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Volume No. 5, 2. Februar 1928

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1928 (Public Domain)

Sitzung am 2. 
gelegt worden ist, aiif bie gestaffelte Grundsteuer, um 
so mehr,' als uns der Entwurf des Steuer 
vereinheitlichungsgesetzes ganz offen erklärt, daß 
diese Staffelung zulässig ist. 
(Bei den Kommunisten: Hört, hört!) 
Herr "Kollege 'Lohmann hat vorhin gesagt: 
Die Kommunisten kennen keine gesetzlichen Schranken. 
Ich stelle fest, meine Damen und Herren: 
Das Bürgertum kennt keine gesetzlichen Schranken. 
Die Steuerverwalküng Berlins, die beamtete und die 
Mehrheitsparteien in der Finanzdeputation und im 
Haushaltsausschuß> also sowohl die Verwaltung als 
auch die Mehrheit in diesem Hause, waren vor zwei 
Jahren der Meinung, daß die Staffelung der Grund 
steuer mit den gesetzlichen Bestimmungen durchaus im 
Einklang stände. Wenn diese Staffelung, die natürlich 
eine Belastung der Besitzenden bedeutet, durch die 
Aufsichtsbehörde abgelehnt worden ist, so bedeutet 
das, daß ohne gesetzliche Grundlage, ohne daß das im 
Entwurf vorliegende Gesetz angenommen worden ist, 
bereits, die Absichten des Bürgertums, ohne Rück- 
sich auf die gesetzlichen Verhältnisse, durchgeführt 
worden sind. Ja, meine Damen und Herren, wenn 
wir uns dieser Willkür beugen wollen, dann aller 
dings können wir in der Gemeinde weiter nichts tun, 
als uns kuschen. Wir können dann weiter nichts tun, 
als die Befehle, die uns von der Reichsregierung oder 
von der Landesregierung übermittelt werden, aus 
führen. Für eine derartige Rolle bedanken wir uns 
allerdings freundlichst. 
Wir sind der Ansicht, daß die Kommunisten und 
Sozialdemokraten in diesem Hause andere Aufgaben 
haben, und zwar Aufgaben in dem Punkte, die 
Regierung und Aufsichtsbehörde vor die kitzlige Frage 
zu stellen: Wollt ihr das Loch im Etat dadurch ver 
stopfen, daß ihr uns die Möglichkeit gebt, den Besitz 
stärker heranzuziehen oder wollt ihr es nicht? Wenn 
der Etat diese Richtung bekäme, meine Damen und 
Herren, dann allerdings läge auch für uns die Mög 
lichkeit vor, einem derartigen Etat die Zustimmung 
zu geben. Wir wären dann durchaus nicht der An 
sicht, daß man diese Verantwortung nicht tragen 
könnte. 
(Bei den Kommunisten: Sehr gut!) 
Aber der jetzt vorliegende Etat hat ja die Richtung, 
die Ausgaben, die im Interesse der Arbeiterklasse 
notwendig sind, zu beschneiden, um die Befehle 
durchzuführen, die Industrie- und Handelskapital 
gegeben haben. Dazu allerdings werden wir uns 
nicht hergeben. 
Es bestehen noch weitere Möglichkeiten: die Er 
höhung der Wertzuwachssteuer. Wir haben schon 
vor langen Monaten ein Projekt angenommen, in 
dem eine Ausdehnung, wenn auch keine Erhöhung, 
der Wertzuwachssteuer geplant war. Wenigstens war 
es in der Finanzdeputation geschehen. Das Ding 
schwebt immer noch beim Magistrat. Man kommt 
anscheinend nicht an die Dinge heran. 
Wir wollen auch an das Wohnungsproblem 
heran. Meine Damen und Herren, wir werden Ihnen 
mit einem großzügigen kommunalen Wohnungsbau 
programm aufwarten, allerdings erst in einiger Zeit. 
Aber wir glauben, daß wir auch das, was möglich 
ist, ergreifen sollen, um wenigstens mehr zu schaffen, 
