Pfad:
Band 22. Dezember 1919

Volltext: Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten zu Neukölln (Public Domain) Ausgabe 1919 (Public Domain)

meinschaft m it der Lehrerschaft hat die Schulverwaltung versucht, die F rag e zu lösen. Ich will Ih n e n kurz das Gutachten vorlesen, das der hiesige kehrerat über die F ra g e eingereicht hat. Der NeukölUTr L ehrerrat be­ g rüßt die F orderung der hiesigen S äu lv e rw a ltu n g im S in n e der Arbeitsschule mit besonderer Freude und entscheidet sich einstimmig fü r die Einrichtung von (Bartenschulen und Schülerwerkstätten. (Lieft vor.) W ir stimmen dem Urteile des Lehrerats gern zu. W ir sind m it ihm der M einung, daß die alte Buch- und Lernfchule sobald wie möglich in ihrer Einseitigkeit verschwinden m uß. W ir wünschen, daß insbesondere auch der Handfertigkeitsunterricht neben anderen Teilen des A rbeitsunterrichts an unseren Schulen zur E in ­ führung kommen muß. Ic h möchte an dieser S telle unserem H errn S ta d t­ schulrat noch ein klein wenig W eihnachtsstimmung mit au f den W eg geben; denn ich m uß sagen, in Bezug auf den A rbeitsunterricht hat er fleißig m it unserer Schul- Deputation und auch zu A nfang mit der sozialpäda­ gogischen Kommission gearbeitet. Soviel ich weiß, w ird er m orgen schon dem M agistrat eine V orlage in dieser Hinsicht vorlegen. W ir wünschen natürlich, daß aus diesem Wege w eiter geschritten wird. M a n soll das eine tun und das andere nicht lassen. D as ist unsere M einung. W ir wollen auch, daß neben dem Hand- fertigkeitsunterricht die Gartensäm le, die geplant ist, zur E inführung gelangt. E s sichren bekanntlich viele W ege nach Rom , und m an will sich auch die anderen W ege ansehen; denn jeder W eg hat seine eigenen Reize und Ausblicke. Vom G artenunterricht verspreche ich m ir außerordentlich viel. G erade dadurch, daß alle S in n e angespannt werden, kann durch die direkte B e­ rührung des Kindes m it dem Stoff das Wissen dem Kinde viel inniger verm ittelt werden. G erade dadurch erw irkt m an, daß das Kind das ganze Wissen innerlich erlebt und nicht wie früher dieser gedächtnismäßig überm ittelte S to ff w ieder verloren geht. Solch innerlich erlebter S to ff löst natürlich wiederum selbständiges Denken und selbständiges Handeln aus. Und w ir brauchen Menschen m it selbständigem Denken und selbständigem Handeln, die durch praktische Arbeiten schon in der Schule zu praktischen Menschen im Leben vorbereitet sind. M it solcher Arbeitsschule erreichen w ir auch besonders soziale Zwecke. Denn gerade bei der A rbeit lernen sich die Kinder viel mehr kennen, sie sind m ehr aufeinander angewiesen sie sind einer des andern B erater, Helfer usw. S o eiisieht eine kleine soziale Gemeinde. Und w ir brauchen Menschen m it sozialem Em pfinden. W ir können das noch viel m ehr a u s ­ führen. A us diesen G ründen bitten m ir S ie , unserem An­ trage zuzustimmen. W ir erw arten nicht, daß von heute auf m orgen die ganze Sache zur Durchführung kommen kann, denn es w ird dafür viel Geld in F ra g e kommen. Auch die R aum frage spielt eine große Rolle. Aber m ir wollen den A nfang machen; denn jedenfalls müssen w ir versuchen, hier zu probieren, dam it w ir aus den Versuchen imm er m ehr lernen fü r weitere Ausgaben und Ziele. Stadtschulrat D r. Buchenau: M eine D am en und Herren! Die F rag e der Durchführung der Arbeitsschule ist bei uns ja praktisch in üer einen Hälfte der Voll­ endung nahe. E s wurde ichcn gesagt, daß die v o r­ liegende V orlage im Rahm en des M agistrats beraten worden ist. W egen der Durchführung der Handfertig- kcitsschule sind eine Reihe technischer V orbereitungen bereits geschehen. Die Sache ist geprüft und in der D eputation fü r gut befunden w orden. W ir w erden da­ m it einen Teil der Arbeitsschule, wie sie die moderne Z eit verlangt, durchführen. Die Handfertigkeitsschule bildet, wie H err