Sitzung ant 20.
im Aufsichtsrat der Freibad Wanufee-Gesellschaft
zum Ausdruck gebracht habe. Von den ent«
zeltten Rednern der bürgerlichen Parteien ist die
^Befürchtung zum Ausdruck gekommen, daß das nicht
,-üs letzte sein wird, was man heute durch die Vorlage
fordert, daß man im nächsten Jahre oder in 2 Jahren
wieder Forderungen stellen wird. Da sagen wir Ihnen
sehr deutlich: Wenn das Bedürfnis der badenden Be
völkerung uns dazu zwingt, dann werden wir uns nicht
darum kümmern, ob das als werbende Anlage anzu
sehen ist oder nicht, sondern wir werden für den Aus
bau des Freibades, soweit er für die erholungsbedürf
tige Bevölkerung, in erster Linie für die Arbeiter und
Angestellten, notwendig ist, die Mittel bewilligen, da
mit sie imstande sind, auch diese städtischen Einrichtungen
vollständig für sich in Anspruch zu nehmen. Es darf
Nicht die Befürchtung aufkommen, daß daraus ein
Luxusbad für die besitzenden Klassen wird. Unsere Auf
gabe wird es sein, darüber zu Wachen, daß es kein
Luxnsbad wird, sondern daß es eine Erholungsstätte
für die arbeitende Werktätige Bevölkerung werden muß.
Dazu werden uns jedenfalls alle Mittel recht fein. Uns
liegt daran, die arbeitenden Klassen gesund und
widerstandsfähig zu erhalten, damit sie der herr
schenden Gesellschaft, die heute noch zuviel Macht
besitzt, endlich einmal den Garaus machen kann.
(Beifall bei den Kommunisten.)
Stadtv. Döring (DN): Meine Damen und Herren!
Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, daß Wann
see eine Erholungsstätte, eine Stätte, wo die Gesundheit
der Großstadtbevölkerung gebessert wird, fein soll, nicht
aber eine Vergnügungsstätte.
(Zuruf des Stadtv. Clajus: Sind da Ver
gnügungen?)
Herr Kollege Clajus, dann ist das Wannfee, was Sie
nach der Vorlage da aufbauen wollen, gerichtet, dann
ist das Wannfee, das jetzt schon da ist, auch gerichtet.
Das ist keine Erholungsstätte mehr, das ist kein Ge
sundungsplatz mehr; das will ich Ihnen beweisen. Ich
kenne Wannfee, Herr Kollege Clajus, ich habe es vom
ersten Jahre an besucht, ich bin von seiner Gründung
an dort gewesen. Ich habe feit Jahrzehnten und mehr
meine Sommererholung in Wannfee gesucht, und zwar
nur in Wannfee. Ich bin früh morgens um 7 Uhr
draußen gewesen und bin um 7 Uhr abends nach
Hause gefahren. Ich kenne Wannfee, wie es nur je
mand kennen kann. Und wenn ich behauptet habe, daß
es kein Erholungsplatz mehr ist, dann habe ich es an
mir selber erfahren.
Ich will Ihnen sagen, Herr Kollege Clajus, ich bin
in diesem Jahre gar nicht mehr so oft draußen ge
wesen. Warum? Lassen Sie einen schönen Sommertag
fein und dann lassen Sie die Menschen, die jetzt in
Wannfee schon sind,
(Stadtv. Sellheim: Also müssen wir erweitern!)
Ja schön, das stimmt. Da stimme ich Ihnen bei. Aber
man soll nicht die Menschen da zusammenziehen und
zusammenhalten. Sehen Sie, was ist die Folge davon?
Es liegt ein Staub darüber, wie es in der schlimmsten
Baugegend von Berlin-Mitte nicht anders sein kann.
Es ist ein Lärm dort, daß von einer Erholung gar nicht
mehr die Rede fein kann. Was ist die Folge davon?
Die Leute machen es so, wie ich es in diesem Jahre
gemacht habe, sie gehen irgendwo anders hin, wo sie
dann Licht und Luft und Sonne haben, ohne den Staub
der Großstadt, ohne den Lärm eines Rummelplatzes,
ohne den ganzen Dunst, ohne den Kneipendunst, der
Überfeinem Teil von Wannsee schon jetzt liegt.
(Stadtv. Clajus: Wo denn?)
;Iotmnt vom Restaurationsbetrieb. Wenn Sie den
ishch ausdehnen wollen, Herr Kollege Clajus, dann
hohen Sie einen.Biergarten nach Wannfee verlegt,
danst-haben Sie Wannsee zum Biergarten gemacht.
