970 Sitzung ant 15.
tigen decken. Es kann also nicht in erheblichem
Umfange ein Fehler eingetreten sein, sondern es
wird sich wahrscheinlich die Geschichte so abspielen,
daß eine gewisse Anzahl ihre Meldung versäumt
hat, daß im übrigen aber auch jetzt eine größere
Zahl an Neumeldnngen sein wird, die itt dem Sinne,
wie wir es festgestellt haben, nicht einmal von Woh
nungsbedürftigen ausgehen, die also unsere Woh
nungsliste wiederum mit neuem Ballast bepacken.
Nun etwas anderes: Herr Kollege Degner hat
hier Beispiele angeführt und hat gemeint, daß diese
Beispiele beweisen, wie falsch die Haltung des Zen-
tralwohnnngsamtes und des Wohnungsdezernenten
gewesen ist. Er ist im Irrtum. Ich weiß nicht, ob
er selber bei der Besprechung zugegen war, als wir
die Feststellung trafen, was unter denjenigen ge
meint ist, die zu streichen sind. Es ist ausdrücklich
festgestellt worden, daß solche Fälle, die sich auf
Wohnungsmängel oder auf Familienverhältuisse
stützen, gar nicht von unserer Bestimmung getroffen
werden. Also auch der Fall mit der Besohlaustalt
fällt nicht darunter. Diese Bewerber sind weiter
zu führen, das ist ausdrücklich festgestellt worden.
Auch die Fälle, wo z. B. eine große Familie in
unzulänglichen Räumen untergebracht ist, die also
aus zwingenden Gründen eine andere Wohnung
haben muß, fallen nicht darunter. Die dürfen nicht
gestrichen werden.
Diese Beispiele kommen also hier gar nicht in
Frage, sondern solche Fälle sind nach wie vor in
den Wohnungslisten zu führen und dürfen gar nicht
gestrichen werden. Ich meine, wenn er sich auf solche
Fälle stützt, so ist das schon abwegig und trifft nicht
das Richtige, woraus es hier ankommt.
Ich glaube aber, es wird müßig sein, sich über
die Einzelheiten der Frage noch zu streiten. Wir
haben uns ja im Ausschuß darüber verständigt, wie
wir die Sache künftig handhaben werden. Es wird
darauf hinauslaufen, daß die Beschwerdefülle, die
nunmehr vorliegen, einer Prüfung unterzogen wer
den. Es werden ferner diejenigen nachgeprüft wer
den, die nun nachträglich ihre Meldung vollziehen,
ch bin sicher, daß ich vielleicht in nicht allzu ferner
eit Ihnen Mitteilung darüber machen kann, daß
die Zahl der Eintragungen sich nach dieser Prüfung
nicht allzu sehr, vielleicht überhaupt nicht, vermehrt
haben wird.
Vorst. - Stellv. Dr. Caspari: Weitere Wort
meldungen liegen nicht vor. Wir können abstimmen.
Ich bitte diejenigen, die dem Ausschußbeschlusse zu
stimmen wollen, die Hand zu erheben.
(Geschieht.)
Das ist die Mehrheit. Es ist nach dem Ausschuss«
antrage beschlossen.
Ich möchte nun vorschlagen, den Punkt 15 auszu
lassen und die Punkte 10 und 17 heranzunehmen, da
mit diese beiden Sachen noch zur Verhandlung
kommen.
Punkt 16:
II. Beratung des Antrages der Stadtv. Gcilid
und Gen., betr. Gewährung einer Wintcrbeihilfe ,
an alle Unterstützungsempfänger einschl. der Er
werbslosen — Drucks. 799 u. 826 I b —.
Punkt 17:
II. Beratung des Antrages der Stadtv. Gäbet
und Gen., betr. die Zahlung eines einmaligen
Zuschusses an die Unterstützungsempfänger —
Drucks. 644, 800 it. 820 1 a —.
