Sitzung aut 3.
lichkeit in diesen Aussichtsräten, in diesen büro
kratischen Kammern zu stärken, daß man dazu
übergehet: muß, die Ziffer von 8 auf 10 zu erhöhen,
und zwar unter Fortfall der 2 Sachverständigen. Wir
erlauben uns, dazu ebenfalls einen Antrag einzureichen.
Zu Ziffer 8 derselben Vorlage hat man sehr be
scheiden tut Haushaltsausschuß, da, wo man unter sich ist,
erklärt, matt müsse doch dazu übergehen, eine bessere Form
zu 'finden, durch welche die Stadtverordnetenversamm
lung, als Vertretern: der Oeffentlichkeit, in der Lage ist,
mitzusprechen. Bitte, meine Damen und Herren, wenn
Ihnen damit ernst ist, wir geben Ihnen Gelegenheit.
Wir erlaubet: ttits, bezüglich der Ziffer 3 einen Abände
rungsantrag einzubringen:
„Sämtliche Tarifänderungen bei dei: drei Ver-
kehrsuntertiehmuttgen unterliegen der Zustimmung der
Stadtverordnetenversammlung. Den: evtl. entgegen
stehende Bestimmungen in den Gesellschaftsverträgen
sind vom Magistrat zu beseitigen."
Wer also wirklich ernsthaft die Beratung und Zustimmung
zu den Tarifveränderungen will, muß für diesen Antrag
stimmen.
Wir erlauben uns weiter zur Vorlage 90 — das ist
die „berühmte" Vorlage, die uns nur zur Kenntnis
nahme vorgelegt worden ist — etwas zu bemerken.
Nun ja, .zur Kenntnisnahme können wir diese Vorlage
ja nehmen, aber wir haben auch etwas dazu zu sagen. Ich
mochte auf einige „peinliche Vorkommnisse" im Hatts-
haltsausschuß eingehen. Im Haushaltsausschuß lag von
feiten meiner Freunde ein grundsätzlicher Antrag vor,
der verlangte, daß der Tarif auf der Grundlage von
15 Pfg. festgelegt wird. Ich will es mir bei der Kürze
der Zeit ebenfalls versaget:, auf die Geschichte einzugehen,
wie das finanziell auch möglich ist. Herr Dr. Steiniger
hat int Ausschuß etwas offener gesprochen als in: Plenum.
Er hat im Ausschuß sehr deutlich gesagt, daß es bald
nicht so weitergehet: kann, tvie bei der Straßenbahn
und den übrigen städtischen Betrieben, die mau in der
Zeit der Inflation auf den: Rücket: der Arbeiter
saniert hat, daß das auch eine Schraube sein muß, die
reißt. Wenn auch Herrn Dr. Steiniger von der Deutsch-
nationalen Fraktion persönlich und seine Freunde viel
leicht andere Gründe leiten lassen — aber daß die
Ziffern stimmen, daß er die Methode richtig gekenn
zeichnet hatte, das wagen auch selbst, glaube ich, die
„Freunde" von der Sozialdemokratischen Fraktion nicht
zu bestreiten.
Wir sind also der Meinung, daß die Umsteigemöglich-
keiten für 15 ch absolut möglich sind. Wie sieht es in
Wirklichkeit aus? Begebet: wir uns einet: Moment weg
von diesen großtönenden Worten: „Epoche", „Entwick
lung", „fortschreitender Geist", was weiß ich mehr. Neh
men wir mal die reale Wirklichkeit. Wie sieht es dann
aus? Bisher konnte man int Berliner Verkehr für
15 3) fahren, nicht wahr, Herr Kollege Lohmanu? Vom
Verkehr scheinen Sie sehr viel „Ahnung" zu haben, aber
daS haben Sie verwechselt. Es handelt sich nicht um
Weit- n u d K u r z f a h r e r, sondern um Einzel-
f a h r e r u tt d U nt steige r. Bisher konnte man für
15 3) von Spandau bis Friedrichshagen fahren. Bisher
konnte man auf der Untergrundbahn — zu unserm
Bedauern mit Zoncneiuteilung — immerhin für 15 ^
eine Strecke fahren. Bisher konnte man mit der Aboag
auch eine bestimmte Strecke fahren. Wie sehen die Zahlen
in Wirklichkeit aus, die die Fahrten betreffen? Sie, Herr
Lohma»», sowie Ihr Kollege Stadtrat Reuter auch, haben
hier Zahlen gebracht. Ihr Kollege Stadtrat Reuter
hat selbst die Statistik fertig gemacht. Da steht drin, das
werden Sie sehen, wenn Sie sich mit der Statistik bekannt
gemacht haben, daß z. B. bei der Untergrundbahn
jetzt 31,5 o/o sämtlicher Fahr gaste Einzel f a h-
rer si ttb , daß bei der S t r aß e u b a h u 53,O/o Ein
z elf a hrsch ei ne benutze u.
