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die erforderlichen Mittel in Höhe von 75 Millionen
Reichsmark, deren Verausgabung bis zur endgültigen
Begebung der Anleihe vorschußweise zu erfolgen hat.
Der Magistrat wird ermächtigt, Einzelheiten des Bahn-
entwurfes im Benehmen mit den Aufsichtsbehörden fest
zusetzen."
Ich muh ja sagen, daß ein gewisser Widerspruch
darin liegt, denn der Zusatzantrag ist eigentlich ein selb
ständiger Antrag, der als Ersatz für diese Vorlage zu
gelten hätte.
(Stadtv. Krille: Das soll er auch feilt!) ■
Daun werde ich getrennt abstimmen lassen. Es
können dann diejenigen, die dieser Meinung auch sind,
für den Zusatzantrag stimmen und damit dann die Vor
lage ablehnen.
(Stadtv. Schwarz: Ueber was wird zuerst abge
stimmt ?)
Es wird über den Beschluß des Hanshaltsausschusses
abgestimmt:
„Die Versammlung stimmt dem sofortigen Beginn
des Baues der Schnellbahn-Alexanderplatz-Friedrichs
felde zu. Ueber die Finanzierung derselben erwartet
die Stadtverordnetenversammlung eine besondere Vor-
-lage."
Wer also für diesen Beschluß des HaushaltSans-
schusses ist, bitte ich, eine Hand zu erheben.
(Geschieht.)
Das ist die Mehrheit der Versammlung. Dieser Be
schluß ist angenommen. Ich nehme an, daß damit die
Vorlage gefallen ist.
Wir kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung:
II. Beratung des Antrages der Stadtv. Czeminski und
Gen., betr. Bewilligung weiterer Mittel für die
Fortführung der Schulkinderspeisung — Druck
sache 79 —.
— Es ist sehr unruhig heute in der Versammlung,
ich kann kaum selbst verstehen, was ich spreche. —
Berichterstatterin ist Frau Kollegin Hübner-Riedger.
Die Berichterstatterin ist nicht anwesend. Will jemand
aus dem Haushaltsausschuß berichten?
Berichtcrst. Stadtv. Tr. Lohmann (S.): Meine
Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß ist sich dar
über klar gewesen, daß die Fortführung der Schnlkinder-
speisung unter allen Umstünden gesichert werden muß,
und er schlägt Ihnen daher vor, dem Antrage zuzu
stimmen, die Schulkinderspeisung bis zur Höhe von
200 000 gegebenenfalls sogar 300 000 M, fortzuführen
und den Magistrat zu ermächtigen, diese Summe zu ver
ausgaben.
Vorst. Haß: Wortmeldungen liegen nicht vor. Die
Beratung ist geschlossen. Der Antrag lautet:
„Die Mittel für die Schnlkinderspeisung sind in
verschiedenen Bezirken soweit erschöpft, daß zum Teil
eine Verminderung der Speisung auf ein Drittel des
bisherigen Umfanges erfolgen mußte. Die Stadtverord
netenversammlung beschließt die Fortführung der Spei
sung und ersucht den Magistrat um eine dahingehende
Vorlage."
Dieser Beschluß ist im Hanshaltsausschuß ange
nommen worden. Wer zustimmen will, bitte ich, eine
Hand zu erheben.
(Geschieht.)
Das ist einstimmig beschlossen.
Wir kommen nun zu Punkt 11 der Tagesordnung:
II. Beratung des Antrages der Stadtv. Gäbet u. Gen.,
betr. Schutzmaßnahmen für das Pflegepersonal in
den Grippestationen der städtischen Anstalten —
Drucks. 80 —.
Es liegt ein Antrag vor, mit diesem Punkte den
Januar 1927.
Punkt 36 der Tagesordnung zu verbinden:
Antrag der Stadtv. Gäbe! u. Gen., betr. Maßnahmen
gegen die Gefahr eines weiteren Umsichgreifens der
Grippeepidemie — Drucks. 85 —.
Ich glaube, damit können wir einverstanden sein.
