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Volume Sitzung 28, 06.10.1927

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1927 (Public Domain)

646 Sitzung am 6. 
Verehrter Herr Kollege! Sie haben ein ungewöhn 
lich angeregtes und bewegtes Leben in der Praxis und 
im Beamtendasein hinter sich. Lange Jahre haben Sie 
im Auslande zugebracht, haben dort gearbeitet, Erfahrun 
gen und Kenntnisse gesammelt und sind dann wieder in 
Ihre Heimat zurückgekehrt. Sie haben gewissermaßen 
in Berlin ein neues Leben angefangen, von neuem 
die Schule besucht, das Abituricntenexamen bestanden, 
die Technische Hochschule besucht, neue Examinas mit 
Erfolg bestanden und haben es erreicht, in einem Alter, 
in dem andere längst in der Beamtenpraxis standen, 
mit ungewöhnlich schnellen Schritten sich eine Stellung 
zu schaffen, wie sie gerade in unserm Bereiche, in der 
Stadt Berlin, im ehemalig zerrissenen Berlin zu den 
schwierigsten gehörte. 
Sie haben seit dem Jahre 1906 in Charlottenburg 
und in der Stadt Berlin gearbeitet. Sie haben Bau 
werke, insbesondere Brückenbauwerke geschaffen, die einzig 
dastehen und von allen Sachverständigen bewundert wer 
den. Sie haben später die Leitung eines ganz besonders 
wichtigen Betriebes übernommen: die Leitung unserer 
Untergrundbahnbauten, und es ist Ihnen in dieser 
Stellung gelungen, sich das allgemeine Vertrauen zu er 
werben. Sie haben insbesondere beim Bau der Unter 
grundbahnen ungewöhnlich tüchtige Dienste geleistet. Sie 
haben es in sehr schwieriger Zeit fertiggebracht, die 
Arbeiten auf diesem überaus wichtigen Gebiete, dem Ber 
liner Untergrundbahnbau, zu fördern und zu einem Er 
gebnis zu führen, das allgemeine Anerkennung unter 
den Sachverständigen sowohl als auch in unserer Be 
völkerung gefunden hat. 
Wenn Sie heute in den Berliner Magistrat eintreten, 
so sind wir dessen gewiß, daß Ihre Erfahrungen und 
Ihre Kenntnisse uns gute Dienste leisten werden, daß 
insbesondere das, was Sie in den verschiedenen tech 
nischen Zweigen innerhalb und außerhalb des Dienstes 
der Stadt Berlin geleistet haben, unserer Stadt zugute 
kommen wird. Zch bin deshalb davon überzeugt, daß 
Sie im Magistrat eine volle Position einnehmen wer 
den, daß Ihre Dienste unserer Stadt ganz besonders zu 
gute kommen werden. 
Ich darf Sie bitten, mir den Eid auf die Preußische 
Verfassung und dann den auf die Reichsverfassung nachzu 
sprechen. 
Auf die Preußische Verfassung: 
(Vereidigung auf die Staatsverfassung erfolgt.) 
Nun auf die Reichsverfassung: 
(Vereidigung auf die Reichsverfassung erfolgt.) 
Ich habe Sie in bezug auf die Reichsversassung 
daraus aufmerksam zu machen, 
daß durch die in der Verordnung vom 14. August 
1919 festgesetzte Form des Beamteneides Ihre in der 
Reichsverfassung, besonders in Art. 130, gewährleisteten 
Rechte in keiner Weise eingeengt oder beschränkt wer 
den. Das eidliche Treugelöbnis zur Verfassung ent 
hält nur die Bedeutung, daß der Beamte sich ver 
pflichtet, in seiner Tätigkeit als Beamter die Ver 
fassungsbestimmungen getreu zu beachten. Die Staats 
regierung ist nicht der Auffassung, daß die Ableistung 
des Eides auf die Reichsversassung einen Verzicht auf 
die Wohltaten des § 13 der Verordnung vom 26. Fe 
bruar 1919 in sich schließt. 
Sehr verehrter Herr Kollege Zangemeister! Ich heiße 
Sie im Berliner Magistrat aufrichtig willkommen und 
führe Sie hiermit in Ihr Amt feierlich ein. 
(Geschieht.) 
Vorst.-Stellv. Meyer: Sehr geehrter Herr Stadt 
rat! Namens der Stadtverordnetenversammlung schließe 
