752 Sitzung am 18.
ich Ihnen unterbreiten, und es wirb Ihnen freistehen,
ab Sie genehmigen tvollen oder nicht. Dem Kassandra-
Ruf des Herrn Kollegen Krautzpaul kann ich nicht so
ohne weiteres beipflichten. Ich bin ehrlich bestrebt, die
Kleingärtner 31t schützen. Ich denke mir, das; im aller
äußersten Falle die Herrschaften mindestens noch 8 bis
10 Jahre auf dem Gelände bleiben können. Wenn sie
früher herunter müssen, werden sie entschädigt, und
zwar durch die Jüdische Gemeinde. Das ist die
Finanzfrage.
Ich glaube sehr wohl, für die Kleingärtner eine
befriedigende Lösung zu finden, und daß auch die
städtebaulichen Belange geschützt werden, ist selbstver
ständlich. Ich lasse darüber überhaupt nicht mit mir
reden.
Stadtv. Kruczkowski (VS.Gr.): Meine Damen und
Herren! Für meine politischen Freunde und für mich
ist das Verlangen der Jüdischen Gemeinde und der
Wunsch des Polizeipräsidenten kein Wunder. Wenn
eine andere Glaubensgemeinschaft — abgesehen von der
jüdischen — ein derartiges Verlangen stellen würde, so
würde es rundweg abgelehnt werden. Sie haben hier
wieder einmal einen eklatanten Beweis dafür, daß die
jüdischen Mitbürger nicht nur Gleichberechtigung, son
dern Vorberechtiguug für sich in Anspruch nehmen.
(Gelächter links.)
Stadtv. Faust (DN): Ich hätte nicht geglaubt,
daß Herr Stadtrat Busch hier mit einer Hand
bewegung die ganze Kleingärtnerfrage abtun würde.
Meine Damen und Herren, es ist doch so weit, daß
von einigen städtischen Dienststellen Kleingarten-
gebiete rücksichtslos in Anspruch genommen werden
und daß man dann, wie hier, mit einer Hand-
bewegung sagt: die Kleingärtner werden disloziert,
werden entschädigt. Wenn es aber einmal soweit
kommt, wie z. B. bei dem ganzen Terrain der
Wohnungsfürsorgegesellschaft in der Kissingenstraße
in Pankow, dann zahlt weder die Wohnungsfür-
sorgesellschaft noch das Grundstücksdezernat, noch
sonst ein anderes Dezernat einen Pfennig an die
Kleingärtner, die disloziert werden, denen man das
Gelände wegnimmt, die ihre Plantagen abreißen und
sich neue Obstbäume usw. kaufen müssen. Sondern
im heißt es: Kleingärtner hilf dir selbst! Aber, Herr
Stadtrat Busch, wenn Sie sagen, daß die Klein
gärtner entschädigt werden, dann liegt doch in dieser
Behauptung der Entschädigung vor allen Dingen die
Zuweisung neuen Geländes an die Kleingärtner. Da
frage ich nun: Wie denkt der Herr Dezernent über
die Stadtentwässerung? Sind wir denn heute nicht
schon so weit, daß wir das Sieben- bis Achtfache
täglich an Wassermengen auf die Rieselfelder drücken
müssen, sind wir heute nicht schon so weit, daß wir
uns überlegen müssen, zu einer ganz anderen Ver
tilgung des Schmutzwassers zu kommen, weil unsere
Rieselfelder dieses nicht mehr fassen können, sind wir
nicht schon so weit, daß wir uns sagen müssen, wir
können nicht ein Quadratmeter Rieselfeld mehr ent
behren? Und da sagt der Herr Grundstücksdezernent:
Die Kleingärtner werden disloziert, und zwar durch
die Jüdische Gemeinde. Herr Stadtrat Busch, bevor
Sie uns nicht sagen, wo Ersatzgelände für die Klein
gärtner vorhanden ist, glauben wir die Behauptung
von Ihnen nicht. Darauf beruht das ganze System.
