Sitzung am 27. Februar 1936.
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Stadtrat Pfeil: Es füllt mir nicht sehr leicht, diese
einfach ausgestatteten Wohnungen hier verteidigen zu
müssen.
Wie Herr Ratsherr Scheller schon ausgeführt hat,
handelt es sich um eine Reichsaktion. Das Reich hat
35 Millionen für diesen Zweck zur Verfügung gestellt,
um allereinfachste Wohnungen kleinsten Ausmaßes für
die allerbescheidensten Verhältnisse herzustellen. Das
Reich hatte vor 2 Jahren bereits den Versuch gemacht
und für diese Zwecke Mittel bereitgestellt, mit denen
Baracken-Notwohnungen hergestellt werden sollten.
Wir haben uns s. Z. daran nicht beteiligt. Ich habe
mir selbst solche Wohnungen in Hamburg angesehen
und glaube nicht, daß es zweckmäßig ist, solche Woh
nungen zu errichten, die vielleicht in absehbarer Zeit
schon wieder verfallen.
Die Wohnungen, die wir hier planen — darin
muß ich Ihnen widersprechen, Parteigenosse Scheller
—, sind so, daß sie als tatsächlich dauerhaft und
technisch völlig einwandfrei anzusprechen sind. Sie
werden nicht etwa in absehbarer Zeit verfallen. Es
wird immer ein wesentlicher Unterschied sein, wie der
innere, technische Stand des Gebäudes ist oder wie die
Wohnung ausgestattet ist. Wir haben beispielsweise
einfache Fenster vorgesehen. Es gibt nicht überall in
Deutschland Doppelfenster. Selbst in Ostpreußen, wo
ich mehrere Jahre war und auch beim Wiederaufbau
mitwirkte, habe ich feststellen können, daß Doppel
fenster nur Ausnahmen sind. Auch in der allernächsten
Umgebung von Berlin, in meiner Heimat Anhalt
beispielsweise, gibt es in den allermeisten Fällen keine
Doppelfenster. " Deswegen brauchen die Wohnungen
nicht etwa nicht befriedigend zu sein, wenn ich auch
zugebe, daß die Ausmaße außerordentlich beschränkt
sind.
Dann ist vielleicht ausschlaggebend, daß Herr
Ratsherr Scheller die Wohnung bloß vom Standpunkt
der kinderreichen Familie aus ansieht. Wir wollen
nicht bloß kinderreiche Familien unterbringen. Wir
haben 1300 Mark je Wohnung, die — statt 1000 Mark-
für Familien mit Kindern gegeben werden, in An
spruch genommen, um eben Familien mit Kindern
unterbringen zu können. Es ist aber grundfalsch anzu
nehmen, daß nun diese einfachst ausgestatteten Klein
wohnungen nur für kinderreiche Familien sein werden.
Wir bauen ja doch in ganz großem Umfang in Berlin
auch größere Wohnungen, die für kinderreiche Fa
milien geeignet sind.
Wenn Sie das Beispiel von Nordhausen anführen,
so ist das abwegig. Sie haben selbst gesagt, daß dort
völlig andere Voraussetzungen vorliegen. Wir sind
nun einmal in Berlin in einer ganz anderen Lage:
Löhne, Materialien-, Geländekosten usw., nicht zu ver
gessen die Anliegerkosten, sind soviel höher als in den
meisten anderen Städten, daß wir eigentlich stolz sind,
wenn wir heute mit diesen Mitteln des Reiches — und
wenn es nur 400 Wohnungen find — einmal Familien
unterbringen können, die nur 25 Mark Miete im
Monat zahlen müssen. Wir müssen nach meiner An
sicht immer daran denken, woher die Familien kommen.
Die Familien, die wir in diese neuen Wohnungen
hereinnehmen, kommen aus den lichtlosen und lust
losen Wohnungen der Innenstadt, wo sie so grauen
haft wohnen, daß es für die Leute, die gleichzeitig
einen kleinen Garten bekommen, sicherlich eine außer
ordentliche Verbesserung ist. Allerdings muß ich dabei
natürlich zugestehen, daß ihre Unterbringung kein
Jdealzustand ist. Wir müssen uns aber auch nach dem
Einkommen der Leute richten. Wie auch wohl schon
der Herr Stadtkämmerer in der Sitzung der Beiräte
für Finanzwesen, an der ich leider ' nicht teilnehmen
konnte, gesagt hat, wollen wir wenigstens einmal den
Versuch machen, die Mittel des Reiches zu nehmen und
damit 400 Wohnungen errichten.
