Nationaltheater
selbst gesellschaftlichen Fragen gestellt
und gegenüber der diversen Stadtgesellschaft geöffnet hat und ein wichtiger Impulsgeber ist.
Gibt es in Mannheim einen Kulturentwicklungsplan?
Wir haben keinen verabschiedeten Kulturentwicklungsplan im engeren Sinn. Es
gibt eine Stadtstrategie, die wesentliche
Elemente der Kultur umfasst. Ein wichtiges Thema ist beispielsweise die Strategie
zur „Gründerstadt“, die nicht nur einen
kreativwirtschaftlichen Teil hat, sondern
ebenso einen kulturpolitischen. Hier haben wir eine eigenständige GmbH mit
Schnittstellen zu verschiedenen Referaten
und Dezernaten geschaffen. Auch bei den
Strategien zur Quartiersentwicklung geht
es entscheidend um kulturelle Projekte.
Wollen Sie die Kulturwirtschaft dadurch ankurbeln?
Am Anfang lag der Fokus darauf, die
Kulturwirtschaft unmittelbar zu stärken.
Mittlerweile sehen wir ihre Stärkung
auch als wichtigen Motor für die sonstige
wirtschaftliche Entwicklung. Es ist keine
reine Eins-zu-eins-Betrachtung nach dem
Motto „Wie viel fördern wir und wie viele
Arbeitsplätze entstehen dadurch?“. Wir
erleben vielfältige indirekte Wirkungen
auf andere Branchen und natürlich auf die
Stadtgesellschaft, wie ich dies eingangs
angesprochen habe.
Mannheim ist UNESCO City of Music
seit 2014. Welche Möglichkeiten haben sich dadurch eröffnet?
Wir sind Mitglied in dem internationalen
Netzwerk der UNESCO Creative Cities, wo
wir versuchen, Impulse für die Entwicklung zu setzen und diese Plattform für
uns zu nutzen. Wir haben sie für einige
bilaterale Projekte eingesetzt, aber nicht
in dem Maße, wie wir es anstreben. Das
Netzwerk muss fortentwickelt werden
und wir bringen uns im Augenblick stark
ein, um es voranzubringen. Der unmittelbare Nutzen liegt derzeit vor allem im
Marketing, wo wir das Label einsetzen,
um Mannheim sichtbarer zu machen.
Auf den ebenfalls öffentlichkeitswirksamen Titel Europäische Kulturhauptstadt sind viele Städte scharf.
Mannheim hatte sich vor ein paar
Jahren auf den Weg gemacht, Kulturhauptstadt 2020 zu werden. Nun
Die Frage
ist dabei,
wie man die
kulturelle
Arbeit in ihrer
strategischen
Bedeutung
bewertet.
Dr. Peter Kurz,
Oberbürgermeister von
Mannheim
Auffallend ist auch der hohe Anteil
von Studierenden an öffentlichen
Musikschulen und staatlich anerkannten Musik- und Kunsthochschulen (bundesweit Platz 2). Was
bedeutet kulturelle Bildung für eine
Kommune?
Im Hochschulbereich sind wir bewusst
engagiert. Das ist eine Tradition unserer
Stadt: Alle Hochschulen, die es hier gibt,
sind einmal kommunale Gründungen gewesen und haben sich dann zu staatlichen
Hochschulen entwickelt. Das gilt für die
Musikhochschule, die aus unserer Musikschule hervorgegangen ist, das gilt in besonderer Weise für die Popakademie, die
eine gemeinsame Initiative von Land Baden-Württemberg und Stadt Mannheim
war. Das gilt für die Fakultät für Gestaltung an der Hochschule, die ursprünglich
als kommunale Hochschule für Gestaltung gegründet worden ist.
Unser Interesse gilt aber auch der
grundständigen kulturellen Bildung. Wir
haben eigene Programme für die Kindertagesstätten, wo wir Kooperationsprojekte unserer Institutionen durchführen
– insbesondere mit unserer Musikschule.
Wir haben über die vergangenen 15 Jahre
ebenso die Zahl der Musikschüler an unserer Musikschule mehr als verdoppelt. Und
wir haben ein eigenes Programm „Mannheimer Unterstützungssystem Schule“,
das überwiegend ein kulturelles Angebot
an unseren Schulen ist. Sie können sich
um ein eigenes Budget bewerben, um damit Leistungen von Kulturanbietern „einzukaufen“. Insofern kann man sagen, dass
die kulturelle Bildung unter allen formulierten Aspekten der Identität, Teilhabe,
Gerechtigkeit, Zugehörigkeit eine ganz
wichtige Dimension hat.
Der Duisburger Binnenhafen mit der Küppersmühle, dem Museum für moderne Kunst, lockt viele Kulturinteressierte an.
Kultur als Lebenselixier
für das Revier
Kohle, Stahl, Fußball – das kommt vielen in den Sinn, die an das Ruhrgebiet denken.
Dabei kann der „Pott“ auch anders: Kommunen bieten trotz knapper Mittel viel Kultur
W
er am Duisburger Haupt
bahnhof aussteigt, hat
nicht den Eindruck, in
einer Kulturstadt gelandet zu sein. Vom
Bahnhofsvorplatz bis zur Einkaufsmeile
Königstraße erstreckt sich eine riesige
Baustelle, es herrscht die ruhrgebiets
typische InnenstadtTristesse. Wenn die
Deutschen an den Ruhrpott denken,
dann kommen ihnen Borussia Dort
mund, Zechen oder StahlKonzerne in
den Sinn. Aber Kultur im Ruhrgebiet?
Dabei hat der „Pott“ schon im Jahr
2010 bewiesen, dass er auch anders
kann: Als Europäische Kulturhauptstadt
präsentierte er sich als „unkonventionelle
Metropole im Werden“. Eine Metropole,
die zwar durch BergbauVergangenheit
und Industrie geprägt ist, sich aber nicht
ausschließlich darüber definiert, schon
gar nicht kulturell. Die Kommunen mö
gen hoch verschuldet sein und müssen
KuLtuRKosten
65
Millionen Euro gibt die
Stadt Duisburg für Kultur
und Wissenschaft aus.
80
Prozent der öffentlichen
Kulturausgaben stemmen
in NRW die Kommunen.
QuelleN. Stadt duiSburg, eigeNe
recherche
sparen, gerade im Kulturbereich. Aber
der Herausforderung Kulturpolitik stel
len sich viele der Städte engagiert und
vor allem kreativ.
Duisburg: Beteiligung als Prinzip
So sind es in der vermeintlich tristen Duis
burger Innenstadt nur ein paar Schritte
bis zu den Museen Lehmbruck und DKM,
wo Skulpturen, zeitgenössische und anti
ke Kunst sowie Fotografien gezeigt wer
den. Auch die Mercatorhalle, Spielstätte
der Duisburger Philharmoniker, ist in
Laufnähe, genauso wie der Binnenhafen:
Dieser lockt mit gastronomischem Ange
bot, kulturellen Veranstaltungen und dem
Museum für moderne Kunst, der Küp
persmühle. Der Landschaftspark Duisburg
Nord, ein Gelände rund um ein stillgeleg
tes Hüttenwerk – Austragungsort vieler
Veranstaltungen, erinnert an die Vergan
genheit des Reviers, doch viel Neues ist
entstanden. So dicht gedrängt wie die
Bevölkerung – 2110 Einwohner pro Qua
dratkilometer – ist in Duisburg eben auch
die Kultur. Man muss nur genau hinsehen.
„Duisburg bietet das gesamte Spek
trum an Kultur“, sagt Thomas Krützberg,
seit 2013 Kulturdezernent der Stadt. Kein
leichter Job, denn Duisburg – nach Dort
mund und Essen die drittgrößte Stadt
des Ruhrgebietes – erhält seit 2011 eine
jährliche Konsolidierungshilfe des Landes
NordrheinWestfalen für überschuldete
Kommunen und muss dafür im Gegenzug
einen strengen Sanierungskurs einhalten.
Trotzdem hat es in Duisburg seit 2013
keine Kürzungen mehr im Kulturetat ge
geben. Krützberg erklärt: „Unser Bereich
ist nicht generell von Sparmaßnahmen
ausgenommen – aber er wurde in den
Jahren davor schon genug gebeutelt.“
In NRW stemmen die Kommunen fast
80 Prozent der öffentlichen Kulturaus
Foto: S. ZieSe / dpa
Autorin Julia Korbik
TiTel 7
Fotos: thomas Imo/photothek.net, thomas schmIdt pressebuero stadt herne
07-08/2017 DEMO
gaben. Die Stadt Duisburg gibt jährlich
rund 65 Millionen Euro für Kultur und
Wissenschaft aus, vier Prozent ihres Gesamthaushaltes. Hinzu kommen Landesmittel zur Förderung einzelner Projekte.
Gute und effiziente Planung ist bei
einem kleinen Budget wichtig, und so
veranlasste der neue Kulturdezernent
Thomas Krützberg im Jahr 2013 die Erstellung eines Kulturentwicklungsplanes.
Eine Premiere für Duisburg und ein ehrgeiziges Unterfangen, denn Krützberg
setzte dabei auf die Zusammenarbeit
von freier Kulturszene und Verwaltung.
Andere Städte, so Krützberg, würden
für so ein Vorhaben eine Agentur verpflichten. Er hingegen entschied sich für
den „gemeinschaftlichen Prozess“ und
nahm dafür eine deutlich längere Planungsphase in Kauf: „Beteiligung ist das
oberste Prinzip.“
In der engen Einbindung der freien
Szene sieht Krützberg einen seiner Arbeitsschwerpunkte, genau wie im Erhalt
der kulturellen Infrastruktur. Gerade erst
hat Duisburg die Partnerschaft zwischen
dem Theater und der Düsseldorfer Oper
am Rhein verlängert: Verschiedene Operund Ballettproduktionen werden in beiden Städten gezeigt, Künstler, Kostüme
und Kulissen untereinander ausgetauscht.
Weitere Schwerpunkte der Duisburger Kulturpolitik sind der Erhalt und die
Neuausrichtung der Festivallandschaft.
Zu den bekanntesten städtischen Festivals gehören das Traumzeit Festival im
Landschaftspark Duisburg-Nord und das
Haniel Klassik Open Air. Ein Großteil der
Veranstaltungen, betont Krützberg, könnte ohne Sponsoren aus der Wirtschaft gar
nicht oder nicht in der gewohnten Qualität stattfinden. „Kultur ist ganz klar ein
Standortfaktor“, sagt Krützberg. „Sie lockt
Touristen hierher und sorgt für positive
Schlagzeilen.“ Und davon kann die Stadt
einige gebrauchen, findet der Kulturdezernent: „Duisburg wird leider immer
als Stadt mit vielen Problemen gesehen,
und nicht als das, was sie ist: nämlich eine
pulsierende Stadt mit vielen Chancen.“
einmal drei Prozent des Gesamthaushaltes – ungefähr 1,84 Millionen Euro plus
Transferleistungen – sind in Herne für den
Bereich Kultur vorgesehen.
Hochkulturelle Einrichtungen wie ein
Konzerthaus kann sich die Stadt –anders
als Duisburg – nicht leisten. Stattdessen
setzt man auf Vielfalt mit regionalen Akzenten: Auf der einen Seite gibt es zum
Beispiel die international bekannten und
renommierten Tage alter Musik, auf der
anderen Seite das Pottporus-Festival, bei
dem sich alles um Street Art dreht.
Zunehmend versucht man in Herne,
leerstehende Räumlichkeiten für kulturelle Zwecke zu nutzen. So wurde eine
alte Grundschule 2016 in einen „Ort der
Kulturen“ umgewandelt. Zu den Mietern gehören unter anderem die Poetry
Slam-Agentur WortLautRuhr und der
Videospielekultur-Verein Insert Coins.
Auch in den alten Wartesaal im Herner
Bahnhof hat die Stadt investiert: Er soll
sich langfristig in einen Kunst- und Kulturort verwandeln. Generell, findet Kai
Nordemann, habe Herne einiges zu bieten. Er leitet das Kulturell-Alternative Zentrum, einen Verein, der die Jugendkultur in
der Stadt fördern will. „Mittlerweile kann
man als junger Mensch in Herne so gut
wie jedes Wochenende auf ein Konzert
oder eine andere Veranstaltung gehen.“
Hoch seien die Kultur-Fördergelder
zwar nicht, aber das sei mit Blick auf den
Haushalt logisch: „Immerhin bekommen
wir überhaupt etwas und die Stadt versucht, verschiedene Projekte zu unterstützen.“ Dass die Herner Kulturpolitik trotz
Das Ruhrgebiet
ohne Kultur ist
wie Pommes
ohne Ketchup.
Michelle Müntefering, MdB
Projektgelder vom land
„ich bin Jerry“: Produktion im
Kinder- und Jugendtheater
Kohlenpott in Herne
Herne: Vielfalt durch Vernetzung
Gleiches ließe sich über Herne sagen. Nur
eine gute halbe Stunde dauert es von
Duisburg mit der Bahn über Oberhausen,
Essen und Gelsenkirchen in die geografische Mitte des Ruhrgebietes. Auch Herne
erhält Konsolidierungshilfen vom Land,
muss sparen und aus seinem geringen
Kulturetat das Beste machen. Ein ewiger
Kampf, wie Peter Weber, Leiter des städtischen Kulturbüros, feststellt: „Kultur gilt
immer als Sahnehäubchen obendrauf,
nicht als etwas Notwendiges.“ Gerade
kleinem Budget so gut funktioniert, liegt
laut Peter Weber an verschiedenen Faktoren. Zum einen am Kulturbüro, dem es
gelänge, Kulturschaffende und städtische
Verwaltung zusammenzubringen, und so
neue Dynamiken und Vernetzungen zu erzeugen. Gabriele Kloke, Mitarbeiterin im
Kulturbüro und Leiterin des Kinder- und
Jugendtheaters Kohlenpott, sagt: „Sich
gut vernetzen zu können ist das Wichtigste in der Kultur. Und darin ist Herne
wirklich gut.“ Hinzu kommen Sponsoren:
In der Kulturinitiative Herne haben sich
verschiedene Unternehmen, darunter die
Stadtwerke und die Sparkasse, zusammengeschlossen. In diesem Jahr fördert
die Initiative unter anderem den Wortkünstler-Wettbewerb Tegtmeiers Erben in
den Flottmann-Hallen und das Kunst- und
Theaterprojekt Pottfiction. Das Literaturhaus Herne Ruhr hat kurzerhand seinen
eigenen Förderverein gegründet.
Der „Alte Wartesaal“ im Herner Bahnhof soll Kunst- und Kulturort werden.
So oft es geht versucht Herne außerdem, Landesprojekte und die damit
verbundenen Projektgelder in die Stadt
zu holen, wie zum Beispiel die Kulturstrolche. Nicht zuletzt gibt es eine klare
Vision von Kulturpolitik in Herne: Kultur
soll auch junge Menschen erreichen,
sie soll einen gesellschaftspolitischen
Beitrag leisten und an möglichst vielen
Orten in der Stadt stattfinden.
Doch Weber denkt über Herne
hi naus. Er wünscht sich eine ganze
Kulturregion Ruhrgebiet: „Wir hätten
ein viel größeres Potenzial, wenn wir
gemeinsam auftreten würden.“ Doch
stattdessen herrsche Kirchturmdenken
vor, es gebe kein gemeinsames Ziel wie
noch bei RUHR.2010. „Um gute Kulturpolitik zu machen“, davon ist Weber
überzeugt, „braucht es nicht nur Geld,
sondern auch eine Leitidee“. Die ist offenbar sowohl in Herne als auch in Duisburg vorhanden. Dort wie in anderen
Ruhrgebiets-Städten hat man verstanden, dass Kultur einen Mehrwert bietet,
der über die Einnahmen aus Ticketverkäufen und Eintrittsgeldern hinausgeht.
Michelle Müntefering, Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Herne-Bochum II, ist überzeugt: „Kultur ist das Lebenselixier für eine Stadt, ganz besonders
für eine Metropole wie das Ruhrgebiet.
Die Vielfalt macht es aus, vom Heimatverein bis zu den Ruhrfestspielen, vom BreakDance bis zum Poetry-Slam, vom Lehmbruck- zum Bergbau-Museum.“ Und so
gehört neben Fußball und Industrie eben
auch die Kultur dazu – oder wie Müntefering es sagt: „Das Ruhrgebiet ohne Kultur
wäre wie Pommes ohne Ketchup.“
8 TiTel
DEMO 07-08/2017
Parthenon der verbotenen Bücher« von Marta Minujin auf dem Friedrichsplatz
Volles Haus in der documenta-Halle (l.) und „Das Fremdlinge und Flüchtlinge Monument“
Habemus documenta!
100 Tage lang steht Kassel im Fokus der internationalen
Kunstwelt. Die documenta ist Image und Wirtschaftsfaktor
Autorin Silke Hoock
E
s ist wieder soweit. Kassel, die
200.000-Einwohner-Stadt in Hessen, die nach dem Zweiten Weltkrieg auch mal Bundeshauptstadt werden
wollte, schickt sich erneut an, zur größten Pilgerstätte für Kunstinteressierte zu
werden. Die 14. documenta (d14) ist eröffnet und rechnet mit einer Million Besuchern aus aller Welt. 100 Tage dauert
die Weltkunstausstellung – durch den
vorgezogenen Start in Athen sind es sogar 163 Tage.
Vor allem aber: Die 14. documenta
ist politisch und plakativ. Dort, wo die
Nationalsozialisten 1933 die Bücherverbrennung inszenierten und somit der
freien Meinungsäußerung und jedem
kritischen Gedanken den Garaus machten, steht das Kunstwerk „The Parthenon
of Books“. Das Kunstwerk der argentinischen Künstlerin Marta Minujin ist
einem griechischem Tempel nachempfunden. Sein stählernes Gerüst soll am
Ende mit 100.000 einst verbotenen Büchern bestückt sein. 50.000 Bücher sind
es bereits, die dort hinter Folie stecken.
