Sitzung am 25.
Beliebt, so ungeheuerliche Uebertreibungen hier aus-
jufichren, wie es geschehen ist. Wenn Herr Kollege Letz
Bur wenigen Minuten erklärt hat, der Berliner Etat
Mi 1928 sei in jeder Hinsicht unzulänglich gewesen, so
Ist das etwas, was mit den tatsächlichen Verhältnissen
Richt im Einklang steht.
(Zuruf bei den Kommunisten.)
Das; der Etat äußerst abgespannt war, das wissen
Buir alle. Wir haben bei den Etatsberatungen wie auch
Bachträglich bei der Aussprache über den Etat Betont,
Baß uns leider die Finanzlage, wie sie durch den
Minanzausgleich geschaffen worden ist, auf sämtlichen
Mebieteu zur Einschränkung Bis zum Aeußersten ge-
Bwungen habe. Aber man kann doch unmöglich er-
liärcit, daß die Position, um die es sich hier handelt,
Biese 6 Millionen, dazu geführt habe, daß man den
Bauzeit Etat als unrichtig, den Tatsachen nicht ent
sprechend bezeichnen könne. Das ist meines Erachtens
Bitte Uebertreibung, die in keiner Weise gerechtfertigt ist.
Wenn noch über Mängel auf anderen Gebieten ge-
Bprochen worden ist, beispielsweise über Nichtausfüh-
Ivung von Schulbauten usw., so möchte ich an dieser
■stelle ausdrücklich erklären, Herr Kollege, daß auch
■nicht um einen Pfennig bei den Schulbauten gebremst
■ober zurückgestellt worden ist und daß ich als Kämmerer
■stets die Mittel zur Verfügung gestellt habe, die für
■schulbauten im laufenden Etatsjahre angefordert
■worden sind. Wenn manche Schulbauten nicht zur Aus-
Ifiihrung gekommen sind, so kann es sich lediglich darum
Bandeln, daß die Projekte nicht rechtzeitig haben fertig-
Bestellt werden können. Irgendwelche Gründe des
»Etats haben damit nichts zu tun.
Stadtv. Letz (K): Meine Damen und Herren!
»Ich muß schon sagen, daß der Herr Kämmerer in
[jeinen Aeußerungen, die meiner Rede folgten, die
[Sache, glaube ich, nicht vom richtigen Standpunkt
[beurteilt hat. Er sprach nämlich immer nur von
|(i Millionen Abstrichen. Meine Damen und Herren,
diese 6 Millionen waren ja nur der letzte Schnitt,
der bei der Etatsberatung vorgenommen wurde.
Die Anforderungen, die seitens der Bezirksämter
erfolgt sind, sind, soviel ich mich erinnere, ungefähr
64 Millionen höher gewesen als der Betrag, der
Itatsächlich in den Etat eingesetzt worden ist. Ich
erinnere daran, daß von dieser Stelle aus der
Herr Oberbürgermeister gegen die weitere Streichung
bei Straßenbauten protestiert hat.
(Stadtv. von Jecklin: Sehr richtig!)
Meine Damen und Herren! Ich glaube, diese
! Tatsachen, die man hier aneinanderreihen kann,
zeigen allein, wie sehr wir rech)- haben, wenn wir
sagen, daß dieser Etat in jeder Hinsicht unzulänglich
war. Weiterhin beweisen dies die Vorlagen, die
inzwischen gekommen sind. Wir haben doch erst
vor einigen Tagen eine Vorlage von etwas über
7 Millionen für Straßenbauten nachbewilligt. Jetzt
kommen wieder Nachbewilligungen. Ja, meine Damen
und Herren, wir sehen schon ein, daß diese Straßen-
ßanten notwendig sind. Wir wollen auch nicht die
erforderlichen Straßenbauten, die heute auf der
Tagesordnung stehen, in irgendeiner Weise durch
Nichtbewilligung der Vorlage unmöglich machen.
Aber das eine Recht steht uns zu, der Etatsmehrheit
zu zeigen, daß sie ihren Etat das letzte Mal in un
verantwortlicher Weise ohne Rücksicht ans die Be
dürfnisse der Stadt Berlin zusammengehauen hat
und daß man jetzt in der Zwischenzeit einsehen
mußte, daß nach dem Etat und mit den Mitteln,
die durch den Etat bewilligt wurden, die Geschäfte
der Stadt Berlin für das Jahr 1928 eben nicht
zu führen waren.
