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Volume No. 32, 18. Oktober 1928

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1928 (Public Domain)

708 Sitzung nm 18 
daß man dieses Fleisch, welches für die Aermsten 
bestimmt ist, welches für die minderbemittelte Be 
völkerung bestimmt ist, sv billig wie möglich ver 
kauft. Darum müssen wir den Privathandel aus 
schalten. Die Sozialdemokratie aber sanktioniert 
dieses System, sie wünscht die Beteiligung des Pri 
vathandels. Die Sozialdemokratische Fraktion tritt 
also dafür ein, daß 175 000 M an den Privathandel 
verschenkt werden. Unsere Auffassung ist die, daß 
man städtische Verkaufsstellen schaffen muß, daß man 
in Berbindung mit der Konsumgenossenschaft diese 
Verkaufsstellen ins Leben rufen muß, und aus diesem 
Grunde ist unser Antrag absolut berechtigt. Wenn 
Sie glauben,- hineinkonstrilieren zu können, daß die 
Konsumgenossenschaft das Fleisch nur an ihre Mit 
glieder verkaufen kann, so haben Sie selbst im Aus 
schuß erklärt, daß man heute leider keine Kon 
trolle hat, ob das Fleisch tatsächlich in die Hände der 
minderbemittelten Bevölkerung kommt. Sie wiesen 
selber im Gegensatz zu Ihren heutigen Ausführungen 
im Ausschuß darauf hin, daß Kreise, die man nicht 
als minderbemittelt bezeichnen kann, in den Genuß 
dieses Fleisches kommen. Gerade die Konsum 
genossenschaft ist eine Organisation, die zusammen 
gesetzt ist aus den werktätigen Schichten der Berliner 
Bevölkerung. Darum muß man dafür eintreten, daß 
in Verbindung mit der Berliner Konsumgenossenschaft 
dieses Fleisch verkauft wird. Aber der Herr Kollege 
Arndt hat gesagt, daß ja früher der private Handel 
14 Millionen Mark Gewinn erzielt hat und daß dieser 
heute auf 175 000 M reduziert ist. Wir sind der 
Auffassung: Beseitigen Sie auch diesen Gewinn für 
den privaten Handel und übergeben Sie der Stadt 
Berlin den Vertrieb dieses zollfreien Gefrierfleisches, 
damit die Bevölkerung zu billigem Gefrierfleisch 
gelangen kann. 
Meine Damen und Herren! Die Sozialdemo 
kratische Fraktion hat erklärt, daß sie dieses System 
begrüßt, und in den nächsten Wochen und Monaten 
werden wir ja sehen, wie dieses System sich weiter 
auswirkt. Wir werden dann sehen, daß man noch 
höhere Gewinne erzielt und daß Sie dann nachher 
selbst erkennen werden, daß Sie dazu die Ver 
anlassung gegeben haben, daß der private Handel 
aus Kosten der Aermsten der Bevölkerung sich be 
reichert. 
(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Iß mehr 
Obst, dann wirst Du gesund!) 
Stadtrat Busch: Meine Damen und Herren! 
Als wir diese Gesellschaft im Anfang Mai dieses 
Jahres gegründet haben, hatten wir unsere guten 
Gründe dazu. Nachdem wir aber jetzt ein Viertel 
jahr auf ihr Bestehen zurückblicken und die Er 
fahrungen abschätzen können, die diese Gesellschaft 
gemacht hat, müssen wir sagen, daß dieser Weg der 
einzig richtige war. 
Meine Damen und Herren! Wir sind nur den 
gesetzlichen Vorschriften gefolgt, die der Herr Er 
nährungsminister erlassen hat und die uns vor 
schreiben, daß wir tunlichst und in erster Linie die 
privaten wirtschaftlichen Vereinigungen hierzu zu be 
nutzen haben. Das ist geschehen. 
Nun regt sich Herr Wisnewski darüber auf, 
daß ein Gewinn von etwa 175 000 M> in der bis- ' 
herigen Zeit des Bestehens der Gesellschaft erzielt ist. 
Ja, meine Damen und Herren, Sie müssen aber auch 
die Ziffern kennen lernen, die diesem Gewinne gegen 
überstehen. Wir haben vom 7. Mai bis 15. Oktober 