Es handelt sich um Bücherspenden, die
der dokumenta aus der gesamten Welt
zugeschickt wurden. Um das Gerüst und
den Tempel zu füllen, bedarf es weiterer
50.000 Spenden. Genial – jedermann
kann Teil des Kunstwerkes werden.
Der 2000 Quadratmeter umfassende
Parthenon mitten auf dem geschichtsträchtigen Friedrichsplatz ist statisch und
trotzdem lebendig.
„Wir erleben in diesem Jahr eine
ganz besondere Ausstellung in der langen Tradition der documenta. Denn mit
den zwei Standorten Kassel und Athen
beweist sie erneut: Auch nach mehr als
60 Jahren löst diese Institution überaus
lebendig ihr Credo ein, nachdem sie sich
stets erneuert und ihrem Publikum immer wieder Überraschendes und Unerwartetes präsentiert.
Seit 1955 fasziniert sie die internationale Kunstwelt und setzt sie nach Kassel
in Bewegung“, stellt denn auch SPDOberbürgermeister Bertram Hilgen fest.
Die documenta lobt er als bedeutendste
Ausstellung zeitgenössischer Kunst, die
d14 in ZaHlen
34
Millionen euro kostet die d14.
Die Hälfte davon muss sie mit
eintrittsgeldern, Fanartikeln
und Sponsorenbeiträgen selbst
erwirtschaften. Die andere
Hälfte zahlen das Bundesland
Hessen, die Stadt Kassel und
die Kulturstiftung des Bundes.
166
Gästeführer stehen in Kassel
für die Besucher der d14 bereit.
Geöffnet ist sie bis 17. September täglich von 10 bis 20 Uhr
gegen eintritt (22 euro, ermäßigt 15 euro, Familien 50 euro.
Zweitageskarten 38/27 euro).
Quelle: eigene recherche
stets große mediale Aufmerksamkeit
und kreative Diskussionen auslöse.
Diskussion entfacht auch die Installation des kurdischen Künstlers Hiwa K.:
Er hat 20 Abwasserrohre aufeinander
geschichtet und damit eine Flüchtlingsbehausung in Griechenland nachgebaut.
In solchen Rohren wurden Menschen
auf der Flucht versteckt, die von Patras
in Griechenland nach Ancona in Italien
gelangen wollten. Kaum vorstellbar.
160 internationale Künstler wirken
an dieser 14. documenta mit. Es gibt
viele Performances. Es gibt klassische
Momente mit Bildern und Skulpturen.
Es gibt so vieles zu entdecken in dieser
Kunststadt, in der Joseph Beuys einst
7000 Eichen als Kunstwerk und bleibende Erinnerung hinterließ.
Bertram Hilgen verweist daher sehr nachvollziehbar auf den Imagefaktor der documenta für Kassel: „Durch ihren Bekanntheitsgrad ist sie für Kassel hervorragend
geeignet, nach innen und nach außen zu
wirken.“ Natürlich ist sie auch ein Wirtschaftsfaktor, „in Ausstellungsjahren ein
Arbeitgeber für Hunderte Beschäftige“.
Zudem seien zahlreiche Kasseler Betriebe
für sie tätig. Hotels, die Gastronomie und
der Handel profitierten von den Gästen.
Ach so: Wer aufgrund einer starken Rauchentwicklung am Turm des
Fridericianum die Feuerwehr alarmieren
möchte: Nicht nötig. Der künstliche Nebel ist Kunst und demonstriert: Habemus
documenta!
Fotos: Dirk bleicker
Kassels OB Bertram Hilgen mit dem irakischen Künstler Hiwa K vor dessen Röhreninstallation
TITEL 9
07-08/2017 DEMO
Wie Kunst im
Raum Platz findet
Mit Kunstwerken auf öffentlichen
Schauplätzen das Stadtbild prägen
Autorin Karin Billanitsch
An einem unscheinbaren Ort mit alten Gleisfragmenten entstand der „Gedenkort Güterbahnhof Moabit“.
D
Die Aufgabenstellung für
ein Projekt
ergibt sich aus
der konkreten
räumlichen
Situation, aber
auch aus der
konkreten
sozialen
Spezifik.
Martin Schönfeld, Büro für
Kunst im öffentlichen Raum,
Berlin
fotos: K arin Billanitsch, Martin schönfeld
ie Stämme der jungen Kiefern
sind mit weißer Farbe bepinselt,
der Hain ist auf einem Grundstücksstreifen zwischen einem Baumarkt
und einem Discounter in Berlin gepflanzt.
Näher kommend entdeckt der Besucher
Gleisfragmente neben der rostigen Spundwand einer Militärrampe. Hier, mitten im
Industrie- und Gewerbegelände nahe des
S-Bahnhofes Westhafen, ist Endstation.
Bei Gleis 69, Moabit, ist eine Sollbruchstelle in der Gegenwart, ein Ort des Gedenkens entstanden. Eine Tafel erinnert daran,
dass im nationalsozialistischen Deutschland von Berliner Bahnhöfen, auch vom
Güterbahnhof Moabit, zwischen Oktober
1941 und Frühjahr 1945 über 50.000 Menschen deportiert worden sind.
Das Künstlerkollektiv „raumlaborberlin“ hat den vergessenen Ort gestaltet.
„Als deplatziertes Fragment eines Kiefernwaldes in diesem unwirtlichen Kontext
entsteht eine Verbindung zur Landschaft.
So wie das Fragment des Gleises 69 eine
Verbindung zu den Orten der Ausgrenzung und Vernichtung herstellt, die heute noch als authentische Orte existieren“,
erläutern die Künstler Francesco Apuzzo
und Jan Liesegang ihre Gestaltungsidee
Neu gestaltete Fassade der Berliner Grundschule Karlshorst von Erik Göngrich
bei der Einweihung im Juni. Das „raumlaborberlin“ hatte sich bei einem Kunstwettbewerb durchgesetzt. Begleitet wurde das Verfahren vom „Büro für Kunst
im öffentlichen Raum“ des Kulturwerkes
des bbk berlin GmbH. Die Berliner Senatskanzlei finanzierte den Wettbewerb
– das Bezirksamt Mitte die Realisierung
des Werkes mit Geldern der Deutschen
Klassenlotterie in Höhe von 150.000 Euro.
Das Büro sorgt seit dem Jahr 1977 dafür, dass bei öffentlichen Bauvorhaben im
Land Berlin Kunst ihren Platz findet. Per
Richtlinie ist vorgeschrieben, ein bis zwei
Prozent der Bausumme für Kunst auszugeben. Egal, um welche Neubauten es sich
handelt: Schulen, Sporthallen, Verwaltungsgebäude oder Universitätsbauten.
Einige Städte wie München (Programm
QUIVID) oder auch Dresden haben ähnliche Kunst-am-Bau-Programme. Der deutsche Städtetag hat in einer Handreichung
die Bedeutung der Kunst im öffentlichen
Raum als einen „seit Jahrhunderten festen und herausragenden Bestandteil von
Stadtkultur“ betont. Jede Stadt bzw. Gemeinde sollte einen kompetenten Verantwortlichen benennen, der sich um Kunst
im öffentlichen Raum kümmert, heißt es
dort.
Das Berliner Büro betreut auch Kunstprojekte im öffentlichen Raum, die nicht
an einen Bau gebunden sind. „Wir begleiten die Auslober, Künstlerinnen und
Künstler von der Auslobung bis zur Auftragsvergabe und Realisierung“, erklärt
Martin Schönfeld. Das Büro sieht sich als
Anwalt der Künstlerinnen und Künstler.
So wird durch ein Rotationsverfahren bei
den Einladungen zu Wettbewerben für
Fairness und Chancengleichheit gesorgt.
Die meisten Ausschreibungen der öffentlichen Hand sind auf eine Auswahl
unter einer bestimmten Anzahl von Entwürfen beschränkt, erläutert Schönfeld.
Am Wettbewerb für den Gedenkort
Moabit hatten neun Künstler teilgenommen. Solch abgespecktes Verfahren ist für
öffentliche Verwaltungen – nicht nur in
Berlin – besser zu leisten, weil es weniger
finanziellen und personellen Aufwand erfordert als etwa ein deutschlandweit offen ausgeschriebener Wettbewerb. „Öffentliche Bauverwaltungen sind vielerorts
personell ausgedünnt und überlastet“,
sagt Schönfeld. Der öffentliche Raum ist
belagert von vielfältigen Interessen: Mehr
Straßenverkehr, Konsum und Bauvorhaben verändern unsere Stadtbilder, Konstellationen ergeben sich stets neu. Hier
greift der Künstler ein. Skulpturen, Installationen, Wandbilder, Denk- und Mahnmale prägen das Stadtbild und können
öffentliche Diskurse auslösen. „Die Aufgabenstellung für ein Projekt ergibt sich
aus der konkreten räumlichen Situation,
also der Architektur, aber auch aus der
konkreten sozialen und gesellschaftlichen
Spezifik“, erklärt Schönfeld.
Im Berliner Bezirk Lichtenberg hat der
Künstler Erik Göngrich etwa die renovierungsbedürftige Fassade der Grundschule Karlshorst gestaltet: So wurde das
Haus Träger eines Kunstwerkes. „Räuber
und Gendarm – Vornamen 2015“ heißt
Göngrichs Fassadenskulptur. In einer Momentaufnahme wurden alle Vornamen
der Schulkinder in signalroter Farbe auf die
Fassade gemalt. 452 Namen, die zeigen:
Hier sind wir! „Die Jungen und Mädchen
konnten selbst bestimmen, wo genau auf
der Fassade ihre Namen stehen sollen –
oder sich verstecken“, erläutert Göngrich.
Aaron und Vincent, Frauke oder Laura:
Jeder der 452 Schriftzüge ist gleich groß
mit gleicher Typografie – und macht den
Querschnitt der umliegenden Bevölkerung ohne Unterschiede sichtbar. So kann
Kunst zum Identitätsfaktor werden. „Alle
Kinder des Jahrganges 2015 sind auch in
einem Fotobuch porträtiert“, das war mir
wichtig“ erzählt der Künstler. Ein Beispiel
von vielen, das im Kleinen zeigt, dass es
immer mehr um soziale Aspekte der Beteiligung und Kommunikation geht.
Handreichung zum Umgang mit Kunst im
öffentlichen Raum: www.staedtetag.de/
presse/beschluesse/065053/index.html
Gespräch mit Erik Göngrich: demo-online.de
10 TiTel
DEMO 07-08/2017
Ouvertüre in der „Platte“
Im Sommer bietet die Kulturarena Jena Besuchern ein breites
musikalisches Spektrum – bis in die Trabantenviertel hinein
Autor Harald Lachmann
hoffte auf Gelder etwa durch Ticketeinnahmen und Zuschüsse. In den Sommermonaten sollte die Innenstadt mit einem
Mix aus Konzerten, Theater-, Kino- und
Kinderveranstaltungen Besucher locken.
Bewusst legte man aber da schon Wert
auf nichtkommerzielle Akteure.
Und das Konzept ging auf. Inzwischen
zählt die Kulturarena Jena mit jährlich
70.000 Besuchern zu den größten innerstädtischen Open-Air-Veranstaltungen
der Republik. Sie ziehen sich über sechs
Sommerwochen hin und erstrecken sich
zugleich über ein ungemein breites musikalisches Spektrum: von klassischem Jazz
über Pop, elektronische Musik, Ska, Funk,
Hip Hop und Rock bis hin zu afrikanischer
und südamerikanischer Musik.
Mit 70.000 Besuchern zählt die Kulturarena Jena zu den größten innerstädtischen Open-Air-Veranstaltungen Deutschlands.
A
ls eine triste Plattenbausiedlung
direkt neben der Autobahn
erschien Vorbeifahrenden die
Jenaer Trabantenstadt Lobeda in den
1990er Jahren. Und so falsch lag man da
nicht. Mehr als eine Schlafstadt mit hoher Arbeitslosigkeit war das seit dem Jahr
1964 nach und nach errichtete Neubauquartier nicht. Neulobeda, wie der Stadtteil heute heißt, mauserte sich: Er kam
von 1993 bis 1999 in das Bund-LänderProgramm zur Weiterentwicklung großer
Neubaugebiete und gleich danach in das
Thüringer Landesprogramm zur Wohnumfeldverbesserung. Später schwang sich
das Viertel sogar noch zu einem Modellvorhaben der „Sozialen Stadt“ auf.
echte lebenskultur
Gut 30 Millionen Euro wurden seither in
die Plattenbaufluchten investiert, neue
Gehwege angelegt, Freiflächen verschönert, Schulhöfe gebaut und eine Bibliothek
saniert. Um ein Flair echter Lebenskultur
in dem sozialen Brennpunkt zu schaffen,
bedurfte es aber weiterer Akzente: etwa
einer authentischen Wertschätzung des
Gebietes durch das Rathaus.
Und genau das ist geschehen. Inzwischen
ist es für den ehrenamtlichen Ortsbürgermeister Volker Blumentritt (SPD) normal,
dass in „seinem“ Lobeda – wie jedes Jahr
seit dem Jahr 2000 – die Jenaer Kulturarena eröffnet wurde. Auf dem Programm der ArenaOuvertüre am 23. und
24. Juni auf dem Festplatz Lobeda-West
stand eine philharmonische „Sommerträumerei“ der Jenaer Philharmonie mit
Musik von Gershwin, Mozart und Mendelssohn Bartholdy.
Blumentritt, von Haus aus Koch und
schon lange in der „Platte“ zu Hause, wird
es wieder genossen haben. Dabei hatte es
ihn in den 90er Jahren viel Kampf gekostet, Neulobeda diese – wenn man so will
– Bühnenpräsenz zu ermöglichen, gegen
den Widerstand der FDP, die damals an
der Spitze des Rathauses agierte. Blumentritts Parteifreund Klaus Hattenbach
(SPD), erster Jenaer Kulturdezernent nach
der Wende, hatte 1991 die Idee, aus der
Ruine des früheren Stadttheaters – gestaltet von Walter Gropius – das neue Theaterhaus aufzubauen. Mit einem neuen,
internationalen Musikfestival wollte er das
ruinöse Stadttheater wiederbeleben und
Die Kulturarena
ist ein die
ganze Stadt
ergreifendes
Ereignis, eine
eigene Jahreszeit,
ein kulturelles
Kraftzentrum.
Volker Blumentritt, Ortsbürgermeister in Neulobeda
Die Eröffnung steigt traditionell an zwei
Abenden zwischen den Plattenbaugevierten von Neulobeda. Einbezogen
sind noch weitere, teils weniger zentrale
Schauplätze wie der Westbahnhof und
das Jenaer Volksbad. Die Kulturarena sei
eben heute „nicht einfach nur ein weiteres
Musikfestival, sondern längst ein die ganze Stadt ergreifendes Ereignis, eine eigene
Jahreszeit, ein kulturelles Kraftzentrum“,
schwärmt der inzwischen 71-jährige Blumentritt, der nächstes Jahr übrigens sein
20-jähriges Jubiläum als Ortsbürgermeister feiert. Es sei ein Gegenentwurf zu ostdeutschen Zerrbildern von Fremdenhass
und Städteflucht. Eben das lockte inzwischen auch namhafte Künstlerinnen und
Künstler wie etwa Al Jarreau, Patti Smith,
Goran Bregovic, Omara Portuondo, Nigel Kennedy, Götz Alsmann, Ute Lemper,
Farin Urlaub oder „Wir sind Helden“ in die
Universitätsstadt an der Saale.
Die SPD, die nun seit dem Jahr 2006
mit Albrecht Schröter den Oberbürgermeister in der Wirtschafts- und Wissenschaftsmetropole Jena stellt, lässt in ihrer
kommunalpolitischen Arbeit Kultur und
Kunst viel Raum: Kultur sei nicht nur Kunst
sondern auch „wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung, die private Lebensgestaltung, für Identität, Integration und die
Identifikation mit dem Gemeinwesen“, so
der Rathauschef. Kultur auf diesem nicht
elitären Level könne „Menschen zusammenbringen, zu unkonventionellem Denken anregen, neues Sehen, Hören und
Fühlen spannend und möglich machen“.
Und dies gerade auch in den Außenbezirken der Stadt. Deshalb werden die Arenatickets auch bewusst günstig angeboten.
Mehr auf www.demo-online.de:
Warum die Theaterkooperation zwischen
Erfurt und Weimar umstritten ist
FotoS: AndreAS Hub / KulturArenA JenA, HArAld lAcHmAnn
Ostdeutscher Gegenentwurf
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12 TiTel
DEMO 07-08/2017
Motor für den Dorfladen
Soziokultur kann auf dem Land viel bewirken
Autor Ulf Buschmann
D
ie Frau läuft auf dem weißen
Strich am Bahnsteig entlang
– doch keiner der Männer um
sie herum rettet sie. Und am Ende weiß
diese Frau: „Ich bin eine Primzahl, denn
keiner will sich mit mir teilen.“ Victoria
Helene Bergemann aus Hamburg steht
auf der Bühne und deklamiert, was ihre
Seele hergibt. Sie ist Autorin und begeistert an diesem Abend auf einem Poetry
Slam vor allem junge Leute. Sie sitzen
dicht an dicht im Kulturzentrum Kleinbahnhof, kurz KUZ, in der niedersächsischen Kreisstadt Osterholz-Scharmbeck.
