Jährlich 12 Nummern
mit 120 Lichtdrucktafeln.
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50 Pf. füi die Spaltenzeile oder deren Raum.
FÜR ARCHITEKTUR UND
KUNSTHANDWERK.
Anzeigen-Annahme:
Königl. Hofbuchdruckerei Trowitzsch & Sohn,
Frankfurt a. O.
Geschäftstelle: Berlin SW., Wilhelmstr. 98.
Verlag von MAX SPIELMEYER, Berlin SW.
Wilhelmstraße 98.
Leitung: Paul Graef, Steglitz, Albrechtstr. 113.
Preis vierteljährlich bei freier Zusendung
Deutschland u. Österreich 6 Mk. Ausland 7 Mk.
Preis des Einzelheftes: 3 Mk.
Jahrgang XVIII.
Berlin, August 1905.
No, 8.
ZU DEN TAFELN.
Tafel 71. Das Kaufhaus „Automat“ in Berlin, Friedrich
straße 167.
Erbaut in der Zeit vom 1. August 1904 bis zum 1. Juli 1905 für
die Immobilienverwertungsgesellschaft G. m. b. H. durch den Architekten
Professor Dr. Bruno Schmitz in Berlin.
Baustoffe: Grauer Hordtheimer Muschelkalkstein für die Straßen
seite; rote Biberschwänze für die Dachdeckung.
Baukosten: rd. 184000 Mk, ohne die Kosten der Automaten-
Einrichlung.
Mit seiner großzügigen, vortrefflich komponierten und künstlerisch
bedeutsamen Kaufhausfront ist der auffällige Bau der erste seiner Art im
mittleren Teile der Friedrichstraße, und es kann angenommen werden,
dass er dort bahnbrechend wirken und zu einer Umgestaltung des
Straßenbildes führen wird. Er enthält im Erdgeschosse neben einem
Laden das Automalenhaupfrcstaurant Berlins mit den dazugehörigen
Geschäftstuben, in den oberen Geschossen ausser der Automaten-Küche
vermietbare Geschäftsräume und Wohnungen.
Der vortreffliche bildnerische Schmuck am Äusseren und im Inneren
stammt vom Professor Christian Behrens in Breslau, die künstlerische
Ausmalung von August Unger in Berlin. Die Bronzetreibarbeiten
Hl. Stock.
Kaufhaus „Automat“ In Berlin, Fricdrichslr. 167.
wurden von Schulz & Holdefleiss, die gebogenen Fenster von
L. Kayser, die Beleuchtungskörper von der Firma Frost Söhne in
Berlin angefertigt. Im übrigen erfolgte die Ausführung des Baues in
Gesamtunternehmung durch das Baugeschäft E. Schütze in Friedenau.
Tafel 72. Das Bayertor zu Landsberg am Lech, Besprochen
von Dr. H. Stegmann.
Das malerisch an den Ufern des Lech, unweit des eigentlichen
Schwabens, gelegene oberbayerische Städtchen Landsberg erhielt seinen in
den wesentlichen Teilen noch heute erhaltenen Mauergürtel in den ersten
Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts. Das laut der an der Osfseite ange
brachten Jahreszahl 1425 erbaute, an der Ostseite der Stadt und zwar
nahe der südlichen Ecke gelegene Bayertor ist der baugeschichtlich
wichtigste und schönste Teil der Befestigung. Die umfangreiche Tor
anlage, durch welche von der Stadt her ansteigend die Bergstraße
hindurchführt, ist 28 m lang. Der innere große Torturm, mit der Aussen-
seite in der Flucht der äusseren Stadtmauer liegend, hat zwei Vorhöfe.
Der innere, von einem gedeckten Umgang umgeben, hat an den
äusseren Ecken zwei quadratische, zinnenbekrönte Türme. Diesem inneren
legt sich ein äusserer Vorhof vor, in dem sich die Torwarfwohnung
befindet, und dessen spitzbogige Toröffnung von zwei unten quadratischen,
oben achteckigen Türmchen eingefasst wird. Der große Turm, dessen
Torweg mit einem Kreuzgewölbe eingedeckt ist, hat fünf Stockwerke und
an drei Seiten Zinnenbekrönung. An der vierten inneren, unter dem
Zinnenkranz, senkt sich ein Pultdach mit G'ockenstuhl herab. Besonders
malerisch wirkt die Aussenseite des 36 m hohen Turmes mit ihren Stein
bildwerken in mehrfach gegliederten, gotischen Nischen. Ausser einer
Kreuzigunggruppe und zwei knieenden Engeln erblicken wir in der
Mitte oben das mailändische, unten das Landsberger, je links und rechts
das bayerische Wappen.
Tafel 73. Empfangsgebäude der Wannseebahn an der Halte
stelle Zehlendorf-Beerenstraße.
Erbaut 1904—1905 im Aufträge der Gemeinde Zehlendorf für den
Königl. Eisenbahnfiskus durch die Architekten Hart & Lesser in Berlin.
Baustoffe: Ziegelputzbau mit rauhen Wandflächen und angetragenem
Zierwerk, unter Verwendung von schlesischem Kalkstein und Cottaer
Sandstein für einzelne Bauteile; Sockel mit Zement verputzt; Gesimse
auf Eisenkonstruktionen vorgemauert und verputzt. Die Dächer sind mit
roten Biberschwänzen gedeckt; unter ihnen liegt eine wasserundurch
lässige, nach Monierart ausgeführte Decke; bei der die Haupthalle des
Empfangsgebäudes bedeckenden Oberlicht-Kuppel nimmt diese Decke
auch die Tragekräfle auf, so dass eine weitere Tragekonstruktion nicht
erforderlich wurde.
Baukosten: 120000 Mk.
Über den ebenso eigenartigen wie gelungenen Bau geben uns die
Architekten noch folgende Mitteilungen:
Von der Vereinigung Berliner Architekten wurde im Jahre
.1903, auf Veranlassung der Gemeinde Zehlendorf, unter ihren Mitgliedern
ein Wettbewerb zur Erlangung von Entwurfskizzen zum Neubau des
Empfangsgebäudes und der Beamtenwohnhäuser für den Bahnhof Zehlen
dorf-Beerenstraße ausgeschrieben, aus dem die genannten Architekten als
Sieger hervorgingen. Der Bahnhof sollte am Schnittpunkte der Wannsee
bahn mit der Beerenstraße erbaut und mit einer Unterführung der letzteren
verbunden werden. Die Königl. Eisenbahndirektion, in deren Besitz die
Bauwerke übergehen sollten, stellte die Forderung, dass durch die
gewählte Architektur und Ausführungsart keine ausscrgewöhnlichen Unter
haltungskosten entstehen durften. Besonderer Wert wurde im übrigen
auf reizvolle Gruppierung und malerische Erscheinung bei einfacher Form
gebung gelegt. Beim Empfangsgebäude und der Unterführung konnten
Werksteine in mäßigem Umfange verwendet werden. Ein Turmaufbau
war zwar nicht zur Bedingung gemacht, aber erwünscht, und zwar