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Full text: Spätlese (Rights reserved) Issue2017,7/8 (Rights reserved)

23 Ausgabe Juli-August 2017 SPÄTLESE Jahre www.magazin-spätlese.net DAS MAGAZIN FÜR AUFGEWECKTE SENIORINNEN UND SENIOREN Inhalt der Ausgabe Nicht nur das florale Feuerwerk erfreut die Besucher, das ganze Umfeld soll auf der IGA stimmen 2 Ein Highlight der besonderen Art: Das Drachenfest im Kompass 3 Sorgenfreie Ferien – Tipps für Großeltern 4 Durst auf den „längsten Biergarten der Welt“ 5 „Tag der Logistik“ heute eine feste Größe im Wirtschaftskalender 6 Verdi-Gala 2017 in Bad Saarow 8 Deutschland feiert das Lutherjahr 8 Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter, oder es bleibt wie es ist… 9 Die Tränen des Laurentius 10 Mittelalterliche Fleischbänke 11 Heinz Sielmann: Nur wer die Natur kennt, wird sie schützen 12 Den Schutz der sensiblen Dickhäuter im Blick 14 Ein Glas Wasser bitte… 14 Mückenplage 16 Schwindel im Alter 16 Das Jahr fing mit einer Gasexplosion an 17 Die Rubinhochzeit 18 Ein Jahr Rentner 19 Abend 21 Im Hinterzimmer 21 WAS ERWARTET SIE IN DIESER AUSGABE? Die neue Ausgabe des Senioren-Magazins „Spätlese” ist online unter: www.magazin-spätlese.net verfügbar. Die Leserinnen und Leser können sich auf interessante und lesenswerte Themen, insbesondere auch zur Winterzeit freuen. Die ehrenamtlichen Autoren haben sich auch in dieser Ausgabe bemüht, für jeden Geschmack etwas anzubieten. Ursula A. Kolbe berichtet über die „Biermeile“, die IGA, den Tag der Logistik, sensible Elefanten und Heinz Sielmann. Waltraud Käß beschäftigt sich mit dem Wettereinfluss auf unser Leben und dem Wasser in unserem Körper. Rudolf Winterfeldt schreibt über eine Gasexplosion, Tipps für Großeltern, die Verdi-Gala in Bad Saarow und eine Rubinhochzeit. Verschiedene Autoren berichten über die Mückenplage, das Rentnerdasein, Gedanken am Abend, Kometen, Fleischbänke, ein Drachenfest, den Schwindel im Alter und über Raucher. www.magazin-spätlese.net Seite 2 THEMA: AUS DEM BEZIRK NICHT NUR DAS GANZE DAS FLORALE UMFELD SOLL FEUERWERK ERFREUT DIE AUF DER IGA STIMMEN BESUCHER, von Ursula A. Kolbe Foto: Frank Sperling / IGA Es ist einfach immer wieder ein tolles Gefühl auf der IGA, mit der Seilbahn von der U-Bahn-Station „Kienberg – Gärten der Welt“ über den Wolkenhain, dann weiter das Wuhletal querend in Richtung Blumberger Damm zu schweben. Und das inmitten in unserer quirligen Hauptstadt und doch umgeben von Natur pur. In Hektik, Trubel stadteinwärts eintauchend, ländliche Idylle auswärts nach Brandenburg hinaus erwartend. Rosengarten, Rhododendren, überhaupt weiträumige Blumenrabatten, Sträucher, Gräser allerorten - für Blumen- und Pflanzenliebhaber eine wahre Augenweide. Für jeden ist etwas dabei. Auf dem über 100 ha großen Gelände entfaltet sich in diesen IGAWochen im wahrsten Sinne des Wortes ein florales Feuerwerk. Gartenarchitekten, Gärtner, überhaupt alle an diesem Gesamtwerk Beteiligten machen „Mutter Natur“ alle Ehre. Meine Aufmerksamkeit an diesem Tag hat besonders die Blumenhalle hinterlassen. Hier vor allem die Orchideenschau, eine Augenschmaus. Der Star dieser Sorte, es gibt ja unglaubliche 25.000 OrchideenGattungen ihrer Art, ist zweifellos die Sorte Vanda, eine wahrhaft exotische Schönheit. Insgesamt rund 15.000 Blüten verschiedenster Orchideen hatten die Mitarbeiter gesteckt. Übrigens rund 2.000 davon formten sie zu großen Elefanten-Skulpturen. Die Idee einer Kollegin aus Thailand, die eine Botschaft aus ihrer Heimat auf die IGA bringen wollte, so Marei Karge-Liphard, die Chefin des Orchideengartens Karge in Dahlenburg, Niedersachsen. Das Schild vor den symbolischen Blumen-Dickhäutern gibt denn auch Auskunft darüber, dass Elefanten in Thailand schon seit Jahrhunderten als ein Symbol für Glück und Freude gelten. Wörtlich: „Sukh-Sri – Freude heißt der weibliche Elefant. Sie ist pink geschmückt mit Vanda Kanchana Magic Pink. Der männliche Elefant heißt Choke-Dee Glück und ist geschmückt mit Kanchana Magic Blue Blüten. Diese zwei Elefanten kamen den langen Weg aus Thailand, um allen Besuchern Glück und Freude zu wünschen.“ Ein Einschub sei an dieser Stelle gestattet: Mit Blick auf den bevorstehenden Weltelefantentag am 12. August ist diese Botschaft mehr als eine aktuelle und symbolische Geste. Denn die Dickhäuter sind in Gefahr, ja, vom Aussterben bedroht. Gnadenlose Wilderer schlachten sie ab. Die Geldgier nach dem kostbaren Elfenbein kennt keine Grenzen. Schon viel wird dagegen unternommen. National und international. Doch der Kampf dagegen muss weitergehen. Der Weltelefantentag mahnt. Besucher schwärmen von Blumenpracht Ja, Blumenschauen sind ein Magnet. So schnappte ich kürzlich an einer Bushaltestelle in Marzahn das Gespräch zweier offensichtlich gut Bekannter auf, die sich über die IGA unterhielten. Die eine, im Besitz einer Dauerkarte, schwärmte von ihren schon mehrmaligen Besuchen und die sie dort umgebende Blumenpracht. Ich weiß nicht, wie das Gespräch ausgegangen ist und ob sie die Frau, zu einem nächsten Besuch mitzukommen, überreden konnte. Der Bus war gekommen… Marion und Burghardt Menzel waren mit ihrem Enkel Paul auf der Gartenschau. Der Fünfjährige wäre am liebsten erst einmal nur Seilbahn gefahren. Aber nach ein paar Runden sollten sie erst mal einen Zwischenstopp einlegen, meinte das Personal. Der Andrang wurde nämlich immer größer. Marion hatte sich über das Lied junger Leute in der Kabine gefreut, die das Lied „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin…“ trällerten. Den Enkel lockte dann ja auch der Wasserspielplatz Konrads Reise in die Südsee mit dem begehbaren Spiel-Wal. Spielzeuge auf der Wiese überall. Überhaupt wurde der Spielplatz gut angenommen, sagten die Großeltern. Beide waren beeindruckt von der Gartengestaltung insgesamt. Aber, auch das ihr Fazit: Essen und Trinken sollte man besser mitnehmen und vor Ort picknicken. Und das lohnt sich hier durchaus. So sind die Freiflächen extra als betretbare Wiesen konzipiert. Es gibt Stühle und Liegen. Neue, drehbare Doppelliegen wurden nahe den Wassergärten aufgestellt. Und noch ein Tipp: Auf dem Kienberg nahe der Seilbahnstation wurden wetterfeste Lümmelmöbel platziert. Da kann man sich sein Mitgebrachtes gut schmecken lassen, oder aber auch gleich nebenan am Stand eine Wurst und ein Bier oder ein Stück Kuchen und für die Kinder natürlich ein Eis holen. Bei allem muss nur Petrus mitspielen. Übrigens waren wir nicht das letzte Mal auf der IGA, sagen die Menzels. Das ist auch die Seite 3 Meinung von Monika und Uwe Vorpahl aus Pankow. Sie waren schon beim ersten Mal beeindruckt von dem, was sie gesehen haben - Seilbahn, Blumenschau-hallen, Wolkenhain… Ihre Meinung: „ Das sollte aber auch einem breiteren Publikum und weiteren Zielgruppen kostengünstig ermöglicht werden. Diese Anlage wäre es wert. Da vor das Staunen, die Parkwächter aber das Eintrittsgeld gesetzt haben, ist zu erwarten, dass ähnlich der BUGA vor zwei Jahren, über kurz oder lang die Verantwortlichen ungenügendes Publikumsinteresse beklagen werden, um damit zu begründen, dass sie ihre angepeilte Gewinnzone mit der IGA nicht erreichen. Dazu werden Publikumszahlen benötigt, die nur zustande kommen, wenn die IGA möglichst mehrfach besucht wird und das nicht nur von Einzelnen, sondern von Gruppen. Angesichts doch recht sportlicher Preise in Höhe von 20 Euro pro Person dürfte das aber gerade für soziale Einrichtungen, Vereine oder Einrichtungen wie Seniorenheimen schwerlich zu schultern sein, auch weil Mobilitätshelfer für Seniorenausflüge (außer Schwerbehindertenausweis) keine Freikarten oder Ermäßigungen bekommen. Und wer gesehen hat, wie um 18.30 Uhr, anderthalb Stunden vor Schließzeit, das Personal in den Gaststätten schon die Tische abwischt, fühlt sich auch deshalb nicht besonders willkommen, sondern eher vergrault. Die Wirte haben um diese Zeit aber vielleicht schon ihre Tageseinnahmen dank gepfefferter Preise eingenommen. Immerhin erspart das dem späten Besucher ein kleines Vermögen. Doch es gibt ja in der Nähe der IGA wunderbare Gaststätten…und wir wollen ja keine Schleichwerbung machen. Doch erstens haben wir wunderbar in der Remise gesessen, zweitens gegessen und drittens war die im Unterschied zum IGA-Catering auch noch fast ein Schnäppchen…“ An „Grünen Orten“ überall in der Stadt IGA-Luft schnuppern Apropos Preise. Wenn es immer heißt, auf der IGA gibt’s nichts umsonst, stimmt das so nicht. Wer kennt eigentlich das im Rahmen der IGA vom Senat beschlossene Begleitprogramm. In deren Umsetzung sind nämlich rund 20 Parks, Grünanlagen und Waldgebiete als IGA-Außenstellen neugestaltet worden. Jeder dieser ein bis zwei „Grünen Orte“ pro Stadtbezirk lädt mit verschiedensten Anziehungspunkten zu einem Besuch ein, kostenlos. Das sind in CharlottenburgWilmersdorf der Lietzenseepark, in Neukölln der Gutspark Schloss Britz, in Reinickendorf die Gartenstadt Frohnau und in Spandau das Lindenufer. Manche Orte, wie der Rosengarten an der KarlMarx-Allee in Friedrichshain, sind selbst bei Berlinern eher unbekannt. Er wurde aber wieder so gestaltet, wie man ihn beim Bau der damaligen Stalinallee in den 50er Jahren angelegt hatte. Dort erinnert inzwischen auch eine Gedenktafel an den Ausgangspunkt des Volksaufstandes in der DDR am 17. Juni 1953. Die Lichtenberger Wasserlandschaft um den Orankesee und der künstlich angelegte Obersee wird von Einheimischen gern “Wannsee des Nordens“ genannt. Für die IGA wurde der Ausflugsort, zu dem das Landhaus Lemke van Mies van der Rohe gehört, in Althohenschönhausener Seenpark umbenannt. Ebenso eine schöne Geste: Im Hochzeitspark Marzahn brachten sich Brautleute und Baumpaten mit persönlichen Pflanzungen ein. Um die „Grünen Orte“ zu gestalten, standen insgesamt 14 Mio Euro bereit. Sieben Millionen flossen aus einem Förderprogramm der EU. 3,5 Mio übernahm der Senat, den Rest die Bezirke. Für den konkreten Überblick gibt es übrigens eine Grüne-Orte-App für Smartphones und Tablets. Sie kann kostenlos in den App-Stores von Google und Apple heruntergeladen werden. Zudem kann die Seite www.berlins-grueneorte.de mit Informationen, Links und Buchungsangeboten für Touren angeklickt werden. THEMA: AUS DEM BEZIRK EIN HIGHLIGHT IM KOMPASS DER BESONDEREN ART: DAS DRACHENFEST von Susanne Danowski Foto: Brunhild Hauschild Die Veranstaltungsreihe „Der erzählende Garten“ im KOMPASS – Haus im Stadtteil ist angelaufen. Monatlich können Jung & Alt Kunst und Kultur nicht nur erleben, sondern auch aktiv daran mitwirken. Am Freitag, den 12. Mai wurde in diesem Rahmen ein Drachenfest gefeiert. Kinder und Erwachsene bastelten Drachen aus Mülltüten, die anschließend auch im Wind ausprobiert werden konnten. Das Wetter spielte mit, so konnten die Drachenmärchen und geschichten unter freiem Himmel in einem schnell improvisierten Serail aus bunten Tüchern dargeboten werden. Mit kleinen gebastelten sehr individuellen Drachen wurden die Bäume im Garten geschmückt, die mit den Dekorationen, auch von der ersten Veranstaltung, nun noch bunter ausse- Seite 4 hen. Es gab Feuersuppe, die auch kräftig nachgeschärft werden konnte, giftgrünen Drachentrunk und andere Köstlichkeiten. An der Feuerschale wurde Stockbrot gebacken und unterstützt durch Akkordeonklänge getanzt und gesungen. Das lockte dann einen wirklichen Drachen an, der zum Gaudi aller, getragen von 5 Personen, feuerspeiend durch den Garten zog. Als am frühen Abend die kleinen Akteure auf dem Heimweg waren, gab es im Serail zum Thema „Lass deinen Drachen steigen“ auch erotische Märchen. Erst beim gemeinsamen Aufräumen türmten sich dicke Regenwolken auf. Dieser fröhliche Tag macht neugierig auf die 4 weiteren Veranstaltungen: 15.07.2017 der klingende Garten, hörend den Garten erkunden 01.09.2017 der duftende Gärten, immer der Nase nach 29.09.2017 erzählende Bäume, pflück' dir eine Geschichte 20.10.2017 Märchentag Alle Veranstaltungen werden mit Künstlern aus dem Stadtbezirk Marzahn-Hellersdorf gestaltet und von der Stadt und Land Wohnbautengesellschaft mbH und dem Projektfonds Kul- turelle Bildung des Bezirksamtes Marzahn- Hellersdorf unterstützt. Kontakt: KOMPASS – Haus im Stadtteil Kummerower Ring 42; 12619 Berlin Tel.: 56 49 74 01 Ottilie Vonbank – Leiterin: Stadtteilzentrum HellersdorfSüd Constanze Tornow – Leiterin: Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung Kontakt: Tel. 030/564 974 01 oder E-Mail: vonbank@klub74.de THEMA: POLITIK, WIRTSCHAFT, SOZIALES SORGENFREIE FERIEN – TIPPS FÜR GROßELTERN von Rudolf Winterfeldt Foto: Lucie Kärcher / pixelio.de Die schönste Zeit für alle Schulkinder steht vor der Tür – die Sommerferien. Auch meine Urenkelin freut sich schon riesig darauf. Mein Enkelsohn und seine Frau, beide berufstätig, allerdings sehen es nicht so entspannt. Wo lassen sie ihre Tochter in diesen sechs Wochen? So wird es wohl sehr vielen Eltern gehen und sie sind dann froh, dass es Großeltern gibt, die sich bereit erklären und das Enkelkind in Obhut nehmen. Wir haben unsere Enkelkindern auch in den Ferien behütet und versorgt. Was aber jeden Tag mit den lieben kleinen anstellen? Da muss einem schon immer was Vernünftiges einfallen. Die Kleinen sind ja auch recht anspruchsvoll. Da haben sich nun ein paar nette Leute etwas einfallen lassen. Sie gründeten das Portal www.grosseltern.de wo sich Großeltern eine Fülle von Informationen und Anregungen für eine sinnvolle Fe- rienbetreuung holen können. In einer Pressemitteilung der „grosseltern AG“ heißt es: Es liegt in der Natur der Sache, dass die meisten Großeltern nicht mehr bis zum Hals in der Kindererziehung stecken. Das macht sie so herrlich entspannt für die Enkelkinder, die sich glücklich in der vollkommenen Aufmerksamkeit von Oma und Opa sonnen dürfen. Andererseits sind Großeltern oft verunsichert, die die geparkten Enkel in ihrer Obhut adäquat bespaßen möchten. Was steht heute hoch im Kurs bei den Kleinen? Welche Medien dürfen oder müssen sein? Was sollen wir unternehmen? Was müssen wir einpacken? Was ist unverzichtbar in der Reiseapotheke? Damit die gemeinsame Zeit mit den Enkeln in den Ferien und auf Reisen ein Erfolg wird und entspannt genossen werden kann, hat das Portal www.grosseltern.de in der Rubrik "Reise" eine Fülle von Informationen und Checklisten bereit gestellt. Es gibt zahlreiche Anregungen für geeignete Reiseziele, Ausflüge oder die gemeinsame Beschäftigung daheim. Das Portal leistet über- dies pragmatische Hilfestellung bei rechtlichen Fragen: „Was dürfen Großeltern im Falle einer Krankheit oder eines Unfalls entscheiden – diese Frage wird bei der Planung oft vergessen“, betont Dr. Stefan Lode, Betreiber des Internetportals und als Jurist Experte in Sachen Recht. Fahren die Großeltern mit den Enkeln in den Urlaub, übernehmen sie für diese Zeit die Erziehungsund Fürsorgepflicht. Um dies klar zu regeln und zum Beispiel auch Ärzten Weisungen geben zu dürfen, dient eine juristisch geprüfte Vollmacht. „Hier gilt: Vorbereitung ist alles. Mit einer entsprechenden Vollmacht können sich Großeltern für die Reise absichern.“ Ein entsprechendes Formular zum Download finden Sie bei www.grosseltern.de auf der Startseite. Für mich beinhaltet das Portal viele Informationen, die hilfreich sein können und für die Enkelkinder eine abwechslungsreiche Ferienzeit bedeutet. Eventuell finden ja auch Sie wertvolle Anregungen. Ich würde mich freuen. Mein Wunsch für Sie, verleben sie einen erholsamen Sommer. Seite 5 THEMA: POLITIK, WIRTSCHAFT, SOZIALES DURST AUF DEN „LÄNGSTEN BIERGARTEN DER WELT“ von Ursula A. Kolbe Foto: Frank-Peter Bürger „Wer kein Bier hat, hat nichts zu trinken!“ Diesen nunmehr sicher über 500 Jahre alten Spruch Martin Luthers – dessen Name mit Blick auf 500 Jahre Reformation jetzt in vieler Munde ist dürften die Bierliebhaber im Hinterkopf haben, die schon einen Termin im Kalender fest vermerkt haben: Das 21. Internationale Bierfestival in der traditionsreichen Berliner Karl-MarxAllee. Vom 4. bis 6. August 2017 bevölkern dann wieder Hunderttausende die Stände zwischen Strausberger Platz und Frankfurter Tor. Eine Touristenattraktion für Gäste aus aller Welt. Und das sind die Biere ja allemal. Im „längsten Biergarten der Welt“ präsentieren sich auf insgesamt 2,2 Kilometern 344 Brauereien aus 87 Ländern mit 2.400 einmalig vertretenen Bieren. 22 Bierregionen bieten ihre kulinarischen Spezialitäten an. Und ebenso tragen die Auftritte nationaler und internationaler Künstler auf den 19 Bühnen zum stimmungsvollen Bild dieses Traditionsfestes bei. Jedes Jahr stehen ein Land, eine Region oder ein spezielles Thema im Fokus. Das war natürlich im vergangenen Jahr die Rückblende auf 500 Jahre deutsches Reinheitsgebot. Dieses Jahr haben zwei Traditionsbrauereien aus Nordrhein-Westfalen die Ehre: So feiert die Privatbrauerei Ernst Barre aus dem Kreis Minden-Lübbbecke im Wiehengebirge ihr 175jähriges Jubiläum. Die 1842 von Ernst Johann Barre gegründete Erzquell Brauerei Bielstein ist eine Ortschaft der Stadt Wiehl im Oberbergischen Kreis und seit vier Generationen in Familienbesitz. Einen zweiten Standort gibt es mit der über 127jährigen Erzquell Brauerei in Siegtal am Fuße des Giebelwaldes. Die Deutschen lieben ihren „Gerstensaft“ Sozusagen schon altes Urgestein auf der beliebten Biermeile ist auch die 1. Dampfbierbrauerei Zwiesel. Über den Berliner Geschäftspartner Michael Ruth, Inhaber der Firma „Biere-derWelt“, der auch das süffige Dampfbier in Berlin und Umgebung vertreibt, sind die traditionsreichen Brauer aus dem anerkannten Luftkurort im niederbayerischen Landkreis Regen seit dem ersten Bierfestival in Berlin dabei, verrät uns Elisabeth Pfeffer, die uns damals bei unserem Besuch in der Zwieseler Brauerei in die Geheimnisse des Dampfbierbrauens eingeweiht hatte. Überhaupt lieben die Deutschen ihr Bier: Jedes Jahr werden hierzulande etwa acht Milliarden Liter Bier getrunken. Es gibt über 1.350 Braustätten, die circa 5.000 verschiedene Biere herstellen. Also kann ein Bierliebhaber theoretisch 13,5 Jahre lang jeden Tag ein neues Bier aus Deutschland trinken und verkosten. Das Bierbrauen in die Welt getragen Aber nicht nur hierzulande werden deutsche Biere genossen. So wurden 1,5 Milliarden Liter Bier ins Ausland exportiert. Die Braukultur Deutschlandes ist weltweit bekannt. Schon der Römer Tacitus beschrieb in seinem Werk Germania im Jahr 98 n. Chr. das deutsche Gebräu so. „Zum Getränk dient (den Germanen) eine Flüssigkeit aus Gerste oder Weizen, zu einer gewissen Weinähnlichkeit vergoren.“ Unzählige Touristen pilgern jedes Jahr nach Deutschland, um die Heimat ihrer Lieblingsbiere auf Bierfesten, in Bars und Kneipen, bei Verkostungen kennen zu lernen. Umgekehrt haben viele Deutsche das traditionsreiche Handwerk des Bierbrauens in die Welt getragen. Und etliche internationale Biere, zum Beispiel aus den USA, China und Australien, werden in Andenken und mit einem deutlichen Bezug zu deutschen Bierbraurezepturen hergestellt. So basieren die ersten Brauversuche des Brauereigründers Jim Koch, der die amerikanische C r a f t bi e r B r a u e r e i S a m u e l Adams 1984 auf den auf dem Dachboden wiedergefundenen Braurezepten seines ursprünglich aus Deutschland stammenden Großvaters aufgebaut hat. Ein weiteres Beispiel von deutscher Braukunst findet sich in China: Die Tsingtao Brauerei wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von deutschen Brauern in der Stadt Tsingtau (heute: Qingdao) gegründet und ist heute zweitgrößte Bierbrauerei Chinas sowie eine der größten der Welt. Brauhäuser „die vornehmsten Apotheken“ Thomas Mann ist es allabendlich gut bekommen, Richard von Weizsäcker sehnte sich nach heißen Reden oft nach dem kühlen Gerstensaft, und schon Paracelsus hielt es „für eine Medizin mit wunderbarer und unaussprechlicher Wirkung“. Was dran ist am deutschen Bier, erklärt vor allem das „Drin“ des begehrtest en Kaltget ränke s hierzulande. Denn deutsches Bier ist nicht nur Geschmack und Bekömmlichkeit, weil es seit 1516 nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut wird. Die ausschließliche Verwendung von Malz aus Braugetreide, Hopfen, Hefe und Brauwasser hat auch eine Reihe wertvoller Inhaltsstoffe, die das Bier zu ei- Seite 6 nem Genuss- und Nahrungsmittel machen. Für den kursächsischen Arzt Henckel waren Brauhäuser sogar „die vornehmsten Apotheken“. Interessant ist zu wissen, dass mengenmäßig größter Bestandteil des Bieres mit ca. 90 Prozent Wasser ist. Demgegenüber stehen, natürlich nach Reinheitsgebot, jeweils ca. fünf Prozent Alkohol und Nährstoffe wie Kohlenhydrate, Mineralstoffe und Vitamine. Der hohe Wassergehalt und die enthaltenen Elektrolyte und Mineralstoffe sorgen dann für die gute durstlöschende Wirkung. Ebenso laden die zahlreichen Kohlenhydrate die Energiekammern des menschlichen Körpers wieder auf. Die im Bier mitgelieferten Spurenelemente Eisen und Kupfer tragen zur Blutbildung bei. Ebenfalls mit von der Partie ist zur Immunbildung wichtiges Zink, Kalium, Kalzium, Mag- nesium und besonders Phosphorsäure für den Zwischenstoffwechsel. Selbst die Zähne bekommen das für die Stabilisierung des Zahnschmelzes so wichtige Fluor. Den im Bier präsenten Vitaminen der BGruppe, auch „Nervenvitamine“ genannt, wird eine große Bedeutung zugeschrieben. Sie tragen zur Stärkung der Konzentration bei, regen den Stoffwechsel an und aktivieren den Kreislauf. Man ist heute sogar überzeugt, dass die medizinische Wirkung von maßvollem Bier-Konsum nicht unterschätzt werden sollte. Noch ein Wort zum Malz: Besonders durch die 100%ige Verwendung von Malz aus hochwertigem Braugetreide erhält deutsches Bier seinen Status als Genuss- und Lebensmittel. Das zeigt auch die Rezeptur für die Herstellung eines Liters Bieres: 169g Malz, 2g Hopfen, genügend Hefe und etwas mehr als 1 Liter Brauwasser. Seine Bekömmlichkeit und anregende Wirkung auf unterschiedliche Organe ist ohnehin legendär, denn Bier fördert die Durchblutung, die Verdauung, die Nierenfunktion und beruhigt die Nerven. Auch als Aperitif ist Bier ein geeigneter Appetitanreger vor der Mahlzeit. Na denn, sehr zum Wohle – natürlich in Maßen ! THEMA: POLITIK, WIRTSCHAFT, SOZIALES „TAG DER LOGISTIK“ HEUTE WIRTSCHAFTSKALENDER EINE FESTE GRÖßE IM von Ursula A. Kolbe Foto: Pudimat / BVL Die Logistik ist heute nach der Automobilindustrie und dem Handel der drittgrößte Wirtschaftsbereich deutschlandweit. Und als feste Größe im alljährlichen Kalender stehen im Oktober der Deutsche Logistik-Kongress und im April der „Tag der Logistik“. Letzterer beging vor kurzem seinen nunmehr zehnten Aktionstag. Knapp 670 Unternehmen hatten sich daran beteiligt, und rund 40.000 Teilnehmer warfen auf den rund 400 Veranstaltungen einen Blick hinter die Kulissen der Logistik in Industrie, Handel und Dienstleistungen; gewannen Einblick in die Angebote der Ausbildungs- und Studiengänge im Bereich Logistik. Realität ist geworden, was der auf dem 24. Deutschen Logistik-Kongress im Oktober 2007 in Berlin neu gewählte Vorstandsvorsitzende Prof. Raimund Klinkner mit der Initiative der Bundesvereinigung Logistik (BVL) u. a. angekündigt hatte, nämlich, dass der Tag der Logistik sehr breit angelegt sein werde, um möglichst vielen Interessierten Einblick in die verschiedensten Facetten logistischer Aufgabenstellungen und Tätigkeiten zu vermitteln. Weiter betonte er: „Wir wollen einfach erreichen, dass sich die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit für das, was Logistik ausmacht, weitet und schärft. Außerdem ist es uns ein Anliegen, junge Menschen, die vor der Berufsoder Studienwahl stehen, für eine Karriere in der Logistik zu begeistern.