Es ist eines der vielen soziokulturellen
Zentren in Niedersachsen – jenen in den
1970er und auch noch in den 1980er Jahren entstandenen Einrichtungen in Dörfern, kleinen und mittleren Städten. Im
Gegensatz zu Theatern und Opern sollen
die soziokulturellen Zentren offen für
alle Bevölkerungsgruppen sein. Örtliche
Theatergruppen haben dort genauso ihren Platz, wie Elterngruppen und Initiativen. Soziokulturelle Zentren sind zudem
wichtige Spielstätten für Künstler. Sängerinnen wie Ulla Meinecke treten dort
genauso auf wie erfolgreiche Comedians,
Hennes Bender zum Beispiel.
Gut funktionierende Zentren sind nach
Überzeugung von Praktikern ein wichtiges Bindeglied für das Zusammenleben
und den gesellschaftlichen Zusammenhalt im ländlichen Raum. „Die Soziokultur ist Motor, Dreh- und Angelpunkt“,
Poetry Slam im Kulturzentrum
Kleinbahnhof in OsterholzScharmbeck: Victoria Helene
Bergemann tritt auf.
sagt Dorit Klüver, Pressesprecherin der
Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur
Niedersachsen (LAGS). Zu ihr gehören
nach eigenen Angaben 99 Vereine und
Zentren. Die Einrichtungen würden die
nicht mehr existierenden Kneipen, die
Postfiliale oder den geschlossenen kleinen Supermarkt als Kommunikationsmittelpunkte ersetzen. Dadurch werde
die Dorfgemeinschaft gestärkt.
Gleichwohl ließen sich die grundsätzlichen Probleme des ländlichen Raumes
nicht lösen, weiß Ute Fürstenberg. Sie
ist Pressesprecherin der Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren in Berlin.
Wo die entsprechenden Einrichtungen
gut in Schuss sind, erhöhten sie den
„Identifikationsfaktor“ der Menschen auf
dem Land. Fürstenberg weiß: „Die Leute
dürsten nach Kultur; selbst dann, wenn
sie die Zentren nicht besuchen.“ In den
Dörfern könnten sich Kulturschaffende
ihre Nischen suchen, „die in der Stadt
untergehen“, meint Fürstenberg. In diese
Sicht stimmt Karin Dialer-Strackerjan ein.
Sie ist über viele Jahre Geschäftsführerin
der Kulturmühle Berne im niedersächsischen Landkreis Wesermarsch gewesen.
Die Kulturmühle ist gerade 25 Jahre alt
geworden. Nach anfänglicher Skepsis
„haben wir uns etabliert“, sagt Dialer-Strackerjan. Der Anspruch, „eine andere Kultur als Maibaumsetzen und Feuerwehrbälle“ zu realisieren, habe sich durch viel
Engagement in die Tat umsetzen lassen.
Dank gut dotierter Zuwendungen insbesondere von verschiedenen Stiftungen
können die Macher der Kulturmühle heute unterschiedlichen Gruppen einen Treffpunkt anbieten. Die Kulturmühle ist für
Senioren, Kinder und Jugendliche ebenso
wie zum Beispiel für Künstler da. Besonders stolz ist Dialer-Strackerjan darauf,
dass junge Bands aus der Region in der
Kulturmühle in die Saiten hauen können.
Vorbehalte in Dörfern existieren
Allerdings ist in Sachen Soziokultur nicht
alles Sonnenschein. Abgesehen davon,
dass die Zentren in der Regel im Vergleich
zu anderen etwa zu Theatern und Opernhäusern viel weniger staatliche Förderung
bekommen, müssen sie immer wieder mit
Vorbehalten aus der eigenen Nachbarschaft zurechtkommen. Diese Erfahrung
hat Holger Rodiek, Vorsitzender des Vereins Landkultur Freepsum in der Gemeinde Krummhörn in Ostfriesland, gemacht.
Das Veranstaltungszentrum existiert seit
dem Jahr 2007 und wird komplett ehrenamtlich betrieben. Rodiek kennt die üblichen Vorbehalte: angeblich zugeparkte
Straßen sowie Lärm der Besucher bei der
An- und Abfahrt zum Beispiel. Sein Fazit:
„In kleinen Einheiten funktioniert so was
nicht.“ Entsprechend seien der Einzugsbereich der Landkultur Freepsum nicht das
180-Seelen-Dorf selbst, sondern vor allem
das nördliche Ostfriesland und die zehn
Kilometer entfernte Stadt Emden.
Viele Zentren haben auch mit dem Generationenwechsel zu kämpfen – wie das
KUZ in Osterholz-Scharmbeck. Dass in
erster Linie junge Leute – wie zum Poetry
Slam – kommen, sei die Ausnahme, erläutert Rolf Lübbert, Vorsitzender des gleichnamigen Trägervereines: „Unser Publikum
altert mit dem Zentrum.“
Kulturtourismus im ländlichen Raum
Ländliche Regionen haben viel zu bieten.
Doch mit der Vermarktung hakt es vielerorts. Dieses Defizit möchte das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und
Energie (BMWi) minimieren. Deshalb gibt
es seit dem 1. August 2015 das Projekt
„Die Destination als Bühne: Wie macht
Kulturtourismus ländliche Regionen erfolgreich?“. Es ist bis zum 30. Juni 2018
befristet. Mit dem Projekt „wollen wir die
Regionen in die Lage versetzen, eigene,
tragfähige kulturtouristische Konzepte
Kulturtourismus-Modellregion
Ostfriesland
für eine erfolgreiche Entwicklung zu erarbeiten und umzusetzen“, sagt die Tourismusbeauftragte der Bundesregierung,
die Parlamentarische Staatssekretärin
Iris Gleicke. Fünf Modellregionen stehen
dafür Pate: Oberlausitz-Niederschlesien,
Ostfriesland, die Zugspitz Region sowie
seit Ende 2016 die Region Anhalt-DessauWittenberg und die Mecklenburgische
Seenplatte.
Weitere rund 200.000 Euro gibt es für
die Dialogplattform www.culturcamp.de.
„Kulturtourismus kann gerade ländlichen
und oft strukturschwachen Regionen nachhaltig Auftrieb geben“, begründet Gleicke
das Engagement des Ministeriums. Doch
mit der Entwicklung unterschiedlicher Konzepte allein lasse sich nicht viel bewegen.
Wichtig sei auch der Austausch untereinander. Dafür, erklärt die Staatssekretärin,
sei die Dialogplattform nicht nur sinnvoll,
sondern sogar unerlässlich. So könnten
sich „Kulturschaffende leichter vernetzen und voneinander lernen“.
fotos: Ulf BUschmann; www.ostfriesland.de
Bundeswirtschaftsministerium fördert fünf Modellregionen und die Dialogplattform www.culturcamp.de
TITEL 13
07-08/2017 DEMO
Auf der roten Liste
Das Leverkusener Museum Morsbroich muss
sein Defizit verringern – Suche nach Wegen
Autor Bert Gerhards
B
ei seiner Eröffnung im Jahr 1951
war das Museum Morsbroich in
Leverkusen das erste Museum
für moderne Kunst in ganz Deutschland. Seither war der Betrieb im mehr
als 200 Jahre alten Barockschloss immer
ein Symbol für künstlerische Avantgarde.
Große Namen gehörten dazu, Gerhard
Richter und Georg Baselitz voran. Auch
Joseph Beuys, dessen Kunstwerk „Badewanne“ 1973 in Leverkusen Schaden
nahm, als die planvoll verunreinigte
Wanne zum Zwecke der Bierkühlung
für ein Sommerfest geschrubbt wurde.
Heute ist der Fortbestand des Museums
infrage gestellt.
Avantgarde kostet, und Kosten kann
sich die rheinische Industriestadt im
Norden Kölns nicht mehr leisten. In den
Nachkriegsjahrzehnten durchaus wohlhabend – der Chemiekonzern Bayer
sorgte für beständig sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen – ist die Stadt heute
im Grunde pleite und wird mit Sonderzahlungen des Landes Nordrhein-Westfalen über Wasser gehalten. Bayer hat
die Töchterkonzerne Lanxess und Covestro abgenabelt, Unternehmensgewinne
werden kunstvoll andernorts versteuert.
Fotos: MuseuM Morsbroich, Leverkusen; www.haMburg-Fotos-biLder.de,pixeLio.de
Kassensturz in Morsbroich
Weil aber das Land die Stadt finanziell
retten muss, hat dieses auch das Gemeindeprüfungsamt auf Leverkusen angesetzt, um nachzuschauen, wo das seit
Jahren enorme Haushaltsdefizit entsteht.
Dabei fiel der Blick der Prüfer auf den
erwartungsgemäß defizitären Kulturbetrieb der Stadt, der mit einem jährlichen
Minus von rund zehn Millionen Euro
abschließt. Die beauftragte Düsseldorfer Prüfungsfirma KPMG schaute in die
Bücher des Eigenbetriebes „Kulturstadt
Leverkusen“ und kam Anfang 2016 zu
drastischen Empfehlungen. Neben Gebührenerhöhungen bei der Musikschule
und Zuschusskürzungen bei freien Trägern galt der gravierendste Vorschlag
dem Museum Morsbroich: Schließung
bis spätestens 2018, Auflösung des Depots mit 400 Gemälden und Skulpturen
sowie über 5000 grafischen Druckwerken und Übergabe der Kunstwerke als
Dauerleihgaben an Museen im Rhein-
land. So ließen sich jährlich 800.000 Euro sparen. Der Deutsche Kulturrat setzte
daraufhin das Museum auf die Rote Liste
bedrohter Kultureinrichtungen.
Leverkusens schockierte Kommunalpolitiker reagierten mit Empörung und
hinhaltendem Widerstand, sprachen von
drohendem kulturellem Kahlschlag und
berieten ergebnislos über die unliebsamen Sparvorschläge. Eine Petition für
den Fortbestand des Museums fand im
Internet 15.000 Unterstützer. Die örtliche
Kulturszene protestierte farbenfroh. Aber,
wie hatten es die Betriebswirtschaftler
der KPMG so schön formuliert: Mit seinen marginalen Besucherzahlen erreiche
das Museum maximal 3,6 Prozent der
Leverkusener Bevölkerung. So bleibe der
kulturelle Bildungsauftrag „weitgehend
abstrakt“. Im 1. Quartal 2017 kamen nur
5634 Besucher, von denen wiederum
2537 überhaupt Eintritt zahlten. Und die
Besucherzahlen sind weiter rückläufig.
Nun hat sich mit dem Segen des Stadtrates mit Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD) an der Spitze eine Arbeitsgruppe von Leverkusener Honoratioren aus
dem Förderverein des Museums gebildet,
um bis Anfang 2018 Rettungsmöglichkeiten auszuloten. Ziel ist es, das Museum
als Kulturort zu erhalten, dabei aber das
Defizit deutlich zu verringern. Angedacht
wird die kommerzielle Nutzung von
nicht museal genutzten Räumen und des
Parkgeländes des Schlosses für Veranstaltungen. Überlegt wird zudem, den
Schlosspark für Ausflügler aufzuwerten
und besser zu erschließen. Allein der
Museumsbetrieb soll nicht gestört, die
Würde von „Leverkusens guter Stube“
gewahrt werden.
Der Fortbestand ist bedroht: Museum Morsbroich.
In der Malerei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Eine professionelle,
praxisorientierte Ausbildung über ein Jahr bietet die Volkshochschule Mainz an.
Erwachsenenbildung mit
Akademiecharakter
Autorin Irmela Heß
Ein „Leuchtturmprojekt, auf das
wir stolz sind“ ist die „Kunstwerkstatt Mainz“ für Christian
Rausch, Direktor der Volkshochschule (VHS) Mainz. Und wirklich, es ist ein besonderer Kurs,
den die Weiterbildungseinrichtung der rheinland-pfälzischen
Landeshauptstadt bietet: eine
professionelle praxisorientierte
Ausbildung in Malerei.
Wie die rund 900 Volkshochschulen in Deutschland hat
auch die Mainzer VHS viele
Kunst- und Kreativkurse im
regulären Programm. Die
„Kunstwerkstatt Mainz“ ragt
als Angebot heraus: Wer in den
Jahreskurs (Kursgebühr: 1620
Euro) aufgenommen wird, hat
das Auswahlverfahren erfolgreich hinter sich gebracht und
knapp 290 Übungsstunden vor
sich, inklusive Wochenendworkshops, Museumsexkursionen
und einer Kreativwoche.
Die bis zu 24 Teilnehmenden
verteilen sich auf einen Vormittags- und einen Abendkurs
und wollen auch außerhalb
der Kurstage an ihren Werken arbeiten. Begleitend zum
praktischen Unterricht, der
von Zeichenübungen über die
Nachahmung alter Maltechniken bis zu eigenständiger
Gestaltung reicht, gibt eine
Kunstgeschichte-Vorlesung
einen Überblick über Kunst
und Architektur in verschiedenen Epochen.
Werkstattleiterin ist die Künstlerin und Kunstpädagogin Doris
Happel. Sie ist überzeugt, dass
handwerkliche und kunsttheoretische Kenntnisse wichtige
Grundlagen für künstlerisches
Arbeiten sind – und dass sich
eine Auseinandersetzung
mit Kunst und Künstlern immer lohnt, für den einzelnen
Menschen genauso wie für
die Gesellschaft. Kunst sei
ein wichtiger Bestandteil der
Erwachsenenbildung.
Die „Kunstwerkstatt Mainz“
bereichert nicht nur die Teilnehmenden, sondern auch das städtische Kulturleben. So werden
in den Ausstellungen, die zum
Abschluss eines jeden WerkstattJahres eröffnet werden und
dann rund drei Monate im VHSHaus zu sehen sind, jeweils rund
250 Gemälde und Zeichnungen
gezeigt – und das seit 17 Jahren.
Die Volkshochschule Mainz
hatte im Jahr 2016 ein Gesamtbudget von 4,3 Millionen Euro.
Die Stadt zahlte davon rund
110.000 Euro, das Land
Rheinland-Pfalz rund 524.000
Euro – auf der Grundlage des
Weiterbildungsgesetzes, das
eine Förderung von Unterrichtsstunden je nach Volumen regelt.
3,6 Millionen Euro wurden als
Kursgebühren eingenommen.
14 TiTel
DEMO 07-08/2017
Ein Turm für den Bibel-Schatz
Mainzer Gutenberg-Museum wird erweitert: Ein moderner
Solitär in historischer Umgebung soll entstehen
Autorin Irmela Heß
E
ine neue „Schatzkammer“ zu
bauen, das ist kein einfaches
Unterfangen, selbst wenn es
sich nicht um einen gesicherten Tresor,
sondern „nur“ um einen öffentlichen
Raum für wertvolles Kulturgut handelt.
Das wird gerade in Mainz deutlich, wo
man einen neuen Kulturbau realisieren
möchte: als Erweiterung für das Gutenberg-Museum, weltbekanntes und
renommiertes Haus für Buch- Druckund Schriftgeschichte in Trägerschaft
der Stadt. Hier soll unter anderem der
„Schatz“ des Museums zu sehen sein:
zwei Gutenberg-Bibeln aus dem 15.
Jahrhundert, gedruckt von Johannes
Gutenberg, der mit seiner Entwicklung
des Buchdruckes mit beweglichen Lettern die Grundlage für die schnelle Verbreitung von Informationen legte und
so die Voraussetzung schaffte, dem
einfachen Volk mehr Bildung zu ermöglichen.
Baustart noch 2017 geplant
Der Architektenwettbewerb ist entschieden: Sieger ist das Hamburger Büro DFZ
Architekten mit einem rund 23 Meter
hohen turmartigen Gebäude, das bin-
nen kurzer Zeit „Bibelturm“ genannt
wurde. Mitte vergangenen Jahres stellte
der Mainzer Oberbürgermeister Michael
Ebling (SPD) gemeinsam mit Bau- und
Kulturdezernentin Marianne Grosse
(SPD) und der Direktorin des GutenbergMuseums Dr. Annette Ludwig den Entwurf vor, der auch im Stadtrat auf große
Zustimmung stieß. Fünf Millionen Euro
stehen für den ersten Bauabschnitt zur
Verfügung. Eine Baukommission mit
Vertretern aller Stadtrat-Fraktionen, der
beteiligten Fachdienststellen sowie der
Gutenberg-Stiftung und des Bistums
Mainz soll den Planungs- und Bauprozess begleiten. Baustart soll – wenn
möglich – noch 2017 sein.
Allerdings ist das Projekt nicht unumstritten, es hat sich bereits eine Bürgerinitiative dagegen gegründet. Nicht
funktional, nicht kosteneffizient, nicht
vereinbar mit dem Denkmalschutz, und
der zum Erholen einladende „grüne“
Platz vor dem Museum werde erheblich kleiner: So lauten wesentliche Kritikpunkte. Uneinigkeit herrscht darüber,
ob diese Art zeitgenössischer Architektur – die Außenhaut des Solitärs soll als
Verweis auf Gutenberg mit metallenen
HocH HinauS
23
Meter hoch ist nach den
Plänen das Gebäude des
„Bibelturmes“.
5
Millionen euro hat die Stadt
Mainz für den Turm-Neubau
bereitgestellt. Damit ist noch
nicht die Finanzierung des
gesamten Projektes gesichert.
Der Rest soll mit Sponsorenund Fördergeldern finanziert
werden.
Quelle:DfZ-Architekten, StADt MAinZ
Unterstützung durch Stiftung
Unterstützung gibt es unter anderem
von der Gutenberg-Stiftung, die nicht
nur das Bewusstsein für die Bedeutung
Gutenbergs erhalten und wecken möchte, sondern auch das Museum fördert,
unter anderem mit dem Verkauf von
Artikeln aus der Welt des Druckens im
Gutenberg-Shop. Zusätzlich sorgt die
1901 gegründete wissenschaftliche Internationale Gutenberg-Gesellschaft mit
mehr als 1300 Mitgliedern in 35 Ländern
für einen hohen Bekanntheitsgrad. Sie
erforscht Geschichte und Gegenwart
der Druckkunst und der schriftorientierten Medien und gibt jährlich ein „Gutenberg-Jahrbuch“ heraus.
