Pfad:
Band 28. März 1919

Volltext: Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten zu Neukölln (Public Domain) Ausgabe 1919 (Public Domain)

nach anderen M itteln und Richtlinien suchen sollte. D as Projekt und die Gelegenheit, die Schulen zu nehmen, m ag für die S tadtverw altung ganz be­ quem sein, und auch für die W ohnungsfrage mag dies ganz bequem sein. Aber die Stadtverw altung darf nicht vergessen, daß die Schulen ein 4 jähriges M artyrium hinter sich haben, ein M artyrium , das w ir alle an unserem Leibe erlebt haben und noch tragen. Ich will nicht auf den Unterricht in der Schule eingehen, sondern darauf Hinweisen, daß die Schul- räum e in einer T our von 8—4 Uhr ohne die Möglich­ keit einer Durchlüftung benutzt werden müssen. 2—3 m al müssen die Kinder zur Schule kommen und dazu die heute weiten Schulwege, wobei Entfernungen von der Länge der Weserstrahe nicht zu den Ausnahmen gehören. (Zuruf: Und sie sind auch schlecht ernährt.) Und das mutet man unseren Kindern zu. Ich meine, angesichts dieser Schäden sollten w ir der Stadtverw altung entgegenrufen: Hände weg von unseren Schulen (Bravo). S tadtv. Heitm ann (S . P . D.): Es ist nicht das erste M al, daß w ir uns hier in der S tadtverordneten­ versammlung mit der W ohnungsfrage beschäftigt haben. E s ist bereits ein J a h r her, daß von meinen Freunden aus die Anregung gekommen ist, für die drohende W ohnungsnot Vorsorge zu treffen, daß Neukölln nicht in derartige Zustände, wie sie jetzt leider zu verzeichnen sind, geraten könnte. W ir haben schon dam als auf die Notwendigkeit hingewiesen, daß die S ta d t alle M ittel und Wege beschreiten müßte, um einer W oh­ nungsnot energisch entgegenzutreten. Aber durch die damalige Zusammensetzung der Stadtverordnetenver­ sammlung ist es uns leider nicht möglich gewesen, auf diesem Gebiete vorw ärts zu kommen. (Hört, hört!) Ich wundere mich außerordentlich über die W orte des H errn Stadtverordneten Volk, die er an die S tad tver­ ordnetenversammlung gerichtet hat. E s scheint, als wenn er sein und das Auftreten und die Ausführungen seiner damaligen Fraktionsgenossen vollständig vergessen hat, sonst ist es m ir nicht erklärlich, wie ein Mensch heute eine derartige Stellung einnehmen kann. Durch die Ausführungen des H errn Volk könnte es den Anschein erwecken, als wenn in der Deputation, die auf unsere Anregung hin eingesetzt worden ist, nicht schon von vornherein mit aller Energie darauf hinge­ wirkt worden wäre, Schulen zu diesem Zwecke nicht zu benutzen. Ich habe in der Kommission ganz energisch darauf hingewiesen, welche Gefahren für die Kinder entstehen werden, wenn der Unterricht in den Schulen noch mehr eingeschränkt werden würde. Aber von den Herren der bürgerlichen Seite ist stets darauf hinge­ wiesen worden: Der W ohnungsm angel fei noch nicht so groß und eine Befürchtung, daß in nächster Zeit sich ein größerer M angel an W ohnungen einstellen werde, sei nicht zu erwarten. Deshalb sind auch alle unsere Bemühungen unbeachtet geblieben. Ich will besonders darauf hinweisen, daß ein Hausbesitzer, der a ls Bürgerdeputierter der Wohnungskommission ange­ hört, sich auf den Standpunkt stellte, unter allen Um­ ständen als Aushilfsmittel die Schulen zu Wohnzwecken zu benutzen und keine W ohnungen durch die S tad t bauen zu lassen, weil dadurch für die spätere Zeit, wenn die Nachfrage nach W ohnungen nicht m ehr so groß sei, den Hausbesitzern ungeheuerlicher Schaden zugefügt würde. (Hört, hört!) Die Hausbesitzer haben durch diese Ausführungen zu erkennen gegeben, daß sie ein Interesse daran haben, die W ohnungsknappheit solange wie möglich aufrecht zu erhalten und alle Bestrebungen, den B au von W ohnungen in städtischer Regie auszu­ führen, zu hintertreiben. Unser Standpunkt ist, daß die S ta d t so schnell wie möglich das Versäumte nachholt, indem sie dazu über­ geht, W ohnungen in eigener Regie herstellen zu lassen, die den Anforderungen der hiesigen Bevölkerung ent­ sprechen, und sich unter keinen Umständen von den Interessen der Hausbesitzer leiten zu lassen. W ir fordern m it aller Entschiedenheit, daß die Schulen im Interesse der Jugend so schnell a ls möglich wieder freigegeben werden. Ich möchte weiter darauf hinweisen, d