:24 Sitzung am 19.
es in Wirklichkeit. Vielleicht haben Sie sich selbst
davon überzeugt.
Meine Domen und Herren! Es ist geradezu er
staunlich, wenn man in dieses Hans hinaufgeht. Die
Fensterbretter im Trepp enslur haben sich nach der
linken Seite hin um mindestens 3—4 cm durch
gebogen. Alles das ist nicht erst seit heute und gestern,
sondern seit Jahr und Tag der Fall, und immer ist
diesbezüglich nichts geschehen. Hier gibt es meiner
Meinung nach keinen Ausweg. Die Hauser müssen
»abgerissen werden. Es ist gar nichts anderes denk
bar, als hier von Grund ans neue Häuser herzu
stellen..
Heute wird darüber in der Berliner Presse be
richtet — Und das ist meiner Meinung nach das
Wichtigste, denn sonst wäre man vielleicht noch nicht
dazu übergegangen —, das; die Häuser Nr. 17 und
18 gesperrt sind. Gestern in der Mittagstünde bin
ich selbst auf dein Hofe dieser Häuser gewesen und
habe mir die Geschichte angesehen. Ich weiß nicht,
ob der Berliner Polizeipräsident früher oder später
dort gewesen ist. Jedenfalls ist er aber da gewesen,
und in der 3. Etage ist es ihm fast passiert, daß ein
etwa 40 Pfd. schweres Stück Decke — so wird es
wenigstens in den Zeitungen berichtet — ihm auf
den Kopf gefallen wäre.
(Zuruf bei den Kommunisten: Das hätte
Fischer sein müssen!)
Eine Frau, deren Kind in unmittelbarer Nähe war,
hat in dieser kolossalen Erregung dem Herrn Polizei
präsidenten Zörgiebel und Baurat Fischer dann zu
gerufen: „Ich hätte Sie mit meinen eigenen Händen
erwürgt, wenn mein Kind von diesem Stück er
schlagen worden wäre!" Ich glaube, die Aeußerung
dieser Frau hat es mit zustande gebracht, daß nun
der Herr Polizeipräsident zu dem Baurat Fischer
sagte: Hier muß geräumt werden, das geht nicht
mehr so weiter, hier muß eingeschritten werden; mit
diesen Zuständen muß Schluß gemacht werden. —
Ich glaube, das ist der Knalleffekt bei der
ganzen Geschichte. Wäre das nicht passiert, dann
hätte man nichts veranlaßt, trotzdem dort alles auf
Steifen steht. Die Hinterfront ist schon in der
Längsseite durch Eisenträger abgefangen. Außerdem
sind Querträger von Stützen auf Zementklötze an
gefertigt und auch dazwischen mehrere Schrauben
eingesetzt. Wenn eines schönen Tages die Schrauben
nachlassen, dann liegt die Geschichte zu Boden.
Es gibt also hier durchaus keinerlei Ausrede.
Es steht außer allem Zweifel, daß an diesen Häusern
nichts zu retten ist und daß man nicht noch länger
Berliner Bürger in diesen Häusern wohnen lassen
kann. Ich bitte Sie, unserm Antrag Ihre Zu
stimmung zu geben, weil dadurch die Gewähr ge
geben ist, daß unmittelbar für die bisher dort
wohnenden Bürger wirklich etwas getan wird.
. Vorst. Haß: Zur Begründung des dritten An
trages hat Herr Kollege. Dr, Kawerau das Wort.
Stadtv. Dr. Kawerau (S): Meine Damen und
Herren! Nach den Worten des Herrn Vorredners
kann ich mich kurz fassen. Die Angriffe, die gegen
die Banpolizei vorgebracht worden sind, scheinen tat
sächlich begründet zu sein, und es darf hervorge
hoben werden, daß der Bezirk Charlottenburg seit
Jahren auf diese Dinge aufmerksam gemacht hat,
daß der Bezirk Charlvttenburg längst Maßregeln
getroffen hat, um der drohenden Gefahr vorzu
beugen, daß es ja aber ohne einen Eingriff
der Baupolizei nicht möglich gewesen ist, etwas
Entscheidendes zu tun. Denn die. Leute müssen doch
erst durch ein baupolizeiliches Verbot die Möglich-
. Januar 1928.
feit bekommen, aus ihren Mietverträgen herauszu
kommen. Wenn sie so ausziehen, müßten sie ja
die Miete weiter bezahlen. Deswegen war es
dringend Zeit, daß endlich einmal dieses baupoli
zeiliche Räumungsgebot ergangen ist.
