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Volume No. 13, 27. März 1928

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1928 (Public Domain)

Sitzung am 27. März 1928. 
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hier den besonderen Dank unserer Fraktion auszu 
sprechen. — Ja, Herr Kollege Menz, selbst wenn Sie 
lachen, denn in der Schuldepntation hat ja auch 
Ihre Fraktion erklärt, daß sie für die beiden Denk 
schriften den Verfassern dankt. Daß Sie nachher 
weiter erklärt haben, daß Sie noch viel weitergehende 
Anträge stellen, das versteht sich bei Ihrer Fraktion 
ganz von selbst. 
Ich meine, auch wir sind nicht damit einver 
standen, daß Berlin noch Schulbauten hat, die nicht 
gerade der Reichshanptstadt zur Zierde gereichen. 
Auch wir sind nicht' damit einverstanden, daß die 
weitergehenden Wünsche, die wir in bezug aus die 
Bercitschaftstellnng von mehr Lernmitteln für die 
unbemittelten Schüler haben, nicht erfüllt werden, 
daß diese Dinge nicht besser haben geregelt werden 
können. Aber wir sind wenigstens so vernünftig, 
Herr Kollege Menz, zu konstatieren, 
(Zurufe bei den Kommunisten.) 
daß die augenblickliche Finanzlage der Stadt Berlin, 
die ja wahrscheinlich auch Ihrer Partei, wenn sie 
jemals ans Ruder kommen sollte, die größten 
Schwierigkeiten in den Weg legen wird und mit der 
Sie sich heute abfinden, indem Sie sagen: Ach 
Gott, den Etat machen wir eben nicht mit! es ist 
uns leider nicht gestattet, auf dem Gebiete der Kul 
tur, für das wir immer eingetreten sind, mehr zu 
tun, als eben die Vorlage, die uns im Haushalts 
ausschuß zum Etat gemacht worden ist, zusagt. 
Stadtv. Herzog (DN): Meine Damen und 
Herren! Wir können uns im großen und ganzen 
mit den Ansätzen, die hier im Schuletat für die 
Volks-, mittleren und höheren Schulen stehen, ein 
verstanden erklären. 
(Bei den Kommunisten: Hört, hört!) 
Auch wir hätten natürlich eine Reihe von Wünschen. 
Wir wollen aber das alles, was hier schon gesagt 
worden ist, nicht wiederholen. Die finanzielle Not 
der Stadt zwingt zur Sparsamkeit. Wir könnten 
allerlei Mittel angeben, um unnötige Ausgaben im 
Schulwesen zur Streichung zu bringen. Leider ver 
fügen wir nicht über die notwendige Mehrheit, um 
unsere Wünsche durchzusetzen. Daß aber beispiels 
weise die Summe, die für Versuchsschulzwecke im Etat 
steht, immer nur auf etwas merkwürdige Weise 
zur Verwendung kommt, daß nach dem Empfinden 
meiner Freunde eigentlich noch niemals ein Pfennig 
ausgegeben ist für wirkliche Versuche auf dem Gebiete 
des Schulwesens, wenigstens nicht für Versuche, die 
dem allgemeinen Schulwesen zugute gekommen 
wären, 
(Stadtv. Fritz Lange: Was wäre denn das?) 
(Zurufe.) 
(Bei den Kommunisten: Ueber Beurlaubungen!) 
(Heiterkeit.) 
das ist sehr häufig von uns in der zentralen Schul- 
deputation, leider erfolglos, zur Sprache gebracht 
worden. 
— Herr Kollege, Sie sind ja genau so beurlaubt 
wie ich, und wenn das nicht der Fall sein sollte, 
dann liegt das an Ihnen. — 
(Zuruf des Stadtv. Fritz Lange.) 
Wir haben auch Bedenken dagegen, daß der 
Landschulheimgedanke allzu sehr ausgedehnt wird. 
Es ist zweckmäßig, bei einer solchen Angelegenheit 
doch erst Mal die Erfahrungen von Jahren abzu 
warten, ehe man allzu viel Geld dafür ausgibt. 
Wir haben ein großes Landschulheim in Zossen er 
richtet und dafür auch die Kosten bewilligt, aber 
wir haben im Ausschuß zu unserm Erstaunen hören 
müssen, daß dieses Landschulheim nun nicht mehr 
dem wirklichen Gedanken der Landschulheime ent 
spricht, sondern daß nun wieder ganz andere LnniSei 
