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Volume No. 7, 9. Februar 1928

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1928 (Public Domain)

Sitzung am 9. 
Vorst.-Stellv. Dcgner: Ich bitte den Herrn 
Schriftführer, noch einmal das Alphabet zu beriefen. 
(Geschieht.) 
Die Wahl ist geschloffen. 
Wir kehren nunmehr zur Beratung des 
Punktes 12 zurück (Bilanzen der Berliner An- 
schaffungsgesellschast). 
Das Wort in der Debatte hat Herr Stadtb. 
Hake. 
Stadtv. Hake (W): Meine Damen und Herren! 
Herr Obermagistratsrat Schalldach hat mir den Vor 
wurf gemacht, daß ich unwahre Behauptungen auf 
gestellt habe. Ich muß diesen Ausdruck des Herrn 
Schalldach auf das entschiedenste zurückweisen, weil 
ich niemals unwahre Behauptungen aufstelle und 
auch hier nicht aufgestellt habe. Ich bin nicht in der 
Lage, die gedruckten Berichte, die uns zugegangen 
sind, zu ändern. In diesen Berichten steht es klar 
und deutlich ausgeführt, daß die Unterbilanz 
860 000 jK> beträgt und daß durch Falfchbuchungen 
ein Fehlbetrag bon 200000 M entstanden ist. Es ist 
deshalb ungehörig, daß Herr Schalldach mir an der 
Hand des borliegenden Materials den Vorwurf der 
Aufstellung unwahrer Behauptungen macht. 
Was die Bettstellenfrage betrifft, so hat mein 
Freund Wachsen eingehend die Materie behandelt. 
Nun sehe ich aber aus.den weiteren Ausführungen 
des Herrn Schalldach, daß er jeglichen Geschäfts 
sinnes bar ist. Denn, meine Damen und Herren, 
Herr Schalldach hat klar und deutlich hier gesagt, 
daß nicht die Anfchaffungsgesellschaft für mangel 
hafte Arbeit verantwortlich zu machen ist sondern die 
betreffenden Handwerker. Das ist natürlich ein Trug 
schluß sondergleichen. Will denn die Berliner An 
schaffungsgefellschaft nur eine Vermittlungsprobifion 
einstreichen und die Verantwortung anderen über 
lassen? Das ist jedenfalls im geschäftlichen Leben 
nicht Sitte. Derjenige, der den Auftrag übernimmt, 
Verlust und Gewinn zu feinen Lasten oerbucht, hat 
auch für die Aufträge die Verantwortung boll und 
ganz zu übernehmen, nicht aber die kleinen Hand 
werker, welche die Arbeiten ausführen. 
(Zuruf bei den Kommunisten: Die ehrsamen 
Handwerker!) 
Ja, die ehrsamen Handwerker, 
(Zuruf bei den Kommunisten: Die diesen Dreck 
liefern!) 
die bielleicht durch die BAG. bei der Anfertigung 
der Arbeiten sehr gedrückt werden, die find nicht für 
die Anfertigung der Arbeit berantwortlich sondern 
die Auftraggeber, hier die BAG. 
Meine Damen und Herren! Es ist nicht das 
erstemal, daß hier bon Mitgliedern dieses Hauses 
darüber geklagt wird, daß sie festgestellt haben, daß 
die BAG. ganz horrende Aufschläge macht, um die 
Fehlbeträge, wie ich sie angeführt habe, herunter 
zuschrauben und zur Abdeckung zu bringen. 
Also, meine Damen und Herren, ich glaube, den 
Beweis erbracht zu haben, und auch in der Bett 
stellen- und Gardinenfrage habe ich bollständig ein 
wandfrei gehandelt. Was aber der Kernpunkt bei der 
Angelegenheit ist, das ist die borliegende große Un 
terbilanz, und ich bleibe dabei, meine Damen und 
Herren, daß jeder ordentliche Geschäftsmann ge 
zwungen wäre, bei einer solchen Unterbilanz den 
Konkurs anzumelden. 
(Sehr richtig!) 
Nicht so die BAG. Denn Sie wissen es doch alle, 
daß es zum Himmel schreit, daß man in dem Lager 
der Berliner Steuerzahler und Gewerbetreibenden 