“ Eugen Makowski – „der Vater“ des Tages der Logistik Und so hat es angefangen: Bei einem Workshop der BVL- Gremien Mitte September 2007 in München waren die Ideen so weit gediehen, dass hier der Startschuss für das neue Projekt gefallen ist. Der Vater des Gedankens war Eugen Makowski, damaliger BVLRegionalgruppensprecher Saar/Rheinpfalz. Der heute 66jährige war langjähriger Leiter der Unternehmenslogistik der Hornbach-Baumarkt-AG, Essingen. Zuvor hatte er die weltweite Logistik des Handelsunternehmens Raab Karcher verantwortet. Als erster in der Baumarktbranche stellte Makowski 1999 die HornbachBeschaffung auf Cross Docking um. Dieser Schritt war die logistische Basis für die internationale Expansion des Unternehmens. Mit Hochdruck begannen dann nach dem BVLKongress sofort die Vorbereitungsarbeiten, galt es doch, in nur einem halben Jahr die Infrastruktur für das Projekt zu schaffen, Mitstreiter in Unternehmen, Bildungseinrichtun- Seite 7 gen, Verbänden zu finden – und natürlich auch, diesen neuen Aktionstag in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Die Webseite www.tag-der-logistik.de wurde als zentrale Informations- und Koordinationsform ins Leben gerufen, ein Signet entwickelt und ein Key Visual definiert, um der Veranstaltung ein eigenes, unverwechselbares Gesicht zu geben. Der Kraftakt gelang: Zum ersten „Tag der Logistik“ am 17. April 2008 begrüßten 360 Unternehmen und Organisationen auf 212 Veranstaltungen rund 20.000 Teilnehmer. Dieser Tag hat an vielen Schauplätzen ein beeindruckendes Echo hinterlassen, neue Anregungen gegeben, wurden weitere Mitstreiter gewonnen. Zu den Unternehmen der ersten Stunde gehören Audi, Dachser, DB Schenker bzw. Schenker Deutschland, Daimler, DHL, Geodis, Hermes und Lutra. Auch Organisationen wie die LogistikInitiative Hamburg, Via Bremen, das Logistik-Cluster Schwaben, Industrieund Handelskammern sind sehr engagiert, um sie stellvertretend für die vielen Ungenannten zu nennen. Motor für wirtschaftliches Wachstum und Arbeitsmarkt Mit Blick auf den 10. Aktionstag stellte Prof. Raimund Klinkner die Bedeutung der Logistik im Wirtschaftsgefüge auch anhand eindrucksvoller Fakten dar: „2016 lagen die logistischen Leistungen bei einem Umsatz von rund 258 Mrd. Euro. Knapp drei Millionen Menschen arbeiten derzeit in den vielfältigen logistischen Berufen. Für das Jahr 2017 erwartet die BVL auf Basis der Schätzungen der Fraunhofer Arbeitsgruppe für Supply Chain Services und der Logistikweisen ein Wachstum auf rund 263 Mrd. Euro bei ebenfalls weiterhin steigenden Beschäftigtenzahlen. Im Logistic Performance Index der Weltbank, der auf einer internationalen Umfrage beruht, belegte Deutschland 2016 den ersten Platz vor Luxemburg, Schweden, den Niederlanden und Singapur und gilt damit als „Logistikweltmeister`“, betonte Klinkner. Und „wenn wir über Logistik sprechen, dann meinen wir komplexe Vorgänge, die eine immense Bedeutung für die Wirtschaft, aber auch für das tägliche Leben jedes einzelnen Menschen haben“, machte Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer, der Vorsitzende der Geschäftsführung der BVL, deutlich. Er stellte die logistischen Aufgabenfelder vor und zog das Fazit, dass bei der Vielfalt eigentlich für jedes Talent eine interessante berufliche Herausforderung dabei sein dürfte. So seien es nicht nur die Absolvent(innen) aus den MINT-Fächern, die gesucht werden, sondern auch die wirtschaftsorientierten kaufmännischen Bildungsgänge seien stark nachgefragt. In den eher operativen Tätigkeiten spielten Kaufleute, Techniker und Materialflussspezialisten Hand in Hand. Fachkräftemangel offensiv entgegentreten Als zunehmend vordringliche Aufgabe kristallisiert sich auch in diesem wichtigen Wirtschaftszweig zunehmender Fachkräftemangel heraus, ergab eine aktuelle Befragung unter Mitgliedern der Bundesvereinigung. Ebenso ging daraus hervor, welche Berufe derzeit in der Logistik besonders gefragt sind und warum Stellen unbesetzt bleiben. Auch blieben Ausbildungsstellen frei. Als Hauptgrund dafür, dass offene Stellen im Unternehmen nicht besetzt werden, nannten 74 Prozent der Befragten das generelle Fehlen von qualifizierten Bewerbern. Auch die mangelnde Bekanntheit der Berufsmöglichkeiten in der Logistik (53 Prozent) sowie im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen weniger attraktive Vergütungen und Arbeitsbedingungen (43 Prozent) sind nach eigener Einschätzung Gründe für mangelndes Berufsinteresse. Daraus ergeben sich weitreichende Folgen: Rund 82 Prozent der Befragten rechnen damit, dass sich der Fachkräftemangel langfristig negativ auf ihr Unternehmen auswirken wird. Also: Umso wichtiger sei es, dass die Logistik mehr für ihr Image tue, stellt Prof. Thomas Wimmer klar. Zu den laut Umfrage besonders gesuchten Berufsgruppen gehören Fachkräfte mit einer kaufmännischen oder technischen Ausbildung. Nach konkreten Fachkräftestellen gefragt, werden aktuell vor allem IT-Fachleute (47 Prozent) gebraucht, gefolgt von Fahrern und Zustellern (46 Prozent) und Disponenten (41 Prozent). Bei Ingenieuren und Betriebswirten hingegen scheint sich die Lage entspannt zu haben. Tag der Logistik ist international Ein weiterer Akzent konnte an diesem zehnten Aktionstag manifestiert werden: Die Idee des Tages der Logistik lebt grenzüberschreitend. Durch internationale Kontakte der Bundesvereinigung Logistik und europaweite Verbindungen der European Logistics Association (ELA) in Brüssel konnten in zahlreichen Ländern Unternehmen und Organisationen gewonnen werden, ebenfalls diesen Tag offensiv für Veranstaltungen zu logistischen Fragen durchzuführen. So gibt es heute in folgenden Ländern einen „Tag der Logistik“ oder einen „Supply Chain Day“ (alphabetisch geordnet): Bahrein, Belgien, China, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Litauen, Luxemburg, Österreich, Polen, Portugal, die Schweiz, Tschechien, die Türkei, die Ukraine, Ungarn. Jetzt richten die Logistiker ihr Augenmerk auf den nächsten Termin: Vom 25. bis 27. Oktober diesen Jahres findet der 34. Deutsche Logistik-Kongress in Berlin statt. Sein Motto „Neues Denken – Digitales leben“ bestimmt die Marschrichtung. Seite 8 THEMA: KULTUR, KUNST, WISSENSCHAFT VERDI-GALA 2017 IN BAD SAAROW von Rudolf Winterfeldt Foto: Veranstaltungsbüro Paulis Vom Veranstaltungsbüro Paulis (www.paulis.de ) erhielt ich folgende Information, die ich gerne weitergeben möchte. Eventuell finden Sie, liebe User, Gefallen an dieser Veranstaltung. Am Samstag, 19.08.2017 um 20:00 Uhr findet in Bad Saarow – Erich-WeinertPlatz ein Klassik Open Air „Die Große Verdi-Gala“ statt. Präsentiert wird sie von der renommierten Festspieloper Prag und den Tschechischen Symphoni- kern Prag mit einer faszinierenden Auswahl der bekanntesten Stücke aus Verdis Opern. Darunter Nabucco, Aida, Rigoletto und La Traviata. Kernstück der Großen VerdiGala ist die Oper Nabucco. Erwarten dürfen die Opernbesucher unter anderem: Als musikalische Leitung den sehr erfolgreichen Dirigenten Martin Doubravský Als Regisseur wird Oldřich Křiž fungieren, der sich mit mehreren großartigen Inszenierungen einen Namen gemacht hat Im Kernstück der VerdiGala, der Oper Nabucco, wird Nikolaj Nekrasov als Titelfigur zu sehen sein. Giuseppe Fortunino Francesco Verdi war der größte italienische Komponist der Romantik, neben Richard Wagner der bedeutendste Opernkomponist überhaupt. Neben seinen insgesamt 28 Opern schrieb er auch geistliche Musik, Kantaten und kammermusikalische Werke – diese meist in der Pause zwischen zwei Opernkompositionen. Mit dem grandiosen Triumph von „Nabucco“ begann die große Ära der Verdi-Opern. Giuseppe Verdi hatte sich vor dem Schreiben der Oper „Nabucco“ auf einem beruflichen und privaten Tiefpunkt befunden. Karten erhalten Sie an allen örtlich bekannten Vorverkaufsstellen und Konzertkassen. Weitere Infos und Ticketverkauf unter 0531 34 63 72 und www.paulis.de Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen in Bad Saarow. THEMA: KULTUR, KUNST, WISSENSCHAFT DEUTSCHLAND FEIERT DAS LUTHERJAHR von Edelgard Richter Foto: Burkard Vogt / pixelio.de Vom 24. bis 28. Mai 2017 fand der Deutsche Evangelische Kirchentag in Berlin und Wittenberg statt. Die meisten Veranstaltungen werden in Berlin stattfinden. Allerdings wird auf den Elbwiesen in Wittenberg die größte Feier durchgeführt werden. Das Lutherjahr in Deutschland findet statt, weil vor 500 Jahren, am 31. Oktober 1517, Luther seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel an das Tor der Schlosskirche zu Wittenberg schlug. Doch der Ablasshandel war für Luther nicht allein der Grund seine 95 Thesen zu verfassen, sondern auch die Prunksucht des Papstes Leo X. sowie andere Missstände der römisch-katholischen Kirche. Luther zweifelte auch die Unfehlbarkeit des Papstes und der Konzile an. Der erfolgreichste Ablassprediger war Johann Tetzel. Die Ablassbriefe sollten auf dem Weg zu Gott vor dem Fegefeuer bewahren: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt“. Ein sogenannter Tet- zelkasten wird in der Nikolaikirche zu Jüterbog gezeigt, auf den man sehr stolz ist. Im Kulturquartier Mönchenkloster ist ein Ablassbrief im Original zu sehen. Martin Luther wurde am 10. November 1483 in Eisleben als zweites Kind von neun Kindern des Hüttenmeisters Hans Luther und seiner Ehefrau Margarete geboren. Sein Vater brachte es im Kupferbergbau von Mansfeld zu bescheidenem Wohlstand und konnte den Sohn studieren lassen. Luther besuchte die Schule in Mansfeld von 1488 bis 1496, dann ein Jahr in Magdeburg. Von 1498 bis 1501 war er Schüler der Georgenschule in Eisenach. 1501 bis 1505 studierte Seite 9 er in Erfurt unter anderem Jura; brach aber das Studium ab um ins Kloster der Augustiner-Eremiten in Erfurt einzutreten. Wegen seines vorbildlichen Lebens wurde er bereits 1507 zum Priester geweiht. 1508 nahm Luther das Studium der Theologie in Wittenberg auf, wo er 1523 zum Doctor Theologiae promovierte. 1524 trat er aus dem Mönchsorden aus und heiratete ein Jahr später 41jährig die ehemalige Nonne Katharina von Bora, damals 26 Jahre alt, mit der er drei Söhne und drei Töchter hatte. 1518 wurde Luther der Häresie beschuldigt und von der Kurie nach Rom eingeladen, der er nicht Folge leistete und um Anhörung auf deutschem Gebiet bat. Der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise unterstützte sein Begehren. 