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fassung in vieler Beziehung verbesserungsfähig und
-bedürftig ist, darüber, glaube ich, ist man sich jetzt
ziemlich einig. Es ist ja auch gar nicht anders möglich
bei einem Werk, das in einer so schweren Zeit entstanden
ist, das tatsächlich ein Notwerk gewesen ist und das
nun schon bei wesentlich veränderten Verhältnissen eine
lange Reihe von Jahren besteht. Ich meine, das ändert
an dem Verdienst derjenigen, die damals an der Ver
fassung gearbeitet haben, nicht das geringste.
(Sehr richtig! — Bravorufe.)
Ich kann auch nicht finden, daß die doch nicht so
überaus zahlreichen Anwohner der Luisenstraße und
der Neuen Wilhelmstraße dadurch besonders gestört
werden. Im übrigen möchte ich sagen: das, was der
Herr Vertreter der WirtschaftsPartei gesagt hat, trifft
doch nicht zu, daß jetzt jemand die Idee hat, daß nun
innerhalb eines halben Jahres etwa die sämtlichen
Straßen, die im Verzeichnis vorhanden sind, umgeän
dert werden. Das ist ja technisch gar nicht möglich.
Also, die Herrschaften bekommen Zeit, sich allmählich
in die veränderte Sache hineinzufinden. Aber an
manchen Stellen ist eine Aenderung unter allen Um
ständen erforderlich. Es geht nicht mit der Blumen
thalstraße in Berlin O und der Blumenthalstraße in
Berlin W. Wer soll denn das unterscheiden? Es geht
nicht mit den 50 Bahnhofstraßen, mit den ebenso vielen
Berliner Straßen usw., auch wenn man gewöhnt ist,
sein Postamt immer hinzuschreiben. Ich habe Ihnen
ja den Fall von mir erzählt. Ich schreibe immer mein
Postamt, und es kommen doch dauernd solche Verwechs
lungen vor.
Die Kosten sind, wenn die Sache sich etwa ans
10 Jahre verteilt — damit muß man schließlich rech
nen —, weder für die Stadt noch für die Beteiligten
so hoch, daß sie nicht getragen werden können. Ich
glaube, wenn der Magistrat nach Anhörung der Be
zirksämter jetzt allmählich au diese Sache herangeht,
dann wird er sich um den Berliner Verkehr verdient
machen.
(Beifall bei der D. Volkspartei.)
Vorst. Haß: Die Beratung ist geschlossen. Zu einer
persönlichen Bemerkung hat Herr Kollege Koch das
Wort.
Stadtv. Koch (DN.) (persönl. Bemerkung): Meinem
verehrten Gegenkämpfer, Herrn Adolf Hvffmann, möchte
ich erwidern,.daß ihm sonach geradezu ein bißchen das
Gedächtnis zu verlassen scheint. Er irrt sich ganz be
deutend, wenn er annimmt, daß ich im Ausschuß für
alle diese Anträge gestimmt habe. Im Unterausschuß
haben wir svgut wie gar nicht abgestimmt. Ein Unter
ausschuß ist auch gar nicht dazu berufen, Abstimmungen
vorzunehmen,
(Zuruf des Stadtv. Hoffmann.)
sondern nur das Material für den Ausschuß vorzu
bereiten. Aber im Hauptausschuß habe ich Persönlich
gegen diese Anträge gestimmt. Also, Herr Hoffmann
hat sich in dieser Beziehung geirrt, was ja schon öfter
vorgekommen sein soll.
(Zuruf des Stadtv. Hvffmann.)
Vorst. Haß: Wir kommen zur Abstimmung. Darf
ich Ihnen sagen, wie ich abzustimmen gedenke. Ich
bitte aber einen Augenblick um Aufmerksamkeit.
Zunächst kommt zu a) der Ausschußbeschluß in
Drucks. 190:
„Die Luisenstraße und die Neue Wilhelmstraße
in Berlin-Mitte sind als ein Straßenzug anzusehen
und in „Hugo-Preuß-Straße" umzubenennen."
Dazu liegt ein Abänderungsantrag der Herren Merten
und Parteifreunde vor:
. März 1927.
„Es wird beantragt, den Beschluß des Aus
schusses dahin zu ändern, daß nur die Neue Wilhelm-
straße den Namen Hugo-Preuß-Straße erhält."
Dann liegen 3 Anträge zu dem Ausschußbeschluß unter
b) vor,
(Große Unruhe. — Glocke.)
Ich bitte aufzumerken. — Während der Ansschnßbe-
schluß —
(Dauernd Unruhe durch Gespräche.)
Ich bitte doch zuzuhören.
(Glocke.)
— Herr Kollege Loewy, lassen Sie doch jetzt mal einen
Augenblick das Reden sein! —
Während unter I b) der Ausschußbeschluß will,
daß grundsätzlich zugestimmt wird und die Bezirks
ämter um Vorschläge ersucht werden sollen, will der
Antrag Lüdicke, Koch und der übrigen Mitglieder der
Deutschnationalen Fraktion folgendes:
„Der Magistrat wird ersucht, wegen der in der
anliegenden Liste zur Umbenennung vorgeschlagenen
Straßen und Plätze die Bezirksämter zu befragen
und um Vorschläge zu ersuchen."
Dan» liegt ein Abänderungsantrag der Herren Schwarz
und Parteifr. zu b) vor:
„Wir beantragen, im Verzeichnis der umzu
benennenden Straßen zu streichen: Rathenau- und
Fritschstraße."
Dann würde ich abstimmen lassen über den Beschluß
des Ausschusses zu b) und dann über den letzten selb
ständigen Antrag, den Antrag der Herren Baartz n.
Genossen.:
„Die Stadtverordnetenversammlung wolle be
schließen: Der Magistrat wird ersucht, bei Gelegen
heit der Straßenumbenennungen alle Straßennamen
innerhalb Groß-Berlins, die an das frühere monar
chistische Regime erinnern, durch andere der neueren
Zeit entsprechende zu ersetzen."
Wird gegen diesen Abstimmnngsmodus etwas einge
wendet?
(Stadtv. Koch: Dann kommt noch II!)
Also wir kommen zur Abstimmung.
Zunächst unter a) der Antrag Merten und Partei
freunde, nur die Neue Wilhelmstraße mit dem Na
men Hugo-Preuß-Straße zu benennen.
Wer dafür ist, bitte ich, eine Hand zu erhebe».
(Geschieht.)
Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Nun kommt der Ausschußbeschluß zu a) der Druck
sache 190.
Wer diesem Ausschußbeschluß zustimmen will, bitte
ich, eine Hand zu erheben.
(Geschieht.)
Das ist die Mehrheit der Versammlung. Ter Antrag
des Ausschusses ist angenommen.
Nun der Antrag Lüdicke, Koch und der übrigen
Mitglieder der Deutschnationaleu Fraktion zu 1 b):
„Der Magistrat wird ersucht, wegen der in der
anliegenden Liste zur Umbenennung vorgeschlagene»
Straßen und Plätze die Bezirksämter zu befragen
und um Vorschläge zu ersuchen."
Wer für diesen Antrag ist, bitte ich, eine Hand zu er
heben.
(Geschieht.)
Das ist mit großer Mehrheit angenommen.
Damit ist nach meiner Ueberzeugung der erste Teil
zu b) des Ausschußbeschlusses gefallen.
(Rechts: Sehr richtig!) (Widerspruch links.)
Ich habe extra darauf aufmerksam gemacht.