a s » meine Freunde mit der Tätigkeit des H o c h b a u a m te ;« bei der Erledigung der verschiedenen F ragen nicht ein» b verstanden sind. E s m uß einmal öffentlich ausgesprochenWs werden, daß so dringende und wichtige F ragen wie d ic» Förderung des W ohnungsbaues im Interesse der G e -W samtbevölkerung vom Hochbauamt so nebensächlich undW oberflächlich behandelt werden, (S eh r richtig!) wie es M i schlimmer nicht gedacht werden kann. Die Erledigung^ I der F ragen ist in einem derartig langsamen Tempo M r erfolgt, das nicht im Interesse der Sache gelegen hat. M Ich möchte wünschen, daß in Zukunft das Hochbauami M diese wichtige F rage mit etw as m ehr Nachdruck u n d M etwas schneller erledigt a ls es bisher der F all gewesen W ist. Ich will nicht dem weiteres hinzusetzen, w as hierMe von den verschiedenen R ednern in Bezug auf die B e - M Nutzung der Schulen ausgeführt worden ist; w ir müssen Mn uns leider mit diesen Tatsachen abfinden. Aber b ic jlp Schulen müssen so schnell wie möglich geräum t werden. Dg Heute W ohnhäuser in aller Schnelle zu bauen, ist u n -W möglich, darüber sind w ir uns alle klar. E s bleibt Mo uns nur übrig, R äum e ausfindig zu machen, die in Ä c der nächsten Zeit vorübergehend in Benutzung ge- W nommen werden können. Ich habe es bereits in der M Kommission ausgeführt und ich wiederhole es heute, Wr daß w ir es für das Verkehrteste halten, jetzt die Dach- F i räum e und Kellerräume auszubauen und sie den Ws Arbeiterfamilien anzubieten. D as ist ein Skandal, in M r der heutigen Zeit den Arbeitern diese erbärmlichen B Löcher als W ohnung anzubieten. W ir müssen aus U dieser schlimmen Lage herauszukommen suchen. Ich W- möchte daher bitten, daß der M agistrat mehr dahin strebt, die leerstehenden Läden mit W ohnungen, soweit » > wie irgend möglich, für Wohnzwecke auszubauen. ■ - W enn w ir die S traß en Neuköllns durchwandern, dann ■ ! sehen wir, daß eine ganze Anzahl Läden leersteht. ■ • Die Hausbesitzer haben sovielJnteresse für die Bevölkerung W ' übrig, daß sie es einfach ablehnen, diese R äum e in der L schlechten Periode für Wohnzwecke herzugeben. Das f l j ist jedenfalls darauf zurückzuführen, daß die einzelnen M ' Hausbesitzer, wenn sie Läden zu W ohnungen ausbauen W , und sich einen Zuschuß von der S ta d t geben lassen, I daß sie befürchten, daß ihr Grundstück an W ert ver- I 1 liert. M an weiß, wieweit der Hausbesitzer zu rechnen F versteht, und es ist n u r darauf zurückzuführen, daß der Hausbesitzer diesem Verlangen einen solchen Widerstand entgegensetzt. Nach meinem Dafürhalten müssen alle M ittel angewandt werden, um diese leerstehenden R äum e vorübergehend zu Wohnzwecken so gut wie möglich einzurichten, und diese R äum e denjenigen zur Verfügung zu stellen, die nicht in der Lage sind, eine W ohnung auftreiben zu können. Ich glaube, es gibt noch M ittel, die auf diejenigen Herren angewandt werden können, die sich weigern, die R äum e herzugeben. W ir müssen den W iderstand brechen, den w ir heute aus dem M unde des Herrn S ta d tra t Lindner gehört haben, daß trotz aller Aufforderung sich nur wenige Hausbesitzer bereit finden, und diese nach kurzer Ueber- legung ihr Angebot wieder zurückzogen. Dann müssest eben andere M ittel angew andt werden, um die Herrest zu zwingen, daß die R äum e in dieser schweren Zeit hergegeben werden müssen. Ich möchte ersuchen, daß der M agistrat schleunigst alles dasjenige tut, um dieser W ohnungskalam ität abzuhelfen. W ir haben seinerzeit darauf hingewiesen, wie schwer es bereits vor einem halben J a h r w ar, eine W ohnung zu bekommen; die Zeiten sind noch schlimmer geworden. Ich bin über­ zeugt, wenn der W inter kommt, dann sind die V erhält­ nisse noch schlechter geworden. Ich möchte daher dringend ersuchen, daß in allernächster Zeit das M ög­ lichste getan wird, um diesem Uebel abzuhelfen. S tab tra f L indner: H err S tad tverordneter Schilling hat noch eine besondere F rage an mich gerichtet wegen der anderen Schulen, die vom M ilitär mit Beschlag belegt waren. Ich habe mich an das M ilitärbureaü gewandt und habe von dort die Nachricht bekommen daß sämtliche Schulen mit A usnahm e in der Rütli
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.