1520 drohte Papst Leo X. mit dem Kirchenbann, dem Ausschluss aus der Kirche. Mit der Bannbulle vom 3. Januar 1521 wurde Luther dann schließlich exkom- muniziert. Auf Vermittlung des Kurfürsten durfte er am 17. April 1521 seine Thesen vor dem Reichstag zu Worms erläutern. Er sollte sie widerrufen, was er ablehnte. Über Luther wurde die Reichsacht verhängt; er war nun „vogelfrei“, jeder konnte ihn töten. Auf dem Heimweg von Worms ließ ihn Kurfürst Friedrich entführen und auf die Wartburg in Eisenach bringen, wo er als Junker Jörg ein knappes Jahr lebte. In dieser Zeit übersetzte Luther das Neue Testament in eine allgemein verständliche deutsche Sprache. Er schuf dabei neue Worte: Lückenbüßer, Feuertaufe, Machtwort, Schandfleck, Lockvogel und Lästermaul gehen auf Luther zurück. Die Redewendungen „Perlen vor die Säue werfen“, „sein Licht unter den Scheffel stellen“, „die Zähne zusammen- beißen“, „im Dunkeln tappen“, „ein Herz und eine Seele“, „auf Sand bauen“, „Wolf im Schafspelz“, „etwas ausposaunen“ und „ ein Buch mit sieben Siegeln“ stammen ebenfalls von Luther. Die Bibelübersetzung gilt als das Hauptwerk Luthers, der sich auch für Reformen im Kirchen-, Schul- und Sozialwesen einsetzte. Für das Seelenheil des Menschen maß Luther der Musik eine hohe Bedeutung bei. Neben 35 anderen Liedern komponierte er das wohl bekannteste: „Ein feste Burg ist unser Gott“, das auch heute noch in den Gottesdiensten gesungen wird. Luther starb am 18. Februar 1546 in Eisleben, wo er drei Tage zuvor noch in der St. Andreaskirche eine Predigt hielt. Bestattet wurde er in der Schlosskirche zu Wittenberg. THEMA: NATUR, TOURISMUS WENN DER HAHN KRÄHT AUF DEM MIST, ÄNDERT WETTER, ODER ES BLEIBT WIE ES IST… SICH DAS von Waltraud Käß Foto: Oliver Mohr / www.pixelio.de Diese alte Bauernregel zitierte meine Mutter jedes Mal dann, wenn sie sich die Hand- und Kniegelenke rieb. Oft folgte auch der Satz „Ich merk`s im Kopf, es kommt ein Gewitter“. Allerdings war noch kein Wölkchen am Himmel zu sehen, aber die Voraussagen der Wetterprophetin in unserer Familie trafen meistens ein. Als Kind hielt ich deshalb meine Mutter für eine Hellseherin, doch mit zunehmendem Alter bekam ich selbst diese hellseherischen Fähigkeiten, ich wurde wetterfühlig. Und lange wollte ich es nicht wahrhaben. Inzwischen weiß ich, dass ich ein Mensch unter Millionen bin, die dieses Phänomen der Wetterfühligkeit, oder Meteoropathie, wie die Mediziner es nennen, kennen. Wenn die Information stimmt, leidet jeder 2. Deutsche unter Wetterfühligkeit, bei den über 60jährigen Menschen sollen sogar nahezu 70% damit zu kämpfen haben. Was also ist schuld daran, dass wir uns ein bisschen krank fühlen, mit Kopf- und Gliederschmerzen zu kämpfen haben, abgespannt und müde sind, aber an Schlafstörungen leiden. Und manchmal unsere schlechte Laune an anderen Menschen auslassen. Was passiert da in unserem Körper? Das vegetative Nervensystem, welches der Mensch nicht willkürlich beeinflussen kann, ist die Steuerzentrale unseres Körpers für so lebenswichtige Funktionen wie Atmung und Blutdruck, Verdauung und Stoff- wechsel oder den Wasserhaushalt. Es reagiert sehr sensibel auf Schwankungen, die von außen auf den Menschen einwirken und versucht sie auszugleichen. Das im Einzelnen hier auszuführen, würde das Thema sprengen. Bleiben wir bei den klimatischen Bedingungen. Große Hitzeperioden z.B. im Sommer oder harte, frostige Winter verlangen eigentlich vom Körper eine längere Zeit der Anpassung. Aber gerade in den Zeiten des globalen Klimawandels, in denen es nun aktuell schnell wechselnde Wetterlagen gibt, kommt das vegetative Nervensystem nicht mehr hinterher. Der Mensch bekommt gesundheitliche Probleme – insbesondere ältere oder kranke Menschen mit einem geschwächten Immunsystem sind davon betroffen. In Langzeitbeobachtungen wurde festgestellt, dass es unterschiedliche Auswirkungen Seite 10 von Wetterlagen auf den Körper gibt: Schwankungen des Luftdrucks z.B. führen besonders zu Kreislaufbeschwerden und Schwindelanfällen. Bei schnellen Temperaturschwankungen verändert sich gleichlaufend die Konsistenz des Blutes. Das führt vermehrt zu Herzbeschwerden. Feuchtwarme Temperaturen führen bei uns Mitteleuropäern schnell zu Kopfschmerzen. Venengeschädigte Menschen leiden an geschwollenen Beinen. Bei nasskaltem Wetter reagieren die Gelenke und senden Schmerzsignale aus. Sind die Temperaturen sehr kalt, können sich Herz- und Kreislaufbeschwerden verstärken. Die Blutgefäße verengen sich und das Herzinfarktrisiko steigt. Hinzu kommt, dass wir Menschen immer stärker gegen unseren Biorhythmus leben. Schichtarbeit, klimatisierte Arbeitsräume mit künstlichem Licht, Sommer- und Winterzeit, zu wenig Schlaf stressen unseren Körper und schwächen damit auch unser vegetatives Nervensystem. Doch auch hier gilt: Wenn unsere Kondition im Argen liegt, reagiert unser Körper empfindlicher auf Störungen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir unseren Körper stark machen müssen. Wie das gelingt, könnte man mit einem Satz ausdrücken: Erforderlich ist eine gesunde Lebensweise, eine ausgewogene Ernährung und ausreichende Bewegung. Doch das ist mitunter leichter gesagt, als getan. Da helfen vielleicht einige Regeln, die man für sich selbst aufstellen kann: Beim Aufstehen signalisiert das vegetative Nervensystem dem Körper, nun den Blutdruck zu erhöhen, aber keine Schwindelgefühle aufkommen zu lassen. Mit fünf Minuten Gymnastik können wir unseren Körper dabei unterstützen. Am Tage heißt es dann: Runter vom Sessel und vom Sofa und raus an die frische Luft. Schon eine halbe Stunde Spaziergang bringen alle Systeme bzw. Organe in Bewegung. Und wer es schafft, kann es gerne eine halbe Stunde länger mit flottem Gehen versuchen. Das sollte nicht nur bei Sonnenschein passieren. Unsere Haut braucht unterschiedliche Reize und muss den Regen und den Wind auf dem Gesicht spüren. Vergessen wir auch nicht, an den Wasserhaushalt unseres Körpers zu denken. Besonders bei großer Hitze geben die Schweißdrüsen über die Haut viel Feuchtigkeit ab, die ersetzt werden muss. Mindestens 1,5 l Wasser braucht unser Körper über den Tag verteilt. Dann bleibt er im Gleichgewicht. Der kommende Sommer beschert uns viele frische Früchte, die zu einer ausgewogenen Ernährung dazu gehören. Ein hübsch dekorierter, bunter Obstteller lädt ja förmlich zum Zugreifen ein und sollte immer auf dem Tisch stehen. Leckeres Gemüse, frischer Rohkostsalat gehören unbedingt zur täglichen Ernährung. Sicher macht das ein wenig Arbeit, aber es lohnt sich. Wer so lebt, neigt auch nicht unbedingt zum Übergewicht, welches unser vegetatives Nervensystem belasten würde. Sollte es aus unterschiedlichen Gründen doch zu Schlafdefiziten kommen, dann lassen sich doch einige leichte Entspannungsübungen in den Tagesablauf einbauen. Wir sollten uns nicht einreden, dass wir diese fünf Minuten nicht hätten. Aber natürlich gilt auch hier: Jeder Mensch muss für sich herausfinden, was seine Kondition stärkt und wo seine Grenzen liegen. Kranke Menschen sollten vor Beginn irgendwelcher sportlicher Aktivitäten immer ihren Arzt konsultieren. Natürlich habe ich mich gefragt, ob auch Tiere „wetterfühlig“ sind und habe interessante Ergebnisse bei der Recherche gefunden: Tiere reagieren auf Licht und Luftfeuchtigkeit, auf Temperatur und unterschiedlichen Luftdruck. Natürlich kommt als erster der Frosch ins Spiel. Er klettert bei schönem Wetter wirklich nach oben, bei Regen geht es nach unten zu den Leckerbissen. Sind Fliegen besonders „anhänglich“, dann wird das Wetter schlecht. Schwül warmes Wetter bringt den Menschen zum Schwitzen, was wiederum für die Fliege ein Lockmittel darstellt. Maulwürfe sind fleißig vor dem Gewitter, denn der Regenwurm ist da sehr aktiv. Und den möchten sie gerne fressen. Heuschrecken sollen spüren, wo es in der Sahara regnen wird. Tatsächlich fliegen sie so lange mit dem Wind, bis sie eine Stelle finden, wo die Winde zusammen treffen und mit Regen zu rechnen ist. Gegenwärtig wird erforscht, ob feine Erschütterungen und elektromagnetische Wellen von bestimmten Tieren registriert werden. Das würde bei der Voraussage von Erdbeben wichtig werden. So sind wir also nicht alleine mit unserer „Wetterfühligkeit“. Doch wenn wir unseren Körper konditionieren, können wir besser mit ihr umgehen. THEMA: NATUR, TOURISMUS DIE TRÄNEN DES LAURENTIUS von Tristan Micke Alljährlich in den Monaten Juli und August können in wolkenlosen Nächten zahlreiche Sternschnuppen (Meteore) am Himmel beobachtet werden, denn in der Zeit zwischen dem 17. Juli und dem 24. August durchläuft die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne einen Schwarm von Me- teoriten. Die Zahl der Sternschnuppen steigt zunächst ständig an, um am 12. August ihren Höhepunkt zu erreichen. Seite 11 Danach lässt diese Naturerscheinung allmählich wieder nach. Das Schauspiel setzt nach Einbruch der Dunkelheit ein. Die günstigsten Stunden für die Beobachtung liegen zwischen Mitternacht und dem frühen Morgen. Dazu sollte man möglichst eine Region mit dunklem Himmel aufsuchen. Der Himmel über Berlin wird wegen des Lichts in der Stadt auch nachts nicht mehr richtig dunkel. In der Nacht zum 12. August 2017, kurz vor der Morgendämmerung, werden die meisten Sternschnuppen sichtbar sein. Da von der Erde aus gesehen dieser Meteoritenschwarm aus Richtung des Sternbildes Perseus zu kommen scheint, wird er Perseidenschwarm genannt. Im Volksmund ist er auch als "Tränen des Laurentius" bekannt, denn der Heilige Laurentius wurde der Legende nach als Märtyrer am 10. August 258 nach Christi in Rom auf einem glühenden Rost zu Tode gefoltert. Er hat am 10. August seinen Namenstag. Die Perseiden sind das Auflösungsprodukt des 1862 entdeckten Kometen 109P/ Swift-Tuttle, dessen Bahn die Erdbahn in diesem Zeitraum kreuzt. Es handelt sich dabei um einen eher unscheinbaren Kometen, der eine Umlaufzeit von 133 Jahren um die Sonne hat. Bei jeder Annäherung an die Sonne verdampft ein Teil des aus Eis und Gestein bestehenden Kometenkerns, wobei Materieteilchen mitgerissen werden und die dann den Kometenschweif bilden. Sie verteilen sich auf der gesamten Kometenbahn. Diese Materieteilchen treten mit einer Geschwindigkeit von 60 Kilometer pro Sekunde in die Erdatmosphäre ein und verglühen durch die Reibungshitze in 80 bis 120 Kilometern Höhe. Trotz ihrer geringen Größe von unter einem Millimeter bis zu wenigen Zentimetern Durchmesser können diese Teilchen aus der Urmaterie unseres Sonnensystems dabei durch Ionisierung der Luftmoleküle beachtliche Leuchtspuren erzeugen. 