Sitzung am 7.
Städte durch diese veraltete Steuer in außerordent
lichem Maße belastet werden, ersucht die Stadtver
ordnetenversammlung den Magistrat, 6:i der Reichs-
regierung und dein Reichstag dahin zu wirken, daß
diese verkehrshinderude Steuer x auf den Satz der all
gemeinen Umsatzsteuer herabgesetzt wird."
Der Aeltestenausschuß schlagt Ihnen. vor, der Dringlich
keit des Antrages nicht zu widersprechen und ihn ohne
Debatte zu verabschieden.
(Zuruf: Abünderungsautrag!)
Dazu ist ein Abänderungsantrag der Herren Gabel
ii. Gen. gestellt worden, der lautet:
„Der letzte Absatz wird wie folgt abgeändert:
Mit Rücksicht darauf, daß auch die Verkehrs-
unternehmungen der Stadt Berlin wie die anderer
Städte durch diese veraltete Steuer in außerordent
lichem Maße belastet werden, ersucht die Stadtver
ordnetenversammlung den Magistrat, bei der Reichs
regierung und Dem Reichstag dahin zu wirken, diese
verkehrshinderude Steuer aufzuheben.
Der Unterschied besteht also darin, daß im Antrage
Czeminski u. Gen. der Satz auf die Beträge der Umsatz
steuer herabgesetzt werden soll, während der Antrag
Gäbet it. Gen. die Aufhebung will.
Ich frage nun zunächst, ob der Dringlichkeit dieses
Antrages widersprochen wird. — Das ist nicht der Fall.
Wortmeldungen liegen auch nicht vor. Dann darf ich
also zunächst über den Zusatzantrag abstimmen lassen,
der von den Herren Gäbel it. Gen. gestellt worden ist:
die Steuer vollständig aufzuheben und dahin beim Reichs
tag und bei der Reichsregierunq zu wirken. Nachher lasse
ich über den Antrag selbst abstimmen.
Wer für den Abänderungsantrag Gäbel u. Gen.
ist, bitte ich, eine Hand zu erheben.
(Geschieht.)
Das ist die Minderheit. Der Zusatzantrag ist ab
gelehnt.
Wer nun dem Dringlichkeitsautrage Czeminski it.
Gen. zustimmen will, bitte ich, eine Hand zu erheben.
(Geschieht.)
Das ist die große Mehrheit der Versammlung.
Nun ein Tri nglichkeitsau trag der Herren
Lüdicke, Bleeker-Kohlsaat und Parteifreunde:
„Seit drei Monaten ist wegen des Fehlens be
stimmter und klarer Richtlinien die Ausführung zahl
reicher .Bauvorhaben stark behindert.
Tie Stadtverordnetenversammlung wolle be
schließen, den Magistrat dringend zu ersuchen, die
Wohnungsfürsorgegesellschaft zur beschleunigten Be
arbeitung der vorliegenden Anträge anzuhalten."
Ter Aeltestenausschuß schlägt Ihnen vor, der Dringlich
keit des Antrages nicht zu widcrsvrcchen und ihn bei
Punkt 19 der Tagesordnung mitznbehandeln. — Kein
Widerspruch dagegen.
Tann ein D r i u g l i ch k c i t s a n t r a g der Herren
Gübel, Peschke u. Gen..
„Durch Beschluß der Stadtverordnctenveriantm- i
lnng im Dezember 1926 sind dem Magistrat 5 Mil
lionen Mark zu Weihnachtsbeihilfeu für Unterstützungs
bedürftige und Erwerbslose bewilligt worden.
Bon dieser Stimme sind nach Mitteilungen des
Magistrats nur ca. l'/u Millionen- Mark aus gezahlt
worden.
Die Stadwerorducteuvcrsaininluiig möge be
schließen:
Ter Magistrat wird ersucht, von den restlichen
3y 2 Millionen Mark allen ledigen und verheirateten
April 1927. 295
Erwerbslosen und Unterstützungsempfängern zu
Ostern eine einmalige Unterstützung auszuzahlen."