(Zurufe.)
Februar 1927. 8-1
Wahrscheinlich werben nach Ihrem Dafürhalten die Ar
beiter, wenn sie morgens nach Siemensstadt oder sonst
nach ihren Arbeitsstellen fahren, so lustig sein,
erst über den Leipziger Platz auf der Untergrundbahn
zu fahren, um den „herrlichen" Erfolg des Umsteigeus
kennen zu lernen. Wenn aber auf der Untergrundbahn
schon 31,5 o/o Kurzfahrer sind, die nur 15 ^ bezahlen,
so sprechet: noch höhere Zahlen bei der Aboag. Bei der
Aboag sind es 61,8% Knrzst reckeufa h r e r. Na,
zum Teufel nochmal, wer bezahlt denn wirklich die Ge
schichte? Nun sagt man der Oeffentlichkeit — das sind
die beibett Pflaster, die man hier aufdrückt —, erstens
schaffen wir die zweite Klasse ab, zweitens haben wir die
Umsteigemöglichkeit. Derselbe Einzelfahrer, derselbe Ar
beiter, der morgens die Straßenbahn benutzet: muß und
abends dieselbe Strecke benutzet: muß, hat gar kein I::-
teresse daran, aus geistigen oder ethischen Momenten
heraus auf die Untergrundbahn zu steigen und für dieselbe
Leistung 5 r3i mehr zu bezahlen, zumal heute das Unter
grundbahnnetz überhaupt nicht ausgebaut ist, gerade in
den großen Jndustriebezirken.
(Zuruf.)
Herr Kollege, Sie haben Amerika entdeckt. Auf diesen
Zwischenruf habe ich nur gewartet, der ist proble
matisch und mechanisch; es ist typisch, Jute einzelne
Mitglieder Ihrer Fraktion Zurufe los lassen. Es ist
natürlich klar, daß die Untergrundbahnen ausgebaut wer
den müssen. Gerade wir waren diejenigen, die den
Initiativantrag schon vor Jahresfrist gestellt haben. Aber
erst nach 10 Jahren, Herr Kollege, lo erbet:
nach de nt „Programm Reuter" die Außen- und Jndu-
striebezirke herankommen. Fragen Sie mal, wann Sie-
mensstadt herankommt, wann Spandau herankommt. Die
rechte Seite dieses Hauses hat mit einen: nassen und mit
einem heitern Auge hier dem Ban der Untergrundbahn
Friedrichsfelde zugestimmt mit der Motivierung, von
ihren: Standpunkt aus mit Recht: wir wollen eine
Schnellbahn Halensee, und sie wird abstimmungsfreudig
bei der nächsten Abstimmung für Halensee die Hände
hochheben. Alles das sind Geschichten, über die man
nicht streiten soll, weil sie ja jeder kennt.
Ich habe versucht, nachzuweisen, daß ein ungeheurer
Prozentsatz von Arbeitern kein Interesse daran hat, in
diese Tariferhöhung einzutreten. Wir ändern uns also
nicht, lvas Reuter versucht, ich weiß nicht, aus welchen
Gründen, uns anzudichten. Ich tvill mich auf die Dema
gogie von Lohmann nicht einlassen. Wir sind nicht
dagegen, ich wiederhole es noch einmal,
daß die V e r k e h r s s ch w i e r i g k e i t e n von der
Stadt aus behoben werden. Wir sind die
e r st e n gewesen, die t'i berh a u p t d e n Antrag
gestellt haben, wäre n aber nicht dafür,
daß mau nur teuer und schlecht fährt,
sondern billig, bequem und schnell soll man fahren.
(Sehr gut!)
Man soll verkehrstechnische Verbesserungen machen, man
soll stolz sein, daß Berlin ein großzügiges Bauprogramm
hat, daß Berlin Verkehrsmöglichkettet: ersten Ranges
hat. Man soll nicht sagen, in Krähwinkel sind die Tarife
teurer, deswegen müssen wir stolz auf unsern „billigen"
sein und können noch 5 H daraus schlagen. Wir werden
bald dahin kommen, lvas Herr Schwarz im Haushalts
ausschuß angedeutet hat: „diesen Einheitstarif können wir
nur deswegen heute nicht ausführen, weil er uns zu
gering erscheint." Seine Ausführungen in der
Oeffentlichkeit waren etwas diplomatischer, sagten aber
dasselbe. Man will in nächster Zeit wahrscheinlich dazu
übergehen, 2 5 zu nehmen. Stimmung war auch vor
Handen. Es ist Ihnen auch bekannt, daß die Aboag in
den verschiedenen Koinmissiönchen und Deputationen, wo
die Oeffentlichkeit nicht hinein kommt, die Geschichte
gemacht hat, einen 25-Pfennig-Umsteigetarst einzuführen.
Deshalb erlauben wir uns zur Vorlage 90, den Antrag,