Sitzung am 9.
Vorst.-Stellv. Dcgner: Ich bitte den Herrn
Schriftführer, noch einmal das Alphabet zu beriefen.
(Geschieht.)
Die Wahl ist geschloffen.
Wir kehren nunmehr zur Beratung des
Punktes 12 zurück (Bilanzen der Berliner An-
schaffungsgesellschast).
Das Wort in der Debatte hat Herr Stadtb.
Hake.
Stadtv. Hake (W): Meine Damen und Herren!
Herr Obermagistratsrat Schalldach hat mir den Vor
wurf gemacht, daß ich unwahre Behauptungen auf
gestellt habe. Ich muß diesen Ausdruck des Herrn
Schalldach auf das entschiedenste zurückweisen, weil
ich niemals unwahre Behauptungen aufstelle und
auch hier nicht aufgestellt habe. Ich bin nicht in der
Lage, die gedruckten Berichte, die uns zugegangen
sind, zu ändern. In diesen Berichten steht es klar
und deutlich ausgeführt, daß die Unterbilanz
860 000 jK> beträgt und daß durch Falfchbuchungen
ein Fehlbetrag bon 200000 M entstanden ist. Es ist
deshalb ungehörig, daß Herr Schalldach mir an der
Hand des borliegenden Materials den Vorwurf der
Aufstellung unwahrer Behauptungen macht.
Was die Bettstellenfrage betrifft, so hat mein
Freund Wachsen eingehend die Materie behandelt.
Nun sehe ich aber aus.den weiteren Ausführungen
des Herrn Schalldach, daß er jeglichen Geschäfts
sinnes bar ist. Denn, meine Damen und Herren,
Herr Schalldach hat klar und deutlich hier gesagt,
daß nicht die Anfchaffungsgesellschaft für mangel
hafte Arbeit verantwortlich zu machen ist sondern die
betreffenden Handwerker. Das ist natürlich ein Trug
schluß sondergleichen. Will denn die Berliner An
schaffungsgefellschaft nur eine Vermittlungsprobifion
einstreichen und die Verantwortung anderen über
lassen? Das ist jedenfalls im geschäftlichen Leben
nicht Sitte. Derjenige, der den Auftrag übernimmt,
Verlust und Gewinn zu feinen Lasten oerbucht, hat
auch für die Aufträge die Verantwortung boll und
ganz zu übernehmen, nicht aber die kleinen Hand
werker, welche die Arbeiten ausführen.
(Zuruf bei den Kommunisten: Die ehrsamen
Handwerker!)
Ja, die ehrsamen Handwerker,
(Zuruf bei den Kommunisten: Die diesen Dreck
liefern!)
die bielleicht durch die BAG. bei der Anfertigung
der Arbeiten sehr gedrückt werden, die find nicht für
die Anfertigung der Arbeit berantwortlich sondern
die Auftraggeber, hier die BAG.
Meine Damen und Herren! Es ist nicht das
erstemal, daß hier bon Mitgliedern dieses Hauses
darüber geklagt wird, daß sie festgestellt haben, daß
die BAG. ganz horrende Aufschläge macht, um die
Fehlbeträge, wie ich sie angeführt habe, herunter
zuschrauben und zur Abdeckung zu bringen.
Also, meine Damen und Herren, ich glaube, den
Beweis erbracht zu haben, und auch in der Bett
stellen- und Gardinenfrage habe ich bollständig ein
wandfrei gehandelt. Was aber der Kernpunkt bei der
Angelegenheit ist, das ist die borliegende große Un
terbilanz, und ich bleibe dabei, meine Damen und
Herren, daß jeder ordentliche Geschäftsmann ge
zwungen wäre, bei einer solchen Unterbilanz den
Konkurs anzumelden.
(Sehr richtig!)