sich täglich wundert über ein solches Institut, welches 
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nur als Verteuerungsmaschine, als dasjenige In 
stitut bezeichnet werden muß, aus dem diese hohen 
Fehlbeträge kommen. 
Hier möchte ich aber auch an den Herrn Käm 
merer die Frage richten, ob er nicht gewillt ist, die 
50 Millionen Mark Unterbilanz, die er in feinem 
Etat noch hat, die er nicht unterbringen kann, 
aus Gesellschaften wie die Berliner Anschaffung^ 
gesellschaft zu nehmen, wie es ein anderer Redner, 
ausgeführt hat. In Wirklichkeit ist es ja doch auch 
so, daß die Unterbilanz weit über eine Million be 
trägt. Dann ist es ja sehr leicht, aus der städtischen 
Anfchaffungsgesellschaft die fehlenden Millionen her 
auszuholen; 
(Zuruf links: Das Exempel machen Sie 
mal bor!) 
wenn es bei einer Gesellschaft schon eine Million ist, 
dann kommen bei den übrigen sehr leicht die 50 
Millionen heraus. Wir bleiben dabei, meine Damen 
und Herren, und können unsere Verwunderung nicht 
genug zum Ausdruck bringen, daß es überhaupt noch 
Befürworter und Verteidiger dafür gibt. Wir find das 
ja leider gewöhnt. Es hat doch neulich noch in einem 
Ausschuß ein Vertreter der Linksparteien erklärt: 
Und wenn die Sache dreimal fobiel Geld kostet, wir 
machen es in eigener Regie! — Das ist die Parole 
heute, und dem widersetzen wir uns. Deshalb: weg 
mit einer solchen Verteuerungsmaschine, weg mit der 
BAG.! 
Obermagistratsrat Schalldach: Wie Herr Hake 
nach den Ausführungen bon Herrn Wachsen feine Be 
hauptungen bon borhin noch aufrecht erhalten kann, 
ist mir schlechterdings schleierhaft. Er hat borhin die 
Anfchaffungsgesellschaft berantwortlich gemacht für 
die teuren Bettstellen und für die teuren Matratzen. 
Herr Kollege Wachsen hat ihm nun mitgeteilt, was 
er borher wahrscheinlich nicht getan hat, daß die An- 
schaffüngsgesellschaft gar nicht diese Matratzen ge 
liefert habe, sondern die Matratzen find hergestellt 
in der Anstalt Buch selbst, und der Preis, der sich 
für die Matratze bersteht, ist festgestellt worden, wie 
ich es borhin gesagt habe, nach einem Angebot und 
einer Offerte des schon mehrfach für die Anschaf- 
fungsgesellschaft als Lieferant in Erscheinung ge 
tretenen Reichstagsabgeordneten Mollath. 
(Zuruf des Stadtb. Hake.) 
Bitte sehr, er hat geliefert und liefert auch heute 
noch die Matratzen zu demselben Preise. Die Anstalt 
Buch stellt sie eigens her, indem sie die Roßhaare 
kauft, weil sie angeblich Tapezierer unter ihrem 
Personal hat. Infolgedessen kommt die Anfchaffungs- 
gesellschaft weder für die Matratzen noch für die Bett 
stellen in Frage. 
Seine übrigen Ausführungen find deshalb nicht 
besser und beweiskräftiger, weil er sie bei jeder 
Sitzung und bei jeder Gelegenheit, die sich irgendwie 
bietet, immer wiederholt. Widerlegt find sie schon oft, 
und es erübrigt sich, auf diese Ausführungen noch 
mals einzugehen. 
Stadtv. Merckcl (DM): Meine Damen und 
Herren! Ich begreife gar nicht, warum eine Aus 
sprache über einen ganz offenbaren Mißstand derartig 
auf das persönliche Gebiet hinausgeht. 
(Zuruf bei den Kommunisten: Mangel an Be 
griffsvermögen!) 
Ich begreife ferner auch das Geschrei gar nicht. Wenn 
Sie schon bei einem Defizit von einer Million 
schreien wollen, wie würden Sie dann erst schreien
	        
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