Ter Aeltestenausschuß schlägt Ihnen vor, auch der
Dringlichkeit dieses Antrages nicht zu widersprechen und
den Antrag ohne Debatte dem Haushaltsausschuß zu
überweisen.
Widerspruch erfolgt nicht. Taun ist so beschlossen.
Nun zwei Anfragen. Zunächst eine Abfrage der
Herren Kinscher und Parteifreunde:
„Tie Stadtverordneten-Fraktion der Wirtschafts-
Partei erstrebt mit dem Herrn Oberbürgermeister eine
Erhöhung des Einheitssatzes bei dem Laitdesfiitauz-
ausgleich.
In der Abendausgabe des „Berliner Tageblattes"
vom-5. April d. Js. werden dem Herrn Oberbürger
meister Worte in den Mund gelegt, welche scharfe An
griffe auch gegen die Wirtschaftspartei in dieser Frage
enthalten.
Wir fragen an: Hat der Herr Oberbürgermeister,
trotz vorher mit Vertretern der Wirtschaftspartei ge
habter Besprechung, Erklärungen, wie sie das „Ber
liner Tageblatt" veröffentlicht hat, gemacht und deckt
der Magistrat diese Aeußerungen?"
Eine zweite Anfrage der Herren Lüdicke, Bleeker-Kohlsaat
u. Parteifreunde, Schwarz, Dr. Caspari u. Parteifr.:
„Das „Berliner Tageblatt" gibt itt seiner Abend
ausgäbe vom 5. April unter der Ueberschrift: „Ber
lins Kampf gegen den Finanzausgleich" eine angeb
liche Unterredung 'mit dem Oberbürgermeister Böß
wieder, in welcher dieser die Deutschnationale Volks
partei und die Teutsche Volkspartei in überaus ver
letzender Form angreift.
Wir fragen an:
1. Ist dem Magistrat bekannt, ob die Erklärungen
des Oberbürgermeisters richtig wiedergegeben sind?
- 2. Wenn ja, ist der Magistrat bereit, diese Erklä
rungen des Oberbürgermeisters zu decken?"
(Zuruf links: Aha!)
Tie Anfragen müssen natürlich geschäftsorduungs-
mäßig .behandelt werden. Herr Oberbürgermeister ist aber
bereit, eine kurze Erklärung abzugeben.
Oberbürgermeister Bötz: Meine Damen und
Herren! Ich bedauere, in der Sache selbst heute namens
des Magistrats noch keine Erklärung abgeben zu können,
obgleich der Magistrat gestern bereits Stellung genommen
hat. Ich kann eine Erklärung deswegen nicht abgeben,
weil mir bekannt ist, daß von anderen Parteien des
Hauses zur Sache eine Entschließung eingebracht werden
soll, in her Wert darauf gelegt wird, daß sie zugleich
mit der Anfrage der bisher vorgegangenen Parteien in
der Versammlung behandelt wird, was heute nicht mög
lich seilt, würde.
Stadtv. Schwarz (V.) (zur Geschäftsordnung):
Meine Damen und Herren! Ich möchte dann bitten,
daß nach dieser Erklärung des Herrn Oberbürgermeisters
durch den Magistrat dafür Sorge getragen wird, so
weit es natürlicherweise sich vereinigen läßt, daß die
Anfrage in ,der ersten Sitzung nach den Ferien hier
beantwortet §ind besprochen werden samt.
Stadtv. Koch (DN) (zur Geschäftsordnung): Namens
meiner Freunde habe ich zu erklären, daß wir mit Be
dauern aus der Erklärung des Herrn Oberbürger
meisters entnommen haben, daß er, obgleich ein Be
schluß des Magistrats vorliegt, es heute noch nicht für
angebracht hält, auf unsere Anfrage zu antworten. Es
ist ein ganz eigentümliches Vorgehen, daß man wegen
einer Entschließung der Parteien, die in Aussicht
gestellt ist, mit der Beantwortung einer bereits erledig
ten Anfrage wartet, bis diese Entschließung eingegangen