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Volume No. 41, 20. Dezember 1928

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1928 (Public Domain)

994 Sitzung am 20. 
zwischen beut Messeamt und dem Verein Bau- 
ausstelluW zu. 
Ferner werden für die Ausgestaltung des Zwischen- 
geländes 8,5 Millionen bewilligt. 
Endlich wurde beschleusen, zur Nachprüfting der 
Ziffern und zur weiteren Verfolgung der ganzen An 
gelegenheit einen besonderen Ausschuß zu bestimmen. 
Unter dieser Voraussetzung empfiehlt der Ausschuß die 
Vorlage nunmehr in der Form anzunehmen. 
Vorst. Haß: Die Beratung ist eröffnet. Das Wort 
hat Herr Kollege Pfundtncr. 
Stadtv. Pfundtner (DN): Meine Damen und 
Herren! Die auf unsere Veranlassung erfolgte noch 
malige Beratung der Vorlage, betr. Banausstellung, 
hat nach Ansicht eines erheblichen Teils meiner Freunde 
nicht die von uns gewünschte Klärung der Verhältnisse 
gebracht. Es scheint uns vielmehr nach dem Ergebnis 
dieser erneuten Verhandlungen, als ob auch der Ma 
gistrat sich der Tragweite der Vorlage, namentlich in 
finanzieller Hinsicht, für die Zukunft durchaus nicht 
völlig bewußt ist. Infolgedessen wird ein Teil meiner 
Freunde die Vorlage ablehnen. 
(Stadtv. Bublitz: Kommt noch ein zweiter Redner 
von der Seite?) 
- - Rein, das überlassen wir Ihnen nachher. 
(Stadtv. Bublitz: Für einen andern Teil Ihrer 
Partei?) 
Dieses Bedenken und dieses Mißtrauen richten sich, wie 
ich ausdrücklich feststellen möchte, selbstverständlich in 
keiner Weise gegen die beteiligten Industriezweige. Wir 
können es ihnen durchaus nicht verübeln, wenn sie, 
nachdem sie die Frage der Banausstellitug einmal für 
sich grundsätzlich bejaht haben, sich auch ihrerseits mit 
allen Kräften dafür einsetzen. Ans der andern Seite 
meinen wir aber, daß bei der überaus ungünstigen 
finanziellen Lage der Stadt Berlin, die der Herr 
Kämmerer ja in den letzten Tagen bei den verschiedensten 
Gelegenheiten aanz besonders eindringlich in allen mög 
lichen Ausschüssen zum Ausdruck gebracht bat, nickn zit 
verantworten ist. in einem solchen Augenblick eine Aus 
gabe voit 8M Millionen, wenn auch auf einige .Fahre 
verteilt, zu übernehmen, ferner das Risiko dafür m 
übernehmen, daß noch weitere 5 Millionen it. 11. selbst 
von der Stadt ausgebracht werden müssen usw. Meine 
Damen und Herren, daß das Reich oder Preußen etwa 
für das nach dem Kostenanschlaa doch mit Sicherheit 
feststehende Defizit von 1.6 Millionen einsvringen 
werden, w'rd in diesem Kreise ernsthaft Wohl fjiit 
einziger glauben: d-mn Reicki und Preußen befinden sich 
ja nach den Aufstellungen ihrer Etats zurzeit in einer 
gkeick'falls überaus schwierigen Lage. Entscheidend aber 
ist für meine die Vorlage ablehnenden Freunde das 
Moment, daß sich die neue Ausstellungsvorlage von - 
der vor einem Jahr von uns angenommenen in wich 
tigsten Punkten grundsätzlich unterscheidet. Damals ist 
uns von dem Herrn Oberbürgermeister von dieser 
Stelle ans feierlich erklärt worinn, daß kein Gedanke 
daran sei, das RiefeiGrojekt Poelzig-Wagner jemals in 
absehbarer Zeit zur Ausführung zu bringen. 
(Zuruf bei den Soz.°. Das ist ja nicht der Fall!) 
Die Vorlage des Maaiktrats sagt ausdrücklich, daß die 
Ausgestaltung des Zwischengeländes im Kostenbeträge 
von 8.5 Millionen u u r der erste Abschnitt 
dieses Projektes sein soll, daß wir also mit der weiteren 
Ausführung des Prviektes unbedingt werden rechnen 
müssen. Solche uferlosen Pläne kann der von mir 
erwähnte Teil meiner Fraktionsfreunde nickn unter 
stützen. Auch das Messeamt, das jetzt die Führung in 
die Hand bekommt, bietet uns feuteslpcgS die nötige 
Garantie dafür, daß die Pläne sich in angemessenen 
Grenzen halten werden. 
Dezember 1.928. 
Stadtv. Friedrich Lange (Z): Meine Damen und 
Herren! Wir haben uns in der vergangenen Sitzung 