1992 befand sich der Foto: Andreas Möller / Wikipedia Komet 109P/Swift-Tuttle letztmalig in Erdnähe. In den folgenden Jahren waren die Perseiden dann besonders ergiebig. Im Laufe der Zeit lösen sich die Meteoritenströme auf. Als Auflösungsprodukt anderer Kometen können aber auch neue entstehen. Es kreuzen innerhalb eines Jahres auch noch weitere Meteoritenschwärme die Erdbahn. Der Perseidenschwarm ist jedoch der bekannteste. Beispiele weiterer Meteoritenschwärme innerhalb eines Jahres Name Quadrantiden Lyriden Draconiden Orioniden Leoniden Andromediden Geminiden Ursiden Dauer der Sichtbarkeit 2. - 4. Januar 20. - 22. April 9. Oktober 15. - 26. Oktober 11. - 20. November 18. - 26. November 9. - 14. Dezember 21. - 22. Dezember Maximale Sichtbarkeit 3. Januar 21. April 9. Oktober 20. Oktober 15. November 23. November 12. Dezember 22. Dezember Sie wissen ja, wenn Sie eine Sternschnuppe sehen, schließen Sie die Augen und wünschen Sie sich etwas. Sie dürfen aber Ihren Wunsch niemandem verraten. THEMA: NATUR, TOURISMUS MITTELALTERLICHE FLEISCHBÄNKE – EINE EINMALIGE KULTURHISTORISCHE SEHENSWÜRDIGKEIT IN THÜRINGEN von Wolfgang Prietsch Wer einen sehr empfehlenswerten Wanderurlaub im Tal der oberen Saale zwischen der Hohenwarte- und der Bleilochtalsperre unternimmt, braucht nach teilweise anspruchsvollen Wandertagen Ruhezeiten. Da bieten sich Stadtbesichtigungen im Saa- le-Orla- Kreis an, z.B. in Neustadt/Orla. Hier sind neben dem berühmten Cranach-Altar in der St. Johannis-Kirche vor allem die in Europa einmaligen erhaltenen mittelalterlichen Fleischbänke noch in nahezu ursprünglicher Art zu besichtigen. Dabei handelt es sich um eine in einer Gasse zwischen Markt und Kirche gelegene Ladenstraße der Neustädter Fleischer aus dem Jahre 1475. Von ehemals beidseitig angeordneten 17 Ver- Seite 12 Foto: Wolfgang Prietsch kaufslauben sind noch 9 Lauben erhalten. Die in den Lauben/ Verkaufsständen tätigen Neustädter Fleischer standen unter strenger Aufsicht eines vom Rat der Stadt beauftragten Fleischaufsehers. Nur hier in an den Fleischständen durfte in Neustadt Fleisch verkauft werden, und zwar zu festgesetzten Preisen bei strenger Einhaltung der damaligen hygienischen Bestimmungen und der Qualitätsanforderungen der damaligen Zeit. Bis 1948 wurden die Neustädter Fleischstände als Freibank genutzt. In mühevoller Kleinarbeit erfolgte 19841987 eine Instandsetzung und Restaurierung, 2002 wurden die Fleischbänke erneut saniert. Noch heute werden sie als Verkaufsstände genutzt, nämlich zum Stadtfest und zum Adventmarkt. Aus Leipzig gibt es Bilder von ähnlichen Fleischbänken in der Reichsstraße aus dem Jahre 1895, aus Frankfurt am Main Bilder aus der dortigen Altstadt von 1911, und aus Gent (Belgien) Ansichten von den sogenannten Kuttelhäuschen an der Rückseite des dortigen Fleischhauses. Auch Martin Luther nutzte bei einer Visitation des Neustädter AugustinerEremitenklosters die Fleischbänke-Gasse als Wegabkürzung, als er in der St. Johanniskirche predigte, dieser LutherWeg ist durch Symbolsteine im Pflaster gut nachvollziehbar. Nicht nur wegen der Fleisch- bänke und dem Cranach-Altar ist ein Besuch der im 13. Jh. gegründeten Stadt Neustadt/ Orla mit mittelalterlichem Stadtkern und besonders auch dem vor 1450 errichteten bauhistorisch außerordentlich sehenswerten Luther-Haus am Markt (in dem aber Luther wohl nie übernachtet hat) sehr zu empfehlen. Dieses am Markt gelegene, als LutherHaus bezeichnete Bauwerk mit dem schönen Steildachgiebel und dem auffälligen Erker enthält 2 mittelalterliche Bohlenstuben mit verzierten Decken, viele mittelalterliche Wandmalereien und ermöglicht detaillierte Einblicke in die Bauart und Baugeschichte des Hauses und besonders der Bohlenstuben von der Gründung bis in die Zeit der letzten Nutzung um 1985. THEMA: NATUR, TOURISMUS HEINZ SIELMANN: SCHÜTZEN NUR WER DIE NATUR KENNT, WIRD SIE von Ursula A. Kolbe Foto: Heinz Sielmann Stiftung „Mir läuft es kalt über den Rücken, wenn ich sehe, was wir mit der Erde angestellt haben“, hatte Heinz Sielmann kurz vor seinem Tod gesagt. „Die Natur sendet SOS“. Vor wenigen Wochen, am 2. Juni, wäre er 100 Jahre alt geworden. Nach fast neun Jahrzehnten schaffensreichem Leben bleibt sein Name auch heute als Tierfilmer, Kameramann, Prozent und Publizist im Dienste der Natur und seiner Bewohner unvergessen. Sein Credo in allen Lebenslagen: „Nichts hinterlässt einen tieferen Eindruck als das persönliche Erleben in freier Natur.“ Besonders angetan hatte es ihm seit seiner Kindheit die Tierwelt und hier vor allem das Interesse an Tierfilmen, dokumentiert und persönlich nachzuempfinden, die vor den Hauptfilmen in den Kinos liefen und manch angeregten Gesprächsstoff lieferten. Nach ersten Versuchen mit dem Fotoapparat drehte Sielmann bereits 1938 seinen ersten Tierfilm „Vögel über Haff und Wiesen“ (noch als Stummfilm) in Ostpreußen und dem ehemaligen vom Völkerbund abgetrennten Memelland. Der brachte ihm große Anerkennung in der Fachwelt und beim Publikum ein. Die Begeisterung des stu- dierten Biologen und Zoologen für die Tierwelt blieb auch nach dem Krieg ungebrochen. Er drehte Filme – immer mehr in dem Bewusstsein, seine Mitmenschen für den Erhalt bedrohter Naturen zu sensibilisieren. So drehte er unter der Schirmherrschaft des belgischen Königs Leopold 1958 in Belgisch-Kongo einen der ersten Filme über die Berggorillas: „Herrscher des Urwalds“, der auch in die Kinos kam und sozusagen den Durchbruch brachte. „Immer öfter dachten wir darüber nach, wie die Menschen innerhalb nur weniger Generationen in Jahrmillionen entwickelte Naturformen vernichten“, hatte einmal Inge, die Gefährtin, die alle wichtigen Entscheidungen mit ihrem Mann gemeinsam traf, einmal Seite 13 resümiert. In den 1960er Jahren erreichte Sielmann dann als Tierfilmproduzent den Zenit seines Schaffens. Mit seinen unzähligen Filmen und Serien, darunter „Expeditionen ins Tierreich“, die er auch von 1965 bis 1991 im Ersten Deutschen Fernsehen moderierte, bereiste er sämtliche Kontinente. Oft war er monatelang unterwegs, manchmal begleitet von seiner Ehefrau Inge. Sielmanns Sohn Stephan kam 24jährig bei einem Unfall auf einer Expedition in Kenia ums Leben. 1994 erhielt Heinz Sielmann eine Honorarprofessur für Ökologie an der Fakultät für Biologie der LudwigMaximilians-Universität München. Der „Naturschutz als positive Lebensphilosophie“ Einen weiteren Mosaikstein seines Schaffens legte der Naturwissenschaftler, als er 1988 den Film „Tiere im Schatten der Grenze“ drehte. Seitdem engagierte er sich Sielmann dafür, den Todesstreifen der ehemaligen Grenze zu Thüringen für den Naturschutz zu erhalten. Als „Grünes Band“ Deutschlands ist das Naturschutzprojekt inzwischen Teil des Grünen Bandes Europa. Nicht zuletzt aus diesem Engagement resultierte 1994 die Heinz Sielmann Stiftung, die der längst berühmte Tierfilmer und – forscher gemeinsam mit seiner Frau Inge ins Leben rief. Der „Naturschutz als positive Lebensphilosophie“ ist seitdem Leitsatz der Stiftung, die seit 1996 auf Gut Herbigshagen bei Duderstadt ansässig ist. Die Maxime: Durch Ankauf und Pflege von Biotopen Lebensräume für bedrohte Arten zu schaffen und zu erhalten. Heinz Sielmann starb am 6. Oktober 2006 in München. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Gelände der Heinz Sielmann Stiftung in der Franz-vonAssisi-Gedenkstätte. Schon früh hatte der Naturliebhaber erkannt, dass der achtlose Umgang der Menschen mit der Natur unseren Planeten in den Abgrund stürzen würde, wenn dem nicht entgegengesetzt würde. Artenund Waldsterben, Verschmutzung der Gewässer, die unstillbare Gier nach Rohstoffen – all das bewegte ihn. So investierten er und seine Frau mit der Sielmann Stiftung bewusst in den Kauf von brachliegenden Flächen, die zuvor – durch die langjährige Nutzung – unbrauchbar geworden waren. Ebenso erwarb die Stiftung auch Gebiete, die nach dem Abbau von Braunkohle renaturiert werden sollten. 23 Jahre nach Gründung der Stiftung haben sich in solchen Gebieten unzählige seltene Tier- und Pflanzenarten angesiedelt. Wo einst Panzer rollten, Bomben und Granaten zu Testzwecken einschlugen, wo riesige Bagger Braunkohle abbauten, konnte und kann heute die Natur wieder Natur werden. Die Vision des Enthusiasten ist Wirklichkeit geworden – einzigartige Landschaften haben sich entwickelt. Auch Inge Sielmann bleibt diesem Vermächtnis treu. Nach dem Tod ihres Mannes hat sie den Vorsitz des Stiftungsrates übernommen. Neben dem unmittelbaren Naturschutz gilt ihre besondere Aufmerksamkeit der Naturund Umweltbildung von Kindern und Jugendlichen. So sollen z. B. die Jüngsten im „Inge Sielmann Kindergarten“ in Fuhrbach, Kreis Göttingen, ganz bewusst mit der Natur aufwachsen. Es gibt eine Jugendorganisation der Sielmanns Ranger Deutschland e. V. Seit Mai 2006 trägt die Crinitzer Grundschule den Namen „Heinz Sielmann“. Wanderausstellung SIELMANN! im Naturkundemuseum Berlin Zu Ehren des 100. Geburtstages von Heinz Sielmann präsentieren die Heinz Sielmann Stiftung und das Naturkundemuseum Berlin noch bis zum 5. November 2017 die Ausstellung SIELMANN! Dokumentiert werden seltene Tierarten der Sielmanns Naturlandschaften durch Objekte und Filmbeiträge des Geehrten. Diese sind jedoch nicht für jedermann sichtbar, sie müssen entdeckt werden. Denn Naturbeobachtung heißt – genau hinschauen. Kinder entschlüsseln z. B. ganz andere Geheimnisse als ihre Eltern. Und erschließen sich so ihre eigene Faszination Natur. Die Ausstellung spiegelt damit auch Heinz Sielmanns Motto wider: „Nur wer die Natur kennt und liebt, wird sie schüzen.“ (www.naturkundemuseum.berl in) Zu den wichtigsten „Sielmanns Naturlandschaften“ zählen in Brandenburg u. a. die Großschauener Seen, die Döberitzer Heide vor den Toren von Berlin und Potsdam, die KyritzRuppiner Heide und das Naturerlebniszentrum Wannichen (Luckau). Mit mehr als 100.000 Besuchern im Jahr hat sich das Gut Herbigshagen als Regionales Umweltbildungszentrum (RUZ) des Landes Niedersachsen als ein wichtiger Partner für schulische Projekte entwickelt. Hier gibt es u. a. einen Naturlehrpfad mit Bauerngarten, Bienenhaus, Insekten-Nistwand, Feuchtbiotop sowie Damwildgehege, Öko-Bauernhof mit seltenen Haus- und Nutztierrassen. In einer Sonderveröffentlichung der Heinz Sielmann Stiftung heißt es treffend charakterisierend: „Sielmanns Naturlandschaften gleichen Inseln der Vielfalt in einer Welt, die ansonsten durch das Zeitalter des Artenrückgangs gekennzeichnet ist. Die Schönheit der Natur soll auch für künftige Generationen erhalten bleiben. Dies war einst der sehnlichste Wunsch Heinz Sielmanns.“ Seite 14 THEMA: NATUR, TOURISMUS DEN SCHUTZ DER SENSIBLEN DICKHÄUTER IM BLICK von Ursula A. Kolbe Foto: Lothar Henke / pixelio.de Die Einweihung der neuen, weiträumigen Anlage für die afrikanischen Elefanten im Thüringer Zoopark auf dem Roten Berg in Erfurt hatte mich seinerzeit sehr beeindruckt; gab es doch wieder viele neue Eindrücke und Einsichten über Lebensweisen und Lebensräume der Dickhäuter auf dem afrikanischen Kontinent. Ihr Erhalt und Fortbestehen ist heute wichtiger denn je, und auch im Erfurter Zoopark setzen die Mitarbeiter in die Zucht der afrikanischen Elefanten ihr Wissen und Können ein. Zugleich im Bestreben, den Besuchern stets Neues, Interessantes vermitteln zu können. Am 12. August ist Welt-ElefantenTag. Vor fünf Jahren von Elefantenschützern ins Leben gerufen, will er nachdringlich auf die Bedrohung der sensiblen Dickhäuter aufmerksam machen. Denn die Lage ist ernst. Die Wilderei hat in den letzten Jahren Rekordausmaße angenommen. ExpertenSchätzungen zufolge werden jährlich zwischen 50.000 und 60.000 Elefanten wegen ihres Elfenbeins getötet – einer alle 15 Minuten. In Tansania ist der Bestand schon um die Hälfte dezimiert. Das Elfenbein, darum geht es. Am asiatischen Schwarzmarkt z. B. wird die Substanz ähnlich wie Rhinozeroshorn als Allheil- und Potenzmittel gehandelt – und für horrende Preise verkauft. Allein 2015 sind weltweit mehr als 32 Tonnen gewildertes Elfenbein beschlagnahmt worden, vor allem in Asien und Südostasien. Am häufigsten wird das „weiße Gold“ in Thailand, Vietnam und China sowie Ländern in allen Teilen Afrikas sichergestellt. Doch auch in Frankreich, Deutschland und Spanien gibt es immer wieder spektakuläre Aufgriffe mit jeweils mehreren Hundert Kilo Elfenbein. Zwar hatten die 183 Mitgliedstaaten des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) 1989 den Verkauf von Elfenbein weltweit verbannt. Aber das Morden in den Nationalparks Afrikas geht weiter. Auf dem 17. Weltartenschutzgipfel im südafrikanischen Johannisburg im Oktober vergangenen Jahres wurden einige Beschlüsse gefasst, die bedrohten Pflanzen- und Tierarten das Überleben sichern könnten. Die emotionalste Debatte jedoch ist die um den Schutz von Elefanten, vor allem, weil sie afrikanische Nachbarn gegeneinander ausspielt. So hatte Namibia beantragt, die Debatte um den Elfenbeinhandel zu beenden. Es fehlten nicht nur Beweise, dass dies den illegalen Welthandel beeinflusse, auch habe die internationale Gemeinschaft kein Recht, über einzelne Staaten zu verfügen. Die afrikanischen Länder lehnten Namibias Antrag gemeinsam mit der globalen Mehrheit ab. Auch der Antrag von Namibia, Südafrika und Simbabwe, Handelsmechanismen für Elfenbein einzuführen, wurde unter der Führung Kenias, der Republik Kongo und des Tschad zerschlagen. Ein vorläufiger Sieg für die Dickhäuter. Auf einen weiteren Aspekt verwies Ross Harvey, Umweltökonom am Südafrikanischen Institut für internationale Beziehungen (SAILA) auf der Tagung. Er sieht Theorie und Praxis im Umweltschutz als zwei verschiedene Paar Schuhe. „Fakt ist, dass globale Normen oft nicht mit der Realität vor Ort übereinstimmen.