Zu Punkt 16 erteile ich als Berichterstatter dem
Herrn Kollegen Heitmann das Wort.
Dezember 1927.
Berichterstatter Stadtv. Heitmann (S): Meine
Damen und Herren! Der Antrag der Herren Gäbet
und Parteifreunde, der lautet:
„Der Magistrat wird ersucht, allen Unter«
stützungsempfängern einschließlich der Erwerbslosen
eine Winterbeihitfe in Höhe von
30 ,%M für Ledige und
40 3tM für Verheiratete ~|- 10 AM für Zu
schlagsempfänger
zu gewähren",
hat den Ausschuß beschäftigt. Von dem Vertreter
des Magistrats wurden uns die Zahlen der Unter
stützungsempfänger vorgeführt, die bei diesem An
trag in Frage kommen. Im weiteren wurde von dem
Magistratsvertreler ausgeführt, daß die Gewährung
einer Unterstützung allgemein an jeden Unter
stützungsempfänger von vornherein ausgeschlossen
werden müsse, weil unter solchen Umständen eine
Rückerstattung von Unterstützungsmitteln durch das
Reich nicht zu erwarten sein würde.
Der Magistratsvertreter hat darauf hingewiesen,
daß wir vor ca. 4 bis 5 Monaten in der Stadtver
ordnetenversammlung eine Extraunterstützung an die
Erwerbslosen in Höhe von 150 000 M> beschlossen
haben, daß andere Großstädte Deutschlands: Frank
furt a. M., München und andere, ebenfalls derartige
Beschlüsse gefaßt haben und daß das Reich diese
Mittel, die. von den einzelnen Städten zu diesem
Zwecke aufgebracht wurden, in Anrechnung gebracht
hat.
Durch diese Tatsache wurde es außerordentlich
schwer, im Ausschuß irgendwelche weitgehenden Be
schlüsse zu fassen. Der Magistratsvertreter wies
weiter darauf hin, daß es möglich sei, lediglich für
einzelne Fälle nach individueller Prüfung eine be
sondere Aufwendung erstattungsfähig zu machen.
Es wurde weiter darauf hingewiesen, daß Mittel
im Haushalt für eine Sonderunterstützung in Form
einer Weihnachtsbeihilfe an Unterstützungsberechtigte
nicht vorgesehen sei, und endlich wurde von dem
Herrn Kämmerer erklärt, daß, wenn dieser Antrag
im Ausschuß sowohl als auch im Plenum der Stadt
verordnetenversammlung Annahme finden würde, die
Ausgabe ca. 9 bis 10 Millionen betragen würde.
Deckung für diese Summe würde nur durch die Er
höhung der Gewerbe- und Grundsteuer zu be
schaffen sein. Weiter müsse man damit rechnen, daß
die Aufsichtsinstanzen zu einer derartigen Steuer-
erhöhung im Laufe des Rechnungsjahres ihre Zu
stimmung nicht geben würden.
(Stadtv. Frau Rosenthal: Hört, hört!)
Auf Grund dieser Tatsache ist der Ausschuß zu
dem Beschlusse gekommen, den Antrag der Herren
Gäbet und Parteifreunde abzulehnen.
(Pfuirufe von der Tribüne.)
Die Mehrheit hat diesen Beschluß gefaßt. Ich
habe in objektivster Weise dem Plenum der Stadt
verordnetenversammlung von diesem Beschlusse
Kenntnis gegeben.
Vorst.-SteUv. Dr. Caspari: Ich hatte vorhin
unterlassen, eine Anfrage mitzuteilen, die inzwischen
eingegangen ist. Sie lautet:
„Der Magistrat hat durch Dienstblattversiigimg
vom 14. 9. 1927 Teil I, 219, Seite 191 ange
ordnet, daß auf Kosten der Stadt für jedes
Gebäude und jedes Siedlungshaus der Berliner
Siedlitngsgesellschast eine Reichsflagge beschafft
werden soll.