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Volume 28. März 1919

Full text: Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten zu Neukölln (Public Domain) Ausgabe 1919 (Public Domain)

den Kindern wieder zurückgegeben wird, den Kindern, denen sie gehört und zw ar unter allen Umständen (Bravo). S tadtv . G erm elm ann (Dt. dem. P arte i): Ich halte sowohl die W ohnungs- wie die F rage der N otstands­ arbeiten für die dringendsten F ragen, die der B ildung einer besonderen Kommission bedürfen, und zw ar so schnell a ls möglich, denn je dringender die F ragen sind, um so energischer m uß eingegriffen werden. Zunächst kann die W ohnungsnot endgültig nur beseitigt werden m it Hilfe der Regierung und innerhalb G roß-B erlins. E s müssen zunächst statistische Erhebungen angestellt werden, wieviel R äum e jetzt benutzt werden für ge­ werbliche und geschäftliche Zwecke, für Werkstätten und für Etagengeschäfte. S ie würden staunen, wenn S ie die endgültige Z ahl vernehmen würden. Biele taufende ausw ärtiger F irm en sind durch den Krieg veranlaßt worden, ihre B ureauräum e hier in B erlin zu eröffnen. Diese B ureauräum e haben sie nicht in Läden oder in B ureauhäusern, sondern in Privatw ohnungen er­ richtet. Nach unserer Auffassung ist diese Z ahl in N eu­ kölln nicht so groß, aber in den anderen S täd ten ist diese Z ah l eine ganz ungeheure. — Die Regim enter sind doch seit langem auf einen S tan d heruntergebracht worden, der kaum der Bataillonsstärke entspricht, und da w ären 2/a sämtlicher Kasernen doch eigentlich frei für andere Zwecke; für Wohnzwecke sind selbstverständ­ lich die Kasernen nicht geeignet, aber wohl für B ureau ­ räum e. M an hätte es mit Hilfe der Regierung, und wenn m an dem M agistrat Vollmacht übertragen hätte, es sehr wohl machen können, daß viele B ureaus in die Kasernen verlegt wurden, die sich prachtvoll dazu eignen. Ich will absehen von den juristischen B ureaus; S ie wissen ja alle, daß fast sämtliche juristischen B u reau s sich in Privatw ohnungen befinden. Aber alle diese R äum e, die früher, wo es genügend W ohnungen gab, für Bureauzwecke benutzt wurden, hätten recht­ zeitig frei gemacht werden müssen, denn w ir haben doch alle schon vor einem halben Ja h re gewußt, welche W ohnungskalam ität eintreten würde. V or allen Dingen sind schuld auch an dem W ohnungsm angel die Kriegs­ gesellschaften, die ja ganze Häuserblocks m it ihren B u reau s belegt haben, und die meisten Kriegsgesell­ schaften sind ja doch heute vollständig überflüssig. Die Kriegsgesellschaften hätte m an in den Kasernen unter­ bringen sollen, dann w ären Hunderte von Häusern für Wohnzwecke freigeblieben. N un möchte ich zu Neukölln besonders übergehen. W ir haben in der vergangenen Sitzung gehört, welche Schritte getan sind, um der W ohnungsnot zum 1. April abzuhelfen. Aber m ir haben alle die Empfindung gehabt, daß das viel zu spät kommt, und diesen V or­ w urf kann ich dem M agistrat und der früheren S ta d t­ verordnetenversam m lung nicht ersparen, daß sie mit den notwendigen Schritten viel zu spät eingesetzt haben; es hätten bereits vor 4— 5 M onaten Schritte in dieser Richtung unternom m en werden müssen, um der W oh­ nungsnot zu steuern. — H err S ta d tra t Lindner sagte uns, daß gesetzliche H andhaben fehlten, um eventuell Besitzer von Läden usw. zu zwingen, den Forderungen oder Anordnungen des M agistrats zu entsprechen. Hier hätte die Regierung ein Notgesetz erlassen müssen und hätte dem M agistrat eben die Handhabe dazu geben m ü sse n ............................................................................................ daß die Baracken in Holz- oder Blechausführung nicht in Ih r e r Absicht lagen. W er aber von Ih n e n die B auausstellung für sparsame Bauweise besucht hat, wird unter den wenigen Dingen, die wirklich wertvoll waren, eine gefunden haben, und das ist der Zementstein. Dieser Zementstein hat sich außerordentlich bewährt. H ieraus hätten auf Gelände, das vielleicht in 10 Jah ren baureif wird, ganz gut billige Reihenhäuser erbaut werden können. Ich komme auf diesen Punkt noch zu­ rück bei dem Punkt „N otstandsbauten", weil dies gerade auch eine Sache w ar, wo m an Tausende von Leuten im W inter über bei milder W itterung hätte beschäftigen können, um solche S teine herzustellen. W enn m an es