682 Sitzung am 4.
Wendung gefunden haben, wie jetzt z. B. 1% Mil
lionen für den Straßenbau.
Davon, daß dies geschieht, müssen wir unsere
Zustimmung für diese Vorlage abhängig machen. Wir
sind keine Gegner des Wohnungsbaues, wir sind auch
in diesem Falle keine Gegner des städtischen Woh
nungsbaues, weil wir uns einer Notlage gegenüber
sehen. Wir sind aber der Ansicht, daß ans dem Wege
des städtischen Wohnungsbaues nicht fortgefahren
werden darf. Herr Kollege Merten hat schon ganz
richtig darauf hingewiesen, wie die Stadt fortgesetzt
gemeinnützige Gesellschaften stützen muß und daß
sie wahrscheinlich in nächster Zeit, die Bauten einer
gemeinnützigen Gesellschaft einfach wird übernehmen
müssen, um ihr Geld zu retten. Meine Damen
und Herren! Es ist meine feste Ueberzeugung, sehen
Sie sich mal die Berliner Siedlungen an: in 10
Jahren werden wir wahrscheinlich für unsere Haus
zinssteuerhypotheken die ganzen Dinger auf dem
Halse haben. Es ist nicht nötig, daß wir uns noch
weiter mit städtischen Bauten belasten, die eben von
der Stadt verwaltet werden müssen.
Wenn Sie sich in den Bezirksetats umsehen, was
für Grundstücksverwaltnng ausgegeben wird, wieviel
Beamte angestellt sind, um die Häuser zu verwalten,
dann können Sic sich ungefähr ausrechnen, was
bei einer solchen Siedlung nachher an Verwaltungs
kosten herauskommen wird, an Verwaltungskosten,
die: niemals in unserm Haushalt und in unserm
Stellenplan so richtig in die Erscheinung treten wer
den, daß man sie im einzelnen nachrechnen kann,
aber von denen ich glaube, daß sie überaus viel
höher sein werden als das, was der Private für
seine Hausverwaltung ausgibt. Deshalb bremsen
Sie, Herr Kämmerer, bei den städtischen Wohnungs
bauten! Im Augenblick scheint es keine andere
Möglichkeit zu geben, als wenigstens dieses zusätzliche
Wohnungsbauprojekt zu bewilligen. Aber darin hat
Herr Kollege Merten unzweifelhaft recht: wir müssen
wieder dazu kommen, daß diejenigen, die dazu be
rufen sind, die Gewerbetreibenden, das private Bau
gewerbe, dazu gelangen, die Häuser zu erstellen, und
daß weder gemeinnützige noch städtische Gesellschaften
damit betraut werden. Erst dann werden wir wieder
zu einem vernünftigen und gesunden Zustand im
Wohnungswesen kommen. Daß darüber noch eine
ganze Reihe von Jahren ins Land gehen, darüber
müssen wir uns klar sein. Das Ziel aber muß im
Auge behalten werden.
Stadtv. Dr. Steiniger (DN): Meine Damen
und Herren! Ich hätte gewünscht, heute auf
das Wort verzichten zu können, aber das Schicksal
will es nicht.
Me i n e. Freund e werden sich zu den An
trägen wie folgt stellen: Sie werden den Antrag
Nr. 12 der Herren Kommunisten zit dem ihrigen
machen, in dem gesagt wird:
,,Die Stadtverordnetenversammlung erblickt in
der Vorlage des Magistrats keinen ernstlichen Ver
such, die Wohnungsnot in Berlin planmäßig zu
beseitigen.
Sie ersucht, einen neuen Entwurf auszu
arbeiten, der den jährlichen Neubau ans 40—50 000
Wohnungen festsetzt."
Das ist natürlich wahrscheinlich ein frommer Wunsch,
aber man kann diesen Wunsch ruhig mal äußern. Im
Zusammenhang damit bitten wir, unsern Vorschlag
unser Ziffer 7 anzunehmen: planmäßiges Programm
für die nächsten fünf Jahre und Heranziehung des
Privatkapitals und des privaten Baugewerbes.
Meine Freunde werden zweitens den Antrag Nr. 10
der Herren Dr. Lohmann und Genossen:
„Wir beantragen Wiederherstellung der Ma
gistratsvorlage"
Oktober 1028.
ablehnen. — Mit dem Rückzug kann ich leider Herrn
Dr. Lohmann nicht dienen. —
(Heiterkeit.)