Nicht so die BAG. Denn Sie wissen es doch alle,
daß es zum Himmel schreit, daß man in dem Lager
der Berliner Steuerzahler und Gewerbetreibenden
sich täglich wundert über ein solches Institut, welches
Februar 1928. 165
nur als Verteuerungsmaschine, als dasjenige In
stitut bezeichnet werden muß, aus dem diese hohen
Fehlbeträge kommen.
Hier möchte ich aber auch an den Herrn Käm
merer die Frage richten, ob er nicht gewillt ist, die
50 Millionen Mark Unterbilanz, die er in feinem
Etat noch hat, die er nicht unterbringen kann,
aus Gesellschaften wie die Berliner Anschaffung^
gesellschaft zu nehmen, wie es ein anderer Redner,
ausgeführt hat. In Wirklichkeit ist es ja doch auch
so, daß die Unterbilanz weit über eine Million be
trägt. Dann ist es ja sehr leicht, aus der städtischen
Anfchaffungsgesellschaft die fehlenden Millionen her
auszuholen;
(Zuruf links: Das Exempel machen Sie
mal bor!)
wenn es bei einer Gesellschaft schon eine Million ist,
dann kommen bei den übrigen sehr leicht die 50
Millionen heraus. Wir bleiben dabei, meine Damen
und Herren, und können unsere Verwunderung nicht
genug zum Ausdruck bringen, daß es überhaupt noch
Befürworter und Verteidiger dafür gibt. Wir find das
ja leider gewöhnt. Es hat doch neulich noch in einem
Ausschuß ein Vertreter der Linksparteien erklärt:
Und wenn die Sache dreimal fobiel Geld kostet, wir
machen es in eigener Regie! — Das ist die Parole
heute, und dem widersetzen wir uns. Deshalb: weg
mit einer solchen Verteuerungsmaschine, weg mit der
BAG.!
Obermagistratsrat Schalldach: Wie Herr Hake
nach den Ausführungen bon Herrn Wachsen feine Be
hauptungen bon borhin noch aufrecht erhalten kann,
ist mir schlechterdings schleierhaft. Er hat borhin die
Anfchaffungsgesellschaft berantwortlich gemacht für
die teuren Bettstellen und für die teuren Matratzen.
Herr Kollege Wachsen hat ihm nun mitgeteilt, was
er borher wahrscheinlich nicht getan hat, daß die An-
schaffüngsgesellschaft gar nicht diese Matratzen ge
liefert habe, sondern die Matratzen find hergestellt
in der Anstalt Buch selbst, und der Preis, der sich
für die Matratze bersteht, ist festgestellt worden, wie
ich es borhin gesagt habe, nach einem Angebot und
einer Offerte des schon mehrfach für die Anschaf-
fungsgesellschaft als Lieferant in Erscheinung ge
tretenen Reichstagsabgeordneten Mollath.
(Zuruf des Stadtb. Hake.)
Bitte sehr, er hat geliefert und liefert auch heute
noch die Matratzen zu demselben Preise. Die Anstalt
Buch stellt sie eigens her, indem sie die Roßhaare
kauft, weil sie angeblich Tapezierer unter ihrem
Personal hat. Infolgedessen kommt die Anfchaffungs-
gesellschaft weder für die Matratzen noch für die Bett
stellen in Frage.
Seine übrigen Ausführungen find deshalb nicht
besser und beweiskräftiger, weil er sie bei jeder
Sitzung und bei jeder Gelegenheit, die sich irgendwie
bietet, immer wiederholt. Widerlegt find sie schon oft,
und es erübrigt sich, auf diese Ausführungen noch
mals einzugehen.
Stadtv. Merckcl (DM): Meine Damen und
Herren! Ich begreife gar nicht, warum eine Aus
sprache über einen ganz offenbaren Mißstand derartig
auf das persönliche Gebiet hinausgeht.
(Zuruf bei den Kommunisten: Mangel an Be
griffsvermögen!)
Ich begreife ferner auch das Geschrei gar nicht. Wenn
Sie schon bei einem Defizit von einer Million
schreien wollen, wie würden Sie dann erst schreien