so einrichtete, daß sämtliche andern Erfordernisse, wie T üren, Fenster, Balken usw. in norm alen V erhältnissen» hergestellt würden, dann könnte m an diese G e g en stän d e* für andere B auten verwenden, es w ären dann k e in e * W erte verloren gegangen. E s tritt aber noch d a sW andere hinzu: Die vielen M illionen, die für A rb e its -8 lofenfürsorge ausgegeben wurden, hätten wenigstens W einen Zweck gehabt und W erte geschafft. L äß t d i e * W ohnungsnot nach, so konnte m an, wenn m an d ieW W ände leicht herausnehm bar einrichtete, größere R äum e m schaffen, die im S om m er auch gut zu Schulzwecken m dienen konnten. Da draußen in freier Lust w äre es D gut möglich, daß während der Som m erm onate eine A Schule nach der anderen vier Wochen lang in diese m luftigen, gesunden R äum e ginge, um dort S chu lun ter-W richt abzuhalten. — Ich habe bereits im Oktober f | Schritte genug in der Oeffentlichkeit unternom m en und H habe auch mit dem H errn Oberbürgermeister seinerzeit m eine Unterredung gehabt, in der ich anregte, die I n - W dustriellen zusammenzurufen und ihre Erfahrungen zu A hören, w as zu tun sei. Leider ist daraus nichts gc- M worden. Ich bilde m ir nun nicht ein, daß ich dam it J | das M aterial, w as die W ohnungsnot anbetrifft, er- H schöpft habe; es sollen nur Anregungen sein. Ich möchte Ih n en ebenfalls vorschlagen, innerhalb Ih re r | Fraktionen die Angelegenheit eingehend zu besprechen ‘ä und in besonderen Kommissionen hierüber zu beschließen I und Vorschläge zu machen; ich halte sogar diese P ro - m jette für geeignet, zur öffentlichen Diskussion gestellt zu M werden und die Bevölkerung zur freiwilligen Beteili- A gung an den Vorschlägen aufzufordern. E s wird zw ar A ein W ust von Vorschlägen eingehen, aber es befinden | sich sehr viel Intelligenzen in der Bevölkerung, so daß 1 sicher eine große Anzahl brauchbarer und annehm barer 8 Vorschläge werden eingereicht werden. D as M ateria l 1 m üßte dann sortiert werden. W ir sind nach meiner 1 M einung nicht dazu da, den M agistrat im m er zu 1 fragen, w as gedenkt er zu tun oder aber seine M aß- 1 nahm en zu kritisieren, sondern w ir müssen uns auch 8 bemühen, ihm mit geeigneten Vorschlägen zu kommen ■ und ihm zu helfen und somit im Interesse der Allgemein- M heit Nützliches zu leisten. S tad tvero rdne ter Volk (B ürger!. Verein.): A ls M it- 1 glied der früheren Kommission zur Bekämpfung der I W ohnungsnot nehme ich Bezug auf die letzten W orte I des H errn Germ elm ann, wo er sagte, er m üßte es 1 dem M agistrat und der früheren Stadtverordneten- 1 Versammlung' zum B orw urf machen, daß sie nicht in W genügender F orm und nicht in dem M aße, wie es sich | gehört hätte, die W ohnungsnot zu m ildern getrachtet 1 hätten. H err G erm elm ann wird vielleicht Gelegenheit | haben, in der Kommission praktisch m it tätig zu sein | und ich glaube, w ir alle würden ihm zu großem Dank 1 verpflichtet sein, wenn er uns die M ittel und die W ege I zeigen würde, auf denen diese W ohnungsnot in erster 1 Linie behoben werden könnte. W ir haben in dieser 1 Kommission alles mögliche erwogen; w ir haben jeden 1 freien R aum , der in unserer S ta d t vorhanden w ar, für 1 uns zu bekommen versucht. W ir haben die Baukosten- 1 zuschüsse in der weitgehendsten Weise bewilligt. Ich 1 möchte nur darauf hinweisen, daß w ir bei einem N einzigen Hause 90 000 M . Baukostenzuschüsse bewilligt 1 haben, die wohl niem als wieder hereinzubekommen 1 fein werden, und lediglich zu dem Zwecke, um dort | 27 W ohnungen zu schaffen. Diese 27 W ohnungen | werden voraussichtlich am 1. J u li bezugsfertig sein. 1 W ir haben weiter alles mögliche erwogen, w as nur | zum Erw ägen möglich w ar. Und mit welchem Resultat? i W ir sind zu dem Schluß gekommen, bedauerlicher- 1 weise, daß infolge der emporgeschnellten Löhne die 1 Einwohnerschaft, die Fam ilien sich nicht m ehr wie sonst 1 mit einer kleinen W ohnung begnügen, sondern daß sie 1 versuchen, sich möglichst zu vergrößern, daß die Fam ilien 1 allgemein m ehr W ohnungsm iete aufwenden und auch § infolge der gestiegenen Löhne aufwenden können und iE infolgedessen die sogenannten Einküchenwohnungen in All Fortfall gekommen sind. D as ist auch die eigentliche v i Ursache für die W ohnungsnot. iVlj
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