Die Bau- und Kulturdezernentin ist
optimistisch, dass das „Gutenberg-Museum der Zukunft“ Wirklichkeit wird.
Mit dem „Bibelturm“ werde die Stadt
weltweit Aufsehen erregen und mögliche Geldgeber auf das Gutenberg-Museum aufmerksam machen. Grosse: „Es
gibt viele Beispiele, wo eine Realisierung
auf diese Weise funktioniert hat.“
foto: DfZ-Architekten
Der Siegerentwurf des Hamburger Büros DFZ Architekten zeigt das – nicht unumstrittene – 23 Meter hohe Gebäude.
Lettern versehen sein – das Stadtbild
aufwertet oder nicht.
Marianne Grosse ist sicher: „Wir
wollen hier ein architektonisches Ausrufezeichen setzen. Denn ist es wahnsinnig wichtig, dass das Weltmuseum
der Druckkunst endlich in eine Form
gebracht wird, die ihm angemessen ist.“
Der baulichen Erneuerung – wenn der
Turm steht, sollen die beiden bisherigen Ausstellungsgebäude, erbaut 1962
und 2000, umfassend renoviert und mit
Brandschutz versehen werden – wird
eine inhaltliche folgen. Das Ziel: ein
modernes lebendiges Museum, in dem
nicht nur mittelalterliche Handschriften,
historische Drucke, Setz- und Druckgerätschaften, Buch- und Schriftkunst
zu sehen sind, sondern in dem ein Bogen zu zeitgenössischer Druckkunst und
Typografie und den modernen Medien
geschlagen wird.
Die Finanzierung des gesamten Projektes ist nicht gesichert. Die Stadt hat
neben den 1,6 Millionen Euro, die als
jährliche Kosten fürs Museum im Haushaltsplan eingestellt sind, zusätzlich rund
fünf Millionen Euro für den Turmbau bereitgestellt, zusätzlich rund 1,2 Millionen
Euro für die Sanierung des zum Museumskomplex gehörenden RenaissancePalais‘ „Haus zum Römischen Kaiser“, in
dem unter anderem Bibliothek und Verwaltung untergebracht sind. Den Rest –
Grosse spricht von einem zweistelligen
Millionenbetrag – will man über Spenden- und Sponsorengelder finanzieren.
TiTel 15
07-08/2017 DEMO
Strenge Sicherheit bei
Veranstaltungen
Aufsicht liegt bei den Kommunen – Veranstalter beklagen
schärfere Vorschriften und häufigere Kontrollen
Autor Uwe Roth
S
icherheitsauflagen bringen Vereinsvorstände gehörig ins Schwitzen – besonders wenn sie die
Kosten einer Großveranstaltung kalkulieren. Ohne externe Dienstleister sind
mittlerweile sämtliche Vorschriften
kaum einzuhalten. Seit die Terrorgefahr
wächst, muss zumindest in größeren
Städten Wachpersonal bezahlt werden.
Der Gesetzgeber stellt zudem hohe
Anforderungen an den Brandschutz, die
Sicherheit des Bühnenaufbaues sowie
der Ton- und Lichttechnik. Das zu gewährleisten, kostet Geld.
Seit dem Love-Parade-Unglück vor
sieben Jahren in Duisburg wird vielerorts strenger kontrolliert, sagen diejenigen, die viel mit Veranstaltungsorganisation zu tun haben. Die Aufsicht haben
die Kommunen. Es liegt damit regelmäßig in der Hand der verantwortlichen
Mitarbeiter in den Behörden, ob ein
Kulturevent zustande kommt – selbstverständlich ohne Regeln zu umgehen.
Manche ehrenamtlichen Organisatoren
haben indes angesichts des Zeit- und
Kostenaufwandes nicht selten verzagt
aufgegeben.
Die Sicherheit
der Besucher
geht vor.
Anton Knittel, Sprecher von
Harry Mergel (SPD), Heilbronns Oberbürgermeister
stellt er klar. Manchmal aber habe er den
Eindruck, Kontrolleure unterstellten Vereinen, sie seien nicht in der Lage, für die
notwendige Sicherheit zu sorgen, oder
sie würden Vorschriften umgehen. „Es
kommt auf die Verhältnismäßigkeit an“,
sagt Eßig – die nach seiner Überzeugung
nicht immer gewahrt ist. „100 Prozent
Sicherheit gibt es aber nicht“, bekräftigt
er. Es existiert viel Ermessensspielraum
für die Auslegung der Auflagen. Deshalb
sei nach seiner Überzeugung „ein guter
Foto: LandesbLasorchester baden-Württemberg
Finanzieller Druck für Vereine
„Die Vorschriften gibt es schon sehr lange. Nur wird erst seit einigen Jahren darauf geachtet, dass sie eingehalten werden“, sagt Wöber. Die Vereine „waren
Narrenfreiheit gewöhnt“, weil sie jahrelang nicht kontrolliert wurden. Sie sind
erstaunt, wenn jetzt ein Fachmann mit
Messgerät auftaucht und ein in Eigenregie verlegtes Starkstromkabel abmontieren lässt. Eine Veranstaltungstechnik,
die den Sicherheitsstandards entspricht,
müsse meistens angemietet werden. Das
verteuere ein Vereinsfest oder Konzert,
von denen sich Vereine immer Gewinne
erhoffen, aus denen sie ihre Arbeit finanzieren. „Bei Firmenveranstaltungen
werden solche Kosten überhaupt nicht
infrage gestellt. Bei kleineren Vereinen
wollen wir in einem offenen Dialog eine
Lösung finden“, sagt der Betriebsleiter.
Keine Subventionierung
Härtere Auflagen
Hartmut Eßig ist Geschäftsführer des
Blasmusikverbandes Baden-Württemberg und ein erfahrener Veranstaltungsprofi. Er steckt mitten in den Vorbereitungen zum Landesmusikfestival, zu dem
3000 Teilnehmer erwartet werden. Die
gastgebende Stadt in diesem Jahr ist
Horb am Neckar. Eßig wirkt leicht angespannt, als es um das Thema Sicherheitsauflagen geht. Es sei schwieriger geworden, die Aufsicht zufriedenzustellen, ist
er überzeugt. Sein Verband habe es zu
spüren bekommen: Über Jahrzehnte sei
das Akademiehaus in Kürnbach (Landkreis Karlsruhe) in Betrieb gewesen. Mit
einem Mal hätten dort aus Brandschutzgründen keine Kurse mehr stattfinden
dürfen.
„Es liegt doch im Eigeninteresse der
Verantwortlichen, dass nichts passiert“,
Dialog“ mit der Behörde am Ende entscheidend dafür, ob es eine Genehmigung gibt. „Darüber muss man reden.“
Die Firma Lautmacher Veranstaltungstechnik in Ludwigsburg profitiert
davon, dass Vereine und andere kleine
Veranstalter professionelle Unterstützung benötigen. Daniel Wöber ist Betriebsleiter und bestätigt, dass es eine
Unzahl von Vorschriften gibt, die zudem
von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind. Ein Beispiel: Ab einer
bestimmten Größe einer mobilen Bühne muss diese nach dem Aufbau von
Fachleuten der Kommune abgenommen
werden. Das allein kostet den Veranstalter zwischen 100 und 250 Euro.
Bei größeren Kulturveranstaltungen sind Sicherheitsauflagen ein wichtiges Thema.
Hier spielt das landesblasorchester Baden-Württemberg beim Musikfest 2013.
Heilbronns Oberbürgermeister Harry
Mergel (SPD) ist der Jahreszeit entsprechend momentan zu vielen Freiluftveranstaltungen eingeladen. Er kennt den
finanziellen Druck, unter dem Vereine als
Veranstalter stehen. Sein Sprecher Anton
Knittel stellt klar: „Die Stadt subventioniert die Umsetzung von Sicherheitsauflagen nicht.“ Die Veranstalter hätten die
Möglichkeit, die notwendigen Kosten
über Eintrittspreise oder Getränkeverkauf
hereinzuholen.
„Wenn dies entsprechend kommuniziert würde, wäre unseres Erachtens
die Bereitschaft der Besucher da, die
Mehrkosten dann auch zu bezahlen.“ Allerdings werde seitens der Stadt darauf
geachtet, „dass zwischen den nötigen
Sicherheitsanforderungen für die Besucher und dem Kostenaufwand für die
Veranstalter ein angemessener Ausgleich
besteht“. Er stellte jedoch klar: „Die Sicherheit der Besucher geht vor.“
16 TiTel
Kultur antizyklisch fördern
Einsparungen im Kulturbudget haben nur kurzfristige Effekte
– der gesellschaftliche Flurschaden ist hingegen groß
Gastautorin Carmen Emigholz, Staatsrätin für Kultur in Bremen
E
Es ist ein großer Erfolg, dass auf
Initiative unseres damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder die
Position des Staatsministers für Kultur
geschaffen wurde, um die Verantwortung des Bundes in Kultur und Medien
zu stärken. Die bisherigen „Beauftragten für Kultur und Medien“ haben auf
unterschiedliche Weise die Bedeutung
dieses Feldes hervorgehoben, vielfältige Initiativen sind entstanden. Zu den
großen gesellschaftlichen Leistungen
ihres Wirkens gehören ganz sicher die
bundesweit erhöhte Wertschätzung der
Kultur und die verbreitete Akzeptanz der
notwendigen Mittelbereitstellung.
Fakt ist aber, dass die Kulturhoheit
bei den Ländern und Kommunen liegt
und damit auch die Verantwortung für
die Sicherung der kulturellen Infrastruktur. Attraktive Kulturarbeit erfordert
einen hohen Personalbedarf, und der
ist, wenn seriös finanziert, teuer. In diesem Kontext ist es sehr zu begrüßen,
dass sich die SPD-Bundestagsfraktion
mit der sozialen Lage der Kunst- und
Kulturschaffenden befasst und verschiedene Initiativen auf den Weg gebracht
hat, um deren Arbeits- und Lebensverhältnisse zu verbessern. Wichtige Bau-
Die Abstimmung über Förderprogramme
zwischen Bund,
Ländern und
Gemeinden ist
unbefriedigend.
Carmen Emigholz,
Staatsrätin für Kultur in
Bremen
steine sind dabei die Stabilisierung des
Künstlersozialabgabegesetzes und die
Verbesserung des Urhebervertragsrechtes. Weitere Maßnahmen müssen folgen
und sind bedauerlicherweise gerade an
der CDU gescheitert, die für sich reklamiert, sehr viel für die Kulturförderung
getan zu haben.
Es ist kein Geheimnis, dass sich die
Kommunen in den vergangenen Jahren
großen Herausforderungen stellen mussten. Dabei spielt der notwendige Strukturwandel in den Regionen ebenso eine
Rolle wie die massiv gestiegenen Versorgungsleistungen. Derzeit besteht ein
gravierendes Missverhältnis zwischen der
kulturpolitischen Aufgabenwahrnehmung
des Bundes einerseits und der der Länder
und Kommunen auf der anderen Seite.
Der Kulturhoheit der Länder wird zwar
formal entsprochen, doch weil die Finanzen oft unzureichend sind, ist es schwer
zu gestalten.
Diese Kulisse befördert die Wahrnehmung, dass Bundespolitik Glanzpunkte
setzt, während in Ländern und Kommunen – abhängig von ihrem wirtschaftlichen Status – zum Teil „unscheinbar“
agiert wird. Denn die Finanzierung des
schlichten Regelbetriebes ist nach wie vor
Saisonabschluss-Gala im Theater am Goetheplatz in Bremen: Produktion „Da nich für“ mit dem Musiktheater-ensemble, dem Chor des
Theaters Bremen und den Bremer Philharmonikern. Das Theater Bremen ist ein Stadttheater mit überregionaler Bedeutung.
die Königsdisziplin in der kommunalen
Verantwortung.
Die Abstimmung über Förderprogramme zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ist unbefriedigend. Zugespitzt
gesagt, der Bund scheint zumindest in
Teilbereichen nur schwer erkennbare Kriterien für Förderungen formuliert zu haben. Allerdings zeigt sich sehr deutlich,
wie auf Eliten, Kooperationen und Repräsentanzkultur fokussiert wird.
An Bundesprogrammen können sich
häufig nur Kommunen beteiligen, die in
der Lage sind, Eigenmittel aufzubringen.
So klafft eine Schere zwischen Regionen,
die finanziell gut ausgestattet sind, und
Kommunen, die dringend Hilfe benötigen. Eines sollte Haushältern aller föderalen Einheiten zudem klar sein: Das
Einsparen in der Kultur generiert zwar
kurzfristige Effekte, wird aber Haushalte
nicht sanieren. Dagegen ist der gesellschaftliche Flurschaden von Einschnitten
groß, gerade vor dem Hintergrund der
gestiegenen Relevanz künstlerischer und
kultureller Produktivität.
Gerade die komplexen Anforderungen
einer sich stets im Wandel befindenden
Gesellschaft werden mit Hilfe von Kultur
bewältigt. Wir beschäftigen uns mit Projekten, die inspirieren und in verschiedenste gesellschaftliche Spektren ausstrahlen.
Eine antizyklische Förderung in diesem
Bereich wirkt sich deshalb sehr positiv auf
die gesellschaftliche Entwicklung aus.
Menschenwürdige Lebensverhältnisse definieren sich nicht nur in Stein und
Struktur. Der Status von Kulturschaffenden bleibt nach wie vor ein Seismograph
für die freiheitliche Verfasstheit eines Gemeinwesens. Aus diesem und vielen anderen Gründen sollte es selbstverständlich
sein, ein politisches Bündnis zu schmieden, um bürokratische Barrieren von Förderprogrammen abzubauen und nicht
nur die „Starken“ gewinnen zu lassen. Es
gilt, nachhaltige Strategien zu entwickeln,
die dem Stellenwert der Arbeit von Kunstund Kulturschaffenden gerecht werden.
Ein erster wichtiger Schritt dafür ist ein seriöser Arbeitsprozess politischer Gremien,
der auf Grundlage einer wissenschaftlichen Erhebung die bestehenden Verhältnisse analysiert und anschließend Förderkulissen im Sinne derer gestaltet, für die
wir verantwortlich sind: die Kulturakteure.
Das wird mehr Zeit beanspruchen als
ein kurzfristig angelegter Arbeitskreis,
denn hier geht es um die Fundamente von
Kulturförderpolitik, die ein grundlegendes
kooperatives Verständnis voraussetzen.
Auch ein „gutes Haus“ kann nicht in vier
Wochen gebaut werden… Ernsthafte
Aufgaben verlangen ernsthafte Arbeit.
Foto: Joerg Landsberg / Presse theater bremen
DEMO 07-08/2017
07-08/2017 DEMO
Die größte Reform seit Jahren
Bund-Länder-Finanzen: Ab 2020 erhalten die Länder mehr
Geld. Das Kooperationsverbot wird aufgebrochen
Autor Carsten Schneider, MdB, Stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion
können mit diesem Geld gefördert werden – und zwar gezielt in finanzschwachen Kommunen. Dahinter steht ein
sehr viel weitreichenderer Schritt als auf
den ersten Blick erkennbar: Wir brechen
endlich das unsinnige Kooperationsverbot auf, das dem Bund verbietet, sich
im Schulbereich finanziell zu engagieren.
Das ist ein wichtiger Erfolg für die SPDBundestagsfraktion.
Gegen den harten Widerstand aus
der CDU/CSU-Fraktion haben wir im
Zuge der Gesamtverhandlungen außerdem durchsetzen können, dass der
Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende ausgebaut wird. Wenn sich ein Elternteil weigert, Unterhalt für die Kinder
zu zahlen, springt der Staat in Zukunft
deutlich länger ein. Unterhaltsvorschuss
gibt es so lange wie nötig für alle Kinder
bis 18 Jahren. Wir stärken damit Alleinerziehende und ihre Kinder.
Keine privatisierten Autobahnen
Plenarsaal im Reichstagsgebäude (Archivbild): Bundestag und Bundesrat haben eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen beschlossen.
B
ayern als größter Geldgeber im
Länder-Finanzausgleich, das ist
ab 2020 Geschichte. Die Bayern
und die anderen finanzstarken Länder
müssen künftig kein Geld mehr aus
„eigenen“ Steuereinnahmen „abgeben“.
Das sorgt wahrscheinlich zunächst einmal für inneren Frieden. Denn regelmäßig wurde der Länder-Finanzausgleich
für Neid-Debatten missbraucht – insbesondere von Bayern.
Foto: Florian Gaertner /photothek.net
Zehn Milliarden Euro vom Bund
Die Lösung aus diesem ewigen Dilemma
ist aus Ländersicht genial. Statt solidarisch untereinander einen echten Finanzausgleich zu organisieren, soll der Bund
künftig stärker zahlen. Darauf haben
sich die 16 Bundesländer zunächst untereinander und schließlich mit der Bundesregierung geeinigt. Das bedeutet, ab
2020 bekommen die Länder zehn Milliarden Euro im Jahr aus dem Bundeshaushalt überwiesen – Tendenz steigend.
Die Schere droht damit künftig stärker auseinanderzugehen, weil die finanzstarken Länder nun noch größere
Spielräume haben, um Polizisten, Leh-
rer und Professoren besser zu besolden
und eine aktive Forschungs- und Wirtschaftsförderung zu betreiben.
Was wir deshalb vor allem im Blick
behalten müssen, ist die zentrale Aufgabe, für gleichwertige Lebensverhältnisse
im ganzen Land zu sorgen. Die Verantwortung dafür liegt nun künftig stärker
beim Bund.