Wir werden drittens bitten, unsern Antrag Ziffer 4
anzunehmen, ev. Antrag Ziffer 5 der Volkspartei.
Zur Begründung werde ich nachher nichts mehr zu
sagen nötig haben, nachdem Herr Kollege Dr.
Caspari das Nötige schon gesagt hat. Wir werden
viertens bitten, den Antrag Ziffer 0, den wir selbst
gestellt haben, in erster Linie anzunehmen, daß im
Rahmen der Vorlage 0 Millionen für dieses Jahr
bewilligt werden. Verwandt damit ist der Antrag
der demokratischen Herren unter Ziffer 9. Die Bin
düng über das Etatsjahr hinaus möchten wir aber
nicht. Wir werden ferner den Antrag 1 der Herren
Kommunisten Gäbet, Letz und Genossen ablehnen.
Wir werden den Antrag unter Ziffer 8 annehmen,
obwohl uns die Form nicht durchschlagend genug er
scheint für die Erreichung des Zweckes. — Ich werde
darüber noch einige Worte sagen. — Den Antrag
Ziffer 2 wollen meine Freunde annehmen ans grund
sätzlichen Erwägungen, auf die ich noch komme.
Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege
Lohmann — wenn ich ein paar Worte zur Begrün
dung sagen darf — hat u. a. ausgeführt: „die Be
völkerung sieht, daß nach den Fehlschlagen
e t w a s geschehen soll, n n d daß es g e -
s ch e h e n soll unter sozialistischer
Führung." Dazu habe ich die Frage zu stellen:
Kennen wir denn bisher eine andere Führung?
Wenn das nicht der Fall ist, dann wirft Herr Kollege
Lohmann dadurch, daß er einen Gegensatz kon
struiert, doch der bisherigen sozialistischen Führung
vor, daß sie nur mit Fehlschlügen gearbeitet hat.
Wenn er dann selbst bescheiden sagt, daß „etwas"
geschehen soll, so kennzeichnet das Wort schon, daß er
selber nichts Fundamentales in der Sache sieht.
In der Tat-, wenn jetzt 2000 von 100 000 Woh
nungen gebaut werden, dann sind das glücklich 2«/n!
Ich bin im übrigen in der Lage, ihm für die Ver
gangenheit nicht folgen zu müssen. Ich brauche gar
nicht zuzugestehen, daß die Führung — diesmal die
sozialdemokratische — anerkanntermaßen schlecht ge
arbeitet habe. Ich kann es zunächst ziffernmäßig
nicht anerkennen und möchte Sie doch bitten, meine
Damen und Herren, sich die Ziffern für Berlin
einmal gegenwärtig zu halten. Wir haben folgende
Reinzugangsziffern für die letzten Jahre. Unter
reinem Zugang versteht man bekanntlich das, was
übrig bleibt, wenn man von der gesamten Neuher
stellung den Abgang der Altwohnungen, die nicht
mehr brauchbar find, abzieht. Nach dem „Statistischen
Handbuch" haben wir folgende Ziffern: Für das
Jahr 1925 9308, für das Jahr 1926 14 748, für
das Jahr 1927 19 805. Das sind doch an sich ganz
respektable Ziffern, wenn man auch natürlich Herrn
Dr. Lohmann zugeben kann, daß sie nicht auf
sozialistische Führung notwendig zurückzuführen sind,
weil ja die Hauszinssteuermittel da waren. Aber ich
würde als Fraktionsführer doch Anstand genommen
haben, meiner eigenen Regierung derartiges vorzu
werfen. Das Regieren muß doch sehr schwer fein —
mit oder ohne Panzerkreuzer. Meine Damen und
Herren, daß auch diese Ziffern in Berlin gegenüber
den Zuzngszifsern verschwinden, das ist notorisch,
aber beim gegenwärtigen Rechtsznstand ja nicht zu
vermeiden; darüber nachher noch einige Worte.
Hat nun etwa der Herr Kollege Dr. Lohmann
bezüglich der K l e in st w o hn un g e n recht mit der
Behauptung, daß bisher sozusagen nichts geschehen
fei und nun einmal etwas geschehen solle? Ich bin
auch da liebevoll seinen Gedanken nachgegangen. Er
behauptet, es sei „mit der Schaffung von andert-
halben Zimmern" — das richtet sich gegen Sie,
meine Herren Kommunisten — „ein gewaltiger