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Volume No. 39, 6. Dezember 1928

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1928 (Public Domain)

928 Sitzung am 6. 
Stadtv. Dr. Kawerau (S): Meine Damen und 
Herren! Die Haftung der Rechtsparteien in dieser 
Frage ist überraschend. Im Ausschuß ist gerade die 
Kritik an der Finanzierung von rechts ausgegangen. 
Herr Kollege Panschow hat sich im Ausschuß außer 
ordentlich zurückhaltend und still verhalten. Hier 
plötzlich erklären die Deutschnationalen, sie lehnen 
die Sache ab, man dürfte den Schülern die Sache 
nicht so leicht machen im Leben; es würden sich die 
Eltern nicht finden, die ihre Kinder hinschicken 
könnten. Meine Damen und Herren! Wir haben bei 
allen Landheimen solche Schwierigkeiten, die über 
wunden werden müssen, um die freiwillige Mitarbeit 
der Eltern zu erreichen. Es gelingt aber, wenn man 
sich das zum Ziele setzt, und wird hier, da es sich um 
kleine Schülerziffern handelt, unter allen Umständen 
erreichbar sein. 
Was die Finanzierung betrifft, so muß ich ge 
stehen, überraschten mich die Ausführungen des 
Herrn Kollegen Panschow heute außerordentlich. Es 
ist doch ganz klar, daß hier nicht Ersparnisse eines 
Bezirks vorliegen, sondern Ersparnisse im Zentral 
haushalt. Die Berufsschulen sind doch zentral organi 
siert. Es geht schlecht, daß Ersparnisse aus zen 
trale m Haushalt für Bezirks Unternehmungen 
verwendet werden. Wenn den Herren an der Sache 
selber läge, dann müßten sie doch die Haltung des 
Ausschusses begrüßen, daß wir von der Stadt aus 
großzügig die ganze Sache organisieren wollten, um 
wirklich etwas Ordentliches auf die Beine zu stellen, 
um nicht ein kleines Flickwerk zu leisten. 
Es ist von vornherein gesagt worden, das Pro 
jekt verlange langjährige Ausgestaltung. Es ist ein 
Anfang, der in späterer Zeit mal nach weiterer I 
Ausgestaltung drängt. Die wird auch kommen. Sie 
kann aber nur kommen, wenn wirklich die Kommune 
mit ganzer Kraft dahintersteht. Es kann selbstver 
ständlich nicht so gehen, daß nur für einen Bezirk 
hier etwas allein geschieht, sondern es muß hier von 
der zentralen Verwaltung aus allgemein und in 
großzügiger Weise gearbeitet werden. 
Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß diese 
kleine Vorlage und ihr Schicksal zeigt, wie wenig 
ernst es den Rechtsparteien um einen 
wirklichen pädagogischen Fortschritt zu 
tun ist. 
(Beifall bei den Sozialdemokraten.) 
Stadtv. Merten (D): Ich kann auch nur meiner 
Ueberraschung und Verwunderung Ausdruck geben, daß 
von der Ausschußsitzung bis heute die Stimmung so 
absolut umgeschlagen ist. Um so mehr wundert mich das 
bei unserm verehrten Kollegen Panschow. Ich entsinne 
mich der Beratung im Ausschuß und darf feststellen, 
daß die Vorlage keinen bessereil Vertreter gefunden hat 
als unsern Kollegen Panschow, auch der zuletzt gefaßte 
Beschluß. 
(Zuruf des Stadtv. Panschow.) 
Meine Damen und Herren, um was handelt es sich 
denn? Es handelt sich nicht darum, daß die Resolution, 
die angenommen ist, heute, morgen oder im nächsten 
Jahr durchgeführt wird. Es handelt sich nicht darum, 
daß nun sofort in allen 20 Bezirken solche Wochenend 
häuser entstehen. Wir haben in einem Zeitpunkt, wo 
wir in Berlin dafür kämpfen, Räume für die Berufs 
schule herzustellen, noch ganz andere Sorgen, als Wochen 
endhäuser zu bauen. Das stelle ich mal fest. Von dieser 
Sorge sind wir alle erfüllt, Herr Kollege Timm so gut 
wie ich und meine Freunde. Aber, meine Damen und 
Herren, in einer Zeit, in der die großen deutschen Städte 
diesen Gedanken mit Begeisterung und mit starker 
Initiative aufgreifen, können wir in Berlin nicht zu 
rückstehen. Da muß Berlin zum mindesten einen Ver- 
Dezember 1928. 