Hilfe für finanzschwache Kommunen
Und klar ist auch, dass mit Geld allein
dieses Ziel nicht erreicht wird. Dafür bekommt der Bund neue Instrumente an
die Hand.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat dafür gesorgt, dass wir finanzschwache
Kommunen stärken, indem wir ihnen
zusätzliche 3,5 Milliarden Euro für die
Bildungsinfrastruktur geben. Der bestehende Investitionsfonds für finanzschwache Kommunen wird verdoppelt –
auf sieben Milliarden Euro. Damit sorgen
wir dafür, dass der massive Sanierungsstau an deutschen Schulen abgebaut
werden kann. Bröckelnde Turnhallen,
undichte Schuldächer genauso wie der
Einbau von zeitgemäßer IT-Anbindung
Gleichwertige
Lebensverhältnisse
unabhängig
vom Wohnort
sind unsere
Leitlinie.
Carsten Schneider, MdB
Die größte Aufmerksamkeit bei den
langwierigen Verhandlungen für das
Gesamtpaket hat ohne Zweifel die Infrastrukturgesellschaft bekommen. Nein,
wir privatisieren nicht die Autobahnen. Das dürfte hoffentlich inzwischen
jedem klar sein. Neu ist, dass ab 2021
der Bund Bau, Planung und Betrieb aller
Autobahnen und einiger Bundesstraßen
übernimmt – damit es schneller geht.
Bisher war das Aufgabe der Länder. Eine
Privatisierung der Gesellschaft und künftiger Tochtergesellschaften haben wir im
Grundgesetz ausgeschlossen.
Die Verhandlungen um eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen haben mehrere Jahre gedauert.
Herausgekommen sind 400 Seiten Gesetzestexte und 13 Grundgesetzänderungen. Dabei ist jede Menge Graubrot,
doch letztlich ist es die größte Reform
dieser großen Koalition. Wichtig für uns
ist: Der Bund hat mehr Verantwortung
übertragen bekommen und muss diese
nun auch wahrnehmen. Hier besteht
noch Handlungsbedarf: Wir müssen
mehr für strukturschwache Regionen
tun, um den Zusammenhalt unseres Landes zu sichern. Das betrifft insbesondere
Regionen in den neuen Bundesländern
– aber nicht nur. Hierfür brauchen wir
ein Konzept, wie eine bessere Strukturförderung in Deutschland gelingen
kann. Denn gleichwertige Lebensverhältnisse unabhängig vom Wohnort sind
unsere Leitlinie.
V.i.S.d.P.:
Petra Ernstberger, Parlamentarische Geschäftsführerin,
Platz der Republik 1, 11011 Berlin, Tel.: (030) 227-744 20,
petra.ernstberger@spdfraktion.de
18 NEWS
DEMO 07-08/2017
Unter den Zeichen
Heimat, Zukunft, Stadt
39. Hauptversammlung des Deutschen
Städtetages in Nürnberg
Frank Baranowski, Vorsitzender der Bundes-SGK, zur
Frage der Verteilung der Lasten der Integration
Die Lasten der Integration sind nicht gleichmäßig
verteilt, was ziehst Du daraus für Schlüsse?
Leider müssen wir feststellen, dass die Wanderungsbewegungen
in Europa, so z.B. die Armutszuwanderung aus Südosteuropa aber
auch die Zuwanderung durch die Flüchtlingsbewegungen sich
sehr ungleich verteilen und dadurch einzelne Regionen und Städte
besonders belastet sind, wie z.B. das Ruhrgebiet. Das macht sich
dann nicht nur in den finanziellen Belastungen des kommunalen
Haushaltes bemerkbar, sondern auch bei der Akzeptanz in der
Bevölkerung.
Was kann getan werden?
Meine Überzeugung ist, dass wir bei der Frage der Wanderungsbewegungen viel mehr Solidarität brauchen. Das fängt auf der
internationalen Ebene an. Da geht es zum einen um die Bekämpfung von Fluchtursachen. Andererseits ist die Fehlsteuerung der
Flüchtlingsaufnahme in der EU ja ein trauriges Beispiel. Da hat
Frau Merkel sich bisher nicht durchsetzen können und nichts
vorzuweisen. Das setzt sich aber auch auf nationaler Ebene fort.
Das Integrationsgesetz mit der Wohnsitzauflage greift nicht, und
da funktioniert die Solidarität zwischen den Ländern leider auch
nicht. Es kann doch nicht sein, dass die einem Bundesland einmal
zugeordneten Flüchtlinge, dann später einfach woanders hingeschickt werden, jedoch das aufnehmende Bundesland die Mittel
für die Flüchtlinge kassiert. Sachsen, Thüringen und MecklenburgVorpommern sollten sich fragen, ob das die Solidarität ist, die sie
auch von anderen erwarten. Mein Appell geht dahin, hier etwas
genauer hinzusehen.
Wie sollen Bund und Länder besser helfen?
Zunächst müsste grundsätzlich die Frage beantwortet werden, in
wessen Aufgabenbereich die Integration von zuwandernden Menschen fällt. Da ist der Bund allein durch sein außenpolitisches Handeln stärker in der Pflicht als die Kommunen. Zuwanderungspolitik
à la Merkel ist zum Scheitern verurteilt. Der Bund sollte sich, wie
2014 im Zuge der Beratungen zu den Lasten der Armutszuwanderung aus Südosteuropa, erneut mit der Frage außergewöhnlicher
Belastungen aus der Zuwanderung befassen und die Wirkungen
des Integrationsgesetzes überprüfen. Weiterhin ergibt es Sinn,
die räumliche Verteilung der zu uns Geflüchteten eindeutig zu regeln und vielleicht neue Anreizsysteme zu überdenken. Auf jeden
Fall sollten Bund und Länder an einer finanziellen Integrationspauschale für die Kommunen arbeiten und diese mit einem
Aufschlag für besonders betroffene Kommunen versehen! Und
schließlich brauchen wir dringend das von der SPD geforderte
Einwanderungsgesetz, um illegalen Schleusern die Anreize zu
nehmen und die Einwanderung systematisch nach den Anforderungen unseres Arbeitsmarktes zu steuern.
Autorin Karin Billanitsch
D
ie Neuregelungen der föderalen Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern sind
noch kaum in trockenen Tüchern, da
sieht der Deutsche Städtetag weiteren
Handlungsbedarf. „Kommunale Investitionen verbessern, strukturschwache
Regionen stärken und Lösung des Altschuldenproblems: Das waren unsere
drei Forderungen. Und Lösungen gibt es
wort: Ja, aber. Ja, weil es fünf Milliarden Euro Entlastung für die Kommunen
gibt. „Aber das wird schnell aufgefressen sein“, befürchtet Dedy. Unterhaltsvorschuss und Bundesteilhabegesetz
warteten schon.
Als schwieriges Thema bezeichnete
Dedy die Altschuldenproblematik. „Wir
müssen deutlich machen, dass die Verschuldung mehrere Generationen von
Treffen in Nürnberg: Vizepräsident des Deutschen Städtetages Ulrich Maly, Bundesaußenminister und
Vizekanzler Sigmar Gabriel, Städtetagspräsidentin Eva Lohse und Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy (v.l.)
hier nicht“, stellte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, fest. Das Verbindende bei
diesen drei Themen seien die Unterschiede zwischen den Städten. Dahinter
stehe die Idee der Gleichwertigkeit der
Lebensverhältnisse, sagte Dedy in Nürnberg vor den versammelten Gästen der
kommunalen Familie auf der Hauptversammlung des Deutschen Städtetages.
Der Gesetzentwurf zur Neuordnung
der Bund-Länder-Finanzbeziehungen
schafft den bisherigen Finanzausgleich
zwischen den Ländern ab. Ein Ausgleich
wird durch Verteilung der Umsatzsteuer
stattfinden. Am Ende werden alle Länder mehr Geld erhalten. „Und die Städte? Profitieren die auch?“ fragt Dedy ins
Publikum. Und er gibt gleich die Ant-
Ratsmitgliedern in die Verzweiflung
treibt“, betonte Dedy. „Schon allein
aus dem politischen Selbstverständnis
heraus müssen wir den Abbau kommunaler Altschulden angehen“. Jede Stadt,
auch eine hoch verschuldete, brauche
Entwicklungschancen. „Einfache Lösungen wird es nicht geben“, sagte Dedy.
Aber er sei zuversichtlich, dass es im
Städtetag gemeinsam gelingen kann,
diese Geschichte zu erzählen.
„Heimat. Zukunft. Stadt.“ lautete
das Motto der diesjährigen Hauptversammlung – es spiegelte sich auch in
der Nürnberger Erklärung“, welche die
Hauptversammlung verabschiedete. Darin wird die zentrale Rolle der Städte in
unserer Gesellschaft betont. Sie sicherten
die Lebensqualität der Menschen in der
fotos: Bleicker, Bayern sPD
Drei Fragen an
NEWS 19
07-08/2017 DEMO
Trauer um SGK-Gründungsmitglied
Dr. Gerhard Gebauer
Kommunaler Abend der SPD mit Frank
Baranowski (l.), Natascha Kohnen und Ulrich Maly
Zeit für Begegnungen und Gespräche im Z-Bau –
Haus für Gegenwartskultur in Nürnberg
Gegenwart und Zukunft und müßten
„Antworten auf die Herausforderungen
von Zu- und Abwanderung, Investitionsbedarfen, Finanzschwäche, Demografie,
Klimaschutz und Nachhaltigkeit“ finden.
Der Deutsche Städtetag wies darauf hin,
dass Städte als Lebensmittelpunkt für die
Menschen attraktiv sein müssen, das verlange laufenden Wandel. In diesem Zusammenhang betonte der Vizepräsident
des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD): „Die wachsende kulturelle Vielfalt, zunehmende
Individualisierung sowie neue technische
Entwicklungen werden die Stadtgesellschaft verändern. Die Städte müssen zwischen den unterschiedlichen Interessen
ausgleichen – und zugleich versuchen,
Ausgrenzung zu verhindern und Teilhabe
zu ermöglichen.
in ihrer Heimatstadt auf eine Kandidatur für eine dritte Amtszeit verzichtet.
Lewe forderte: „Wir müssen jetzt die
Weichen stellen für moderne Mobilität
und eine umweltverträgliche Fortbewegung. Der öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) ist und bleibt der Grundpfeiler einer
nachhaltigen Verkehrspolitik.“ Unter den
Rednern und Rednerinnen war – neben
Bundeskanzlerin Angela Merkel – auch
Bundesaußenminister und Vizekanzler
Sigmar Gabriel. Er ist einer jener Bundespolitiker, die Verständnis für die Wünsche von kommunaler Seite aufbringen,
was sich auch in seiner Rede spiegelte.
Gute Tradition ist der kommunale
Abend der SPD, in diesem Jahr veranstaltet von der SPD-Stadtratsfraktion
Nürnberg, der Bayern-SPD und der
Bundes-SGK. An dem lauen Sommerabend trafen sich die SPD-Delegierten
der Hauptversammlung und Gäste im
Z-Bau – Haus für Gegenwartskultur.
Frank Baranowski, Vorsitzender der
Bundes-SGK, Ulrich Maly als gastgebender Oberbürgermeister und die Landesvorsitzende der Bayern-SPD, Natascha
Kohnen unterstrichen in ihren Grußworten die Bedeutung der Kommunen als
politische Ebene. Kohnen betonte, wie
wichtig eine enge Zusammenarbeit zwischen Kommunal- und Landespolitik sei.
Einig waren sich alle: Den sozialen Zusammenhalt organisieren, das kann nur
die SPD! Ein Musikprogramm und die
Feuershow „Relight My Fire“ des Feuerzirkus Bilenko rundeten den Abend ab.
Fotos: Bay ernsPD; siegFrieD Heinzmann
Wechsel an der Spitze
Darüber hinaus forderten die Städte
Bund und Länder auf, deutlich mehr
als bisher in die Verkehrsinfrastruktur
zu investieren, vor allem in den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
„Wichtige Verkehrs- und Verkehrsinfrastrukturprojekte lassen sich nur dann
umsetzen, wenn die Städte ausreichend
handlungsfähig sind“, betonte Markus
Lewe (CDU), Münsters Oberbürgermeister. Am ersten Januar 2018 wird er die
amtierende Städtetagspräsidentin Eva
Lohse (CDU), Oberbürgermeisterin von
Ludwigshafen, an der Spitze des Verbandes ablösen. Hintergrund: Sie hatte
Dr. Gerhard Gebauer war mit von 1983 bis 1996 Schriftführer.
Leib und Seele Kommunalpoliti- Auch auf europäischer Ebene
ker und überzeugter Europäer. Er war Gerhard Gebauer insbesonhat die Entstehung und Entwick- dere in der deutschen Sektion
lung der Stadt Villingen-Schwen- des Rates der Gemeinden und
ningen – zunächst als Bürger- Regionen Europas (RGRE-DS)
meister von Schwenningen und und im Ausschuss der Regioab 1972 als Oberbürgermeister nen der EU sehr engagiert. Im
der neuen Doppelstadt – bis RGRE-DS war er von 1985 bis
1994 maßgeblich mitgestaltet 1995 Präsident, anschließend bis
und geprägt. Auch danach blieb 2009 Vizepräsident und danach
er bis 2014 als Kreistagsmitglied als Ehrenpräsident aktiv. Bis 1996
(seit 1972) und im Gemeinderat leitete er die Europapolitische
von Villingen-Schwenningen (ab Kommission der Bundes-SGK,
1999) in der Kommunalpolitik der er bis zuletzt als Mitglied verbunden blieb.
aktiv.
Es zeichnete GerVon 1974 bis 1994
hard Gebauer
war er Mitglied
aus, als Kommuim Präsidium des
nalpolitiker stets
Deutschen Städdie europäische
tetages, davon
Dimension immer
acht Jahre als Vimit im Blick gezepräsident bzw.
habt zu haben.
Stellvertreter des
Die VölkerverstänPräsidenten. Der
digung war stänDeutsche Städdige Leitschnur
tetag ernannte
Dr. Gerhard Gebauer (1926–2017)
seines Handelns.
ihn 1995 wegen
Sein Pflichtgefühl
seiner vielen Verdienste zu seinem Ehrenmitglied. war beispielgebend und seine
Gerhard Gebauer lag die SGK Sachkenntnis sehr groß. Bei der
besonders am Herzen. So ge- Bevölkerung seiner Heimatstadt
hörte er 1978 dem Gründungs- genoss er ein hohes Maß an Anvorstand der Bundes-SGK an erkennung und Respekt.
und war auch ein Jahr später Die SGK im Bund und in Badenan der Gründung des Landes- Württemberg wird sein Anverbandes Baden-Württemberg denken in Ehren halten. Unser
beteiligt. In der Bundes-SGK Mitgefühl gehört seiner Frau,
war er zunächst stellvertreten- seinen beiden Kindern und alder Schatzmeister und dann len Angehörigen.
Frank Baranowski
Oberbürgermeister der
Stadt Gelsenkirchen
Vorsitzender der
Bundes-SGK
Hermann-Josef Pelgrim
Oberbürgermeister der
Stadt Schwäbisch Hall
Vorsitzender der SGK
Baden-Württemberg e.V.
Anzeige
„Überlassen Sie die Besetzung
“
von Führungspositionen nicht dem Zufall …
– Edmund Mastiaux, Inhaber
zfm • Seit 25 Jahren Personalberatung für Verwaltungen und kommunale Unternehmen
www.zfm-bonn.de
Papierakten wie diese soll es bald weniger geben. Dass Formulare ausgedruckt und per Post verschickt werden müssen, kommt bei vielen nicht mehr gut an.
Digital first
Die Zukunft der öffentlichen IT liegt im Vorrang des Digitalen
Autor Ralf Resch, Geschäftsführer Vitako, Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e.V.
K
ünftige Generationen werden
uns wegen der hohen Aktenstapel, vielen Papierausdrucke,
Unterschriften und aufwendigen Amtsgänge, welche die Verwaltung von heute und ihren Kontakt zum Bürger noch
prägen, einmal belächeln. Damit dies
bald der Vergangenheit angehört, müssen die Zeichen konsequent auf digital
umgestellt werden. Es ist Zeit, sich von
alten Regeln aus der analogen Welt zu
verabschieden. Dabei reicht es nicht aus,
die bisherigen analogen Wege zu digitalisieren. Vielmehr müssen neue Denkrichtungen eingeschlagen und tradierte
Verhaltensweise hinterfragt und abgeschafft werden.
Vitako – die Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister
– tritt seit langem für die Digitalisierung
der Verwaltung ein. Kommunale Rechenzentren unterstützen die Verwaltung bei der Aufbereitung, Verarbeitung
und Aufbewahrung von Bürgerdaten.
Dabei ist E-Government, die elektronische Interaktion zwischen Bürgern und
(kommunalen) Behörden, nur eine Seite
der Medaille. Die Digitalisierung umfasst
unterdessen immer mehr Lebensbereiche der Menschen: Wirtschaften und Arbeiten, Wohnen und Einkaufen, Freizeit
und Bildung. Von der Verwaltung wird
dabei der gleiche digitale Komfort erwartet, den man aus anderen Bereichen
kennt. Herunterladen, Ausfüllen, per
Post abschicken und Gebühren womöglich noch separat auf den Weg bringen –
dieses in vielen Kommunen noch übliche
Prozedere bei der formulargestützten
Antragstellung kommt bei Bürgern nicht
mehr gut an.
Vitako hat im Rahmen von bislang
elf Regionalkonferenzen die Bedeutung
einer digitalen Agenda für Kommunen
und Regionen erörtert. Teilgenommen
haben politische Entscheider vor Ort:
Bürgermeister, Landräte, Behördenleiter.
Für viele rangiert, wenig überraschend,
der Breitbandausbau an vorderster Stelle. Zunehmend rücken aber auch die
Gestaltungsmöglichkeiten in den Vordergrund, die durch die Digitalisierung
möglich werden. Bürger möchten partizipieren und ihre Umwelt mitgestalten.
