Path:
Volume No. 41, 20. Dezember 1928

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1928 (Public Domain)

986, Sitzung am 20. Dezember 1928. 
„Punkt 1) Verlesung der Niederschrift der Ver 
sammlung vom 17. September 1928. 
Punkt 2) Eingänge. 
Punkt 3) Die Haltung der deutschuationalen Arbeit 
nehmerschaft, 
a) Beamte und Angestellte. Referent 
Herr Stadtverordneter Linxweiler." 
(Links: Ahn!) 
Also das ist derselbe Stadtverordnete, der sich hier 
hergestellt und eine große Rede gegen solche Werbe 
ausschüsse gehalten hat. 
,,b) für Arbeiter. Referent Herr Stadt 
verordneter und Arbeitersekretär 
Barteis. 
Punkt 4) Aufnahme neuer Mitglieder. 
Punkt 5) Verschiedenes. 
Der Vorstand. I.A. . . ." 
(Stadtv. Barteis: Was hat das mit dem Be 
zirksamt zu tun?) 
Jetzt fragt der Stadtverordnete Barteis, der auch in 
dieser Versammlung gesprochen hat, was das damit 
zu tun hat. Sie haben wahrscheinlich Ihre An 
frage nicht gelesen, Sie haben auch wahrscheinlich 
nicht gehört, was der Begründer Ihrer Anfrage 
heute vor 14 Tagen hier gesagt hat. Er hat sich 
also gegen "diese Sache gewendet, die Sie selber 
machen. 
(Rechts: Nein, die vom Bezirksamt ausgeht!) 
Das scheinen Sie nicht verstehen zu wollen. 
(Zuruf des Stadtv. von Jecklin.) 
Der Herr Stadtsyndikus Lange hat ja schon kurz 
daraus hingewiesen, was auch in Ihren Versammlun 
gen gesagt wurde. U. a. hat zuerst der Oberstleut 
nant Müller-Löbnitz gesprochen. 
(Stadtv. von Jecklin: Ist doch privat 
geschehen!) 
(Zurufe rechts.) 
(Vorst. Haß: Ich bitte doch um Ruhe!) 
Er hat aber gesagt: „Schließt euch mit uns zu 
sammen, damit die Beamten die alten Rechte wieder 
bekommen." 
(Lachen links. — Rechts: Bravo!) 
Die Beamten, die früher im alten Staat überhaupt 
nicht als Stadtverordnete gewählt werden durften, 
jubeln einem solchen Mann zu. 
(Stadtv. von Jecklin: Die Rechte, die jetzt 
genommen sind!) 
Sie haben überhaupt keine Rechte gehabt. 
(Zuruf des Stadtv. von Jecklin.) 
Nach dem Oberstleutnant von Müller-Löbnitz kam 
auch ein den Stadtverordneten bekannter Herr, der 
ehemalige deutschnativnale Stadtrat, der heutige 
Stadtälteste Wege zu Worte. 
(Stadtv. von Jecklin: Auch so ein blutrünstiger 
Verschworener, was?!) 
Er hat auch eine Rede gehalten und ist da über den 
„roten Magistrat" losgezogen. 
(Stadtv. von Jecklin: Da hat er recht. Er kennt 
ihn ja!) 
Er hat u. a. gesagt, daß die SPD. das Berufs 
beamtentum abschaffen wolle. 
(Stadtv. von Jecklin: Das wollt Ihr doch auch!) 
Er hat gesagt, daß im ganzen Magistrat und in der 
ganzen Stadtverordnetenversammlung nur das 
Bonzentum herrscht. 
(Dauernde Zurufe des Stadtv. von Jecklin.) 
(Vorst. Haß: Aber, Herr von Jecklin, ich muß 
bitten, die Zwischenrufe einzustellen!) 
Er hat dann gesagt: „Heute herrscht nur das 
Bonzentum in der ganzen Stadtverwaltung, und 
dieses Bonzentum führt zur Korruption!" 
(Rechts: Nichtig!) 
(Stadtv. von Jecklin: Wege hat ganz recht!) 
(Zuruf links: Das hat er ja an sich gemerkt. Er 
war ja Stadtrat!) 
