Sitzung am 29. März 1928. 353
Schreibens von feiten der Verbände gemacht wer
den, daß also eine Auslieferung der Kinder an
diese Verbände erfolgt.
Wir erwarten und hoffen, daß unsere Anträge
aus Streichung dieser Organisationen, die nach
unserer Auffassung keine Berechtigung haben, irgend
welche Wohlfahrt zu betreiben, angenommen werden.
(Stadtv. Koch: Sie haben keine Berechtigung,
Wohlfahrt zu treiben? — Die Berechtigung hat
jeder Deutsche, das Recht muß jeder haben!)
Natürlich hat jeder die Berechtigung. Aber ob wir
dem zustimmen, ob wir ihnen die Berechtigung
geben, unsere Kinder, unsere Bevölkerung wohl
fahrtspflegerisch zu betreuen, ist eine andere Sache.
Diese Berechtigung haben sie von uns nicht.
(Zurufe rechts.)
Die Summen, die hier für die Vereine aufgewendet
werden, würden in städtischen Händen genau das
selbe leisten, cs würde vielleicht noch Besseres ge
leistet, und es würde nicht eine ideologische Be
einflussung der Hilfsbedürftigen stattfinden.
Vorst. Haß: Zu Abteilung 8 sind die Anträge
127—130 eingegangen.
Das Wort hat Herr Kollege Dethtcsssen.
Stabt». Dethleffsen (DM): Meine Damen und
Herren! Die Frau Vorrednerin hat der Deutsch-
nationalen Partei bzw. deren Vertretern int Haus
haltsausschuß den Vorwurf gemacht, daß sie dort
die soziale Gesinnung der Beamtenschaft bestritten
hätten.
Ich muß dazu hier folgendes feststellen:
Ich habe den Sitzungen des Haushaltsaus
schusses mit ganz vereinzelten Ausnahmen — bei
den Gelegenheiten ist der Wohlfahrtsetat nicht be
handelt worden — vom Anfang bis zum Ende bei
gewohnt und kann Ihnen versichern, daß eine dahin
gehende Aeußerung von keinem meiner Fraktions- -
freunde jemals getan ist.
Die einzige Aeußerung, die in Frage kommen
konnte, die dann aber vollkommen entstellt von
Frau Hoffmann-Gwinuer hier wiedergegeben ist,
habe ich getan. Ich habe mich einmal dafür ein
gesetzt, daß man bei der Bekämpfung des Alkohol
mißbrauchs in erster Linie die privaten Vereine
heranziehen solle. .Ich habe dabei gesagt: Ich
konnte mir vorstellen, daß gerade auf diesem Gebiete
private Vereine Besonderes leisten könnten. Sie
setzten sich in der Hauptsache aus bekehrten Trinkern
zusammen und seien ausnahmslos zusammengesetzt,
aus Personen, die sich selber des Alkohols vollständig
enthalten. Diese Leute würden sicher einen größeren
Eindruck auf diejenigen machen, die sie betreuen
sollten und die sie bekehren sollten, als ein Be
amter, dem man doch nicht, wenn er in eine Stelle
versetzt würde, wo seine Aufgabe sei, die Trunksucht
zu bekämpfen, gleichzeitig auferlegen könne, daß er
sich jeden Alkoholgenusses zu enthalten habe.
Das habe ich gesagt, nicht ein Wort mehr. Und
das, meine Damen und Herren, halte' ich auch für
richtig, und bin jederzeit bereit, es auch der Beamten
schaft gegenüber zu wiederholen. Sie werden selber
einsehen, daß ein Vorwurf gegen eine Person oder
gegen ihre Leistung damit in keiner Weise verbunden
gewesen ist.
(Bravorufe rechts.)
Stadtv. Merckel (DM): Meine Damen und
Herren! Nur eine ganz kurze Bemerkung: Frau
Kollegin Hoffmann-Gwinuer hat hier von einem
Krankenhause gesprochen, wo die Ratten mit Kinder
leichen gefüttert würden. Ich glaube, Frau Hoff
inann-Gwinner hat mit dieser Aeußerung einen Maß
stab gezogen, wie er besser und treffender nicht ge
geben werden konnte und wie er hoffentlich an alle
ihre Ausführungen und Reben angelegt werden wird.
Daß solche Sachen in allen Betrieben überhaupt un
möglich sind, das weiß Frau Hoffmann-Gwinuer
selber.
Vorst.-Stcllv. Degner: Die Rednerliste ist er
schöpft. Die Beratung ist geschlossen.
Wir kommen dann zu
Kap. VII Abt 1 — Unterstützungswesen (Be
zirke» —.
Die Berichterstatter verzichten. Keine Wort
meldung. Die Beratung ist geschlossen.
Wir kommen dann zu
Kap. Vit, Abt. 2 — Jugendwohtfahrt (Be
zirke, —.
Hierzu die Anträge 131—133.
Die Berichterstatterin verzichtet. Wortmeldun
gen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen.
Wir kommen dann §it
Kap. VII Abt. 3 — Obdach (Bezirke» —.
Keine Wortmeldungen. Die Beratung ist ge
schlossen.
Dann
Kap. VI», Abt 4 — Aufwendungen für Vereine
(Bezirke» —.
Hierzu der Antrag 134. Keine Wortmeldungen.
Die Beratung ist geschlossen.
Wir kommen daun zu
Kap. VII, Abt 5 — Sonstige Wohlsahrtseinrichtun-
gen (Bezirke» —.
Keine Wortmeldungen. Die Beratung ist ge
schlossen.
Dann kommt
Kap. XIX. Abt. 1 — Gewinnbringende Betriebe in
Gesellschaftsform —.
Hierzu die Anträge 135—142. Für die General
debatte gilt eine Redezeit von 10 Minuten. Als
erster Redner hat Herr Stadtv. Deter das Wort.
Stadtv. Deter (K): Wir haben zu dem Kapitel
„Städtische Werke" wieder den Antrag gestellt, daß
die städtischen Gesellschaftsbetriebe und die gemischt
wirtschaftlichen Betriebe in kommunale Verwaltung
übergeführt werden sollen.
(Stadtv. Hake: Sie sollten ausgelöst ’ werden!)
— Ja nach Ihrer Meinung. Ich glaube aber,
daß Sie sich eher auflösen werden, als die städtischen
Werke. — ' . .
Wir sind der Auffassung, daß diesem Antrage
unbedingt zugestimmt werden muß, aus dem ein
fachen Grunde, weil sich in den letzten Jahren ge
zeigt hat, daß die städtischen Werke und die Gesell
schaftsbetriebe unbedingt in die kommunale Ver
waltung gehören. Die städtischen Betriebe sollen
Musterbetriebe sein. Diese Bedingung erfüllen die
Gesellschaftsbetriebe und die gemischtwirtschaftlichen
Betriebe nicht.
(Stadtv. Krille: Gemischtwirtschaftliche haben
wir nicht!)
— Wir haben gemischtwirtschaftliche Betriebe,
die „Abvag" und die Hochbahn sind gemischtwirt
schaftliche Betriebe, die keine städtischen Gesellschafts
betriebe sind. — Darüber hinaus aber gibt es auch
noch eine Reihe andere. Diese gemischtwirtschaft
lichen und Gesellschaftsbetriebe, die Musterbetriebe
sein sollen, haben nicht diese Bedingung erfüllt.
Dienst ant Kunden sollen die städtischen Betriebe
leisten. Aber das Bestreben dieser städtischen Unter»
nehmnugen ist genau so wie das der kapitalistischen
Unternehmungen: möglichst hohe Gewinne erzielen
und Ausnutzung der Belegschaft, und zum Teil