Ich möchte bemerken, daß schon vor mehreren
Tagen das Bezirksamt Charlottenburg die Miet
parteien befragt hat, ob sie ausziehen wollten. Merk
würdigerweise haben nicht alle Parteien den Wunsch
geäußert, auszuziehen, sondern nur ein gewisser Teil,
und es ist bereits von Charlottenburg mit anderen
Bezirken und mit dem Zentralwohnungsnachweis in
Verbindung getreten worden, um für die Ausziehen
den neue Wohnungen zu beschaffen. Da gilt es,
daß die Bezirke hier einander hilfreich zur Seite
stehen, denn es wird nicht möglich sein, in Char-
lotteuburg selbst sofort alle Parteien unterzubringen.
Es kann aber auch hier gesagt werden, daß
im Bezirk Charlottenbnrg mit größter Beschleuni
gung die im Gange befindlichen Neubauten vor
wärts getrieben werden, daß schon vielleicht in drei
Wochen neue Wohnungen zur Verfügung stehen wer
den, um weitere Mietparteien unterbringen zu
können.
Wir haben den Antrag eingebracht, daß der
Magistrat sofort pekuniär eingreifen müsse, um den
Bewohnern beim Umzuge behilflich zu sein, um
den Ladenbesitzern, die schwer geschädigt sind, unter
Umständen Darlehen gewähren zu können, um mit
größter Beschleunigung wirklich positive Hilfe leisten
zu können.
Meine Damen und Herren! Wir haben weiter
hin den Antrag eingebracht, daß der Magistrat uns
eine Vorlage bringen möge, um die ganze Frage
im Zusammenhange zu erledigen. Wir können nicht
allein Hebbelstraße 17 betrachten. Der ganze Hän
se r b l o ck bedarf einer Neuordnung. Es wird sehr
die Frage sein, ob es sich überhaupt lohnt, ans
diesem Morast neue Häuser zu errichten oder ob
man nicht vielleicht unnütz viel Geld hineinsteckt, ob
es nicht, wie wir es längst in Charlottenburg ver
langt haben, zweckmäßiger wäre, hier einen Grün
platz anzulegen, ob es überhaupt sinnvoll ist, auf
solch einem Boden zu bauen.
, Ich möchte auch hier noch einfügen, daß es
das Eingreifen des Bezirksamtes Charlottenburg ge
wesen ist, das diese in der Oeffentlichkeit so be
sprochene Gasgeschichte veranlaßt hat. Auf Ein
greifen vom Bezirksamt ist die Gasgesellschaft dar
auf aufmerksam gemacht worden, sie möchte hier
nachprüfen, und die Nachprüfung hat das Ergebnis
gehabt, daß man abgesperrt hat. Das ist gewiß
für die Bewohner sehr unangenehm gewesen, aber
ich glaube, man wird der Gasgesellschaft nachsagen
müssen, bei einigem Verantwortungsbewußtsein
mußte gesperrt werden. Man konnte gar nicht
wissen, wie die Dinge sich gestalten würden, ob nicht
in den Ritzep sich vielleicht Gasmengen halten
könnten, ob nicht durch die Entzündung eines Streich
holzes leicht eine Explosion entstehen könnte, nach
dem das alles gelockert lvar und nachdem man gar
nicht mehr imstande war, sich ein genaues Bild über
die Situation zu machen.
Zum Schluß möchte ich noch hervorheben, daß
es doch angebracht sein wird, daß man das sehr
merkwürdige Verhalten des Oberbaurats Fischer ein
mal etwas unter" die Lupe nimmt. Es ist
s ch l e ch t e r d i n g s tt i ch t verständlich, daß
m a n in i t ei n e r s o I ch e n Langmut diese u
Zuständen gegenübersteht, während man
sonst gar nicht rigoros genug sein kann seitens der
Baupolizei mit Plackereien in Fällen, wo längst nicht
derartige Gefahren auf dem Spiele stehe». Es ist
sehr zu begreifen, daß die Erregung der Bewohner