Bürgermeister Dr. Marehky:
19:
Verlängerung der Geltungsdauer einiger am
31. März 1936 ablaufender Gebühren- und Bei
tragsordnungen — Drucks. 54 —.
20:
Bewilligung einer überplanmäßigen Ausgabe von
178 414,86 R7N bei Sap. XI4 — Tit. IV 4 —
Schuldendienst für das Verkehrswesen — Druck
sache 56 —.
21:
Genehmigung weiterer überplanmäßiger und außer
planmäßiger Ausgaben im Haushalt 1935 —
Drucks. 60 —.
22:
Nachtrags-Voranschlag der Verwaltungskosten der
Sparkasse für 1936 — Drucks. 84 —.
23:
1. Nachtrag zur Hundesteuerordnung der Stadt
Berlin — Drucks. 85 —.
Bitte, Herr Bürgermeister Treff.
Ratsherr Treff: Meine Herren! Wir haben aus
der Niederschrift der Beiratssitzung gesehen, daß die
Finanzbeiräte angeblich keine Bedenken gegen die
Vorlage erhoben hätten. Ich darf darauf hinweisen,
daß ich mir erlaubt hatte, auf den anscheinenden
Widerspruch hinzuweisen, daß man auf der einen
Seite die Steuerermäßigung für Gebrauchshund- und
Schutzhundzüchter durchführt, aber auf der anderen
Seite diese selbe Maßnahme sofort wieder damit tot
schlägt, daß man die Hundehändler, die in überwiegen
dem Maße nur Nichtrassehunde verkaufen und ver
treiben und außerdem eine ganz andere Stellung
haben als ein Züchter, den Züchtern gleichstellt. Was
man also mit der einen Hand gewissermaßen der Ge
brauchshundezucht gibt, will man auf der anderen
Seite durch die Gleichstellung mit den Hundehändlern
wieder nehmen. Ich habe auch darauf hingewiesen,
daß es kein Grund sei, wenn man sagt: Früher standen
sie sich gleich, wir müssen sie deswegen wieder gleich
stellen. Ich habe selbstverständlich auch nichts dagegen,
daß den Hundehändlern eine Erleichterung zugebilligt
wird. Ich glaube aber, daß dann ein anderer Weg
gewählt werden muß. Man muß eine neue Gruppe
schaffen, muß meinethalben sagen: Der Hundehändler
hat die eineinhalbfache oder zweifache Hundesteuer zu
zahlen, so daß die Hundehändler nicht mit den Hunde
züchtern gleichgestellt werden, die immerhin das große
Risiko haben, daß ihnen nicht nur ein Hund, sondern
vielleicht ein ganzer Wurf restlos eingeht, ohne daß sie
dafür eine Entschädigung haben, während doch letzten
Endes, wenn beim Hundehändler ein einzelner Hund
verloren oder hops geht, er den Verlust auch bei der
Steuer als Geschäftsunkosten absetzt.
Ich darf also bitten, freundlichst nochmals zu ver
suchen, hier eine andere Regelung zu treffen. Auf
keinen Fall glaube ich, kann man sich die Argumen
tation des Herrn Steuerdirektors zu eigen machen,
der sagt, die Hundehändler müßten überhaupt gänzlich
freigestellt werden.
Bürgermeister Dr. Marehky: Herr Stadtkämmerer.
Stadtkämmenrer Dr. hettlage: Wir haben die
Sache sehr eingehend in der Sitzung der Finanzbel-
räte erörtert, wohin sie als Teilfrage auch gehört. Ich
bitte heute nochmals bemerken zu dürfen, daß wir
bisher die Hundezüchter — Zwingerinhaber — grund
sätzlich mit der gleichen Steuer belegt haben wie die