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Volume No. 7, 9. Februar 1928

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1928 (Public Domain)

Sitzung am 9. 
xaal feine zitronengelben Gardinen anbringen kann, 
»a dies unvereinbar mit der Geschmacksrichtung ist, son- 
icrn es ist die Arbeit auch derartig minderwertig und 
lnsauber ausgeführt, daß leider gesagt werden muß, 
>aß dazu im Rathaus Berlin das Geld der Steuer* 
ahler zu schade ist. 
Meine Damen und Herren! Wir sind der Mei- 
iimg, daß derartig mangelhafte Arbeit und derartig 
msaubere Arbeit, wie sie hier bei den Gardinen ge* 
iefert wird, nur möglich ist, weil die Dienststellen sich 
licht dagegen wehren können, weil sie die Arbeiten ob* 
lehnten müssen. 
(Zuruf: Sie haben keinen Geschmack!) 
- Sehr verehrter Herr Kollege, über den Geschmack 
äßt sich streiten. In einem abgetönten Zimmer bringt 
nan keine zitronengelben Gardinen an. Es war viel 
eicht kein anderer Stoff in der Anschaffungsgesellschaft 
wrhanden. — 
(Stadtv. Degner: Es kommt etwas neue Farbe, 
etwas Stimmung hinein!) 
- Das ist Ihre Auffassung. Dann müßten diese Stim- 
lmlngsgardinen wenigstens etwas anders gearbeitet 
ein und nicht in dieser liederlichen Art und Weise. — 
Also, meine Damen und Herren, wir sind nicht 
in der Lage, der Bilanz zuzustimmen, solange nicht die 
lufgeworfenen Fragen eingehend beantwortet sind. 
Stadtv. Dr. Caspars (V) (zur Geschäftsord 
nung): Meine Damen und Herren! Wie alle Bilan 
zen ist auch die Bilanz der Anschaffungsgesellschaft 
im Haushaltsausschuß gewesen. Dort ist auch ein 
Mitglied der Wirtschaftspartei anwesend gewesen. 
(Rechts: Sehr richtig!) 
Ts hat aber nicht den Mund aufgemacht. 
(Sehr richtig!) 
Oie Bilanz ist glatt passiert, und jetzt werden hier 
Behauptungen aufgestellt und Verdächtigungen er 
hoben, die hier im Augenblick überhaupt nicht nach 
zuprüfen sind. Unter diesen Umständen halten wir 
es für erforderlich, daß die Sache an den Hans 
haltsausschuß zurückverwiesen wird, damit dort die 
Herren Gelegenheit haben, ihre Behauptungen vor 
zubringen, und sie ordnungsmäßig nachgeprüft wer 
den können. 
Stadtv. Kinscher (W) (zur Geschäftsordnung): 
Meine Damen und Herren! Ich mache Herrn Dr. 
Caspari darauf aufmerksam, daß ich ja selbst Be 
richterstatter war. Ich habe im Unterausschuß bean 
tragt, die Bilanz nicht zu genehmigen. 
(Stadtv. Hake: Na also!) 
(Zuruf des Stadtv. Dr. Lohmauu.) 
'(Stadtv. Degner: Haben Sie etwas von den 
gelben Vorhängen erzählt?) 
(Zurufe.) 
Vorst. Haß: Ich bitte doch mal zur Abstimmung 
um Ruhe. 
Wir haben zunächst zu entscheiden über den 
Rückverweisungsantrag an den Haushaltsausschuß. 
(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Wir erledigen 
das heute!) 
Wer für Rückverweisung an den Haushaltsausschuß 
'st, den bitte ich, eine Hand zu erheben. 
(Geschieht.) 
Ich bitte um die Gegenprobe. 
' (Geschieht.) 
Februar 1928. 161 
Das letztere ist die Mehrheit. Die Rückverweisung 
ist abgelehnt. 
Das Wort hat als Magistratsvettreter Herr 
Kollege Schalldach. 
Obcrmagistratsrat Schalldach: Meine Damen 
und Herren! Herr Kollege Hake hat sich die Sache 
sehr leicht gemacht. Er hat hier Verdächtigungen 
ausgesprochen und hat sich dabei sogar nicht gescheut, 
Unwahrheiten, die nachweisbar sind, vorzubringen. 
(Links: Hört, hört!) 
Er hat von den Kinderbettstellen mit Matratzen ge 
sprochen, die die Anschaffungsgesellschaft geliefert 
haben soll, während diese Kinderbettstellen sowohl als 
auch die Matratzen gar nicht vom Anschaffungsamt 
geliefert worden sind. 
(Hört, hört!) 
Ihm ist dabei das eigentümliche Unglück passiert, 
daß Matratzen für die Anschaffungsgesellfchaft von 
seinem Fraktionskollegen im Reichstag, vom Herrn 
Reichstagsabgeordneten M o l l a t h , geliefert worden 
sind und die bemängelten Preise auch einer Offerte 
dieses Lieferanten entsprechen. 
(Stürmische Heiterkeit.) . (Glocke.) 
(Zuruf.) 
Bitte schön, meine Damen und Herren, ich muß auf 
die Fragen, die Herr Kollege Hake hier gestellt hat, 
antworten. Ich hätte sonst den Namen nicht ge 
nannt. Im Ausschuß habe ich ihn bereits erwähnt. 
Da Herr Kollege Hake im Ausschuß nicht zugegen 
gewesen ist, sondern hier jetzt die Behauptung, die 
im Ausschuß widerlegt worden ist, nochmals in der 
Öffentlichkeit vorbringt, muß ich das selbstverständ 
lich wiederholen, 
(Sehr richtig!) 
damit cs nicht in die Presse hinausgeht und die 
Anschaffungsgesellschaft nicht mit unwahren Behaup 
tungen beschuldigt wird. 
Ich habe nachgewiesen, daß weder Bettstellen 
noch Matratzen von der Anschaffungsgesellschaft zu 
dem Preise geliefert worden sind. Die Preispüsung 
hat im übrigen stattgefunden, und es ist festgestellt, 
daß die Preise durchaus nicht übermäßig sind. Wie 
ich schon sagte, hat der Abgeordnete Mollath aus 
drücklich versichert, daß für Matratzen aus reinem 
Roßhaar der Preis durchaus angemessen ist. Er hat 
selbst zu demselben Preise geliefert. 
Bei den Kinderbettstellen, die die Firma Schulz 
geliefert hat, ist festgestellt worden, daß es sich um 
Kinderbettstellen mit doppeltem, verstellbarem Boden 
handelt, 
(Stadtv. Roth: Wenn er Hosen mit doppeltem 
Boden macht, verlangt er auch mehr!) 
wo der Preis von 70 M durchaus angemessen und 
angebracht ist. 
Dann hat Herr Hake von den Gardinen ge 
sprochen, die im Rathause irgendwo hängen, die 
aber bei der Anschaffungsgesellschaft nicht angefertigt 
worden sind. Sie sind vielmehr durch die An* 
schaffuugsgesellschaft an einen Handwerker vergeben 
worden. Also jedenfalls trifft die mangelhafte Aus 
führung, wenn wirklich eine solche vorhanden sein 
sollte, keineswegs die Anschaffungsgesellschaft, son 
dern den betreffenden Handwerker, der den Auftrag 
mangelhaft ausgeführt hat. Ich glaube aber noch 
nicht, daß die Gardinen mangelhaft hergestellt sind. 
(Stadtv. Hake: Sie müssen sie sich einmal an 
sehen !)
	        
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