Digitale Medien bieten ideale Möglichkeiten zur Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen Bürgern, Wirtschaft,
Politik und Zivilgesellschaft. Kommunen, die dies erkennen, haben nicht nur
standortpolitisch „die Nase vorn“.
Daten sollen laufen, nicht Bürger
Für Vitako lautet daher die Devise: Digital
first! Gemeint ist der Vorrang der digitalen
Verwaltung vor allen anderen Transformationsbestrebungen. Hierfür ist eine konsequente Prozessorientierung notwendig.
Verwaltungsleistungen sollten, wenn die
Voraussetzungen vorliegen, antragslos
gewährt werden. Warum sind beispielsweise bei Geburt eines Kindes noch umständliche Anträge auf Kindergeld zu
stellen, obschon die Verwaltung alle nötigen Daten bereithält und automatisiert in
Gang bringen könnte? Dies unterstreicht
eine altbekannte Forderung: Die Daten
müssen laufen, nicht die Bürger. In Österreich funktioniert das beim Kindergeld
Foto: Chopard photography/stoCk.adobe.Com
Report
Verwaltungsmodernisierung
RepoRt 21
07-08/2017 Anzeigen-Sonderveröffentlichung
schon längst. Und auch hierzulande wäre
es technisch, unter Einhaltung der Persönlichkeitsrechte, leicht möglich.
Foto: MaksyM yeMelyanov/stock.adobe.coM
Die Richtung stimmt
Was der digitalen Verwaltung jedoch allzu oft im Weg steht, sind vorherrschende Rechtsnormen. Unsere Rechtsetzung
ist noch nicht „digital ready“. Das fängt
beim Schriftformerfordernis an – noch
immer Voraussetzung für die Gültigkeit
vieler Dokumente, führt über das reformbedürftige Verwaltungsverfahrensgesetz, das bei automatisierten Verwaltungsakten hohe Hürden setzt, und hört
bei der elektronischen Akte nicht auf,
deren rechtliche Gültigkeit vom richtigen
Scanverfahren abhängt.
Immerhin: Mit den E-GovernmentGesetzen von Bund und Ländern ist
vieles in Gang gekommen. Die Digitale
Agenda der Bundesregierung hat Bewusstsein für die Notwendigkeit digitaler Prozesse insgesamt geschaffen. Das
Digitalisierungsprogramm des Bundes
und das Onlinezugangsgesetz zielen für
unser Verständnis ebenfalls in die richtige Richtung: einer Beschleunigung der
IT-DIensTleIsTer
590.000
It-Arbeitsplätze in mehr als
10.000
elektronische Verfahren können Bürger entlasten und sparen auch noch platz.
Kommunen werden von den
55
Vitako-Mitgliedsunternehmen
betreut.
Quelle: vitako
digitalen Verwaltung. Auf dem Weg
hin zu einer föderalen IT-Infrastruktur
bleiben indessen Interoperabilität und
die Standardisierung der Schnittstellen
oberste Gebote. In vielen Kommunen
gibt es beispielsweise längst gut funktionierende Serviceportale, die von Bür-
gern begrüßt und genutzt werden. Der
vom Bund geplante Portalverbund sollte sich insofern des großen kommunalen Know-hows bedienen, das von den
Vitako-Mitgliedern repräsentiert wird.
www.vitako.de
Anzeige
Pflege
Anzeige
Ein Jahr DAK-Gesundheitskarte
für Geflüchtete in Köln
EinE Erfolgsstory: Schnell, kostensparend, effizient
Seit 1. April 2016 stattet die DAK-Gesundheit im Auftrag der Stadt Köln
die zugewiesenen Flüchtlinge mit
der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) aus. Mit ihr können sich die
Flüchtlinge, wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger auch, direkt
in ärztliche Behandlung begeben,
wenn sie akut erkrankt sind. Seit April
2016 wurden bislang rund 14.000 Karten von der DAK-Gesundheit an die
Flüchtlinge in Köln ausgegeben. Ermöglicht wurde dies durch eine in
2015 von NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens und den Krankenkassen unterzeichnete Rahmenvereinbarung zur Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge.
Kommunaler Krankenkassen-Partner der Stadt Köln im Rahmen der
Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge ist die DAK-Gesundheit. „Die
Zusammenarbeit mit der Stadt Köln
in Bezug auf die Versorgung von
Flüchtlingen mit der elektronischen
Gesundheitskarte war von Anfang an
eine Erfolgsgeschichte“, sagt Wilhelm
Meis, Regionalchef der DAK-Gesundheit in Köln. Vor Einführung der elektronischen Gesundheitskarte mussten sich die Flüchtlinge einen Krankenbehandlungsschein in Papierform
im Amt für Soziales und Senioren
besorgen, ehe sie sich in ärztliche Be-
(v.l. unten):
Oberbürgermeisterin
Henriette Reker, NRWGesundheitsministerin
Barbara Steffens (v.l. Mitte):
Hans-Werner Veen,
Landeschef der DAKGesundheit, Wilhelm Meis,
Leiter des Regionalzentrums
Köln der DAK-Gesundheit
(v.l. oben): Marc Ruda,
Kreisgeschäftsführer des DRK
Kreisverbandes Köln,
Stephan Santelmann, Leiter
des Amtes für Soziales und
Senioren der Stadt Köln
handlung begeben konnten. Durch
die Einführung der elektronischen
Gesundheitskarte wurde der Zugang
zur medizinischen Versorgung erheblich vereinfacht.
Sind die Flüchtlinge durch den „Königsteiner Schlüssel“ an die Stadt
Köln zugeteilt, werden sie direkt bei
der DAK-Gesundheit angemeldet. Im
Rahmen der außerordentlich guten
Zusammenarbeit zwischen Stadt und
Krankenkasse ist es gelungen, einen
geschützten elektronischen Datenaustausch zu entwickeln. Dadurch
wird die Karte schnellstmöglich ausgestellt und die betreuten Flüchtlinge
profitieren von diesem vereinfachten
und diskriminierungsfreien Zugang
zum Gesundheitssystem.
NRW-Gesundheitsministerin Barbara
Steffens und die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker lobten die
Kooperation anlässlich des einjährigen Bestehens. Stephan Santelmann,
Leiter des Amtes für Soziales und Se-
nioren der Stadt Köln sagt: „Gemeinsam mit der DAK-Gesundheit, einem
kompetenten und verlässlichen Partner, ist es gelungen, die elektronische
Gesundheitskarte in Köln zu diesem
Erfolgsprojekt werden zu lassen.“
Politisch sinnvoll und
ökonomisch vernünftig
„Wir als DAK-Gesundheit halten es
für moralisch geboten, politisch sinnvoll und ökonomisch vernünftig, sich
an der Ausgabe der eGK für Flüchtlinge und Asylbewerber zu beteiligen“,
erläutert Wilhelm Meis die Entscheidung der Krankenkasse. „Wir unterstützen dabei die Kommunen bei
der bisherigen bürokratischen und
schwierigen Regelung und sorgen so
für eine kostensparende Entlastung
der für die Versorgung der Flüchtlinge verantwortlichen Kommunen“, so
Meis weiter.
Die elektronische Gesundheitskarte
deckt neben der Behandlung von Erkrankungen auch Schutzimpfungen
und medizinisch gebotene Vorsorgeuntersuchungen ab. Für die Flüchtlinge hält die DAK-Gesundheit Leistungsübersichten in mehreren Sprachen, zum Beispiel arabisch bereit. In
den Räumen des Regionalzentrums
in der Weyerstraße gibt es einen exklusiven Servicebereich für Flüchtlinge mit besonders spezialisierten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
siE möchtEn mit uns
zusammEnarbEitEn?
Rufen Sie uns an! Die DAK-Gesundheit
bietet allen Kommunen an, sie bei
der Gesundheitsversorgung von Asylbewerbern zu unterstützen – unabhängig davon, ob es bereits Verträge
auf Landesebene gibt.
Ihre Ansprechpartnerin:
Silke Pagels
Telefon: 040-2396-2240
E-Mail: silke.pagels@dak.de
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Silke Pagels
Telefon: 040 2396 22 40 (zum Ortstarif)
E-Mail: silke.pagels@dak.de
24 RepoRt
Anzeigen-Sonderveröffentlichung 07-08/2017
rechtssicheres scannen
Die Leitlinie zum ersetzenden Scannen in Kommunen nach
TR RESISCAN ist da – Ein Praxisleitfaden hilft Anwendern
Autorin Karin Billanitsch
W
arum geht es mit der Verwaltung 4.0 und mit der
Digitalisierung in den Kommunen so schleppend voran?“ Diese
Frage hat sich Dorothea Störr-Ritter,
Landrätin des Landkreises BreisgauHochschwarzwald, gestellt. Vor allem
elektronisch geführte Akten, in Verbindung mit einer elektronischen Bearbeitung der Vorgänge, gehören zu einer
Verwaltungsmodernisierung unbedingt
dazu, das weiß Störr-Ritter. Doch im
kommunalen Alltag sei sie immer wieder auf Probleme gestoßen, die mit
der Einführung der elektronischen Akte zusammen hängen, so die Landrätin
kürzlich in den Räumen des Deutschen
Landkreistages. Die Veranstaltung drehte sich um die neue „Leitlinie zum ersetzenden Scannen in Kommunen nach
TR RESISCAN“, die jetzt vorliegt.
Foto: Carl-FriedriCh höCk
Unsicherheiten in den Kommunen
Anwendern und Akteuren in vielen Verwaltungen ergeht es ähnlich: Vor allem
beim sogenannten ersetzenden Scannen in Kommunen sind viele Anwender
sehr unsicher, wie die Übertragung von
Papieroriginalen in elektronische Dokumente nach dem Stand der Technik
gewährleistet werden kann. In der Poststelle einer Verwaltung landen unterschiedlichste Dokumente. Zwar hat das
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) dazu eine „Technische
Richtlinie zum ersetzenden Scannen”
entwickelt (kurz: TR RESISCAN) – doch
sie ist in weiten Teilen zu technisch und
wohl zu komplex, um im Alltag angewendet werden zu können.
„Wir haben überlegt, wie wir mit der
TR RESISCAN, die uns vom BSI vorgegeben ist, in der Praxis umgehen können.
Wir hatten die Idee, selbst die Initiative
zu ergreifen, nicht zu warten, bis eine
Anleitung kommt“, erläuterte Dorothea
Störr-Ritter. Zusammen mit kommunalen Praktikern und dem BSI haben die
Kommunale Gemeinschaftsstelle für
Verwaltungsmanagement (KGSt) und
die Bundes-Arbeitsgemeinschaft der
IT-Dienstleister (Vitako) einen Praxisleitfaden entwickelt.
Solche papierakten könnten vielerorts in den kommunalen Verwaltungen bald der
Vergangenheit angehören.
„Das Beseitigen von Unsicherheiten ist
ein großes Thema bei der Digitalisierung“, betonte Ralf Resch, Geschäftsführer der Vitako. Vor allem die Fragen:
Was darf gescannt werden? Wer darf
die Scans durchführen? Welche technische Ausrüstung darf dafür verwendet
werden? Und nicht zuletzt der Punkt, ob
ein Scan vor Gericht Bestand hat. Unter
der Federführung der Vitako wurde eine
sogenannte „Musterverfahrensbeschreibung“ für „typische kommunale ScanSzenarien“ entwickelt.
Wie wichtig ersetzendes Scannen in
Verbindung mit einem Dokumentenmanagement-System in der modernen
Verwaltung ist, darauf wies Marc Groß
von der KGSt hin: „Die demografische
Entwicklung und die Erwartungen der
Mitarbeiter an einen modernen Arbeitsplatz, der auch mobiles Arbeiten ermöglicht, zeigen, wie wichtig es ist, dass wir
das hinbekommen,“ so Groß.
Groß zeigte auf, welche Herausforderungen bestünden: Erst muss die Frage
beantwortet werden, ob das Dokument
überhaupt ersetzend gescannt werden
kann. Danach muss geklärt werden, wel-
Wir haben
überlegt, wie
wir mit der
Tr resIsCAN,
die uns
vorgegeben ist,
in der praxis
umgehen
können.
dorothea störr-ritter,
landrätin des landkreises
Breisgau-hochschwarzwald
cher „fachliche Schutzbedarf“ besteht.
Es gebe die Stufen „normal“, „hoch“
oder „sehr hoch“. Die KGSt-Arbeitsgruppe hat dazu eine exemplarische
Schutzbedarfsanalyse für kommunale
Dokumente erarbeitet. „Bei der Analyse sind wir zu dem Ergebnis gekommen,
dass in Kommunalverwaltungen in der
Regel von der Schutzbedarfskategorie
„normal“ der Papieroriginale auszugehen ist“, fasste Groß zusammen. „Sehr
hoch“ sei in der Kommunalverwaltung
eigentlich eher nicht zu finden. Für
Dokumente mit höherem Schutzbedarf
empfiehlt der Experte, das Scannen in
der zentralen Poststelle zu bündeln. Dort
könne der Scanvorgang auch protokolliert und auditiert werden. Der Bericht
kommt auch zu dem Ergebnis, dass es
in manchen Fällen auch wirtschaftlicher
und zweckmäßiger sei, auf das Scannen
zu verzichten.
„Bei dem Thema Digitalisierung der
Verwaltung haben wir schon vor einem
Jahr erkannt, dass zum Thema des rechtssicheren Scannens etwas kommen muss”,
erläutert Bernd Kowalski vom BSI zu den
Hintergründen. Dabei geht es um die Erfassung des Dokumentenbestandes, aber
„damit ist es nicht getan“. Es kommen
immer wieder Dokumente hinzu, die Verwaltungsprozessen zugänglich gemacht
werden müssten. Und „die Papiere müssen getrost vernichtet werden können,
ohne dass man später ein Beweisproblem
hat und sich das, was man eingescannt
hat, gerichtsverwertbar verwenden
lässt“, umreißt er das Problem. „Es liegt
auf der Hand, dass ein Standard hier hilfreich ist.“ Er begrüßte daher die Leitlinie
mit ihren konkreten Hilfestellungen für
die Verwaltung. Perspektivisch gesehen
waren sich Experten wie Praktiker indes
einig: Scannen ist gut, aber immer nur
die zweitbeste Lösung. Es sollte überhaupt weniger Papierdokumente geben.
Download des praxisleitfadens: www.
breisgau-hochschwarzwald.de/pb/1446146
Impressum
Anzeigensonderveröffentlichung
AsK. Agentur für sales und Kommunikation gmbh,
gewerbehof Bülowbogen,hof d, eingang d1,
Bülowstraße 66, 10783 Berlin
tel. (030) 740 73 16-00, fax (030) 740 73 16-75
e-Mail: info@ask.de
projektleitung/Anzeigen:
henning Witzel, tel. (030) 740 73 16-36
Redaktion: carl-friedrich höck
Layout: heidemarie lehmann
Litho: satzstudio neue Westfälische, Bielefeld
Druck: J.d. Küster nachf. + Pressedruck gmbh & co. Kg,
industriestraße 20, 33689 Bielefeld
RepoRt 25
07-08/2017 Anzeigen-Sonderveröffentlichung
Digitale Kluft schließen
Flächendeckender NGA-Breitbandausbau im Saarland
Autor Jörg Aumann, stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes eGo-Saar
D
er Ausbau schneller Datennetze
ist kein Selbstläufer. Im liberalisierten Telekommunikationsmarkt investieren die Netzbetreiber aus
eigenem Antrieb nur dort in den Breitbandausbau, wo dies für sie wirtschaftlich attraktiv ist. Obwohl das Saarland
im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich gut versorgt ist, gibt es mit
Blick auf hohe NGA-Bandbreiten („Next
Generation Access“) noch Versorgungslücken – in ländlichen, aber auch in
städtisch geprägten Regionen.
Das Projekt „NGA-Netzausbau Saar“
soll diese digitale Kluft schließen. Im
September 2016 startete deshalb der
kommunale Zweckverband eGo-Saar in
enger Zusammenarbeit mit der Staatskanzlei ein aufwendiges Auswahl- und
Verhandlungsverfahren, um Netzbetreiber zu finden, die den Ausbau in allen
Bereichen des Landes ohne konkrete
Versorgungsperspektive vorantreiben
können.
Ausbau ohne Zuschüsse
Nach intensiven Verhandlungen steht
nun das Ergebnis des Auswahlverfahrens
fest. Die drei Netzbetreiber Deutsche Telekom, inexio und VSE NET konnten sich
durchsetzen und wurden vom eGo-Saar
mit dem Netzausbau beauftragt. Am
18. Mai 2017 wurden die Ausbauverträge
in der Staatskanzlei unterzeichnet.
Von der Maßnahme profitieren landesweit rund 75.000 Haushalte und
Gewerbebetriebe in mehr als 200 Ortsteilen. Der Ausbau erfolgt zuschussfrei
Versorgung
77
prozent des Saarlandes sind
schon mit Bandbreiten von
mindestens 50 Mbit/s versorgt,
weitere
7
prozent werden innerhalb der
nächsten zwei Jahre durch den
Markt eigeninitiativ ausgebaut,
die übrigen
16
prozent waren bisher ohne konkrete Versorgungsperspektive.
Quelle: ego Sa ar
und soll zum Jahresende 2018 abgeschlossen sein.
Alle im Rahmen des Projektes geschaffenen Leerrohr- und Glasfaserinfrastrukturen werden dabei so ausgelegt,
dass sie für künftige Netzausbauschritte
weiter genutzt werden können. In diese nachhaltigen Infrastrukturen fließen
fast 90 Prozent der für den NGA-Netzausbau notwendigen Investitionen. Auf
den heute geschaffenen Infrastrukturen
können die nächsten Schritte bis hin zum
Glasfaservollausbau nahtlos aufsetzen.
Damit ist im Saarland ein bedeutender
Meilenstein erreicht worden, der bereits
die Weichen für den Gigabitausbau stellt.