“ Etwa beim Elfenbeinhandel: Verböten die Mitgliedstaaten diese Einkommensquelle, müssten sie Alternativen bieten, um das Leben der lokalen Bevölkerung zu verbessern. „Letztendlich sind sie im Kampf gegen Wilderei die Menschen an vorderster Front.“ THEMA: GESUNDHEIT EIN GLAS WASSER BITTE… von Waltraud Käß „Ein Schluck zwischendurch täte mir jetzt gut“ denkt das Ungeborene und labt sich am Fruchtwasser, in welchem es wohlbehütet schwimmt. „Ich habe Durst“ denkt der Wanderer bei 40° Grad im Schatten und nimmt einen kräftigen Schluck aus seiner Wasserfla- sche. „Mir klebt die Zunge am Gaumen“ denkt der Redner, wenn er vor seine Zuhörer tritt und greift dankbar nach dem Glas Wasser auf dem Pult. „Ich habe einen Durst“ denkt der Gast im Ausflugslokal und hebt das Glas Bier an den Mund. „Ich habe überhaupt keinen Durst“ sagte meine Oma, wenn ich sie fragte, ob sie etwas trinken wolle und ignorierte das Glas Wasser, welches vor ihr stand. Doch der Mensch Seite 15 braucht Flüssigkeit. Ohne Wasser kein Leben, weil: Der Körper des Menschen, besteht zu einem hohen Prozentsatz aus Flüssigkeit. Männer und Frauen sind unterschiedlich prozentual beteiligt. Bei untergewichtigen Menschen z.B. liegt der prozentuale Anteil von Flüssigkeit am Körpergewicht bei 70%, bei übergewichtigen Menschen beträgt er nur 45%, denn diese haben einen höheren Fettanteil. Körperflüssigkeit befindet sich überall in unserem Körper, in den Zellen, in den Zellzwischenräumen z.B. im Magen und Darm, in der Gallenblase, in den großen Körperhohlräumen, außerhalb der Zellen im Blut und schließlich auch im Gehirn. Z.B. hat ein Mann mit 68 kg Körpergewicht ca. 45 l Wasser im Körper. Davon befinden sich etwa 27-32 l innerhalb der Zellen, 9 l Wasser befinden sich in den Zellzwischenräumen und etwas über 4 l finden sich im Blutkreislauf. Der Körper kann Schwankungen über eine gewisse Steuerung ausgleichen und somit auch die Körperfunktionen aufrecht erhalten. Das gelingt ihm allerdings nur bis zu einem gewissen Maße – bis dieses brennenden Durstgefühl auftritt, was schon höchste Gefahr signalisiert. In jedem Moment unseres Lebens exportiert der Körper diese Flüssigkeit nach außen. Mit jedem Atemzug, jedem Schweißausbruch, jedem Toilettengang verdunsten oder verlieren wir einen lebenswichtigen Baustein. Was wiederum auch notwendig ist, denn mit diesem Export werden Stoffwechselprodukte wie Harnstoff oder Salze ausgeschieden und bei hohen Temperaturen wird damit auch die Wärmeabgabe des Körpers über die Haut reguliert. Der Sommer mit seinen heißen Tagen bedeutet also Stress für unseren Körper. Wissen muss man, dass unser Körper Flüssigkeit leichter ausscheiden als speichern kann – deshalb muss für eine regelmäßige Zufuhr, also einen Import von Flüssigkeit in den Körper, gesorgt werden. Wir tun das über die Gabe von Getränken und Nahrungsmitteln, wobei das notwendige Maß an Flüssigkeit wiederum unterschiedlich ist. Aber etwas mehr trinken kann nie schaden. Mit zunehmendem Alter nimmt aber das Durst- gefühl und damit die Flüssigkeitszufuhr ab, und der Körper ist nicht mehr in der Lage, den Flüssigkeitsbedarf auszugleichen. Über längere Zeit entsteht ein Flüssigkeitsmangel. Erste Alarmzeichen hierfür sind z.B. ein trockener Mund, brennende Augen, trockene Nasenschleimhäute und die Entwicklung einer trockenen, dünnen, pergamentartigen Haut, die man oft zuerst an den Händen entdeckt. Mundtrockenheit kann zu einer außerordentlichen Belastung werden. Die Mundflora gerät aus der Balance. Im Normalfall produzieren unsere großen und kleinen Speicheldrüsen täglich zwischen 0,5 und 1,5 l Speichel und halten damit unsere Mundhöhle feucht. Der Speichel ist nicht nur dazu da, den Speisebrei gleitfähig zu machen, sondern das in ihm enthaltene Fluorid, Kalzium oder Natrium wird frei gesetzt und dient somit der Zahngesundheit. Ganz nebenbei hat der Speichel die Funktion der Reinigung – alle Bakterien, Pilze, Viren, Essensreste werden weg gespült und dann verschluckt. Mundtrockenheit kann außerdem zu ernsthaften Erkrankungen wie Speicheldrüsenentzündungen oder gut- und bösartigen Tumoren führen, ganz abgesehen von einem schlechten Mundgeruch. Kommt daher der Spruch „Ich kann dich nicht riechen“? Befördert wird die Instabilität der Mundflora, wenn noch weitere Faktoren hinzukommen: Trockene Luft – insbesondere im Winter reizt sie die Schleimhäute, die Augen, die Nase. Atmung mit geöffnetem Mund – trockene Schleimhäute, eingerissene Lippen und Mundwinkel sind oft die Folge. Rauchen trocknet die Schleimhäute aus. Männlein und Weiblein schnarchen, da gibt es keine Unterschiede. Geschnarcht wird meist mit offenem Mund – Heiserkeit und ein ausgetrockneter Hals und Mund sind lästige Foto: Chrionny / www.pixelio.de Erscheinungen am Morgen. Krankheiten und Medikamentengaben, die hier nicht im Einzelnen aufgelistet werden sollen, haben ebenfalls solche möglichen Nebenwirkungen. Was also können wir selbst tun, um den Flüssigkeitshaushalt unseres Körpers im Gleichgewicht zu halten: Mit dem Rauchen aufhören – leicht gesagt, schwer getan, aber jeder Versuch ist es wert. Den Speichelfluss anregen – zuckerfreie Kaugummis oder Dropse bringen die Produktion auf Hochtouren. Auf eine gute Mundhygiene achten – das schützt die Zähne vor dem Befall von Bakterien. VIEL TRINKEN – das hilft unserem Körper am besten auf die Sprünge. Wasser oder zuckerfreie Tees eignen sich dafür hervorragend. Ein Glas Bier darf es auch mal sein, da ist ja auch Wasser drin. Ich habe mir z.B. angewöhnt, ständig ein volles Glas Wasser auf dem Küchenschrank stehen zu haben. Und da die Küche ein wichtiger Arbeitsplatz im Haushalt ist, gehört der Griff zum Glas Wasser im Vorbeigehen schon zur Routine. Tun Sie es auch! Unser Körper dankt es uns. Denken auch Sie jeden Tag einige Male daran: Ein Glas Wasser könnte mir jetzt gut tun! Ich wünsche Ihnen einen unbeschwerten, „wasserreichen“ Sommer. Seite 16 THEMA: GESUNDHEIT MÜCKENPLAGE von Edelgard Richter Foto: www.JenaFoto24.de / pixelio.de Mücken gibt es im Sommer überall: Auf dem Balkon, auf der Terrasse, im Garten, im Freibad oder beim Waldspaziergang. Um zu verhindern, dass einem die kleinen Plagegeister zu sehr zusetzen, gibt es einige Tipps, die lästige Mückenstiche ersparen können: Helle und dicht gewebte Kleidung beugt Mückenstichen vor. Es erschwert das Zustechen. Aber wer will sich schon an warmen oder heißen Tagen derart verhüllen? Insektenschutzmittel können die Insekten sechs bis acht Stunden fernhalten. Ätherische Öle wirken aller- dings nur kurzfristig und können außerdem Hautreizungen oder Allergien auslösen. Deshalb sollten sie nie pur auf die Haut aufgetragen werden. Ein Insektenschutzmittel kann auch selbst hergestellt werden. Dazu nimmt man acht Tropfen eines ätherischen Öls wie beispielsweise Basilikum, Lavendel oder Eukalyptus und mischt sie mit 100 Millilitern Mandel-, Kokos- oder Jojobaöl. Vor Gebrauch sollte das Gemisch dann gut geschüttelt werden. Sollten die Mücken dennoch zugestochen haben, sollte ein kühlendes Gel auf die betroffene Stelle aufgebracht werden oder bei stärkeren Hautreaktionen eine Salbe mit niedrig dosiertem Hydrocortison. Das wirkt gegen das quälende Jucken. Auch Kühlen unter fließendem kalten Wasser oder mit einem in ein Tuch geschlagenes Coolpack kann helfen. Kratzen sollte man an der Einstichstelle auf keinen Fall, denn dadurch können die Beschwerden noch verschlimmert werden. Durch das Aufkratzen können Bakterien in die Wunde eindringen und es kann zu einer Infektion kommen. Auch auf Hausmittel wie Essig, Zitronenöl oder den Saft einer Zwiebel sollte man bei der Behandlung von Mückenstichen besser verzichten. Der Juckreiz wird weniger gelindert als dass sich die betroffene Hautpartie dadurch entzündet. Mücken finden ihre Opfer über das Kohlendioxid, das Menschen ausatmen. Ob eine Mücke zusticht oder nicht, hängt außerdem von der „richtigen“ Mischung aus Milchsäure, Ammoniak und Fettsäuren auf der Haut ab. Das erklärt auch, warum manche Menschen häufiger das Opfer von Mücken werden und andere nicht. Funktionieren verschiedener Körpersysteme ab. Zu den Ursachen zählen beispielsweise Erkrankungen im Innenohr, dem Sitz des Gleichgewichtsorgans, Störungen des Gleichgewichtszentrums im Gehirn, psychische Leiden, aber beispielsweise auch Abnutzungserscheinungen der Halswirbelsäule im Alter. Diese wirken sich auf die Gefäße und Nervenbahnen aus, die für das Gleichgewicht eine Rolle spielen. So vielfältig wie die Ursachen, sind auch die Formen und die Dauer der Schwindelgefühle. Häufig werden Schwindelgefühle und Gangunsicherheit bei älteren Patienten aber als hinzunehmende Begleiter- scheinung des Alters abgetan. Eine große Studie in Deutschland hat Schwindel kürzlich als einen der Faktoren identifiziert, der die Lebensqualität älterer Menschen stark beeinträchtigt und sie beispielsweise davon abhält, an sozialen Aktivitäten teil zu nehmen. Schwindelgefühle müssen auch deshalb unbedingt ernst genommen und richtig diagnostiziert werden. Zu den häufigsten Ursachen für Schwindel bei älteren Patienten gehören solche Beeinträchtigungen, wie beispielsweise die Wahrnehmung, dass sich die Umgebung scheinbar kurzzeitig bewegt, was auf eine beidseitige Schädigung des Gleichge- THEMA: GESUNDHEIT SCHWINDEL IM ALTER von Edelgard Richter Die Umgebung dreht sich oder schwankt hin und her: Mehr als jeder zehnte Patient sucht innerhalb eines Jahres seinen Hausarzt aufgrund von Schwindelgefühlen auf. Bei den über 70jährigen klagt jeder Dritte darüber und sogar jeder zweite Patient der über 80jährigen. Schwindel beeinträchtigt vor allem ältere Menschen in ihrer Lebensqualität und kann zu sozialem Rückzug führen. Schwindelgefühle entstehen dann, wenn die an unserem Gleichgewichtssystem beteiligten Sinnesorgane – das Gleichgewichtsorgan des Ohres und die zuständigen Nervenbahnen im Gehirn, die Augen, sowie die Stellungsfühler der Muskulatur, Sehnen und Gelenke – widersprüchliche Informationen an das Gehirn senden. Unsere Balance hängt also stark vom Seite 17 wichtsorgans hinweist. Zudem gibt es den zentralen Schwindel und den gutartigen Lagerungsschwindel. Bei zentralem Schwindel liegt der Ursprung für die Störung des Gleichgewichtssinns im Gehirn; Tumore des Hirnstamms oder Multiple Sklerose können beispielsweise der Grund sein. Die Ursache des sogenannten gutartigen Lagerungsschwindels liegt an fehlplatzierten Kristallen im Innenohr und tritt bei Veränderungen der Kopflage auf. Die richtige Diagnose muss bei allen Patienten mit Schwindelsymptomen durch eine ausführliche Anamnese bei einem Arzt gestellt werden. In diesem Gespräch werden Art, Dauer und Auftreten der Symptomatik systematisch erfasst, ebenso bestehende Erkrankungen des Patienten und mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten. Der Arzt erhebt dann eine klinische Verdachtsdiagnose, die in vielen Fällen vor allem durch HNO-ärztliche und neurologische Untersuchungsmethoden