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Volume Sitzung 2, 20.01.1927

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1927 (Public Domain)

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die erforderlichen Mittel in Höhe von 75 Millionen 
Reichsmark, deren Verausgabung bis zur endgültigen 
Begebung der Anleihe vorschußweise zu erfolgen hat. 
Der Magistrat wird ermächtigt, Einzelheiten des Bahn- 
entwurfes im Benehmen mit den Aufsichtsbehörden fest 
zusetzen." 
Ich muh ja sagen, daß ein gewisser Widerspruch 
darin liegt, denn der Zusatzantrag ist eigentlich ein selb 
ständiger Antrag, der als Ersatz für diese Vorlage zu 
gelten hätte. 
(Stadtv. Krille: Das soll er auch feilt!) ■ 
Daun werde ich getrennt abstimmen lassen. Es 
können dann diejenigen, die dieser Meinung auch sind, 
für den Zusatzantrag stimmen und damit dann die Vor 
lage ablehnen. 
(Stadtv. Schwarz: Ueber was wird zuerst abge 
stimmt ?) 
Es wird über den Beschluß des Hanshaltsausschusses 
abgestimmt: 
„Die Versammlung stimmt dem sofortigen Beginn 
des Baues der Schnellbahn-Alexanderplatz-Friedrichs 
felde zu. Ueber die Finanzierung derselben erwartet 
die Stadtverordnetenversammlung eine besondere Vor- 
-lage." 
Wer also für diesen Beschluß des HaushaltSans- 
schusses ist, bitte ich, eine Hand zu erheben. 
(Geschieht.) 
Das ist die Mehrheit der Versammlung. Dieser Be 
schluß ist angenommen. Ich nehme an, daß damit die 
Vorlage gefallen ist. 
Wir kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung: 
II. Beratung des Antrages der Stadtv. Czeminski und 
Gen., betr. Bewilligung weiterer Mittel für die 
Fortführung der Schulkinderspeisung — Druck 
sache 79 —. 
— Es ist sehr unruhig heute in der Versammlung, 
ich kann kaum selbst verstehen, was ich spreche. — 
Berichterstatterin ist Frau Kollegin Hübner-Riedger. 
Die Berichterstatterin ist nicht anwesend. Will jemand 
aus dem Haushaltsausschuß berichten? 
Berichtcrst. Stadtv. Tr. Lohmann (S.): Meine 
Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß ist sich dar 
über klar gewesen, daß die Fortführung der Schnlkinder- 
speisung unter allen Umstünden gesichert werden muß, 
und er schlägt Ihnen daher vor, dem Antrage zuzu 
stimmen, die Schulkinderspeisung bis zur Höhe von 
200 000 gegebenenfalls sogar 300 000 M, fortzuführen 
und den Magistrat zu ermächtigen, diese Summe zu ver 
ausgaben. 
Vorst. Haß: Wortmeldungen liegen nicht vor. Die 
Beratung ist geschlossen. Der Antrag lautet: 
„Die Mittel für die Schnlkinderspeisung sind in 
verschiedenen Bezirken soweit erschöpft, daß zum Teil 
eine Verminderung der Speisung auf ein Drittel des 
bisherigen Umfanges erfolgen mußte. Die Stadtverord 
netenversammlung beschließt die Fortführung der Spei 
sung und ersucht den Magistrat um eine dahingehende 
Vorlage." 
Dieser Beschluß ist im Hanshaltsausschuß ange 
nommen worden. Wer zustimmen will, bitte ich, eine 
Hand zu erheben. 
(Geschieht.) 
Das ist einstimmig beschlossen. 
Wir kommen nun zu Punkt 11 der Tagesordnung: 
II. Beratung des Antrages der Stadtv. Gäbet u. Gen., 
betr. Schutzmaßnahmen für das Pflegepersonal in 
den Grippestationen der städtischen Anstalten — 
Drucks. 80 —. 
Es liegt ein Antrag vor, mit diesem Punkte den 
Januar 1927. 
Punkt 36 der Tagesordnung zu verbinden: 
Antrag der Stadtv. Gäbe! u. Gen., betr. Maßnahmen 
gegen die Gefahr eines weiteren Umsichgreifens der 