Der Zugang zu zeitgemäß schneller Informationstechologie ist mittlerweile ein Grundbedürfnis – so wie die
Erschließung mit Energie, Wasser und
eine geregelte Entsorgung. Schön, dass
man im Saarland der Erfüllung dieser Anforderungen nun näherkommt.
Mehr Informationen
www.ego-saar.de
www.breitband-saarland.de
www.breitband-saarland.de/ausbauatlas
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Bundeskongress
Kommunale Ordnung
27. – 28. September 2017 in Wolfsburg
THEMEN IN DIESEM JAHR SIND u.a. Ordnungspartner-
schaften und grenzüberschreitende Sicherheitskooperationen, Ausbildungsberuf Kommunaler
Ordnungsdienst, Struktur und Steuerung kommunaler
Ordnungsdienste sowie Gewalterfahrungen im
Außendienst.
Referenten
auf dem Kongress u.a.:
Jürgen
Trauboth
Michael
Sothmann
Dorothea
Koller
Der Terrorismusexperte widmet sich den Chancen und
Der Wolfsburger Geschäftsbereichsleiter für Bürgerdienste
Die Leiterin des Amtes für öffentliche Ordnung der
Grenzen einer neuen Sicherheitsarchitektur – auch
erläutert das Projekt “Streetlife” in der VW-Stadt. Dabei
Landeshauptstadt Stuttgart geht auf den Umgang mit
unter Einbezug Kommunaler Ordnungsdienste – in
handelt es sich um eine Kooperation zwischen Ordnungs-
Armutsflüchtlingen aus anderen Staaten der Europäischen
Deutschland.
amt, Polizei und Jugendamt. Ziel von “Streetlife” ist es, zwi-
Union ein. Dabei legt sie ihren Fokus besonders auf Hand-
schen Jugendlichen und anderen Einwohnern zu
lungsmöglichkeiten der Kommunen.
vermitteln.
Informationen und Anmeldung unter: ww
www.kommunale-ordnung.de
Eine Veranstaltung des
26 RepoRt
Anzeigen-Sonderveröffentlichung 07-08/2017
Berlin hat Zukunft ...
… aber nicht mit einer Verwaltung von gestern:
Ideen für eine moderne Hauptstadtverwaltung
Autoren Clara West und Fréderic Verrycken
Veränderungen sind schwierig
Der vor zwei Jahren bei den Bürgerämtern ausgerufene Ausnahmezustand
– monatelang gab es kaum freie Termine – ist zwar überstanden, aber dafür
brauen sich ähnlich finstere Wolken über
weiteren Behörden zusammen. Rot-RotGrün in Berlin hat sich das ehrgeizige Ziel
gesteckt, den Sanierungsstau bei den
Schulen innerhalb von zehn Jahren komplett aufzulösen. Das wird längst von
mitleidigem Kopfschütteln begleitet. Die
Durchsetzung egoistischer Einzelinteressen von Bezirks- oder Hauptverwaltungen lässt notwendige Veränderungen
immer wieder scheitern. Der Anreiz,
auf die SPD-geführte Senatsverwaltung
zeigen zu können, wenn der Putz weiter ins Schulheft rieselt, erscheint manchem Verwaltungschef in den Bezirken
zu attraktiv.
Als fatal erweist sich auch in diesem
Zusammenhang, dass die Bezirksverordnetenversammlungen nur als eine Art
„Aufsichtsrat“ fungieren. Verwaltung
bedarf stets einer starken parlamentarischen Kontrolle. Die aber übt über alle
12 Bezirke allein das Abgeordnetenhaus
aus, was in der Praxis regelmäßig zu völlig willkürlichen, weitgehend wirkungs-
losen und nur leidlich unterhaltsamen
Detaildiskussionen führt.
potenziale der Metropole nutzen
Verwaltungsreform muss kommen
Die aus Laiensicht undurchschaubare und
aus Expertensicht nicht funktionierende
Aufgabenverteilung zwischen Land und
Bezirken wurde bislang dennoch nicht
ernsthaft infrage gestellt. Warum sich
nichts ändert, das liegt auf der Hand:
Wenn alle ein bisschen entscheiden, ist
am Ende niemand verantwortlich. Im
Zweifelsfall lässt sich daher auf jedem
Parteitag jeder Partei jeder Antrag versenken, der auch nur entfernt den Anschein erweckt, den Bezirksämtern etwas
von ihrer Macht nehmen zu wollen. Denn
durch den Proporz in den Bezirksämtern
führen Vertreter so ziemlich aller Parteien
irgendwo eine Verwaltung.
So geht es nicht weiter! Eine Verwaltungsreform muss her. Ein erster Schritt
wäre die klare Aufteilung von Aufgaben
und Verantwortlichkeiten. Pflichtaufgaben, wie sie zum Beispiel die Bürgerämter erfüllen, sollten künftig aus den
Budgets der Bezirke herausgelöst und
zentral gesteuert werden. Die sogenann-
Clara West, stellvertretende
Vorsitzende der SpD-Fraktion
des Abgeordnetenhauses von
Berlin und Mitglied des Hauptausschusses
Fréderic Verrycken, Vorsitzender des Hauptausschusses
des Abgeordnetenhauses von
Berlin
Mehr Transparenz ist überfällig. Die Verwaltung muss über die berühmt-berüchtigte Veröffentlichung im Amtsblatt hinaus
zur offenen Information verpflichtet werden, statt wie bislang erst auf Nachfragen
zu reagieren. In jedem Ortsteil sollte es so
etwas wie ein „Stadtteilzentrum plus“ geben, das als Anlaufstelle der Verwaltung
und auch als Kulturort, Stadtteilbibliothek
und Nachbarschaftstreff für Jung und Alt
genutzt werden kann – je nach Bedarf.
Unsere Stadt wird enger, der öffentliche
Raum kleiner, daher brauchen wir kreativere Lösungen und Zusammenarbeit unterschiedlicher Ressorts.
Im kreativen Potenzial der Metropole
und im Schwung, den die vielen neuen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in
den nächsten Jahren eingestellt werden,
in die Verwaltung mitbringen, liegt eine
Riesenchance. Berlin muss den Anspruch
entwickeln, neue Standards setzen, aber
auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich in den Köpfen etwas ändert. Wir setzen auf parteiübergreifenden Mut, das jetzt anzugehen.
Nur eine Art Aufsichtsrat: Der einfluss von Bezirksverordnetenversammlungen ist verglichen mit anderen Kommunalparlamenten begrenzt.
Fotos: Clara West, FréderiC VerryCken, Henning Witzel
D
it is Balin“ – so fasst der Berliner
die selten perfekten, aber meist
doch liebenswürdigen Eigenheiten seiner Stadt zusammen. Was das
Zwischenmenschliche betrifft, finden die
Berliner sich in diesem Spruch gerne wieder. Mit Blick auf die Trägheit ihrer Verwaltung hat er sich jedoch längst in einen
hoffnungslosen Stoßseufzer verwandelt.
Berlin ist Kommune und Bundesland
in einem, hier sind Aufgaben zwischen
Land und Bezirken anders als in Flächenländern verteilt. Auf einer abstrakten und
deshalb angenehm unverbindlichen Ebene wünschen sich auch in der Hauptstadt
alle eine lebendige Kommunalpolitik und
eine gesamtstädtische Steuerung dort,
wo es um Lebensnotwendiges geht.
Denn: Die Erwartungen an Verwaltung
haben sich gewandelt, vielfältige Interessen geraten zunehmend in Widerspruch
zur bürokratischen Logik.
ten „Freiwilligen Aufgaben“ wie Kulturarbeit, Integration und Jugendarbeit dagegen gehören auf die Bezirke übertragen,
die schon in der Vergangenheit in genau
diesen Bereichen das meiste Geld politisch bewegt haben. Dieser Zuwachs an
Verantwortung würde aus den Bezirksverordnetenversammlungen zumindest
partiell echte Kommunalparlamente machen. Wir wollen auch in den Bezirken
mehr Demokratie wagen!
RepoRt 27
07-08/2017 Anzeigen-Sonderveröffentlichung
Die prüfgeräte können mehr als 1800 Dokumente wie pässe, Führerscheine, Visa und Aufenthaltstitel aus über 180 Ländern identifizieren
und auf Auffälligkeiten überprüfen.
in Behörden, die überlastet sind, kann
es bei der Echtheitsprüfung von Ausweisdokumenten zu Kontrolllücken
kommen. Mario Moll, Teamkoordinator
der Ausländerbehörde in Herne, sagt:
„Auch wenn alle Mitarbeiter im Abprüfen der Dokumente geschult sind und
mit den Jahren eine gewisse Routine
entwickelt haben, ist eine umfassende Prüfung aller Fälschungsmerkmale
schlichtweg nicht möglich.“ Die Stadt
Herne setzt daher seit 2013 auf das
Dokumentenprüfsystem VISOCORE®
Verify der Bundesdruckerei. Und sie
nutzt das Dokumentenprüfgerät auch
in der Meldestelle für Anmeldungen
von EU-Bürgern. Die Situation hat sich
dadurch grundlegend verbessert.
Auffälligkeiten erkennen
Kampf gegen falsche
Identitäten
Mit gefälschten Pässen kann viel Missbrauch betrieben
werden. Dokumentenprüfgeräte können das verhindern
Autor Jan von Lübtow, Bundesdruckerei GmbH
Fotos: Bundesdruckerei Berlin
M
itarbeiter in deutschen Bürgerämtern bekommen täglich Dutzende unterschiedliche Ausweisdokumente aus aller
Herren Länder vorgelegt. Denn jeder
Bürger hat eine Meldepflicht. Und bevor die Bürgerämter Meldebescheinigungen ausgeben und Eintragungen
ins Bundesmelderegister vornehmen
können, müssen sie die Identität eines
Antragstellers überprüfen. In der Regel
prüfen die Mitarbeiter die vorgelegten
Ausweis dokumente mit bloßem Auge. Allerdings kennt kaum jemand alle
Sicherheitsfeatures ausländischer Dokumente bis ins Detail. Das macht es
äußerst schwierig, festzustellen, ob es
sich um ein echtes, verfälschtes oder
gar gefälschtes Dokument handelt. Immer mehr Behörden setzen deshalb auf
eine Prüflösung der Bundesdruckerei.
Eine oberflächliche Prüfung und
unwissentliche Bestätigung gefälschter
Identitäten kann gravierende Folgen
haben: Mit der amtlichen Bestätigung
sind Ansprüche auf diverse Leistungen
verbunden – zum Beispiel für Sozialhilfe
in Form von Geld- oder Sachleistungen,
Arbeitslosen- oder Kindergeld. Denn
auch EU-Bürger können in Deutschland
Sozial- und Gesundheitsleistungen beantragen. Und auch Asylbewerber haben Anspruch auf Sozialleistungen.
Leistungsmissbrauch aufdecken
Jan von Lübtow ist Direktor
öffentliche Verwaltung und
Leiter Kommunale Beziehungen
bei der Bundesdruckerei.
TesTphase
730
Dokumente wurden in Hamm
im Februar 2017 überprüft, in
8
Fällen wurde die polizei
eingeschaltet.
Quelle: stadt Hamm,
www.presseservice.de
10.500 Euro jährlich pro Person – das
ergeben die Regelleistungen sowie
Kosten für Unterkunft, Kranken- und
Pflegeversicherung zusammen bei der
deutschen Sozialhilfe. Zudem dürfen
außereuropäische Staatsangehörige
entsprechend dem Aufenthaltsgesetz
ihre Verwandten nachholen. Eine fünfköpfige Familie ist für den Staat zum
Beispiel mit Kosten von rund 35.000
Euro jährlich verbunden. Das heißt
gleichzeitig: Wenn falsche Ausweispapiere nicht als solche erkannt werden, hat dies in den Kommunen hohe,
unnötige Ausgaben zur Folge. Eine Sorge, die nicht unbegründet ist: Laut Polizeilicher Kriminalstatistik gab es 2014
über 150.000 registrierte Straftaten gegen das Aufenthalts-, das Asylverfahrens- und das EU-Freizügigkeitsgesetz
– ein Anstieg um 41,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
In fast 50.000 Fällen ging es um
unerlaubte Einreise, in rund 8000 Fällen um unerlaubten Aufenthalt. Denn
Das Angebot der Bundesdruckerei umfasst ein komplettes System aus Hardund Software für die sichere Prüfung
nahezu aller nationalen und internationalen Identitätsdokumente. Alle Dokumententypen, die den Normen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation
(ICAO) entsprechen, werden automatisch erkannt. Die Hardware passt auf
jeden Schreibtisch und liest mit Unterstützung der Software das Dokument
und die Daten aus dem möglicherweise
integrierten Sicherheitschip innerhalb
weniger Sekunden aus. Das Prüfsystem
greift dabei auf eine Datenbank mit
über 1800 Referenzdokumenten aus
180 Ländern zu.
Die Handhabung für die Behördenmitarbeiter ist denkbar einfach: Sie
müssen Dokumente nur auf das Dokumentenprüfgerät legen, um mögliche
Auffälligkeiten sofort zu erkennen. Bei
Auffälligkeiten kann der Behördenmitarbeiter per Tastendruck einen Prüfbericht erstellen und diesen automatisiert
per E-Mail an eine nachgelagerte Dokumentenprüfstelle versenden. Zudem
können die ausgelesenen Daten direkt
ins Fachverfahren übernommen werden. So werden Fehlerquellen infolge
manueller Übertragung vermieden.
Deshalb nutzen viele Kommunalverwaltungen im gesamten Bundesgebiet bereits das Prüfgerät der Bundesdruckerei, darunter nicht nur Großstädte, sondern auch viele kleinere
Städte und Gemeinden. Mit dem Gerät
können Behörden die Identitäten von
Antragstellern sicher überprüfen, ihre
Entscheidungsgrundlagen aktenkundig
dokumentieren, Bearbeitungsprozesse
bei der Datenübertagung ins Fachverfahren verkürzen und Leistungsmissbräuche verhindern.
28 RepoRt
Anzeigen-Sonderveröffentlichung 07-08/2017
Kommune.
Gemeinsam.
Denken.
Das KGSt®-FORUM 2017 in Kassel
Autorin Martina Senekowitsch
Abwechslungsreiche
Fachveranstaltungen
„Kommune. Gemeinsam. Denken.” ist
2017 Motto und Programm: Ob Haushaltskonsolidierung, demografischer
Wandel, Digitalisierung oder die Veränderung sozialer Strukturen, ob Flüchtlingsthematik und alle damit verbundenen Facetten – auf dem KGSt®-FORUM
werden aktuelle Themen gemeinsam
gedacht. Aus mehr als 80 Veranstaltungen können Besucher auswählen
und ihr individuelles Programm bereits
im Vorfeld zusammenstellen. Drei verschiedene Veranstaltungsformate stehen zur Wahl:
1. Die Impulsveranstaltung ist geprägt
durch den klassischen Vortrag.
2. Die Dialogveranstaltung bietet den
Rahmen für einen intensiven Austausch.
3. Der Workshop legt den Fokus auf die
gemeinsame Erarbeitung eines Themas.
Sechs Denkrichtungen bilden den inhaltlichen Rahmen und stehen synonym
für noch mehr persönliche Kommunikation und gemeinsames Lernen:
Fragen und
Auskünfte
Zentraler Kontakt:
Tel.: 0221 37689 60
forum@kgst.de
Verena Bauer
Tel.: 0221 37689 61
Verena.Bauer@kgst.de
Gudrun Hegemann
Tel.: 0221 37689 26
Gudrun.Hegemann@
kgst.de
Norbert Ottersbach
Tel.: 0221 37689 20
Norbert.Ottersbach@
kgst.de
Axel Nees
Tel.: 0221 37689 45
Axel.Nees@kgst.de
Der sogenannte „Himmelsstürmer” steht auf dem platz
vor dem KulturBahnhof.
Festlich beleuchtet: das Kongress palais Kassel
DIGITAL. DENKEN .
NACHHALTIG. DENKEN.
SOZIAL. DENKEN.
STRATEGISCH. DENKEN.
FÜHRUNG. DENKEN.
KLEINE KOMMUNEN. DENKEN.
Live-Beteiligung per FoRUM-App
Auf dem KGSt®-FORUM 2017 spielen interaktive Elemente eine ganz wesentliche
Rolle. Die KGSt befragt die Teilnehmer
bereits in der Zeit vor dem Kongress und
bringt die Erkenntnisse in die FORUMVeranstaltungen ein. Im KGSt®-Portal
(www.kgst.de) werden Diskussionsräume
geschaffen. Dort können kommunale Beschäftigte Kontakte knüpfen, ihr Wissen
austauschen und Themen diskutieren.
Erstmals können Besucher ab August
eine neue Event-App nutzen und sich
damit live beteiligen – vor und während
des Kongresses. Sie können damit an
Umfragen teilnehmen, in Echtzeit Fragen stellen und ihre persönliche Veranstaltungsagenda zusammenstellen.
Außerdem erhalten sie alle wichtigen
Informationen zum Veranstaltungsort
Kassel, zum Veranstaltungsprogramm
sowie zu den Kongress-Partnern und
-Ausstellern. Und mit etwas Glück lohnt
sich der Besuch des KGSt®-FORUMS
damit sogar doppelt: An verschiedenen
Stationen erhalten die Teilnehmer während des FORUMS Passwörter, die sie in
das App-Quiz eingeben und attraktive
Preise gewinnen können!
treffpunkt Fachausstellung
Nationale und internationale Unternehmen und Institutionen präsentieren
auf der begleitenden Fachausstellung
innovative Produkte und Dienstleistungen. Auf dem Stand der KGSt erfahren Besucher mehr über das KGSt®Leistungsportfolio.