Seit 2Va Jahren überlegen wir uns die Ausweisung
von Kleingartendauergelände. Nachdem endlich ein
übereinstimmender Beschluß des Magistrats und der
Stadtverordnetenversammlung zustande gekommen ist,
nachdem man endlich sagen kann: jetzt ist Gelände
mit vieler Not und Mühe bereitgestellt, jetzt können
die Bezirksgartenämter mit den Vorarbeiten für
die Dauerkleingärten anfangen, mit denen sich die
große Millionenstadt Berlin als Volkspark usw. scheu
Oktober 1928.
lassen kann, kommt ein. ganz anderes Dezernat und
nimmt das Gelände wieder in Anspruch, das durch
übereinstimmenden Beschluß beider städtischen Körper
schaften als Dauerkleingartengelände ausgewiesen
worden war. Zeigen Sie uns erst das Ersatzgelände,
Herr Stadtrat Busch, dann läßt.sich darüber reden.
Aber solange Sie Ersatzgelände nicht haben, solange
die Stadtentwässerung nicht zustimmt, solange die
Güterverwaltung den Boden für ihre Rieselfelder
braucht, ans den Sie die Kleingärtner dislozieren
wollen und müssen, solange ist Ihre Behauptung
aus der Luft gegriffen.
Vorst. Haß: Herr Kollege Faust, Sie dürsen
einem Stadtrat nicht nachsagen, daß er die Be
hauptung aus der Luft gegriffen hat!
Das Wort hat Herr Stadtrat Busch.
Stadtrat Busch: Meine Damen und Herren! Ich
muß dem Herrn Vorredner insofern widersprechen, als
mir alles ferner gelegen hat, als die Kleingärtner hier
mit einer Handbewegung abtun zu wollen. Ueber-
treiben Sie doch nicht! Es handelt sich etwa um 150
bis 200 Kleingärtner, die ich zu befriedigen habe, und
ich werde die Lösung finden, und zwar finden mit Ihrer
Genehmigung.
(Zuruf rechts: Busch findet alles!)
Vorst. Haß: Weitere Wortmeldungen liegen nicht
vor. Punkt 5 ist damit erledigt.
Wir kommen zum nächsten Gegenstand. Punkt G
er Tagesordnung:
Anfrage der Stadtv. Lüdirke u. Parteifr., betr. den
baulichen Zustand der 31. Volksschule in der Straße
Alt-Moabit — Drucks. 791
Zur Begründung der Anfrage hat Frau Wetze! das
Wort.
Stadtv. Frau Wetzet (DN): Meine Herren und
Damen! Klagen aus dem Publikum, sowie Notizen in
der Presse und schließlich eine Eingabe des Elternbei
rats an die Stadtverordnetenversammlung machten uns
auf die Mißstände in der 31. Volksschule in Alt-Moabit
aufmerksam. Der Elternbeirat oder vielmehr die ganze
Elternschaft, denn das Ergebnis dieser Beratung der
Elternschaft ist in der Eingabe des Elternbeirats zu
sammengefaßt, beschwert sich nun darüber, datz trotz
wiederholter Anträge bei der Schnldepntation bezüglich
der Instandsetzung des Gebäudes sowie der unhygie
nischen Abortanlage in den letzten Sommerferien
sv gut wie nichts geschehen ist. Es heißt weiter in der
Entschließung, daß die 31. Gemeindeschule in Aerzte-
kreiseu als Seuchenherd bekannt ist und daß der 8. Teil
aller Diphtherietodesfälle im letzten Winter auf diese
Schule entfällt.
Ich habe mir die Schule angesehen und muß
sagen, daß die Beschwerden des Elternbeirats nur
allzu berechtigt sind. Der älteste Teil der Schule ist
im Jahre 1853 erbaut. Die Schule hat Gasbeleuchtung
und Ofenheizung. Das sind natürlich Einrichtungen,
wie wir sie in unseren neueren Schulen nicht mehr
finden.. Wenn man auch aus einem alten Gebäude
kein neues machen kann, sv kann man aber doch ver
langen, daß das Schulgebäude wenigstens sauber ist und
auch sauber gehalten wird. Das Gebäude der 31. Gc-
nieindeschule macht einen ungepflegten Eindruck; die
Wände der Korridorn und Klassenräume sind von
Rauch geschwärzt. Einige Räume sind allerdings
renoviert. Ich möchte da u. a. die Klasse für de»
Kindergarten nennen. Davon hat aber an und für
sich die Schule nichts. Weiter ist die Klasse renoviert
.in der die Todesfälle vorgekommen sind, und dann nod
ein Physikraum. Der Physikranm hat gleichzeitig sehr
schönes neues Inventar bekommen, und es mutet eigen-