Vorst. Hatz: Die Beratung ist geschloffen. Wir
haben zunächst über den Zusatzantrag der Herren Lü-
Oktober 1928. 787
dicke, Dethleffsen, von Jecklin und der übrigen S Mit-
glieder der Deutschnationalen Fraktion abzustimmen.
Ich verlese den Znsatzantrag noch einmal:
„Wir beantragen, den Magistrat zu ersuchen, der
Stadtverordnetenversammlung die noch ausstehenden
Forderungen von Mitteln für Straßenbaukvsten des
laufenden Jahres in einer sie alle umfassenden Vor
lage mit einer Deckungsvorlage zu unterbreiten, die
auch die Deckung der auf den Haushalt 1929 ver
wiesenen bereits bewilligten Straßenbaukosten für
1928 aus laufenden Einnahmen dieses Jahres vor
sieht."
Wer für diesen Zusatzantrag der Dentschnationalen
Fraktion ist, bitte ich, eine Hand zu erheben.
(Geschieht.)
Ich bitte um die Gegenprobe.
(Geschieht.)
Das letztere ist die Mehrheit. Ter Antrag ist abgelehnt.
Wer nun dem Beschluß des Haushaltsausschusses
zustimmen will, die Vorlagen 7—10 anzunehmen, den
bitte ich, eine Hand zu erheben.
(Geschieht.)
Das ist die Mehrheit. Die Vorlagen sind verabschiedet.
Wir kommen nun zu Punkt 12 der Tagesordnung:
II. Beratung des Antrages der Stadtv. Kinscher und
Kollegen, betr. Streichung bezw. Ermäßigung der
Kosten für neuanzulegende Hausanschlüsse der
„Bewag" — Drucks. 286 it. 781 —.
Berichterstatter ist Herr Kollege Gnadt. Ich erteile
ihm das Wort.
Berichterst. Stadtv. Gnadt (K): Meine Damen
und Herren! Der Ausschuß hat sich mit dem Antrag
der Herren Kinscher und Parteifreunde eingehend be
schäftigt. Die Antragsteller wiesen darauf hin, daß die
Elektrizitätswerke in der Vorkriegszeit die Haus
anschlüsse kostenlos ausgeführt haben, während heute
160 Jt und darüber für die Ausführung eines solchen
Hausanschlusses in Ansatz gebracht werden. Sie ver
langten, daß wie früher die Anfertigung der Haus
anschlüsse wieder kostenlos durchgeführt werde. Die
Mitglieder des Ausschusses waren der Meinung, daß
diese Forderung zu weitgehend ist, daß es aber wohl
notwendig sei, eine Nachprüfung der Kosten für die
Hausanschlüsse eintreten zu lassen, weil es nicht zu ver
antworten ist, daß höhere Kosten in Rechnung gestellt
würden, als die „Bewag" tatsächlich aufzuwenden
habe. Es wurde auch darauf hingewiesen, daß, wenn
der Aufsichtsrat die Berechtigung dieser Kostenaufrech
nung nachprüft, dann auch gleichzeitig nachgeprüft
werden müsse, ob es nicht möglich sei, endlich die allge
meinen Elektrizitätstarife einer Prüfung und einer
Aenderung zu unterziehen. Es wurde vor allen Dingen
darauf hingewiesen, daß die jetzige Grundgebühr, die
die Kleinabnehmer außerordentlich belastet, in abseh
barer Zeit geändert werden müsse.
Der Ausschuß schlägt Ihnen folgende Beschluß
fassung vor:
In Erledigung des Antrages des Stadt
verordneten Kinscher ersucht die Versammlung den
Magistrat, der Berliner Elektrizitätswerke-Aktien-
gesellschaft nachstehenden Antrag als Material zu
überweisen:
Die „Bewag" möge unverzüglich an eine neue
Prüfung, betr. die Kosten für neu anzulegende Haus
anschlüsse, eintreten und dabei weiter prüfen, ob die
Möglichkeit besteht, eine Ermäßigung der Haus
anschlußkosten dadurch zu erreichen, daß die Etats-
kosteu für Reklame entsprechend reduziert werden,
weil die verbilligten Hausanschlußgebühren auch ein
Werbemittel zur Einführung elektrischer Beleuch
tung sind.
Dieser Antrag ist im Ausschuß einstimmig angenommen
worden, und ich bin verpflichtet worden vorzuschlagen,
daß auch Sie hier diesem Antrage zustimmen.