2 996 000 kg Gefrierfleisch durch diese Gesellschaft 
bezogen, was einem Marktwerte von 8 300000 M 
entspricht. Auf diesen 3 300 000 Ji liegt also ein 
schwebender Gewinn von 175000 J6, d. H. etwa 5 3 A°/o. 
Aber nur ein schwebender Gewinn, meine Herren, 
denn dieser Gewinn ist gewissermaßen ein Reserve- 
. Oktober 1928. 
fonds, um überhaupt den Preis ständig zu regulieren 
.(Stadtv: Merten: Sehr richtig!) 
Ich kann natürlich nur regulieren, wenn ic 
Reserven habe, ich kann aber niemals reguliere» 
wenn ich nur 21000 M Gesellschaftskapital habe. De 
ist also ein Sicherheitsfonds im besten Sinne de 
Wortes, und ich glaube nicht, daß er einmal verteil 
werden wird oder später in der Bilanz erscheine 
wird. Warten Sie erst einmal ab, bis das erst 
Jahr der Gesellschaft um ist, und dann werden iti 
uns darüber zu unterhalten haben, was noch da ist 
Sie dürfen nicht vergessen, daß diese Gesellschas 
enorme Abschlüsse direkt mit den Packern macht, da 
sie aus 6 Wochen manchmal vorkauft und daß bor 
ganz erhebliche Risiken in den Schwankungen de 
Preise liegen. Für solche Schwankungen muß sj 
Risikofaktoren haben, und wenn sie diese 175 000 i 
wirklich als schwebenden Gelvinn hinter sich hat, st 
freuen wir uns darüber. Aber kritisieren Sie h 
bitte nicht im voraus, sondern erkennen Sie das eil« 
Tüchtigkeit der Direktion an. 
Meine Herrschaften! Ich möchte mich nur ait 
diese wenigen Bemerkungen beschränken. Es ist st 
alles von den Herrn Vorrednern nach jeder Richtu»| 
hin beleuchtet worden. Ich bitte Sie also, dies 
Gefrierfleischgesellschaft in ihrer Konstruktion zu ge 
nehmigen. 
Vorst.-Stellv. Meyer: Weitere Wortmeldungei 
liegen nicht mehr vor. Die Aussprache ist ge 
schlossen. 
Es liegt gegenüber dem Ausschußantrage de 
Antrag der Kommunistischen Fraktion vor: 
„Die Stadtverordnetenversammlung beschließt 
Der Magistrat wird ersucht, im Einvernehme! 
mit der Konsumgenossenschaft Berlin den Verlern 
des zollfreien Gefrierfleisches zu übernehmen." 
Ich bitte diejenigen Mitglieder der Bersamm 
lung, die diesem Antrage zustimmen wollen, di 
Hand zu erheben. 
(Geschieht.) 
Das ist die Minderheit. Der Antrag ist ab 
gelehnt. 
Ich bitte dann diejenigen Mitglieder der liier 
sammlung, die dem Ausschußantrage zustimme! 
wollen, eine Hand zu erheben. 
(Geschieht.) 
Das ist die Mehrheit. Der Ausschußantrag i 
angenommen. 
Wir kommen dann zu Punkt 9 der Tage 
ordnung: 
II. Beratung der Vorlage, betr. grundsätzliche Zu 
stimmnng zu dem Bauprogramm für die Städti 
scheu Elektrizitätswerke bis zum Jahre 1932 tin 
Bewilligung einer 1. Rate von 12 Million« 
Reichsmark für das neue Bauprogramm für 1921 
aus Anleihemitteln — Drucks. 694, 778 b im 
806 —. 
Berichterstatter ist Herr Stadtv. Friedrich Lang! 
(Stadtv. Schalldach: Herr Lange ist nicht da. Er 
verzichtet!) 
Der Herr Berichterstatter verzichtet. 
In der Aussprache hat das Wort Herr Stad!» 
' Dethleffsen. 
Stadtv. Dethleffsen (DM): Meine Damen u» 
Herren! Meine politischen Freunde haben sich e»! 
schlossen, in Uebereinstimmung mit ihren Vertreter 
im Haushaltsausschuß der Magistratsvorlage zuz: 
stimmen. Leicht ist ihnen dieser Entschluß nicht fl( 
worden. Die Bewilligung eines Banprogramm! 
dessen Durchführung die Aufnahme von Anleihen i 
Höhe von mehr als 300 Millionen erfordert, bei 
trägt sich schlecht nicht nur mit der gegenwärtig« 
gespannten Finanzlage der Stadt, sondern auch ms
	        
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