Sitzung ant 19.
gebahnt w i'i r b e. Für eine solche Hilfe würden
wir besonders dankbar sein.
Mit christbrüderlichem Gruße
die evangelischen Charitepfarrer Deichmann und
Dr. Fenner."
Sv heißt er wohl. —
Das spricht Bände. Die Kirchenbesucher kommen
licht mehr zur Kirche, und nun will man die
krankensäle dazu benutzen. Da müssen Sie
uch gestatten, daß Dissidenten und Freidenker in
iesen Krankensälen sprechen. Ich möchte mal hören,
Deiches Hallo sich erheben möchte bei den Katho
den und Evangelischen, wenn das geschehen würde,
'ir wünschen weder das eine noch das andere. Wir
vünschen, daß die Kranken ihre Ruhe
laben.
(Links: Sehr richtig!)
3emi sie geistlichen Beistand haben wollen, mögen
ic in ein anderes Krankenzimmer oder in die Kirche
efahren werden. Sie mögen dort dem Gottesdienste
ieiiuohnen. Vielleicht ist dann die beschämende Vit
alst, die wiederkommt, nicht mehr ganz so klein,
venn Sie noch ein paar hinfahren.
Stabil). .Koch (DM): Meine Damen und Herren: Die
ielen Worte, die der Herr Kollege Adolf Hoffman»
jemacht hat, lassen sich mit wenigen Worten abtun.
(Zuruf des Stadtv. Hoffntann.)
Zunächst danke ich Herrn Hoffmann, daß er aus
alter Gewohnheit aus einer Zeit, wo er noch Kultus
minister war, hier eine Ansprache von Geistlichen in
vollem Wortlaut vorgelesen hat.
(Stadtv. Hoffmann: Tie aber tief blicken läßt!)
Meine Damen und Herren! Dann möchte ich Herrn
Adolf Hoffmann dafür danken, daß er mich erinnert hat
au das Wort, das er mir seinerzeit 1919 entgegen-
gerufen hat, als ich das erwähnte Zitat gebrauchte:
„Die im Irrtum beharren, das sind die Narren". Ich
habe damals — und nun, Herr Hoffmann, hat die Sache
eine Fortsetzung, die Sie noch immer nicht begriffen
haben — darauf erwidert: „In Jesus Sirach, den Sie
so gut kennen, steht geschrieben: Die Weisen tragen
ihren Mund im Herzen, aber die Narren tragen ihr
Herz im Maule!"
(Stadtv. Fritz Lange: Und die Dentschnatioualen
in den Hosen!)
(Große Heiterkeit. — Zuruf des Stadtv. Hoffmann.)
(Zuruf bei den Komm.: Sie kommen in den Himmel!)
(Zuruf: Da steht auch: „Selig sind die, die geistig
arm sind"!)
Und NUN, meine Damen und Herren, zur Sache.
Früher hielt Herr Hoffmann eigene Reden, auf die
cs sich verlohnte, zu antworten- Heute hält er Vor
lesungen aus Schriften von Geistlichen.
Aber auf eins muß ich ihm doch erwidern, was
einer der Vorredner auch schön hervorhob. Es scheint
Sie von der Sozialdemokratie doch ganz gewaltig zu
kränken, daß die Deutschnationalen in Neukölln seiner
zeit dafür gestimmt haben, daß Herr Dr. Schminke zum
medizinischen Vertreter des Bezirksamts gewählt wor
den ist. Meine Damen und Herren! Wir Deutschnatio-
»alen haben uns immer auf den Standpunkt gestellt,
daß die Aemter beim Magistrat und in den Bezirks
ämtern, zu denen Qualifikation und Kenntnisse gehören,
mit beruflich vorgebildeten Personen besetzt werden
müssen. Hier handelte es sich um die Leitung von
3 großen Krankenhäusern. Wir hatten die Wahl
zwischen einem Sozialdemokraten und einem Kommu
nisten. Meine Damen und Herren, ich muß Ihnen
sagen, unsere Neigungen sind weder für die Sozial-
Jannar 1928. 39
demokraten noch für die Kommunisten erheblich stark.