und bildgebende Verfahren abgesichert wird. Richtig diagnostizierte Schwindelsyndrome haben eine gute Prognose und können häufig mit Medikamenten oder auch einem Schwindeltraining zur Sturzprophylaxe behandelt werden. Das ist die gute Nachricht! Foto: Martina Taylor / pixelio.de THEMA: KURZGESCHICHTEN, GEDICHTE DAS JAHR FING MIT EINER GASEXPLOSION AN von Rudolf Winterfeldt Foto: J.H.Gilgamesh / pixelio.de Das Kraftwerk Boxberg sollte das größte Kraftwerk der DDR werden. Zur eventuell notwendigen Brandbekämpfung war ein WerksfeuerwehrKommando vorgesehen. Da ich bereits eine Fachschule der Feuerwehr absolviert hatte, war meine Versetzung von der Werksfeuerwehr Schwarze Pumpe nach Boxberg beschlossen und wurde zum 01.11.1967 wirksam. Nun war ich hier Kommando-Leiter und damit nicht mehr im Schichtdienst tätig. Wenn es keine Brände und Havarien gab, war ich am Abend, an den Wochenenden und an Feiertagen zu Hause. So konnte ich also den Jahreswechsel 1967/68 zu Hause in Hoyerswerda feiern (ein Umzug nach Boxberg war für 1968 vorgesehen). Wir wohnten hier in Neubaublocks in Plattenbauweise mit fünf Stockwerken. Silvester hatten wir mit Brigitte, der Ehefrau meines Berufskollegen, gefeiert. Sie wohnten im Nebenblock und ihr Mann befand sich zu dieser Zeit auf einer Fachschule. Der Neujahrstag zeigte sich ohne Schnee, aber kalt und verlief für uns, unter Katerbeschwerden, im Wesentlichen normal. Die Kinder wollten beschäftigt und die Wohnung musste aufgeräumt werden. Am Nachmittag saßen wir dann alle vor dem Fernseher. Draußen war alles still und friedlich, denn die Knallerei hörte in diesen Jahren wirklich am Neujahrsmorgen um 8:00 Uhr auf und man konnte sich von der anstrengenden Nacht etwas erholen. Es war so gegen 15:00 Uhr, als ein furchtbarer Knall diese Stille zerriss. Es hörte sich an, als wenn ein Flugzeug die Schallmauer durchbricht. Ich schaute aus dem Fenster und schimpfte auf das Militär, die an diesem Feiertag solche Flugübungen machten. Aber ich hörte kein Geräusch eines Triebwerkes, wie es sonst üblich ist. Was sollte das denn bloß gewesen sein? Ich schaute aus dem Schlafstubenfenster in die andere Richtung, auch hier war nichts zu sehen. Wir rätselten noch, was dieser Knall für eine Ursache haben könnte, als an unserer Wohnungstür heftig geklingelt wurde. Vor uns stand Brigitte, kreidebleich und völlig verstört und stammelte etwas von einer Explosion. Da war mir alles klar. Sofort rief ich die Feuerwehr an. Dort wusste man schon Bescheid. So wie ich war, in Hemdsärmeln und in Filzpantoffeln, lief ich zum Nebenblock. Schon bei Annäherung sah ich, dass etliche Fensterscheiben fehlten. Besonders die Fenster des Treppenhauses und in der 4. Etage waren zerstört. Flammen waren nicht zu sehen, also augenscheinlich kein Brand in den Wohnungen, sondern vermutlich eine Gasexplosion, denn wir hatten hier noch Gasherde in den Küchen. Vor dem Hauseingang lagen Glasscherben und Holzstücke von den Fenstern des Treppenhauses. Davor auch einige Menschen, die offensichtlich unter Schock standen. Sie starrten entgeistert auf das Haus und jammerten um ihr Hab und Gut. Einige Schaulustige hatten sich auch schon Seite 18 eingefunden. Im Haus selbst allerdings eine Seltsame Ruhe. Keine Menschen, die umherliefen oder anderweitig zu bemerken waren. Da ich von den Anwesenden keine Auskunft über noch im Hause befindliche Bewohner erhielt, die Feuerwehr auch noch nicht da war, nahm ich die Sache selbst in die Hand und begab mich in das Haus, um die Lage zu erkunden. Im Treppenhaus kam mir von oben Wasser entgegen gelaufen. Die Wohnungseingangstüren im Erdgeschoss, links und rechts im Treppenhaus, waren offen, aber weiter keine Beschädigungen sichtbar. Auf mein Rufen erhielt ich keine Antwort. Da keine Zerstörungen erkennbar waren, ging ich davon aus, dass es auch keine verletzten Personen in diesen Wohnungen gab. So war es auch bis zum 3. und auch im 5. Obergeschoss. Aber im 4., da waren die Eingangstüren gar nicht mehr vorhanden. Hier also hatte die vermutliche Gasexplosion stattgefunden. Vom Treppenhaus ging man links in den Korridor und von diesem links in die Küche, dahinter lag gleich das Bad. Die Küche war ein einziger Trümmerhaufen. Die Zwischenwand zum Bad fehlte zur Hälfte und die Küchenmöbel lagen zersplittert übereinander, der Küchenherd war seitlich geneigt und es brannten alle vorhandenen Gasflammen oben, aber nicht im Backofen. Ich drehte den Gashahn zu, um ein Ausströmen von Gas zu verhindern. Bei meiner Suche nach verletzten Personen fand ich unter den Trümmern eine leblose Person. Sie fühlte sich kalt an und lebte offensichtlich nicht mehr. Weitere Personen fand ich nicht in der Wohnung. Das Wohnzimmer und das Schlafzimmer sahen aus, als wenn ein Riese mit einem Besen einmal quer durchgefegt hätte. Welch eine ungeheure Kraft muss hier wohl gewirkt haben. Nun war für mich klar, dass hier die Ursache des Ganzen zu suchen war. In der gegenüberliegenden Wohnung fast das gleiche Bild. Glücklicherweise auch hier, wie in den anderen Etagen, niemand, der zu Schaden gekommen ist. Nur fand ich hier die Eingangstür am Ende des Korridors. Die Tür von der anderen Wohnung war nicht mehr vorhanden. Die Wucht der Explosion hatte sie in kleine Splitter zerlegt. Später fanden wir nur noch den Türknopf. Inzwischen war die Feuerwehr Hoyerswerda eingetroffen und ich konnte dem Einsatzleiter meine Erkenntnisse mitteilen. Er übernahm alles Weitere bei diesem Einsatz. Ich sagte ihm meine Adresse und begab mich nach Hause. Eines allerdings hatte ich vergessen, ich hatte nicht gesagt, dass ich den Gashahn am Herd zugedreht hatte. Später kamen dann der Einsatzleiter der Feuerwehr und die Kriminalpolizei zu mir, um mich zu befragen. Dabei rätselten sie mit mir um die Ursache der Explosion. Da der Gashahn zu war, konnte ja kein Gas ausströmen. Nachdem das allerdings geklärt war, löste sich der Fall auf. Später erfuhr ich, dass der Mann in der Wohnung aus Liebeskummer Selbstmord begangen hatte. Er hatte alle Gashähne des Küchenherdes geöffnet und die oberen Flammen angezündet. Das ausströmende Gas tötete ihn zuerst und nachdem es die notwendige Konzentration erreicht hatte, entzündete sich das explosive Gemisch an den brennenden Flammen. Glück im Unglück war hier trotzdem im Spiel. Alle anderen Bewohner waren nicht in ihren Wohnungen. Nur unsere Bekannte, die genau darüber wohnte und ein älteres Ehepaar im Erdgeschoss. So wurde niemand weiter verletzt. Den Schock haben diese Leute bald überw un de n. Alles ande re musste später geklärt werden. Der Aufgang wurde gesperrt und geräumt. So fing das Jahr 1968 für meine Familie und mich mit einer großen Aufregung an. THEMA: KURZGESCHICHTEN, GEDICHTE DIE RUBINHOCHZEIT von Rudolf Winterfeldt Foto: Ich / pixelio.de Es sollte eine richtig schöne Feier werden. Karl und Erna sprachen schon fast ein Jahr zuvor über diesen Jahrestag und beratschlagten über den Ort, den Ablauf und vor allem, wer sollte alles dazu eingeladen werden. Von beiden lebte jeweils die Mutter noch, dann hatte Erna zwei Geschwister. Mit ihren Familien waren das sechs Personen. Karl hatte noch eine Schwester und da war auch noch eine Tante. Dann die eigenen Kinder mit deren Fami- lien und eine Enkeltochter aus der ersten Ehe des jüngsten Sohnes. Es kamen dann achtzehn Personen zusammen. Der Ort wurde so gewählt, dass ein Teil nach der Feier nach Hause gebracht werden konnte. Das war auch das erste Mal, denn eine Feier in diesem Kreise hatte es bisher noch nicht gegeben. Nach einigem Suchen und Vorsprachen fanden beide dann auch ein Hotel, das ihren Vorstellungen entsprach. Das Hotel war umgebaut und eröffnete Seite 19 neu. Für Karl und Erna gab es einen Eröffnungspreis. Nun wurde ins Detail gegangen. Mittagsmenü, Kaffeetafel und kaltes Buffet wurden abgestimmt. Zimmer für die Übernachtung gebucht und die Raumgestaltung inklusive Musik festgemacht. Für den Nachmittag dann noch im nachbarlichen Reiterhof eine Kremserfahrt bestellt. Nun konnte nichts mehr schief gehen. Dann war es soweit. 40 Jahre verheiratet zu sein gelingt heute nicht mehr sehr vielen Ehepaaren. Karl und Erna waren noch recht rüstig und hatten keine großen Sorgen mit ihrer Gesundheit. So waren sie natürlich auch schon am Vormittag im Hotel angekommen und erwarteten nun ihre Gäste. Um 10:00 Uhr begann dann der offizielle Empfang. Blumen über Blumen und auch reichlich Geschenke füllten einen großen Tisch. Karl hatte mit seinem Sohn abgesprochen, dass er das alles mit seiner Video-Kamera aufnehmen sollte. So hatte man später eine schöne Erinnerung an diesen Tag. Viele der Gäste hatten sich auch schon lange nicht mehr gesehen und die Freude über diese Feier war in den Gesprächen zu spüren. Familienfeste sind ja schon immer dazu geeignet, dass sich entfernt wohnende Verwandte, Kinder und Enkelkinder treffen und alle gemeinsam miteinander feiern. Sonst geschieht das ja meistens im kleineren Kreis. Die Schwierigkeit besteht aber ja darin, dass man alle zu einem Termin an einen Ort bekommen muss. Das bedeutet langfristige Planung, damit recht- zeitig Urlaub und dergleichen eingeplant wird. Nun, bei Karl und Erna hatte es richtig gut geklappt. Nach dem reichlichen Mittagstisch ging die Fahrt mit dem Kremser in Wald und Flur. Es war Mitte Mai und der Frühling war recht gut zu spüren. Aber damit es doch keinem zu kalt wurde, haben wir und unsere Gäste „von innen eingeheizt“. So ging es auch recht lustig zu in unserer Runde. Es wurde viel gelacht und bei einem Halt auch mal die Beine etwas bewegt. Kaffee und Kuchen schmeckten danach besonders gut, zumal er hausbacken war. Bis zum Abendbrot wurden Geschichten und Erlebnisse aus den vergangenen Jahren erzählt. Erna lockte ihren Karl immer wieder, doch etwas von seinen früheren Liebschaften zu offenbaren. Aber Karl versicherte, da gebe es keine Geheimnisse. Er hätte schon alles dazu gesagt. Zwischendurch wurde mit den Enkelkindern ein Tänzchen gemacht. Sie wollten ja auch beschäftigt werden. Karl zeigte sich dabei von seiner kinderlieben Seite. Erna sorgte sich um die Getränke und dass auch keiner Not leide. Sie hatte sich besonders auf diese Feier gefreut. Sie hatte schon immer gern ihre Kinder und Enkelkinder um sich. Ja, sie ist eine gute Mutter und Ehefrau und alle haben sie lieb. Dann war das kal- te Buffet aufgebaut und die Gästeschar bestaunte das Kunstwerk des Kochs und seiner Mannschaft. Einhellige Meinung: viel zu schade zum Aufessen. Aber hinterher sah es dann doch wie geplündert aus. Aber dazu war es ja da. Der Abend verlief dann gemütlich bei feinen Getränken und angeregter Unterhaltung, die nur durch ein paar Tänzchen unterbrochen wurde. Auch die alten Damen kamen dabei nicht zu kurz. Es ging langsam und gemütlich zu und hat allen viel Spaß bereitet. Zu vorgerückter Stunde wurde dann die Feier beendet. Die in der Nähe wohnenden Gäste verließen das Hotel und wurden nach Hause gefahren und die anderen suchten ihre Zimmer auf. Karl und Erna blieben noch eine Weile wach in ihrem Bett liegen und ließen den Tag noch einmal Revue passieren. Sie waren zufrieden und voller Freude darüber, dass sie es geschafft hatten, die ganze Familie zusammen zu bekommen und den Tag gemeinsam zu begehen. Bevor Erna das Licht löschte, besah sie sich noch einmal den Rubin, den ihr Karl zum Hochzeitstag geschenkt hatte. Sie lächelte und gab ihrem Karl einen liebevollen Gute-Nacht-Kuss. THEMA: KURZGESCHICHTEN, GEDICHTE EIN JAHR RENTNER von Edelgard Richter 24. Mai - Es ist geschafft. Mein letzter Arbeitstag. Ich bin endlich Rentner. Jetzt geht mein Leben richtig los. Ich will einfach das machen, woran mich diese verdammte Arbeit immer gehindert hat. 25. Mai - Ich stehe früh auf und weiß gar nicht, was ich zuerst tun soll: Der Rasen muss gemäht werden, ich will die Dachrinne reparieren, ich muß die Wasserhähne entkalken, ich will ein Vogelhäuschen bauen und endlich mal „Krieg und Frieden“ lesen. Treffe vor dem Haus meinen Nachbarn. Er ist auch Rentner. Er läuft unrasiert im Jogginganzug herum, sieht aus wie Jörg Kachelmann nach 30 Tequila. Er schaut den ganzen Tag Nachmittagstalkshows oder löst Kreuzworträtsel. Das wäre nichts für mich. Ich mähe erst einmal den Raten, reinige die Dachrinne und fange mit dem Vogelhäuschen an. Das Leben ist wunderbar! 