Dadurch kommt dieser Punkt der Tagesordnung gleich
mit zur Erledigung. Es erfolgt kein Widerspruch dagegen.
Ich bitte nun Fra» Kollegin Roseuthal, Bericht
zu erstatten.
Berichterst. Stadtv. Frau Rosenthal (K.): Im
Haushaltsausschuß wurde über diesen Antrag des Stadtv.
Gäbel und der übrigen Mitglieder der Kommunistischen
Fraktion beraten. Es wurde von seiten des Magistrats
darauf hingewiesen, daß man die Zusatznahrungsmittel
deswegen nicht geben könne, weil das Pflegepersonal,
welches die Grippekranken pflegt, auch auf anderen Sta
tionen tätig ist und man keine genügende Uebersicht dar
über hätte.
Es wurde weiterhin von den Vertretern des Gesund
heitsamtes erklärt, daß die Steigerung der Krankheits
ziffer, beispielsweise vom Sonnabend vergangener Woche
bis zum Montag dieser Woche um 35 Fälle, nicht aus
reicht, um davon zu sprechen, daß die Grippeepidemie
steigt.
Die Fraktionen sprachen sich ans, und es wurde
über den Antrag der Stadtv. Gäbel und Gen. getrennt
abgestimmt, und zlvar stimmten die sämtlichen awvesenden
Fraktionen dafür, daß das Pflegepersonal auf den Sta
tionen die genügende Schutzkleidung erhalten solle. Alle
Fraktionen aber mit Ausnahme der Kommunistischen.
Fraktion stimmten jedoch dagegen, daß das Pflege
personal der Stationen, auf denen Grippekranke gepflegt
werden, dieselben Sonderzulagen erhalten solle, als sie
die Krankenpfleger ans den Tuberkulosestationen erhalten.
Borst. Haß: , Zur Begründung des Antrages
Punkt 36 — Drucks. 85 — hat Frau Hoffmaun-Gwinner
das Wort.
Stadtv. Frau Hoffmaun-Gwinner (K.): Meine
Damen und Herren! Wir haben den Antrag! gestellt, daß
dein Personal, das auf den Grippestationen beschäftigt ist,
eine ausreichende Ernährungszulage gegeben wird und
daß weiter für das Personal -mich genügende Schutz
kleidung angeschafft wird, des weiteren von dem Hanpt-
gesundheitsamt auch Warmmgsvorträge gehalten und
Flugschriften hinausgesandt werden in die Bevölkerung,
daß außerdem kostenlos Desinfektionsmittel gegeben
werden.
Meine Damen und Herren! Wir wunder» uns ein
wenig darüber, mit welcher — Leichtfertigkeit, möchte
ich beinahe sagen —, vom Hauptgesnndheitsamt die
Grippeepidemie auf die Grippegefahr behandelt wird.
(Sehr richtig!)
Der Herr Stadtmedizinalrat hat in der letzten
Sitzung mitgeteilt, was das Hauptgesnndheitsamt getan
hat. In seiner Erklärung hat er zugegeben, daß die Er
krankungen sich vermehren. Ans der anderen Seite hat
er wiederum betont, daß von einem epidemische» Auf
treten der Krankheit nicht die Rede sein kann.
Nun, meine Damen und Herren, ich glaube, wenn
wir heute 20000 Neuerkrankungen in Berlin zu ver
zeichnen haben und wenn selbst die Krankenkassen 30000
Erkrankte mitteilen, so dürfte wohl von einem epide
mischen Auftreten dieser Krankheit die Rede sein. Wir
sind nicht überängstlicher Natur, aber wir glauben, daß
bei einer solchen Anzahl von Erkrankungen und bei
einem solch schnellen Ansteigen der Erkrankungen wohl
von einer Epidemie die Rede sein muß.
Ter Herr Stadtmedizinalrat hat in der letzten
Sitzung gesagt, die Nachrichten aus dem Auslande wären
nicht so schlimm, wie sie dargestellt werden, sie wären
übertrieben. Nun, meine Damen und Herren, wir haben