Wir können sogar nicht einmal sagen, wer uns ferner
steht, die Kommunisten oder die Sozialdemokraten. Da
nun aber einer von beiden gewählt werden mußte,
haben wir nach einem Vorgänge, der sich in einem
andern Bezirk auch einmal zugetragen hat, den Fach
mann gewählt, den die Kommunisten stellten, statt eines
Krankenkassenbeamten, den die Sozialdemokraten als
Fachmann zur Leitung der 3 Krankenhäuser präsen
tierten. Also überlassen Sie das uns; es war das für
uns nur eine Frage des Geschmacks.
(Stadtv. Mühlmann: Wie Bileams Esel zwischen
beiden Heuhaufen!)
— Reden S i e doch nicht von Bileams Esel, Herr
Lange. —
(Stadtv. Fritz Lange: War ja der „dove"
Mühlmann!)
(Große Heiterkeit.)
Was endlich die Behauptungen von mir, betr. den
Bezirk Mitte, anbelangt, so halte ich das aufrecht, was
ich gesagt habe, da mir von glaubwürdiger Seite die
Vorgänge so geschildert worden sind. Darum, meine
Damen und Herren, handelt es sich ja überhaupt nicht.
Sie sind in allen Ihren Reden von der Hauptsache
abgewichen, um die es sich für uns handelt. Für uns
handelt es sich um eine Weltanschauungsfrage. Für
uns handelt es sich darum, — —
(Bei den Komm.: Um Geldverhältnisse!)
(Stadtv. Fritz Lange: Diese Dreckbriefe wollen Sie
Weltanschauung nennen? Diesen Unflat nennen
Sie Weltanschauung?)
— Meine Damen und Herren! Wir haben gar kein
Interesse daran, festzustellen, ans welcher Quelle diese
sogenannten Dreckbriefe stammen. —
(Stadtv. Fritz Lange: Ans Ihrer Quelle!)
Für uns handelt es sich darum: Hier stehen die beiden
Weltanschauungen gegenüber, und die Welt ist schon
über ganz andere Bewegungen, die gegen das Christen
tum gerichtet waren, zur Tagesordnung übergegangen
als über diese kirchenstürmerische Bewegung unserer
Zeit, — undanderSpitzederBewegnngen,
über die die Weltgeschichte hinwegge
gangen ist, haben denn doch seinerzeit
andere Geister gestanden als Sie es s i tt d.
Stadtv. Fritz Lange (K): Meine Damen und
Herren! Ich möchte zum Schluß nur folgendes sagen:
Es wurde hier zwischengerufen, daß diese Karten und
Briefe, die ich hier verlesen habe, scheinbar von uns be
stellt worden wären.
(Stadtv. Koch: Wer hat denn das gesagt?)
(Zurufe rechts.)
— Das ist hier behauptet worden. —
(Stadtv. Koch: Von mir?)
Es ist mir in Zwischenrufen zugerufen worden. Es
wurde mir nachher auch darauf gesagt, es wäre merk
würdig, die Briefe seien alle in ein und demselben Stil
geschrieben.
Nun, ich kann Ihnen versichern, die Briefe, die
geschrieben werden, sind alle in einem Stil geschrieben
und sie sind alle von einem Geiste und von einem
Fleische. Das ist nämlich der christlich-nationale Geist,
wenn er wild wird. Ich erinnere nur daran, wie Ihre
Herren Offiziere, als sie uns Rosa Luxemburg er
schlagen hatten, noch vor Gericht von der „Judensan"
gesprochen haben und von dein „roten Schwein", das sie
j in den Kanal geschmissen haben. Ich erinnere nur
I daran, wie jene sauberen christlich-nationalen Feme-