gleichfalls dafür ausgesprochen, daß die Vorlage noch 
mals an den Ausschuß zurückverwiesen würde. Auf 
Grund der nunmehr erneut vorgenommenen Durch 
arbeit der Vorlage und unter Berücksichtigung der Be 
ratungen im Ausschuß in der letzten Sitzung sind meine 
Freunde einmütig zu der Auffassung gekommen, daß 
sie der Magistratsvorlage ihre Zustimmung nicht geben 
können, und zwar aus folgenden Gründen: Wir haben 
neulich das Programm über die Wohnnngsbanten für 
die nächsten vier Jahre erhalten, ohne daß uns der Ma 
gistrat auch nur die geringsten Vorschläge zur Durch 
führung dieses Programms gemacht hätte. Wir haben 
uns inzwischen in der Finanz- und Steiterdeputativn 
über das laufende Bauprogramm der 24 000 Woh 
nungen unterhalten. Dabei hat der Herr Kämmerer 
die Erklärung abgegeben, daß die Stadt Berlin in ab 
sehbarer Zeit überhaupt keine Mittel bekommen könne 
und daß er sich zurzeit auch nicht dafür einsetzen könne, 
dieses Bauprogramm von 24 000 Wohnungen auszu 
führen, das heißt also 30 Millionen Mark in den Etat 
des nächsten Jahres einzustellen. 
Meine Damen und Herren! Bei solcher Sachlage 
erscheint es uns als eine glatte Unmöglichkeit, heute 
einer Magistratsvorlage zuzustimmen, die ja zunächst ( 
nur 8,5 Millionen Mark fordert, aus deren ganzer 
Begründung aber hervorgeht, daß sie doch für die 
nächsten Jahre einen Umfang annehmen wird, dessen 
finanzielle Tragweite heute noch gar nicht abzusehen ist. 
Es wird beispielsweise in dieser Vorlage angegeben, 
für den Bau des Hauptrestaurants brauche man eine 
erste Rate von 1 Million. Es wird weiterhin eine ganze 
Reihe von anderen Positionen angegeben, die lediglich 
Abschlagszahlungen betreffen. 
Wenn wir nun das ganze Projekt betrachten, dann 
müssen wir feststellen, daß bei der Beratung im ver 
gangenen Jahre bereits 7,2 Millionen bewilligt worden 
find, gegen die damals meine Freunde auch gestimmt 
haben, daß zu diesen 7,2 Millionen jetzt 8,5 Millionen 
kommen und daß zu den 8,5 Millionen außerdem noch 
die Zinsen für die 5 Millionen kommen, die wir dem 
„Verein Bauansstellung" als zinsloses Darlehn geben 
wollen. Wenn wir wenig rechnen, dann müssen wir 
rund 16 Millionen zur Verfügung stellen, die der Ma 
gistrat für die Ausgestaltung des Zwischengeländes, das 
doch im engsten Zusammenhange mit der Bauaus- 
stellung steht, haben will. Meine Damen und Herren, 
wenn uns dann auf der anderen Seite erklärt wird, M 
daß man heute noch keinerlei Grundlage dafür habe, 
das doch sehr geringe Wohnungsbauprogramm finanziell 
zu stützen, dann erscheint es uns als unverantwortlich, 
in diesem Augenblick Ausstellungsprojekten die Zustim 
mung zu geben, die von vornherein 16 Millionen er 
fordern, ohne daß sich heute schon absehen ließe, bis 
zu welchem Grade weitere Mittel noch für die Zukunft 
erforderlich werden können. Was die Berliner Bevölke 
rung braucht, sind nach unserer Auffassung nicht Aus 
stellungen, in denen teilt theoretisch erörtert wird, wie 
man bauen solle, sondern es sind Wohnungen. Wie 
wichtig die Wohnungsfrage ist. das hat der Magistrat 
selbst zur Genüge in seiner Vorlage über das nette 
Wohnungsbauprogramm zur Darstellung gebracht. Wir 
sind aber auch der Meinung, daß der Magistrat sich 
dieses Wohnungsbauprogramm doch nicht mit dem 
Ernste annimmt, mit dem es in Anbetracht der unge 
heueren Wohnungsnot, in der die Berliner Bevölke- . 
rung lebt, behandelt werden muß. Aus diesem Grunde i 
halten wir es endlich einmal für an der Zeit, daß wi v > 
unsererseits Ernst machen und für die Zukunft solch. 1 
Vorlagen rundweg ablehnen, die Millionenbeträge von , 
uns fordern,, die einfach nicht bewilligt werden können, 
weil die Mittel fehlen, und weil vor allen Dingen die 
Mittel, die da sind, für Wohnungszwecke reserviert
	        
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