2. Juni - Der Rasen ist gemäht, die Dachrinne gereinigt und das Vogelhäuschen ist fertig. Die Piepmätze kommen an und tirilieren fröhlich. Ich fahre zu OBI, besorge Entkalker für die Wasserhähne. OBI ist voll mit Rentnern. Jeden Morgen trifft sich da das Krampfadergeschwader am Holzzuschnitt. Trübe Tassen! Fahre Seite 20 Foto: Rainer Sturm / pixelio.de nach Hausse und entkalke die Wasserhähne. 7. Juni - Etwas länger geschlafen. Dann frühstücke ich und kontrolliere, ob die Wasserhähne nicht neuen Kalk angesetzt haben. Danach Rasenmähen und Fahrt zu OBI. Lasse mir Holz für ein weiteres Vogelhäuschen zuschneiden. Dann hab ich zwei. Eins für die Vogelmännchen und eins für die Vogelweibchen. 22. Juni - Bis mittags geschlafen. Dann noch ein Vogelhäuschen für Behinderte gebaut. Dann Rasen gedüngt, damit er schneller wächst und häufiger gemäht werden muss. Danach Tee mit meiner Frau. Ich gebe ihr Tipps für den Haushalt. Aber manchmal habe ich den Verdacht, ich nerve sie. Zum Beispiel, wenn wir im Garten zusammen Darts spielen. Nicht, dass wir uns streiten – aber warum klebt sie vor dem Werfen immer mein Foto auf die Dartsscheibe? 30. Juni - Will mal wieder mit einem anderen Menschenreden und gehe zum Arzt. Viele Rentner gehen zum Arzt um mal zu quatschen; ich habe mir Prostatabeschwerden ausgedacht. Aber er schickt mich nach Hause – Prostata würde bei Kassenpatienten in meinem Alter nicht mehr behandelt; Rentner hätten genügend Zeit zum Pinkeln. 13. Juli - Schlafen bis zwei. Danach Rasen mähen und ein Vogelhäuschen bauen. Im Garten stehen jetzt 28 Stück. Als ich es aufstellen will, entdecke ich auf dem Rasen einen Brief. Die Vögel haben ihn geschrieben: „Alter hör auf mit dem Scheiß Vogelhäuschen zu bauen. Wir haben es satt und es ist uns vor den anderen Tieren peinlich“. Mein Nachbar bietet mir ein Kreuzworträtselheft an. Ich schau mal rein: Russischer Fluss mit 7 Buchstaben. Die bekanntesten sind; Bjelaja, Dnestr, Irtysch, Utschur und Wolchow. Am Abend Krise mit meiner Frau. Unser erotisches Leben ist eingeschlafen. Passiert vielen Rentnern. Meine Frau schlägt als Lösung vor, wir sollten mal Sex an ungewöhnlichen Orten probieren. 4. September - Wir haben die Seiten im Bett getauscht. Hilft auch nicht. Habe gelesen, 50 % der Männer über 65 nehmen Viagra. 70 % davon können sich allerdings nicht mehr daran erinnern, warum . . . 30. September - „Krieg und Frieden“ lese ich nicht mehr. Schaue jetzt mehr Nachmittagstalkshows. Heute ist das Thema: „Ich mach dich kalt, du blöde Summse“. Na ja, ein bisschen lehnt sich das ja auch an „Krieg und Frieden“ an. 26. Oktober - Meine Frau meint, wir sollten etwas für unsere Körper tun. . . . Wellness . . . . Sobald man Rentner ist, soll alles nur noch Wellness sein. Man soll die Seele baumeln lassen . . . . Warum? Wenn man älter wird, baumelt am Körper sowieso schon so viel. Da muss die Seele nicht auch noch mit baumeln. Meine Frau schleppt mich zum Rentner-Yoga, zur Rentner-Sauna, zum Pilates. Pilates! Das war für mich bislang der Typ, der Jesus gekreuzigt hat! 12. November - Beim RentnerYoga soll ich die Figur machen: „Das Gnu liegt in der Morgensonne“. Ich mache die Figur „Der Arbeitnehmer betätigt die Stechuhr“. Werde aus dem Kurs geworfen! 3. Januar - Habe mit dem Sport aufgehört. Nur den Jogginganzug trage ich noch ganz gern. Rasieren tu ich mich auch nicht mehr. Wenn ich auf die Straße gehe, fragen mich manchmal die Obdachlosen, ob ich einen Euro brauche. Meine Frau will mich aktivieren und schafft einen Dackel an. Das ist das Ende. Wenn der beste Freund des Mannes eine Wurst mit Beinen ist, die Purzel heißt, ist es Zeit für ihn abzutreten. Dackel wurden Anfang des 20. Jahrhunderts in England gezüchtet. Ziel der Züchtung war es, eine Nackenrolle zu haben, die selbständig in die Waschmaschine gehen kann. Ich schäme mich. Aber ich geh mit ihm spazieren. Sitze dann im Wald auf einer Bank, mein Blick fällt auf die Ameisen am Boden. Tja, die arbeiten und arbeiten, von denen sagt keine „Ich bin in Rente und mach jetzt Pilates“. 12. Februar - Bin nachts nicht müde. Wovon auch? Stehe deshalb auf, setze mich ins Auto und fahre durch die nächtliche Stadt. Ich lande bei meiner alten Firma, steige aus, streichle das Gebäude. Auf der Rückfahrt sehe ich, wie an einer Landstraße Türken auf dem illegalen Arbeitsstrich herumstehen und warten, dass sie zur Schwarzarbeit abgeholt werden. Traurig so was! 3. März - Habe mich dunkel geschminkt, mir einen Schnäuzer angeklebt und reihe mich unter die Türken an der Straße ein. Serhat, Mehmet, Übür und Öczan. Im Auto stellt sich raus, die heißen eigentlich Franz, Theo, Günter und Willi. Und sind auch Rentner mit angeklebten Schnäuzern. Am Nachmittag – Arbeit auf einer Baustelle. Ich war lange nicht so glücklich! 12. April - Fahre jeden Morgen mit den anderen Rentnern auf die Baustelle. Nachmittags sitzen wir zusammen und überlegen, was wir noch machen könnten. Wir wollen eine Firma gründen, einen Konzern erschaffen, wir sollen ackern und malochen. Auch mit 65 kann man noch viel bewegen! Eine Geschäftsidee für unseren Konzern haben wir auch schon: Vogelhäuschen. Seite 21 THEMA: KURZGESCHICHTEN, GEDICHTE ABEND von Rela Ferenz Abend Verstummt sind die hitzigen Spiele. Lautlos versinkt das Getue. Aus vielerlei Gründen wird 's still. Gibt alles zusammen die Ruhe. Zweige wiegen den Wind. Ein Bäumchen biegt sich darüber. Endlich schläft das Kind und regt sich nur hin und wieder. Foto: Christina Günther Abendliedchen Bütenspitzen halten kleine Regentropfen fest. Ein Sonnenstrahl verlässt noch mal sein Nest und wird vom Flügelschlag bespritzt. Atemstille wacht und lockt und zieht mich sacht mit schlanken Armen in die dunkelgrüne Nacht. Am Meer Der Wind war wie Wolle, wie Seide die Sonne. Der Himmel nur leicht bevölkert. Mit weißen Wimpern winken die Wellen. Ich bin zum Strand gestolpert. Da war das Meer nur feiner Sand und klare Wassermassen. Hier hat noch keiner einen großen Eindruck hinterlassen. Allein Oh wär' ich ein Roserich und die Rosen hörten auf mich. Rosi und Rosemarie und Röschen und Rosalie müssten immerzu blühen und ich wäre der Roserich. THEMA: KURZGESCHICHTEN, GEDICHTE IM HINTERZIMMER von Susanne Danowski Gott sei Dank bin ich Nichtraucher. Hab ich die rauchenden Familienangehörigen, Kollegen und Freundinnen stets billigend ertragen, befürchte ich nun eine vergehende Spezies. Die Nichtraucher sind zähe gewesen. Wenn der Qualm zu dick wurde, sind sie halt in der Pause mal an die frische Luft gegangen. Ich habe mich bei Familienfeiern gern zu den Kleinen ins Kinderzimmer zurückgezogen. Bis sie 12/13 Jahren alt waren, konnte ich davon ausgehen, dort vom Rauch verschont zu bleiben. Danach hatte ich sowieso keinen Zugang mehr zu ihren Gemächern in meinem fortgeschrittenen Alter. Dann hat jemand erkannt, dass Nichtraucher auch ein Recht auf ein würdiges Dasein haben. Es gab nun rauchfreie Beratungen, bei Familienfeiern ging der Raucher auf den Balkon, zumindest bis die Kinder im Bett waren und der Alkoholpegel noch unter 2,5 Promille war. Plötzlich gab es für Nichtraucher eigene Büros, Reisezugwagen, Restaurants. Aber die gute Stimmung war Seite 22 woanders. Im Kurheim wurde im Raucherdomizil gefeiert, im Nichtraucheraufenthaltsraum wurde gestrickt und philosophiert. Ich war meist bei den Qualmenden. Es war keine zwingende Voraussetzung, ne Kippe im Mundwinkel zu haben, ich wurde auch ohne geduldet. Das Passivrauchen macht auch krank, haben die Forscher herausgefunden. Dann hat der Gesetzgeber seine Aufgabe erkannt. Also Gruseltexte auf die Verpackungen, jetzt auch Ekelbilder zu Abschreckung. Der Umsatz ging zurück, also Preise drastisch raus, auf die Einnahmen will der Fiskus nicht verzichten. Die Nichtraucher wurden immer mehr und vor allem die Exraucher forderten nun massive Veränderungen zu ihrem Schutz. Offensichtlich sind sie bis in die gesetzgebenden Bereiche vorgedrungen. Wo sind die rauchenden Zeiten unter Altkanzler Schmidt geblieben? Per Gesetz und gegen massiven Widerstand so mancher Wirtsleute, werden Raucher aus Gaststätten, Zügen, Flugzeugen verbannt. Auf Bahnhöfen dürfen sie noch in prangergleichen gelb aufgemalten Vierecken quarzen. Doch wie lange wird das noch geduldet??? Nun stehen sie in frierenden Grüppchen vor den Lokalen, dem Spott der Passanten ausgesetzt, um ihrem Laster zu frönen. Das Lachen ist ihnen längst vergangen. Selbst die von mitleidigen Wirten aufgestellten Heizpilze werden ihnen per Anordnung verwehrt. Demnächst wird bestimmt die Videoüberwachung zur Verfolgung der letzten Rauchabhängigen genutzt. Am falschen Ort, außerhalb des Vierecks, in der Nähe einer Haltestelle oder gar auf der öffentlichen Toilette den Glimmstängel gezückt, sofort werden die Aufnahmen in den sozialen Netzwerken geteilt und die Verfolgung wird unerbittlich geführt. Liebe Kneipenbesitzer, Lokalbetreiber, Barmänner und -frauen öffnet eure Hinterzimmer für die gefährdete Spezies der Raucher. Gebt ihnen einen Raum, in dem sie ihrem Laster nachgehen können. Geht achtsam mit ihnen um. Ich fürchte, wenn dem Fiskus die Einnahmen aus der Tabaksteuer nicht mehr genügt, denkt er sicher über die Strafbesteuerung von Zucker nach, seine weitreichenden gesundheitlichen Folgen sind ja schon lange bekannt. Gottseidank bin ich Nichtraucher, aber für's dolce vita will ich nicht extra zahlen müssen. BEZIRKSAMT MARZAHNHELLERSDORF VON BERLIN RIESAER STRAßE 94 12627 BERLIN REDAKTION SPÄTLESE Telefon: (030) 90293-4371 Telefax: (030) 90293-4355 E-Mail: magazin-spaetlese@gmx.de Internet: www.magazin-spätlese.net BISHERIGE ONLINE-AUSGABEN AB JAHR 2008 FINDEN SIE IN UNSEREM ARCHIV UNTER: WWW.MAGAZIN-SPAETLESE.NET Die Spätlese ist das erste Seniorenmagazin aus Marzahn-Hellersorf im Internet. Ehrenamtliche Autorinnen und Autoren schreiben lesenswerte Texte, die aus dem Leben gegriffen sind und persönliche Hintergründe haben. Ernste und auch humorvolle Geschichten, Reiseberichte und Beschreibungen von Erlebnissen - für jeden ist etwas dabei. Seit Januar 2008 erschienen 57 Ausgaben des Online Magazins unter der Homepage des Bezirksamtes Marzahn-Hellersdorf www.marzahn-hellersdorf.de. Die Spätlese hat sich als Online-Magazin etabliert, denn die Vorteile liegen auf der Hand:  die Spätlese ist vernetzt - zu anderen Portalen und Projekten  die Spätlese ist flexibel - bei Aktualisierungen und bei der Anzahl von Artikeln  die Spätlese ist werbefrei - und ein zeitgemäßes Informationsmedium Die drei Mitglieder der ehrenamtlichen Redaktion Spätlese treffen sich monatlich und stellen die Texte zur Veröffentlichung zusammen. Bei den Texten legen Sie besonderes Augenmerk auf gute Qualität und entsprechende Aussagekraft für Seniorinnen und Senioren.
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