In den Pausenzeiten werden im Ausstellungsbereich überdies interessante
Vorträge angeboten, die sogenannten
Keynote-Speeches. Neu ist die KGSt®Börse: Teilnehmer platzieren ihre Anfragen zu aktuellen Themen. Die KGSt entwickelt dann direkt live vor Ort passende
Lösungsansätze.
Attraktives Rahmenprogramm
Am ersten Kongressabend, Montag,
den 18. September 2017, ab 19.30 Uhr,
veranstaltet die KGSt ihren traditionellen
FORUM-Abend im Südflügel des Kasseler KulturBahnhofes. Die Teilnehmer
erwarten kulinarische Genüsse und ein
unterhaltsames Programm. Auch dabei
hilft die FORUM-App! Besucher können
der Band ihren Musikwunsch via Smartphone schicken.
Am Dienstag, den 19. September
2017, öffnet die Stadt Kassel ab 20 Uhr
die Türen des Kasseler Rathauses und
lädt zu einem geselligen Abend mit
nordhessischen Spezialitäten ein. Nach
der Begrüßung durch den Oberbürgermeister besteht Zeit zum Austausch, Relaxen und Netzwerken.
Alle Informationen zum KGSt®-FORUM
2017 und die Programmübersicht finden Sie im
Internet unter
www.kgst.de/kgst-forum-2017
Anmeldungen unter
www.kgst.de/forumsanmeldung
Fotos: K assel MarKeting gMbH
V
om 18. bis zum 20. September
wird Kassel zum kommunalen Mittelpunkt Deutschlands.
Mehr als 2500 Beschäftigte aus deutschen und österreichischen Städten, Kreisen und Gemeinden treffen sich auf dem
KGSt®-FORUM 2017 im Kongress Palais
Kassel, um sich über aktuelle kommunale
Themen und Trends auszutauschen.
Das kommunale Top-Ereignis folgt
direkt auf das kulturelle Top-Ereignis
der Stadt: Nach 100 Tagen endet am
17. September die documenta, die weltweit bedeutendste Reihe von Ausstellungen für zeitgenössische Kunst, die
alle fünf Jahre in Kassel stattfindet. Das
KGSt®-FORUM veranstaltet die KGSt
alle drei Jahre, allerdings immer in einer
anderen attraktiven Stadt. Nur im Jahr
2017 können Besucherinnen und Besucher beide Ereignisse miteinander verbinden – zeitlich und örtlich.
Bücher | Wahlen 29
07-08/2017 DEMO
Aus vielen Perspektiven gesehen
Wahlen
Praktische Handlungsempfehlungen rund um Kulturbauten
In der Stadt Schkeuditz (Sachsen)
folgt Rayk Bergner (CDU) als Oberbürgermeister auf Jörg Enke. In
der Wahl am 14. Mai unterlag Enke
– der von den Freien Wählern aufgestellt und von SPD und Linken unterstützt worden war – mit 39,7 zu
60,3 Prozent dem Christdemokraten.
Landrat im rheinland-pfälzischen Kreis
Germersheim bleibt Fritz Brechtel
(CDU). Mit 65,5 Prozent setzte sich
der Amtsinhaber gegen die Sozialdemokratin Nicole Zor durch.
In Fürstenfeldbruck, Bayern, gewann am 21. Mai Erich Raff (CSU)
mit 52 Prozent die Stichwahl um
den OB-Posten gegen den grünen
Kandidaten Martin Runge, der auch
von der Wählervereinigung BBV
unterstützt worden war.
Der parteilose Kandidat André
Raphael wurde am 11. Juni zum
neuen OB von Crimmitschau (Sachsen) gewählt. Im zweiten Wahlgang
erhielt er 44,9 Prozent der Wählerstimmen. Das genügte für den Sieg
Kulturbauten können zum Symbol
einer Stadt oder einer ganzen Region werden. Dabei haben sich die
Herausgeber ein weit gefasstes Ziel
gestellt: Kulturimmobilien müssen
erdacht und geplant, finanziert und
gebaut und schließlich betrieben
werden. Das sind – jedes für sich
genommen – komplexe Themen, die
hier zusammengefasst worden sind.
Jeder kennt Kulturbauten, die scheinbar gut geplant und durchfinanziert
gestartet sind, aber in der Realität
mit Enttäuschungen im Hinblick auf
das Budget, die Bauzeit oder die
Ausführung endeten. Einen steinigen
Weg hat etwa die Elbphilharmonie
hinter sich, die weit vorn im ersten
Teil des Buches behandelt wird.
Es wird deutlich, wie wichtig eine
intensive Planung ist. Weitere Beiträge sind den generellen Abläufen,
dem Lebenszyklus, der Baulogistik
oder dem Projektmanagement
gewidmet. In den folgenden
Abschnitten wird nach Sparten
wie Museum oder Theater, Oper,
Konzerthaus unterschieden. Dass
dabei kein schwer zu lesendes
Nachschlagewerk entstand, ist dem
Konzept zu verdanken, erfahrene
Praktiker aus den Fachsparten des
Planens, Bauens und Betreibens als
Autoren zu gewinnen.
KB
hrsg: Oliver Scheytt, Simone raskob,
Gabriele Willems
Die Kulturimmobilie
Planen – Bauen – Betreiben
Beispiele und erfolgskonzepte
Edition Umbruch, Texte zur Kulturpolitik,
Herausgegeben für die kulturpolitische
Gesellschaft e.V. von Norbert Sievers,
Band 32., transcript Verlag, Bielefeld
2016, 381 Seiten, 29,99 Euro,
ISBN 978-3-8376-2981-1
Für die tägliche Arbeit als Aufsichtsrat
Praxisrelevante Hilfe, Empfehlungen und Lösungen
Die Aufgaben, die Aufsichtsräte
in der kommunalen Wirtschaft zu
bewältigen haben, nehmen zu und
werden immer komplexer. Welche
Rechte und Pflichten sich aus dem
Amt ergeben, Haftungs- Sorgfaltsund Verschwiegenheitspflichen wissen die potenziellen Aufsichtsratsmitglieder meist nicht einmal.
Für den schnellen Einstieg in die
Materie und die tägliche Arbeit als
Aufsichtsratsmitglied sind die neuen
Ratgeber in mehreren Bänden
gedacht. Auch ein juristischer Laie
wird schnell einen Zugang zum
Thema finden, denn die vorliegenden Bücher vereinfachen die
Sachverhalte, indem sie diese in
viele einzelne konkrete Fragen und
Antworten auflösen. Dieser Aufbau
dürfte das Verständnis der rechtlichen Materie erleichtern.
Das Leitbild dabei sind Fragen,
die den Autoren in ihrer täglichen
Beratungsarbeit immer wieder
gestellt werden, insbesondere
während zahlreicher Aufsichtsrats-
Schulungen. Die Antworten sind
knapp und klar gehalten. Schaubilder illustrieren darüber hinaus
typische Fallgestaltungen. Am Ende
jedes Kapitels fassen die Autoren
die wichtigsten Punkte im Überblick
noch einmal zusammen.
KB
autoren: arnulf Starck, Dr. nicole
ehlert
aufsichtsrat in kommunalen
Unternehmen
Die Gmbh mit fakultativem aufsichtsrat
ISBN: 978-3-87750-905-0
Die Gmbh mit mitbestimmtem
aufsichtsrat ISBN: 978-3-87750-906-7
Die aG ISBN: 978-3-87750-907-4
VKU Verlag, 2017, jeweils 29,99 Euro
gegen Amtsinhaber Holm Günther
(BV für Crimmitschau, 43,5 Prozent)
und Kevin Scheibel (Die Linke, 11,6
Prozent).
Im Landkreis Südliche Weinstraße
(Rheinland-Pfalz) konnte sich der
CDU-Kandidat Dietmar Seefeldt
am 11. Juni mit 50,12 Prozent der
Stimmen gegen den SPD-Kandidaten Torsten Blank mit 42,40 Prozent
der Stimmen durchsetzen. Im Landkreis Mainz-Bingen (Rheinland-Pfalz)
geht der Sozialdemokrat Claus
Schick Ende September nach 25
Amtsjahren als Landrat in den Ruhestand. Das Rennen um die Nachfolge entschied die CDU-Kandidatin
Dorothea Schäfer am 25. Juni mit
65,1 Prozent der Stimmen für sich.
Salvatore Barbaro (SPD) kam auf ein
Ergebnis von 34,9 Prozent. Ähnlich
verlief der Wahlabend im Landkreis
Kusel: Auch hier stand der Amtsinhaber Winfried Hirschberger
(SPD) nicht erneut zur Wahl. Parteigenossin Ulrike Nagel unterlag in
der Stichwahl mit 45,3 Prozent Otto
Rubly (CDU, 54,7 Prozent).
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30 Das Letzte
DEMO 07-08/2017
Kreuzrätsel lösen
Impressum
autor Carl-Friedrich Höck
Nicht alle wissen in der Wahlkabine, was jetzt zu tun ist (symbolfoto).
H
ätten Nichtwähler in Parlamenten eine Vertretung,
ihre Fraktion wäre vielerorts
die stärkste. Manch einer verzichtet
aus Mangel an überzeugenden Angeboten auf sein Kreuz, andere glauben, sich nicht für Politik zu interessieren (bis wieder eine Entscheidung
ihren Alltag verändert). Und dann
gibt es noch diejenigen, die vor jeder
Wahl aufs Neue wiederholen: „Meine Stimme ändert doch eh nichts!“
Dass Letzteres Unfug ist, wissen
wir nicht erst seit dem Brexit. (Zahlreiche Briten bekundeten hernach
reumütig, sie hätten die Abstimmung für eine Art Folklore gehalten.)
Auch bei deutschen Bürgermeister-
wahlen gilt das Motto: „Jede Stimme zählt“. Besonders deutlich wurde
das neulich in Bad Karlshafen, einer
Kleinstadt bei Kassel. Mit nur einer
Stimme Vorsprung setzte sich dort
Marcus Dittrich in der Stichwahl gegen Petra Werner durch.
Das allein reicht schon für die Aufnahme in die Rangliste der kuriosesten Wahlen des Jahres. Doch es wurde noch verrückter: Die Wahl wurde
angefochten. Der Grund: Ein Wähler
hatte aus der Wahlkabine heraus gefragt, ob er seinen Stimmzettel unterschreiben müsse. Ein Wahlhelfer
hielt das für einen Witz – und antwortete mit „Ja“. Das Resultat: Eine
ungültige Stimme.
DEMO 09-10/2017
erscheint am 15. September 2017
mit folgenden Themen:
Das Titelthema Kommune 4.0 – Chancen der
Digitalisierung widmet sich verschiedenen Aspekten
der digitalen Agenda in den Kommunen. Smarte Städte
und Regionen, intelligente Mobilität, eine leistungsfähige Verwaltung und Infrastruktur sind dabei wichtige
Themen. Der Report dreht sich um Wirtschaftsförderung und Standortpolitik.
Nun sind angefochtene Wahlen
nichts Seltenes. Die DEMO hat an
dieser Stelle bereits über eine Fußmatte in Greifswald berichtet, die
den Eingang zu einer Wahlkabine
offenhalten sollte, aber vorübergehend verrutscht war. Dennoch wurde die Oberbürgermeisterwahl nicht
wiederholt.
Erfolglos blieb Ende 2016 auch ein
Einspruch nach der Bürgermeisterwahl in Eppelheim. Es ging laut einem
Bericht der Rhein-Neckar-Zeitung „um
ein Wahlplakat von Patricia Popp, das
nach Ansicht eines Bürgers zu nahe
an einem Laternenmast auf dem Weg
in das Wahllokal ‚Villa Kunterbunt‘
hing“. Die Stadtverwaltung nahm
Maß und notierte einen Abstand
von 24,4 Metern. Glück gehabt: Die
Schutzzone um das Wahllokal endet
nach maximal 20 Metern. Ob sich auf
dem Weg zur Urne wirklich noch der
eine oder andere Wähler umentschieden hätte, wäre das Plakat fünf Meter
weiter aufgehangen worden? Das ist
eine Frage, die wohl nur Juristen leidenschaftlich und ernst diskutieren
können.
Dafür können wir eine Lehre aus
der Wahl in Bad Karlshafen ziehen.
Es lohnt sich zuweilen für Kandidaten, rechtzeitig in den Ort zu ziehen,
den sie regieren wollen. Denn die
Stimme, die Petra Werner fehlte, war
ihre eigene. Sie war noch mit Hauptwohnsitz in Offenbach gemeldet.
Demokratische Gemeinde,
Fachorgan der Sozialdemokratischen
Gemeinschaft für Kommunalpolitik
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Die DEMO erscheint mit sechs regulären
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Wenn eine Bürgermeisterwahl eng ausgeht, wird gern
nochmal nachgeprüft. Manche Anfechtungen sind kurios
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12. DEMO-Kommunalkongress
»WIR IN DEN KOMMUNEN«
16. – 17.2017
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UM
POLITIK FÜR DIE ZUKUNFT
UNSERER KOMMUNEN
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Auf dem 12. DEMO-Kommunalkongress am 16. und 17. November 2017
trifft sich wieder die kommunale
Familie in Berlin.
Unter dem Motto „WIR IN DEN
KOMMUNEN“ möchten wir mit
Ihnen diskutieren, wie wir angesichts
der aktuellen Herausforderungen
die Zukunft unserer Kommunen
gestalten können.
Der DEMO-Kommunalkongress
ist ein Treffpunkt für haupt- und
ehrenamtliche Politiker und Fachleute
aus Wirtschaft und Verwaltung. Wir
wollen Ihnen die Möglichkeit für
einen guten Austausch geben, neue
Handlungsperspektiven eröffnen und
Best-Practice-Beispiele präsentieren.
Es erwartet Sie ein vielfältiges, interaktives Programm mit fachkundigen
Rednern und Referenten.
Auf der begleitenden Fachausstellung
des DEMO-Kommunalkongresses
stellen eine Vielzahl von Unternehmen und Verbänden Ihre Produkte
und Dienstleistungen für den
kommunalen Sektor vor.
Am Abend des 16. November verleihen wir die DEMO-Kommunalfüchse
als Auszeichnung für herausragendes
kommunalpolitisches Engagement.
Anschließend bietet der Kommunale
Abend gute Gelegenheiten, miteinander ins Gespräch zu kommen.
Wir laden Sie herzlich ein,
dabei zu sein.
Ihr Team der DEMO
PROGRAMMÜBERBLICK
• Politik in der Kommune: Akzeptanz
– wie Kommunalpolitik begeistern
kann
Donnerstag, 16.11.2017
• Kommunale Steuerung: Kommunalfinanzen im Fokus
09:30
Einlass und Akkreditierung
10:15
Grußwort
10:25
Einführung in den Tag
• Standort Kommune: Kommunale
Wirtschaftsförderung
10:30
LEITVORTRAG
WIR IN DEN KOMMUNEN
Preisverleihung und
Abendveranstaltung
11:30
VORTRAG
18:30
12:15
Lunch
18:45
Verleihung der DEMOKommunalfüchse für herausragende
kommunalpolitische Projekte
13:15–15:00 PARALLELE
WORKSHOPS
Grußwort
Freitag, 17.11.2017
09:00
Einlass und Akkreditierung
09:25
Begrüßung
09:30
LEITVORTRAG
WIR IN DEN KOMMUNEN
10:25
Einführung in den Tag
10:30
PRAXISGESPRÄCH
Kommune & Kirche
10:45
PRAXISGESPRÄCH
Kommune & Gewerkschaft
11:00
Pause
11:30–13:15 PARALLELE
WORKSHOPS
• Politik in der Kommune: Hauptamt
und Ehrenamt Hand in Hand
• Politik in der Kommune: Wachsender
Populismus – was tun vor Ort?
• Kommunale Steuerung: Verwaltungsmodernisierung und eGovernment
• Kommunale Steuerung: Flüchtlingsmanagement in der Praxis
• Standort Kommune: Stadtwerke –
fit für die Zukunft
• Standort Kommune: Neue Mobilität
in Stadt und Land
15:00
Kaffeepause
13:15
15:30
VORTRAG
Online-Anmeldung und weitere Informationen zum Programm, zu den Referenten,
zu Hotelkontingenten… finden Sie unter
www.demo-kommunalkongress.de
16:15–18:00 PARALLELE
WORKSHOPS
Anschließend kommunaler Abend
mit Buffet und Musik
ANMELDUNG
· per Fax:
· per Post:
· online:
030/740 73 16-54
DEMO – Demokratische Gemeinde, -Kommunalkongress-,
Stresemannstraße 30, 10963 Berlin
www.demo-kommunalkongress.de/anmeldung
Hiermit melde ich mich verbindlich als Teilnehmer/in zum
12. Kommunalkongress der DEMO vom 16.–17. November 2017 an.
Vorname*
Nachname*
Kommune/Firma/Organisation
Straße + Hausnummer*
PLZ/Ort*
Die Teilnahme kostet inkl. 19% Mehrwertsteuer:
für DEMO-Abonnenten und SGK-Mitglieder
für Kommunalpolitiker/innen und Verwaltungsmitglieder
für Vertreter/innen der Wirtschaft
für Absolventen der Kommunalakademie
69,00 Euro
149,00 Euro
299,00 Euro
kostenlos
E-Mail-Adresse*
✘
Datum*
Unterschrift*
*Pflichtfelder
Zutreffendes bitte ankreuzen.
Sonderkonditionen für Fraktionen und andere Gruppen auf Anfrage.
Weitere Infos unter www.demo-kommunalkongress.de
Lunch / Ende
Wir gestalten die Energiezukunft.
Wir wollen die Umwelt für nachfolgende Generationen schützen und
Ressourcen schonen. Deshalb setzen wir verstärkt auf lokale Energieerzeugung. Mit unseren innovativen Produkten unterstützen wir unsere
Kunden bei der effizienten Nutzung erneuerbarer Energien.
Mehr Energie: www.mainova.de