such machen, und als Versuch scheint mir das Pausiner 
Objekt außerordentlich günstig zu liegen. 
Nun beschwert sich Herr Panschow darüber: Ja, 
wir haben das in Charlottenburg gewollt, wir haben 
mit großer Wärme das Projekt ausgearbeitet mtd uns 
dafür begeistert, jetzt nehmt ihr es auf die Zentralver- 
ivaltung. —< Auch das ist im Ausschuß ausdrücklich er 
örtert worden, das ist nach meiner Auffassung geklärt 
worden. Wir haben darauf hingewiesen, daß einmal 
die Charlottenburger Kinder vielleicht nicht in der 
Lage wären, das Wochenendhaus ständig zu benutzen. 
Dann liegt der Bezirk Spandau so greifbar nahe, daß 
die Spandauer Kinder beinahe den Weg zu Fuß zurück 
legen können. Das war mit ein Grund für die Ueber 
nahme aus die Zentralverwaltung, damit auch die Nach 
barbezirke genau so an der Einrichtung einen Vorteil 
haben wie Charlottenburg allein. 
Dann sagt Herr Panschow weiter: Ja, wohin 
kommen wir denn, wenn man hier Anstoß daran 
nimmt, daß in einer Schule Ersparnisse gemacht werden? 
Das tötet ja letzten Endes jeden Sparsamkeitstrieb bei 
den leitenden Personen. Wenn er recht hätte, dann 
müßte man für die Wiederherstellung der Vortage sein. 
Aber Herr Panschow darf mir glauben, daß wir genau 
.so wie er eine sparsame Verwendung unserer Etats» 
mittel erstreben. Weitn Ersparnisse gemacht werden™ 
konnten, so ist das ein Beweis, daß an der einen Stelle 
vielleicht zuviel ausgeworfen ist, und so werden die 
Mittel, die zuviel ausgeworfen worden sind, sicher 
wieder an die Kämmereikasse zurückfließen und dem 
nächsten Etat zugute kommen. So fasse ich die Ange 
legenheit auf. Wir tun das also nicht etwa, weil wir 
! den Sparsamkeitstrieb ertöten wollen, sondern weil 
1 wir eine geordnete und reinliche Verwendung der städ 
tischen Haushaltsmittel erstreben. Was für Lehrmittel 
zwecke ausgeworfen worden ist, soll dafür verwendet 
werden. Reichte es nicht, dann haben wir jederzeit 
nachbewilligt. Ist zuviel ausgeworfen, dann muß es an 
die Kämmereikasse zurückfließen. Das halten wir für 
eine geordnete und korrekte Behandlung unserer Haus 
haltsmittel. 
Wir werden in dem Gedanken, daß es sich um 
einen ersten Versuch handelt und daß wir an der Hand 
dieses Versuchs und unserer Beobachtungen für die 
künftige Ausgestaltung dieses Systelus Erfahrungen 
sammeln, der Vorlage zustimmen. 
(Beifall bei den Dem.) 
fl 
Stadtv. Panschow (V): Meine Damen und 
Herren! Die^e Ersparnisfraae ist eine tret wichtigere 
und weitergehende, als sie sich nach den Ausführungen 
des Herrn Kollwen M rteu anbört. Es ist doch tatsächlich 
etwas Eigenartiges: Wenn Ersparnisse gemacht worden 
sind, dann macht man daraus einen Vorwurf und sagt: 
Du darfst das nicht auch ben, du darfst das nicht etwa 
für das nächste Jahr mitverweudeu, sondern du mußt das 
sofort au die Zentrale zurückgeben. 
Meine Damen und Herren! Für mich ist das ganz 
befand rs interessant, denn ich laste vor ganz kurzer Zeit 
Gelegenheit gehabt, in meinem Bezirk eine ziemlich scharfe 
D'ball' über die F'age zu haben: Was wird denn mit 
den Geldern, d'c ich nun ip^r'ä "erwet'e lrer aufbebe, 
die am Jahresschluß dann also nicht verbraucht werden, 
sondern d'c der Zentrale zur Verfügung gestellt werden? 
Ich habe da mich den Gedanken gehört, daß es unrecht ist: 
Du hast di' Mick l bekommen, allo mußt du diese Mittel 
mich ausgaben. Ich erinnere mich daran, das; ich ver 
gangenes Ja^r ans d'efem Grunde, glaube ich, 3 oder 
4000 M. an die Zentrale zurückgeben konnte. Es war mir 
abm bei die'w' Ge’estenSst 'VaM worden: Ja. lieber 
Freund, da bist du aber schön dumm gewesen, in dem 
Bezirk soundso und in dem Bezirk soundso sind diese 
Mittel einfach verteilt worden. Da waren sie da und
	        
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