Es kommt darauf an, wo die Korruption liegt. 
(Stadtv. von Jecklin: Ich bin gespannt!) 
Es war ein bißchen brenzlich, daß man auf dem 
Vieh- und Schlachthof von Korruption gesprochen hat. 
Etwas habe ich vergessen: Herr Stadtverordneter 
Matthies hat dann. auch das Wort ergriffen. 
(Stadtv. von Jecklin: Auch so ein blutrünstiger 
Vertreter!) 
Herr Stadtverordneter Matthies hat dann gesagt: 
„Ihr Deutschnationalen, Ihr Arbeiter, Angestell.e und 
Beamte, habt zur Deutschnationalen Partei Ver 
trauen. Wir werden Euch in der Hinsicht unter 
stützen, es mag kommen wie es will." 
(Stadtv. von Jecklin: Richtig! Nun sind wir 
fertig!) 
So ungefähr war es. 
Gerade um diese Zeit, als diese Ausführungen 
gemacht worden sind, ist auch bekannt geworden, 
daß beim städtischen Vieh- und Schlachthof Unter 
schlagungen vorgekommen sind. 
(Links: Hört, hört!) 
(Stadtv. von Jecklin: Pfui Teufel!) 
Es haben da einige Beamte Unterschlagungen be 
gangen. Wenn ich nicht irre, hat auch Herr Stadt 
verordneter Linxweiler heute vor 14 Tagen gesagt, 
daß die Beamten vom alten Schrot und Korn 
wieder au die richtige Stelle kommen müßten. 
Diese Beamten, von denen ich jetzt spreche, sind sehr 
alte Beamte, aber nicht vom „alten Schrot und 
Korn". Kurz und gut, diese Beamten haben auf dem 
Viehhof Gelder unterschlagen, sie haben Quittungen 
gefälscht. 
(Zuruf des Stadtv. von Jecklin.) 
— Das müssen Sie schon mir überlassen, was ich 
dazu zu sagen' habe. — 
(Stadtv. von Jecklin: Ich will Sie nicht hindern. 
Im Gegenteil, es ist interessant!) 
Wenn Ihre Leute Versammlungen einberufen 
und vom „roten Magistrat" und vom „Bonzentum" 
reden, das zur Korruption führt, dann gestatten Sie 
mir, daß ich Ihnen eine Korruptionsquelle bekannt 
gebe. 
(Stadtv. von Jecklin: Wir bitten darum!) 
Es sind da Unterschlagungen und Fälschungen vorge 
kommen. In der Presse hat gestanden, daß es sich 
um 80000 Mark handelt. 
(Stadtv. von Jecklin: Na weiter!) 
Die Verwaltung hat gesagt: Nein, soviel ist es nicht, 
es sind nur einige tausend Mark. Dazu kann man 
nicht viel sagen. Unterschlagungen werden immer und 
überall vorkommen. Aber das interessante ist, daß 
alle diejenigen, die die Unterschlagungen gemacht 
haben, heute noch Beamte sind und Dienst tun, daß 
man ihnen sogar gestattet hat, die unterschlagenen 
Summen von ihrem Gehalt abzuzahlen. 
(Hört, hört!) 
Und nun wird auf dem Pich Hof gesagt: Na, das ist 
doch kein Wunder, das sind stramme Deutsch- 
nationale, wie der zuständige Stadtrat! 
(Stadtv. von Jecklin: Das glauben Sie ja alleine 
nicht, das beweisen Sie erst mal ein bißchen!) 
(Vorst. Haß: Herr von Jecklin, ich muß Sie jetzt 
dringend bitten, die dauernden Zwischenrufe zu 
unterlassen!) 
(Stadtv. von Jecklin: Wenn der Herr Redner ...) 
(Vorst. Haß: Ich bitte, meinen Weisungen zu 
folgen!) 
(Stadtv. von Jecklin: Er wendet sich ja an mich, 
Herr Vorsteher! Er redet mich ja an!) 
Weitn schon Ihre Leute in Versammlungen vor 
städtischen Beamten von Korruption reden, dann 
mögen sie auch diese Fälle nicht vergessen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.