ich mich den Begrüßungsworten des Herrn Oberbürger 
meisters an. Der Herr Oberbürgermeister hat bereits 
insbesondere auf die reiche Tätigkeit, die Sie in städti 
schen Diensten ausgeübt haben, hingewiesen. Ich selbst 
Oktober 1927. 
kann nicht umhin, das noch deshalb zu unterstreichen, 
weil ich den Vorzug gehabt habe, 15 Jahre hindurch 
in der damaligen Stadt Charlottenburg mit Ihnen zu 
sammenzuwirken und den Umfang und die Bedeutung 
Ihrer Arbeit aus eigener Anschauung zu sehen. Ich 
gebe der Hoffnung und dem Wunsche Ausdruck, daß es 
Ihnen beschicken sein möge, Ihre ausgezeichneten Kennt 
nisse für die Stadt Berlin, zum Wohle der gesamten 
Bürgerschaft und zu Ihrer eigenen Befriedigung zu ver 
werten. 
(Bravorufe.) 
Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen vor 
Eintritt in die Tagesordnung noch einige Mitteilungen 
zu machen. • 
Es ist ein Dankschreiben des Stadtrats a. D. und 
Stadtältesten Dr. Göhring für die Glückwünsche der 
städtischen Körperschaften zu seinem 70. Geburtstage ein 
gegangen. 
Der Magistrat teilt uns mit, daß er die Vorlage 17 e 
— Drucks. 648 —, betr. die Ueberweisuug eines Grund 
stücks Berlin-Wilmersdorf, Berliner Straße 40, an die 
Sparkasse, zurückgezogen hat. Der Aeltestenausschuß 
schlägt Ihnen demgemäß vor, diesen Punkt von der 
Tagesordnung abzusetzen. 
Kein Widerspruch. Es' ist demnach so verfahren. 
Der Aeltestenausschuß schlägt Ihnen ferner im Ein 
verständnis sämtlicher Fraktionen vor, die Punkte 25 
und 26 der Tagesordnung, d. H. den 
Antrag der Stadtv. Czeminski u. Gen., betr. Bereit 
stellung von Neubauwohnungen für Kriegsbeschädigte 
— Drucks. 680 —, 
und den 
Antrag der Stadtv. Gäbel u. Gen., betr. Errichtung 
eines Paul-Singer-Stifts für Kriegsbeschädigte in 
der Schönholzer Heide — Drucks. 683 — 
ohne vorherige Beratung einem besonderen Ausschuß zu 
überweisen. 
Es erhebt sich kein Widerspruch. Es ist demgemäß 
beschlossen. 
Dann sind zwei Dringlichkeitsanträge eingegangen, 
die sich auf die Beamtenbesoldung beziehen. 
Ein Antrag Czeminski u. Gen.: 
„Die Stadtverordnetenversammlung möge be 
schließen, den Magistrat zu ersuchen, die zuletzt ge 
währten Gehaltszuschüsse bis zur endgültigen Neu 
regelung der Besvldungsordnung den Beamten der 
Gruppen 1—5 weiterzuzahlen." 
sowie eilt Antrag Gäbel, Menz und der übrigen Mit 
glieder der Kommunistischen Fraktion: 
„Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen: 
Der Magistrat wird ersucht, die von den städti 
schen Körperschaften festgesetzten und im September und 
Oktober gezahlten Sätze der Gehnltszuschüsse bis zur 
Inkraftsetzung einer neuen Besoldungsordnung für die 
Beamten und Festangestellten der Stadt Berlin weiter 
zuzahlen und den Beschluß vom 28. September auf 
zuheben." 
Der Aeltestenausschuß schlägt Ihnen vor, diese beiden 
Antrüge ohne Beratung im Plenum dem bereits ein 
gesetzten Beamtenausschuß zu überweisen. 
Ein Widerspruch erhebt sich nicht. Es ist demgemäß 
beschlossen. 
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, erteile 
ich dem Herrn Stadtverordneten Gäbel das Wort. 
Stadtv. Gäbel (K.): Meine Damen und Herren! 
Ich muß namens meiner Fraktion gegen die vorzeitige 
Schließung der letzten Sitzung protestieren. Der Herr 
Vorsteher verkündete, daß nach Uebereinstimmung mit den 
Fraktionen die Sitzung geschlossen werden müßte. Ich 
habe sofort dagegen protestiert und mich zum Wort ge 
meldet. Dessen ungeachtet schloß der Herr Vorsteher
	        
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