S tadtverordneter Heyn schon sagte. eine wertvolle E rgänzung dazu. Freilich, finanziell ist die Sache von nicht unbedeutender Tragw eite. W enn w ir n u r an fünf Schulen den Handfertigkeitsunterricht in der Weife durchführen, w ie es gemacht werden muß, so entstehen n u r an Personalkosten rund 50 000 M ., an M aterialkosten rund 30 000 M ., zusammen 80 000 M . V or A pril w ird nichts anderes möglich sein, als daß n u r an einer Schule — es w ird im A n trag auch nicht mehr verlangt — probiert w ird, w ie w ir die Sache machen, ob es uns im neuen E ta tsjah re gelingen w ird, die M itiel für fünf Schulen, also 80 000 M ., zu beschaffen. Ich glaube, die Sache w ird in der D eputation noch weiter beraten werden müssen. (Erfreulich ist dabei, daß die Neuköllner Lehrer­ schaft schon im vergangenen Ja h re sich theoretisch auf diese Sache vorbereitet hat, bann auch praktisch. W ir haben 23 oder 24 Lehrer, die fähig sind, Handferugkeits- unterricht zu geben, die an dem von Rektor M orgaw s in B erlin geleiteten K ursus teilgenommen haben, so daß es nicht notwendig ist, wie w ir erst glaubten, daß erst besondere Kurse für Lehrer im Handferligkeits- unterricht eingerichtet werden. Die P ersonalfrage ist also gelöst. Die R aum - und F inanzfrage w ird u n s freilich noch Schwierigkeiten machen. • Ich schlage vor, daß w ir zur E ta tsberatung von diesem A ntrage K enntnis nehm en und u n s überlegen, w ieweit die F inanzlage der S ta d t es gestattet, an drei bis fünf Schulen diesen Handfertigkeitsunterricht durch­ zuführen. D as kann ich Ih n e n heute schon im R arnen des M agistrats sagen: W ir werden dieser A nregung nachgehen. E s liegt uns daran , aus der Buchschule eine Arbeitsschule m it A rbeitsunterricht jeder A rt zu machen. S tad tvero rdneter ZNarfchall ( U .S .P . ) : M eine D am en und H erren! Auch w ir werden dem A ntrage zustimmen. W ir hätten uns doch dam it etw as beson­ ders beschäftigen müssen, leider aber ist die Zeit zu w eit vorgeschritten. V or allen D ingen möchten w ir bitten, daß w ir hier eine Kommission w ählen, die sich m it der Angelegenheit eingehend befaßt. W enn die K inder au s der Schule kommen, stehen die E ltern vor der F rag e : w a s sollen die K inder le rnen? G erade bei diesem A ntrage w äre es angetan , der Sache näher zu kommen. Deshalb möchte ich bitten, diese Angelegenheit nicht n u r den Lehrern zu überlassen, sondern auch Handwerker zuzuziehen. Infolgedessen bitte ich, die Sache der Kommission zu überweisen, die sich dam it eingehend befaßt und zu den B eratungen auch Praktiker hinzuzieht. S tad tvero rdneter Exner (Dt.-dem. P .) : M eine D am en und H erren! Die demokratische F raktion hält ebenfalls an dem Grundsatz fest, daß der H andfertig­ keitsunterricht so schnell wie möglich hier einzuführen ist. A llerdings sind w ir nicht dafür au s G ründen der republikanischen S taa ts fo rm , sondern aus G ründen der wirtschaftlichen (Ertüchtigung unserer Jugend . (S eh r richtig!) W ir sind auch nicht der M einung, daß die hier vielfach wiederholten K lagen über die sogenannte alte Buch- und Lernfchule in diesem Umfange zutreffend gewesen sind; es w a r im m er Zweck der Erziehung: Em porbildung der inneren K raft der menschlichen N a ­ tur. S o haben die einsichtigen Erzieher bis jetzt ge­ arbeitet. sonst w ären sie keine Erzieher gewesen. W ir haben stets dafür gesorgt, daß ein innerliches Erleben stattfand. Ohne innerliches Erleben gibt es keine E m pordildung der inneren K raft der M enschennatur. D a bis jetzt aber die E inführung dieses Unterrichts verzögert w orden ist, sind w ir dafür, daß dieser U nter­ richt so schnell wie möglich durchgeführt w ird . I n diesem S in n e hat sich auch der L ehrerrat entschieden. Die demokratische F rak tion begrüßt die baldmögliche E inführung dieses Unterrichts. 37
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.