als jetzt geschaffen wird. 
(Sehr wahr!) 
Dann weisen wir hin auf die Verbindung der Woh- 
uungsluxussteuer mit dem Wohnungsbau. 
(Sehr gut!) 
Februar 1928. 125 
Wir haben bereits im vorigen Jahre bei der Etats 
beratung den Wohnungsluxussteuerentwurf einge 
reicht. Er ist von dem gesamten Hause, von den 
Deutschnationalen bis zu den Sozialdemokraten, ab 
gelehnt worden. 
(Hört, hört!) 
Wir werden. Sie in diesem Jahre wieder vor die 
Frage stellen, indem wir Ihnen als Verwendungs 
möglichkeit die Mietsenkung aufgeben, die durch das 
Aufkommen bei unserm Entwurf, das ungefähr auf 
12 Millionen im Jahr angenommen ist, für einen 
Block, für eine Reihe von Häusern, die über den 
Etat ' hinaus geschaffen werden sollen, möglich ist. 
Wir werden sehen, ob Sie wieder die Stirn haben 
werden, diese Wohnungsluxussteuer in Verbindung 
mit jenem Bauprojekt abzulehnen. 
Herr Kollege Lohmann hat auch von den städti 
schen Werken gesprochen. Es bedarf nicht einer be 
sonders starken Betonung, daß wir nicht für eine Er 
höhung der Tarife zu haben sind. Was wir ver 
langen, ist im Gegenteil, daß man die städtischen 
Werke endlich wieder in die städtische Verwaltung 
zurückführen soll. 
(Sehr wahr!) 
Der Ueberblick über die Finanzgebarung der städti 
schen Werke ist der Stadtverordnetenversammlung 
in ihrer Mehrheit durch die Bestimmungen, daß alles 
im Aufsichtsrat geregelt wird, natürlich vollkommen 
, abhanden gekommen. 
Nun, meine Damen und Herren, wenn Sie alles 
das, was ich Ihnen vorgeschlagen habe, annehmen, 
dann allerdings wird der Etat Berlins dadurch eine 
Richtung bekommen, die den herrschenden Gewalten 
in Staat und Reich nicht angenehm sein wird. Er 
wird aus der Richtung der Erfüllung der Forderun 
gen des Bürgertums sich ummünzen in eine 
Richtung, die einen Vorstoß unternimmt, um die 
Forderungen, die das Proletariat an den Staat 
zu stellen hat, zu erfüllen. Wir schlagen auch dies 
mal der Sozialdemokratischen Partei vor, die Um 
biegung des Etats in jeder Richtung vorzunehmen, 
um den Kampf gegen das Bürgertum aufzunehmen, 
den Kampf aufzunehmen konkret gesprochen sogar 
gegen den Bürgerblock im Reich, denn letzten Endes 
sind das alles Auswirkungen der Bürgerblockpolitik 
im Reich. Aber, meine Damen und Herren, ganz 
offen gesagt, wir haben keine Hoffnung, daß die 
Sozialdemokrie diesen unsern Anträgen folgen 
wird. Um das zu tun, müßte man konsequent sein. 
Wenn man diesen Vorstoß gegen das Bürgertum 
will, dann muß man letzten Endes den Kampf 
gegen das Bürgertum führen, dann darf man keine 
Koalitionspolitik mit dem Bürgertum machen, 
(Bei den Kommunisten: Sehr wahr!) 
dann muß man letzten Endes die Revolution wollen. 
(Sehr gut!) 
Dazu muß man Sozialist, dazu muß man Kommu 
nist sein, und das sind Sie nicht. 
(Stadtv. Fritz Lange: Das sind Radieschen 
sozialisten: außen rot und innen weiß!) 
Eine Revolution im bürgerlichen Sinne. Eine Revo 
lution, die die Arbeiterschaft zur Herrschaft bringt, 
war in Deutschland noch nicht. Eine derartige Revo 
lution ist im Jahre 1918 und 1919 von Noske, 
Ebert, Scheidemann und ähnlichen glänzend ab 
gewürgt worden. 
(Zurufe.) 
— Ja, ja^.. das ist nicht zu bestreiten. — ,
	        
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