Grippeepidemie — Drucks. 85 —. 
Ich glaube, damit können wir einverstanden sein. 
Dadurch kommt dieser Punkt der Tagesordnung gleich 
mit zur Erledigung. Es erfolgt kein Widerspruch dagegen. 
Ich bitte nun Fra» Kollegin Roseuthal, Bericht 
zu erstatten. 
Berichterst. Stadtv. Frau Rosenthal (K.): Im 
Haushaltsausschuß wurde über diesen Antrag des Stadtv. 
Gäbel und der übrigen Mitglieder der Kommunistischen 
Fraktion beraten. Es wurde von seiten des Magistrats 
darauf hingewiesen, daß man die Zusatznahrungsmittel 
deswegen nicht geben könne, weil das Pflegepersonal, 
welches die Grippekranken pflegt, auch auf anderen Sta 
tionen tätig ist und man keine genügende Uebersicht dar 
über hätte. 
Es wurde weiterhin von den Vertretern des Gesund 
heitsamtes erklärt, daß die Steigerung der Krankheits 
ziffer, beispielsweise vom Sonnabend vergangener Woche 
bis zum Montag dieser Woche um 35 Fälle, nicht aus 
reicht, um davon zu sprechen, daß die Grippeepidemie 
steigt. 
Die Fraktionen sprachen sich ans, und es wurde 
über den Antrag der Stadtv. Gäbel und Gen. getrennt 
abgestimmt, und zlvar stimmten die sämtlichen awvesenden 
Fraktionen dafür, daß das Pflegepersonal auf den Sta 
tionen die genügende Schutzkleidung erhalten solle. Alle 
Fraktionen aber mit Ausnahme der Kommunistischen. 
Fraktion stimmten jedoch dagegen, daß das Pflege 
personal der Stationen, auf denen Grippekranke gepflegt 
werden, dieselben Sonderzulagen erhalten solle, als sie 
die Krankenpfleger ans den Tuberkulosestationen erhalten. 
Borst. Haß: , Zur Begründung des Antrages 
Punkt 36 — Drucks. 85 — hat Frau Hoffmaun-Gwinner 
das Wort. 
Stadtv. Frau Hoffmaun-Gwinner (K.): Meine 
Damen und Herren! Wir haben den Antrag! gestellt, daß 
dein Personal, das auf den Grippestationen beschäftigt ist, 
eine ausreichende Ernährungszulage gegeben wird und 
daß weiter für das Personal -mich genügende Schutz 
kleidung angeschafft wird, des weiteren von dem Hanpt- 
gesundheitsamt auch Warmmgsvorträge gehalten und 
Flugschriften hinausgesandt werden in die Bevölkerung, 
daß außerdem kostenlos Desinfektionsmittel gegeben 
werden. 
Meine Damen und Herren! Wir wunder» uns ein 
wenig darüber, mit welcher — Leichtfertigkeit, möchte 
ich beinahe sagen —, vom Hauptgesnndheitsamt die 
Grippeepidemie auf die Grippegefahr behandelt wird. 
(Sehr richtig!) 
Der Herr Stadtmedizinalrat hat in der letzten 
Sitzung mitgeteilt, was das Hauptgesnndheitsamt getan 
hat. In seiner Erklärung hat er zugegeben, daß die Er 
krankungen sich vermehren. Ans der anderen Seite hat 
er wiederum betont, daß von einem epidemische» Auf 
treten der Krankheit nicht die Rede sein kann. 
Nun, meine Damen und Herren, ich glaube, wenn 
wir heute 20000 Neuerkrankungen in Berlin zu ver 
zeichnen haben und wenn selbst die Krankenkassen 30000 
Erkrankte mitteilen, so dürfte wohl von einem epide 
mischen Auftreten dieser Krankheit die Rede sein. Wir 
sind nicht überängstlicher Natur, aber wir glauben, daß 
bei einer solchen Anzahl von Erkrankungen und bei 
einem solch schnellen Ansteigen der Erkrankungen wohl 
von einer Epidemie die Rede sein muß. 
Ter Herr Stadtmedizinalrat hat in der letzten 
Sitzung gesagt, die Nachrichten aus dem Auslande wären 
nicht so schlimm, wie sie dargestellt werden, sie wären 
übertrieben. Nun, meine Damen und Herren, wir haben
	        
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