schulheime errichtet werden sollen. Wir fürchten cmWto 
dieser Landschulheimgedanke ist etwas Modesach! 
Wenn die Lust an dem Neuen geschwunden (ei! 
wird, dann wird wahrscheinlich auch die Lust bei 
Lehrer und Schüler, die jetzt die Landschulheime te! 
suchen, allmählich schwinden. 
Meine Damen und Herren! Meine Fraktml ( 
hat außerordentlich bedauert, daß die Lehrer be! 
Volks- und höheren Schulen nicht mit in den fteibti! 
scheu Besvldungsplan aufgenommen sind. Sie Habs! 
sich immer als städtische Beamte gefühlt und sitz» 
nun jetzt den übrigen städtischen Beamten gegenübeil 
erheblich benachteiligt worden. 
In der Frage der Anstellung der Junglehrtl 
haben wir . auch in diesem Jahre unsern AntrazM 
erneuert, daß nämlich diejenigen, die schon 7 Jahr,»» 
im Dienste der Stadt sind, endlich angestellt werbt«*' 0 
möchten. Be 
Dann wurde auch angeregt — auch dieser An! 
regung stimmen wir zu —, daß die Pflichtstundei,zahl! 
der Lehrer sämtlicher Schulen herabgesetzt werbt«! 1 
möge. Meine Damen und Herren, wenn man bit! 
Krankheitsstatistik ansieht, wenn man sieht, daß De«! 
Jahr zu Jahr die Mittel für Vertretungskosten er! 
höht werden müssen, obwohl der Magistrat VeriiiÄ 1 
bei einem vierwöchigen Fehlen eines Lehrers üBerl 1 , 
Haupt erst eine Vertretung bewilligt, die kürzere«! 
Vertretungen also trotz der erhöhten Pflichtstunden-! 
zahl von der Lehrerschaft getragen werden müsse«!., 
dann halten wir diesen Zustand auf die Dauer doch! 
nicht für erträglich. ! 
Sehr merkwürdig ist das Verfahren, das bei! 
der Berechnung der etatsmäßigen Stellen vom Bür«! 
des Kämmerers geübt worden ist. Es sind etats-! 
mäßige Stellen, die durch den Tod oder durch Pett-1 
sionierung von Lehrern erledigt waren, einfach gel. 
strichen worden. Nun hat ja der Herr Stadtschulrat! 
im Etatsausschuß zugesagt, daß da Abhilfe geschafft! 
werden soll, aber wir bedauern, daß ein solches Ver-! 
fahren überhaupt vorkommen konnte. Wir sind bet! 1 
Meinung, daß wir wieder zu dem alten Znstam,! 
den wir vor dem Kriege hatten, nämlich zu einer! 
genauen Etatisierung der Stellen, zurückkehren» 
müssen. Es geht auch nicht, meine Damen unb! 
Herren, daß das bisherige Verfahren weiter geübt! 
wird, daß der Stellenetat immer genau von bei! 
wechselnden Schülerzahl — das ist besonders bk-! 
deutlich bei den schwach besuchten Schulen — ab-M 
hängig gemacht werden muß, sondern wir möchten! 
da eine feste Etatisierung der Stellen haben. Erst! 
dann ist ja auch eine Etatsübersicht wirklich möglich! 
Der Auflösung des Provinzialschulkollegiuiim! 
könneü wir unter keinen Umständen unsere Zu*! 
stimmung geben, wenn sich auch gezeigt hat, daß diese! 
staatliche Behörde immer mehr und mehr politisiert! 
wird, wie das ja erst kürzlich wieder bei der Er*! 
| Achtung der Sammelschuleu von uns beobachtet tuen! 
! den fonntd. 
(Zurufe und Lachen links.) ! 
Also wenn wir auch an der Erhaltung dieses Pro*! 
vinzialschulkolleginms kein politisches Interesse! 
haben, so haben wir doch ein starkes sachliches Inter-! 
esse. Wir wollen, daß die Schulaufsicht allein dem! 
Staate verbleibt. Ich meine, wenn gesagt wird, bat)! 
die Stadt Berlin zwar für ihre Schulen das Geld! 
zahle, aber nichts in ihnen zu sagen habe, so ist bori)! 
dem entgegenzuhalten, daß das Geld ans bett Tasche»! 
der Steuerzahler kommt, und daß es also vom! 
.Standpunkt des Steuerzahlers aus ganz gleich,iß'! 
wer die Aufsicht führt. Deshalb sind wir dafür,! 
daß auch die Aufsicht über unsere städtischen Schule»I 
in der Hand des Staates bleibt.
	        
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