Dezember 1928. 999
Das tut mir leid um Wannsee. Es tut mir leid um die
Bevölkerung von Berlin, die Erholung und Licht, Luft
und Sonne Braucht. Wenn Sie Geld ausgeben wollen
und etwas Übrig haben, dann tun Sie wirklich etwas
für die Gesundheit, dann bringen Sie die Leute nicht
alle an den Wannfee. Die arbeitende Bevölkerung
braucht Luft, Licht und Sonne. Sie Braucht kein
Luxusbad, sie Braucht keinen Staub, sie braucht keinen
Lärm. Davon hat sie selber genug. Sie braucht auch
keinen Biergartendunst. Dergleichen will sie gar nicht.
Wenn Sie das Badewesen in der Weise ausbauen
wollen, dann legen Sie lieber andere Erholungsstätten
an, da, wo die Leute wirklich etwas davon Haben.
Was haben Sie hier nach Ihrer Vorlage vor?
Sie wollen Wannfee verbessern. Das könnten Sie tun.
Herr Kollege Clajus. Wir kämen schon zusammen,
wenn wir uns in Ruhe darüber verständigten. Daß die
Anskleidehallen, die jetzt vorhanden sind, nicht genügen,,
ist selbstverständlich. An Sontagen stehen die Leute eine
Stunde lang und mehr, ehe sie die Sachen abgeben
können. Was tun sie daher? Sie kleiden sich am
Strande aus. Es ist dann alles knüppeldick voll. Das
ist auch nicht angenehm und führt zu allerlei Miß
ständen. Daß die Anskleidehallen vermehrt werden
müssen, ist selbstverständlich. Die Anskleidehallen dort
sind ja erst vor 2 Jahren fertig geworden.
(Stadtv. Clajus: Vor 4 Jahren!)
Vor 4 Jahren haben Sie sie angefangen. Sie sind ganf.
stabil. Herr Kollege Clajus, Sie werden es nicht be
zweifeln, daß es sehr schönes Holz ist, was man dort
hineingebaut hat.
(Zuruf des Stadtv. Sellheim: Die morgen ab
brennen können!)
Ich bitte Sie, Herr Kollege Sellheim, wo waren Sie
denn vor 4 Jahren, als die Sache eingerichtet wurde?
(Stadtv. Sellheim: Da war ich noch nicht im Aus
sichtsrat!)
Wo waren denn all die klugen Leute? Warum wurde
da nicht darauf hingewiesen und gesagt: Ein Holzhaus
kann Brennen und ein Haus, das mit Stroh gedeckt ist,
kann auch Brennen. Aber so leicht brennt es doch nicht.
Wenn da mal ein Gebäude abgebrannt ist und wenn
in diesem Jahre in Rahnsdorf eins abgebrannt ist, so
kommt das bei massiven Häusern auch vor. Das kann
schon mal geschehen. Herr Kollege Clajus, wenn Sie
Wannsee helfen wollen, dann setzen Sie noch einige
Anskleidehallen hin an die Stellen, wo nicht die Be
dürfnisanstalten liegen, die jetzt in diesem Jahre fertig
geworden sind und die massiv sind. An diesen Stellen
der ltferhöhe hätten Sie Platz, solche hinzusetzen. Tun
Sie das, dann geben Sie Wannfee, was es Braucht.
(Stadtv. Clajus: Sind schon da!)
Aber Sie wollen das andere, was neu gebaut ist, was
stabil, was gut ist, wegnehmen. Wir haben es ja dazu!
Man will es entfernen, wenn es auch noch für Jahr
zehnte und mehr genügt. Wir können uns das leister
Wir machen das großzügig, dann paßt es auch in de
späteren Bebauungsplan hinein. Sehen Sie, da sage
wir: Das machen wir nicht mit, dafür tut uns da
schöne Geld leid. Dafür können wir wirkliche Er
holnngsstätten errichten, die Herr Sellheim auch will.
Ich glaube, den Luxus wird er sich da nicht leisten
wollen. Nach dem Plan haben Sie nicht bloß unten
ein Restaurant, sondern oben ein Hauptrestaurant vor.
Für die Leute, die dieses große und teure Restaurant
besuchen wollen, ist Wannfee überhaupt nicht da, die
sollen wo anders hingehen, die sollen den Leuten, die
Luft und Licht und Wasser haben wollen, den Platz
nicht wegnehmen. Die haben es dazu. Sie können nach
Westerland, nach Norderney oder Heringsdorf und
dergleichen fahren. Also gerade im Interesse der Volks
gesundheit Bitte ich Sie, lehnen Sie das Projekt ab
und lehnen Sie sich dagegen auf, daß man dem Volk
das nimmt, was es braucht, daß man den Rummelplatz,